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GravitationswellenDer Klang des Universums

Schülervorlesung: „Einstein und der Kosmos“Physikalischer Verein, Frankfurt a.M. 2004

Peter AufmuthMax-Planck-Institut für Gravitationsphysik

(Albert-Einstein-Institut)Universität Hannover

Stichworte

Was ist / sind …

Gravitation

Gravitationswellen

Gravitationswellenastronomie

Gravitationswellenempfänger

?

Einstein Weber

Gravitation nach Newton

Isaac Newton(1643 – 1727)

221

rmmGF =

„Alle Massen übeneine anziehende Kraft

auf einander aus.“

Gravitationsgesetz

Beobachtungen zur Wirkung der Gravitation

Im freien Fall herrscht Schwerelosigkeit !

Keine Kräfte !

Alle Körper fallen an der gleichenStelle des Raums mit der gleichenBeschleunigung, unabhängig von ihrer Masse oder ihrer Zusammen-setzung („Äquivalenzprinzip“).

Die Gravitationswirkungen werden durch die Umgebung hervorgerufen – durch die Struktur des Raums.

Allgemeine Relativitätstheorie

= Einsteins Gravitationstheorie (1915)

„Die Gravitation ist keine Kraft, sondern

eine Eigenschaft des Raums.“

Albert Einstein(1879 – 1955)

Der Raum ist kein starrer Hintergrund,

er wird durch Massen verformt.1916

Gravitation ist Geometrie

Vorstellung anhand einer Fläche (= 2-dim. Raum)

Der Planet folgtder vorgegebenenStruktur des Raums

keine Masse = keine Krümmung

(Euklidischer Raum)

eine Massekrümmt den Raum

(Riemannscher Raum)

Prinzip der Allgemeine Relativitätstheorie

„Die Materie bestimmt die Krümmung des Raums,

und der Raum bestimmt die Bewegung der Materie.

John Archibald Wheeler(geb. 1911)

prägte die Begriffe „Schwarzes Loch“,„Geometrodynamik“, „Quantenschaum“

Lichtablenkung durch Raumkrümmung

SonnenfinsternisA. Eddington 1919

∆θ = 4 • 10−4

Auch das Licht folgt der Geometrie des Raumes.

Gravitationslinsen

Einstein-Kreuz

Die Galaxie in der Mitte erzeugt vier Bilder des Quasars dahinter

©HST

Einstein-Bögen, Einstein-Ringe

Bild einer Radiogalaxiemit aktivem Kern(Linse nicht sichtbar)©MIT

Allgemeine Relativitätstheorie = Geometrodynamik

Die Raumzeit-Geometrienimmt am Geschehen

teil. Sie ist nicht nurgekrümmt, sie verändert

sich auch ständig.

Alle Massen im Universumbewegen sich; das Univer-sum selbst expandiert.

John A. Wheeler

Gravitationswellen

Die Ausbreitung von Störungen in der Raumzeiterfolgt nur mit endlicher Geschwindigkeit

→ Existenz von Gravitationswellen

Beispiel: Zwei einander umkreisende Neutronensterne erzeugen GW

Gravitationswellen...

... sind durch beschleunigte Massen erzeugte Transversalwellen in der Struktur der Raumzeit, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten.

Gravitationswellen ändern die Metrik

dl = l0 + δldl = l0 dl = l0 – δl

Die Metrik beeinflußt das Ergebnis einer Abstandsmessungzwischen den Testmassen („Eigenabstand“ dl ).

Wirkung einer Gravitationswelle

auf einen Kreis aus Testmassen mit dem Radius l:

×

+

Polarisation

Die Raumverzerrung entspricht einer Längenänderung

Relative Längenänderung: h = 2 δl / l

Problem: Die Längenänderung ist klein!

Sehr klein !!!

Der Effekt ist so klein,daß man GW wohl

nie beobachten wird.

Einstein-Gleichung

Krümmung ~ Masse/Energie-Verteilung

TG κ=

N11028 43

4−⋅≈=

cGπκ

Beitrag der Erde zur Krümmung des Raums: 10–9

Bei der Satellitennavigation (GPS) müssen die Effekteder ART berücksichtigt werden !

Die Stärke von Gravitationswellen

Problem: Verschwindende Wechselwirkung zwischen Gravitationswellen und Materie

Vorteil: Fast keine Schwächung oder Streuung→ ideale Informationsträger

Vorteil: Das gesamte Universum ist transparent für Gravitationswellen, bis zurück zum Urknall !

