Post on 17-Sep-2018
»Hauptsache Arbeit« | Seite 1
CHANCEN UND RISIKEN DER
ARBEIT 4.0
Dr. Martin Braun Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation, Stuttgart
Fachtag »Inklusion« der IHK und HWK | Stuttgart, 17. Nov. 2017
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 2
Die Vision der »Arbeit 4.0«1
Leistungsgewandelte im Arbeitsleben2
Agenda
»Inklusion 4.0« 3
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 3
Adaptive Roboter,Leichtbauroboter, Zweiarmroboter, Exoskelette
Produktionstechnische Methoden, Laser-Sintern,
3D-Druck
Datenbrillen und -handschuhe, körper-
nahe Geräte in der Arbeit
Digitale Technologien eröffnen neue Anwendungen
Robotik
IoT, CPS, MAS
Vernetzung von Maschinen und Produkten, Daten-erfassung in Echtzeit
Innovative Geschäfts-
modelleBig Data
Wearables
Additive Verfahren
Fotos: Fraunhofer
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 4
Die Vision: Sozio-ökonomische Herausforderungen durch »Industrie 4.0« bewältigen
Nach: acatech 2013
n Verbesserung der Ressourcenproduktivität und -effizienz in Wertschöpfungsnetzen
n Präventive und demografie-sensible Gestaltung von Arbeit
n Integration Leistungsgewandelter, Kom-pensation menschlicher Einschränkungen
n Erleichtertes Anlernen durch Assistenz-systeme und Vernetzung mit Kollegen
n Fokussierung auf Diagnose- und Überwachungsaufgaben sowie kreative, wertschöpfende Tätigkeiten mit erweiterten Handlungsspielräumen
n Verbesserung der Work-Life-Balance und der Weiterbildung durch flexible Arbeitsorganisation und Mobilität
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 5
Was ändert sich durch den Einsatz digitaler Technologien?
Digitale Technologien
Internetder Dinge
Smart Factory, Cyber-
physikalische Systeme (CPS)
CloudComputing
Daten sind überall
und zu jeder Zeit verfügbar
Big DataAnalytics
Datenauswertung zum besseren
Verständnis der Welt und des
Menschen
Schnittstellen-geräte
Virtual Reality, Wearables und Roboter bilden die Schnittstelle zum Menschen
KünstlicheIntelligenz
Maschinen denken
und lernen wie Menschen
Transformative Auswirkungen auf die Arbeit
Innovations-druck
Verkürzte Lebenszyklen, abnehmende
Kundenbindung, Preiszerfall
VernetzteOrganisations-
strukturen
Crowd Sourcing, Wertschöpfungs-
netzwerke, Projektarbeit
VUCA-Ökonomie
Fokus auf volatile Kunden-
bedürfnisse, verstärkte
Dienstleistungs-orientierung
»DigitalWorkplace«
Idealtypusdes zeit- und
ortsunab-hängigenArbeitens
Alleinstellung des Menschen
Einzigartige Fähigkeiten des
Menschen angesichts
Technisierung
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 6
Die Vision der »Arbeit 4.0«1
Leistungsgewandelte im Arbeitsleben2
Agenda
»Inklusion 4.0« 3
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 7
Leistungsgewandelte Mitarbeiter
< Als Leistungsgewandelte werden Mitarbeiter eines Betriebs mit Tätigkeitseinschränkungen aufgrund einer ärztlich attestierten irreversiblen Krankheit bezeichnet.
< Aufgrund der einschränkten Arbeitsfähigkeit sind Leistungsgewandelte zeitweise oder auf Dauer für bestimmte Anforderungen am bisherigen Arbeitsplatz nicht geeignet. Jedoch können sie ggf. an einem angepassten Arbeitsplatz die volle Leistung erbringen.
< In seltenen Fällen sind Behinderungen angeboren. Nur 4,7% der Schwerbehinderten sind dies von Geburt an. Über 95% der Behinderungen werden im Laufe des Lebens erworben, etwa 2,5% davon durch Unfälle.
< Bei 85% von ihnen sind Krankheiten die Ursache dafür. Fast die Hälfte davon sind Erkrankungen des Skelett-systems. Diese nehmen mit steigendem Alter zu.
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 8
Menschen mit Behinderung nach Altersklassen in Relation zur Gesamtbevölkerung der Stadt München, Stand 2011
1,60%
9,60%
19,80%
29,40%
7,40%
2,60%
6,40%
13,20%
20,70%
5,00%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%
15 bis 24 Jahre
25 bis 34 Jahre
35 bis 44 Jahre
45 bis 54 Jahre
55 bis 59 Jahre
60 bis 64 Jahre
Gesamt Behindertenquote Schwerbehindertenquote
3,80% 2,60%
1,60% 1,30%
1,50% 1,30%
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 9
Art der Leistungseinschränkung behinderter Mitarbeiter Betriebe in der Region Oberbayern, Angaben in Prozent, Stand 2010
Quelle: ZBFS 2011, SIM 2012
7,5
4,2
9,6
11,9
27,2
39,7
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45
Andere Behinderungsarten
Seelische Behinderung
Lernbehinderung
Gesitige Behinderung
Körperbehinderung
Psychische Behinderung
%
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 10
Die zehn am häufigsten ausgeübten Berufe am Beispiel der Beschäftigtenstatistik der Stadt München, Stand 2011
Quelle: Landeshauptstadt München 2012
0 5 10 15 20 25
Büroberufe, Kaufmännische Angestellte
Gesundheitsdienstberufe (ohne Ärzte und Apotheker)
Hilfsarbeitskräfte ohne nähere Tätigkeitsangabe
Reinigungs- und Entsorgungsberufe
Dienst-, Wachberufe
Publizistische Übersetzungs-, Bibliotheks- und verwandte …
Abgeordnete, administrativ entscheidende Berufstätige
Berufe des Nachrichtenverkehrs
Bank-, Bausparkassen-, Versicherungsfachleute
Köchinnen & KöcheOhne Schwerbehinderung
Mit Schwerbehinderung
Von den Beschäftigten üben % diesen Beruf aus …
%
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 11
Die Vision der »Arbeit 4.0«1
Leistungsgewandelte im Arbeitsleben2
Agenda
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»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 12
Eine Kernfrage der »Arbeit 4.0«: Maschine oder Mensch?
