Post on 22-Mar-2016
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DER TIROLERBERGSOMMEREine Bedienungsanleitung.
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6112 Wattens, Austria Tel: +43 (0) 5224 51080
RIESEN SPIELPLAN 2012
KUNST IM RIESEN Aktuelle Sonderausstellung: «FAMOS» von den Blue Noses
KINDER IM RIESEN Workshops für Kreative von 4 bis 12 Jahren
KULINARIUM IM RIESEN Kulinarisches Angebot im CAFÉ-terraSOMMERTIPP: Picknicks im Park mit vielen Leckereien
FAMILIEN IM RIESEN RIESENTOUR: ein funkelnder Streifzug durch die Wunderkammern für die ganze Familie
CLUBBING IM RIESEN Glamour mit internationalen Djs
MUSIK IM RIESEN Alljährliches Kammermusikfestival
WERKSTÄTTE IM RIESEN Für Kristallkünstler von 7 bis 99 Jahren
Alle Informationen und Termine unter:www.kristallwelten.com/riesenspielplan
3 SAISON
STICHWORT
Zitiert
Bergsommer, der
Der Adlerweg1.480 Kilometer Länge und 87.000 Höhenmeter: Tirols bekanntester Weitwanderweg
führt durch das ganze Land. Die Hauptroute mit 23 Etappen verläuft von St. Johann im
Tiroler Unterland nach St. Anton am Arlberg. Seinen Namen bekam der Adlerweg, weil
die Hauptroute auf der Landkarte wie ein Adler aussieht, der seine Schwingen ausbreitet.
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Zertifi zierteSommerbahnen
44 Bahnen in Öster-reich, davon 17 in Tirol, sind inzwischen mit dem Gütesiegel „Zerti-fi zierte Sommerbahn“ ausgezeichnet. Alle drei Jahre werden die Bah-nen nach dem Einhalt der Kriterien geprüft. Sechs verschiedene Themengebiete stehen zur Auswahl: Family-Berg, Abenteuer-Berg, Genuss-Berg, Panorama-Berg, Fit & Gesund-Berg und Kunst & Kultur-Berg. Sie erzie-len laut einer aktuellen Studie der Wirtschafts-kammer in den Som-mermonaten bis zu 60 Prozent mehr Umsatz als andere Bahnen.
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Vergangenes Jahr von der Tirol Werbung ge-
startete Kampagne, die Lust macht, in Tirol den
Sommerurlaub zu verbringen. Die thematischen
Säulen „Sport & Aktiv“, „Natur & Gesundheit“, „Fa-
milienerlebnis“ und „Kultur & Kulinarik“ bilden das
Fundament dieser breit und längerfristig angeleg-
ten Sommerkampagne. Ziel ist es, Tirol als attrak-
tive Ganzjahresdestination zu positionieren – eine
Rückkehr zu den touristischen Wurzeln, kamen
die ersten Touristen doch im Sommer nach Tirol.
„In den Bergen lassen wir die Zivilisation für einige Zeit hinter uns und kehren in unsere Hei-mat zurück – die Natur.“
Jochen Becker, Geschäftsführer
Deutsches Wanderinstitut
„Vom Weitwandern kommt man zurück mit einer Freiheit im Geist. Das Gleichmäßige, dieses ,der Weg ist das Ziel’, das habe ich erst durchs Weitwandern verstanden.“
Markus Linder, Kabarettist und Musiker
„Die Sehnsucht nach der Natur wird umso stärker, je kommerzieller unsere Arbeitswelt wird.“
Michael Larcher, Österreichischer
Alpenverein
ZAHLEN BITTE
Der Karwendelmarsch führt über 52
Kilometer auf 1.903 Meter Seehöhe.
Dabei sind insgesamt 2.300 Höhen-
meter zu überwinden. Die Bestzeit
beim Berglauf liegt bei 4 Stunden 23
Minuten und 50 Sekunden (2011). Heuer
fi ndet der Klassiker am 25. 08. statt.
4 SAISON
EDITORIAL
Die Frage drängt sich auf: Wie bleiben wir erfolgreich, wenn ange-sichts des permanenten Wandels und immer ra-scher aufeinanderfolgen-der Innovationsschübe tatsächlich kein Stein auf dem anderen bleibt?
Das Überraschende zu erwarten, das Positive daran zu sehen und aktiv zu prüfen, ob sich aus neuen Szenarien ebenso neue Chancen entwi-ckeln lassen – wer diese Einstellung kultiviert, dem mag es auch besser gelingen, den eigenen Erfolg zu kultivieren.
Im Wissen, dass Tirols einzigartiger Naturraum im Trend liegt, entfaltet sich nicht ein eindimen-sionales „Entweder-Oder-Denken“ sondern eine kreative, einfallsrei-che „Sowohl-als-auch-Mentalität“.
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5SAISON
EDITORIAL
Tirol im Trend
Wer nicht innoviert, verliert. Der
permanente Wille zum Wan-
del ist längst zu einem zen-
tralen Leitmotiv erfolgreicher
Unternehmer geworden. Zu schnell verändert sich in
unserer Zeit die Welt, lösen neue Technologien alte
ab und sehnen sich Menschen nach Dingen, deren
Existenz noch vor Kurzem unbekannt war. Die Frage
drängt sich auf: Wie bleiben wir erfolgreich, wenn
angesichts des permanenten Wandels und immer ra-
scher aufeinanderfolgender Innovationsschübe tat-
sächlich kein Stein auf dem anderen bleibt? Für den
Zukunftsforscher Eckhart Minx sind es drei zentrale
Elemente, die für die Zukunftsfähigkeit eines Unter-
nehmens entscheidend sind: Zum einen das „Denken
auf Vorrat“, zum anderen die richtige Wahrnehmung
der Veränderung der Umwelt und der Gesellschaft so-
wie drittens das Wissen – auch und gerade jenes über
die eigenen Stärken.
Der Fall Kodak. Die Wirtschaftsgeschichte ist
reich an Berichten über einstige Erfolgsunternehmen,
die nicht mit der Zeit gingen und eben deshalb ge-
hen mussten. Ein besonders eindrückliches Beispiel
ist Kodak, bis vor kurzem Weltmarktführer im Bereich
Fotografi e. Unlängst analysierte Jim Rakete, einer der
bekanntesten deutschen Fotografen, in der „Süd-
deutschen Zeitung“ die Gründe für den Niedergang:
„Schon in den 1970er-Jahren war zu erkennen, dass
die Idee der Fotografi e sich in ihr seltsames Gegenteil
verkehren würde. Waren die Pioniere der Fotografi e
noch darauf aus, das eine gültige Bild eines Moments
zu machen, ging die Entwicklung in Richtung Serie.
Die Ungeduld dem Ergebnis gegenüber nahm zu.
Über Nacht hatten die Kameras Motoren oder Win-
der. An jeder Ecke gab es Fotolabors. Warten war un-
modern.“ Selbst als die ersten Digitalkameras auf den
Markt kamen, wollte Kodak nicht an seiner Überlegen-
heit zweifeln, denn immer noch boomte das eigene
Geschäft. Erst als es japanische Kameras mit einem
EDITORIAL
J O S EF M A R G R EI T ER , D I R EK TO R T I R O L W ER B U N G
vergleichbaren Aufl ösungsvermögen gab, erwog man
den Einstieg in die Technik. Da war es bereits zu spät.
Überraschendes erwarten. Der Fall Kodak mag
als Lehre dienen. Wenn die Welt jeden Tag an Komple-
xität gewinnt, dann müssen wir lernen, immer stärker in
Alternativen zu denken. Das Überraschende zu erwarten,
das Positive daran zu sehen und aktiv zu prüfen, ob sich
aus neuen Szenarien ebenso neue Chancen entwickeln
lassen – wer diese Einstellung kultiviert, dem mag es
auch besser gelingen, den eigenen Erfolg zu kultivieren.
Die erfreuliche Entwicklung der Tiroler Touris-
muswirtschaft ist in erster Linie dieser beschriebenen
Einstellung geschuldet. Auch wenn der touristische
Wettbewerb in der ganzen Welt explodiert ist – die
Erfolgszahlen sowohl im Winter- wie im Tiroler Som-
mertourismus reißen nicht ab. Die Frage nach dem
Warum kann ganz im Sinne der Eingangsthesen von
Minx beantwortet werden. Tirols Touristiker kennen die
Stärken ihres Kerngeschäfts, wissen aber auch um die
Kraft der Innovation. Im Wissen, dass Tirols einzigarti-
ger Naturraum im Trend liegt, entfaltet sich nicht ein
eindimensionales „Entweder-oder-Denken“ sondern
eine kreative, einfallsreiche „Sowohl-als-auch-Menta-
lität“. So können rund um die Kernstärken Tirols immer
neue, zeitgemäße Angebote entstehen, die ganz un-
terschiedliche Interessen und Vorlieben von Reisenden
auf ihrer ganz persönlichen Suche nach dem Glück
bedienen. Ganz in diesem Sinne können wir in dieser
Ausgabe der SAISON ab Seite 18 lesen, dass auch „Ver-
rückte“ mittlerweile willkommene Gäste in Tirol sind
– denn innovative Touristiker haben das Potenzial des
Downhill-Mountainbikens längst erkannt.
Tirol bleibt also im Trend. Die Sehnsucht nach Natur,
aber auch nach gelebter Kultur sowie gesundem Aktiv-
urlaub steigt. Wenn also unsere positive Neugierde auf
Veränderung sowie die unverzichtbare Investitions- und
Innovationsfähigkeit Schritt halten, wird auch der Tiroler
Bergsommer rosigen Zeiten entgegensehen. Ich wünsche
allen viel Freude damit und verdiente Erfolge! ×
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seit 1894
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0512 / 582739
7 SAISON
INHALT
IMPRESSUMSAISON – Tourismusmagazin, Nr. 2/2012 (64. Jahrgang) SAISON-Abohotline: 0512/58 60 20
HERAUSGEBER: Tirol Werbung, Maria-Theresien-Straße 55, 6020 Innsbruck • MEDIENINHABER UND VERLEGER: target group publishing GmbH – Zielgruppen Verlag, Karl-Kapferer-Straße 5, 6020 Innsbruck • CHEFREDAKTEUR: Matthias Krapf • REDAKTION: Mag. Sylvia Ainetter, Steff en Arora, Mag. Nina Heizer, Mag. Sonja Kainz, Mag. Jane Kathrein, Esther Pirchner, Ernst Spreng • AUTOREN: Ernst Molden, Alois Schöpf • FOTOGRAFEN: Gerhard Berger, Michael Rathmayr • PRODUKTION: NERO WerbeGmbH, www.nerografi k.net • LAYOUT: Philipp Frenzel • ANZEIGENVERKAUF: Thomas Pilgram, t.pilgram@zielgruppenverlag.at • ANSCHRIFT VERLAG/PRODUKTION: Karl-Kapferer-Straße 5, 6020 Innsbruck, Tel. 0512/58 60 20, Fax DW -20, redaktion@zielgruppenverlag.at • GESCHÄFTSFÜHRUNG VERLAG: Mag. Andreas Eisendle, Michael Steinlechner • DRUCK: Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten
8Sehnsucht nach NaturDer Bergsommer könnte rosigen Zeiten entgegensehen, denn Outdoorsportarten boomen.
12„Etwas Präventives für die Gesundheit“Sportmediziner Dr. Wolfgang Schobersberger über die gesund-heitlichen Aspekte des Wanderns
14Die Anziehungskraft der BergeDie Welt der Berge fasziniert die Menschen im Tal seit jeher.
18„Verrückte“ als willkommene GästeInnovative Touristiker haben das Potenzial des Downhill-Mountainbikens erkannt.
20Alpen statt AdriaErfolgreich: die „Ausgezeichneten Österreichischen Sommerbahnen“
22Kulinarischer Almen-StreifzugTirols Hüttenwirte und Sennerinnen warten während der Sommermonate mit ungeahnten Köstlichkeiten auf.
24Berge rücken Gedanken zurechtÜber die Faszination Berg, der nicht nur Profi kletterer erliegen.
26„Gehen befreit den Geist“Der begeisterte Weitwanderer Markus Linder im Interview
MAGAZIN
32Naturnaher GroßeventHeuer fi ndet der Karwendelmarsch bereits zum vierten Mal seit seiner Neuaufl age statt.
34Der Missionar für Tiroler SpeckVergangenes Jahr hat Karl Handl die Unternehmensleitung an seine Söhne übergeben. Ein Gespräch
38Die Deutsche auf der AlmÜber die Entstehung des Bildbandes „Echt Tirol – echt oimerisch“
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41Tourismuswissen auf einen KlickDie Informationsplattform TTR wurde relauncht.
42Das Leben ist schön in TirolDas neue Sparpaket in Italien könnte dem Nordtiroler Tou-rismus zu Gute kommen.
44Museen für die OhrenZwei neue Ausstellungen in den Tiroler Landesmuseen: Man höre und staune!
46Von Fahrrädern, Mördern & PolizistenKomponist Florian Bramböck über seine neue Oper
49 Kommentare
50 Nachgefragt
DIE „VERRÜCKTEN“ALS WILLKOMMENE GÄSTE DIE DEUTSCHE AUF DER ALM
SEHNSUCHTNACH NATUR
THEMA: BERGSOMMER TIROL
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ALPEN STATT ADRIA
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KULINARISCHERALMENSTREIFZUG
18
8 saison
BERGSOMMER
Der Bergsommer könnte rosigen Zeiten entgegensehen. Der Freizeit- und Tourismusforscher Peter Zellmann sieht im Zusammenhang mit der Umorientierung unserer Gesellschaft zu mehr Natur, Wellness und ökologischem Bewusstsein große Chancen für den heimischen Tourismus. Der aktuelle Wander- und Outdoor-Trend scheint ihm Recht zu geben.
Von Sonja K ainz
Sehnsucht nach Natur
H
ape Kerkeling
tut es. Paulo
Coelho tut es.
Hansi Hinter
seer tat es
schon immer.
Deutschlands Paradekomiker, der brasi
lianische Bestsellerautor und das Tiroler
original haben eines gemeinsam: alle drei
lieben Wandern. auch wenn Kerkeling und
Coelho es in ihren Bestsellern „ich bin dann
mal weg“ und „auf dem Jakobsweg“ Pilgern
nennen – letztendlich geht es ums Gehen,
das Wiederentdecken der Langsamkeit und
darum, in unserer von stress, Reizüberflu
tung und Hektik geprägten Welt wieder zu
sich zu finden.
Wandern steht bei den Freizeitakti
vitäten wieder hoch im Kurs und hat sein
angestaubtes image als Beschäftigung, die
vorwiegend für schon etwas ältere Damen
und Herren interessant ist, abgestreift. Das
Kuratorium für alpine sicherheit ermittelte
beispielsweise in einer Untersuchung im
Jahr 1996 4,4 Millionen Wanderer allein
in Österreich. Das entsprach 68 Prozent
der Bevölkerung. schon fünf Jahre spä
ter war dieser Prozentsatz auf 74 Prozent
angewachsen – mit stark steigender Ten
denz. nach schwimmen und Radfahren
ist Wandern damit laut Kuratorium die
dritthäufigste sportliche Freizeitbetätigung
der Österreicher. Und auch in Deutschland,
Tirols wichtigstem Reisemarkt, steigt die
Begeisterung fürs Wandern. Rund 55 Pro
zent der Deutschen geben laut einer von
Rainer Brämer, einem deutschen Physiker
und Wanderwissenschafter, veröffentlich
ten studie aus dem Jahr 2010 an, zu wan
dern. in absoluten Zahlen wären das rund
35 Millionen Menschen.
Wiederentdeckung. aber nicht nur
Wandern erlebt eine Renaissance. alles,
was im Freien und in der natur stattfindet,
hat Konjunktur. Mountainbiken und Klettern
gehören ebenso dazu wie Bergsteigen und
ausgedehnte Radtouren. Beim Österreichi
schen alpenverein schlägt sich der Trend zu
outdooraktivitäten nicht nur in einer kons
tant wachsenden Mitgliederzahl nieder, die
2011 in einem Mitgliederrekord (415.000)
gipfelte, sondern auch im starken Zulauf
zu den unterschiedlichen Kursprogram
men, erklärt Michael Larcher vom ÖaV.
„immer mehr Menschen lassen sich für
den Bergsport ausbilden“, weiß der Leiter
der abteilung Bergsport. allein hundert
Personen absolvierten pro Jahr die ausbil
dung zum Bergwanderführer, einfach weil
der Bedarf und die nachfrage da seien. Der
outdoorTrend sei in Tirol zwar besonders
stark ausgeprägt, beschränke sich aber
nicht auf Österreich, sondern umfasse den
gesamten mitteleuropäischen Raum.
Larcher sieht diese Entwicklung im
Zusammenhang mit dem Wellnesstrend
und der stärker werdenden Freizeitorien
tierung der Bevölkerung. Die aufwärts
tendenz sei beim ÖaV bereits seit etwa 15
Jahren zu spüren. „Die sehnsucht nach der
natur wird umso stärker, je kommerzieller
unsere arbeitswelt wird“, meint Larcher.
Selbstverwirklichung. auch Peter
Zellmann sieht die verstärkte Hinwendung
zur natur in einem größeren Zusammen
hang. sie sei eine Konsequenz der Freizeit,
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„Die Sehnsucht nach der Natur wird umso stärker, je kommerzieller unsere Arbeitswelt wird.“MiCHaEL LaRCHER, ÖsTERREiCHisCHER aLPEnVEREin
Panoramablick. Nordic-Walkerin am
Kitzbüheler Horn
10
Margreiter sieht im sommertourismus
für Tirol großes Wachstumspotenzial. im
sommer 2011 kletterten die nächtigungen
erstmals seit 1998 wieder über die 18Mil
lionenGrenze. „Die Trendumkehr fand
bereits 2007 statt“, sagt Margreiter. seit
dem geht es mit den nächtigungszahlen
im sommer stetig bergauf. Der TWChef
hält es für realistisch, die sommernächti
gungen an die im Winter heranzuführen
und auf ein ähnliches Volumen zu kom
men. Das wären rund 25 Millionen näch
tigungen. „Das Potenzial ist auf jeden Fall
da“, meint Margreiter. Die Bedingung sei
allerdings entsprechendes Engagement,
um am Ball zu bleiben. Dass die nachfra
ge in den vergangenen Jahren angezogen
habe, sei nicht nur auf den allgemeinen
Trend zu mehr natur zurückzuführen,
sondern auch auf „kräftige investitionen“
und die Motivation, das sommerangebot
wieder innovativ zu gestalten. investitio
nen und Engagement werde es laut Mar
greiter auch weiterhin benötigen. Denn
im sommer sei die Konkurrenz natürlich
viel stärker als im Winter. schnee gebe es
nun einmal nicht überall, schöne natur
landschaften fi nde man allerdings auch in
vielen anderen Ländern.
Margreiter empfi ehlt den Destina
tionen, sich klar zu positionieren. Viele
Regionen hätten das bereits getan und
Erlebnis und naturorientierung, die insge
samt auf einen ganzheitlicheren Lebensstil
abziele, erklärt der Freizeit und Touris
musforscher. Die Lebensbereiche arbeit,
Familie und Freizeit werden zunehmend
gleich wichtig. selbstverwirklichung werde
allerdings tendenziell in der Freizeit gesucht.
„Wandern ist sicherlich in, outdoor ist in“,
bestätigt Zellmann, aber die heimische
natur sei kein selbstläufer. Das sei nur das
Meer, da es für uns Mitteleuropäer so etwas
Besonderes sei, dass es keine inszenierung
brauche. Die heimische naturlandschaft
müsse dagegen „inszeniert“ werden.
Sommer mit Potenzial. Ein gelun
genes Beispiel dafür, wie etwas, das schon
immer da gewesen ist, zu etwas neuem und
Einzigartigem werden kann, ist wohl der Ti
roler adlerweg. Dieser Weitwanderweg, der
durch das ganze Land führt und sowohl Ge
nusswanderer als auch alpinisten anspricht,
erfreut sich großer Beliebtheit. Vor kurzem
habe er mit einem Hüttenwirt gesprochen,
der in der nähe dieses Weges schon lange
seine Hütte habe, erzählt Josef Margreiter,
Geschäftsführer der Tirol Werbung. auf die
Frage, ob der adlerweg beim Gästeaufkom
men spürbar sei, habe der Gastwirt ganz klar
gesagt: „Und wie wir das spüren.“
Alpines Erlebnis.Wanderer am
Knappenweg in den Ötztaler Alpen
„Das Potenzial ist auf jeden Fall da.“
JosEF MaRGREiTER, GEsCHÄFTsFüHRER DER TiRoL WERBUnG, üBER DiE CHanCEn, DiE nÄCHTiGUnGsZaHLEn iM soMMER DEUTLiCH ZU HEBEn
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seien erfolgreich damit. Die einen setzen
auf actionreiche Erlebnisse in der natur
und lassen Urlauber die Berge, Flüsse und
schluchten erobern, andere haben sich den
Familien verschrieben und bilden in die Ti
roler Bergwelt integrierte Erlebniswelten wie
das Hexenwasser oder das Murmliwasser.
Urlaub in der Nähe. investitionen
können sich auch deshalb auszahlen, weil
selbst in Krisenzeiten bei Freizeitaktivitäten
und sport eher nicht gespart werde, meint
ÖaVExperte Larcher. Die Bergsportindus
trie habe beispielsweise die Wirtschaftskri
se in wesentlich milderer Form zu spüren
bekommen als andere Wirtschafszweige.
in unsicheren Zeiten werde ausschau nach
aktivitäten gehalten, die sich in der nähe
befi nden und relativ wenig kosten, glaubt
der Bergsportexperte.
