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Gewerbeaufsichtsamt HannoverBehörde für betrieblichen Arbeits-, Umwelt- und Verbraucherschutz

Gefahrstoffe in der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge

(ArbMedVV)

Dr. med. Heino Slupinski, Gewerbeärztlicher Dienst

Kongress für betrieblichen Arbeits- und Gesundheits-schutz am 1. September 2011 in Hannover

Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) vom 18.12.2011

Übernahme der Regelungen für die arbeitsmedizinische Vorsorge aus der Gefahrstoffverordnung. In der Gefahrstoffverordnung verbleibt die arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung und der Hinweis auf die Gültigkeit der Vorsorge für den erweiterten Personenkreis (§ 15 alt) (2010 gestrichen).

Sinn und Ziele der arbeitsmedizini-schen Vorsorge bei Gefahrstoffen

Individuelle arbeitsmedizinische BeratungFrüherkennung von gesundheitsschädlichen GefahrstoffwirkungenNutzung der Erkenntnisse für individuelle und allgemeine Maßnahmen des ArbeitsschutzesEinbringen der Erkenntnisse in die Gefährdungs-beurteilung. Werden Gefährdungen deutlich, ggf. Korrektur der Gefährdungsbeurteilung

Rahmen der Untersuchungen und deren Verbindlichkeit bei Gefahrstoffen

Bei notwendigen Pflichtuntersuchungen darf die Tätigkeit nur ausgeübt werden, wenn die Erst-, Nachuntersuchung durchgeführt ist. Verstoß Ordnungswidrigkeit, ggf. Straftat.Bescheinigung „keine gesundheitlichen Bedenken“ ist nicht Tätigkeitsvoraussetzung.

Rahmen der Untersuchungen und deren Verbindlichkeit bei Gefahrstoffen

Angebotsuntersuchungen sind als Erst- und Nachuntersuchungen regelmäßig anzubieten, unabhängig davon, ob das Angebot angenommen wird. Verstoß: Ordnungswidrigkeit, ggf. Straftat.Nachgehende Untersuchungen bei Krebserzeu-gern sind anzubieten. Verstoß: keine Sanktionen.

Rahmen der Untersuchungen und deren Verbindlichkeit bei Gefahrstoffen

Wunschuntersuchungen hat der Arbeitgeber zu ermöglichen, wenn eine Gesundheitsgefahr besteht. Verstoß: keine Sanktionen. Wie bei den nachgehenden Untersuchungen wäre eine Anordnung durch die Gewerbeaufsicht möglich.Praxisbeispiel: Aromastoff Butandion (Diacetyl) macht Atemwegserkrankung, nicht in ArBMedVV.

Pflicht- und Angebots-untersuchungen nur bei einer begrenzten Auswahl von Gefahrstoffen und Tätigkeiten mit Gefahr-stoffen. Auflistung in der ArbMedVV ist historisch gewachsen oder, z. B. besonderer Druck: unausge-härtete Epoxidharze.

Pflichtuntersuchungen, Teil 1 des Anhangs der ArbMedVV

Stoffliste (Acrylnitril-Xylol), wenn der Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) nach der Gefahrtstoffverordnung nicht eingehalten wirdHautresorptive Stoffe aus der Liste und direkter HautkontaktBestimmte definierte Tätigkeiten

Angebotsuntersuchungen, Teil 1 des Anhangs der ArbMedVV

Stoffliste, wenn eine Exposition besteht. Bestimmte definierte Tätigkeiten wie bei den Pflichtuntersuchungen mit niedrigerer Exposition und weitere.Krebserzeuger und Mutagene Kat. 1 und 2.Kein Angebot bei geringer Gefährdung (§ 6 Abs. 11 Gefahrstoffverordnung)

Pflichtuntersuchungen und AGW

Bei den 34 Positionen mit Stoffen und Stoffgruppen des Teil 1 des Anhangs der ArbMedVV liegen bei 20 Positionen keine AGW vor. Die Regelung Pflichtuntersuchung bei Nichteinhaltung des AGW geht ins Leere.Abgemildert durch 5 verbindliche EU-AGWDas AGW-Problem besteht bereits seit der Änderung der Gefahrstoffverordnung 12/2004

Gefahrstoffe ohne AGW aus Teil 1 des Anhangs der ArbMedVV

Krebserzeugende Gefahrstoffe der Kategorien 1 und 2 (1A und 1B), außer Asbest, Benzol, Hartholzstaub, Vinylchlorid mit EU-AGWMehlstaub*, Platinverbindungen (Sah)**, Quecksilber und anorganische Verbindungen (künftig)***, Schwefelwasserstoff***, Tetrachlorethen („Per“), Blei und anorganische Verbindungen aber mit EU-AGW (*** MAK-Wert)

Definierte Tätigkeiten mit Pflichtuntersuchung, Beispiele

Schweißen und Trennen von Metallen mit >3mg/m³ SchweißrauchExposition gegenüber Getreide- und Futter-mittelstäuben mit E-Staub >4mg/m³ (* Mehlstaub)Dermale Gefährdung oder inhalative Exposition mit Gesundheitsgefährdung durch unausge-härtete Epoxidharze (** Platinverbindungen)

