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Palliative Care von
Beatmungspatienten aus ärztlicher Sicht
Wiebke Nehls
13.10.2016
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Palliative – Care Definition
…dient der Verbesserung der
Lebensqualität von Patienten und ihren
Familien, die mit Problemen verbunden mit einer
lebensbedrohlichen Erkrankung konfrontiert
sind. Dies geschieht durch Vorbeugen und
Linderung von Leiden mittels frühzeitiger
Erkennung und genauer Beurteilung und
Behandlung von Schmerzen und anderen
physischen, psychosozialen oder spirituellen
Problemen.
Palliative Care respektiert die Wünsche der
Patienten und hilft den Familien mit praktischen
Fragen zurechtzukommen, einschließlich dem
Umgang mit Verlust und Trauer während der
Erkrankung und im Fall des Todes.
(WHO 2002-2013)
Palliative Care von Beatmungspatienten, W. Nehls, 13.10.2016
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Beatmete Patienten – ein Thema mit vielen Facetten
Palliative Care von Beatmungspatienten, W. Nehls, 13.10.2016
Versorgung
Therapeutisch-
technisch
Psycho-
sozialethisch
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Lebenssituation häuslich beatmeter Patienten
Herausforderungen
• Abhängigkeit
• „Kolonialisierung“ des privaten häuslichen Umfeldes /
Überfremdung
• Soziale Isolation
• Unsichere Zukunftsperspektive
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Patienten in der Spezialisierten Ambulanten
Palliativversorgung (SAPV) am Beispiel Berlin
Palliative Care von Beatmungspatienten, W. Nehls, 13.10.2016
Qualitätsbericht über die Umsetzung der SAPV in Berlin für das Jahr 2015, Home Care eV
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Patienten in der Außerklinischen Intensivpflege
und Beatmung
• heterogen
• keine aussagefähigen Register
• Schätzungen:
ca. 20.000 (nicht-)invasiv beatmeten Personen
• Wachsende Zahl an Patienten
• Keine systematische regionale Kooperation (außerklinische Intensivpflege und Beatmung / Palliativpflege)
Palliative Care von Beatmungspatienten, W. Nehls, 13.10.2016
Stark, Lehmann, Ewers, VELA-Regio, Teil 2, 2016
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Wege durch das Versorgungssystem
Palliativ Beatmungspatienten
Palliative Care von Beatmungspatienten, W. Nehls, 13.10.2016
Lehmann et al 2016S3-LL Palliativmedizin, 2015
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Stationäre Perspektive
Palliativversorgung auf Intensiv- und Beatmungsstationen
• Intensivmediziner haben „kulturell“ bedingt
Schwierigkeiten, den Tod zu prognostizieren
Nelson et al. Crit Care Med 2006
• Palliativmedizinische Haltungen in der Intensivmedizin- ↑ Lebensqualität der Patienten
- ↑ Zufriedenheit von Patienten, Angehörigen und dem
Behandlungsteam
- ↓ Anzahl unnötiger Maßnahmen Nauck, Jaspers. Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2012
O’Mahony et al. Palliat Med 2010,Lanken et al. Am J Respir Crit Care Med 2008
Palliative Care von Beatmungspatienten, W. Nehls, 13.10.2016
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Stationäre Perspektive
Warum Palliative Care bei Beatmunspatienten?
• Frühzeitige palliativmedizinische Konsile auf
Beatmungsstationen führen zu:
- Reduktion von Beatmungszeiten
- KostensenkungPereira et al, 2013
O`Mahony et al, 2005
- Bessere Symptomkontrolle
- Höhere Zufriedenheit von Patienten und AngehörigenMularski et al, 2005, 2009
Selecky et al, 2005
Truog et al, 2008
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ambulante Perspektive
Qualifikationen der Leistungserbringer
Palliativversorgung
• SAPV-Pflege
Leistungen müssen durch
Palliativfachkräfte erbracht
werden (160 h Ausbildung)
• SAPV-Arzt
Facharzt mit Zusatzqualifikation
(12 Monate + 40 h oder 6
Monate + 160 h, Prüfung ÄK)
Beatmungsmedizin
• Noch keine gesetzlichen
Regelungen
(aktuell Abstimmung von
Rahmenbedingungen durch
GKV-Spitzenverband mit
Leistungserbringern)
• Heterogene
Weiterbildungsangebote
Palliative Care von Beatmungspatienten, W. Nehls, 13.10.2016
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Schnittmenge
Patienten auf Beatmungs- und Intensivstationen:
• Hohe Symptomlast
• Prognose ähnelt der einen malignen Erkrankung
• Selten Tumorpatienten, aber
- Terminale COPD
- ALS
• Multimorbide Patienten mit diversen
intern. Vorerkrankungen....
Palliativmedizin hält Einkehr in Leitlinien
Intensivmedizin und Beatmungsmedizin
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Schnittmenge / Unterschiede
– am Beispiel COPD
• gleiche Symptomlast -
längeres Überleben der COPD-Patienten
Bausewein et al, J Palliat Med 2010
Meffert et al. Eur Respir J, 2015
• “There is strong evidence to suggest that patients with
chronic obstructive pulmonary disease receive poor-quality
palliative care compared with patients with cancer.”Claessens et al, J Am Geriatr Soc 2000.