Den Trend zum Urlaub in der nähe
bestätigt auch Margreiter. Der inlands
markt wurde in den vergangenen Jahren
immer wichtiger und konnte sich konstant
über nächtigungszuwächse freuen. Diese
Tendenz dürfte auch 2012 anhalten. Das
institut für Freizeit und Tourismusfor
schung (FTi) fand heraus, dass 2011 31
Prozent der verreisenden Österreicher im
inland urlaubten (2010: 29 Prozent). Be
rücksichtigt man, dass 2011 58 Prozent der
Österreicher verreist sind, lasse sich schlie
ßen, dass 18 Prozent ihren Haupturlaub im
inland verbrachten. aufschlussreich auch:
26 Prozent der Befragten, die eine Urlaubs
reise planen, wissen schon jetzt, dass sie
heuer im inland urlauben möchten.
Nachhaltige Entwicklung. Zell
mann geht davon aus, dass es sich bei
der orientierung zu der ökologischeren,
nachhaltigeren Freizeitgestaltung um eine
länger anhaltende Entwicklung handelt.
Die Gesellschaft wandle sich etwa seit
den 70er Jahren vom „industriepatriar
chat“ zum „Freitzeitmatriarchat“, erklärt der
Freizeitforscher. Derzeit befi nden wir uns
demnach in der sogenannten übergangs
phase, die laut Zellmann etwa um 2030
abgeschlossen sein wird. Man stehe am
Beginn des Zeitalters der Emotionalisie
rung, die neue Wertschöpfung werde sich
dementsprechend aus „soften“ Kompo
nenten und emotionalen Werten lukrieren
lassen, meint Zellmann. seine Prognose
stimmt optimistisch: „Österreich hat eine
riesen Zukunft als Gastgeberland.“ ×
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12 SAISON
BERGSOMMER
„Etwas Präventives für die Gesundheit“Wandern hat zahlreiche positive E� ekte auf die Gesundheit und die Psyche des Menschen. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schobersberger hat die Auswirkungen eines Wanderurlaubes wissenschaftlich untersucht und erzählt im Interview, wie man schon in einer Woche viel erreichen kann und warum man sich trotzdem vor zu viel Ehrgeiz hüten sollte.
DA S INTERVIEW FÜHRTE SONJA K AINZ .
S AISON: Herr Dr. Schobers-berger, Sie sind Sport- und Alpinmediziner. Zählt Wan-
dern denn überhaupt als Sport?WOLFGANG SCHOBERSBERGER: Auf
alle Fälle. Die Sportabgrenzung ist nicht
immer so eindeutig. Viele verbinden mit
Sport nur das, was mit Wettkampf zu tun
hat. An unserem Institut assoziieren wir
Sport mit Bewegung. Und alles, was mit
Bewegung zu tun hat, ist für uns auch
Sport.
Kommt es darauf an, wie man Wandern betreibt? Wo fängt Wandern an, wo hört Spazierengehen auf? Die Frage muss der
Gast für sich selbst beantworten. Geht es
darum, ein bisschen in der Natur zu sein
und die persönliche Wellness zu steigern,
dann ist es sicher mit einem Spaziergang
im Gebirge auch getan. Ich persönlich
assoziiere mit Wandern etwas, womit ich
auch etwas Präventives für meine Ge-
sundheit mache.
Wann beginnt Wandern sich vorbeugend auf Erkrankungen auszuwirken? Einmal
Wandern ist noch keine Präventionsmaß-
nahme. Wenn es in einem Wanderurlaub
stattfi ndet, der eine gewisse Dauer hat,
zählt es als Prävention. Prävention ist
jede Bewegung, die in einem sinnvollen
Pulsbereich stattfi ndet, etwa zwischen
120 und 130, wobei die optimale Pulsfre-
quenz individuell ist. Entscheidend für die
Vorbeugung von Erkrankungen ist, dass
man jede Art von Bewegung mindestens
dreimal die Woche jeweils etwa eine Stun-
de ausübt.
Also kann ein Wanderurlaub schon aus-reichen, um die Gesundheit zu verbes-sern? Es ist der Start dazu. Wenn ich davor
nichts mache und danach nichts mache,
ist der E� ekt minimal. Ich sage immer, der
Wanderurlaub oder der Alpinurlaub kann
der Aufhänger dazu sein, dass ich etwas
lerne, was ich dann im Alltag umsetze,
eine Art Initialimpuls.
Wie wirkt sich regelmäßiges Wandern auf die körperliche Verfassung aus? Ei-
gentlich genau so, wie jede andere Art der
Bewegung. Die zusätzliche Komponente
des Wanderns ist allerdings, dass es in
einem schönen, angenehmen Ambiente
stattfi ndet, dadurch kommt noch eine
spezielle psychische und psychologische
Komponente dazu. Diesen mental rege-
nerativen E� ekt kann man sich in einem
Fitnessstudio nicht erwarten.
Welche psychologischen Veränderun-gen konnten Sie in Ihren Studien fest-stellen? Die Schlafqualität hat sich ver-
bessert, die generelle Lebenseinstellung
ebenfalls. Wenn man krank ist, befi nden
sich die meisten Menschen in der Nähe
der Depression. Wir konnten eindeutig
feststellen, dass die Studienteilnehmer
bereits nach einer Woche wieder eine
positivere Lebenssicht hatten.
In Ihren Studien wurden auch die physi-schen E� ekte überprüft. Nach drei Wo-
chen haben wir gesehen, dass die Leute
Gewicht verloren haben und nicht nur
Wasser, sondern auch Fettmasse. Es war
keine Diätstudie, wir haben also keine Er-
nährungsorder gegeben, trotzdem haben
die Studienteilnehmer abgenommen. Die
Blutfettwerte und die Blutzuckertoleranz
hatten sich verbessert ebenso wie das
Blutdruckverhalten.
Im Forschungsprojekt AMAS 3 werden aktuell gestresste Manager untersucht. Dauerstress ist aber in unserer hekti-schen Welt nicht nur für Manager ein Thema, sondern ein großer Teil der Bevölkerung leidet darunter. Wie wirkt sich Dauerstress auf unseren Organis-mus aus? Es gibt kein Organsystem, das
durch Dauerstress nicht in Mitleidenschaft
gezogen wird. Er wirkt sich negativ auf das
Herzkreislaufsystem aus, führt zu Blut-
hochdruck auch bei Normalgewichtigen,
er beeinfl usst das Ernährungsverhalten –
es gibt beispielsweise Stressfresser oder
Stresshungerer. Außerdem führt er zu
psychischen Beeinträchtigungen bis hin
zu Depressionen, dem Verlust von sozia-
ZUR PERSONUniv.-Prof. Dr. Wolfgang Schobersberger wurde in Salzburg geboren und studier-te Medizin in Innsbruck. Er war wissen-schaftlicher Koordinator der AMAS 2000 (Austrian Moderate Altitude Study), die Gesundheitse� ekte von Bergurlauben unter die Lupe nahm, weitere Studien folgten. Derzeit ist AMAS 3 angelau-fen, die sich vor allem mit den Folgen von Stress und deren Bekämpfung be-schäftigt. Schobersberger ist außerdem Gründungs- und Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Al-pin- und Höhenmedizin und ist seit 2002 Vizepräsident dieser Gesellschaft. Seit 2003 leitet er als Vorstand das Institut für Urlaubs-, Reise- und Höhenmedizin, das im Landeskrankenhaus in Natters ange-siedelt ist.
„Ich sage immer, der Wanderurlaub kann ein Initial-impuls sein.“
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tourismus am mci.Studieren & Karriereentwicklung
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www.mci.edu
Bachelorstudium Tourismus- & Freizeitwirtschaft
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= in englischer Sprache, = Vollzeit, = berufsbegleitend; © Stubaier Gletscher; * Sämtliche Zertifikats-Lehrgänge sind anre-chenbar auf die Executive-Master MBA und MSc
len Kontakten, der sich wiederum negativ
auf die Gesundheit auswirkt.
Gibt es auch Menschen, denen man trotz aller positiven Begleiterscheinungen des Wanderns lieber raten sollte im Flachen zu bleiben? Absolut. Ich bin der Letzte, der
sagt, alle müssen auf den Berg, da ist es nur
gesund. Mein Wunsch wäre, dass jemand,
der einen Bergurlaub macht, um für sich
ein gezieltes Höhentraining zu absolvieren,
sich davor checken lässt. Das Problem ist,
dass viele im Urlaub übermotiviert sind. In
Innsbruck gab es eine Studie zum Thema
Skiurlaub. Das Ergebnis war, dass die In-
farkthäufi gkeit bei vorbelasteten Personen
in den ersten 48 Stunden am höchsten ist.
Das entspricht auch unseren Erfahrungen
den Wanderurlaub betre� end.
Woran liegt das? Das ist der Anreisestress
plus Übermotivation. Man möchte es sich
und der Umgebung zeigen und sucht sich
dann ein Ziel aus, das eigentlich unrealis-
tisch ist. Diese Kombination ist oft fatal.
Wie lautet Ihre Empfehlung? Man sollte
den Wanderurlaub gezielt, gesta� elt und
dosiert beginnen. Eigentlich sollte man
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einfach das tun, was man gerne tut. Man
darf den Anfahrtsstress nicht unterschät-
zen. Wir sehen oft, dass die Leute kom-
men und einfach ausgebrannt sind. Das
nächste Problem ist, dass sie sich zu viel
vornehmen. Der Urlaub wird zum Stress.
Hinzu kommt, dass viele Hotels den Well-
nessurlaub als Stressnessurlaub anbieten,
wo in einem verlängerten Wochenende
zehn Angebote verpackt werden.
Der Trend geht verstärkt zu Kurzurlau-ben, wie beurteilen Sie den Erholungs-wert dieser Form des Verreisens? Früher
war der Urlaub eine gesetzlich vorge-
gebene Maßname mit einer gewissen
Mindestdauer und die betrug drei Wo-
chen. Jetzt hat man das umgekrempelt,
hin zu lieber öfter, aber kürzer kommen.
Allerdings hat sich noch nie jemand an-
geschaut, ob das wirklich etwas bringt.
Das machen wir mit AMAS 3. Ich kann mir
jedenfalls vorstellen, dass diese Form des
Urlaubs die Gäste im mentalen Bereich
nicht abschalten lässt. Persönlich glaube
ich nicht, dass der Kurzurlaub wirklich
sichtbare positive E� ekte zulässt.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
14 SAISON
BERGSOMMER
Die Anziehungskraft der BergeDie Welt der Berge faszinierte die Menschen im Tal seit jeher. Die ersten Bergsteiger wurden noch als verrückt verrufen. Doch das sollte sich rasch ändern.
VON JANE K ATHREIN
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Alpine Pioniere. Bergsteigerszenen wie „Klettern am Elfer“ (1891) hielt der englische Alpinist und Maler Edward Theodore Compton (1849–1921) zu hunderten fest.
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hatten: In nur sieben Jahren kam es zu
70 Erstbesteigungen. Edward Whymper
war schließlich einer italienischen Seil-
schaft zuvor gekommen. Die ersten Gip-
felbesteigungen wurden zum Wettkampf
zwischen Freunden und Nationen.
Erlebniswelt Berg. Fasziniert saugte
man in den Städten die abenteuerlichen
Berichte von den Bergerlebnissen auf. Erst
diese Vorstöße rückten die hochalpinen
Regionen als Tummelplatz und Erlebnis-
welt in das Bewusstsein. Kaum waren die
höchsten Gipfel erobert, sahen sich die
Kletterer nach neuen Herausforderungen
um. Nordwände, ausgesetzte Grate, ris-
kante Alleingänge – nicht mehr die Höhe
des Gipfels, sondern die Schwierigkeit
der Route zählte. Ideales Gelände dafür
waren die Ostalpen, die Dolomiten, der
Dachstein und die Brentagruppe.
Die ersten Bergsteiger wurden als
verrückt abgekanzelt. Zugleich ging eine
Faszination von ihnen aus, die dem Hel-
denmythos recht nahe kommt und den
Bergführer bis heute umweht. Die ersten
Tiroler Bergführer hatten allerdings keinen
besonders guten Ruf: Sie seien starrköp-
fi g, ohne jegliche Kultur und jenseits des
Heimattals wüssten sie schon nicht mehr
weiter. Die Engländer brachten in der
Frühzeit des Alpinismus ihre Führer aus der
Schweiz mit. Dort war das Bergführerwe-
sen bereits organisiert. Mit der Begehung
schwieriger Routen stieg schließlich auch
das Ansehen der Tiroler.
Lange Anfahrtswege. Die Adeligen
waren die ersten, die sich in den Bergen
erholten. Sie kamen mit der Kutsche und
nahmen lange Anfahrtswege in Kauf, nur
um einen Blick auf die Berge zu werfen,
von denen Reisende in ihren Berichten
erzählten und schrieben. Der Name Karl
Baedeker wurde schon in der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts schnell zu einem
Synonym für den Reiseführer, der ein
rasch anwachsendes bürgerliches Pub-
likum mit den bekanntesten Reisezielen
vertraut machte. Notizen über die Qualität
von Unterkünften, Empfehlungen für die
Wege, die sich zunächst an zu Fuß ge-
hende oder mit der Postkutsche Reisende
richteten, oder über die Routen, die dem
Bahnreisenden durch den Ausbau des
Streckennetzes zur Verfügung standen,
gepaart mit landeskundlichen und his-
torischen Kurzinformationen, schürten
die Erwartungshaltung. Die gebildeten
und gut informierten Leser, zu der nach
Beginn des Eisenbahnzeitalters immer
mehr Frauen gehörten, wussten schon
vor Reiseantritt, welche Orte in den Tälern
schick waren.
Bislang verschlafene alpine Gegen-
den entwickelten sich innerhalb weniger
Jahrzehnte zum Anziehungspunkt der
Oberschicht. Neben der naturräumlichen
Ausstattung waren es Initiativen von Ein-
zelpersönlichkeiten und Zufälle, die ein
Gebirgsdorf zu einem weltbekannten
Kurort aufsteigen ließen.
Der Reiz des Hochgebirges wurde
weit über die Landesgrenzen hinaus ge-
tragen. In alpennahen Ländern schlossen
sich Bergsteiger zu Vereinen zusammen.
Für die Briten zählte noch die elitäre Leis-
tung von Einzelnen, die neuen Alpenver-
eine steckten sich höhere Ziele. Der Berg-
sport wurde als Mittel betrachtet, um das
einst schreckliche Gebirge als Freiraum für
den Städter zu erschließen.
D er Wind, der um die Hütte
pfeift, pfeift um die Hütte.
Der Wind, der durch die
Stadt weht, zwängt sich durch ihre Gas-
sen. Die Stadt ist eine künstliche Welt. Sie
nimmt Energie. Ich leihe mir die Energie
von der Natur“, sagt Veronika Felderer
in einem Interview, das im Rahmen der
Ausstellung „Berge – eine unverständliche
Leidenschaft“ über einen der Bildschirme
läuft. Die Wirtin der Kellerjochhütte ver-
bringt mehrere Monate im Jahr in und auf
den Bergen, umrundet sie, besteigt sie – je
nachdem welches Thema gerade ansteht.
Gedanken sortieren, Wut abbau-
en, schwitzen. Das Verlangen nach den
Bergen sieht im 21. Jahrhundert so aus.
„Genährt wird es von unterschiedlichen
Reizen“, versucht Martin Schwiersch,
Psychologe und Bergsteiger, eine wissen-
schaftliche Erklärung zu fi nden. Reize, die
zu einem blitzhaften Wiedererinnern einer
Situation führen, die fast leibhaftig erlebt
wird. Ein Gefühl von Lebendigkeit und des
Herausgehobenseins ist das, was bleibt.
Ehrfurcht. Die Berge ziehen an. Ihrer
Aura konnten sich schon die ersten Tou-
risten, die auf der Terrasse des Grand-
hotels standen und hinaufstarrten, nicht
entziehen. Ihr Gesichtsausdruck, der auf
den ersten Fotos erkennbar ist, spiegelt
Staunen wider und Ehrfurcht. Einzelne
mutige Männer und Frauen gaben sich
nicht mit dem Schauen zufrieden, sie
wollten den Fels zwischen ihren Fingern
spüren und machten sich auf den Weg
zu den steilen Wänden und ausgesetzten
Graten. Mit einfacher Ausrüstung und
selbst angeeigneten Kletterkenntnissen.
Nicht immer gelang ihnen die Be-
zwingung im ersten Anlauf. Der Kampf um
das Matterhorn dauerte etwa fünf Jahre,
obwohl seine Begehung der Schwierig-
keitsstufe drei entsprach. Es scheiterte
nicht an den Kletterkenntnissen der bri-
tischen Pioniere, sondern vielmehr an
ihrem Ehrgefühl, das ihnen verbot mit
Händen und Füßen zu klettern. Edward
Whymper überwand schließlich 1865
seine Grenzen und stand als Erster am
Gipfel des heute weltberühmten Berges.
Es war der letzte große Alpenberg
aus einer langen Liste von Gipfelsiegen,
die sich die Engländer vorgenommen
Die ersten Bergsteiger wur-den als verrückt abgekanzelt. Zugleich ging eine Faszina-tion von ihnen aus.
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„Bergtourismus federführend entwickelt“ÖAV-Präsident Christian Wadsack im Interview
S AISON: Herr Wadsack, an welchen Personen würden Sie die frühe Entwicklung des Alpenvereins festmachen? CHRIS-
TIAN WADSACK: Am Venter Kurat Franz Senn, der zur Gruppe
jener Unzufriedenen gehörte, die mehr praktische Arbeit im Gebirge
verlangten. Er regte 1863 den ersten Wegebau übers Hochjoch vom
Ötztal ins Schnalstal an und war Teil der „Opposition“ im Alpenverein, die
schließlich 1869 in München den Deutschen Alpenverein gegründet hat.
Senn hat rastlos für den beginnenden Fremdenverkehr in Tirol gewirkt
und sich dabei fi nanziell ruiniert. Dann fällt mir noch Johann Stüdl ein.
Der Prager Kaufmann Stüdl war der „Hüttenbauer“ im Alpenverein, vor
allem im Zillertal.
Die Rolle des Alpenvereins damals und heute? Der Alpenverein hat in
den ersten 50 Jahren seines Bestehens den Bergtourismus federführend
entwickelt und dazu auch die notwendige alpine Infrastruktur aufgebaut.
Heute tragen wir die Verantwortung für diese Infrastruktur. Rund zwei
Millionen bergsportbegeisterte Österreicher nutzen kostenlos das 238
Hütten und 40.000 Kilometer Wege umfassende bundesweite alpine
Netz. Gleichzeitig versuchen wir die intakte Naturlandschaft für zukünf-
tige Generationen zu erhalten.
Der Alpenverein erschließt Millionen von Menschen die Berge. Wie vereinbart sich das mit dem Naturschutz? Unser Lösungsansatz lautet:
Lokale Nutzungskonfl ikte möglichst auch lokal durch Gebote und nicht
durch Verbote zu lösen. Wir beobachten außerdem, dass verordnete
Naturschutzzonen – auch der Nationalpark ist davon betro� en – durch
neue Erschließungspläne bedroht und aufgehoben werden, und fordern
eine Raumplanung im Interesse der Natur, die auch vor kurzfristigen
wirtschaftlichen Überlegungen Stand hält.
Wo könnten Sie sich eine stärkere Zusammenarbeit mit den Touris-musbetreibern vorstellen? Nachdem gerade in Tirol mit den Bergen
und einer intakten Natur im Sommertourismus massiv geworben wird,
möchte ich die Tourismusverantwortlichen einladen, stärker mit uns zu
kooperieren. Denkbar wären die Nutzung von Synergien im Vermarkten
unserer Infrastruktur oder aber auch eine höhere Beteiligung bei der
Erhaltung derselben. Letztendlich stellt der Alpenverein Hütten und Wege
kostenfrei zur Verfügung.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
„Rund zwei Millionen bergsport-begeisterte Österreicher nutzen kostenlos das 238 Hütten und 40.000 Kilometer Wege umfas-sende Netz.“
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Historie. Eine Seilschaft erklimmt die Watzespitze in den Ötztaler Alpen (1). Die Braunschweiger Hütte
am Ende des Pitztals wurde bereits 1892 errichtet (2). Werbesujet aus den 50er-Jahren (3).
MALERISCHES TIROLIm Auftrag eines Wiener Verlegers unternahm 1801 der Land-schaftsmaler Ferdinand Runk eine ausgedehnte Reise durch die Tiroler Alpen, um Motive für eine geplante „Sammlung der vor-züglichsten malerischen Gegenden von Tyrol“ zu suchen. Die Ausbeute: 250 Zeichnungen. Auf die Bilder von Runk folgte eine Flut an Ansichten aus den Bergen und Tirol wurde für zahlreiche Künstler zum Arbeitsgebiet.
FRAUEN AM BERGBis 1887 hatten bereits 69 Frauen den Montblanc bestiegen, die Hälfte davon waren Engländerinnen. In den frühen Neunzigerjah-ren standen Frauen auf der Großen und der Kleinen Zinne, 1901 durchstieg die Engländerin Beatrice Tomasson als erste Frau die Marmolata-Südwand. Der von Männern dominierte British Alpine Club nahm aber erst 1974 weibliche Mitglieder auf. Nicht die berg-steigerischen Aktivitäten, sondern vielmehr ihr Ansehen als Wirtin verhalf der Tirolerin Emma Hellenstainer bereits 1869 zu einer Mit-gliedschaft im Deutschen Alpenverein.
