Antibiotika, Antibiotikaresistenz und Resistenztestung Kurstag 2 Praktikum...

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Antibiotika, Antibiotikaresistenz und Resistenztestung

Kurstag 2 Praktikum Infektiologie-Mikrobiologie

Dr. med. Jürgen Bohnert

Institut für Medizinische MikrobiologieUniversitätsklinikum Jena

Was ist ein Antibiotikum?

antibakterielles Chemotherapeutikum zur Behandlung bakterieller Infektionen

Quelle: Pschyrembel 2011

Was bedeutet Antibiotikaresistenz?

•Antibiotika verlieren ihre Wirksamkeit gegenüber Bakterien durch verschiedene Resistenzmechanismen•Problem wird verschärft durch übermässigen Gebrauch von Antibiotika in der Human- und Veterinär-medizin

Quelle: www.bund.net

Wirkverlust von Antibiotika ist tödlich!- Beispiel kalkulierte Initialtherapie der Sepsis

Quelle: Tumbarello et al. 2010

Adequate therapy: mortality 5.6 %

Inadequate therapy: mortality 40.7 %

Rein statistisch nimmt jeder gesetzlich versicherte Deutsche etwa 5 Tage im Jahr Antibiotika ein (ca. 90 % ambulant)

Antibiotikaverbrauch in Deutschland 2011:

Humanmedizin 800 tVeterinärmedizin 1700 t

Quelle: GERMAP 2012

Regionale Unterschiede beim Antibiotikaverbrauch

Antibiotikadichte (DDD pro 1.000 GKV-Versicherte und Tag)

Quelle: GERMAP 2012

Von der guten alten Zeit …..

Quelle: Life Magazine, 14.8.1944 aus Rolinson, 1971

“Es ist an der Zeit das Buch der Infektionskrankheiten zu schliessen, den Krieg gegen Seuchen für gewonnen zu erklären und nationale Resourcen chronischen Problemen wie Herzerkrankungen zu widmen.” William H. Stewart, Surgeon General of the United States, 1967

Quelle: M. Kresken, PEG-Resistenzstudie

… zur harten Realität von Heute

“Es ist nicht schwierig, Bakterien im Labor resistent gegen Penicillin zu machen indem man ihnen Konzentrationen verabreicht, die sie nicht umbringen.”Alexander Fleming in seiner Rede anlässlich der Verleihung des Nobelpreises 1945

Hitliste der 15 am meisten verordneten Antibiotika in deutschen Kliniken

Quelle: MABUSE Netzwerk, Daten von 2004

• MRSAs und ESBLs sind gegen mindestens 8 der 15 am meisten in der Klinik verordneten i.v. Antibiotika und oft auch noch gegen die 2 meist-verordneten Fluorchinolone resistent

MRSA

• Ergo: es bleiben nicht mehr viele Substanzen auf dieser Liste übrig !!

Die Antibiotika-Pipeline ist ziemlich leer !

Quelle: Extending the Cure, 2008

Zahl

neu

zug

elas

sene

r Ant

ibio

tika

Aminoglykoside

ß-LaktameLipopeptideMakrolide/Lincos.StreptogramineOxazolidinoneChinoloneTetrazyklineAndere

Antibiotikaklassen nach Wirkprinzip•Zellwandaktiv: ß-Lactame, Aminoglykoside, Glykopeptide, Polymyxine •Proteinsynthesehemmung: Aminoglykoside, Tetracycline, Makrolide, Oxazolidinone•DNA-Replikationshemmer: Fluorchinolone•Antimetabolismus: Sulfonamide

Merke: All diese Wirkmechanismen sind anfällig für Resistenzentwicklung über

1. Veränderung des Wirkortes2. Reduktion der Konzentration des Antibiotikums am Wirkort3. Aktivierung alternativer Stoffwechselwege

Wie wirken ß-Lactam-Antibiotika ?

Gramnegative (z.B. E. coli,

P. aeruginosa)

Grampositive (z.B. Staphylokokken,

Streptokokken)

Plasmamembran Plasmamembran

Äussere Membran

Murein

PBP PBPPBP PBP

Blockade der Mureinquervernetzung durch Bindung an Penicillin-Bindeproteine (PBP)

Resistenzmechanismen gegen ß-Lactam-Antibiotika• Veränderung des Wirkortes:

- alternative PBPs -> MRSA (PBP2A)- alternative Vorstufen -> VRE (VanA / VanB)

Resistenzmechanismen gegen ß-Lactam-Antibiotika• Veränderung des Wirkortes:

- alternative PBPs -> MRSA (PBP2A)- alternative Vorstufen -> VRE (VanA / VanB)

