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6 | 17. Februar 2013 SÜDTIROL

Ist das noch normal?

> von Petra Kerschbaumer

Wir schreiben das Jahr2013: Wir befinden uns ineinem Wohnzimmer vol-ler Spielsachen. Die Auf-merksamkeit des Nach-wuchses aber ist ganz undgar auf Mamas Smartpho-ne gerichtet. Dort läuft ge-rade ein Video und darinMickey Mouse durch eineWand. Was bislang Aus-nahmeerscheinung war,wird von Tag zu Tag selbst-verständlicher und hältEinzug in den Alltag. Gerä-te, an die sich gerade nochdie Eltern herangetastethaben, gehören für dieKleinen zur Normalität.

Ein Beißring mit inte-griertem iPhone und einTöpfchen mit iPod-Halte-rung: Wie normal ist dasnoch, wenn Kinder so zurKundschaft werden?Innovations-Coach Juha-ni Risku: Es ist nicht nor-mal und auch nicht ver-antwortungsvoll, Kinderdamit zu konfrontieren.Sie sind vor solchen Ent-wicklungen, die auf Mani-pulation und nicht aufFürsorge ausgerichtetsind, zu schützen.Die Kinder aber scheinenmagisch von den Media-screens angezogen zuwerden. Woran liegt das?Weil die Objekte eigentlichprimitiv sind. Ich habe einBaby gesehen, das eine Pa-pierzeitung zerfledderthat, weil es versuchte mitder Hand darüberzustrei-chen, wie bei einem iPad.Das zeigt uns, dass jenesFormat funktioniert. Es istso „natürlich“, dass es so-gar Einjährige begreifen.

Ihre Arbeit ist, in die Zu-kunft zu schauen: Wirdkünftig jedes Kind beimAufs-Töpfchen-Gehenvor einem Tablet sitzen?Das denke ich nicht. Esliegt immer noch in derEntscheidungsgewalt derEltern. Doch es wird zu ei-nem Wandel kommen –sprich, bei sechs Milliar-den Menschen werden gareinige darunter sein, aufdie das zutrifft. Ich würdees meinen Kindern nichterlauben.Ist diese Entwicklung gutoder schlecht zu nennen?Nun, wir wissen nicht ge-nug über die Auswirkun-gen neuer Technologien,virtueller Produkte und

Ein Baby, das sein Smartphone samt Beißring besabbert oder ein Kleinkind, das sich mit dem iPad beschäftigt,während es am Töpfchen sein Geschäft erledigt. Die unendlichen Möglichkeiten von Tablet & Co. haben längst

auch die Kundschaft in Windeln in Beschlag genommen. Doch ist das überhaupt zu verantworten?

Spiele auf Kinderhirneund deren Entwicklung.Wir kennen die „analoge“Welt mit Puppen und Au-tos, Ball- und Sandkasten-spiele. In der virtuellenWelt aber stürzt etwa Mi-ckey Mouse 100 Meter tief,knallt auf harten Grundund läuft unverletzt weiter.Wir brauchen daher sehrviel Forschung und Dis-kussion darüber, welcheAuswirkungen das hat, wiesehr Babys und Kinder da-durch verwirrt werden.Verwirrt wirken aberauch die Erwachsenen.Warum sind wir von Ent-wicklungenwie dem

iPhone-Beißring irgend-wie doch überrascht ?Weil unsere Generationschon zu alt ist, um all daszu begreifen. Wir Erwach-sene und Eltern sind dieVernunftgeneration, aufdie es komisch und auchgefährlich wirkt, Dinge zukombinieren, die nicht zu-sammen gehören.Werden in diesen Dingenbald Kleinkinder ihren El-tern sagen, was Sacheist?Nun, Kinder sind sich derTatsache, dass sie besser

Bescheid wissen,als ihre Eltern,

sehr schnellbewusst – und

beharren auf ihrer Kom-fortzone. Sie beginnen dieVorteile für sich zu entde-cken und zu nutzen. Fürihre Entwicklung könntedies allerdings der falscheWeg sein.Mit welchen „Kinder-Überraschungen“ müs-sen wir in Zukunft nochrechnen?Es werden noch vielefurchterregende Überra-schungen zustande kom-men, wenn wir nicht vor-her Forschung und Ent-wicklung dahingehendbetreiben und darauf ba-sierend handeln. Das istunsere letzte Chance, dievirtuelle Welt zum Schutzder Kinder in gewisse Bah-nen zu lenken.

JUHANI RISKU

Kinder sindvor Entwick-

lungen, die aufManipulationund nicht aufFürsorge aus-gerichtet sind,

zu schützen.

Die wunderbare Weltder Mediascreens:Gewisse Anbieterbedienen die Kund-schaft von morgenauch heute schon.

„Was kommt nach dem iPhone?“ Zu die-sem Thema referierte der Innovations-Coach an der Informatikfakultät der Uni Bo-zen. Der finnische Architekt und Designerwar neun Jahre lang in der Handyentwick-lung beim Hersteller Nokia tätig. Heute ent-wickelt er komplexe Systeme und Strategi-en für künftige Arbeits- und Lebensbereichesowie Kommunikationsformen.

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