Eisenbahnüberführung Fuhlsbüttler Strasse, Hamburg ... · Der Betriebsfestigkeitsnachweis ist...

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Ingenieurbüro Schülke und Wiesmann Stahlbrückenberechnung mit quad-Elementen Seite 1

Eisenbahnüberführung Fuhlsbüttler Strasse, Hamburg

- Stahlbrückenberechnung mit QUAD – Elementen -

Markus Dinstühler, Jörg Wiesmann Ingenieurbüro Schülke und Wiesmann, Dortmund

Zusammenfassung Die statische Berechnung einer Eisenbahnüberführung in Hamburg erfolgte unter Verwendung von Flächen und Stabwerkelementen und als reines Stabwerksystem. Dies ermöglichte eine vergleichsweise einfache Optimierung der Konstruktion, da sehr viele Nachweise am Gesamtsystem geführt werden konnten. Hierzu zählten auch die Betriebsfestigkeitsnachweise gemäß DS 804. Einige Grundlagen und die Erfahrungen der Verfasser bezüglich dieses Vorgehens werden im folgenden erläutert.

Vorgaben Im Zuge des Neubaus der S-Bahnlinie, die den Hamburger Flughafen an das bestehende Schnellbahnnetz der Stadt anbindet, soll zur Überbrückung der Fuhlsbüttler Strasse ein eingleisiger Überbau errichtet werden. Gemäß der Vorgaben des Amtsentwurfes ist der Überbau mit seiner Länge ca. 59,10m als einfelderiger Stabbogen auszuführen. Die beiden kreisförmigen Bögen mit einem Stich von etwa 9,50m sind als „spannungsreiche“ Stabbögen ausgeführt. Die Querschnittshöhe der Bögen variiert dabei von 1000mm im Scheitel zu etwa 2000mm am Kämpfer. Aufgrund der leicht gekrümmten Gleisführung ergibt sich eine Brückenbreite einschließlich Dienstwegen von ca. 7,78m.

Abbildung 1 Brückenlängsschnitt

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Amtsentwurf optimierter Querschnitt

Abbildung 2 Brückenquerschnitte

Die Verfasser wurden durch die ausführende Firma der Gesamtbaumassnahme mit der Erstellung der prüfbaren statischen Berechnung des Überbaus und mit den zugehörigen Stahlbauübersichtszeichnungen beauftragt. Da die Stahlkonstruktion seitens des AN als Abrechnungsauftrag an ein Stahlbauunternehmen weitervergeben worden war, dem AG gegenüber aber eine Pauschale vereinbart wurde, bestand ein großes Interesse an möglichen Gewichtseinsparungen in der Stahlkonstruktion Aus vorgenanntem Grund war die Stahltonnage gem. LV in der Angebotsphase durch eine überschlägliche statische Berechnung eines anderen Ingenieurbüros überprüft und verifiziert worden. Wir waren aber der Auffassung, dass durch eine Berechnung am Gesamtsystem etliche Reserven in der Brücke zu mobilisieren seien. Die sich daraus ergebende mögliche Gewichtsoptimierung war einer der wesentlichen Gründe und gleichzeitig Vorgabe für die Beauftragung.

Lösungsweg: möglichst realitätsnahe Erfassung aller Tragwirkungen Zur Vermeidung von Schnittstellen bei der Brückenberechnung und um das Gesamttragverhalten der Brücke möglichst gut zu erfassen –bei Beachtung der zuvor genannten Anforderungen – fiel der Entschluss, das Brückensystem als „Ganzes“ also inklusive orthotroper Platte abzubilden. Hierzu wurde eine Modellierung gewählt, die Stab- und Flächenelemente (beam und quad) kombinierte. Die Abbildung des Fahrbahnbleches als Scheibe/Platte erfasst auch die Quersteifigkeit der Fahrbahn (Fahrbahnblech als Steg, Längsträger als Flansche). Zudem berücksichtigt ein solches Modell die Längssteifigkeit der Brücke und die Verteilung der Bogenzugkräfte von der Einleitung an den Bogenfußpunkten bis in den gesamten Brückenquerschnitt in Feldmitte.

