Post on 23-Oct-2019
MIETENDECKEL
Die Lompscher-Linke. Irre oder gerissen?
Veröffentlicht am 31.08.2019| Lesedauer: 12 Minuten
Von Don Alphonso
Quelle: Don Alphonso
Die Absprache hat es in sich: Eine Regelung zur Mietenabsenkung wird zum Lebensrisiko für
grüne Wohlhabende in den Innenbezirken. Vielleicht ist es nicht durchdacht – oder die Linke
hat den Grünen eine Falle gestellt.
Gehen Sie bitte nie von böser Absicht aus, wenn es auch einfache Inkompetenz sein
kann , sagte Frank Schirrmacher öfters, wenn etwas bei der FAZ nicht funktionierte, aber
ziemlich oft war es dann doch ein Hinterhalt: Manche schreiben die nettesten, freundlichsten
Beiträge der Welt und verhalten sich, wenn es um persönliche Vorteile geht, so mies, wie es
eben nur sein kann. Als höflichster Mensch der Welt bin ich da zum Glück moralisch
haushoch überlegen: Ich gehöre zu den Gewinnern der Klassengesellschaft, ich denke gar
nicht daran, freundliche Artikel über eine angebliche Gerechtigkeit zu schreiben, die mich
infrage stellen würde. Mir ist dieses Falsche und Verlogene weltenfern, und daher glaube ich
zuerst einmal tatsächlich oft an reine Inkompetenz, wenn etwas daneben geht. So war das
auch gestern, als sich das Bündnis aus SED, früherer Teilpartei der SED und deren grüne
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Ergänzung in Berlin auf einen Mietendeckel einigten.
In dessen Konzept ist eine Regelung, bei der ich zuerst den Eindruck hatte, da hätten die
Beteiligten einfach nicht nachgedacht. Oder besser gesagt, sie hätten nur an notleidende
Mieter gedacht, und nicht an die Reaktionen der Vermieter. Nach dieser Regelung können
sich Mieter an das Bezirksamt wenden, wenn die Miete bei mehr als 30 Prozent ihres
verfügbaren Einkommens liegt. Das Bezirksamt greift dann in den bestehenden Mietvertrag
ein und senkt die Miete auf berlinweit einheitliche, von Ausstattung und Alter der Wohnung
abhängige Preise. Das klingt in der Theorie erst einmal nach einer simplen, realsozialistischen
Lösung, mit der der Staat dem Mieter hilft, seine Privatinteressen gegen den Vermieter
durchzusetzen. Sollte der Vermieter dadurch in eine existenzbedrohende Lage kommen,
könnte er wiederum an die Stadt ein Hilfegesuch stellen. Ich habe die Tweets der vom
Müllhaufen der Geschichte gekrochenen SED-Kader gelesen: Ich glaube einfach nicht, dass
Bezirksämter unter solchen Herrschern bereitwillig jenen, die als Miethaie diffamiert werden,
schnell und bereitwillig helfen, vielleicht sogar mit staatlichen Zuschüssen. Meines Erachtens
sind das die Anträge, bei denen man sich alle Zeit der Welt lässt, einen dauerkranken
Sachbearbeiter ohne Deutsch- und Jurakenntnisse dran setzt, der einem allenfalls den
Klageweg offen lässt und den auch erst dann, wenn man schon pleite gegangen ist oder
aufgegeben hat. Aber das nur am Rande.
Der eigentlich interessante Punkt ist, dass es überhaupt die Möglichkeit zur Absenkung gibt.