GESUNDHEIT UND LUFTIm Sommer 1877 bestieg der Italiener Angelo Massa den Monvi-so und trug dabei eine Pulsuhr, um seinen Kreislauf zu erforschen. Puls und Atmung wurden in Kurven aufgezeichnet. Erstmals be-gann man sich Gedanken über die Wirkung der Luft und der Höhe auf den menschlichen Körper zu machen.
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GENUSSGENUSSGENUSSGENUSSGENUSSGENUSSGENUSSGENUSSGENUSSGENUSSGENUSSHANDLE-CREATIV.AT
GENUSS
Breite Bewegung. Der 1862 gegrün-
dete Österreichische Alpenverein schei-
terte noch an sich selbst. Seine Mitglieder,
vor allem Wiener Akademiker, sahen ihre
Aufgabe hauptsächlich darin, Texte über
Geographie, Botanik und Kartographie zu
verö� entlichten. Gletscher und Aussichts-
berge kommen darin am häufi gsten vor.
Der ÖAV wurde sehr zentralistisch von
Wien aus geleitet, autonome Sektionen
waren nicht erwünscht. In Tirol fasste
der Österreichische Alpenverein daher
nie Fuß, das bestätigen auch die Zahlen:
nach zehn Jahren brachte man es erst auf
80 Mitglieder.
In München ging man einen ande-
ren Weg, der sich als erfolgreicher heraus-
stellte. Der Deutsche Alpenverein wurde
1869 gegründet, um „die Kenntnisse der
Alpen zu erweitern und zu verbreiten,
die Liebe zu ihnen zu fördern sowie ihre
Bereisung zu erleichtern“. Ein Ansatz, der
auch jene überzeugte, die sich von der
neuen Alpenliebe einen Aufschwung für
den Tourismus erho� ten. Die ersten Sek-
tionen wurden in Innsbruck, Bozen und
Niederdorf gegründet. Auf den Schienen
der Eisenbahn wuchs die Begeisterung für
die Bergwelt zu einer breiten Bewegung.
Berge wurden vermessen und benannt.
Karten gezeichnet, Wege markiert.
Mit der Entwicklung der Fotografi e
hin zum Massenmedium kam die hoch-
alpine Welt in spektakulären Bildern,
tausendfach reproduziert, ins Tal. Für die
Sektionen wurde es zunehmend wichtig in
den Alpen mit einem eigenen Schutzhaus
ein Stück Bergheimat zu scha� en und eine
alpine Zone zu markieren. 500 Schutzhüt-
ten standen zur Jahrhundertwende im Al-
penbogen, 300 davon gehörten dem DAV,
viele davon in Tirol. Dazu betreute der
Deutsche Alpenverein 30.000 Kilometer
markierte Wege. Zu Tausenden strömten
Wanderer und Bergsteiger nun in die Ber-
ge. Viele der Hütten entwickelten sich von
einfachen Unterkünften zu Gasthäusern,
um 1910 waren bereits über 80 Prozent
bewirtschaftet. Und die Alpinisten began-
nen sich allmählich über die Überfüllung
ihrer Berge zu beklagen.
Der Berg im Kino. Der deutsche Re-
gisseur Arnold Fanck drehte 1923 in den
Dolomiten den Film „Berg des Schicksals“.
Den ortskundigen Führer Luis Trenker
buchte er als Assistenten. Als sich einer
der Schauspieler nicht über eine Felskante
zu klettern traute, sprang Luis Trenker ein.
Das Publikum war hingerissen von diesem
neuen Leinwandgesicht. Im nächsten Film
„Der Heilige Berg“ spielte Trenker neben
Leni Riefenstahl bereits die Hauptrolle.
Und in „Berge in Flammen“ führte Luis
Trenker bereits Regie. Nun konnte jeder
die Berge vom Kinosessel aus erleben.
Gedreht unter schwierigen Bedin-
gungen führten die Filme mit surrealen
Bildern in eine Welt, die das Massenpu-
blikum so unmittelbar noch nicht erlebt
hatte. Über Tiefen, durch Schwindel
erregende Eisrinnen, mitten hinein in
donnernde Lawinen und gleißendes Licht
über verschneiten Hängen. Mochten die
auf die Leinwände geworfenen Berge
für die meisten unerreichbar bleiben, so
erfüllten die Filme doch eine wachsende
Sehnsucht: nach dem Ausrücken in unbe-
kannte Territorien und der Kameradschaft.
Im deutschen und österreichischen Al-
penverein stiegen die Mitgliederzahlen bis
1925 auf über 200.000. Hochtouren und
Wanderungen zu einer Hütte wurden zum
Inbegri� für Freizeit. Sie kompensierten
die Tristesse eines Alltags, in dem Wirt-
schaftskrisen und hohe Arbeitslosigkeit
herrschten. ×
1818
I n ihren bunten Plastik-Ritter-
rüstungen rasen sie auf irrwitzig
überdimensionierten Fahrrädern
den Berg hinunter. Kein Weg ist ihnen zu
steil, kein Felsabbruch zu hoch. Dank per-
manenter Verbesserungen des Materials
und der Schutzausrüstungen sind selbst
meterhohe Klippen für Downhill-Fahrer
kein unüberwindbares Hindernis mehr. Im
Gegenteil: Das Olympische Motto Citius,
Altius, Fortius – also schneller, höher, stär-
ker – ist in dieser Szene Programm.
Doch mit ihrem unkonventionellen
Hobby stoßen Downhill-Fahrer meist auf
ungläubiges Kopfschütteln und vielerorts
noch immer auf unverhohlene Ablehnung.
Denn dieser junge Sport braucht vor al-
lem eines – Platz. Und zwar in Form von
speziellen Singletrails und eigens dafür
angelegten Downhill-Strecken, auf denen
sich die Wilden auf ihren Drahteseln so
richtig austoben können. Die Krux dabei
ist, dass Downhill-Strecken allein diesem
Sport vorbehalten sein müssen und nicht
mit anderen, wie etwa Wanderern geteilt
werden können. Die Gefahr von Unfällen
ist einfach zu groß, wenn sich Biker und
Fußgänger in der Vertikalen tre� en. Doch
selbst im Herz der Alpen, in Tirol, sind
ausgewiesene Downhill-Strecken Man-
gelware. Die Konsequenz dieser fehlenden
Infrastruktur sind Nutzungskonfl ikte am
Berg, die sowohl für Biker wie Wanderer
auf Dauer frustrierend sind.
Eigene Industrie. International ge-
sehen sind Downhill und Freeriden, zwei
artverwandte Disziplinen, längst zum
massentauglichen Trendsport avanciert.
Eine eigene Industrie hat sich rund um die
komplett gefederten, mit speziellen tech-
nischen Finessen gespickten Bikes sowie
die futuristisch anmutenden Schutzausrüs-
tungen – vom Vollvisierhelm über den Ge-
nickbruchschutz bis hin zum Brustpanzer
– entwickelt. Die Hersteller machen gutes
Geld, sind qualitativ gute Downhill-Räder
doch im obersten Preissegment, ab 3.000
Euro aufwärts, angesiedelt. Die Ausrüstung
schlägt ebenfalls mit hunderten Euros zu
Buche. Allein in Sachen Streckenangebot
hinkt das Angebot der Nachfrage vielerorts
heillos hinterher.
Dabei wären die Downhill-Fahrer
eine lohnende Zielgruppe für den Touris-
mus, wie Andreas Heinz von der Berliner
Charité in seiner empirischen Studie zum
Thema Mountainbike-Tourismus festge-
stellt hat. Denn Downhill- und Freeride-
Fahrer sind gern dazu bereit, für ihren Sport
Geld auszugeben. Vor allem gaben die
befragten Downhill-Fahrer in Heinz‘ Studie
an, für ihren Sport auch kurze sowie länge-
Die „Verrückten“ als willkommene GästeDer halsbrecherische Trendsport Downhill-Mountainbiking entwickelt sich immer mehr zum Massen-phänomen. Innovative Touristiker haben das Potenzial, das in dieser Szene steckt, bereits erkannt.
VON S TEFFEN AROR A
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re Urlaube einzuplanen – durchschnittlich
machen Downhill-Fahrer demnach pro
Jahr 49 Tagesausfl üge mit dem Rad, 3,4
Rad-Kurzurlaube und 1,3 längere Urlaube,
bei denen das Rad nicht fehlen darf. In ers-
ter Linie deshalb, weil zur Ausübung dieses
Sports eben die beschriebenen, speziellen
Strecken nötig sind.
Diese Studien-Ergebnisse kann
Doris Grogger von Trailsolutions bestäti-
gen. Die junge Firma ist in Tirol führend
in Sachen Bau und Design von Bikeparks
und Downhill-Strecken, wie sie mit dem
„Nordkette Singletrail“ und dem „Bike-
park Tirol“ im Wipptal bewiesen hat. „Die
Downhiller und Freestyler sind längst er-
wachsen geworden und geben gerne und
oft auch viel Geld für ihren Sport aus. Sie
nächtigen nicht mehr auf Parkplätzen im
Auto, sondern bevorzugen Hotels. Und sie
suchen qualitativ hochwertige Strecken“,
so Grogger. Es fehle in Tirol an legalen und
o� ziellen Strecken für die Szene, die längst
unüberschaubar groß geworden ist. Zwar
wachse mittlerweile auch das Interesse
seitens der großen Tourismusregionen,
aber oftmals herrschen bei den Verant-
wortlichen völlig falsche Vorstellungen
von den Bedürfnissen der Downhill- und
Freeride-Szene.
Umdenken erforderlich. „Einfach
nur eine steile Strecke in einen Graben
hinunter abzustecken reicht nicht aus. Es
ist vergleichbar mit den Anforderungen
des Wintersports, wo auch künstliche
Pisten angelegt und permanent gepfl egt
werden müssen“, erklärt Grogger. Das ist
wiederum mit Investitionen und laufen-
den Kosten verbunden, was die meisten
Tourismusverbände letztlich abschreckt,
obwohl die Skiregionen im Winter kein
Problem damit haben, täglich die Pisten
instand zu setzen. Hier ist ein Umdenken
erforderlich, um diese Szene als künfti-
ge Gäste anzusprechen. Lässt man sich
darauf ein, rechnen sich die Kosten aber,
wie Grogger erklärt, weil Downhill- sowie
Freeride-Fahrer ebenso zahlungskräf-
tig wie reiselustig sind: „In dieser Szene
fährt man Räder im Wert von mehreren
tausend Euros und tingelt auf der Suche
nach hochwertigen Strecken quer durch
Europa.“
In Steinach am Brenner ist hierzu-
lande mit dem „Bikepark Tirol“ ein erstes
solches Angebot gelungen: verkehrs-
technisch ideal an der Brennerautobahn
gelegen und mittels Seilbahn perfekt
erschlossen. Vor allem letzteres ist für die
sogenannten „abfahrtsorientierten Moun-
tainbiker“ von Bedeutung, denn sie sind
auf Aufstiegshilfen angewiesen, weil sich
Downhill-Bikes nicht zum bergauf Radeln
eignen. Das spielt wiederum den Seilbah-
nern in die Hände, die sich im Sommer
über jede Auslastungssteigerung freuen.
Vorreiter Saalbach Hinterglemm. Österreichs Vorreiter in Sachen Bikesport
ist das Land Salzburg, im speziellen die
Region Saalbach Hinterglemm. Hier haben
die Verantwortlichen das Potenzial, das
in der Szene der Bergradler steckt, schon
sehr früh erkannt und nutzen es seitdem
gewinnbringend. Schon seit den frühen
90er-Jahren befördern die Bergbahnen
Saalbach Hinterglemm anstandslos Fahr-
räder. Heute lockt die Region neben dem
klassischen Mountainbike- und Cross
Country-Angebot mit einem in Österreich
einzigartigen Netz an Downhill-Strecken.
EUROPÄISCHE SAISONKARTE
Insgesamt elf Bikeparks in Deutschland, Öster-reich, Slowenien und Tschechien können mit der „Gravity Card“ eine Saison lang befahren werden. Während Salzburg mit drei Stationen im Gravity-Verbund vertreten ist (Saalbach, Le-ogang und Wagrain), ist aus Tirol nur der Wipp-taler „Bikepark Tirol“ mit dabei. Zwischen 180 Euro (Kindertarif) und 360 Euro (Erwachsenen-tarif) bewegen sich die Preise für diese von April bis Ende Oktober 2012 gültige Saisonkarte.
www.gravity-card.com
Das spricht sich in der jungen, interna-
tionalen Szene schnell herum und trägt
lohnende Früchte. Denn die Szene ist sehr
mobil, wie auch das Angebot der „Gravity
Card“ zeigt. Sie ist eine Art europäische
Saisonkarte für mittlerweile insgesamt
elf Bikeparks in Deutschland, Österreich,
Slowenien und Tschechien. Wer die Reise
in einen Bikepark auf sich nimmt, bleibt
dort meist nicht nur für einen Tag. Somit
profi tieren auch die örtlichen Tourismus-
betriebe. Denn auch das hat Andreas
Heinz in seiner Studie erhoben: 60 Pro-
zent der Downhiller geben an, dass ihnen
im Freizeitverhalten neben ihrem Sport die
Bedeutung von „Nachtleben und Disko-
theken“ wichtig oder sehr wichtig sind. Bei
den herkömmlichen Mountainbikern wa-
ren dies nur 29 Prozent. Somit entpuppen
sich Downhill-Fahrer als urlaubsfreudige
potentielle Gäste, die bei entsprechen-
dem Angebot gerne bereit sind, Geld
dafür auszugeben.
„In Sachen Downhill-Sport sind wir in
Tirol heute auf dem Stand, auf dem Kanada
vor 20 Jahren war“, sagt Doris Grogger von
Trailsolutions und ho� t auf ein Umdenken.
Wahrscheinlich bedarf es einer Bewusst-
seinsbildung innerhalb des Tourismus, um
sich diesem Sport zu ö� nen. Immerhin
waren bis in die 1990er-Jahre auch Snow-
boarder auf Tirols Skipisten unerwünscht.
Die Zeit wird weisen, ob der Downhillsport
hier auf Dauer eine Heimat fi nden kann. Zu
lange sollten die Touristiker aber nicht zu-
warten, denn ringsum, in Bayern, Salzburg
und Südtirol, sind die „Verrückten“ auf ihren
Bikes längst gern gesehen Gäste. ×
Steilkurve. Für Downhiller und Freerider kann das Gelände gar nicht selektiv genug sein. Zuweilen helfen Bikepark-Designer wie das Tiroler Unternehmen Trailsolutions mit speziellen Konstruk-tionen nach.
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„In dieser Szene fährt man Räder im Wert von mehreren tausend Euros.“ DORIS GROGGER, TRAILSOLUTIONS
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BERGSOMMER
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BERGSOMMER20
Es muss nicht immer das Garda-
land sein. Das Hexenwasser
begeistert die kleinen Gäste
ebenfalls. Die Inszenierung der Bergbahnen
Söll lockt im Sommer viele in- und auslän-
dische Besucher in die Gondeln. „Was wir
den Familien am Berg bieten, ist für viele ein
Entscheidungsgrund, ob sie Urlaub am Meer
oder am Tiroler Berg machen wollen“, sagt
der Geschäftsführer der Bergbahnen Söll und
Sprecher der Tiroler Sommerbahnen, Walter
Eisenmann. „Das Hexenwasser zieht viele
Wiederholungsgäste an. Sie verbringen ihre
freien Sommertage bei uns statt an der Adria.“
Immer mehr Touristen entdecken
Tirol als Sommerurlaubsland, fern ab von
Après-Ski und Glühwein. Mit Rucksack und
kurzen Hosen, statt mit Skiern und Anorak
steigen sie in die Gondeln von mehr als 80
Bergbahnen, die auch im Sommer geö� -
net haben. „Früher hatten kaum Bahnen
im Sommer o� en. Noch vor 12 Jahren war
der Grundtenor: Wenn wir im Sommer
fahren, muss uns der Tourismusverband
etwas zahlen“, sagt Arnold Oberacher,
Geschäftsführer der Tourismusberatung
con.os. Damals begann er gemeinsam mit
dem Fachverband der Wirtschaftskammer
Österreich ein Konzept für zertifi zierte Som-
merbahnen zu entwickeln. Dazu gehören
inzwischen österreichweit 44 Bergbahnen,
die Tiroler sind mit 17 Bahnen die größte
Bundesländergruppe.
Strenge Prüfung. Wer dazu gehören
will, muss sich prüfen lassen. „Zur zertifi -
zierten Sommerbahn gehört mehr, als dass
sie im Sommer o� en hat“, sagt Oberacher.
So entstand die Idee der Kriterien. Diese
beginnen mit Basiskriterien, die „man als
selbstverständlich erachten würde, die es
aber dann bei genauerem Hinschauen nicht
sind“. So sollte zum Beispiel ein Sommerpa-
norama und keine winterliche Pistenansicht
den Gästen den Weg weisen, die Ölfässer
für die Revisionsarbeiten an den Pistenge-
räten dürfen nicht im Kassenbereich stehen
und aus der Werbung müssen die Skifahrer
verschwinden. Die Mitarbeiter brauchen
Sommerkleidung und Namensschilder.
„Deswegen kommt zwar noch kein Besu-
cher, aber die Leute setzen es voraus“, sagt
Oberacher. Sechs Themenmotive sollten
Motiv für den Besuch am Berg sein.
Die Bahnen können entweder einen
Panorama-/Naturerlebnisberg, einen Ge-
nuss-Berg, einen Abenteuerberg, einen Fit
„Was wir den Familien am Berg bieten, ist für viele ein Entscheidungsgrund, ob sie Urlaub am Meer oder am Tiroler Berg machen wollen.“WALTER EISENMANN, SPRECHER DER TIROLER SOMMERBAHNEN
Alpen statt AdriaEs muss nicht immer Pulverschnee sein, es reicht auch Gipfelwind. Das beweisen die zertifi zierten Sommerbahnen seit zehn Jahren. Insgesamt 17 Tiroler Bergbahnen zählen zu den „Ausgezeichneten Österreichischen Sommerbahnen“. Viele Kriterien müssen für das Gütesiegel erfüllt werden. Doch es lohnt sich.
VON NINA HEIZER
21
& Gesund-Berg, einen Kunst & Kultur-Berg
oder einen Family-Berg befahren. Dabei hat
zum Beispiel der Panorama-Berg sehr klare
Kriterien. Es muss sich dabei um einen ganz
besonders bekannten Berg handeln, der
auch für Schlecht-Wetter-Situationen auf-
bereitet ist und von dem aus die Besucher
selbsterklärend die umliegenden Massive
sehen. „Wenige erfüllen diese Kriterien. Die
Zugspitze oder die Nordkette gehören dazu,
aber nicht mal der Pfänder in Bregenz hat
es in diese Gruppe gescha� t. Es reicht eben
nicht, dass man schön runter sieht“, sagt der
Tourismusberater. Auch als Genuss-Berg
zu gelten ist schwierig. Auch da seien die
Kriterien sehr anspruchsvoll.
Haben die Bahnen die Prüfung erfolg-
reich bestanden, gehören sie zu den zertifi -
zierten Sommerbahnen. Vorerst. Denn alle
drei Jahre wird kontrolliert, ob der Standard
gehalten wurde.
Es rentiert sich. Das klingt fordernd
und anstrengend, doch es rentiert sich. Eine
aktuelle Studie der Wirtschaftskammer Ös-
terreich untersuchte, was die Kooperation
ERFOLGREICHES GÜTESIEGELAuf Initiative des Fachverbands der Wirtschafts-kammer Österreichs wurden vor zehn Jahren die Zertifi zierten Sommerbahnen gegründet. 44 Bahnen in Österreich, davon 17 in Tirol, sind inzwischen mit dem Gütesiegel ausgezeichnet. Alle drei Jahre werden die Bahnen nach dem Einhalt der Kriterien geprüft. Scha� en sie die Prüfung nicht, können sie sich karrenzieren las-sen. Sechs verschiedene Themengebiete ste-hen zur Auswahl: Family-Berg, Abenteuer-Berg, Genuss-Berg, Panorama-Berg, Fit & Gesund-Berg und Kunst & Kultur-Berg. Sie erzielen laut einer aktuellen Studie der Wirtschaftskammer bis zu 60 Prozent mehr Umsatz als andere Bah-nen in den Sommermonaten. Die Tirol Wer-bung unterstützt die Sommerbahnen im Rah-men einer intensiven Marketingkooperation.
www.sommerbahnen.tirol.at
ihren Mitgliedern an Zuwächsen gebracht
hat. Die ersten Hochrechnungen bestäti-
gen die Theorien der Experten. Bis zu 40
Prozent mehr Ersteintritte verzeichnen Zer-
tifi zierte gegenüber den Nicht-Mitgliedern.
Die Tickets sind meist nicht teurer als bei
anderen Bahnen, aber der Gast gibt mehr
aus. Vielleicht noch ein Kapperl mit Logo
oder doch die Schatzkarte für die Kinder.
Die Sommerbahnen haben einen deutlich
höheren Umsatz als andere. „Die Zahlen, die
wir grob ausgewertet haben, zeigen, dass
die Sommerbahnen 20 Prozent mehr Wert-
schöpfung pro Gast verzeichnen. Wenn wir
also Menge und Preis multiplizieren, errei-
chen sie bis zu 60 Prozent mehr Umsatz als
andere Bahnen“, sagt Oberacher.
Walter Eisenmann von den Bergbah-
nen Söll bestätigt die Erfolgsmeldungen.