Anforderungen an die Messung

Günstigster Fall: Supernova in der Milchstraße

→ h ~ 10–18

„Virgo Cluster“Galaxienhaufen

in 50 Mio LjEntfernung

Erforderliche Empfindlichkeit zur Beobachtung von Nachbargalaxien: h ~ 10–21

Eine Dehnung/Stauchung von 10–21 bedeutet ...

← 150 Mio. km →

Abstand Erde – Sonne ändert sich um den Durchmesser eines Wasserstoff-Atoms !

Oder: Eine 1 km lange Meßstrecke ändert sich um 1/1000 eines ATOMKERNdurchmessers !!!

Quellen von Gravitationswellen

die energiereichstenund heftigsten Vorgänge

im UniversumDoppelsternsysteme

Supernovae

UrknallInflation

AkkretierendeNeutronensterne Kollidierende superschwere

Schwarze LöcherDunkle Materie

Woher kommt unser Wissen über das Universum ?

Fast ausschließlich durch das „Licht“,das uns aus dem Weltraum erreicht.

Very Large Array0,01 – 1 m

Lowell Observatorium400 – 700 nm

Compton Gamma Ray Observatory0,97 pm

ROSAT1,03 – 12,4 nm

Voyager 290 – 130 nm

Hubble120 – 190 nm

International UV Explorer120 – 320 nm

„Licht“ = elektromagnetische Strahlung

Das unbekannte Universum

Neueste Ergebnisse der Astronomie:73 % dunkle (negative) Energie

und nur 27 % Materie

davon nur 1/6 normale Materieund 5/6 exotische dunkle Materie

Das Universum besteht zu 96 % aus etwas,das wir nicht kennen !

GW- Astronomie: Supernovae

Kollaps eines ausgebrannten Sterns zu einem Neutronenstern oder einem Schwarzen Loch und Explosion der äußeren Hülle des Sterns.SN 1987A

Saenz u. Shapiro 1981

Pulsierender Neutronenstern:

Beim Kollaps wird der Kern zu

Sinusschwingungen angeregt.

GW- Astronomie: Supernovae

Berechnetes Signal eines durch Rotation abgeplatteten Sterns

Im Gravitationswellen-Signal bilden sich die Details des Kollapses

und der folgenden Explosion ab

SN 1987A ©HST

GW- Astronomie: Pulsare

Radiopulsar = schnell rotierender Neutronenstern mit starkem Magnetfeld, der gebündelte

Radiowellen aussendet.

Gravitationswellen durch kleineAbweichungen des Sterns vonKugelgestalt (kleine „Hügel“) → periodisches Signal

Viele bekannte PulsareFrequenz: 300 – 600 Hz(z.B. PSR J1939+2134)

h

t

GW-Astronomie: Kompakte Binärsysteme

Zwei Neutronensterne oder Schwarze Löcher, die einander umkreisen

und schließlich verschmelzen

h

Zeit t [s]

Amplitude und Wellenform sind sehr gut bekannt → genaue Bestimmung der Entfernung

Bestimmung der Hubble-Konstante auf 5 %

GW-Astronomie: Kompakte Binärsysteme

Computer-Simulation Antennengalaxien(aufgenommen vom HST)

Kollision zweier Galaxien

GW-Astronomie: Hintergrundstrahlung

Ursache: Urknall und Inflationdes Univerums

Information über dasUniversum direkt

nach seiner Entstehung∆ t < 10-24 s

Test der String-Theorie

Mögliche Quellen für Gravitationswellenempfänger

Frequenz f [Hz]

Signalstärke h

Supernova-Kollaps

Verschmelzung kom-pakter Doppelsterne

BinärsystemeWeißer Zwerge

Kompakte Doppelsterne

Schwarze Löcher

Verschmelzung SL-SL 106 M

Bildung SL 106 M

SL-SL 105 M

SL-SL 103 M

Supernova in der Milchstraße

Millihertz Kilohertz

Man kann Gravitationswellen hören

Die meßbaren GW haben Frequenzen im Audiobereich40 Hz bis 2 kHz

Zwei Neutronensterne, die sichumkreisen u. zusammenstürzen

Zwei Schwarze Löcher, diesich umkreisen

Eine Schar Weißer Zwerge

Indirekter Nachweis von GW

Rotationsachsemagn. Achse1974: Hulse und Taylor

entdecken denDoppelpulsar PSR 1913+16

Rektaszension Deklination

Radio-wellenRadiopulsar + Neutronenstern

Magnetfeld B ≈ 108 T,Radius ≈ 10 km, Masse = 1,4 M

Periode T = 0,059029997929613(7) s

Umlaufzeit des Doppelsterns:7 h 45 m

Gravitationswellen

GW-Astronomie heute !