Als Vermieter muss ich keine Sekunde nachdenken, wie ich auf diese Option reagieren würde:
Ich würde mir bei Neuvermietung Leute heraussuchen, bei denen ich bombensicher davon
ausgehen kann, dass sie ausreichend und sicher Geld bekommen. Berlinbesucher, die nur fünf
Tage im Monat da sind. Beamte. Reiche Rentner. Ärzte. Anwälte. Festangestellte
Zensurverwaltungsschergen des deutschen Zwangsgebührensystems. Die Creme der
nationalen Meinungslenkungsindustrie aus Stiftungen und Lobbyvereinen. Studenten, deren
Eltern zahlen können. Betont Konservative, bei denen ich davon ausgehen kann, dass sie
nicht nach sechs Monaten die Gründung eines Batikladens ausprobieren. Und es würde mir
auch überhaupt nichts ausmachen, wenn ich ein, zwei Monate auf den besten Mieter warten
muss: Zwei Monatsmieten sind, wenn das Verhältnis fünf Jahre dauert, drei Prozent
Einnahmeverluste. Wenn dagegen ein Mieter die Miete von 12 auf sechs Euro pro
Quadratmeter drücken kann, verliere ich die Hälfte. Es wird also einen Kampf um Mieter mit
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höchster Bonität und geringem Berufsrisiko geben, die zuverlässig zahlen können.
Auf der Strecke bleiben da die meisten Leute, die ich in Berlin kennengelernt habe, und die
alle zum grünen Dunstkreis gehören. Nicht alle sind arm, aber fast alle hatten schwankende,
verfügbare Einkommen. Ein gut verdienender Coder bekam irgendwann eine Künstlerin als
Freundin und dazu noch ein Kind eines anderen Mannes, der nicht zahlte: Da geht es dahin,
das verfügbare Haushaltseinkommen. Etliche Leute sind immer wieder auf unbezahlten
Rechnungen sitzen geblieben, weil es höchst erfindungsreiche Ausreden der Auftraggeber
gab, oder sie gingen einfach pleite. Die Gründer von Sobooks hatten fantastische
Bewertungen ihrer Firma im Kopf und scheiterten komplett. Es gibt Autoren, die Analysen
schreiben, die gar nicht gefragt wurden, und Werber, die tönten, sie würden alle reich
machen: Die von ihnen abhängigen Blogger kamen dadurch nie auf einen finanziell grünen
Zweig. Da sind die Bücherschreiber, die sich zwischen den eher kargen Vorschüssen irgendwie
durchschlagen. Es gibt freie Mitarbeiter des RBB, die Zwangspausen einlegen müssen, es gibt
gescheiterte Plattformen, und es gibt Zusammenschlüsse von Startups, bei denen schnell mal
ein paar hundert Leute ihre Arbeit verlieren: Jeden einzelnen von denen will man auf keinen
Fall als Mieter haben, wenn dessen verfügbares Einkommen schwankt, und er problemlos in
der Wohnung bleiben kann, weil man als Vermieter selbst draufzahlt.
Es gibt Härtefälle wie Alleinerziehende, die schnell von Kündigung bedroht sind. Manche
Berufe sind jahreszeitenabhängig, speziell in der Tourismusbranche. Es gibt Glückssucher, die
mit einem Arbeitsvertrag anreisen, und den bald wieder verlieren. Dazu kommen noch Leute,
die in den sog. Freiräumen der Stadt wenig verdienen, was offiziell in Erscheinung treten
würde, und weitaus mehr, das einfach eingestrichen wird: Jeder Drogendealer im Görli kann
erzählen, wie das geht. Es gibt Leute, die einfach Pech und ein schlechtes Schicksal haben.
Und andere, die unter solchen Voraussetzungen ihren Steuerberater beauftragen, mit
Verlusten und Zweckgesellschaften so zu hantieren, dass ihr Einkommen erst mal angenehm
niedrig ist – dazu sind die Gestaltungsmöglichkeiten schließlich da. Als Vermieter muss man
mit dem leben, was Bezirksämter glauben, und die Zahl derer, die diesen Ämtern über den
Weg trauen oder sie gar für kompetent halten, ist aus guten Gründen überschaubar. Die
inkompetenteste Verwaltung nördlich von Mogadischu soll nach Willen von Bündnis SED/Die
Grünen erkennen, ob Mieter für den eigenen Vorteil tricksen, und das effektiv dauerhaft
überprüfen.
