Klimawandel und Biodiversität Urbane Lebensräume Klimawandel und Biodiversität – Urbane...

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Klimawandel und Biodiversität Klimawandel und Biodiversität Urbane LebensräumeUrbane Lebensräume

Klimawandel und Biodiversität – Urbane Lebensräume Prof. Dr. W. Kuttler, Prof. Dr. R. Wittig | 19.05.2011

Prof. Dr. Wilhelm KuttlerFakultät für BiologieAngewandte KlimatologieUniversität Duisburg-Essen, Campus Essen

Prof. Dr. Rüdiger WittigInstitut für Ökologie, Evolution & DiversitätAbteilung Ökologie & GeobotanikGoethe-Universität, Frankfurt am Main

Klimawandel und Biodiversität Klimawandel und Biodiversität Urbane LebensräumeUrbane Lebensräume

Klimawandel und Biodiversität Klimawandel und Biodiversität Urbane LebensräumeUrbane Lebensräume

Klimatische GrundlagenKlimatische Grundlagen

Klimawandel und Biodiversität – Urbane Lebensräume Prof. Dr. W. Kuttler | 19.05.2011

Prof. Dr. Wilhelm KuttlerFakultät für Biologie, Angewandte Klimatologie, Universität Duisburg-Essen, Campus Essen

Klimawandel und Biodiversität Klimawandel und Biodiversität Urbane LebensräumeUrbane Lebensräume

Klimatische GrundlagenKlimatische Grundlagen

Klimawandel und Biodiversität – Urbane Lebensräume Prof. Dr. W. Kuttler | 19.05.2011

Gliederung des Vortrags

• Zukünftige thermisch-klimatische und lufthygienische Veränderungen in Städten

• Anthropogene und biogene Kohlenwasserstoffe als Ozonvorläufergase

• Bäume und ihr biogenes Ozonbildungspotenzial• Maßnahmen gegen den Klimawandel auf

städtischer Ebene• Ausblick

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Projizierte Auswirkungen auf urbane Lebensräume…

• Häufigere Sommergewitter mit Starkregenabflussspitzen (Überschwemmungsgefahr)

• Zunahme autochthoner Wetterlagen sowie der Häufigkeit städtischer Überwärmungen (*)

• Zunahme thermischer Extremwerte (*)

• Veränderung der atmosphärischen Spurenstoffkonzentration am Beispiel Ozon (*)

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Verteilung der Maxima der Lufttemperaturen in den Sommermonaten (JJA) am Standort Essen im gegenwärtigen und zukünftigen Klima (Quelle: Modell WETTREG/ECHAM5; IPCC-SRES-Szenario: A1B; berechnet durch D. Dütemeyer)

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Potenzial für die Ausbildung urbaner Wärmeinseln in NRW. Grundlage der Karte ist die Bevölkerungsdichte

und der Anteil versiegelter Fläche (Quelle: MUNLV 2010, verändert)

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Exemplarisch dargestellte Problemgebiete der Wärmebelastung im mittleren Ruhrgebiet

(Quelle: MUNLV 2010; verändert)

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Verhalten von Ozon unter gegenwärtigen klimatischen

Bedingungen

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Zusammenhang zwischen den Tagesmaxima der Ozonkonzentration und den der Lufttemperatur am

Industriegebietsstandort Duisburg-Walsum (1984 - 2007) (Quelle: Melkonyan, 2011)

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Verhalten von Ozon unter zukünftigen klimatischen

Bedingungen

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Entstehung von Ozon während sommerlicher Strahlungswetterlagen

(nach verschiedenen Quellen)

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Abhängigkeit der Konzentration flüchtiger Kohlenwasserstoffe (VOC) von der Temperatur

(Quelle: Langford et al., 2009; verändert)

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Ozonbildungspotenzial (OZBP)1) und Trockentoleranz ausgewählter Baumarten sowie ihre

Verwendungsempfehlung (nach Roloff et al. 2008, Benjamin & Winer 1998; verändert)

Pflanze

Lateinischer Name Populärer Name

geringes Ozonbildungspotenzial

hohe Trocken toleranz

hohe Winter härte

Acer campestre Feldahorn ++ ++ ++Acer rubrum Rotahorn ++ ++ +Carya ovata Schuppenrinden-Hickory ++ + +Carya tomentosa Spottnuss ++ ++ +Fraxinus pennsylvanica Grünesche, Rotesche ++ + ++Ginkgo biloba Ginkgo, Fächerbaum ++ ++ +Malus tschonoskii Wollapfel ++ + ++Pinus ponderosa Gelbkiefer + ++ +Pinus sylvestris Waldkiefer + ++ ++Prunus avium Vogelkirsche ++ ++ ++Pyrus communis Kulturbirne ++ + +Pyrus pyraster Wildbirne ++ + +Quercus rubra Roteiche + + +Robinia pseudoacacia Gemeine Robinie ++ ++ ++Sophora japonica Japanischer Schnurbaum + ++ +Ulmus parvifolia Japanische Ulme ++ + +x Cupressocyparis leylandii Leylandzypresse ++ + +Zelkova serrata Japanische Zelkove ++ + +

