Post on 11-Aug-2019
Die positiven Effekte von Bewegung bei Diabetes Typ‐2
und Schutz der Füße bei sportlicher Belastung
Dr. Jan Ries, Sportwissenschaftler, Dozent für Gesundheit und GesundheitsförderungBGM & BGF
• Was unterscheidet den an Diabetes mellitus Erkrankten von anderen Sporttreibenden?
• Wirkung von Bewegung und Sport beim Diabetiker Typ‐2
• Diabetologische Gefährdungsbeurteilung –Eingruppierung in adäquate Bewegungs‐ und Sportangebote
• Haut‐ und Nagelpflege zur Vermeidung der Akquise von tinea pedis – athlete‘s foot
• Ergebnisse von in vivo‐ und in vitro‐ Studien
Gliederung
Definition Diabetes mellitus
• Diabetes mellitus (griech.) = honigsüßer Durchfluss• Bezeichnung für verschiedene Formen eines gestörten Glukosestoff‐
wechsels• Chronische Stoffwechselerkrankung
5 ‐ 8 % der Bevölkerung in Deutschland sind betroffen (in den letzten Jahren steigend!)
• Erhöhter Blutzuckerspiegel durch Insulinmangel oder eine vermin‐derte Insulinempfindlichkeit
• Chronisch verlaufend, bislang keine Heilung, jedoch gute Therapie‐chancen
Diabetes mellitus Typ 2
• mit ca. 90% der häufigste Typ• relativer Insulinmangel• Manifestation vorwiegend bei älteren, übergewichtigen Menschen
und zunehmend auch bei jüngeren und übergewichtigen Patienten • der Begriff „Altersdiabetes“ wird nicht mehr genutzt!
Gefahren bei Diabetes m.
Koma diabeticum• schwere lebensbedrohliche
Stoffwechselentgleisung mit sehr hohem Blutzucker (Hyperglykämie)
• Blutzucker > 300 – 700 ml/dl• Symptome:
– Kussmaulatmung – Aceton‐Geruch der
Atemluft– Verringerter Blutdruck
Hypoglykämischer Schock• Massive Unterzuckerung
(Hypoglykämie)• Blutzucker < 50 mg/dl• Symptome:
– Heißhunger– Unruhe/Zittern– Blasse Haut, kalt, schwitzig– Bewusstseinstrübung
11.06.2016 Health Network 5
Krankheitsbilder des Diabetes m.Makroangiopathie
• Arterielle Gefäßwand weist Arteriosklerose auf • Hypertonus • Herz: Koronare Herzkrankheit (KHK), Herzinfarkt• Gehirn: Schlaganfall (Apoplex)• Beingefäße: Periphere Arterielle Verschlusskrankheit (PAVK)
Quelle: Klare, 2014, Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz
Niere: Diabetische Nephropathie Niereninsuffizienz Dialyse
Auge: Diabetische Retinopathie Erblindung
Nerven: Sensibilitätsstörungen verminderte Reflexe
Extremitäten: Diabetischer Fuß und Ulcus
Weitere: Fettleber und Infektneigung
Krankheitsbilder des Diabetes m.Mikroangiopathie
Quelle: Klare, 2014, Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz
Diabetischer Fuß 1 von 2• Eine der häufigsten Folgeerkrankung eines langfristig überhöhten
Blutzuckerspeigels bei Diabetes• Jährlich in Deutschland etwa 40.000 Amputationen bei Menschen
mit Diabetes• Bei der Entstehung sind mehrere Faktoren relevant:
– Schädigungen der Nerven in Bein und/oder Fuß– Störungen im Blutfluss– Trockene, rissige Haut an Beinen und Füßen
Verletzungsanfälligkeit – Gestörte, schlecht koordinierte oder unphysiologische
Bewegungsabläufe können zudem zu Fehlbelastungen des Fußes führen = > Hornhautbildung und Druckstellen
• Bei geschädigten Nervenbahnen und ‐rezepto‐ren können Betroffene ggf. Schmerzen unter Umständen schlechter oder gar nicht wahrnehmen, so dass sie Wunden nicht rechtzeitig entdecken und versorgen
• Bei Diabetes können Wunden oft schlechter heilen, so dass sich banale Hautschäden durch Druckstellen, Risse, kleinste Verletzungen z.B. mit humanpathogenen Pilzerregern infizierenkönnen
• Wird dieser Prozess nicht kurzfristig aufge‐halten, so können Amputationen erforderlich werden
Diabetischer Fuß 2 von 2
Quelle: Klare, 2014, Gesundheitsverband Landkreis Konstanz
Behandlungsziele bei D.m.