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Auf die Ermittlung von mitwirkenden Breiten gerade in der Phase der Optimierung (Variantenuntersuchungen) konnte außerdem verzichtet werden. Im Weiteren wurden alle Lasten als diskrete Lasten aufgebracht, die durch geeignete Überlagerung in jedem Punkt der Brücke maximale und minimale Schnittgrößen erzeugen und so für Spannungs- und Betriebsfestigkeitsnachweise weiter verwendet werden können. Zwischenzeitliche Überlegungen das gesamte Brückensystem mit Quad-Elementen abzubilden, mussten wir aus Zeitgründen und auch aufgrund zu langer Rechenzeiten zurückstellen. Die Möglichkeiten, die sich durch eine reine Flächenelement Formulierung bieten, werden im Laufe dieses Aufsatzes noch einmal gezeigt.

Abbildung 3 Brückensystem, mit und ohne Darstellung der Elementlage und -Abmessungen

Referenzobjekt: Nordbrücke Bundeskanzleramt Erfahrungen bei der Stahlbrückenberechnung mit Faltwerkselementen lagen schon vor der EÜ Fuhlsbüttler Strasse vor. Die Nordbrücke am Bundeskanzleramt Berlin – eine Vierendeel - Bogenbrücke mit Z-förmigem Querschnitt – ist seinerzeit als reines Faltwerksystem berechnet worden. Bei

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der Berechnung stieß man jedoch trotz einer eigentlich zu groben Modellierung an die Grenzen der verfügbaren Rechnerkapazitäten (1998). Grundlage für die Berechnung der Nordbrücke „auf Blechebene“ war die Tatsache, dass wegen der sehr komplexen Geometrie „normale“ Stabwerkmodelle keine befriedigenden Bemessungsergebnissen lieferten, sondern lediglich für überschlägliche Vergleichsrechungen hinreichend gute Werte ergaben.

Abbildung 4 Nordbrücke am Bundeskanzleramt Berlin, hier mit Sofistik visualisiert, die eigentliche statische Berechnung erfolgte mit dem eigenentwickelten Programmsystem BASTA des Ingenieurbüros für Bauwesen Prof. Polònyi und Partner, Köln

Untersuchung zur Anordnung von Blechen, Steifen, etc Aufgrund der gewünschten Optimierung des Brückeneigengewichtes erfolgten im Vorfeld der eigentlichen Berechnung Variantenuntersuchungen zum Querträgerabstand sowie zu Lage und Anzahl der Längssteifen. Unter Berücksichtigung der vorgegebenen

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Gleislage ergab sich eine Neuanordnung der Längssteifen. Um eine gleichmäßige Ausnutzung der Längssteifen zu gewährleisten rückten diese bei gleichbleibendem Querträgerabstand näher unter die Gleisachse. Auf Basis der Ergebnisse der Variantenuntersuchung entstand also letztlich folgendes FE-Modell: Die Abbildung des Deckbleches erfolgte mittels quad Elementen. An den Knoten dieser Elemente hängen exzentrisch angeschlossene beam-Elemente, die die Längsrippen und Querträger abbilden.

M 1 : 38XYZ

X * 0.502Y * 0.906Z * 0.962

Systemausschnitt Gruppe 0 2 3Querschnittskonturen der Stäbe

Abbildung 5 Orthotrope Platte mit eingehängten Längs- und Quersteifen

Die Längsträger werden ebenfalls aus Stabelementen erzeugt. Der leicht exzentrische Anschluss des Deckbleches wurde durch die exzentrische Lage des Stabquerschnitts berücksichtigt. Auch für die Bögen und Hänger erfolgte der Einsatz von Stabelementen, wobei die Voutung des Bogens durch die Staffelung der Querschnittshöhen realisiert wurde. Diese Wahl des FE-Systems ermöglichte einen guten Kompromiss zwischen Modellgenauigkeit und Beschränkung der Rechenzeit auf ein erträgliches Maß.

Überlegungen zum Betriebsfestigkeitsnachweis Der Betriebsfestigkeitsnachweis ist bei der Bemessung von Eisenbahnbrücken in vielen Fällen maßgebend. Um diesen Nachweis trotz der großen Zahl von Lastfällen und deren zugehörigen Schnittgrößen exakt führen zu können, wurde ein Betriebsfestigkeitsnachweis direkt innerhalb der Sofistik Umgebung angestrebt, obwohl die Sofistik–Programme für Betriebsfestigkeitsnachweise gemäß DS804 eigentlich keine eigenen Routinen vorsehen.

