95 3 Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Arten bisher: Nahrungserwerb optimal foraging...

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95

3 Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Arten

bisher: Nahrungserwerb optimal foraging funktionelle + numerische Reaktion trophische Ebenen

Neu:

3.3 Prinzipien der Wechselwirkung

3.4 Wechselwirkungen auf derselben trophischen Ebene (z.B. Konkurrenz)

3.5 Wechselwirkungen über zwei trophische Ebenen (z.B. Räuber und Beute)

3.6 Mutualismen

3.7 Wechselwirkungen über mehrere trophische Ebenen (z.B. Nahrungsnetze)

117

3.3 Prinzipien der Wechselwirkung

117

variabel: Ameisen schützen Blattläuse vor Feinden und ernten Honigtau: Mutualismus Ameisen fressen Blattläuse: trophische Beziehung: Prädation

118

Wechselwirkungen sind nicht immer ja oder nein

Trophische Beziehungen: Unterschiedlich intim + letal

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starke Wirtsbindung bei Parasit und Parasitoid

3.4 Wechselwirkungen auf derselben trophischen Ebene

3.4.1 Interspezifische Konkurrenz3.4.2 Gegenseitige Förderung3.4.3 Mimikry

interspez. Konkurrenz nur bei Nischenüberlappung häufig assymetrisch realisierte Nische < fundamentale Nische Koexistenz → Nischenaufteilung (-differenzierung)

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gemeinsam vorkommende Arten nutzen verschiedeneRessourcen, indirekter Hinweis auf Konkurrenz, aber kein Beweis

119

Nischendifferenzierung

• Zwei Arten, die um die gleiche Ressource konkurrieren, können nicht auf Dauer koexistieren. (im Labor, in strukturarmer Umgebung, klassische Tribolium-Versuche).

• Hinzufügen von Strukturen ermöglicht dauerhafte Koexistenz.

• In der Natur ist immer reich strukturierte Umwelt.• Konkurrenzausschluss ist im Freiland schwer zu

beobachten.

Konkurrenz-Ausschluss-Prinzip

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• Vergangene Konkurrenz und Evolution kann dazu geführt haben, dass zwischen ähnlichen Arten heute keine Konkurrenz mehr herrscht.

• → Differenzierung• experimentell nicht prüfbar• Ghost of competition past (Connell 1980)

Konkurrenz in der Zeit

120

Beweisen invasive Arten Konkurrenz?Beispiel: Nordamerikanisches Grauhörnchen Sciurus

carolinensis verdrängt europäisches S. vulgaris in England und Italien

Hypothese: Nahrungskonkurrenz (wahrscheinlich) Krankheiten (sehr wahrscheinlich)Nachweis? Je eine Art pro Gebieten ausschliessen mit / ohne Krankheit Referenz-Gebiete mit beiden Arten Nische und Entwicklung studierenkaum durchführbar

120

Modell: Auswirkung von Konkurrenz auf Populationsniveau

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4 Möglichkeiten:a) N1 überlebt

N2 stirbt ausb) umgekehrtc) zwischenartliche

Konkurrenz > als innerartliche: Ausgangsdichte entscheidet

d) innerartliche Konkurrenz > als zwischenartliche: Koexistenz

Prognose: Auswirkung von Konkurrenz

123

Beispiel für Abb. c: Allelopathie

Pflanzenart sondert chemische Substanzen ab• wirken auf andere Arten toxisch • in geringer Konzentration Toleranz• Konkurrenzverhältnis verschiebt sich

124

124

3.4.2 Gegenseitige Förderung

Arten einer trophischen Ebene können sich gegenseitig fördern:

• Honigdachs und Honiganzeiger (Vogel)• Pflanzen fördern sich gegenseitig durch

Ansammlung von Nährstoffen (v.a. auf Extremstandorten) oder Beschattung

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3.4.3 MimikryMimikry: Nachahmung einer anderen Art, um