1. Folgeerkrankungen des Diabetes vermeiden
2. Lebensqualität erhalten bzw. Verschlechterung vermeiden, durch:• normnahe Blutzuckerwerte • keine schweren Unterzuckerungen• günstige HbA1c‐Werte (Glykohämoglobin – „Langzeitblutzucker“
der letzten 8 – 12 Wochen)• optimale Blutfette• normalen Blutdruck• wünschenswertes Körpergewicht
Therapie bei D. m. Typ 1 und 2
Diabetes Typ 1• Insulinsubstitution• Gesunde, ausgewogene Kost• Kohlenhydratplanung: BE/KE• Körperliche Betätigung • Bei Übergewicht zusätzlich
Kalorienverminderung
Diabetes Typ 2• Gesunde, ausgewogene Kost• Körperliche Betätigung • Gewichtsreduktion bei
Übergewicht• Evtl. Unterstützung durch
Tabletteneinnahme und/oder Insulintherapie
Typ 2 Therapie‐ & Bewegungsziele
Therapieziel Typ 2 Abnahme Körperfett & Zunahme Skelettmuskulatur
Wirkung Bewegung:• Ausdauertraining senkt Blutzucker• Erhöhung fettfreier Körpermasse senkt Insulinresistenz• Muskulatur hat 24 Stunden/Tag einen höheren Grundumsatz als
Körperfett
Optimistisches Bewegungsziel: • 300 Min. pro Woche bei 60‐70 % VO2 max.,
z.B. tägliches Spazierengehen von 45 Min. (Aktion: 10.000 Schritte / Tag)
Die heterogene Gruppe der Diabetiker 1 von 2
gut eingestellte vs. schlecht eingestellte Diabetiker
mit oder ohne Bewegungs‐ bzw. Sporterfahrung
Die heterogene Gruppe der Diabetiker 2 von 2
mit oder ohne multiple Folge‐ bzw. BegleiterkrankungenAugenschäden (Retinopathie)Nervenschäden (Neuropathien)Periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK)Amputationen oder TeilamputationenDiabetisches Fußsyndrom ….
©Lemke©Lemke
©Lemke
Diabetisches Fußsyndrom
Amputation
Diabetische periphere arterielleVerschluss‐krankheit
Diabetologische Gefährdungs‐beurteilung durch ….
Bildquelle:http://www.dguv.de/medien/inhalt/praevention/bes_praevgr/arbeitsmedizin/documents/leit_betriebs_diabetis.pdf11.06.2016
Grundsätzlich: den behandelnden Arzt, die Arzthelferinnen, die Diätassistenten, den Diabetesberater
im Berufsleben: den ArbeitsmedizinerProblem der Diskriminierung, Individualprüfung
im Alltag: den Patienten und sein familiäres Umfeld
im Sport: den Übungsleiterden Sportpartner
„Kopfarbeit des Sportberaters“
• Anamnese
• Sportbiografie
• Zielsetzungen in Absprache mit Kunden / Patienten
• Abwägen der Risiken (Gefährdungsbeurteilung)
• Auswahl geeigneter Angebote
• Anbieter finden
http://www.natuerlich‐heilung.de/tl_files/Therapiefotos/anamnese.jpg
https://brightsblog.files.wordpress.com/2015/10/pro_contra.jpg
http://www.karl‐kindermann.de/webdesign/zielsetzung
Körperliche Veränderungen (Adaptionen) nach gezielter körperlicher Aktivität:• größere Lungenkapazität und gute Sauerstoffversorgung• schnellere Entspannung in Stresssituationen• Senkung Blutdruck, Blutfette und Blutzucker• Verbesserung von Haltungsschwächen / Vermeidung von Haltungsfehlern• Harmonisierung des Bewegungsablaufes• Senkung Körpergewicht• soziale Kontakte• Wohlgefühl
Bedeutung körperlicher Aktivität
GesundheitsorientierteFitness
Gesundheits‐orientierte Fitness
aerobe Ausdauer
Kraftausdauer und Muskelaufbau
Entspannungsfähigkeit optimale Beweglichkeit
Koordinationsfähigkeit
• Alltagsaktivität steigern Treppensteigen, Spazierengehen, Gartenarbeit, „eine Station früher Straßenbahn verlassen“, ….
