Fallvorstellung 1 - neuro.uni-luebeck.de · „lakunär“ 25% Makroangiopathisch,...

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Fallvorstellung 1

73jähriger Patient

wird von Feuerwehr in die Notaufnahme gebracht

Eintreffen um 10:56 Uhr

Fallvorstellung, 73jähriger Patient

09:30 Uhr beim Spaziergang mit dem Hund von Passanten beobachtete

Fallneigung nach links, Pat. selbst gibt Schwindel an

Rettungswagen alarmiert, während Transport nach Mölln zunehmende

Hemiparese links -> Weitertransport nach Lübeck

10:56 Uhr Notaufnahme UKSH Lübeck: Alarmierung Neurologie

VE: Arterielle Hypertonie Med.: Enalapril

- mittelgradige brachiofazial betonte Hemiparese links mit

- ausgeprägter Feinmotorikstörung der linken Hand und

- mittelgradiger Dysarthrie

- visueller und somatosensilber Hemineglect nach links

Verdachtsdiagnose?

Schlaganfall

Priv.-Doz. Dr. med. Georg Royl

Klinik für Neurologie

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck

02. Dezember 2013

Allgemeine klinische Definition des Schlaganfalls

Erkrankung des Gehirns mit plötzlichem Beginn von Beschwerden wie

plötzliche Halbseitenlähmung, hängender Mundwinkel, Taubheitsgefühl

plötzliche Sehstörung

plötzliche Sprachstörung, Verwirrtheit

plötzlicher Drehschwindel / Gleichgewichtsstörung

Meistens schmerzlos, nur in manchen Fällen Kopfschmerzen!

Schlaganfall: warum die Eile?

Time is brain!

abgestorbene Nervenzellen

pro Minute 2 Millionen

pro Stunde 120 Millionen

Saver JL, Stroke 2005

entspricht Alterung um

3 Wochen

4 Jahre

abgestorbene Nervenzellen

pro Minute 2 Millionen

pro Stunde 120 Millionen

entspricht Alterung um

3 Wochen

4 Jahre

Time is brain: warum erst ein CT?

Schlaganfall ist nicht gleich Schlaganfall !!!

Schlaganfall durch Blutung oder Schlaganfall durch Ischämie?

Hirnblutung 12%

(Ruptur) Ischämie

88% (Verschluss)

Gift für das eine = Therapie für das andere

Hirnblutung 15%

(Ruptur)

Ischämie 85%

(Verschluss)

Thrombolyse mit rt-PA

Reperfusion so schnell wie möglich

verschlimmert Hirnblutung

einzige bisher effektive Akuttherapie!!!

Hirnblutung oder Ischämie? Klinisch nicht zu unterscheiden!!!

z.B. Guy's hospital score Vernichtungskopschmerz und / oder schwere Bewusstseinsstörung -> keine ausreichende Differenzierung auch nicht mit 10 weiteren Variablen Sensitivität = 70% Spezifität = 64%

Scores bei Blutungen Scores bei Ischämien

vs.

STEMO= Stroke-Einsatzmobil in Erprobungsphase

Prof. Heinrich Audebert, Charité Berlin

Zukunftsvision: Computertomograph auf Rettungswagen

-> bei Ischämie: sofortige Lyse vor Ort

-> bei Hirnblutung: Transport in Neurochirurgie

Prof. Heinrich Audebert, Charité Berlin

Fallvorstellung, 73jähriger Patient

09:30 Uhr beim Spaziergang mit dem Hund von Passanten beobachtete

Fallneigung nach links, Pat. selbst gibt Schwindel an

Rettungswagen alarmiert, während Transport nach Mölln zunehmende

Hemiparese links -> Weitertransport nach Lübeck

10:56 Uhr Notaufnahme UKSH Lübeck: Alarmierung Neurologie

VE: Arterielle Hypertonie Med.: Enalapril

- mittelgradige brachiofazial betonte Hemiparese links mit

- ausgeprägter Feinmotorikstörung der linken Hand und

- mittelgradiger Dysarthrie

- visueller und somatosensilber Hemineglect nach links

Verdachtsdiagnose: Schlaganfall durch Ischämie oder Blutung

11:17 Uhr CCT

CCT akut 11:17 Uhr

Akute Ischämie, V.a. Verschluss der A. cerebri media

Thrombolyse

- keine Blutung

- Ausschluss von Kontraindikationen -> Lysebeginn um 11:30 Uhr

(systemische intravenöse Infusion)