Im Sommer 2001 verzeichnete man rund
40.000 Gäste. „Diese Zahl konnten wir jetzt
auf knapp 200.000 Besucher steigern“, sagt
Eisenmann. „Auch andere Bahnen, die in
den vergangenen Jahren solche Innovati-
onsprojekte machten und auf das Gütesie-
gel setzten, haben großen Erfolg damit. Wir
beleben den Alpenraum.“
Oberacher versteht die Einstiegsbar-
rieren für die Verantwortlichen: Die stren-
gen Kriterien und die Kosten für ein Som-
merkonzept schrecken viele ab. „Mit dem
Geld, das sie im Winter in eine Pistenraupe
investieren, kann man allerdings schon
etwas Schönes zusammenstellen“, sagt
er. Rund 250.000 Euro veranschlagt er für
ein stimmiges und erfolgsversprechendes
Konzept. „Das ist nicht die Welt in Relation
zum Winterinvestment.“ Er würde sich wün-
schen, dass sich besonders in Tirol auch die
großen Bergbahnen, die „big names“, inten-
siver mit dem Thema beschäftigen würden.
„Da gibt es noch Luft.“
Innovation statt Investition. Wenn
auch die besonders prominenten Winter-
Bahnen im Sommer-Folder noch fehlen,
dafür liegen einige der innovativsten und
erfolgreichsten Sommerbahnen in Tirol.
Oft führen Kleinigkeiten zum Erfolg. Oder
eine besondere Spezifi zierung, wie zum
Beispiel die Nordkettenbahn, mit der Roll-
stuhlfahrer barrierefrei aufs Hafelekar auf
2.256 Meter Höhe gelangen. Für Eisen-
mann ist es wichtig, ein Vorzeigeprojekt
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zu sein, für den Gast und die Branche. Die
Chance, auch im Sommer mehr Gäste auf
den Berg zu bringen, sollte niemand un-
genutzt verstreichen lassen. „Wir haben in
zehn Jahren schon einiges erreicht“, sagt
er. Wenn die Bergbahnen an einem durch-
gängigen Themenstrang ziehen, geht das
Konzept auf. „Die Erfolgreichen haben es
gescha� t, dass der Gast nicht mehr zur
Bergbahn sondern zum Thema am Berg
fährt“, sagt Tourismusberater Oberacher.
Das bestätigt auch Josef Margreiter
von der Tirol Werbung: „Die Themen am
Berg sind ein Highlight für die Gäste, das
steht ganz klar im Vordergrund. Sie über-
legen nicht, mit welcher Bahn sie fahren
wollen, sondern was sie am Berg erleben
wollen.“ Die Kooperation ist eine der äl-
testen im Tirol Haus. Und sie hat seiner
Meinung nach noch großes Potenzial.
Verschiedenste Themen wie Bustourismus
oder Incentives am Berg sind für ihn eben-
falls noch spannend. „Die Sommerbahnen
bieten eine beeindruckende Vielfalt auf
Grund ihrer professionellen Spezialisie-
rung“, sagt er. Margreiter sieht auch den
großen Mehrwert, den die Kampagnen der
Bahnen im Sommer für die Orte, Regionen
und Tourismusbetriebe bieten. „Es gibt in
Tirol sicher noch viele Bahnen, die für das
Gütesiegel geeignet wären.“ ×
2222
I n Tirols Bergen werden seit jeher
unzählige Almen bewirtschaftet,
die eine wichtige Aufgabe erfül-
len: Sie bewahren und pfl egen die einzig-
artige Hochgebirgs-Kulturlandschaft im
Herzen der Alpen, auf der letztlich auch
der Tourismus fußt, der diese urtümliche,
landschaftliche Schönheit vermarktet.
Ohne die Arbeit der Sennerinnen und
Bergbauern, der Hirten und Hüttenwirte
wären Tirols Berge nicht der Publikums-
magnet, der jährlich tausende Urlauber
anzieht. Neben der Landschaft pfl egen die
Bewohner der höchstgelegenen Besied-
lungen Tirols aber auch jahrhundertaltes
Brauchtum. Im Tiroler Bergsommer spielt
diese Tradition eine ganz besondere Rolle.
„Erobern“, „Fühlen“, „Entdecken“ und „Ge-
nießen“ heißen die vier Säulen der neuen
Sommer-Kampagne zur Etablierung Tirols
als Ganzjahresdestination. Die vierte Säule,
der Genuss, steht auf den bewirtschafteten
Almen Tirols im Vordergrund, wie ein klei-
ner Streifzug durch Almen vom Kaunertal
über das Außerfern bis hinunter zum Wil-
den Kaiser zeigt.
Bergsteigerfrühstück. Gemeinhin
zählt die Almeinkehr zu den hart verdien-
ten Genüssen nach einer ausgedehnten
Wanderung oder Bergtour. Dem muss aber
nicht so sein, wie das Kaunertal zeigt. Hier
werden diesen Sommer das Berg- und
Almfrühstück angeboten, welche als ideale
Stärkung für anschließende Touren dient.
Auf der Nassereinalm kredenzt Hüttenwirt
Gerhard Eiterer für seine Gäste jeden Mon-
tagmorgen ein reichhaltiges Bergfrühstück
mit frischem Käse und frischer Milch sowie
hausgemachter Marmelade und anderen
Almköstlichkeiten. Derart gestärkt kön-
nen von der Nassereinalm wunderbare
Wanderungen Richtung Gepatschhaus
oder zum idyllischen Schwarzsee in An-
gri� genommen werden. Wahre Genießer
können auch einfach bleiben und auf der
Terrasse Bergsonne tanken – bei weiteren
Köstlichkeiten aus der Almküche. Auf der
Falkaunsalm im Kaunteral wird ebenfalls
Frühstück angeboten und zwar jeden
Donnerstag.
Reichhaltige und deftige Almfrüh-
stücke werden auch im Tiroler Unterland,
in der Region Wilder Kaiser angeboten.
Unter dem Motto „Frühstück am Berg“
bieten insgesamt 20 Hütten der Region
biologische und selbstgemachte Speziali-
täten an. Dabei wird vom reschen Bauern-
brot über selbst kredenzte Aufstriche mit
frischen Bergkräutern bis hin zur handein-
gekochten Marmelade allerlei Köstliches
angeboten. Selbst der Schinken auf der
Frühstücksplatte kommt dabei oft direkt
von der Almweide nebenan, wie etwa auf
Kulinarischer Almen-StreifzugDaumnidei und Broadakrapfen, ausgezogene Nudeln, frisches Hausbrot mit Bergkräuteraufstrich und dazu Schinken vom Almschwein: Tirols Hüttenwirte und Sennerinnen warten während der Sommermonate mit ungeahnten Köstlichkeiten auf.
VON S TEFFEN AROR A
der Hinterschießlingalm, wo Familie Steiner
sogar die Möbel zum Teil selbst herstellt.
Selbstgemachtes. Sabine Müller ist
skeptisch, ob der Betrieb auf ihrer Usseral-
pe heuer schon, wie geplant, Anfang Mai
starten kann: „So wie es ausschaut, wird es
wohl eher Ende Mai. Nach dem Winter…“
Dennoch freut sie sich schon jetzt wieder
auf die Bewirtschaftung der idyllischen Us-
seralpe in Tannheim. „Wir sind zu viert oder
zu fünft den ganzen Sommer über auf der
Alm.“ Die Aufgaben sind dabei klar verteilt.
Neben der Hüttenbewirtschaftung und Ver-
sorgung der Tagesgäste – Betten stehen auf
der Usseralpe nicht zur Verfügung – gilt es
das Vieh zu hüten und jede Menge köstlicher
Spezialitäten aus hütteneigener Produktion
herzustellen. Dafür ist die Usseralpe bekannt.
Besonderes Augenmerk wird auf den
verantwortungsbewussten Umgang mit den
Ressourcen gelegt. Nichts wird verschwen-
det, wie anno dazumal. So wird die Molke,
Geschmacks-erlebnis. Wer traditionelle Gerichte nicht nur genießen, sondern auch zubereiten will, kann das auf der Simonalm in Söll tun.
Herzhaft. Eine an-ständige „Brettljausn“ am Berg – auf der Alm schmeckt‘s am besten.
„Wir sind zu viert oder zu fünft den ganzen Sommer über auf der Alm.“ SABINE MÜLLER, USSERALPE
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die als „Abfallprodukt“ bei der Herstellung
des würzigen Bergkäses übrigbleibt an die
Almschweine verfüttert. Deren Fleisch wie-
derum wird durch die ausschließliche Ver-
wendung hauseigener Molke zur Fütterung
besonders zart, was den Speck der Usseralpe
auszeichnet. Die Magermilch, die von der
Almbutterproduktion bleibt, wird in Form
von bekömmlichen Jogurts verarbeitet. Die
Usseralpe liegt auf 1.665 Meter Seehöhe und
ist in gut anderthalb Stunden zu Fuß erreich-
bar. Sie ist den ganzen Sommer über ohne
Ruhetag geö� net und auch Mountainbiker
sind herzlich willkommen. Wer es ganz ge-
mütlich will, nimmt die Neunerköpfl e-Bahn
direkt von Tannheim aus und ist nach 20
Minuten Fußweg auf der Usseralpe.
Almleben von damals. Einblicke in
das Leben, wie es damals war – das bie-
tet die Simonalm in Söll ihren Gästen. Im
mehrfach ausgezeichneten Kinderparadies
Hexenwasser wurde das über 400 Jahre
alte Bauernhaus „Prandl“ aus Brixen, einer
Nachbargemeinde Sölls, Balken für Balken
abgetragen und hier oben wieder aufge-
baut. Das bäuerliche Leben Tirols vergan-
gener Tage wird dadurch wieder lebendig
und fast schon Vergessenes erwacht
erneut zum Leben. Auf anschauliche und
kurzweilige Weise wird kleinen wie großen
Gästen die anstrengende und hungrig ma-
chende Arbeit der Senner nähergebracht.
Doch dank Bäuerin Marias Kochkunst
knurrt auf der Simonalm niemandem lange
der Magen. Legendär sind ihre Daumnidei
und Broadakrapfen. Da auf der Simonalm
nur auf Anmeldung eine Einkehr möglich
ist, können Besucher, wenn sie das vorab
so bestellen, gemeinsam mit Maria die
alten Speisen nach traditionellem Rezept
auf dem Holzherd zubereiten. Und natür-
lich auch im Anschluss daran gemeinsam
verspeisen, am besten bei einem selbst
gemachten Hollersaft oder einem Glas
frischer Almmilch.
Idylle pur. Almtradition wird am Fuße des
Wilden Kaisers hochgehalten. Vor allem auf
der wunderschön gelegenen, hunderte
Jahre alten, auf rund 1.200 Meter Seehöhe
gelegenen Brentenjochalm. Hier, direkt
unterhalb des Jahnhügels, auf dem sich
die Bergstation des derzeit stillgelegten
Kaiserliftes befi ndet, beginnt das Reich von
Leni Kaindl, der Hüttenwirtin von der Bren-
tenjochalm. Kaindl ist mit Leib und Seele
Sennerin, die sich immer über Gäste freut
und sie mit ihren hausgemachten Almspe-
zialitäten bewirtet.
Ihre ausgezogenen Nudeln, die mit
selbstgemachtem Apfelmus oder hausge-
machter Preiselbeermarmelade auf den
Tisch kommen, sind über Tirol hinaus be-
kannt. „Das Geheimnis der süßen Nudeln
ist der Germteig. Sind alle Zutaten schön
warm und kann der Teig bei Zimmertem-
peratur rasten, dann steht dem Gaumen-
schmaus nichts im Weg“, verrät die urige
Bergbäuerin. Jeden Samstag ist auf der
Brentenjochalm Nudeltag. Dann steht Leni
von früh morgens bis spät abends am Herd
und backt für die zahlreichen hungrigen
Wanderer. Die Brentenjochalm liegt direkt
am Adlerweg, dem legendären Weitwan-
derweg Tirols, und ist an schönen Tagen
dementsprechend gut besucht. ×
DIE ALMEN IM ÜBERBLICK
Kaunertal: Nassereinalm (montags) & Falkauns-alm (donnerstags) bieten gegen Voranmeldung spezielle Berg- und Almfrühstücke zum Preis von 6,80 pro Person. Zufahrt mit dem PKW oder Wanderbus möglich. Telefonische Anmeldung erforderlich. Nassereinalm (Gerhard Eiterer): 0664/9337205. Falkaunsalm (Maria & Philipp): 0664/3860234.
Tannheimer Tal: Die Usseralpe bietet zahlreiche hausgemachte Köstlichkeiten. Sandro & Sabi-ne Müller sind unter 0676/5427820 oder 0676/ 5129190 erreichbar oder im Web unter www.tannheimertal.at/usseralpe.
Wilder Kaiser: Details zu den 20 Hütten der Re-gion, die am Programm „Frühstück am Berg“ teil-nehmen, gibt es auf www.wilderkaiser.info.
Ferienland Kufstein: Leni Kaindl, die Sennerin von der Brentenjochalm, ist auf ihrem „Almhandy“ un-ter der Nummer 0664/4731634 erreichbar.
Söll: Nähere Informationen zum Sommerpro-gramm auf der Simonalm sowie zu Bäuerin Ma-rias Kurs- und Gruppenangeboten sind unter www.hexenwasser.at zu fi nden.
„Das Geheimnis der süßen Nudeln ist der Germteig. Sind alle Zutaten schön warm und kann der Teig bei Zimmertem-peratur rasten, dann steht dem Gaumenschmaus nichts im Weg.“LENI KAINDL, HÜTTENWIRTINDER BRENTENJOCHALM
24 SAISON
BERGSOMMER
Berge rücken die Gedanken zurechtBerge ziehen den Menschen magisch an. Die Emotionen liegen dabei zwischen sehnsuchtsvoller Bewunderung und großem Respekt vor den ungebändigten Naturelementen.
VON ERNS T SPRENG
F ragt man den Tiroler Berg-
sportler David Lama, ob Berge
etwas Spirituelles haben, fällt
seine Antwort knapp, aber eindeutig aus.
„O� ensichtlich schon. Ich glaube, eine
besondere Wirkung kann man den Bergen
nicht absprechen. Wie, wo und wann je-
mand diese besondere Atmosphäre spürt,
das ist eine Momentaufnahme.“
Das Erlebnis Berg ist heute eine
Reise zwischen der Überholspur des
Extremen und dem Erleben von Natur
in Zeitlupe. Man begeistert sich für jene,
die in kürzester Zeit extreme Leistungen
bringen und erfreut sich selbst darüber, an
einem Bergsee einfach einmal eine halbe
Stunde die Füße ins Wasser zu stecken und
nichts zu tun.
Seit Anfang der 1990er-Jahre be-
schäftigt sich das deutsche Wanderinsti-
tut intensiv mit dem Thema Wandern und
Bergerlebnis. Jährlich werden von der For-
schungseinrichtung über 1.000 Wanderer
zu ihren Motiven befragt. „In einer Gesell-
schaft, die sehr von der Natur entfremdet
ist, braucht es einen Schuss Abenteuer“,
erklärt Jochen Becker, Geschäftsführer des
deutschen Wanderinstituts. „Berge haben
mit Bewunderung und Respekt zu tun. Un-
seren Untersuchungen nach sind es aber
doch bei den meisten Menschen liebliche
Landschaften, in denen sich Wanderer
wohlfühlen. Abenteuer ist gut, aber viele
Menschen brauchen die Gewissheit, sagen
zu können: Das kann ich mir zutrauen.“
Naturschauspiele. Eine wichtige Rolle
beim spirituellen Erleben von Bergmomen-
ten spielen besondere Naturschauspiele.
Wer durch die Berge wandert, der sucht
jene Orte, die ihm einzigartige Erlebnisse
bieten. Jochen Becker nennt hier als Bei-
spiel zwei Wanderwege im Ötztal, die vor
kurzem vom deutschen Wanderinstitut
mit dem Qualitätssiegel „Premiumweg“
ausgezeichnet wurden. „Bei diesen Wegen
zum Thema Wasser wurde versucht, viele
spezielle Naturerlebnisse hintereinander
zu setzen, die das Thema Wasser und Berg
kombinieren. Diese Wege bieten Abenteu-
erliches, sind aber gut markiert und geben
damit Sicherheit“, erklärt Becker.
Was suchen die Menschen beim Wan-
dern? Die Langzeitstudien des deutschen
Wanderinstituts mit rund 18.000 befragten
Wanderern sprechen eine klare Sprache:
Hauptmotiv für jedes Wandererlebnis ist der
Landschafts- und Naturgenuss. Ein weiteres
wichtiges Argument für die Sehnsucht nach
dem Wandern ist die Stille. Zwei Drittel aller
Befragten geben an, sie möchten dem Zivi-
lisationslärm entfl iehen.
„In den Bergen lassen wir die Zivilisation für einige Zeit hinter uns und kehren in unsere Heimat zurück – die Natur.“JOCHEN BECKER,GESCHÄFTSFÜHRER DEUTSCHES WANDERINSTITUT
Zeitlupe. Besondere Momente in Tirols Berglandschaft erleben vor allem Gäste in Mittelgebirgslagen und an Plätzen, die Abenteuerlust und den Wunsch nach Sicherheit verbinden.
25
Ihr Gastro-Profimit Zustellservice
mit 11 Abholgroßmärkten, davon 3 in Tirol
Innsbruck - Imst - Milsösterreichweit flächendeckende Zustellung
Aktuelle Angebote auf www.wedl.com
Gipfel oder Alm? Für Jochen Becker
sind diese Wünsche verständlich. „Wir ver-
bringen einen Großteil unserer Zeit hinter
Glas. Daher sehnen wir uns nach unserer
eigentlichen Heimat – der Natur. Das ist
entwicklungspsychologisch nachvollzieh-
bar“, erklärt Becker. Für ihn persönlich hat
die gewaltige Natur der Alpen die Funktion,
die Gedanken zu ordnen. Ob man aber den
Gipfelsieg anstrebt oder lieber über Almen
wandert, da sind die Menschen sehr un-
terschiedlich.
Eine Studie im Allgäu hat ergeben,
dass Menschen, die in den Bergen leben,
den Gipfelsieg als besten Moment anfüh-
ren. Wer aus fl achen Gegenden kommt,
der hält sich gerne in Mittelgebirgsland-
schaften auf und holt sich seine Energie aus
der Betrachtung des Gipfels. Der mentale
Zugang zum Berg scheint also doch auch
davon abzuhängen, wo man groß gewor-
den ist. Eines haben aber alle, die sich auf
Berge einlassen, gemeinsam: Sie erleben
besondere Momente – aus sicherer Dis-
tanz oder ganz oben am Felsgrat. ×
„Unwiederbringliche Augenblicke“
David Lama ist einer der erfolgreichsten Sportkletterer Österreichs und weltweit unterwegs, um Berge zu erleben.
SAISON: David, welche Bedeutung hat es für Sie, einen Berg oder eine besondere Route zu erobern? DAVID LAMA: Wichtig
ist mir, dass ich den Berg nie besiegen will.
Die Berge sind nicht meine Gegner. Aber
ich freue mich riesig über jedes erfolgreich
abgeschlossene Projekt.
Gibt es für Sie Orte, an denen Sie besonders viel Kraft spüren? Ich glaube, was besonders
ist in den Bergen, das muss jeder für sich sehr
individuell erleben. Bei mir sind es keine spe-
ziellen Orte, sondern viel mehr Stimmungen,
Momente und Augenblicke, die ich spontan
erlebe. Diese Momente sind meist unwieder-
bringlich.
Wie erleben Sie als Bergsportler die neue Lust auf Berg und Wandern? Für mich ist es
absolut nachvollziehbar, dass vor allem Stadt-
menschen immer öfter das Bedürfnis haben,
die Natur der Berge zu erleben. Ich persönlich
wünsche mir, dass unsere Berge nicht vollkom-
men vom Menschen vereinnahmt werden.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
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26 saison
BERGSOMMER
„Gehen befreit den Geist“Markus Linder ist Kabarettist, Musiker und passionierter Weitwanderer. Im Interview spricht er über den Reiz der Freiheit, die Mühen der Ebene und die neu entdeckte Langsamkeit.
Da s IntervIew führte sylvIa a Ine t ter .
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AISON: Herr Linder, seit vie-len Jahren unternehmen Sie regelmäßig Weitwanderun-
gen. Wie kam es dazu?Markus Linder: schon als kind war ich
gern und oft wandern. Mein Großvater ist
mit mir in die Berge gegangen und hat mir
alles erklärt. das hat mich sehr geprägt.
Weitwandern hab ich begonnen, als ich
eine Gruppe von Weitwanderern kennen
lernte. das war vor etwa zehn Jahren und
inzwischen sind wir sehr gute Freunde. Mit
ihnen habe ich viele Wanderungen unter-
nommen und die Weite kennen gelernt.
Was ist denn an der Weite so reizvoll?die
Freiheit. der Weg, das unterwegssein ist
das Ziel und das ist wunderbar. schneller
als die schritte einen tragen, ist man nicht.
ich nehme mir auch die Freiheit und plane
keine etappen oder Zwischenziele – so
weiß ich nie, wo ich am abend schlafen
werde. anfangs war das eine ganz neue
erfahrung für mich. Bei einer Bergtour ist
das ganz anders, da ist das Ziel der Gipfel.
Wandern Sie lieber alleine oder in Ge-sellschaft? Weite Wanderungen habe ich
bisher nur in der Gruppe gemacht. Wir er-
wanderten etwa gemeinsam drei Wochen
lang einen Teil des Jakobswegs. alleine
habe ich nur Bergtouren unternommen.
aber ich könnte mir gut vorstellen, alleine
zu wandern. ich kann gut allein sein.