Aufmerksamkeit zu erregen. (Mimese: Nachahmung von Dingen, um unbeachtet

zu bleiben: kein Signal)

aggressive = Peckham‘sche Mimikry

(immer vorgetäuscht)

Wahr: Aposematismus / Müller‘sche Mimikry (Signalverein-heitlichung)

vorgetäuscht: Bates‘sche Mimikry

126

Art 1(sendet Signal)

Räuber

Beute

Aposematische Färbung: Warnfärbung

Arten schützen sich durch Giftigkeit oder Gefähr-lichkeit und signalisieren dies potentiellen Räubern

Wiederholung 1. Jahr: Beispiel zur Informationsübertragung

126

Gleiche Warnfärbung = Müller‘sche Mimikry• Signalvereinheitlichung• einfache + kontrastreiche Färbung: Lernhilfe für

Prädatoren• Gift darf nicht lethal sein: Lerneffekt• neben optischer Mimikry auch akustische,

olfaktorische, vibratorische…

126

Vortäuschung echter Giftigkeit: Bates‘sche Mimikry

Vorbild: Wespe, Nachahmer: Glasflügler (Schmetterling), Bockkäfer, Schwebfliege

giftiger Monarch (links) und schmackhafter Nachahmer (rechts)

126

Peckham‘sche Mimikry Anlockung von Beute unter Vortäuschung falscher Tatsachen: aggressive Mimikry

Seeteufel imitiert Wurm und frisst Fische (optisch), Wildbiene sucht Weibchen und bestäubt Orchidee (olfaktorisch)

126

3.5 Wechselwirkungen über zwei trophische Ebenenklassische Beispiele Räuber-Beute Pflanze-Herbivore Wirt-Parasit3.5.1 Räuber und Beute

Auswirkungen auf Individuen ungleich: Fuchs ist satt Hase ist tot

Life-dinner-principle: um sein Leben rennen

oder für ein Abendessen rennen

127

• Beute stärker unter Druck• Räuber auch unter Druck• koevolutives Wettrüsten• diverse Strategien:

– Tarnung (Krypsis)– Verhalten – mechanische Verteidigung– chemische Verteidigung

3 Beispiele…

127

1. Tarnung / Krypsis

128

Cassida

Geometridae, Phasmodea, Membracidae

2. Verhalten

129

3. mechanische Verteidigung

Verteidigung kostet – auch wenn nicht gebraucht wird konstitutionelle Abwehr

energetisch günstiger: nur bei Bedarf aufbauen induzierte Abwehr

Auslöser: Kairomone der Prädatoren (Vorteil für Empfänger)

129

Beispiele für induzierte Abwehr:• Immunabwehr bei Parasiten• Synthese von sekundären

Pflanzenstoffen bei Herbivorie• geflügelte Blattlausmorphen,

wenn Coccinellidenlarven anwesend

130

Auswirkung auf Population

134

• reduzieren Räuber die Beute?• was machen Räuber bei wenig

Beute?• Regulation?• Beute A: funktionelle Reaktion

Typ 2: instabiles Gleichgewicht• Beute B: kein Gleichgewicht

keine Beuteregulation generalistischer Räuberkonstante Reaktion auf BeutedichteBeute nur vom Räuber gefressen

Beuteregulation, wennRäuber mit positiv dichteabhängiger Reaktiond.h. frisst mehr Beute, wenn diese zunimmt

135

• Reproduktion Beute > Prädation →Beutepopulation wächst

• Reproduktion Beute < Prädation →Beutepopulation sinkt

• instabile Nebengleichgewichtspunkte

136

• Kann Räuber seine Beute ausrotten?

ja• Ist Regulation

unterhalb K möglich?

ja

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Was fehlt?

Räuber muss nicht nur funktionell auf Beute reagieren (mehr fressen), sondern auch numerisch

(d.h. häufiger werden).