- "door to needle" Zeit: 34min

- 0,9 mg rt-PA pro kg Körpergewicht, 10% als Bolus, den Rest über 1h

40min nach Lysebeginn: MR-Angiographie

MR-Angiographie: distale MCA rechts verschlossen

Diffusionsgewichtetes MRT = sensitivste frühe Bildgebung

sehr wenig FLAIR-Demarkierung = wenig infarziertes Gewebe

MR-Perfusion-Diffusion Mismatch: wieviel Gehirn ist noch bedroht

Time to Peak [s]

plötzliche Sehstörung und/oder

plötzlicher Drehschwindel / Gleichgewichtsstörung

weiterhin Verschluss der A. cerebri media: konventionelle Angiographie

ggf. Versuch der zusätzlichen mechanischen Rekanalisation

z.B. Stent Retriever

Digitale Subtraktionsangiographie: ACI rechts wieder offen

Digitale Subtraktionsangiographie: ACI rechts wieder offen

während Lyse (MRA) nach Lyse (DSA)

Digitale Subtraktionsangiographie: ACI rechts wieder offen

während Lyse (MRA) nach Lyse (DSA)

Fallvorstellung, 73jähriger Patient 09:30 Uhr beim Spaziergang mit dem Hund von Passanten beobachtete

Fallneigung nach links, Pat. selbst gibt Schwindel an

Rettungswagen alarmiert, während Transport nach Mölln zunehmende

Hemiparese links -> Weitertransport nach Lübeck

10:56 Uhr Notaufnahme UKSH Lübeck: Alarmierung Neurologie

VE: Arterielle Hypertonie Med.: Enalapril

- mittelgradige brachiofazial betonte Hemiparese links mit

- ausgeprägter Feinmotorikstörung der linken Hand und

- mittelgradiger Dysarthrie

- visueller und somatosensilber Hemineglect nach links

Verdachtsdiagnose: Schlaganfall durch Ischämie oder Blutung

11:17 Uhr CCT: dense-media-sign rechts, keine Blutung

11:30 Uhr systemische Lyse ("door to needle"-Zeit 34 min)

12:30 Uhr MRT mit MRA: relevantes tissue at risk bei MCA-Verschluss

-> Angiographie -> deutliche Besserung -> Kontroll-CCT nach 24h

Kontroll-CCT nach 24h: leichtgradige Hemiparese rechts, Hemineglect, Dysarthrie

Fallvorstellung 2

72jähriger Patient

wird von Feuerwehr in die Notaufnahme gebracht

Eintreffen um 18:29 Uhr

Fallvorstellung 2

17:20 Uhr zuletzt unauffällig gesehen ("last seen well")

17:30 Uhr von Ehefrau auf dem Boden liegend vorgefunden:

Schwäche der rechten Körperhälfte

undeutliches Sprechen

keine relevanten Vorerkrankungen

Fallvorstellung 2

17:20 Uhr zuletzt unauffällig gesehen ("last seen well")

17:30 Uhr von Ehefrau auf dem Boden liegend vorgefunden:

Schwäche der rechten Körperhälfte

undeutliches Sprechen

keine relevanten Vorerkrankungen

18:29 Uhr Eintreffen in Notaufnahme

Pflegepersonal: V.a. Schlaganfall -> Auslösung Stroke-Alarm

Untersuchungsbefund durch Neurologen:

hochgradige brachiofazial betonte Hemiparese rechts

mittelgradige Broca-betonte Aphasie

-> V.a. zerebrale Ischämie im Gebiet der A. cerebri media links

18:40 Uhr Durchführung CT

plötzliche Sehstörung und/oder

plötzlicher Drehschwindel / Gleichgewichtsstörung

plötzliche Sehstörung und/oder

plötzlicher Drehschwindel / Gleichgewichtsstörung

- kein Hinweis auf intrazerebrale Blutung

- Ausschluss von Kontraindikationen -> Lysebeginn um 18:50 Uhr

(systemische intravenöse Infusion)

- "door to needle" Zeit: 21min

- 0,9 mg rt-PA pro kg Körpergewicht, 10% als Bolus, den Rest über 1h

CT nativ: hyperdenses Mediazeichen links

plötzliche Sehstörung und/oder

plötzlicher Drehschwindel / Gleichgewichtsstörung

CT nativ: hyperdenses Mediazeichen links

CT-Angiographie: Verschluss der A. cerebri media links

plötzliche Sehstörung und/oder

plötzlicher Drehschwindel / Gleichgewichtsstörung

CT-Angiographie: Verschluss der A. cerebri media links

A. carotis interna rechts A. carotis interna links

A. carotis interna links

(vor mechanischer Rekanalisation)