Gore et al, Thorax 2000.
Au et al. Arch Intern Med 2006.
Goodrige et al, Respir Med 2008.
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Krankheitsverlauf am Lebensende
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Tumor
Gebrechlichkeit
Terminale NI,
konservative
Behanldung
Herz-/Lungen-
versagen
Murray, S. A et al. BMJ 2008
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Palliative Care bei Patienten mit respiratorischen
Erkrankungen
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Lanken (ATS) Am J Respir Crit Care Med 2008
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Lebensqualität
Kommuni-kation
Symptom-kontrolle
Rehabili-tation
Betreuungin der
Sterbe-phase
Palliativbetreuung
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Kernaufgaben der Palliativversorgung
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Lebensqualität
Kommuni-kation
Symptom-kontrolle
Rehabili-tation
Betreuungin der
Sterbe-phase
Palliativbetreuung
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Kernaufgaben der Palliativversorgung
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„communicare“
lateinisch:
in Verbindung stehen,
teilen, etwas gemeinsam
haben oder gemeinsam sein
Sozialhandlung, in die
mehrere Menschen
einbezogen sind
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Lebensqualität
Kommuni-kation
Symptom-kontrolle
Rehabili-tation
Betreuungin der
Sterbe-phase
Palliativbetreuung
Palliative Care von Beatmungspatienten, W. Nehls, 13.10.2016
Kernaufgaben der Palliativversorgung
18Palliative Care von Beatmungspatienten, W. Nehls, 13.10.2016
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7 Themenbereiche
1. Versorgungsstrukturen
2. Kommunikation
3. Sterbephase
4. Schmerz
5. Dyspnoe
6. Obstipation
7. Depression
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Medikamentöse Therapie von Dyspnoe
Evidenz - Opioide
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Medikamentöse Therapie von Dyspnoe
Opioide und Atemdepression
• Studienlage:• Jennings, A.L., et al., Opioids for the palliation of
breathlessness in terminal illness. Cochrane Database
Syst Rev, 2001(4): p. CD002066.
• Clemens, K.E. and E. Klaschik, Effect of hydromorphone
on ventilation in palliative care patients with dyspnea.
Support Care Cancer, 2008. 16(1): p. 93-9.
• Currow, D.C., et al., Once-daily opioids for chronic
dyspnea: a dose increment and pharmacovigilance study.
J Pain Symptom Manage, 2011. 42(3): p. 388-99.
• Clemens, K.E. and E. Klaschik, Symptomatic therapy of
dyspnea with strong opioids and its effect on ventilation in
palliative care patients. J Pain Symptom Manage, 2007.
33(4): p. 473-81.
• Clemens, K.E., I. Quednau, and E. Klaschik, Is there a
higher risk of respiratory depression in opioid-naive
palliative care patients during symptomatic therapy of
dyspnea with strong opioids? J Palliat Med, 2008. 11(2):
p. 204-16.
• Ergebnis:
- Keine klinisch relevante
Atemdepression
- kein Abfall der
Sauerstoffsättigung
- Kein Anstieg des pCO2
Palliative Care von Beatmungspatienten, W. Nehls, 13.10.2016
Es ist eine wichtige Aufgabe, über diesen Sachverhalt ausdrücklich aufzuklären, damit diese hochwirksame Therapie Patienten mit
Atemnot nicht vorenthalten wird.
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Lebensqualität
Kommuni-kation
Symptom-kontrolle
Rehabili-tation
Betreuungin der
Sterbe-phase
Palliativbetreuung
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Kernaufgaben der Palliativversorgung
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Phasen der Palliativbetreuung
Palliative Care ≠
End of Life-Care
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Lebensqualität
Kommuni-kation
Symptom-kontrolle
Rehabili-tation
Betreuungin der
Sterbe-phase
Palliativbetreuung
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Kernaufgaben der Palliativversorgung
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Abschied vom Patienten
Palliative Care von Beatmungspatienten, W. Nehls, 13.10.2016
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Trauerarbeit im palliativmedizinischenTeam
• Benachrichtigung der Angehörigen
• Abschiedsritual
• Gedenkbuch
• Schreiben von Kondolenzbriefen
• Erkennen von behandlungs-bedürftigen Situationen, bzw. Aufdeckung von Risikofaktoren
• Begleitung, Präsenz
• Gedenkfeier
Der Beginn und das Ende des Lebens sind Schlüsselpunkte der menschlichen Existenz, für viele heilige Augenblicke“
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Herausforderungen und Chancen aus Perspektive der
Palliativversorgung
• Neuer Fokus: invasiv beamtete Patienten
• Netzwerkarbeit
Was wir brauchen:
• Eine offene Diskussion über die Spezialversorgung
beamteter und anderer technikabhängiger Menschen am
Lebensende
• Mehr Forschung über die Versorgung und das Lebensende
von beatmeten und vergleichbar technikabhängigen
Patienten
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Unser medizinisches
Wissen sagt uns nur,
was wir tun können,
nicht aber,
was wir tun sollen.
G. Markmann
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