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Das ganze erinnert an Trumps Versprechen, eine Mauer zu Mexiko zu bauen und die
Mexikaner zahlen zu lassen, und so ein privater, risikoreicher Trump der Mietensenkung
kann nun jeder sein. Was mir bei der Sache nicht in den Kopf ging, ist die ungleiche
Risikoverteilung. Große Vermieter haben das passende Personal, um Mieter zu überprüfen.
Sie haben Juristen und den langen Atem, solche Fälle juristisch anzugehen. Den
Kleinvermieter dagegen kostet jedes Gespräch mit einem Anwalt Geld, er muss den ganzen
Ärger selbst ausbaden, er muss sich mit dem Amt herumschlagen, und ist als Einzelkämpfer
im juristischen Neuland in einer denkbar schlechten Position. Er muss tatsächlich zum
gewissenlosen Miethai werden, um den besten Mieter zu bekommen, und Miethai bleiben,
wenn er an sein Geld kommen will – und das alles vor dem Hintergrund, dass Einzelkämpfer
nur begrenzte Mittel und Nerven bei der typischen Nebenerwerbsvermietung haben. Es ist
ungerecht. Versteht da in Berlin niemand, was man den Betroffenen antut, dachte ich mir,
und stieg aufs Rad. Auf dem Rad ist mir dann eingefallen, als ich durch unser eigenes, den
Grünen zugetanes Weißkittelviertel radelte: Vielleicht ist es auch Absicht der Linken, um den
Grünen gezielt zu schaden. Denn im Weißkittelviertel beim Krankenhaus und Golfplatz leben
die anderen Grünen. Nicht die armen Grünen, die vor dem Späti mit dem Bier in der Hand
von einer Welt ohne Grenzen träumen. Sondern die Grünen, die vehement für
Windenergieanlagen sind, weil sie darin investiert haben, und nach der Solarkrise, an der sie
auch beteiligt waren, nicht schon wieder halbsauer erarbeitete Krankenkassenhonorare
verlieren möchten. Sie wurden früher grün, weil sie dem liberalen Großbürgertum
angehörten, sie wurden in den letzten Jahrzehnten reicher, und sie blieben grün, weil es heute
den Anschein verleiht, auf der moralisch richtigen Seite zu stehen. Tesla-Grüne.
Energieeinspeisungsgrüne. Sanfte Tourismusgrüne.
Das ist eine andere Klasse, und die Kinder dieser Klasse sind oft genug nach Berlin
ausgeflogen. Das sind auch jene Kinder, die mit der Miete immer etwas gefremdelt haben,
weil sie das gar nicht kannten, und frühzeitig in der Gentrifizierung in den angesagten
Vierteln kauften. Bergmannstraßengrüne. Kollwitzplatzgrüne. Grüne, die nicht mehr „Berlin,
du kannst so schön hässlich sein“ von Peter Fox auf dessen 2008er Platte „Stadtaffe“ hörten,
sondern vom gleichen Tonträger „Haus am See“, mit all den schönen Versprechungen eines
langen, guten Lebens. 2008 begannen die goldenen Zeiten, die Immobilien waren noch leicht
verfügbar, sehr billig, die Kreditzinsen sanken während der Eurokrise auf Rekordniveau, und
aus dem früher angesagten LSD-Viertel und der Kastanienallee wurden neubürgerliche
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Bestlagen für jene, die sich sagten, oder denen von den Eltern gesagt wurde: Warum nicht
kaufen, wenn man ohnehin mittelfristig bleibt. Jeder konnte damals sehen, wie die Mieten
anzogen, jeder mit der Erfahrung reicher Eltern im Hintergrund wusste: Das ist jetzt der
Moment, da man sich umorientieren und etwas beständiger werden muss. Berlin machte es
der neuen, reichen, grünen Generation leicht: Es gibt dank der dort lebenden Kaste sichere
Einkommen aus Zwangsabgaben, und sie mussten keine Häuser bauen, wie ihre Eltern: Sie
mussten nur mal eben zum Notar und die Wohnung kaufen. Nur 15 Prozent der Berliner
wohnen in der eigenen Immobilie, aber die meisten Kinder vermögender, westdeutscher
Eltern, die ich so kenne, tun das auch: Nicht umsonst gab es in den letzten Jahren immer
wieder Kampagnen, diese Berliner Creme mit höheren Erbschaftssteuern abzuschöpfen.