138

• Beutedichte bestimmt Räuberdichte → Oszillation• gekoppelte Dynamik• nur Spezialisten, da Generalisten ausweichen• einfaches Modell eines monophagen Prädators• Beute stirbt durch Prädation, Prädator stirbt natürlich• 1925 Lotka, 1926 Volterra• Bekannte Populationszyklen von Luchs +

Schneeschuhhase, Lemmingen, Forstschädlingen etc.

3.5.2 Pflanze-Herbivore

Herbivoren sind• Prädatoren: fressen ganze Pflanzen (z.B.

Keimlinge)• Parasiten: fressen nur Teile• Weidegänger: fressen an vielen Pflanzen

(Arten bzw. Individuen, ohne Totalschaden)

138

Apikalmeristem produziert Auxin unterdrückt Wachstum

ruhender Knospen→ Apikaldominanz→ Konkurrenz davonwachsen

Verlust Apikal-dominanz durch Herbivorie→ buschig

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Schädigung der Pflanze hängt ab von• Ausmass • Zeitpunkt (in Entwicklung)• Organ (Meristem, Samen)• usw.

Reaktion der Pflanze: 1. Toleranz

• Abwurf befallener Früchte (nichts mehr investieren)• Regeneration befressener Blätter (Gräser)• grasartige Lebensräume auf Beweidung eingestellt

– Apikaldominanz gebrochen– Gräser wachsen in Breite– verdrängen Dicotyle

• Herbivorie verlängert Leben von Pflanzen, weil Absterben nach Blüte herausgezögert wird (zweijähriger Riesenbärenklau wird 10 Jahre alt)

140

141

Überkompensation nur, wenn nach Verlust Apikalmeristem Platz für buschige Struktur bzw. Seitentriebe mit mehr Samen

Toleranz = vorhandenen Schaden verarbeitenResistenz = Schaden minimieren

• mechanische Verteidigung– Stacheln, Dornen → Säuger– Trichome → Insekten

• chemische Verteidigung– qualitativ– quantitativ

Reaktion der Pflanze: 2. Resistenz

142

Cactaceae, Acacia, Rubus, Crataegus

142

ArabidopsisCannabisUrticaBlumenbachiaUrticaceae

142

142

• Kosten einer verpassten Gelegenheit– wer zu früh in sek. Pflanzeninhaltsstoffe

investiert– erleidet Einbussen, wenn Herbivorie ausbleibt

• indirekte Kosten– Brassicaceae – Glucosinolate (S-Verbindungen, setzen CN frei)– spezialisierte Herbivore (Pieridae)– Kairomone (Vorteil Empfänger)

• Lösung: nur verteidigen, wenn bedroht:Induzierte Abwehr

-

142

Reaktion der Pflanze: 3. Strategien

Spezialfall Ameisenpflanzen• Ameisen werden von Nektar angelockt• Pflanzen bieten extraflorale Nektarien an• Ameisen beseitigen Herbivore• Pflanzen bieten Domatien• Ameisen halten sich Blattläuse

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+

++ -

-

Lasius nigerMyrmica spp.

Paramyzus heraclei,Cavariella theobaldi

RiesenbärenklauHeracleum mantegazzianum

Anuraphis subterranea

3 trophische Ebenen

– Kompensation Nährstoffgehalt (mehr fressen)– sekundäre Inhaltsstoffe (Ausweichen auf

Meristeme, frische Blätter…)– entgiften (mischfunktionelle Oxidasen MFO)– sequestrieren (umbauen zu eigenem Schutz)– morphologische Anpassung (MWZ, Rüssellänge)– Übertragung von Pathogenen (schwächt Pflanze:

Cirsium arvense, Apion onopordi, Puccinia punctiformis)

– Gallen (Pflanzen werden gezwungen: Schutzgewebe, nährstoffreich)

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Reaktion der Herbivoren

3.5 Wechselwirkungen über zwei trophische Ebenen

klassische Beispiele Räuber-Beute Pflanze-Herbivore Wirt-ParasitParasit hat immer negativen Einfluss auf Wirtabhängig von Stärke des Befalls→ dichteabhängig→ bei starkem Befall Tod des Wirtes und der Parasiten→ reguliert beide Populationen

146

Parasiten und Wirte

147

Zahl der Erreger oft nicht messbarAnzahl infizierter Wirte (Prävalenz)Infektionskrankheiten: Epidemiologie

148

Infektion durch Kontakt Anzahl Wirte XÜbertragungsrate β Zeit D

Nettoreproduktionsrate R0 von MikroparasitenR0 = X β D

R0 < 1 Krankheit stirbt ausR0 = 1 Übertragungsschwelleerlaubt Berechnung Mindest-Wirtsdichte etc.