• Abbau des Antibiotikums durch ß-Lactamasen bei Gramnegativen - Ampicillinresistenz (TEM, SHV) - 3.Generationscephalosporinresistenz ESBL (TEM, SHV, CTX-M), AmpC- Carbapenemresistenz (NDM-1, VIM, OXA-48…)

Resistenzmechanismen gegen ß-Lactam-Antibiotika• Veränderung des Wirkortes:

- alternative PBPs -> MRSA (PBP2A)- alternative Vorstufen -> VRE (VanA / VanB)

• Abbau des Antibiotikums durch ß-Lactamasen bei Gramnegativen - Ampicillinresistenz (TEM, SHV) - 3.Generationscephalosporinresistenz ESBL (TEM, SHV, CTX-M), AmpC- Carbapenemresistenz (NDM-1, VIM, OXA-48…)

• Universelle Resistenzmechanismen wie Efflux, Porinverlust, Veränderung der äusseren Membran bei Gramnegativen

Entwicklung der Methicillin-(Oxacillin)-Resistenz bei Staph. aureus in Deutschland

Quelle: M. Kresken, Jahrestagung der PEG 2012

Merke: MRSA sind gegen so gut wie alle ß-Lactam-Antibiotika incl. Carbapeneme resistent (Ausnahme 5G-Cephalosporine)!Bestimmung der ß-Lactam-Resistenz mit Cefoxitin.

Quelle: M. Kresken, Jahrestagung der PEG 2012

Entwicklung der Resistenzlage bei E. coli (PEG Resistenzstudie)

Extended Spectrum Beta-Lactamasen: Resistenz gegenüber Cephalosporinen incl. 3. Generation (Cefotaxim, Ceftazidim), aber im Gegensatz zu MRSA noch Carbapenem-empfindlich. Hemmbar durch Clavulansäure.

Quelle: European Antimicrobial Resistance Surveillance Network (EARS-Net)

E. coli 3.-Gen. Cephalosporin-Resistenzentwicklung in Europa

2001 2013

In Schweden mehr Basispenicilline, weniger Cephalosporine !

10,8%

5,2%

Quelle: European Antimicrobial Resistance Surveillance Network (EARS-Net)

K. pneumoniae Carbapenemresistenz in Europa

2005 2013

Wann ist ein Keim resistent?Resistenz …

… besteht, wenn die minimale Hemmkonzentration (MHK = niedrigste

Konzentration, die die Vermehrung von Mikroorganismen noch hemmt)

eines Antibiotikums höher liegt als die Serumkonzentration des Patienten,

die erreicht werden muss, um eine Wirkung zu erzielen.

In der EU hierbei Orientierung an den EUCAST – Grenzwerten

PK/PD: Zeit- versus Konzentrations-abhängige Wirkung

0

MHK

Cmax:MHK

T>MHK*

Konzentration

Zeit (Stunden)

• ß-Lactam-Antibiotika: zeitabhängige Wirkung

• Aminoglykosid-Antibiotika: konzentrationsabhängige Wirkung

Praktische Anwendung der Grenzwerte- Beispiel Enterobacteriaceae

Agardiffusionstest (Messen der Hemmhofgröße)

Etest (direktes Ablesender MHK)

Inkubation auf Müller-Hinton-Agar (ggf. mit Pferdeblut / NAD)

Weitere Möglichkeiten zur Messung einer MHK

Bestimmung mittels Automaten (z.B. VITEK 2)Bestimmung mittels Reihenverdünnungstest (in MHB)

MRSA- und VRE-Screening mittels chromogener Agarplatten

MRSA VRE

MRGN-Screening: chromogener Agar K. pneumoniae ESBL

„ESBL“:Cephalosporin-resistent

„KPC“:Carbapenem-resistent

E. coli ESBL

K. pneumoniae 4MRGN

türkis:Klebsiella, Enterobacter, Serratia, Citrobacter

rot:E. coli

ESBL: Resistenz gegen 3GC, Hemmung durch Clavulansäure

Neue MRGN-Klassifikation lt. RKI

Quelle: Epidemiologisches Bulletin 45/2012

Spezifischer Nachweis eines Resistenz-genes mit PCR - Beispiel MRSA

Single-Locus Real Time PCR:Zielsequenz in SCCmec-Kassette (mecA) und anschließender orfX-Region

Nachweis von ESBL-Plasmid-Resistenzgenen mittels PCR ist leider etwas aufwändiger !

Oft Resistenz gegenüber bis zu 5 (!) verschiedenen Antibiotikaklassen (ß-Lactame: TEM-1, OXA-1, CTX-M-15, Tetracycline: TetA, Fluorchinolone+Aminoglykoside: aac-(6′)-lb-cr, Chloramphenicol)

Quelle: Smet et al., 2010

Schnelle und einfach zu handhabende Alternativen zur klassischen PCR

Isothermale Amplifikation Automatisierte Microarray-Hybridisierung