A. carotis interna links

(nach mechanischer Rekanalisation)

Ergebnis der Rekanalisation

Versorgungsgebiet der A. cerebri media

demarkierter Infarkt (FLAIR-MRT)

Fallvorstellung 2: Zusammenfassung

Herr K., 72 Jahre

Akute zerebrale Ischämie im Gebiet der A. cerebri media links

17:20-17:30 Uhr plötzliche hochgradige Hemiparese rechts mit mittelgradiger Broca-Aphasie

18:29 Uhr Vorstellung in Notaufnahme mit Feuerwehr

18:40 Uhr CT

18:50 Uhr Beginn intravenöse Thrombolyse

bei CT-angiographisch bestätigtem Verschluss der A. cerebri media

Alarmierung des neuroradiologischen Rufdienstes

20:00 Uhr Beginn zerebrale Angiographie, mechanische Rekanalisation

danach Überwachung auf Stroke Unit

deutliche klinische Besserung: leichtgradige Feinmotorikstörung der rechten Hand

nach 5 Tagen Entlassung nach Hause

Ätiologie: am ehesten arterio-arterielle Embolie

erste Studien zur neuroradiologischen Akuttherapie

i.v.  

+   vs.  

i.v.  

unerwarteterweise: keine Überlegenheit der zusätzlichen Thrombektomie Kritik: - veraltete Devices (z.B. MERCI) - evtl. bypass von Patienten aus ethischen Gründen

breaking news: Oktober 2014, World Stroke Conference Istanbul

i.v.  

+   vs.  

i.v.  

mRS score endovascular (%) n=233

control (%) n=267

0 3 0 1 9 6 2 21 13 3 18 16 4 22 30 5 6 12 6 21 22

33% 19%

signifikant besseres outcome

Konsequenzen für die Akutversorgung

Fallvorstellung 3

76jährige Patientin Eintreffen um 10:30

Fallvorstellung 3

Frau H., 76 Jahre

morgens heftiger Drehschwindel und Übelkeit

Blickrichtungsnystagmus bds., Gangataxie

10:55 CT

CCT 1.12. 10:55

MRT 3.12. 8.50 Uhr

CCT 3.12. 16:05

CCT 4.12. 09:50

Fallvorstellung 3: Zusammenfassung

Frau H., 76 Jahre

morgens heftiger Drehschwindel und Übelkeit

Blickrichtungsnystagmus bds., Gangataxie

10:55 Kleinhirninfarkt

im Verlauf raumfordernd

Problem?

Raumfordernder Kleinhirninfarkt

Schwellung führt zu

1. Lokaler Kompression des Hirnstams

2. Transforaminaler oder transtentorieller Herniation

3. Hydrozephalus occlusus

Therapieoptionen?

Raumfordernder Kleinhirninfarkt

Schwellung führt zu

1. Lokaler Kompression des Hirnstams

2. Transforaminaler oder transtentorieller Herniation

3. Hydrozephalus occlusus

Therapieoptionen?

Subokzipitale dekompressive Kraniektomie

Externe Ventrikeldrainage

Antiödematöse Therapie (Mannit, Gycerolnitrat)

Epidemiologie des Schlaganfalls (Europa)

- dritthäufigste Todesursache - Inzidenz Frauen: 63-160 / 100.000 pro Jahr

Männer: 100-240 / 100.000 pro Jahr - 50% aller erstmaligen Schlaganfälle > 74. Lebensjahr - 30% der Patienten versterben innerhalb eines Jahres wichtigste Risikofaktoren: Arterielle Hypertonie

Diabetes mellitus Nikotinkonsum Hypercholesterinämie Vorhofflimmern

ausserdem: hormonelle Kontrazeptiva (Östrogenanteil), postmenopausaler Hormonersatz, Migräne, erniedrigtes HDL-Cholesterin, Gerinnungsstörungen, erhöhter Alkoholkonsum >60 g/d