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Eine Datenbankabfrage mit @key und anschließender CADINP Berechnung der vorhandenen und zulässigen Spannungen ermöglichte aber trotzdem die gewünschte, genaue und zwecks Optimierung einfache zu wiederholende Berechnung.

Endgültig gewählte Struktur Im Vergleich zum Amtsentwurf wurden letztlich folgende Änderungen der Konstruktion vorgenommen:

- Neue Lage und Höhe der Längsrippen - verringerte Höhe der Querträger - geänderter Anschluss der Querträger an den Längsträger - Optimierung sämtlicher Blechstärken innerhalb der Vorgaben der DS 804

Lastannahmen, Lastfallüberlagerung gem. Lastbild UIC 71 Sämtliche Lasten wurden wie bereits erwähnt als diskrete Lasten in diskreten Laststellungen auf das Rechenmodell aufgebracht. Die ansonsten notwendige Auswertung von Einflußflächen entfiel somit, bedingte aber auch nach I. Ordnung eine recht große Anzahl von Lastfällen (~189). Hinzu kommen etliche Überlagerungslastfälle, weil sich die unterschiedlichen Schwingbeiwerte für die Spannungsermittlung der einzelnen Bauteile, wie Querträger, Längsrippen, Bogen erst innerhalb der maxima-Läufe in die Schnittgrössen einrechnen lassen. Um auch den Einfluss der variablen Gleislagen auf der Brücke zu erfassen und innerhalb dieser die verschiedenen Laststellungen, wurden die Einzellastfälle je Gleislage, (Lokstellung, Staffelung Verkehrsband, Fiehkräfte) zu je einer Einwirkung zusammengefasst und anschließend weiter überlagert.

Spannungen Erster und für die Tragfähigkeit der Brücke wichtigster Nachweis ist der allgemeine Spannungsnachweis für die verwendeten Profile und Bleche. Diese Nachweise erfolgten getrennt für die Lastfälle H, HZ, HS anhand von Schnittgrößen, in die, wie bereits zuvor erwähnt, die Schwingbeiwerte eingerechnet worden sind. Die Auswertung erfolgte in graphischer- und in tabellarischer Form. Wünschenswert wäre hier eine eindeutige und übersichtliche Ausgabe von maximalen Vergleichsspannungen auch in Flächenelementen (analog zu aqb bei Stäben).

Betriebsfestigkeitsnachweise Die Betriebsfestigkeitsnachweise erfolgten bauteilweise in ase-Modulen, die lediglich txa-Zeilen und cadinp-Berechnungen bzw. Datenbankabfragen enthalten und den folgenden Berechnungsablauf steuern: Zuerst erfolgt die Berechnung der maßgeblichen Spannungen an ausgewählten Querschnittspunkten: σ-(max/min) aus UIC und σ aus G Für die Stabquerschnitte wurden die Auswertungspunkte bereits in aqua mit qsp-Sätzen definiert. Bei quad-Elementen lagen die überlagerten Schnittgrößen direkt in den beim Betriebsfestigkeitsnachweis untersuchten Knoten vor. Aus den Schalenschnittgrößen in

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den Knoten wurden unter Berücksichtigung der Blechdicke die Spannungen σ-x und σ-y (Blech- Ober und – Unterseite) innerhalb der cadinp Eingabe berechnet. Die Betriebsfestigkeitsnachweise für Flächenelemente berücksichtigen somit auch zweiachsige Spannungszustände. Aus den Spannungen lässt sich dann unter Beachtung der verschiedenen Beiwerte die Schwingweite ermitteln und mit den in Variabelfeldern abgelegten zulässigen Spannungen vergleichen. Die Ausgaberoutine ermöglichte schließlich je nach Ausnutzungsgrad die Kurz- oder Langtext Ausgabe für die untersuchten Punkte. Für eine schnelle Übersicht könnte man bei entsprechendem Schreibzugriff auf die cdb den Verlauf des Betriebsfestigkeitsniveaus auch graphisch darstellen. Zur Zeit müssen noch die Textausgabe - Dateien kontrolliert werden. Ein wichtiger Punkt ist die Erfassung lokaler Schwächungen – z. B. an Freischnitten. Deren Effekte sind für die Gesamtstatik zu vernachlässigen. Lokal jedoch resultieren aus ihnen Spannungsspitzen, die die Schwingweite und somit das Sicherheitsniveau der Betriebsfestigkeitsnachweise erheblich beeinflussen. An den maßgeblichen Stellen, an denen sich im Profil Löcher befinden, wurden die normalen Querschnittskonturen nachträglich durch schubstarre aber flächenlose Querschnittselemente ersetzt (blec wurde durch lnah ersetzt). Zu diesem Zweck wurden etliche Querschnitte per Restart in aqua Läufen doppelt definiert. Die mit diesen Ersatzquerschnitten ermittelten Spannungen sind zwar nicht ganz richtig, aber auf der sicheren Seite. (Siehe DIN 18800, 3.81, Tabelle 2)