• Aerobe Ausdauer steigern < 60% ‐ 70 % max. Herzfrequenz (HF)Herzfrequenzgesteuertes Training großer Muskelgruppen gegen geringen Widerstand, z.B. Walking, Radfahren, Schwimmen = zyklische Bewegungsformen
• KrafttrainingAngepasste Übungen, Blutdruckanstiege vermeiden
• Alle motorischen Grundeigenschaften fördernGeschicklichkeit, Schnellkraft, Reaktionsvermögen, Koordination, Beweglichkeit
Eckpunkte Bewegungsprogramm
Bewegung im Alltaghttp://deavita.com/gartengestaltung‐pflege/haus‐garten/gartnern‐fur‐anfanger.html
http://www.berlin.de/special/gesundheit‐und‐beauty/gesundheit/psychologie/2439551‐2260865‐grosseltern‐und‐enkel‐was‐fuer‐eine‐gute.html
http://www.paradisi.de/Beauty_und_Pflege/Hygiene/Putzen/
http://www.apotheken‐umschau.de/Sport/Schneeschippen‐Ungewohnte‐Belastung‐437105.htmlhttp://www.apotheken‐umschau.de/Arthrose‐Knie
http://www.chefkoch.de/magazin/artikel/3495,0/Chefkoch/Einkaufskorb‐Carrybag‐und‐andere‐Einkaufskoerbe.html
Bewegung durch Sport
Bildquellen: 1)http://forellencamp.com/radfahren/, 2) www.fotocommunity.de/pc/pc/display/18179584 , 3) http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/17921495, 4) https://de.wiktionary.org/wiki/Handball, 5) http://chartstuermer.blogspot.de/2004_10_01_archive.html, 6) https://wellnessforthesoul.wordpress.com/, 7) http://www.badische‐zeitung.de/ringsheim/schueler‐laufen‐runde‐um‐runde‐fuer‐afrika‐‐17082415.html, 8) http://www.aikido‐yoshinkan.hr/clanci
Physische / psychische Beanspruchung durch Arbeit
http://www.arbeitstipps.de/der‐steh‐sitz‐arbeitsplatz‐gegen‐fehlhaltungen.html#.Vp‐ar7X‐VyE
http://www.faz.net/aktuell/politik/thema/christine‐lieberknecht
http://www.hamburg.de/ausbildung‐stadt‐hamburg/3159860/ausbildung‐gaertner/
http://www.ws‐gussasphalt.de/strassenbau.html
http://schreibtische.info/gesundheit.html
http://www.apotheken‐umschau.de/Lungenkrebs
http://www.aktivshop.de/elektrisch‐hohenverstellbarer‐schreibtisch‐comfort
http://www.siegerland‐portal.de/userfiles/image/ri_eintraege/hegner/dachdecken_1.jpg
• Mehrzahl Typ 2 Diabetiker > 60 Jahre mit erhöhter Morbidität und weiteren Risikofaktoren
• fehlende Motivation
• intrinsischer Leistungsdruck
• negative Erfahrungen
• Angst vor Blamage beim Sport in der Gruppe
• Bewegungsprogramm überfordert Teilnehmer
• fehlende Wirksamkeits‐Erfahrung
Hindernisse für Lebensstiländerung
Umsetzungsempfehlungen
• vor Ausübung mit Arzt/ Diabetologen sprechen • Blutzuckerwerte engmaschig kontrollieren und ggf. Therapieanpassungen vornehmen
• individuell angepasster Trainingsplan und Trainingsregeln • 1.‐Hilfe‐Paket in Sportkleidung = Traubenzucker o.ä. • Umfeld informieren: Trainer, Kollegen, Lehrer, Familie• auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten• Belastungsintervalle von 30‐60 Min. 3‐4 mal wöchentlich
Herausfinden, was Spaß macht– und es tun!