Differentialätiologie des Schlaganfalls

Hämorrhagisch

Ischämisch 88%

Andere 5%

Kryptogen 30%

Kardiogen embolisch 20%

Mikroangiopathisch, „lakunär“

25%

Makroangiopathisch, arteriosklerotisch

20%

12%

Territorialinfarkte

maligner Mediainfarkt

hämodynamischer Infarkt (Makroangiopathie)

lakunärer Infarkt (Mikroangiopathie)

Primärprävention des ischämischen Schlaganfalls

1. Prävention der Arteriosklerose Screening auf und ggf. Therapie / strenge Einstellung von - Arterieller Hypertonie - Diabetes mellitus - Hypercholesterinämie

Verzicht auf Rauchen

Normalgewicht anstreben

mediterrane Diät

2. Vorhofflimmern = kardiale Emboliequelle bei Gefäßrisikopatienten

Antikoagulation je nach Gefäßrisiko (CHA2DS 2-VASc-Score)

Vorhofflimmern ab CHA2DS2Vasc Score >= 1 erhöhtes Risiko

Allgemeine klinische Definition des Schlaganfalls

Erkrankung des Gehirns mit plötzlichem Beginn von Beschwerden wie

plötzliche Halbseitenlähmung, hängender Mundwinkel, Taubheitsgefühl

plötzliche Sehstörung

plötzliche Sprachstörung, Verwirrtheit

plötzlicher Drehschwindel / Gleichgewichtsstörung

Meistens schmerzlos, nur in manchen Fällen Kopfschmerzen!

Transiente Ischämische Attacke: Definition

Definition bisher: = komplette Rückbildung der Schlaganfallsymptome in <24 Stunden pathophysiologisches Konzept = kein Infarkt, da Reperfusion aber 1/3 der TIA-Patienten hat Läsionen im cMRT, daher neue Empfehlung: = komplette Rücbildung der Schlaganfallsymptome in 60 min und kein Nachweis eines Infarktes -> TIA ist ein starker Prädiktor für einen Infarkt

Gorelick. J Med 2009; 2: 1-8 Albers et al. N Engl J Med 2002; 347: 1713-1716

Ovbiagele et al. Stroke 2003; 34: 919-924 Coull et al. BMJ 2004; 328; 326

Diagnostik

- Vitalzeichen: RR, Puls, Blutzucker, O2-Sättigung - BE: Elektrolyte, Kreatinin, Gerinnung, Blutbild, CRP, ggf. TSH, Cholesterin, HbA1c - zerebrale Bildgebung: CCT, ggf. cMRT, ggf. Digitale Subtraktionsangiographie - Duplexsonographie der hirnversorgenden Gefäße - Stroke-Unit Monitoring für 24-72h, regelmäßige Nachuntersuchungen - Schluckdiagnostik (Logopädie) - Langzeit-EKG - Transösophageale Echokardiographie ggf. LP, Vaskulitisdiagnostik, Gerinnungsdiagnostik

Konzept der akuten Thrombolysetherapie

Saver. Stroke 2006; 37: 263-266 González. Am J Neuroradiol 2006; 27: 728-735

Donnan. Lancet Neurol 2002; 1: 417-425

Ein unbehandelter Patient verliert ca. 1,9 Mio.

Nervenzellen pro Minute im unterversorgten Areal.

Eine Reperfusion bietet die Möglichkeit, das Ausmaß

der Ischämie zu reduzieren.

Infarkt-Kern (irreversibel geschädigt)

Penumbra (potenziell rett- bares Gewebe)

Outcome nach Lyse von Zeit abhängig!

Lees et al. Lancet 2010; 375: 1695-1703

≤ 90 min

90 min - 3 h

3 – 4,5 h

NNT=4 bis 5

NNT=9

NNT=14

mRS = modifizierte Rankin Skala

Outcome nach Lyse von Zeit abhängig!

Wahlgren et al. Lancet 2008; 372: 1303-1309 Lees et al. Lancet 2010; 375: 1695-1703

Numbers needed to treat (NNT), um einen zusätzlichen Patienten mit einem mRS von 0-1 zu erreichen

NNT 14

NNT 4 - 5

NNT 9

5

4

3

2

0

Odds ratio

95% Konfidenzintervall

60 90 120 150 360 330 300 270 240 210 180 Zeitfenster von Symptombeginn bis Therapie (min)