1) Geringes OZBP: Isoprenemission < 2µg/(g ∙ h) TS ; ++ = sehr gut, + = gut, fett: einheim. Arten

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Gegenmaßnahmen auf städtischer Ebene

• Optimierung der Gebäudewärmedämmung • Bau von Passiv- und Energie-Plus-Häusern• Entsiegelung von Oberflächen• Erhöhung der Reflexion (lang-/kurzwellig), Beschattung

versiegelter Oberflächen (Dächer, Wände, Straßen)• Erhaltung/Schaffung von Frischluftbahnen

zwischen Stadt und Umland• Anlegen bzw. Vergrößern der mit Vegetation bestandenen

Flächen (Fassade, Dach, ebenerdig) sowie von Wasserflächen („blau/grüne“ Infrastruktur)

• Sinnvoller Einsatz regenerativer Energien (Wind, Sonne, Geothermie)

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April 2010

Bestelladresse: infoservice@mkulnv.nrw.de

Ausblick

Klimawandel und Biodiversität – Urbane Lebensräume Prof. Dr. R. Wittig | 19.05.2011

Klimawandel und Biodiversität Klimawandel und Biodiversität Urbane LebensräumeUrbane Lebensräume

Foto: Dieter Fehren

Prof. Dr. Rüdiger WittigInstitut für Ökologie, Evolution & DiversitätAbteilung Ökologie & GeobotanikGoethe-Universität, Frankfurt am Main

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Artenreichtum urbaner Lebensräume im Vergleich zum Umland (jeweils die spontan vorkommenden Arten)

• Tiere: verarmt (oft stark)

• Pilze: verarmt

• Sporenpflanzen: verarmt

• Samenpflanzen: deutlich erhöht

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Beispiel für erhöhte Artenzahl spontan vorkommender Samenpflanzen in Städten

• Frankfurt: ca. 1650

• Taunus: ca. 1250

Das im Taunus bisher untersuchte Gebiet ist 15mal größer als Frankfurt !

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Charakterisierung der spontanen urbanen Arten

• Kulturfolger• Ubiquisten• Kosmopoliten• lichtliebende Pionierarten• hohe Samenproduktion• effektive Ausbreitungsmechanismen• störungsresistent• relativ trockenheits- und wärmeresistent• zur Zeit nicht gefährdet

Als an Trockenstress und Wärme angepasste Arten allesamt nicht durch den Klimawandel gefährdet.

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Seltener Fall

Urbane Lebensräume als Ersatzbiotope für Arten der

• Magerrasen

• Fels- und Geröllfluren

• Kiesbänke

Als an Trockenstress und Wärme angepasste Arten

allesamt nicht durch den Klimawandel gefährdet.

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Service-Leistungen und ökonomischer Wert der urbanen Vegetation

• Hauptträger der Leistungen sind die Stadtbäume bzw. ihre Gesamtheit (Urban Forest)

Klimawandel und Biodiversität – Urbane Lebensräume Prof. Dr. W. Kuttler, Prof. Dr. R. Wittig | 19.05.2011* bei Stromgewinnung aus Kohle werden 100 l Wasser pro KWh benötigt

Schätzung verschiedener ökonomischer Werte für 100.000 große, ausgewachsene Stadtbäume in einer australischen Stadt (nach Moore 2009, abgewandelt)

Faktor Wert pro Baum Menge Preis pro Einheit (in Austral. $)

Wert (in Austral. $)

In Bäumen festgelegter Kohlenstoff

12.5 Tonnen 1.25 Mill. Tonnen

20 pro Tonne t 25 Mill.