Anteil der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten, bei denen bereits heute mehr als 70 Prozent aller Tätigkeiten von Computern erledigt werden könnten.
Quelle: IAB, 2015
8 bis <13%
13 bis <15%
15 bis <17%
17 bis <21%
Anteil der substituierbaren Tätigkeiten in ausgewählten Berufsgruppen:
73%
Fertigungsberufe Fertigungs-technische Berufe
Soziale/kulturelleDienstleistungs-
berufe
64% 7%
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 13
Arbeit 4.0: Jobkiller oder Chance für Schwerbehinderte?
Chancen
< Ausgleich von Leistungsein-schränkungen durch indivi-dualisierte Assistenz z. B. Anleitung, Kontrolle
< Einfache, manuell-repetitive Tätigkeiten als potenzielles Einsatzgebiet für Schwerbe-hinderte nehmen zu
< Verbesserter Zugang in den ersten Arbeitsmarkt
Risiken
< Bisherige Aufträge an Inte-grationsbetriebe entfallen aufgrund weiterer Auto-matisierung
< Steigende Kompetenz-anforderungen durch Arbeit 4.0 überfordern Schwerbehinderte
< Anforderungen bzgl. Zeit/Kosten/ Qualität steigen auch an Inklusionsbetriebe
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 14
Lösungsansätze einer menschengerechten Gestaltung der »Arbeitswelt 4.0«
n Prävention von menschlicher Leistungswandlung:
n Prämisse: Präventive Vermeidung arbeitsbed. Erkrankungen und Unfälle
n Sichere Gestaltung von Arbeit
n Vermeidung dauerhaft einseitig belastender Arbeitsbedingungen
n Nachhaltige Arbeits- und Funktionsteilung von Mensch und Maschine
n Re-Integration von Leistungsgewandelten im Spannungsfeld von Anforderungen und Fähigkeiten:
n Zweckmäßige Beurteilung der Leistungspotenziale von Mensch und Maschine und angemessene Funktionsteilung
n Zuschnitt und Angebot inklusionsgerechter Aufgabenprofile
n Assistenzsysteme zur Kompensation von Leistungseinschränkungen
n Humanzentrierte, altersgerechte Gestaltung mit Schwerpunkten: Körperhaltung und -bewegung, Informationsverarbeitung, Mensch-Maschine-Schnittstelle, Komplexität, Assistenz, raum-zeitliche Struktur
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 15
Technik assistiert den Menschen
Leichtbauroboter (LBR) n Übernimmt Präzisionsarbeitenn Gemeinsamer Arbeitsraum mit den Menschen n Flexibel und multifunktional einsetzbarn Bedienung mehrerer LBR durch eine Person Quelle: Kuka
Kommissionier-/Pick-Roboter n Substitution hoch repetitiver Tätigkeitenn Pick-Automatisierung mit bis zu 1000 Picks pro Stunden Bilderkennung für einfaches Programmierenn Integration in vollautomatische Pickzelle
Exoskelett (Forschungs-Prototyp)n Unterstützung kraftbetonter Aufgaben zur Lastenhandhabungn Lastgewicht bis ca. 25 kgn Sensorik und Motorik für intuitive Steuerungn Derzeit als Prototyp verfügbar
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 16
Forschungsprojekt AQUIAS Arbeitsqualität durch individuell angepasste Arbeitsteilung zwischen Servicerobotern und schwer-/nichtbehinderten Produktionsmitarbeitern
AQUIAS wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unter der Fördernummer 01FA15061 gefördert.
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 17
n Leistungsvermögenn Selbstregulationn Resilienz
n Engagementn Teilhaben Sozialkompetenz
n Arbeitsteilungn Nachfrageorientierungn Ständige Verbesserung, Innovation
Gesundheit = Motivation = Flexibilität
Leistungs-gewandelte adäquat einsetzen
Barrieren und einseitige Arbeit
vermeiden
Technische Assistenz- u. Schutz-systeme einsetzen
n Fähigkeiten der Mitarbeiter erhal-ten u. entwickeln
Mitarbeiter leistungsbereit
halten
Gestaltung lernförderlicher Arbeit
Funktionsteilung von Mensch und Maschine nachhaltig gestalten
Fazit: Maschinen müssen den Menschen beim Aufbau von Ressourcen unterstützen – und nicht umgekehrt!
»Chancen und Risiken der Arbeit 4.0« | Seite 18
Kontakt
Dr. Martin BraunFraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAOHuman Factors Engineeringmartin.braun@iao.fraunhofer.deNobelstraße 12, 70569 Stuttgart