Was ist das Schöne am Gehen in der Gruppe? Man fühlt sich nicht einsam. die
Gruppe, mit der ich wandere, besteht aus
engen Freunden. Wir haben viel spaß und
kennen uns sehr gut. in dieser umgebung
kann jeder über sich selbst lachen. das ist
auch eine psychologische reinigung. die-
se Wanderungen haben die Freundschaft
sehr intensiviert, denn solche erlebnisse
verbinden natürlich. aber wir lassen uns
gegenseitig auch viel Freiheit: Wir gehen
nie im Pulk, jeder hat sein eigenes Tempo –
und irgendwo treffen wir uns dann wieder.
Ist Weitwandern auch Therapie? Beim
Weitwandern wird man aus dem alltag
herausgehoben und kommt ins sinnieren
und ins denken. Man ist viel mit sich allein,
geht oft ein, zwei stunden komplett allei-
ne durch die Wälder. das tut unglaublich
gut. aber ich bin es gewohnt, mich mir
selbst zu stellen, das bedeutet für mich
keine anstrengung. ich kann mir aber vor-
stellen, dass diese erfahrung für manch
anderen schmerzhaft ist.
Viele Menschen gehen den Jakobs-
weg um ein persönliches Problem zu klären
oder eine sinnfrage zu lösen. das war bei
mir nie der Fall. doch die Fragen kommen
von selbst. aber auch die klarheiten. Man
geht und die Gedanken fließen.
Inwieweit ist das Weitwandern eine spi-rituelle Angelegenheit?in einem sehr hohen Maße! Jede Weit-
wanderung hat für mich etwas spirituelles,
das muss nicht der Jakobsweg sein. Vom
Weitwandern kommt man zurück mit ei-
ner Freiheit im Geist. das Gleichmäßige,
dieses „der Weg ist das Ziel“, das habe
ich erst durchs Weitwandern verstanden.
dieses Gefühl der Freiheit hält oft mona-
telang an. eine Weitwanderung ist sehr
eindrücklich.
Ist Ihnen das Loslassen vom Alltag nie schwergefallen? nein, gar nicht. ich
empfand das immer als große Berei-
cherung. da habe ich eine glückliche
ader. in meinem Beruf gibt es aber auch
keinen alltag, wie ihn andere kennen,
mein ganzes Leben ist abwechslung.
Vielleicht ist das der Grund, warum es
mir so leicht fällt, mich auf diese situa-
tion einzustellen.
Haben Sie sich durch das Wandern ver-ändert? das wäre zu stark ausgedrückt.
aber das Weitwandern bereichert mein
Leben sehr. das Gehen hilft, klar zu sehen.
im alltag merke ich, dass ich gelassener
bin, mich nicht mehr über jede kleinigkeit
aufrege, seit ich regelmäßig solche Wan-
derungen unternehme.
Macht denn das Gehen auch kreativ?auf jeden Fall! Bewegung ist für mich ge-
nerell sehr wichtig. auch beim Textlernen
muss ich immer gehen. Vor jedem auftritt
in der Garderobe konzentriere ich mich
noch einmal: aber nicht, indem ich mich
ruhig hinsetze und meditiere. ich gehe
wie ein Tiger im käfig hin und her. denn
Gehen ist auch ein Zustand des Wachseins
im kopf.
Ist die Ebene für jemanden, der in den Bergen aufgewachsen ist, schwieriger zu bezwingen? die ebene ist ungewohnt. es
gibt wenig abwechslung, das kennen wir
alpinmenschen kaum. Was beim Weit-
wandern aber oft unterschätzt wird, ist
die körperliche Belastung durch das Wet-
ter. Bei unserer Jakobsweg-Wanderung
waren wir extremen Bedingungen aus-
gesetzt: glühende Hitze, fünf Tage dau-
erregen, schneesturm, minus fünf Grad.
Wollten Sie nie eine Wanderung ab-brechen? doch, natürlich. am zweiten
Tag der Jakobsweg-Wanderung kam ich
an meine Grenzen. Wir sind 35 kilometer
gegangen und ich bin weit zurückgefallen.
ich hab mich nur noch weitergeschleppt.
auf dieser reise habe ich auch verstanden,
was „die Mühen der ebene“ heißt. Wenn es
eben dahingeht, kann man die entfernun-
„Der Weg, das Unterwegs-sein ist das Ziel und das ist wunderbar.“
27
gen nicht mehr einschätzen. Man sieht in
der Ferne ein dorf, weiß aber nicht: sind
das jetzt drei kilometer oder fünfzehn?
Gehe ich noch eine stunde oder vielleicht
vier? Man muss sich immer wieder aufs
neue überwinden. die Qual gehört dazu.
Was hat Sie bewogen, am nächsten Tag weiterzugehen? keine Frage: das war die
Gruppe! Wer in einer Gruppe geht, kann
nicht einfach schlappmachen. und die an-
deren muntern einen soweit auf, dass man
weitergeht und das auch wirklich schaff t.
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TIROL ERWANDERN
DER ADLERWEG1.480 kilometer Länge und 87.000 Höhen-meter: Tirols bekanntester Weitwanderweg führt durch das ganze Land. die Hauptroute mit 23 etappen verläuft von st. Johann im Tiroler unterland nach st. anton am arlberg. seinen namen bekam der adlerweg, weil die Hauptroute auf der Landkarte wie ein adler aussieht, der seine schwingen ausbreitet.
DER LECHWEGder 125 kilometer lange Lechweg führt vom arlberggebiet über die Tiroler natur-parkregion Lechtal-reutte bis ins südliche allgäu – von der Quelle des Lechs bis zum Lechfall. die europäische Wandervereini-gung hat den länderübergreifenden Lech-weg einer Qualitätsprüfung unterzogen und ihn als ersten Leading Quality Trail zer-tifi ziert. der Lechweg ist somit Modell für Weitwanderwege in ganz europa.
Wie bereitet man sich auf so eine Wan-derung vor? als alpiner Mensch ist man
begünstigt, weil man im normalfall schon
die Grundausrüstung besitzt. es gibt auch
viele, die auf solche Wanderungen gezielt
trainieren. ich habe das nie gemacht. ich
bin nicht trainiert, aber zäh.
Zu gehen ist die langsamste Fortbewe-gungsform. Was ist an dieser Langsamkeit so reizvoll? Man lernt Landschaften anders
kennen, wenn man sie erwandert. aber man
lernt auch die Menschen im jeweiligen
Land kennen – das würde kaum passieren,
wäre man mit dem auto unterwegs. das
Gehtempo lässt solche Begegnungen zu.
Wohin geht die nächste Wanderung? nächstes Jahr möchte ich gerne gemein-
sam mit meiner Frau von meinem Ge-
burtsort rankweil zu unserem Wohnort
axams wandern. ein Freund hat das erst
kürzlich gemacht und wir fi nden die idee
sehr spannend.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
Über Stock und Stein. Seit etwa zehn Jahren ist Markus Linder immer wieder als Weitwanderer unterwegs.
Die betriebliche Nachfolge gehört mit zu den spannendsten und richtungs-weisendsten Ereignissen im Lebens-zyklus eines Unternehmens. Stellt sie doch einen Neustart dar, der ebenso komplex und herausfordernd ist, wie die Gründung eines neuen Unterneh-mens. Genaue Regeln für die betrieb-liche Nachfolge aufzustellen macht we-nig Sinn, da jede Nachfolge individuell gestaltet werden muss. Jedoch sollte der Zeitpunkt der Nachfolge gut geplant werden, am besten mit der Erstellung eines Ablaufplans. Weiters kommt der Analyse des Vermögensbestands und der rechtlichen Rahmenbedingungen sowie der offenen Kommunikation zwi-schen Übergeber und Nachfolger große Bedeutung zu.
Frühe PlanungDer Schlüssel einer erfolgreichen be-trieblichen Nachfolge für alle Betei-ligten liegt in einer frühzeitigen und sorgfältigen Planung, bei der alle Part-ner und Experten – insbesondere die finanzierende Bank – miteinbezogen
werden. Der überwiegende Teil der po-tenziellen Unternehmensnachfolgen kann als langfristig erfolgreich angese-hen werden. Die Gründe für ein Schei-tern von Unternehmensnachfolgen sind Spannungen in der privaten Sphäre zwi-schen Übergeber und Übernehmer, die fehlende Einbeziehung der potenziellen Übernehmer in die Nachfolgeplanung und die mangelnde Bereitschaft, Berater wie Rechtsanwalt, Steuerberater, Notar und Bank in die Planung zu integrieren.
LeistungspaketDie Hypo Tirol Bank ist seit über 100 Jah-ren ein starker, verlässlicher und erfah-rener Partner der Tiroler Wirtschaft und hat in dieser Zeit zahlreiche Unterneh-mensnachfolgen erfolgreich begleitet. In dieser, für das Unternehmen und den Unternehmer bzw. die Unternehmerin höchst spannenden Phase ergeben sich zahlreiche Chancen – in betrieblicher, aber auch in privater Hinsicht. Damit diese optimal genützt werden können, steht die Hypo Tirol Bank als Finanz-dienstleister mit einem umfangreichen
Leistungspaket im Rahmen des Investi-tions-, Liquiditäts-, Risiko- und Veran-lagungsmanagements zur Seite. Auch Kooperationspartner und Netzwerke zu rechtsberatenden Berufen helfen bei der optimalen Gestaltung der betrieblichen Nachfolge.
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„Gerade in Tirol stellen Familienbetriebe dank ihrer regionalen Stärken und Traditionen so-wie der gewachsenen Strukturen und Werte einen stabilen und unverzichtbaren Baustein unserer Wirtschaft dar. Als Landesbank sehen wir daher unsere Verpflichtung darin, diese Unternehmen bestmöglich und vertrauens-voll durch die unterschiedlichen Phasen – von der Gründung bis zur Nachfolgeregelung und dem erfolgreichen Fortbestand – zu begleiten. Nutzen Sie unsere Kompetenzen, Kontakte und Netzwerke – wir unterstützen Sie tat-kräftig bei der Umsetzung Ihrer Visionen.“
mag. Johann KollreiderVorstand der Hypo tirol bank
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30MAGAZIN
Happy Birthday
S trenge Aufnahmekriterien und höchstes
Niveau“ garantiert die Hotelkooperati-
on „Best Wellness Hotels“ für alle ihre Mit-
gliedsbetriebe. Die Mühen scheinen sich zu
lohnen: Heuer feiern Best Wellness Hotels
ihren 20. Geburtstag, 27 Hotels gehören
der Kooperation inzwischen bereits an.
Zum Jubiläum gibt es 20 Wellness-Urlaube
zu gewinnen, außerdem bieten die teilneh-
menden Betriebe Jubiläumsaktionen an. ×
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Neuer MTB-Führer zum Bike Trail Tirol
Der Bike Trail Tirol ist für seine abwechslungs-
reichen und attraktiven Strecken bekannt.
Mit seinen rund 1.000 Kilometern bildet er den
längsten zusammenhängenden Mountainbike-
Rundkurs der Alpen und führt den Mountainbiker
auf 32 Etappen durchs ganze Land. Ausführliche
Informationen zu allen Etappen fi nden sich in
dem eben erschienenen Mountainbike-Guide
„Bike Trail Tirol“. ×
Synergielounge Tirol
Netzwerken, Informationen austau-
schen und Kooperationsmöglichkei-
ten fi nden: Bisher diente die Synergiebörse
Tirol als virtueller Marktplatz, wo sich In-
teressenten über Angebot und Nachfrage
der Standortfelder Tourismus, Forschung
& Bildung und Wirtschaft informieren kön-
nen. Mit der Synergielounge Tirol wurde
diese Idee nun ins reale Leben transferiert:
Die reale Lounge dient als Tre� punkt, um
mögliche Partner näher kennen zu ler-
nen, Gespräche zu führen und eventuell
gemeinsame Synergien zu entdecken.
Diese Lounge wird vor allem bei B2B-
Veranstaltungen und Messen eingesetzt
und wurde erstmals im Rahmen der ISPO
2012 präsentiert. Die Tirol Werbung hat
sich hier auf die Suche nach potenziellen
Kooperationspartnern im Bereich der
Sportartikelindustrie begeben und diese
in die Synergielounge Tirol eingeladen.
Die Lounge besteht zu 100 Prozent aus
Tiroler Materialien wie Tiroler Loden und
einer Tiroler Steinplatte. ×
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Eines von 27 Best Well-ness Hotels: das Sportho-
tel Stock im Zillertal.
Mountainbike Guide „Bike Trail Tirol“,
Verlag Esterbauer
Tre� punkt. Die Lounge wird vor allem bei B2B-Veranstaltungen
und Messen eingesetzt.
31
Tirol im Film
Joseph Vilsmaier, seit über 20 Jahren
einer der erfolgreichsten Filmema-
cher im deutschsprachigen Raum, wurde
für seine besonderen Verdienste um das
Filmland Tirol mit dem Cine Tirol Award
ausgezeichnet. Johannes Köck, Leiter
von Cine Tirol, würdigte den Preisträger
im Rahmen der Premiere von „Der Mein-
eidbauer“ in Virgen.
Der Regisseur und Kameramann Joseph
Vilsmaier bereicherte das Filmland Tirol
bisher mit fünf Produktionen: „Bergkristall“
(2004), „Das Weihnachtsekel“ (2006), „Die
Geschichte vom Brandner Kaspar“ (2007),
„Nanga Parbat“ (2010) und „Der Meineid-
bauer“ (2011) und zählt somit zu den treu-
esten Weggefährten und Partnern von Cine
Tirol in den vergangenen Jahren. ×
Eine App für den NotfallAuf dem Smartphone den Notfall-Knopf drücken und schon weiß die Leitstelle Tirol, wo sich
der verunglückte Bergsportler aufhält: Die „Notfall App Bergrettung Tirol“ ermöglicht eine
schnelle und genaue Ortung, soll so die Rettung beschleunigen – und damit Leben retten.
In Kooperation von Bergrettung, Leitstelle und der Abteilung Zivil- und Katastrophenschutz
des Landes Tirol wurde eine bestehende Software auf Tiroler Verhältnisse angepasst. Die neue
„Notfall App Bergrettung Tirol“ kann man sich kostenlos auf Android-Handys oder das iPhone
laden. In der App füllt man dann seinen Namen, Telefonnummer und E-Mail-Adresse aus. Gerät
man in Bergnot, drückt man einfach den Notfallknopf und schon scheinen die Daten samt der
genauen Position am Bildschirm eines Mitarbeiters der Leitstelle Tirol auf. ×
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DIE WELT AUF VIER SAITENDas Kammermusikfestival Musik im Riesen steht diesmal im Zeichen von Johann Sebastian Bach und dem Violoncello. Als Interpreten sind u. a. die Cellisten Alban Gerhardt und Matthew Barley (Bild) und die Geigerin Viktoria Mullova zu Gast. 11. bis 18. Mai, Swarovski Kristallwelten, Wattens
DIE WELT AUF DEN BRETTERNDas Theaterfestival Steudltenn im Zillertal richtet sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Mit dabei sind das Theater des Kindes Linz, das die Geschichte von Nelson, dem Pinguin, (Bild) erzählt, sowie Elfriede Ott und Gregor Seberg. bis 26. Mai 2012, Steudltenn, Uderns
DIE WELT IM BAUBei den Architekturtagen erlebt man in ganz Österreich die Baukunst aus nächster Nähe: mit geführten Touren, Workshops und Ausstellungen. Parallel dazu läuft in der stattStube (Bild) in Inns-bruck das Electronic-Festival „Heart of Noise“. 1. und 2. Juni 2012, diverse Orte in Innsbruck
WEITERE VERANSTALTUNGENDas Jazzorchester Tirol spielt Werner Pirchner – Ein halbes Doppelalbum25. 5. 2012, Alte Gerberei, St. Johann,www.muku.atKreuzgang-Konzerte, 14-tägige Reihe31. 5. bis 26. 7. 2012, Augustinermuseum Ratten-berg, www.augustinermuseum.atSilbersommer Schwaz Mai 2012, diverse Orte in Schwaz, www.schwaz.atSplash! Das Bad der Philippine Welser, Ausstellungbis 20. 6. 2012, Schloss Ambras, Innsbruck,www.khm.at/ambras
KULTURTIPPSVON ES THER PIRCHNER
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Cine-Tirol-Leiter Johannes Köck überreichte Joseph Vils-maier den Cine Tirol Award.
SAISON
MAGAZIN32
N ach 19 Jahren Pause
startete der Karwendel-
marsch in eine neue Ära.
Was in den 1980er-Jahren tausende Wan-
derer jährlich begeisterte, wurde von den
beiden Tourismusverbänden Seefeld und
Achensee in jahrelanger Vorarbeit 2009
revitalisiert und mit einem neuen Konzept
versehen. Die große Frage hinter dem
neuen Karwendelmarsch war: Gelingt es,
eine Großveranstaltung mit tausenden
Teilnehmern im Naturschutzgebiet Kar-
wendel durchzuführen?
Kein Iso-Getränk. Nach drei Aufl a-
gen des Karwendelmarsches zieht Martin
Tschoner, Geschäftsführer des Tourismus-
verbandes Achensee, eine positive Bilanz.
„Wir haben von Anfang an das Spannungs-
feld von Naturschutz und Tourismus the-
matisiert. Mit sehr viel Engagement ist es
uns gelungen, durch den Karwendelmarsch
auch eine Bewusstseinsbildung für den
Alpenpark Karwendel herbeizuführen. Das
Konzept dahinter ist, keine reine Sportver-
anstaltung ins Leben zu rufen, sondern den
Wanderer intensiv an die Schönheit des Al-
penparks heranzuführen“, erklärt Tschoner.
Tatsächlich ist der Karwendelmarsch
mehr als die sportliche Herausforderung,
52 Kilometer zu laufen oder zu wandern.
Entlang der gesamten Strecke fi ndet
man zahlreiche Stationen, welche die
Besonderheiten dieses Naturschutzge-
bietes erklären. Selbst die Verpfl egung ist
anders. Es gibt keine Iso-Getränke oder
Müsliriegel, sondern Moosbeersuppe oder
Holundersaft. Die Verpfl egung wurde nach
ernährungswissenschaftlichen Konzepten
für den Karwendelmarsch kreiert und wird
mit Bio-Produkten aus Tirol eigens für die
Wanderer gekocht. Und es werden Zei-
chen gesetzt. So bekommt jeder Sieger
des Marsches seinen eigenen Ahornbaum
gepfl anzt, wodurch die Aktion der Bun-
desforste unterstützt wird, den bekannten
Ahornboden im Engtal weiter aufzuforsten.
Eigeninitiative. Diese Bewusstseins-
bildung trägt auch unter den Wander- und
Lau� ans Früchte. „Wir bekommen von vie-
len Teilnehmern immer wieder Tipps, was
wir noch besser machen können“, erzählt
Martin Tschoner. „Ein Beispiel dafür sind
die Läufer, die uns sagten, wo wir Müll-
plätze einrichten müssen, damit sie nach
der Verpfl egestation ihren Becher richtig
entsorgen können.“ Tschoner kann nach
drei Jahren selbstbewusst feststellen: Der
Großevent im Naturschutzgebiet bereitet
keine Probleme. Im Gegenteil: Inzwischen
ist wie in den 1980er-Jahren eine Com-
munity am Werk, welche die Faszination
dieses Marsches aktiv lebt. „Touristisch
gesehen schicken heute jene, die damals
mitgewandert sind, ihre Kinder zu uns und
sagen ihnen: Das musst du einmal erleben.“
Erfahrungen sammeln. Das Thema Nachhaltigkeit wird den Teilnehmern des Karwendelmarsches an Informati-onsstationen näher gebracht.
„Die Teilnehmer am Karwendelmarsch gehen sehr sensibel mit der Natur um.“MARTIN TSCHONER, GESCHÄFTSFÜHRER TVB ACHENSEE
Naturnaher GroßeventHeuer fi ndet der Karwendelmarsch bereits zum vierten Mal seit seiner Neuaufl age statt – mit einem ökologischen Konzept, das auf den sensiblen Raum des Naturschutzgebiets Rücksicht nimmt.
VON ERNS T SPRENG
33
Kompetenz im Sommer. Hinter
dem Karwendelmarsch steht nicht nur ein
ökologisches Konzept, sondern auch eine
touristische Strategie. Gerade die Touris-
musregionen Seefeld und Achensee gehö-
ren zu jenen in Tirol, die seit vielen Jahren
nicht nur auf Wintertourismus setzen, son-
dern starke Sommersaisonen aufweisen.
„Wir zeigen mit dem Karwendelmarsch
international unsere Sommerkompetenz
auf“, ist Markus Tschoner, Geschäftsführer
der Olympiaregion Seefeld überzeugt.
„Dieser Event und das nachhaltige Konzept
passen haargenau zu beiden Regionen.“
Und das ist mit ein Grund, warum der
Karwendelmarsch den „Tirol Touristica“
für herausragende Leistungen im Tiroler
Tourismus gewonnen hat.
Heuer fi ndet der Karwendelmarsch
am 25. August statt. Und der Wunsch an
die kommende Veranstaltung ist mehr als
verständlich: „Nachdem die ersten drei
Märsche nicht gerade mit Wetterglück
gesegnet waren, hätten wir uns 2012
schönes Wetter verdient. Damit der
Alpenpark Karwendel noch mehr zum
Erlebnis für unsere Gäste wird“, so Martin
Tschoner. ×
Enge Zusam-menarbeit. Martin Tschoner, Geschäftsführer des Achensee Tourismus (links), und Mar-kus Tschoner, Geschäftsführer der Olympia-region Seefeld, arbeiten seit vielen Jahren am nachhaltigen Konzept des neuen Karwen-delmarsches.