Wert des Stadtbaums 200 $ pro Jahr 20 Mill. pro Jahr

Stromersparnis 30 kWh 3 Mill. kWh

0.17 $ pro kWh 510,000 $ pro Jahr

Vermiedene Emissionen 1.2 Kg pro kWh 3,600 Tonnen

20 $ pro Tonne 72,000 $ pro Jahr

Wasserersparnis aufgrund von Stromeinsparung* Elektrizitätsgewinnung

30 kWH pro Baum bei 100 l pro Wh

300 Mill. Liter

1.50 $ pro Kiloliter 45.000 $

Verlängerte Lebensdauer asphaltierter Gehwege

540 $ pro m2 bei einer Lebensdauer von 20 Jahren

225 $ pro m2 bei einer um 50% verlängerten Lebensdauer von 10 Jahren

47.250,000 $

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Mit fortschreitendem Klimawandel wird die Gefährdung der Stadtbäume zunehmen. Hierfür verantwortlich sind:

• Direkte Wirkungen:– Hitze- und Trockenstress: verringertes Wachstum, Tod oder

erhöhte Krankheitsanfälligkeit– erhöhter Ozongehalt: ähnliche Wirkungen wie Hitze- und

Trockenstress– Mehr und heftigere Stürme: Windwurf oder zumindest

Sturmschäden– Mehr Starkregenereignisse: Wurzelschäden oder Entwurzelung

durch Überflutung

• Indirekte Wirkungen:– Bevölkerung sucht häufiger die Parks auf: Bodenverdichtung– Mehr Baum-Schädlinge überleben den Winter– Neue Schädlinge kommen hinzu

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Aufgrund des Klimawandels zu erwartende Arealveränderungen von Stadtgehölzen

Aktuelles Klima für 2050 vorhergesagtes Klima

Spitzahorn – Acer platanoides Spitzahorn – Acer platanoides

Eibe – Taxus baccata Eibe – Taxus baccata

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Sträucher

• Bereits relativ viele Wärme liebende Arten (Liguster, Flieder, Forsythie, Wolliger Schneeball) und sogar immergrüne (z.T. skleromorphe) Arten (Mahonie, Lorbeer-Kirsche)

• Mehrere nicht als Wärme liebend geltenden Arten (Weißdorn, Hainbuche, Schlehe, Rosen) kommen natürlicherweise auch in Gebüschen warmer Standorte vor.

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Kletterpflanzen

• Bekommen in trockenen Sommern sehr wahrscheinlich Probleme

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Holzige Bodendecker

• Sind überwiegend an sommerliche Trockenheit angepasst.

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Krautige Zierpflanzen

• Momentan benötigen Zierpflanzenbeete (oft starke) sommerliche Bewässerung

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Arten der Nutz-, Park- und Zierrasen

• Unsere heutigen Parkrasen sind optimal im atlantischen Klima entwickelt, brauchen daher in unseren Städten in der Regel (starke) sommerliche Bewässerung.

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Aufgrund des Klimawandels zu erwartende Arealveränderungen von Rasengräsern

Aktuelles Klima für 2050 vorhergesagtes Klima

Rotschwingel – Festuca rubra Rotschwingel – Festuca rubra

Deutsches Weidelgras – Lolium perenne Deutsches Weidelgras – Lolium perenne

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Gärtnerisches Stadtgrün

• Stadtwälder, naturnahe Parkanlagen, Alleen• Hecken und Strauchpflanzungen• Rasenflächen• Dachbegrünung

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Städte als Modellfall der Reaktion auf Klimawandel ??Folgende urbane Phänomene stimmen mit denen des Klimawandels überein:• warm und trocken,• momentan verlängerte Vegetationsperiode, demnächst vielleicht aber

auch nur verschobene (Winter) bzw. zweigeteilte (Frühjahr und Herbst),• Änderung der Phänologie,

aber es gibt auch deutliche Unterschiede:• veränderte Böden,• starke mechanische Störungen,• Streusalzeinsatz,• Immission • Gärten und Anlagen als permanente Diasporenquelle.

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Maßnahmen

• Erhöhung des Anteils an geschlossenen Baumbeständen im Siedlungsbereich

• Erhöhung des Anteils der Straßenbäume und der Bäume auf öffentlichen Plätzen

• Erhöhung des Baumbestandes auf Privatgrundstücken

• Allgemeine Erhöhung des Grünflächenanteils in Städten

• Förderung der Fassaden- und Dachbegrünung• Förderung des Ersatzes versiegelter durch begrünte

Flächen

Forschungsfragen

• Welches sind die Stadtbäume der Zukunft ?– Anforderungen: trockenresistent, geringes

Ozonbildungspotential

• Was geschieht mit den Parkrasen ?

• Wie kann man die Akzeptanz spontaner Vegetation erhöhen ?

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Herzlichen DankHerzlichen Dankfür Ihre Aufmerksamkeitfür Ihre Aufmerksamkeit

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Bewertung im Hinblick auf das Ziel der Konvention von Rio

• Urbane Lebensräume leisten keinen direkten Beitrag zum Erhalt der weltweiten Biodiversität.

• Aber sie besitzen eine sehr große Bedeutung für die Umwelterziehung und sind damit auch im Hinblick auf das Ziel der Konvention von Rio unverzichtbar.