Energieverlust durch Abstrahlungvon Gravitationswellen

EinsteinsVorhersage

→ Verkürzung der Bahnperiode

∆P stimmt mit dem Wert überein,den die Allgemeine Relativitäts-theorie vorhersagt (auf 0,3 % !).

Russell A. HulseJoseph H. Taylor, Jr.

Nobelpreis für Physik 1993 Indirekter Nachweis vonGravitationswellen !

Wie kann man Gravitationswellen messen?

Gravitationswellen erzeugen eine Längenänderung

Problem: Maßstäbe werden ebenfalls verändert

Joseph Weber (1919 – 2000)

Der Pionier der GW-Forschung:

Resonanzantennen („Weber-Zylinder“)

Moderne Zylinderantennen

2120 10...10 −−≈h

Niob-Zylinder, M = 1,5 t; f = 700 HzV = 380 l flüssiges He; T = 0,9 KNachweis durch SQUIDs; h = 5•10-19

Vibrationsisolation

Vibrations-isolation

Nb-Zylinder

SQUID

flüss. He →

NIOBE Univ. W. Australia(Perth) seit 1994

Nachteil: Geringe Bandbreite

Erreichbare Empfindlichkeit:

Die Wirkung einer Gravitationswelle

δl

... besteht in einer unterschiedlichenLängenänderung δl in x- und y-Richtung

l

Michelson-Interferometer

Laser

Man muß man die beiden unterschiedlich veränderten Strecken

gleichzeitig betrachten

Spiegel

konstruktive Interferenz

Verstärkung

Strahl-teiler

Spiegel

destruktive Interferenz

Auslöschung

Zentralhaus

Nordarm

Ostarm

Institut für Obstbauund Baumschule

600 m

600 m

GEO 600

Laser + Strahlteiler

Endspiegel

Endspiegel

Ein Michelson-Interferometer mit 600 m langen Armen

Organisation von GEO 600

Institute for GravitationalResearch, Univ. Glasgow

Max-Planck-Institutfür Gravitationsphysik,

Golm und Hannover

Cardiff University

Universität HannoverK. DanzmannJ. Hough

B.A. Schutz 70 wiss. MitarbeiterMax-Planck-Institutfür Quantenoptik,

Garching

GEO 600 – Strahlengang

Nd:YAG-Laser14 W @ 1064 nmcw, stabilisiert TEM00

LeistungsverstärkungSignalüberhöhung

Umlaufende Leistung: 10 kW

Ultrahochvakuum

GEO 600 – Impressionen

100 Hz 1 kHz Frequenz

Ausgangssignal

Empfindlichkeitskurve von GEO

2001

20022004

Amplitudeh

10–18

10–19

10–20

GEO 600 – Status Anfang 2004

Datenaufnahme mit über 121 Std. Dauerbetrieb

Kontinuierlicher Betrieb mit > 98 % Stabilität

Erster Detektor mit Dual Recycling

Erste Koinzidenzmessungen mit LIGO und TAMA

Weitere Arbeit:Absenkung desRauschniveausum ~ Faktor 10

Nächster TestlaufHerbst 2004

Eine weltweites Netz von GW-Detektoren

2 × 4 km 3 km 600 m 300 m

AIGOLIGO Scientific Collaboration

Die seismische Wand

Signalstärke h

Frequenz f [Hz]

Erdgebundene GW-Detektoren

GW-Detektoren im All L I S A

mHz kHz

„Laser Interferometer Space Antenna“

Ein Laserinterferometer im Allmit 5 Mio km ArmlängeLISA

Drei Satelliten in heliozentrischerUmlaufbahn 20° hinter der Erde Vorgesehener Start: 2013

Einsteins Traum

Gravitationswellensind eine notwendige

Folgerung aus derRelativitätstheorie...

... aber der Effekt ist so klein,

daß man sie wohlnie beobachten wird.

Einsteins Traumwird wahr !

(Hoffentlich doch…

irgendwann)