Diagnostik

- Vitalzeichen: RR, Puls, Blutzucker, O2-Sättigung - BE: Elektrolyte, Kreatinin, Gerinnung, Blutbild, CRP, ggf. TSH, Cholesterin, HbA1c - zerebrale Bildgebung: CCT, ggf. cMRT, ggf. Digitale Subtraktionsangiographie - Duplexsonographie der hirnversorgenden Gefäße - Stroke-Unit Monitoring für 24-72h, regelmäßige Nachuntersuchungen - Schluckdiagnostik (Logopädie) - Langzeit-EKG - Transösophageale Echokardiographie ggf. LP, Vaskulitisdiagnostik, Gerinnungsdiagnostik

ischämischer Hirninfarkt: weitere Therapie

- Thromboseprophylaxe - Korrektur Hypovolämie - BZ-Einstellung - Korrektur von Elektrolytstörungen - Korrektur erhöhter Körpertemperatur, Infektbehandlung - Optimierung Blutdruck (160-200mmHg systolisch) - Gabe von Statin (Schutz auch unabhängig von Ausgangs-LDL-Cholesterin)

Ziel-LDL-Cholesterin < 100mg/dl - frühe Sekundärprophylaxe - Beginn Reha: Logopädie, Physiotherapie, Ergotherapie - ggf. Operation einer Carotisstenose, ggf. Dekompression bei Einklemmungsgefahr

Was ist eine Stroke Unit?

= Spezialstation für die Behandlung von Patienten mit akutem Schlaganfall

Was ist eine Stroke Unit?

= Spezialstation für die Behandlung von Patienten mit akutem Schlaganfall multidisziplinäres Team aus Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie plus Neurologen in Kooperation mit Kardiologien, Neuroradiologen und Neurochirurgen plus Sozialdienst

Warum gibt es Stroke Units?

Italienische Studie zu Stroke Units

Stroke Unit hilft: bei Ischämie und Blutung!

Verringerte Mortalität durch Stroke Unit

Candelise et al., Lancet 2007

Stroke Unit: Nutzen-Effekt über viele Untergruppen

Candelise et al., Lancet 2007

Risiko für Tod und Behinderung signifikant vermindert !

Blutdruckmanagement auf Stroke Unit

mmHg systolisch diastolisch Ischämie (Infarkt oder TIA) untere Grenze 120 70

oberer Grenze 160-180 100 + falls Arterielle Hypertonie bekannt

untere Grenze 130 80 oberer Grenze 180-210 105

vor / während Lyse <185 <110 bei Hirnblutung 120-140 60-90

plus Bettruhe, 30° Oberkörper- hochlagerung, ggf. Stuhlregulation, Analgesie, Fragmin P nach 24h

ggf. arterielle Blutdruckmessung

Hypertoniebehandlung auf Stroke Unit

> 180 mmHg syst. Captopril (6,25-12,5 mg p.o.) oder

Clonidin ½ Amp. s.c. Ebrantil 12,5 mg langsam i.v. wenn nicht dauerhaft effektiv oder

> 210 mmHg syst. Urapidil-Perfusor und/oder oder Clonidin-Perfusor >120 mmHg diast.

Hypotoniebehandlung auf Stroke Unit

je nach Ursache (Anämie, Antihypertensiva) Aktivierung (Pat. wecken) Ringer-Lactat oder NaCl ggf. Gelafundin oder HAES (cave Herz- oder Niereninsuffizienz) ggf. Arterenol und / oder Dobutamin über Perfusor und ZVK

Blutzuckermanagement auf Stroke Unit

Ziel-BZ: 100-180 mg/dl und Vermeidung von Hypoglykämien BZ-Tagesprofil bei Insulinperfusor: stündlich nachspritzen je nach Wert CAVE: Hyperglykämie bei 40% der Pat. mit akutem Schlaganfall obwohl nur 20% Diabetes Hyperglykämie verschlechtert Prognose eines Hirninfarktes!

Temperaturmanagement auf Stroke Unit

Zielwert: <37,5°C wenn >37,5°C: physikalische Temperatursenkung / Wadenwickel

Paracetamol, alternativ Metamizol (CAVE RR-Senkung)

>38,5°C Blutkulturen, Antibiotika

Infektfokussuche: Rö-Thorax, U-Stix, Urinkultur

respiratorisches Management auf Stroke Unit

O2-Sättigung > 93%, pCO2 <45 mmHg bei O2-Sättiging < 95% 2-4 Liter O2 per Nasensonde oder Maske

CAVE COPD -> Vigilanzminderung -> CO2-Narkose) Intubation ggf. bei - Atemfrequenz 35-50 / min

- Zyanose - psychom. Unruhe, Tachykardie - Zeichen muskulärer Erschöpfung - Atemhilfsmuskulatur, Nasenflügelatmung - paradoxe Atmung (Einziehen des Bauches bei Einatmung) - Vigilanzminderung - Schockzeichen - "Umkehrgas" pO2 < pCO2

Ernährungsmanagement auf Stroke Unit

Kalorienbedarf wie bei leichter körperlicher Arbeit: bei 70kg 2400kcal/d Alternativen oral

nasogastrale Sonde oder PEG/PEJ ZVK (vor allem bei drohender Intubation, Hirndruck, Sopor/Koma)

Vor Beginn: Dysphagiescreening!!!