Am Ende der Straße liegt ein Haus am See (https://www.youtube.com
/watch?v=gMqIuAJ92tM), sang Peter Fox 2008, und für diese liberalen Luxusgrünen ist es
seit zwei, drei Jahren so weit: Die Stadt ist langweilig, die Zinsen sind immer noch niedrig,
und unter der normalen Marktwirtschaft wäre man dumm, wenn man das weiter niedrige
Zinsniveau nicht nutzen würde. Der Klassiker ist der kreditfinanzierte Kauf einer Immobilie
in Brandenburg, die etwas restauriert werden muss, und unter den bisherigen Bedingungen
liegen die Zinsen weit unter dem, was eine zu aktuellen Marktpreisen vermietete
Eigentumswohnung in Berlin einbringt. Gleichzeitig war diese Wohnung auch eine ideale
Sicherheit mit Garantie, dass ihr Wert steigen würde, egal ob man an einen See oder mal für
ein paar Jahre nach Brüssel oder New York ging. In einem Markt mit steigenden Preisen
machen Immobilien nicht unflexibel. Sie erlauben Freiheiten, die man sonst nicht hätte, wie
etwa den Wohnungstausch ohne finanzielle Einbußen: Man mietet woanders das, was man
selbst vermieten kann. Und genau dieses Modell ist nun für private Kleinvermieter vorbei.
Denn der Mieter ist jetzt, finanziell betrachtet, ein hohes Sicherheitsrisiko, und zwar speziell
in jenen teuren Vierteln, in denen die Grünen Traumergebnisse einfahren. Beispielsweise bei
der Kreditvergabe: Gut vermietete Wohnungen kann man leicht mit Hypotheken belasten.
Wohnungen, in denen das mietende Paar glaubt, ökologisches Blockflötenschnitzen sei in
Gretazeiten die richtige Selbstverwirklichung anstelle des Webdesigns, sind dagegen mit der
Neuregelung Kostenfallen, bis das Blockflötengeschäft neue Erträge hereinspült. Nach
schlimmer trifft es jene, die auf Kredit noch eine Zweitwohnung für die Altersversorgung
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gekauft haben: Bei denen wird die Bank vermutlich eine Neubewertung vornehmen, wie das
nun mal üblich ist, wenn Mietmärkte absacken. Da kommen dann Nachschusspflichten auf
die Kreditnehmer zu und Risikoaufschläge bei den Zinsen. Ein Großkonzern kann so etwas
abfedern. Käufer von 2008 können im Notfall verkaufen und die bisherigen Gewinne
steuerfrei einstreichen. Aber die Spätkäufer von 2017 und 2018, die ihre Finanzierung auf
Kante genäht haben, werden das unternehmerische Risiko zu tragen haben, wie schon all die
AfA-Ost-Investoren der 90er-Jahre, denen man blühende Landschaften versprochen hatte.
Damals konnte man noch Steuern sparen, heute dagegen kann eine Neubewertung lediglich
richtig teuer werden. Und dabei bleibt es sicher nicht: Banken bewerten nicht nur einzelne
Wohnungen, sondern gleich ganze Märkte
Und je länger ich durch meine schöne, bayerische Heimat geradelt bin, desto
wahrscheinlicher erschien es mir, dass die Linke gar nicht so dumm und ignorant ist, dieses
Problem zu verkennen. Dieses Problem trifft im Osten der Stadt Westgentrifizierer, sei es als
Käufer, die keine guten Mieter finden, sei es als Mieter, die wegen ihrer Lebenslauflücken und
Unbeständigkeit keine Wohnung mehr finden werden. Die Absenkungsmöglichkeit der Miete
sät Zwietracht zwischen zwei grüne Kernwählergruppen in Berlin. Die reichen Luxusgrünen
mit Bioreiterhofurlaub in der Provence sitzen in Wohnungen, die schlagartig keine Freiheit
mehr garantieren, und Risiken mit sich bringen, weil eine Abwertung droht.