Während Epidemie nimmt Zahl der Wirte ab - Befall bereits befallener Wirte - befallene Wirte sterben - befallene Wirte können immun werden

Wirtspopulation muss Mindestgrösse haben

150

151

Oft wechseln sich Phasen niedriger Prävalenzmit hoher Prävalenz ab. Periodenlänge: - Übertragungsrate R0

- Geburten-, Immigrationsrate - Latenzzeit Krankheit

3.6 Mutualismus

• gegenseitiges Ausbeuten, von dem beide profitieren• obligat: Symbiosen

– Darmbakterien - Wiederkäuer– Blattschneiderameise - Pilz

• fakultativ: weil nicht artspezifisch– viele Ameisen-Blattlaus-Beziehungen – viele Bestäubermutualismen– Pflanzen – Mykorrhizapilze– Elaiosomen - Ameisen

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• Mutualismen sind kontextabhängig– Ameisen schützen Blattläuse.– Sind Feinde da?– Wachsen Ameisen zu stark?

• Ausnutzung von Mutualismen– Nektar bei Bestäubermutualismen– Pflanze will möglichst wenig investieren– Insekt will möglichst viel ohne Aufwand– Stabilität durch Bestrafung

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3.7 Wechselwirkungen über mehrere trophische Ebenen

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multitrophischKaskadeneffekteKompartimentierungStabilisierung

157

Trophische Kaskaden: Diskussion um Regulation:

Auf dem Weg zum Nahrungsnetz• top down Kaskaden– Regulation durch Prädatoren (obere trophische

Ebene)– Pflanzen + Prädatoren durch Ressourcen limitiert– Herbivore durch Prädation limitiert– Konkurrenz unter Herbivoren selten

(neuere Arbeiten zeigen dies aber – Widerspruch)

158

• bottom up Kaskaden– Regulation durch Ressourcen– Nährstoffe regeln PPP (N, P!)– in aquatischen Systemen auch Zooplankton– 10 % in nächste trophische Ebene

158

Prädatoren↓

Herbivore↓

Pflanzen↑

Ressourcen

Prädatoren↑

Herbivore↑

Pflanzen↑

Ressourcen

Nächste Stufe der Komplexität: Nahrungsnetze

• komplexe, trophische Beziehung in einem Lebensraum

• wer frisst wen?• wie häufig?• oft schwierige Datenlage• Methode

– direkt: Beobachtung– indirekt: Kot-, Darmanalyse

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Qualitatives Nahrungsnetz

Räuber-Beute-Beziehungen1 – 5 = PPPEnergiekanäleKompartimentierungStabilisierung

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• lassen wertvolle Erkenntnisse zu• aber nur trophische Wechselwirkungen• es fehlen Konkurrenz, Mutualismus …• Grösse des Biomassefluss nicht entscheidend• kleiner Flux kann grosse Kontrolle ausüben:

Parasitoide, Bestäuber (vs. Odum)

Nahrungsnetze

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Quantitative Nahrungsnetze

- Quantifizierung der Interaktionen - Individuen / Fläche - Energiefluss pro Zeit

Nahrungsnetz

• scheinbar endloses Beziehungsnetz• Strukturierung: trophische Ebenen• wichtiges Konzept der Ökologie

– Art, Population, Mutation, Variabilität– Evolution und Selektion– ökologische Nische– trophische Ebene / Nahrungsnetz– Gilden

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