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34 SAISON
MAGAZIN
Der Missionar für Tiroler SpeckDie erste Frage stellt er: „Und wer bisch iatz du?“ Danach erzählt Karl Handl, was ihm auf dem Weg von der Fleischhauerei in Pians zu einem Unternehmen mit 115 Millionen Euro Jahresumsatz wichtig war, ist und bleibt. Warum ihn der „Karl-Handl-Steig“ auf den Ri� er freut. Und wie sich seine Söhne Markus und Christian seit der Übergabe bewähren.
DA S INTERVIEW FÜHRTE NINA HEIZER .
S AISON: Herr Handl, Sie haben im vergangenen Jahr das Unternehmen an Ihre Söhne
Markus und Christian zum großen Teil übergeben. Sind Sie so entspannt, wie Sie wirken? KARL HANDL: Ich bin natürlich
jetzt viel entspannter. Operativ habe ich in
der Firma nichts mehr zu tun, allerdings bin
ich noch Aufsichtsratsvorsitzender. Über 45
Jahre bin ich sehr unter Strom gestanden, da
habe ich die ganze Verantwortung getragen.
Die vergangenen fünf Jahre bin ich schon
etwas kürzer getreten.
Der Strom ist also auf Sie als einer seiner beiden Nachfolger übergegangen? CHRIS-
TIAN HANDL: Seit 21 Jahren bin ich in der
Firma, seit 1999 als Geschäftsführer, und
ich habe alle Bereiche durchlaufen. Es gab
immer schon viel zu tun. 2011 haben wir die
Aufgaben neu verteilt und nun ist noch mehr
dazu gekommen. Ich bin verantwortlich für
Produktion, Bescha� ung, Qualitätssiche-
rung und Technik. Mein Bruder ist für den
administrativen Bereich, Mitarbeiterwesen
und den Eigenvertrieb, das heißt unsere
Speckstuben und die Gastronomie, zustän-
dig. Wir leiten das Unternehmen gemeinsam
mit Geschäftsführer Josef Wechner, der den
Vertrieb und Marketing verantwortet.
Lässt Sie Ihr Vater alle Entscheidungen alleine tre� en oder steht er noch mit Rat und Tat zur Seite? CHRISTIAN HANDL: Er
ist ein aktiver Aufsichtsrat und berät uns in
dieser Funktion. Wir als Familie Handl wissen
am besten, was wir für den Betrieb wollen.
Unsere Ideen sind wie Früchte, die wachsen,
gedeihen, gedüngt und gepfl egt werden
müssen. Manchmal vielleicht auch ein we-
nig gestutzt. Er hilft uns mit seiner Erfahrung
dabei, schwierige Situationen in der Rolle als
Weisenrat abzuwiegen.
Steckt in so einer Konstellation nicht auch immer Konfl iktpotenzial? CHRISTI-
AN HANDL: Nein, er hilft uns die größeren
Zusammenhänge richtig zu interpretieren
und wir greifen gerne auf sein Know-how
zurück. Wir sind stolz auf das, was wir tun.
Nur, das muss man auch sagen, niemand hat
auf den Tiroler Speck gewartet und wir sind
oft mit den Herausforderungen des Marktes
konfrontiert. Da gibt es Themen, bei denen
der Vater mit mehr Emotionen reagiert, bei
anderen mein Bruder Markus oder ich.
KARL HANDL: Ich vertraue den beiden. Sie
35
haben das Unternehmen von allen Seiten
her kennen gelernt und wissen, was wich-
tig ist und worauf es ankommt. Da habe
ich mich leicht getan, jetzt noch relativ
jung zu übergeben.
Worauf kommt es an? CHRISTIAN HANDL:
Wir werden zum Beispiel nie Tiroler Speck
mit Ingwer produzieren. Das ist nicht au-
thentisch. Wir versuchen das Tirolerische,
das Traditionelle, die Emotion unserer Tiroler
Esskultur zu vermitteln und zu vermarkten.
Das ist unsere Kernaufgabe.
Ist in Tiroler Speck denn auch Tiroler Fleisch drin? CHRISTIAN HANDL: Wir verarbeiten
360 Tonnen Fleisch pro Woche, dafür be-
nötigen wir circa 8.000 Schweine. Die erhal-
ten wir von einigen hundert nationalen und
internationalen Landwirten, die die Rohware
liefern. Vor 20 Jahren ist der Versuch, Tiroler
Schweine zu verarbeiten, mit dem EU-Beitritt
gescheitert. Seither bemühen wir uns, beste
Qualität aus anderen Regionen zu kaufen.
Denn wenn der Rohsto� keine gute Qua-
„Speck ist der Inbegri� von Tiroler Tradition und Lebensart.“KARL HANDL
lität hat, wird kein guter Speck draus. Daher
haben wir jeden Lieferanten, jede Region
angeschaut und die besten ausgewählt.
Und aus welchen Regionen? CHRISTIAN
HANDL: Auf dem in Österreich verkauften
Tiroler Speck steht das AMA-Gütesiegel.
Damit verpfl ichten wir uns, dass das in
Österreich verkaufte Produkt auch zu 100
Prozent aus Österreichischen Rohsto� en
hergestellt wurde.
Der in Deutschland verkaufte Tiroler
Speck g.g.A. wird aus deutschen Schwei-
nen hergestellt. Grundsätzlich müssen alle
Rohsto� e von den besten Lieferanten in
ausgesuchter Qualität im Bundesland Tirol
verarbeitet werden. Würden wir uns auf nur
ein Lieferland reduzieren, wären wir einem
sehr großen Risiko ausgesetzt.
Was macht das in Deutschland verkaufte Produkt dann zu einem „Tiroler Speck“?
KARL HANDL: In Brüssel wurde der Tirol
Speck 1996 mit dem g.g.A.-Qualitätssiegel
geschützt. Das zeichnet Agrarerzeugnisse
und Lebensmittel aus, die eine direkte geo-
grafi sche Zuordnung ermöglichen oder
die fest einer Region zuzuordnen sind. Für
derartige Produkte ist nicht die Herkunft des
Rohsto� es maßgebend, sondern dass die
Verarbeitung und Veredelung in der Region
zu erfolgen hat. Das Wesentliche scheint mir,
dass die überlieferten traditionellen Rezep-
turen sowie die Verarbeitungsmethode
und vor allem das Know-how und die liebe
unserer Mitarbeiter zum Tiroler Speck den
Unterschied ausmachen.
Speck ist der Inbegri� von Tiroler
Tradition und Lebensart. In seiner per-
fekten Vereinigung aller Vorzüge unseres
Heimatlandes braucht es viel Wissen und
die Liebe zur traditionellen handwerklichen
Herstellung, bis unser Tiroler Speck g.g.A.
genussvoll auf den Tisch kommt. Höchste
Qualität, Tradition, viel Zeit und die Tiroler
Natur sind das Geheimnis.
Und wie groß ist der Anteil von Maschinen bei der Produktion von Tiroler Speck? KARL
HANDL: Die Produktion läuft immer noch
sehr herkömmlich traditionell ab. Wir salzen
nach wie vor mit der Hand ein, verwenden
keine Geschmacksverstärker oder Aromen
und geben dem Fleisch die Zeit, die es
vom Salzen und Selchen bis zum Reifen in
unserer Tiroler Bergluft braucht. Natürlich
simulieren wir die Winterzeit zum Beispiel
auch im Sommer mit den herkömmlichen
Kälte- und Klimaanlagen.
NAMENSGEBEND.Zum 65. Geburtstag über-
raschte der Alpenverein Karl Handl mit dem Karl-Handl-
Steig auf den Hohen Ri� -ler. Der ist der Hausberg der Handls und befi ndet sich als
Motiv auf den Produktverpa-ckungen des Oberländer
Unternehmens.
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CHRISTIAN HANDL: Wir geben der Pro-
duktion ausreichend Zeit. Der Pökelprozess
dauert seine drei Wochen. Früher lag das
Fleisch in einem Holzfass, heute ist dieses
Fass eben aus Kunststo� . Geräuchert wird
kalt über Hartholz, reinem Buchenholz.
Insgesamt dauert es bis zu sechs Monate,
bis unser Tiroler Speck fertig ist. Genügend
Zeit ist einer der Gründe für den besonderen
Geschmack und das spezielle Aroma unse-
res Tiroler Specks.
Sie haben eine einfache Landmetzgerei übernommen und ein großes Unterneh-men daraus gemacht. Wie sehr hat sich die Branche in der Zwischenzeit verändert?KARL HANDL: Sehr! Der Beruf Metzger, den
ich von Grund auf in jedem Detail gelernt
habe, ist nicht mehr wiederzuerkennen. Wir
beschäftigen zum Beispiel mehr Mechat-
roniker als Metzger. Es hat sich schon sehr
gewandelt. Anfangs hatte ich 14 Mitarbeiter,
nun arbeiten 520 in der Handl Gruppe. Speck
wurde früher nur in Tirol gegessen. Nicht
einmal die Vorarlberger kannten den Speck
in dieser Form. Vor dir sitzt also der Missionar
für Tiroler Speck im Ländle. Danach sind wir
mit der Firma Metro nach Wien und haben
den Wienern den Speck schmackhaft ge-
macht. Die Bestellungen aus Wien lauteten
immer so: Schick mir drei Nordtiroler. Und
wir wussten natürlich was gemeint war.
Wie viel Prozent beträgt der Export? CHRISTIAN HANDL: Unser Exportanteil liegt
bei 60 Prozent. Vor allem nach Deutschland.
Danach ist Italien das Hauptabnehmerland.
Weiterhin wichtige Länder sind Benelux und
die Länder in Mittel- und Osteuropa.
Wenn das Unternehmen mit Ihren Söhnen so gut weiter läuft, wie verbringen Sie Ihre Freizeit? KARL HANDL: Ich schaue mir gern
die Welt an und lerne gerne fremde Kulturen,
Land und Leute kennen. Natürlich fühle ich
mich auch in der Sonne wohl, vor allem
in der kalten Jahreszeit. Früher habe ich
auch gerne meine Zeit beim Bergwandern
und Schifahren verbracht. Im Vergleich mit
meiner Frau Christine bin ich eher ein bewe-
gungsärmerer Mensch geworden. Aber den
Karl-Handl-Steig am Hohen Ri� er würde
ich schon noch gerne gehen.
Hat Sie die Überraschung, als der Alpen-verein zu Ihrem 65. Geburtstag den Steig auf den Hohen Ri� er nach Ihnen benannt hat, gefreut? KARL HANDL: Ich habe mich
über dieses Geschenk sehr gefreut. Das
war wirklich eine Überraschung, da der
Ri� er ja unser Hausberg ist und wir das
Ri� ermotiv auf über 50 Millionen Produkt-
packungen in alle Welt transportieren. Es ist
für uns daher eine Herzensangelegenheit
den Alpenverein insbesondere beim Erhalt
und der Pfl ege von Wegen und Hütten zu
unterstützen. Gepfl egte Wege und Hütten
sind eine Grundvoraussetzung für den un-
beschwerten Genuss der Bergwelt. Handl
Tyrol engagiert sich hier besonders gerne.
Denn im übertragenen Sinne soll so allen
Bergsportbegeisterten auch der Weg zum
kulinarischen Ziel jeder Wanderung geeb-
net werden – der Marend, der traditionel-
len Speckjause mit Handl Tyrol.
Neben ihrem Engagement für die Tiroler Berge engagieren Sie sich auch in Nepal. Warum? KARL HANDL: Wir haben vor über
zehn Jahren einen namhaften Betrag für den
Bau des achten SOS-Kinderdorfes in Bharat-
pur gespendet. Seither haben wir bei vielen
Anlässen, etwa bei runden Geburtstagen,
anstelle von Geschenken um Spenden für
dieses Dorf gebeten. So stehen dort mittler-
weile neben einem Karl-Handl-Haus auch
eine Schule und ein Sozialzentrum, das erst
2009 in unserem Beisein erö� net wurde.
Die Verbindung zu den SOS-Kinderdörfern
begann allerdings schon viele Jahrzehnte
davor mit einer Hauspatenschaft in Imst.
Unsere Familie ist freundschaftlich mit dem
noch amtierenden Präsidenten Helmut Ku-
tin verbunden.
Ihr Vater scheint sich ein soziales Gewis-sen behalten zu haben. Was hat er Ihrer Meinung nach sonst noch gut gemacht?
CHRISTIAN HANDL: Dass er immer auf die
Qualität gesetzt hat. Schon sein Vater war
in der Fleischerei-Schule in Leipzig. Damals
sicher ein unüblicher Schritt. Auch hat mein
Vater nie die Wünsche und Erwartungen vor
allem seiner Mitarbeiter und seiner Kunden
aus den Augen verloren. Er hat uns den
Leitspruch: „Zuerst bin ich ein Pianner, dann
ein Tiroler, dann ein Österreicher und dann
erst ein Europäer“ mitgegeben. Nach dieser
Reihenfolge war und ist all sein Handeln aus-
gerichtet. Wir sind der Spezialist für Tiroler
Speck, Braten und Schinken sowie Rohwurst
und tragen diese regionalen Spezialitäten
von Pians/Tirol hinaus in die ganze Welt.
Was sind die Herausforderungen dabei? CHRISTIAN HANDL: Wir sagen immer: Wir
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„Speck wurde früher nur in Tirol gegessen. Nicht einmal die
Vorarlberger kannten den Speck in dieser Form.“
KARL HANDL
Paradeprodukt. Mit Tiroler Speck in allen Variationen ist das Unternehmen groß geworden.
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Kompetente Beratung rund um Aus- und Weiterbildung
im Tourismus – einfach – schnell – kostenlos:
Telefon: 05 90 90 5 - 1215
E-Mail: thomas.geiger@wktirol.at
Internet: WKO.at/tirol/tourismus
Zum Touristiker geboren?
kommen beide nach Rom. Ich fahre über
den Brenner, weil es schneller geht. Er fährt
über den Reschenpass, weil er mehr Zeit
hat. Aber wichtig ist nur, dass wir in Rom
ankommen. Wichtig scheint mir, wenn ein
Ziel angestrebt wird, wie beim Bergsteigen,
dass der Berg mit Bedacht gewählt wird und
alle einverstanden sind, dieses Ziel erreichen
zu wollen.
KARL HANDL: Und wenn man am Seil
geht, muss man sich vorher absprechen.
CHRISTIAN HANDL: Genau! Wir Tiroler
dürfen die Tradition nicht vergessen, das
versuchen wir auch unseren Mitarbeitern
zu vermitteln. Es ist nicht immer einfach,
alle auf einen Weg einzustimmen. Aber
wir dürfen unsere Wurzeln nicht verges-
sen. Aber in Nostalgie untergehen, nützt
auch nichts.
Welche Charakterzüge haben Sie Ihren Söhnen mitgegeben? KARL HANDL: Be-
scheidenheit und Dankbarkeit. Das The-
ma Qualität liegt bei uns in den Genen,
wie mein Vater schon bewiesen hat. Die
Neugier auf Neues und die Aufgeschlos-
senheit dafür hat Christian von mir. Dafür
ist Markus mit Zahlen und Zi� ern gut
aufgestellt und kann mit Menschen sehr
gut umgehen. Das hat er von meiner Frau
Christl geerbt. Meine Frau war immer für
die Zahlen und die Mitarbeiter zuständig.
Deshalb wurden wir 1995 auch als erster
familien- und frauenfreundlicher Betrieb
in Tirol ausgezeichnet. Das soziale Gewis-
sen haben unsere Söhne mitbekommen
und das Verständnis für wirtschaftliche
Zusammenhänge.
CHRISTIAN HANDL: Wir haben auch einen
Sozial- und Hilfsfonds, mit dem die Firma
unbürokratisch und schnell lokal in der Re-
gion Hilfe leistet. Auch bei der Bruderschaft
St. Christoph sind wir sehr engagiert.
Sie haben aus einer kleinen Dorfmetz-gerei ein erfolgreiches Unternehmen gemacht, eine Familie, Söhne, die die Firma weiterführen, soziale Projekte und sind ein angesehener Geschäftsmann. Worauf sind Sie stolz? KARL HANDL: Das
ist alles relativ. Ich bin froh und dankbar,
dass ich so viel Glück hatte und so viel
scha� en konnte. Es ist einiges passiert
in den vergangenen Jahrzehnten. Die
Schicksalsjahre unserer Familie begannen
1948 mit dem frühen Tod meines Vaters
vor meinem Großvater. Meine Mutter hat
den Deszendentenbetrieb mit Hilfe eines
Geschäftsführers für mich erhalten. Da ist
schon ein großes Verantwortungsgefühl
bei mir gewachsen, das alles weiterzufüh-
ren. Es freut mich, dass wir heute zu den
führenden Betrieben des Landes zählen
– aus so einem kleinen Dorf wie Pians.
Was ist Luxus für Sie? KARL HANDL: Das
hat jedenfalls für mich nichts mit Materi-
alismus zu tun.
CHRISTIAN HANDL: Zeit zu haben für sich,
die Familie und eigene Interessen. Der
Speck dreht sich relativ langsam. In ande-
ren Bereichen dreht sich das Hamsterrad
allerdings schneller. Ich würde gern öfter
im entschleunigten Rad sein.
Haben Sie eigentlich ein Lieblingsprodukt? KARL HANDL: Der Karree-Speck! Schopfsei-
tig! Aber so ein gutes Hauswürstl mag ich
schon auch sehr gern.
CHRISTIAN HANDL: Ich mag eigentlich al-
les. Beim Speck besonders den hüftseitigen
Schinken- und Karree-Speck.
Was würden Sie sich für die Zukunft wün-schen? KARL HANDL: Gesundheit, Zufrie-
denheit mit dem, was ich bin, was ich hab’.
Was will ich noch mehr? Der Betrieb läuft
gut, die Söhne mit ihren Familien wohnen
neben uns, wir sind gesund. Dankbarkeit
brauch ich mir nicht zu wünschen, dank-
bar bin ich schon. Der dritte ist ein großer
Wunsch: Dass die verantwortlichen Ent-
scheidungsträger Tirols und Österreichs
ihre Entscheidungen so tre� en, dass sie
zum Wohle aller dienen. Nicht nur ihren
Interessensgemeinschaften. Dann ma-
chen ihre Entscheidungen Sinn. Und man
will doch, dass das Leben Sinn macht.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
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Familienporträt. Christl und Karl Handl mit den Söhnen Christian und Markus (links)
38 SAISON
MAGAZIN
Es war eine Flucht, damals.
Daraus macht Maren Krings
kein Geheimnis. Die 32-jähri-
ge Fotografi n steckte in einer berufl ichen
Krise. Eine Kreative, die nicht mehr kreativ
sein konnte. Vor vier Jahren hatte sie sich
selbstständig gemacht und ihre Karriere
nahm gerade richtig Fahrt auf. „Ich hatte
riesengroße Projekte am Laufen, und wie
das so ist bei solchen Projekten, läuft nicht
immer alles rund. Je mehr mich die Bü-
rokratie aufgefressen hat, desto weniger
konnte ich mich auf meine Jobs kreativ
vorbereiten.“
Die junge Frau fl üchtet in die Ber-
ge, genauer gesagt auf eine abgelegene
Melk alm in den Kitzbüheler Alpen auf 1.700
Metern Höhe, die sie für einen Almsommer
allein bewirtschaftet. 19 Kühe und 24 Jung-
tiere müssen täglich versorgt, gemolken,
auf die Weide gebracht werden. Der Stall
muss ausgemistet werden, die Zäune ge-
wartet und umgesteckt und die Milch ins
Tal gebracht. Ein Fulltimejob statt Heidi-
Romantik.
„Im Butterbrot gelandet“. Der Tag
begann meist um drei Uhr morgens und
endete gegen elf Uhr abends. „Das ist mir
mein ganzes Leben lang noch nie passiert,
aber auf der Alm ein, zwei Mal, dass ich mit
dem Gesicht im Butterbrot gelandet bin,
weil ich einfach eingeschlafen bin“, lacht
die junge Frau aus Deutschland. Ihr erster
Almsommer ist mittlerweile drei Jahre
her, es folgte ein zweiter. Aus den Erfah-
rungen dieser beiden Sommer entstand
ein 120-seitiger Fotoband mit dem Titel
„Echt Tirol – echt oimerisch“. Er spiegelt
humorvoll Krings Eindrücke und Einblicke
in das alltägliche, oft harte Leben der „Al-
mer“, ihr Zusammenleben mit den Tieren,
ihre tiefe Verbundenheit mit der Natur und
ihren Lebewesen wider. Das Besondere an
Krings Arbeiten ist, dass sie nicht aus der
Perspektive der Besucherin, sondern aus
der der Eingeweihten entstanden.
Zwischen Tradition und Moderne. Im Bildband kommen bekannte Klischees
wie der Strauß bunter Almblumen oder das
idyllische Bild der weidenden Kühe vor den
schro� en Felsmassiven genauso vor wie
weniger abgegri� ene Impressionen. Die
auf Fotodokumentationen spezialisierte
Künstlerin zeigt das Leben auf der Alm,
wie es heute ist, und verschweigt nicht,
dass auf über 1.500 Metern das 21. Jahr-
hundert inzwischen Einzug gehalten hat.
Eine Satellitenschüssel hängt über einem
Die Deutsche auf der AlmDie Fotografi n Maren Krings hat sich für zwei Sommer auf eine Melkalm in den Kitz-büheler Alpen zurückgezogen, die sie zum Teil allein bewirtschaftete. Der in dieser Zeit entstandene Bildband „Echt Tirol – echt oi-merisch“ gibt intime Einblicke in das Leben der Menschen auf den Almen, wie es heute ist – festgehalten von einer Eingeweihten.
VON SONJA K AINZ
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hunderte Jahre alten Almgebäude, ein
Almer mit traditionellem Hut spricht in
sein knallrotes Handy und mitten im un-
bewohnt anmutenden Schönwiestal wird
eine Slackline gespannt.