Countdown vor dem Sport
Insulinversorgung reduzieren
Kohlenhydratzufuhr erhöhen
Flüssigkeit aufnehmen
Blutzucker messen
Evtl. Ketone messen
SOS‐Sportsetmitnehmen!
nach Thurm: Diabetes‐ und Sportfibel
Problem: Patienten mit diabetischem Fußsyndrom
• Hohe mykologische Eigen‐ und Fremdgefährdung• Hohes Infektionsrisiko• Teils oder komplett eingeschränkte Belastbarkeit der Füße
bedingen
Kreative Ansätze der Bewegungs‐ und Sportberatung Training der Arm‐, Schulter‐ und Rumpf‐ und
eingeschränkt auch Beinmuskulatur Cardio‐pulmonales Training Erhalt der Beweglichkeit / Koordination
bewirken
Erhalt der Mobilität sowie Lebens‐ und Bewegungsfreude Stabilisierung bzw. auch Optimierung medizinischer Parameter
http://www.caritas‐speyer.de/59401.asp?id=33832
http://www.hidoctor.ir/wp‐content/uploads/2013/11/Pilates.jpg
http://www.testberichte.de/p/bh‐fitness‐tests/electric‐mini‐bike‐yf612‐testbericht.html
Therapiebegleitende und präventive Maßnahmen bei / von Mykosen• Können die Haut‐ und / oder Nagelstruktur durch die Anwendung
von kosmetischen Pflegeprodukten in ihrem Wachstum gefördert und ihrer Struktur gestärkt werden?
• Welche kosmetischen Pflegeprodukte (in ihrer Gesamtzusammen‐setzung ‐ im Unterschied zu Einzelstoffen) sind geeignet, die Widerstandskraft ‐ besonders bei sportlich aktiven Menschen ‐beanspruchter Haut‐ und Nagelpartien zu schützen oder eine schnellere Regeneration herbei zu führen?
Studiendesign in vivo 2009 ‐ 2011
Studiendesign in vivo 2009 ‐ 2011 (“Profis”)
• n = 86 Langstrecken‐AthletInnen (LäuferInnen)• wöchentliche Trainings‐ und Wettkampfdistanz: ≥ 60 km• Studiendauer: 6 monatige Beobachtungsphase• Beobachtungsintervall: 6 Wochen• Prävalenz: 59,55% (n=53), interdigitalis und / oder Onychomykose
2 Studiengruppen [a)26 und b)27 Personen]a) topische Therapie und zusätzlich Sixtus Pflegeprodukte Nagelschutz Lösung Tag, Nagelschutz Creme Nacht
b) ausschließlich topische Therapie der erkrankten Areale
Ergebnis: a) harmonischeres Nagelwachstum, keine Transfektionauf andere Nagelplatten
b) Ausbreitung der Onychomykosen um 18,5%
Studiendesign in vivo 2009 ‐ 2011 (“Einsteiger”)
• n = 45 laufinteressierte „Neueinsteiger“ ( kein Diabetiker)• Alter: 19 – 46 Jahre• wöchentlicher Trainingsumfang: 10 – 40 km (progressive loading) • Studiendauer: 5 Monate• Zielsetzung: Absolvieren eines Halbmarathons • Betreuungsintervall: wöchentlich bis 14‐tägig• Prävalenz: 28,8% (n=13), interdigitalis und / oder Onychomykose• Pflegeintervall: täglich Nagelschutz Lösung Tag, Nagelschutz Creme
Nacht• Drop‐Out: 5 Personen• Finisher: 36 Personen über Halbmarathon• Abschlussuntersuchung: 8 der ursprünglich 13 Erkrankten plus
2 Neuinfektionen
Prüfung der pilzhemmenden Wirkung gegenüber den ausgewählten, für Mykosen signifikant relevanten, humanpathogenen Pilzerregern• Trichophyton rubrum• Candida albicans• Candida parabsilosis
Studiendesign in vitro 2014 ‐ 2015