Die armen Durchwurschtelgrünen werden als Mieter extrem unattraktiv und werden aus den
schicken Bezirken verdrängt, weil bei ihnen die Risiken der Mietminderung und die im
Zweifelsfall verlorenen Summen in guten Lagen am höchsten sind. Der Konflikt zwischen
denen, die rechtzeitig gekauft haben, und jenen, die 100 Prozent Erbschaftssteuer,
Vermögenssteuer und Enteignung fordern, schwelt schon länger. Jetzt werfen die
Vulgärsozialisten eine Ladung Schlagringe in den bislang mit Worten ausgetragenen Konflikt,
und beide Seiten werden und müssen, wenn sie jeweils ihre Privilegien behalten wollen, ganz
hart zuschlagen. Ich gehöre zu jenen Vermietern, die sagen: Mir ist ein zufriedener Mieter,
der nicht den Maximalpreis zahlt, lieber als eine Nervensäge, die sich ausgebeutet fühlt und
überlegt, wie sie mir für die Miete ein Maximum an Ärger verschaffen kann. Das ist ein
System, von dem beide Seiten etwas haben, denn ich mache dann auch dem Mieter keinen
Ärger. Die Absenkungsmöglichkeit durch ein Bezirksamt, das über meine Finanzen
entscheidet, ändert das fundamental.
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Of course you realize: This. means. War. (https://www.youtube.com
/watch?v=aR1WKu4SLkg) Der Markt wird nicht außer Kraft gesetzt, seine Regeln verändern
sich nur, und solange mir die Freiheit bleibt, den Mieter zu nehmen, der mir behagt, werde
ich meine Regeln auch nachschärfen. Das ist in Bayern mit seinen relativ sicheren
Tarifarbeitsplätzen deutlich leichter als in Berlin. Dort sollten grüne Eigentümer lieber
schnell die Risiken berechnen, bevor neue Grausamkeiten im Kleingedruckten ihre Lage noch
mal verschlechtern. Und diejenigen, die denken, Leben sei nur im S-Bahn-Ring möglich,
werden sich bei unklaren Einkünften neu orientieren müssen. Wie sich das alles entwickelt,
wenn das R2G-Regime in Berlin nun auch noch die Macht in Brandenburg übernimmt, muss
man sehen: Ich wage aber die Vorhersage, dass man dort ähnliche Konzepte ausarbeiten wird.
Zufrieden wird keine Wählergruppe der Grünen sein können, und das sind gute Nachrichten
für die Linke von Frau Lompscher. Denn wenn auch dieser Deckel nichts ändern wird, wird
man speziell auf jene reichen Grünen in den teuren Lagen hinweisen, die auf handgemähte
Golfplätze Wert legen, aber nicht auf jenen sozialen Ausgleich, gegen den sie sich aus
nachvollziehbaren Gründen mit Händen und Füßen wehren werden.
Die großen, anonymen Gesellschaften kommen schon irgendwie durch. Aber die
zugewanderten Vermögensgrünen am Kollwitzplatz geben ein ideales Feindbild ab, wenn sie
sich jetzt aktiv gegen die sog. Gerechtigkeit wehren. Sie haben recht, man darf auf der linken
Seite nicht Trotzkis Fehler wiederholen, der Stalin sträflich unterschätzt hat, und nicht
Ulbrichts Taktiken, die gegen Honecker nicht fruchteten. Der rote Totalitarismus hat immer
gekämpft, bis nur eine Linie übrig blieb. Es geht schon längst nicht mehr um die Höhe von
Mieten, sondern um die Frage, ob überhaupt Geld mit Wohnungen verdient werden darf. Die
grüne Schicht der Neukäufer und Preisprofiteure ist nun mal vor Ort, um an ihnen ein
Exempel zu statuieren, und ihre eigene Partei hat sie gerade mit dem Mietendeckel verraten.
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