„Warum sollten die Almer nicht
genauso die Annehmlichkeiten des 21.
Jahrhunderts genießen, wie jemand, der
im Tal lebt?“, fragt die Ex-Sennerin. Das
Ergebnis sind intime Einblicke in eine Welt
zwischen Tradition und Moderne, wie sie
sich nur jemandem erschließen, der die
Zeit hat, mehr als nur einen fl üchtigen Blick
auf diesen Sehnsuchtsort zu werfen.
Ein Almsommer verändert. Vom
21. Jahrhundert bekam Krings während ih-
res ersten Sommers auf der Unterschnapp-
alm jedenfalls nicht viel zu spüren. Die
200 Jahre alte Hütte, in der die 32-Jährige
„Je mehr mich die Bürokratie aufgefressen hat, desto weniger konnte ich mich auf meine Jobs kreativ vorbereiten.“MAREN KRINGS, FOTOGRAFIN
von Juni bis Ende September lebte, war
spartanisch. Kein Strom, eine Türe ohne
Schloss und wenn sie es warm haben
oder sich etwas zu essen kochen wollte,
musste erst einmal eingeheizt werden.
Ein Unterfangen mit gewissen Tücken,
wie sich herausstellte. Wenn man es nicht
richtig anging, blieb der Herd kalt und die
Stube füllte sich stattdessen mit dichtem
Qualm. Mehr als einmal hieß es dann ein-
fach hungrig schlafen gehen.
Die harte Arbeit auf der Alm brachte
Krings außer Schwielen, Blasen, Schnitten,
Beulen und Quetschungen aber noch et-
was anderes. „Ich hatte seit langem wieder
einmal das Gefühl, ich habe etwas produ-
Aufbruchstimmung. Ein besonderes Foto gelang Maren Krings beim Almabtrieb, für den alles sehr
früh auf den Beinen sein musste.
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KR
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ziert. Du hast nicht drei Kunden akquiriert,
bei denen du nicht weißt, ob du tatsächlich
auch mal einen Job von ihnen bekommen
wirst, sondern du hast drei mal 25 Liter
Milch gemolken – und die sind abgeliefert
worden.“ Kleine Dinge wie ein heißer Ka� ee
wurden plötzlich zu etwas Besonderem.
Maren Krings glaubt, dass sie die Zeit
in den Bergen für immer verändert hat. „Man
geht nicht auf die Alm, kommt zurück und
wird wieder der Gleiche oder die Gleiche“.
Was sie unter anderem aus dieser Zeit mit-
genommen hat, ist eine tiefe Wertschätzung
für die Arbeit der Almer. Sie werde oft sehr
abgewertet, aber jeder, der sie einmal selbst
gemacht habe, wisse, dass außer Kraft auch
eine Menge Technik und Erfahrung nötig
seien, um sie zu verrichten, sagt Krings.
Der Geist auf der Kuntlalm. Die
Menschen, die auf der Alm leben, ha-
ben auch viel dazu beigetragen, dass der
Bildband zu dem geworden ist, was er ist.
„Dieses Buch hätte ohne ihre Unterstützung
nie in dieser Form entstehen können.“ Sei es
dadurch, dass sie der Fotografi n den Weg zu
entlegen Plätzen zeigten, sie mit dem Auto
hinbrachten, wenn der Weg innerhalb eines
Tages nicht zu bewältigen war, oder indem
sie ihr einfach uralte Geschichten vom Alm-
leben erzählten wie beispielsweise die vom
Geist auf der Kuntlalm.
Richtig mit den Einheimischen gefühlt
hat sie, als eine Gruppe Touristen plötzlich
mitten in ihrer Stube stand und sich neugierig
umschaute, während Krings ihren „heiligen“
Mittagsschlaf hielt. „Entschuldigung, aber
wenn ich in Frankfurt durch die Stadt geh,
renn ich auch nicht in jeden Haushalt und
stell mich mal eben in die Küche“, bekamen
die ungebetenen Gäste von ihr in reinstem
Hochdeutsch zu hören, was für verdatterte
Blicke und ein kleinlautes „Nein, würden
wir nicht“ sorgte. Krings will mit ihrem Buch
auch für mehr Achtsamkeit und Sensibilität
für die Almen und ihre Bewohner plädieren,
die sie von vielen Seiten bedrängt sieht. ×
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ZUR PERSONMaren Krings wurde 1980 in Erbach in Deutschland geboren. Nach einem internationalen Frei-willigendienst in Mittelamerika und Europa begann sie am Savannah College of Art and Design in den USA Fotografi e zu studieren. 2005 kehrte sie nach Deutschland zurück und machte sich in Thüringen als freischa� ende Fotografi n selbstständig. Seither begleitet sie fotografi sch hu-manitäre Hilfsprojekte in Mittelamerika und hat das zwischen Kunst und Sozialem vermitteln-de Projekt „WE AR´T“ ins Leben gerufen. Krings fotografi ert unter anderen Reportagen für das Magazin „Servus in Stadt und Land“ und ist außerdem Dozentin in Frankfurt, Weimar und Suhl. Sie lebt in Deutschland und in Westendorf in Tirol. Für ihr Engagement im humanitären Bereich wurde sie mehrfach mit Preisen ausgezeichnet.
DAS BUCH„Echt Tirol – echt oimerisch“, 120 Seiten, erschienen im Eigenverlag.
Es ist ab 10. Mai erhältlich und kann direkt über Maren Krings bestellt werden. Der Ö� entlichkeit wird es am 23. Mai im Art Depot in Innsbruck vorgestellt.
info@360-photography-mk.de
Almleben. Die Fotografi n stellte sich der Herausforderung, eine urige Alm zu bewirtschaften. Ein Fulltime-Job ohne Heidi-Romantik.
„Ich hatte seitlangem wieder einmal das Gefühl,ich habe etwas produziert.“
41
D ie Tirol Werbung verfügt über
einen umfangreichen Wissens-
schatz in den Bereichen Tou-
rismusmarketing und touristische Märkte“,
erklärt Dr. Michael Brandl, Prokurist der Tirol
Werbung. „Dieses Wissen möchten wir zu-
gänglich machen.“ Aus diesem Grund ent-
stand bereits 2009 in Kooperation mit dem
MCI Tourismus eine Internetplattform, auf
der Statistiken, wissenschaftliche Aufsätze
und zahlreiche tourismusrelevante Daten zu
fi nden sind. Das Feedback war positiv: Bis
Anfang 2011 registrierten sich über 1.500
Benutzer, hauptsächlich Studenten (24 %),
Personen aus der Hotellerie (19 %), den
Tourismusverbänden (16 %) und aus dem
Bereich Marketing und Consulting (10 %).
„In erster Linie möchten wir den Tiro-
ler Tourismus servicieren und qualifi zieren“,
so Brandl, „das Wissen über Zielgruppen,
Märkte, Online-Marketing, aber auch über
die touristischen Strategien Tirols ist wichtig
für eine erfolgreiche Zusammenarbeit im
Tourismussystem Tirol.“
Der Inhalt der Plattform kommt von
Tirol Werbung und MCI gleichermaßen,
ein eigenes Redaktionsteam, bestehend
aus Mitarbeitern der beiden Institutionen,
ist verantwortlich für den Inhalt. „Das MCI
ist zuständig für die Bereiche Online-Mar-
keting, Innovation und Forschung. Wir stel-
len die Statistik und die Daten zu Märkten,
Themen und Zielgruppen zur Verfügung“,
erklärt Kathrin Rauch aus dem Team Tou-
rismusforschung in der Tirol Werbung und
Redaktionsmitglied von TTR.
Interaktiv und übersichtlich. Im Jahr 2011 begann das Team mit einer
umfassenden Weiterentwicklung. „Wir
haben eine aufwändige Nutzerbefragung
und eine Usability-Studie durchgeführt“,
erklärt Klaus Schwarzenberger vom MCI
Tourismus, der als Projektmitarbeiter für
die technische Umsetzung verantwortlich
ist. Die Seite zeigt sich nun übersichtlicher,
mit weniger Menüpunkten und einer ver-
lässlichen Suchfunktion. „Wir haben uns
entschieden, die Seite komplett neu zu
entwickeln“, erzählt Schwarzenberger.
Seit 1. März ist der überarbeitete
TTR online – mit erweiterten Inhalten und
neuem Design. „Aus den Zugri� sdaten
wissen wir, dass sich die Nutzer vor allem
für die Zahlen interessieren“, erläutert
Klaus Schwarzenberger.
Das TTR-Team von Tirol Werbung und
MCI Tourismus ist besonders stolz auf die
interaktiven Statistiken. „Diese ermögli-
chen es, Entwicklungen im Zeitverlauf
anschaulich darzustellen und zu verglei-
chen, zum Beispiel die verschiedenen
Herkunftsmärkte“, erklärt Kathrin Rauch.
Die Menüführung wurde vereinfacht,
auch die Suche mittels Tags (Schlagwor-
ten) ist nun möglich. Ein Begri� sglossar
erleichtert den Nutzern das Verständnis
komplexer Inhalte. ×
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„In erster Linie möchten wir den Tiroler Tourismus servicieren und qualifi zieren.“ DR. MICHAEL BRANDL, PROKURIST DER TIROL WERBUNG
Tourismuswissen auf einen Klick Rund 1.500 registrierte Benutzer recherchierten touristisches Basiswissen auf der Wissensplattform TTR Tirol Tourism Research. Nun wurde diese umfassend weiterentwickelt.
VON S YLVIA A INE T TER
Die Registrierung ist kostenlos auf www.ttr.tirol.at möglich.
italienische Gast ist anspruchsvoll, aber
nicht kleinlich“, sagt Gebhard Schöpf. Ein
missverständlich verwendetes Vokabel
löse eher ein Schmunzeln aus als Bestür-
zung. Gebhard Schöpf muss es wissen,
schließlich bewegt er sich seit fünfzehn
Jahren am italienischen Markt.
Wichtige Mundpropaganda. Der
Tourismusverband Stubaital schloss
sich 1995 mit anderen Tiroler Verbän-
den zur „Gruppo Italia“ zusammen, um
gemeinsam auf dem stark organisierten
Reisemarkt aufzutreten. Der Alpenverein
und viele Sportvereine sind gewachsene
Netzwerke, die bis heute stark genutzt
die Genuesen nach einem Regelverstoß
zum Abstieg in die zweite Liga gezwungen
waren, wurden sie in Tirol umso freudiger
empfangen.
Inzwischen ist Pasta ein fi xer Gang
in der Menüabfolge, mit der die Fuß-
baller ihre Kohlehydratspeicher beim
Trainingslager im Stubaital au� üllen. Der
Koch spricht längst italienisch, zwar nicht
grammatikalisch perfekt und auch nicht
ohne Akzent, aber das sehen ihm die
Gäste nach, die von den Einheimischen
als „die Unsrigen“ bezeichnet werden. Und
die Italiener haben sich daran gewöhnt,
dass nördlich des Brenners alles ein
bisschen anders läuft als zu Hause. „Der
42 SAISON
MAGAZIN
Das Leben ist schön in TirolReisemarkt Italien. Das neue Sparpaket in Italien könnte dem Nordtiroler Tourismus zu Gute kommen.
VON JANE K ATHREIN
W ir wollen pasta, pas-
ta cruda. Nudeln
ohne Sauce“, sollen
die Vertreter des FC Genua nach einem
harten Besichtigungstag im Stubaital
beinahe gefl eht haben. Die Nudeln, die
wenig später auf ihren Tellern landeten,
waren weder zu hart noch zu weich. Al
dente. Gerade richtig. Die Pasta soll dem
Ort Neustift letztlich auch den Zuschlag
für das Trainingslager gebracht haben.
Gebhard Schöpf vom Tourismusverband
Stubai Tirol erinnert sich schmunzelnd an
den Beginn dieser Freundschaft vor acht
Jahren. Gemeinsam habe man Höhen
und Tiefen durchlebt. Nachdem etwa
Stimmungsmache. Im Rahmen von Pressereisen bringt die Tirol Werbung italienischen Journalisten die Vorzüge Tirols näher.
ITALIEN
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werden. Mundpropaganda ist auch im
Web-2.0-Zeitalter einer der wirksamsten
Werbekanäle. „Verwandte und Freunde,
die daheim geblieben sind, werden schon
während des Urlaubs über die Eindrücke
am Laufenden gehalten“, so Schöpf. Über-
zeugt das Angebot kommen die Gäste im
nächsten Jahr mitsamt den Freunden und
der Familie wieder.
Tirol steht in Italien für angeneh-
mes Klima, schöne Natur, Wohlbefi nden.
Standortvorteile, die Reisende hauptsäch-
lich aus dem wirtschaftlich starken, italie-
nischen Norden schätzen. Die Italiener
ziehen sich vor der Sommerhitze in die
Alpenregion zurück, besonders im Monat
August kann Tirol mit einem guten Preis-
Leistungs-Verhältnis punkten. Zugleich
ist Urlaub daheim bei den Italienern nach
wie vor beliebt. Viele Italiener haben einen
Zweitwohnsitz, entweder am Meer oder in
den Bergen. Ein Blick in die Statistik zeigt:
Im Sommer 2011 hatte Tirol ein leichtes
Minus an Buchungen aus Italien hinzu-
nehmen. Müssen die Tiroler in Zukunft
mit weiteren Rückgängen rechnen?
„Jetzt erst recht“. „Der Urlaub an
sich wird nicht in Frage gestellt, er wird
wohl etwas kürzer ausfallen und das
Preisbewusstsein wird steigen“, ist Esther
Wilhelm, verantwortliche Marktleiterin für
Süd- und Westeuropa, überzeugt. Das
italienische Unternehmertum sei Krisen
gewohnt und wisse damit umzugehen.
Italien ist eines der europäischen Länder
mit der niedrigsten Privatverschuldung.
Große Zuwächse sind in einem gesättig-
ten Markt wie Italien, dessen Bevölkerung
zurzeit große Steuerlasten auferlegt wer-
den, kaum zu erwarten. „Aber ich denke,
dass man die Zahlen auch aufgrund der
aktuellen Entwicklungen halten wird kön-
nen. In Italien gibt es bei vielen auch die
‚Jetzt erst recht‘-Mentalität.“
Italiens Regierungschef Mario
Monti hat der Steuerhinterziehung und
dem Schwarzgeld den Kampf angesagt.
Im Rahmen des Sparpakets wurden zu-
letzt Barzahlungen von mehr als 1.000
Euro verboten. Rechnungen über 1.000
Euro dürfen nur noch mit Kreditkarte
oder Banküberweisung bezahlt werden.
Wirten, die trotzdem mehr als 1.000 Euro
in bar kassieren, drohen saftige Strafen.
Razzien der Steuerfahnder wie zu Jahres-
beginn im Nobelskiort Cortina d’Ampezzo
schrecken die Gäste ab. Der Tourismus in
Nordtirol könnte von diesen Maßnahmen
profi tieren. Tatsächlich berichten Tiroler
Hoteliers von einem Zulauf italienischer
Gäste, die bar bezahlen. ×
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„Der Sommerurlaub ist dem Italiener heilig. Wenn er spart, dann bei der Aufenthaltsdauer und den Zusatzausgaben.“ ESTHER WILHELM, HEAD OF MARKETINGSÜD- UND WESTEUROPA
KONTAKTEsther WilhelmHead of Marketing – Süd- und WesteuropaTel. 0512/5320-660esther.wilhelm@tirolwerbung.at
REISEMARKT ITALIEN IN ZAHLEN:
DER TYPISCHE ITALIENISCHE GAST: ist mit
durchschnittlich 44 Jahren ein junger Tirol-
Gast und reist vorwiegend mit der Familie.
HERKUNFTSREGION: italienischer Norden.
AUFENTHALTSDAUER: 3,8 Tage im Sommer,
2,6 im Winter.
BEVORZUGTE URLAUBSUNTERKUNFT: 44 %
buchen in der 4- und 5-Sternkategorie
(Tirol gesamt 34 %).
WINTERAKTIVITÄTEN: 2/3 der Gäste fahren
Ski. Platz 12 im Quellmarktranking. 56 % be-
suchen die Weihnachtsmärkte.
SOMMERAKTIVITÄTEN: 83 % wandern, danach
folgen Radfahren und Mountainbiken. Tirol ist für
Italien eine klare Sommerdestination. Hoher An-
teil an Familien mit Kindern unter 14 Jahren. Itali-
en rangiert auf Platz 5 im Quellmarktranking.
ANREISE: 90 % reisen mit dem eigenen Pkw
nach Tirol. Keine direkte Flugverbindung. DB
und ÖBB haben Zugverbindungen in Italien
als Konkurrenz zur Trenitalia aufgebaut.
BUCHUNGSGEWOHNHEITEN: ein bis zwei
Monate vor Reiseantritt. 70 % buchen direkt
beim Vermieter.
INFORMATIONSQUELLE: hoher Infobedarf.
Internet als die wichtigste Informationsquelle
(48 %), persönliche Empfehlungen. Jeder drit-
te Italiener ist mit dem Socialnetwork Face-
book verbunden.
TAGESAUSGABEN: im Winter € 147,-, im Som-
mer € 104,-.
HAUPTREISEZEIT: 45 % der Nächtigungen ent-
fallen auf den Monat August, mit 11,5 % liegt
der Juli an zweiter Stelle. Mit Fixpreisen, die im
August garantiert werden, könnte man punk-
ten. Stärkster Wintermonat: Dezember, 11 %.
MARKTANTEIL: Trentino (35 %), Südtirol (17 %),
Schweiz (8 %), Tirol (4 %)
REISESTRÖME: 38 % der Italiener, die im
Sommer Österreich besuchen, fahren
nach Tirol. Kärnten (19 %), Wien (18 %).
NÄCHTIGUNGSZAHLEN 2010/2011: 1,05 Mil-
lionen (-4 %): 729.428 im Sommer (- 3,9 %),
324.850 im Winter (-4,1 %) – das Minus er-
gibt sich aus der sinkenden Aufenthalts-
dauer. Vorläufi ge Statistik für den Winter
2011/2012: + 1,8 %. Der Trend geht wei-
ter nach oben. Generelle Steigerung der
Nächtigungen in den letzten fünf Jahren
im Sommer: + 4,9%. Tirol liegt eindeutig
vor den Mitbewerbern Kärnten und Salz-
burger Land.
REISEVOLUMEN: Urlaub im eigenen Land –
23 Millionen Nächtigungen im Trentino.
44 SAISON
MAGAZIN
Museen für die OhrenMit zwei Ausstellungen zum Thema Hören holen die Tiroler Landesmuseen Musik und Ton in die sonst meist stillen Hallen von Tiroler Volkskunstmuseum und Museum im Zeughaus. Die einen beschäftigen sich ab Mai 2012 mit der Geschichte der Signaltöne, die ande-ren mit „Musik aus der Dose“. Man höre und staune!
VON ES THER PIRCHNER
Zeugnis früher Signaltöne: geschnitzte Groteskfi gur aus
dem 18. Jahrhundert
Claudia Sporer-Heis hält im Zeughaus Musikautomaten
aus zwei Jahrhunderten bereit.
Herlinde Menardi begibt sich im Volks-kunstmuseum auf die Spur von Signaltönen.
In der Sammlung Louis Holzer fi nden sich eine automatische Ziehhar-
monika sowie Grammo-phone im Erwachsenen-
und Kinderformat.
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MUSIK AUS DER DOSE – DIE SAMMLUNG LOUIS HOLZERMuseum im Zeughausbis 27. Jänner 2013Di–So 9–17 Uhr
TON UM TONTiroler Volkskunstmuseum25. Mai bis 7. Oktober 2012Mo–So 9–17 Uhr
www.tiroler-landesmuseen.at
MITMACHEN UND GEWINNEN
Beantworten Sie die Gewinnfrage:
Wie heißt der Künstlerische Leiter der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik?
und nehmen Sie an der Verlosung teil:
• 1 Übernachtung für 2 Personen im 4-Sterne-Hotel Hilton Innsbruck (DZ)
• 2 Eintrittskarten für die Oper „La Stellidaura Vendicante“ von Francesco Provenzale am 10. 8. 2012 im Tiroler Landestheater
Um am Gewinnspiel teilzunehmen, füllen Sie bitte auf kultur.tirol.at unter „Gewinn-spiele“ das entsprechende Formular aus.
Einsendeschluss: 31. Mai 2012
H istorische Aufarbei-
tungen zum Thema
Hören stehen sowohl
im Tiroler Volkskunstmuseum als auch
im Zeughaus derzeit im Mittelpunkt des
Interesses, wenngleich die beiden Inns-
brucker Ausstellungshäuser dabei ganz
unterschiedliche Aspekte herausgegriff en
haben. Ähnlichkeiten fi nden sich in den
beiden Ausstellungen dennoch, denn
beide beschäftigen sich nicht nur mit der
Entwicklung der jeweiligen Schallquellen,
sondern auch damit, wie sich die Wahr-
nehmung der Töne und technischen Ge-
räte zur Klangerzeugung verändert. Nicht
zuletzt erlauben beide einen Blick in die
Geschichte.
Aufziehen und abspielen. Mit dem
Ankauf der Musikautomaten und -wie-
dergabegeräte, die der Osttiroler Louis
Holzer über viele Jahre zusammengetra-
gen hat, konnte der Verein Tiroler Lan-
desmuseum seine eigene Sammlung um
eine ganze Reihe solcher mechanischer,
elektrischer und elektronischer Apparate
erweitern. In den vergangenen Jahren
wurden sie einer umfangreichen Res-
taurierung unterzogen, wie die Kustodin
der historischen Sammlungen, Claudia
Sporer-Heis, berichtet. Jetzt erzählen die
Grammophone, Wurlitzer und Spieluhren
eine rund 200-jährige Geschichte der
„Musik aus der Dose“.