-prog ase urs:39 -e $ BF LängsTrägerseit nzei 66 nrst -1 form 0 rand 1txa Betriebsfestigkeitsnachweis der Längsträgertxalet#loopsize 1500

#DEFINE ausgabeschwelle=0.96let#endes 0 $ Stabanfang 0, Stabende 1let#dsig12 1.00 $ Spannungen bei Fahrbahn dürfen 12% erhöht werdenlet#phi 1.09 $ Schwingbeiwertlet#phi1 1.67*1.18*0.8 $ betriebsfestigkeitsrelevant 1let#phi2 1.00 $ betriebsfestigkeitsrelevant 2let#phi3 0.92 $ betriebsfestigkeitsrelevant 3

let#888 0;loop 77let#elem 10006+#888; loop 2#define pkt='LT01'#define kerbgruppe=KVII

#include auswertung#define pkt='LT02'#define kerbgruppe=KVI

#include auswertunglet#elem #elem+500 ; endloop

let#888 #888+1; endloopende

Abbildung 6 Muster Eingabe Betriebsfestigkeitsnachweis

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Da erhöhte Spannungen infolge von Lochschwächungen oft bemessungsentscheidend sein können, kann es bei Spannungsüberschreitungen infolge der zuvor genannten Modellierung lohnen, sich mit sehr feinen 3D Modellen ein genaueres Bild von dem tatsächlichen Spannungszuwachs infolge der Lochschwächungen zu machen. Dieses Verfahren fand im Bereich des Hängeranschlusses an den Hauptträger Anwendung, weil die Spannungen, die sich dort durch Modellierung der Löcher auf der Querschnittebene ergaben, zu weit auf der sicheren Seite lagen.

29.7

29.6

29.429.4

29.3

29.5

32.9

43.9

43.8

31.9

Abbildung 8 Spannungszuwachs qualitativ, im Hängerfreischnitt am Oberflansch des Längsträgers

Ingenieurbüro Schülke und Wiesmann * Am Zehnthof 149 * 44141 DortmundASE - ADVANCED SOLUTION ENGINE (V11.22-21) 19.12.02 Seite:

BETRIEBSFESTIGKEIT FÜR ELEMENT 50019 ORT 1 SPANNUNGSPUNKT 'BG01'

HINWEIS ZU ORT: 0 IST STABANFANG, 1 IST STABENDE

DER NACHWEIS ERFOLGT IM LANGFORMAT DA DIE AUSNUTZUNG GRÖSSER ALS 0.800 IST

VORWERTESCHWINGBEIWERT PHI = 1.09ERHÖHUNGSFAKTOREN FÜR DIE BETRIEBSFESTIGKEITPHI-1 = 1.58PHI-2 = 1.00PHI-3 = 0.92PHI-0=1X2X3 = 1.45

NACHWEIS NORMALSPANNUNGENSIGMA G = -64.65MAX SIG UIC = 6.49MIN SIG UIC = -33.60

SPANNUNGSVERHÄLTNIS KAPPAKAPPA = 0.59

SCHWINGWEITEDELTASIG-BE = 40.09

KERBFALL:KIX

ZULÄSSIGE SCHWINGWEITEZUL. D-SIG-BE = 49.00

NACHWEIS ALS QUOTIENTD-SIG-BE / ZUL.D-SIG-BE: 0.82

Abbildung 7 Musterausgabe Betriebsfestigkeitsnachweis

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Abbildung 9 FE Modell zur Spannungsermittlung am Hängeranschluß