Definierte Tätigkeiten mit Angebotsuntersuchung, Beispiele

Schädlingsbekämpfung und BegasungenMit verschiedensten Lösemitteln oder deren Gemischen, z. B. Hexan, Butanon, 2-Hexanon, 2-Methoxyethanol, Dichlormethan, fast alle aus Teil 1 Abs. 1 (auch Aspekt Neurotoxizität)Mit krebserzeugenden oder erbgutverändernden Stoffen, Kat. 1 oder 2 (1A oder 1B)Feuchtarbeit regelmäßig >2 und < 4 Std./Tag

Pflichten der untersuchenden Ärztin, des Arztes

Arbeitsplatzkenntnisse und Aufklärung über Inhalt und Zweck der UntersuchungBeratung der zu untersuchenden BeschäftigtenBescheinigung für die Beschäftigten, ob gesundheitliche Bedenken bestehenNur bei Pflichtuntersuchungen Kopie der Bescheinigung an den ArbeitgeberAuswertung für den Arbeitsschutz, Vorschläge

Pflichten der untersuchenden Ärztin, des Arztes – aktuelle Fragen

Soll der Arzt mit dem Hintergrund Schweige-pflicht überprüfen, ob der Auftrag, eine Pflichtuntersuchung durchzuführen, berechtigt ist?Kann der Beschäftigte bei der Pflichtuntersu-chung Blutentnahmen verweigern, z. B. für das Biomonitoring, das Bestandteil der Unter-suchung ist?

Biomonitoring zur Belastungserfassung

Voraussetzung: Anerkannte Analyseverfahren, geeignete Werte zur Beurteilung

Regelwerk: TRGS 710 – Biomonitoring, Stand Februar 2000, Übernahme als arbeitsmedizinische Regel?TRGS 903 – Biologische Grenzwerte, Stand Dezember 2006, seitdem Neufassung in Arbeit

Krebserzeugende Gefahrstoffe: Nachdenken über Pflichtuntersuchungen ?

Erarbeitung von AGW-Äqui-valentenStatt Pflichtuntersuchung reine Pflichtberatung, die motivieren soll, eine Ange-botsuntersuchung wahrzu-nehmenNur Angebotsuntersuchung

Risikowerte und Exposition-Risiko-Beziehungenfür Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahr-stoffen bei 40 Jahren Exposition (BekGS 910 unter TRGS)

Toleranzrisiko: + 4 Krebsfälle/1000, Überschreitung nicht hinnehmbarAkzeptanzrisiko: + 4 Fälle/10000 (vorläufig), zwischen Akzeptanz- und Toleranzschwelle Maßnahme (AGW-Äquivalent?)Akzeptanzrisiko: + 4 Fälle/100000 (endgültig, Einführung zwischen 2013 und 2018) (AGW-Äquivalent?)

Umsetzung der ERB und Risikowerte in die Praxis

(Berichtigung der BekGS 910 durch das BMAS: BAuA-Internet)

Wahrscheinlich bis 2015 Experimen-tierphaseKeine Genehmigungen durch Behörde bei hohen Expositionen erforderlichKeine Begründung für arbeitsmedi-zinische Pflichtuntersuchungen

Biomonitoring bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen

Bekanntmachung einer Empfehlung von AGS und AfAMed durch das BMAS mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass sie rechtlich nicht verbindlich ist vom 8.11.2010. Parameter:

ReferenzwertArbeitsmedizinische Äquivalenzwerte zum Akzeptanz-, Toleranzrisiko

Umsetzung der ArbMedVV in den Tech-nischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)

Mit Nennung einbezogen: TRGS 430-Isocyanate, TRGS 528-Schweißtechnische ArbeitenInhaltlich entsprechend ohne Rechtsbezug: TRGS 530-FriseurhandwerkNeue TRGS‘en ohne Erwähnung der arbeitsme-dizinischen Vorsorge 558-Hochtemperaturwolle und 559-Mineralischer StaubNoch nicht eingearbeitet in 13 weitere TRGS‘en

Entwicklung des Regelwerkes

Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed), ehrenamtlich, 12 Personen2 Arbeitgeber, 2 Gewerkschaf-ten, 2 Länder, 2 Unfallversiche-rung, 4 Wissenschaft2 Unterausschüsse und 2 Projektgruppen

Etablierung des arbeitsmedizinischen Regelwerkes für Gefahrstoffe

Wenn akzeptiert, Bekanntgabe der Regeln, Erkenntnisse sowie Empfehlungen durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)Vorher ggf. Einbringen in eine TRGS und

Annahme oder Ablehnung durch den Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS)

Für Rückfragen: Dr. Heino Slupinski

Tel.: 0511 / 9096-230Fax: 0511 / 9096-199

heino.slupinski@gaa-h.niedersachen.de