¼ aller Schlaganfallpatienten! häufig stille Aspirationen

Dysphagiescreening auf Stroke Unit

Prüfung der Gefahr eine Aspiration durch Nicht-Logopäden: • Schluckreflex gestört? • Speichel- und Sekretkontrolle gestört? • Würgereflex gestört? • Zungenmotilität gestört? • Gaumensegelparese? • Facialisparese? • Dysarthrie/Dysphonie? • Willkürliches Räuspern/Husten gestört? • Sensibilität der Rachenhinterwand/intraoral gestört? -> dann weitere Testung durch Logopädie

Schlucktest auf Stroke Unit

wenn V.a. Aspiration nur duch Logopädie, sonst: Drei Schritte: 1. Wasser: mehrere Schlucke (per Teelöffel) bis zu 50ml

2. Breischluck (angedickte Speise, Apfelmus) 3. Feste Nahrung (nur wenn genug Hustenkraft)

klinische Aspirationshinweise: Verschlucken

Husten Änderung der Stimmqualität sensibler Neglect

Schlucktest auf Stroke Unit

Stroke Unit-Überwachung ist vorgeschrieben

kontinuierlich: EKG O2-Sättigung Atmung stündlich: Blutdruck Blutzucker Temperatur GCS / Pupillenkontrolle neurologischer Status 4x/d mit Dokumentation!

Reha beginnt auf Stroke Unit!!!

Mobilisierung / Pneumonieprophylaxe Physiotherapie Ergotherapie Logopädie Sozialdienst

ischämischer Hirninfarkt: weitere Therapie

- Thromboseprophylaxe - Korrektur Hypovolämie - BZ-Einstellung - Korrektur von Elektrolytstörungen - Korrektur erhöhter Körpertemperatur, Infektbehandlung - Optimierung Blutdruck (160-200mmHg systolisch) - Gabe von Statin (Schutz auch unabhängig von Ausgangs-LDL-Cholesterin)

Ziel-LDL-Cholesterin < 100mg/dl - frühe Sekundärprophylaxe - Beginn Reha: Logopädie, Physiotherapie, Ergotherapie - ggf. Operation einer Carotisstenose, ggf. Dekompression bei Einklemmungsgefahr

ischämischer Hirninfarkt: Gerinnungsmodifizierung

abhängig von Ätiologie: in der Regel Thrombozytenfunktionshemmer (Makroangiopathie, Mikroangiopathie)

ASS oder Clopidogrel oder ASS plus Clopidogrel

bei Vorhofllimmern / kardialer Emboliequelle

orale Antikoagulation: Dabigatran (Thrombinantagonist) oder Rivaroxaban (Faktor Xa- Hemmer) oder Apixaban (Faktor Xa-Hemmer) oder Marcumar (Vitamin K- Antagonist) (Ziel-INR 2-3)

initial ASS wegen Einblutungsgefahr Antikoagulation im Verlauf: Tag 1 bei TIA, Tag 3 bei leichtem, Tag 6 bei mittlerem, Tag 12 bei schwerem Schlaganfall

Zusammenfassung - Schlaganfall = Symptombeschreibung für heterogene Erkrankungen - "time is brain": schnelle Therapie entscheidend - wichtigste Unterscheidung: Ischämie oder Blutung -> zerebrale Bildgebung - intravenöse Lysetherapie mit rt-PA innerhalb 4,5h, je früher desto besser

ggf. Angiographie, mechanische Rekanalisation - Stroke Unit – Therapie: Monitoring, Behandlung von Komplikationen - Ätiologie der Ischämie: Makroangiopathie, Mikroangiopathie, kardioembolisch - Therapie: Thrombozytenfunktionshemmer oder Antikoagulation plus

Statin plus ggf. Arteriosklerose-Therapie