Wenn sich in Zukunft tatsächlich die gesamte Brückengeometrie auf Blechebene beschreiben lässt - mit allen Freischnitten und Löchern (in sofimshb?) und die Systeme dann aus 200.000 Elementen bestehen, kann man auf diese Nebenrechungen verzichten. Durch die oben beschriebene sehr genaue Form des Betriebsfestigkeitsnachweises, der prinzipiell ohne großen Aufwand an jedem Punkt der Brücke geführt werden kann, wurde die stahlmengenoptimierte Berechnung des Brückenüberbaus erst ermöglicht. Der Betriebsfestigkeitsnachweis als Nachlauf zur eigentlichen Berechnung ist - sobald er programmiert ist - in etwa nur noch so aufwendig wie ein aqb-Nachlauf

Theorie II. Ordnung Der Nachweis der Bogenkonstruktion erforderte eine Berechnung nach II. Ordnung. Diese zeigte, dass die Konstruktion in Bogenebene aufgrund ihrer Bauhöhe hinreichende Steifigkeit besitzt. Zusätzlich wirken die Zugkräfte der Hänger auf den Bogen stabilisierend. Gegen ein Ausweichen aus der Ebene wird der Bogen durch die Einspannung am Kämpfer in die Endquerträger gehalten. Durch die Bogenquerträger, die eine vierendeelartige Versteifung der Bögen untereinander erreichen, entsteht zusätzliche Steifigkeit. Nicht zu unterschätzen ist aber auch hier wie schon in der Bogenebenen der günstige Einfluss der Hängerrückstellkräfte auf die Querstabiliät. Das dieser Einfluss nicht von jedem Stabwerks-Programm erfasst wird, haben wir in einer ca. 2-wöchigen Diskussion mit dem Prüfingenieur herausgearbeitet. Am Bogenfußpunkt ergab die Vergleichsrechnung des Prüfers nach II. Ordnung wesentlich

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höhere Einspannmomente um die z-Achse als unsere Berechnungen. Diese höheren Schnittkräfte führten zu Spannungsüberschreitungen. Nach langer Fehlersuche stellte sich heraus, dass das durchaus namhafte Stabwerksprogramm mit dem der Prüfer arbeitete, die Rückstellkräfe der Hänger nicht erfasst. Eine Überschlagsrechnung des Prüfers von Hand verifizierte dann unsere ase -Ergebnisse. Die eigentliche Berechnung nach II Ordnung umfaßte die Bestimmung der Verzweigungslast des Systems mit den zugehörigen Knickeigenformen, deren Skalierung zur Vorverformung und schließlich die Berechung am imperfekten Gesamtsystem nach II. Ordnung.

Abbildung 10 erste Eigenform unter Traglast

Beulen Der Nachweis der Beulsicherheit erfolgte mit den Schnittgrößen bzw. Spannungen nach II. Ordnung. Eine direkte Bestimmung der Beulsicherheit an der Gesamtkonstruktion war leider nicht durchführbar, da zum einen die gewählte quad Elementierung nicht fein genug war und zum anderen der Bogen als beulgefährdetes Bauteil nur als Stab vorlag. Aus der Konstruktion mußten also die betreffenden Beulfelder „von Hand“ herausgelöst werden. Die für diese Felder maßgeblichen Spannungen konnten in aqb mit einer anschließenden Datenbankabfrage bestimmt werden. Mit diesen Spannungen ist der Nachweis dann von Hand bzw. mit einem speziellen Beulprogramm geführt worden. An dieser Stelle zeigte sich, dass eine einfachere Einbindung bzw. Durchführung der Beulnachweise wünschenswert wäre. Denn bei den gewählten Stegdicken der Bögen zeigte es sich erst sehr spät, dass der Einbau einer Längssteife am Steg nötig war. Bei

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dem sehr hohen und schmalen Bogenquerschnitt bedeutete es erheblichen konstruktiven Aufwand, den Bogen mit Hängerschotten und Längssteifen zusammmenzuschweissen. Es wäre wohl für die Konstrukteure und die Werkstatt einfacher gewesen, dass Stegblech 4mm dicker zu machen, dafür ggf. den Flansch dünner und die daraus resultierenden 2t Mehrgewicht zu akzeptieren. Diese (Fertigungs-) Optimierung war aber in der Kürze der Bearbeitungszeit nicht mehr umzusetzen. Vielleicht gibt es als Zwischenschritt vor der feinen quad-Modellierung des Gesamtsystems ja eines Tages mal ein „Beulfeld-template“, bei dem man nur noch die Randspannungen eingeben (ggf. aus einer anderen cdb ausgelesen) und ein paar Beulfeldparameter festlegen muss (Geometrie, Steifenlage, ...). Im Hintergrund könnte dann ein ase-quad System mit Vorverformung nach II. Ordnung, wahlweise inklusive Plastifizierung, die Beulsicherheit nachweisen.