Das älteste Exponat, eine Schwarz-
wälder Spieluhr, stammt aus der Zeit um
1800 und ist ein Selbstspieler, erzeugt also
selbst die gehörte Musik. Seit der Erfi n-
dung von Edisons Phonographen wird
vor allem Aufgenommenes abgespielt.
Zudem bieten Schallplatten, Tonbänder,
Kassettenrecorder, CDs und schließlich
MP3-Player reichlich Stoff für nostalgische
Gefühle und historische Aha-Erlebnisse.
Kling, Glöcklein, … Im Tiroler Volks-
kunstmuseum zielt die kulturhistorische
Ausstellung zur Entwicklung der Signal-
töne, „Ton um Ton“, auf einen ähnlichen
Eff ekt ab. Schließlich spannt sie den
Bogen vom Waldtuter, einem einfachen
Blasinstrument, mit dem die Holzarbeiter
zum Essen gerufen wurden, bis hin zu
unterschiedlichen Handyklingeltönen.
Signaltöne jeder Art – von Kirchenglocken
über Handglocken der Wanderhänd-
ler oder Signalglocken bei Mühlen und
Waalen (Bewässerungskanälen) bis zu All-
tagstönen wie den Pieptönen von Eieruhr
und Mikrowelle ist hier alles vertreten, was
Gefahr anzeigt oder aus anderen Gründen
unsere Aufmerksamkeit erregen soll.
Dabei kommt es weniger auf die Art
der Signaltöne an, sondern vielmehr auf
eine emotionale Dimension des Hörens,
wie die Leiterin des Tiroler Volkskunstmu-
seums, Herlinde Menardi, erläutert. Sire-
nen werden von Menschen der Kriegsge-
neration mit Fliegerangriff en verbunden,
die Trillerpfeife hat auf dem Weg vom
Bahnwesen zu Demonstrationen einen
Bedeutungswandel erfahren, „unnötige“
Töne wie ein altmodisches Klicken bei
Handykameras werden eigens designt. In
allen Fällen zeigt sich jedoch die sozio-
kulturelle Konnotation von Signaltönen
und es wird spannend zu beobachten
sein, welche Töne der Ausstellung welche
Assoziationen wecken. ×
Barocke ReiselustDie Innsbrucker Festwochen der Alten Musik erleben heuer unter dem Motto „Schöne Fremde“ ihre 36. Aufl age.
GEWINNSPIEL
D ie Innsbrucker Festwochen der Alten
Musik packt von 8. bis 26. August die
Reiselust. Der Blick in die „schöne Fremde“ be-
schert den Besuchern zahlreiche Konzerte und
Veranstaltungen, die Barockmusik aus der gan-
zen Welt in den Mittelpunkt rücken. Zu hören
gibt es populäre und traditionelle Klangwelten
von Argentinien bis China. Auf dem Festwo-
chen-Programm stehen unter anderem vier
Opern, zwei davon werden vom Künstlerischen
Leiter Alessandro De Marchi vom Cembalo aus
geleitet. Nach der erfolgreichen Premiere der
„Barockoper:Jung“ im Vorjahr haben heuer aus-
gewählte Teilnehmer des internationalen Ge-
sangswettbewerbs für Barockoper die Chance,
ihre stimmlichen und stilistischen Fähigkeiten in
Claudio Monteverdis „L’incoronazione di Pop-
pea“ unter Beweis zu stellen.
Die US-amerika-nische Mezzoso-
pranistin Jennifer Rivera übernimmt
in „La Stellidaura Vendicante“ die
Titelpartie. © J
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46 saison
magazin
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AISON: Herr Bramböck, wie haben Sie sich auf die Ver-tonung von Flann O’Briens
„Dritten Polizisten“ vorbereitet? Haben Sie den Roman gelesen? FLoRian BRaM-
BÖCK: ich habe drei anläufe gebraucht!
Da wirst ja narrisch! sprachlich hat es mir
extrem gut gefallen, aber diese Hinhalte-
taktik hat mich verrückt gemacht.
Warum haben Sie dann überhaupt dieses Buch ausgewählt? ich wollte nach „Hofers
nacht“ [die erste oper von Florian Bram-
böck, nach einem Libretto von alois schöpf,
anm.] gleich wieder eine oper schreiben
und habe Doris Happl, die am Landes-
theater als Regisseurin arbeitet und eine
erfahrene Dramaturgin ist, gefragt, ob sie
das Libretto schreibt. Unseren ursprüng-
lichen Plan, „Die drei saligen“ als stoff zu
verwenden, haben wir aufgegeben, weil
es ihr zu kitschig war. stattdessen hat sie
ihr Lieblingsbuch, „Der dritte Polizist“ von
Flann o’Brien, vorgeschlagen. Dass man
daraus ein Libretto machen kann, konnte
ich mir zwar anfangs nicht vorstellen, aber
sie hat das sehr gut hinbekommen. in der
oper geht es jetzt ziemlich flugs dahin. Es
ist alles aufs Wesentliche konzentriert, auf
einen durchgehenden Handlungsfaden.
Flann O’Brien ist immer noch ein Geheim-tipp. Können Sie uns erzählen, worum es im „Dritten Polizisten“ geht? Es geht um
einen Mord und seine aufklärung – wobei
das gegen Ende ja eigentlich nicht mehr
stimmt –, das Ganze vermixt mit skurrilen
ideen. Die oper ist sehr verdichtet und
unterhaltsam.
Bei „Hofers Nacht“ haben Sie historische Texte – Briefe, Protokolle und Ähnliches – vertont. Diesmal handelt es sich um einen Prosatext. Worauf kommt es bei einer musikalischen Umsetzung solcher Texte an? Man muss die sprachmelodie
herausfinden, was aber nicht schwierig
ist. Die schwierigkeit ist eher, der Melodie
Zeit zu geben, weil sonst die Hörer schnell
müde werden, und eine Fasslichkeit zu fin-
den, damit die sänger es sich auch merken
können.
Bei der arbeit am „Dritten Polizisten“ ha-
ben wir bemerkt, dass es im Libretto zwei
Von Fahrrädern, Mördern und PolizistenAm 6. Mai wurde in den Innsbrucker Kammerspielen die Oper „Der dritte Polizist“ von Florian Bramböck (Musik) und Doris Happl (Libretto) nach dem gleichnamigen Roman von Flann O’Brien uraufgeführt. Der Komponist sprach mit der SAISON über das so seltsame wie komische Werk.
Da s IntervIew führte es ther PIrchner .
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Komponist Florian Bramböck mit Fahrrad – oder umgekehrt.
47
szenen zu wenig gab und haben sie noch
ergänzt. Eine davon ist eine arie, die ser-
geant Fox im Gefängnis singt, da haben wir
ihn de selbys Theorie von den Fahrrädern
singen lassen.
Man braucht zwischendurch arien,
etwas, in dem die Musik im Vordergrund
steht, sonst wird es langweilig. in der Mord-
nacht gibt es zum Beispiel eine gemeinsame
szene, die sich sehr gut dafür geeignet hat.
Die Romanvorlage zieht viele ihrer Qua-litäten aus dem schrägen Humor Flann O’Briens. Muss man dazu eine lustige Musik schreiben? Mich hat vor allem in-
teressiert, die Doppelbödigkeit des stoff s
umzusetzen – etwas, was zum Beispiel
Benjamin Britten in „Turn of the screw“
perfekt gemacht hat. ich war auch bei
„Jenúfa“, der Janáček-oper, die derzeit
am Tiroler Landestheater läuft, überrascht,
dass viele tragische szenen in Dur gesetzt
sind. Durch diesen Gegensatz wird das
Tragische oft sogar noch verstärkt.
Können Sie uns dazu Beispiele aus dem „Dritten Polizisten“ nennen? Ja, wenn die
Hauptfi gur, Joe Mulrooney, in das Haus
geht, das später explodiert – eine bedroh-
liche situation –, oder wenn er gegen Ende
den Tischler nach dem Galgen fragt, den
dieser gerade zimmert, und feststellt, dass
der Galgen für ihn selbst bestimmt ist.
Nicht nur in diesen Szenen haben Sie die Musik verständlich angelegt. Gibt es auch Gassenhauer? ich glaube schon, zwei oder
drei, (singt:) „Und in dieser nacht/da schlug
unser Joe zu …“ Dieses Lied wird nach dem
Mord gesungen. Die Lieder, in denen die
Theorien von de selby erklärt werden, sind
recht fasslich. Dann gibt es ein Fahrradlied
mit Glocken (pfeift), das ist nett. Es kommt
jedes Mal vor, wenn ein Fahrrad auf die
Bühne kommt. Und dann gibt es ein Duett,
ein Tandemlied zwischen Joe Mulrooney
und sergeant Pluck, das ist fast wie das
Holzfäller-Lied von Monty Python.
Wie haben Sie das Orchester eingesetzt? Es wird hinter den akteuren auf der Bühne
sitzen, dadurch hört man von der instrumen-
talmusik mehr. Die Besetzung ist klein, alles
ist einfach besetzt: Holzbläser, drei Blech-
bläser, streicher, Klavier, schlagzeug. Für die
Gruselszenen haben wir ein Cembalo. Mehr
geht sich in den Kammerspielen nicht aus.
Hätten Sie lieber für ein größeres Orches-ter komponiert? ich hätte gerne mehr
streicher gehabt. in der einfachen Beset-
zung hört man, wenn die Bläser spielen,
die streicher nur mehr kraftvoll genug,
wenn man sie unisono spielen lässt. aber
ich möchte auf jeden Fall auch einmal
eine große oper schreiben. ich habe noch
nichts Bestimmtes geplant, aber das wird
sich sicher einmal ergeben.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie es in der Saison 2012/2013
„Wenn man etwas schreiben will, muss man
es einfach tun. Dann kann man immer noch ho� en, dass es jemand au� ührt.“
HUMORVOLLER „JOYCE“Der irische schriftsteller Flann o’Brien (1911–66) ist sozusagen die weniger ernst-hafte ausgabe von James Joyce. seine Romane, darunter „in schwimmen-zwei-Vögel“ und „Der dritte Polizist“, sind kom-plexe, verrückte Gebilde voller Witz und skurriler Einfälle. Berühmt sind auch seine satirischen Kolumnen für die „irish Times“.
DIE ATOMTHEORIE DE SELBYSim Roman „Der dritte Polizist“ beschäftigt sich die Hauptfi gur Joe mit den Theori-en des erfundenen Philosophen de selby. Dessen atomtheorie besagt, dass Gegen-stände, die fest aufeinanderschlagen, an den Kontaktfl ächen ihre atome tauschen, sodass nicht nur Hammer und amboss, sondern auch Mensch und Fahrrad (vor allem bei häufi gem Fahren auf holprigen Wegen) sich nach und nach zum jeweils anderen verwandeln: Der Mensch wird zum Fahrrad, das Fahrrad zum Menschen.
Erkennbar ist dies u. a. daran, dass sich Fahrräder gerne in der warmen stube auf-halten oder Menschen sich am Randstein anlehnen müssen, um nicht umzufallen. Um dem vorzubeugen, klauen die Polizis-ten im Roman vorzugsweise den eifrigsten Radfahrern regelmäßig die Fahrräder.
DER DRITTE POLIZISTEINE FAHRRADOPER VON FLORIAN BRAMBÖCKLibretto von Doris Happl nach Flann o’BrienMusikalische Leitung: Hansjörg sofkaRegie: Bettina MunzerVorstellungen: 10. und 18. Mai, 1., 10. und 22. Juni, 6. Juli 2012Tiroler Landestheater, Kammerspiele
www.landestheater.at
mit der neuen Leitung des Tiroler Lan-destheaters weitergehen wird. Mir wäre
wichtig, dass der neue intendant Johannes
Reitmeier jedes Jahr einen opernauftrag
an einen heimischen Komponisten vergibt.
Wobei ich gerne zugebe, dass ich mit zwei
Urauff ührungen bisher großzügig bedacht
worden bin. an der jetzigen oper hatten
wir allerdings ursprünglich ohne auftrag zu
arbeiten begonnen, sie wurde erst später
vom Landestheater übernommen.
Das zeigt, dass man, wenn man et-
was schreiben will, es einfach tun muss.
Dann kann man immer noch hoff en, dass
es jemand auff ührt.
Vielen Dank für das Gespräch. ×
49 SAISON
KOMMENTARE
Was verschenken Tourismusweltmeister?VON ALOIS SCHÖPF
Dörfer, wo es nichts gibt VON ERNS T MOLDEN
Alois Schöpf lebt als Journalist und Schriftsteller in Lans.
Ernst Molden, 44, lebt als Liedermacher und Schriftsteller in Wien. Für seine Alben und Bücher wurde er mehrfach ausgezeichnet. Demnächst erscheint seine neue Platte A SO A SCHEENA DOG (monkeymusic).
Der Nationalismus kann einem ganz schön das Hirn
verkleben, selbst wenn die Nation so klein und
harmlos ist wie die Tirolerische. Trotzdem reichte
das älplerische Überlegenheitsgefühl aus, dass ich
die einzige Sprache, die ich wirklich gebraucht
hätte, die italienische, niemals gelernt habe und im Übrigen
der Ansicht war, dass wir, die Deutschsprachigen, die größeren
Dichter und Denker haben als die „Walschen“, eine Arroganz, die
sich natürlich aus profunder und gottlob irgendwann behobener
Unbildung speiste.
Später dann, als wir auf Einladung eines Landeshaupt-
manns um einen Tisch herum saßen, um über die Tiroler Identität
nachzusinnen, und ein paar Häuser weiter die hohen Herren der
Landesbank davon zu träumen begannen, den Süden aufzurollen,
gerann das tirolerische Überlegenheitsgefühl zum Schlagwort,
nach dem EU-Beitritt mit den wunderbaren agrarischen Produk-
ten unseres Landes „der Feinkostladen Europas“ zu werden.
Inzwischen sind wieder Jahre ins Land gezogen und ich
darf als Leiter der Innsbrucker Promenadenkonzerte stolz ver-
melden, dass zum ersten Mal eine französische Militärmusik im
Innenhof der kaiserlichen Hofburg aufspielen wird und zwar die
Musique des Forces Aériennes de Bordeaux. Und genau darin
M ein letzter Artikel ist am Dorf, wie ich es liebe,
nicht ganz ungelesen vorübergegangen. Ein
Lokalpolitiker hat mir einen Brief geschrieben,
dass er den Text, in dem ich die Verbindung
unseres Dorfes mit dem Nachbarort via Skilift in Frage gestellt
habe, voll und ganz bejaht. Andere Bewohner, auch Freunde von
uns, haben indes den Kopf gewiegt. Einer von ihnen, den ich für
klug und sensibel halte, hat gesagt, er glaube auch, dass der Ski-
lift nicht wirklich etwas bringe, aber andererseits müsse man ja
„irgendwas“ machen. Das hab’ ich symptomatisch gefunden. Die
Angst vor dem Stillhalten, vor dem Rasten, weil einen ja irgendje-
mand oder irgendetwas überholen könnte, während man rastet,
und sei es die Zeit an sich. Etwas muss gemacht, gebaut, geplant,
irgendwohin muss fortgeschritten werden.
Das fi nde ich nicht. Bewegen muss der Mensch sich dann,
wenn er der Liebe folgt oder wenn er dem Schmerz weicht. An-
dernfalls ist das Verharren auch einmal eine super Option. Gerade
war ich im Burgenland, für Plattenaufnahmen. Das Dorf, in dem
sich in einer uralten Mühle das Studio befand, war ganz still.
Aber nicht fad. „In Dörfern, wo es nichts gibt, da bin ich gern
zuhaus“, singt der Nino aus Wien. Wenn die Arbeit vorbei war,
liegt das Problem. Es ist nämlich eine Gepfl o-
genheit, dass wir dem Dirigenten und dem Ma-
nager eines Orchesters nach dem Konzert ein
kleines Erinnerungsgeschenk überreichen. Das
kann ein Buch sein, was bei Franzosen aufgrund
der Sprache keinen Sinn ergibt. Oder eine CD?
Aber von welchem berühmten Tiroler Orchester? Es könnte aber
auch Wein sein. Einen solchen allerdings Leuten zu überreichen,
die aus dem Mekka der weltbesten Weine kommen, grenzt an
Verblendung.
Seit Monaten belästige ich meine Landsleute
daher mit der Frage: Was kann man Bordelai-
sen schenken? Na klar! Ein Schnapsl, das hört
man gleich einmal. Oder einen Speck! Auch
gut! Oder eine Kramsacher Prügeltorte! Oder
Edelsirups von Darbo! Oder Käse aus dem Zillertal, hergestellt aus
Heumilch! Denn so unerschöpfl ich die Köstlichkeiten sind, die
in Bordeaux erfunden wurden, der Käse wird seit Jahrhunderten
importiert. Sollen sie einmal den aus Tirol probieren!
Dennoch bleibt es als zwischensaisonale Meditation
höchst empfehlenswert: Wenn Sie sich einen Premier Cru de
Chateau Latour um 1.000 € nicht leisten wollen, trinken Sie ei-
nen Chateau Lynch Bages um 100 € und denken angesichts des
köstlichen Saftes an unser herrliches Landl. Bescheidenheit hat
nämlich noch selten geschadet. ×
gingen der Produzent und ich in unser Quartier
im Haus eines Weinbauern. Dort war es kalt, aber
die Bäuerin brachte uns unglaubliche Würste
und wies mit einer vagen Handbewegung auf
ein Dutzend Flaschen, aus denen wir trinken
durften, solange wir „a Kreizerl fi a jeds Ochtal“
machten. Ohne Alkoholiker zu sein, kann ich
diesem Leben etwas abgewinnen.
Wenn grad nicht gearbeitet wurde, blieb uns nichts außer
spazieren zu gehen. Durch eine struppige Vorfrühlingslandschaft
aus Ocker, Gelb und Braun mit winzigen hellgrünen Spitzen. Wenn
wo ein Hund bellte, war das ein Ereignis. Unser Winzer sagte uns,
dies sei eine vom Herrgott geliebte Gegend. „Mia hom ollas, olle
Baam und olle Viecha. Aussa Hirsch‘. Oba wer braucht an Hirsch?“
Wer eine solche gelassene Zuneigung zu
seiner ureigenen Landschaft bewahrt hat,
scheint stillzustehen, und er bewegt sich
doch. Die Arbeit des Landes färbte auf unsere
Arbeit im Studio ab. Die Lieder wurden ruhig,
karg und trotzdem auf eine Weise groß.
Einmal, am Sonntag, kriegte ich abends Gusto
auf Kekse. Ich stieg ins Auto und fuhr durch die hereinbrechende
Nacht auf der Suche nach einer Tankstelle, wo ich shoppen wollte.
Aber ich fand keine, wenigstens keine zum Konsumieren. Daheim
beim Winzer bissen der Produzent und ich jeder nachdenklich in
ein Stück Wurst. ×
„Seit Monaten belästige ich meine Landsleute daher mit der Frage: Was kann man Bordelaisen schenken?“
„Bewegen muss der Mensch sich dann, wenn er der Liebe folgt oder wenn er dem Schmerz weicht. Andernfalls ist das Verharren auch einmal eine super Option.“
© B
ÖH
ME
50 SAISON
NACHGEFRAGT
DREI SCHÖNE ORTE AUF DER WELT (AUSSERHALB TIROLS): Vancouver, Insel Rügen, Wachau
DER SCHÖNSTE WANDERWEG TIROLS: Adlerweg
DIE GRÖSSTEN TUGENDEN IM TOURISMUS: Pioniergeist (der leider nachlässt), Gastfreundschaft, das Tirolerische
DIE GRÖSSTEN SÜNDEN IM TOURISMUS: Mangelnde Kundengesinnung, Verbauung der Natur
DIE STÄRKEN DES TIROLER TOURISMUS: Winterkompetenz, Berge, Almen und Hütten
DIE SCHWÄCHEN DES TIROLER TOURISMUS: Servicequalität, wenig Innovationen
DIE BESTE WANDERBEGLEITUNG IST: Tiroler Berg(wander)führer
DIE BESTE IDEE DER LETZTEN FÜNF JAHRE: Wieder Barfußgehen und den Boden stärker fühlen mit Fivefi ngers
LETZTER URLAUB (WANN UND WO?): Gardasee – Mai 2011
ICH LERNE VON ... Anderen Menschen
ICH ENTSPANNE MICH BEIM ... Wandern, Laufen, Kajakfahren
DAS BESONDERE AN TIROL IST ... seine Vielfalt, Natur- und Kulturlandschaft
DEM SOMMERTOURISMUS FEHLT ... Die gleiche Willens- und Investitionskraft wie im Winter, eine gute
Vernetzung zwischen Berg und Tal/Ort, stärkeres Image für die Berg(wander)führer
DAS SOLLTE KEIN TIROL-BESUCHER VERPASSEN ... Gipfelerlebnis, am besten mit Sonnenaufgang und Bergfrühstück
FÜR DIE ZUKUNFT TIROLS WÜNSCHE ICH MIR: Mehr nachhaltig entwickeln vs. neidisch verhindern
1 5 FR AG EN A N . . .
Petra Wol� hardt
Petra Wol� hardt ist Geschäftsführerin von WanderHotels*Tirol.
Leopoldstraße 28, 6020 Innsbruck, T: + 43 512 578691, F: 573738, www.heuundstroh.comÖffnungszeiten: Mo - Fr: 9:00 - 18:00 Uhr, Sa: 9:00 - 13:00 Uhr
Erster Samstag im Monat: 09:00 - 17:00 Uhr
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