Möglichkeiten Durch die möglichst realitätsnahe Abbildung von Brückenstrukturen nicht nur durch Stab- sondern auch durch Flächenelemente ist eine genauere und somit wirtschaftlichere Bemessung möglich. Gerade im Brückenbau kommen oft Strukturen vor, die mit reinen Stabwerksystemen nur unzureichend beschrieben werden können. Durch die möglichst vollständige Modellierung der Baukonstruktion erhält der Ingenieur zudem ohne großen Aufwand recht genaue Kenntnis über die Beanspruchung der Konstruktion in beinahe jedem Punkt. Somit kann er dann weiterführende Nachweise (z. B. Betriebsfestigkeitsnachweise) ohne die sonst oft üblichen Vereinfachungen bzw. Zusammenfassungen durchführen. Dies gibt zusätzliche Sicherheit bei der Beurteilung der Tragfähigkeit und erschließt wie schon gesagt weiteres Optimierungspotential. Durch die Fortschritte im Bereich der Rechnerleistung ist inzwischen die Berechnung „auf Blechebene“ auch auf kleinen Desktoprechnern ohne weiteres möglich geworden. (Ohne dass wie noch vor einigen Jahren die „Kiste die ganze Nacht laufen muss“)

Ausblick In naher Zukunft, je nach System auch schon jetzt, ist die Beschreibung einer gesamten Brückenkonstruktion auf Blechebene (also mit quad-Elementen) möglich und praktisch durchführbar. Die DS 804 „denkt“ zwar noch auf anderen Wegen, ist aber prinzipiell mit einem solchen Vorgehen kompatibel. Bei den jüngsten Anfragen, die unser Büro für die technische Bearbeitung stählerner Eisenbahnbrücken erhielt, entstanden so nicht nur massenoptimierte Versionen der Amtsentwürfe sondern innerhalb kurzer Zeit auch „durchgerechnete“ Sondervorschläge, mit deutlichen Vorteilen hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Unterhalt der Stahlkonstruktion oder optimierten Bauabläufen. Die Umsetzung der Geometrievorgabe ist bei rechtwinkeligen Konstruktionen mittels cadinp einfach und variantenreich möglich, bei geometrisch komplexeren Punkten ist eine Generierung über sofimshb bzw. sofiplus möglich, auch wenn zumindest zur Zeit die nicht so einfache Zuordnung von Strukturpunkt und Strukturlinie zu FEM Punkt bzw. Knotenreihe hinderlich ist.

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Anstelle einer Vielzahl von Einzelnachweisen kann somit am Ende ein Nachweis am Gesamtsystem übrigbleiben. Der Ingenieur hat dann deutlich mehr Zeit für den eigentlichen Entwurf, die Konstruktion und Gestaltung eines Bauwerkes. So sinnvoll und hilfreich Richtzeichnungen und -Entwürfe sind, entsteht durch den oben beschriebenen Weg die Möglichkeit auf mindestens gleichem technischen Niveau die eingetretenen Brückenbaupfade zu verlassen, ohne das gewohnte Sicherheits- und Gebrauchstauglichkeitsniveau aufzugeben.

Abbildung 11 Fahrbahnkonstruktion aus quad, Bogen aus Stäben, 33448 Elemente, 1330 Sek. Rechenzeit für triangulisieren und lösen eines Lastfalls (P4, 1600 MHz)

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Fazit Mit dem beschrieben Berechnungsweg ist es gelungen, die Brückenkonstruktion des Überbaus Fuhlsbüttler Strasse mit einem Stahlgewicht von 225 t zu realisieren. Der Amtsentwurf bzw. die Entwurfstatik sahen 255t vor. Zwei wesentliche Beiträge dazu lagen in der möglichst realistischen Modellierung der Brücke mit Stab- und Flächenelementen und in der Einbindung der Betriebsfestigkeitsnachweise gemäß DS 804 in die Sofistik Umgebung. Die Vorteile, die sich in Zukunft durch eine reine Flächenelementmodellierung ergeben können sind ebenfalls deutlich geworden. Eine wesentliche Voraussetzung dafür sind leistungsfähige und offene FEM-Programme wie zum Beispiel die der Sofistik AG. :-)