Rechtliche Aspekte der elektronischen Archivierung

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Rechtliche Aspekte der elektronischen Archivierung

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Rechtliche Aspekte der elektronischen ArchivierungDr. Oliver Staffelbach, LL.M.

15. September 2010

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1. Ausgangslage (1)

55%

9%

22%

14%

keine Ahnung, dass esjuristische Vorgabenbetreffend E-Mail-Archivierung gibt

keine elektronischeArchivierung von E-Mails,da zu umständlich

E-Mails werden gemässden gesetzlichenVorgaben archiviert

andere

Online-Umfrage: *

* Online-Umfrage von Computerworld im Jahr 2009 (275 Teilnehmer)

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1. Ausgangslage (2)

Compliance betreffend elektronische Archivierung kann

mühsam zeitintensiv kostspielig

sein.

Einzelne Normen scheinen in der Praxis nicht umsetzbar zu sein.

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1. Ausgangslage (3)

A. Allgemeine Bemerkungen1. Ausgangslage

2. Elektronische Archivierung als Herausforderung

3. Differenzierte Betrachtungsweise

4. Compliance in Widerspruch zu anderen Unternehmensinteressen

5. Wichtige Regeln bei der elektronischen Archivierung

B. Ausgewählte Einzelfragen6. Speicherung privater E-Mails

7. Verschlüsselung und Entschlüsselung

8. Aufbewahrungsdauer

C. Fazit

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2. Elektronische Archivierung als Herausforderung (1)

Sozialversicherungsrecht

Steuerrecht z.B. Art. 126 DBG, Art. 57 und 58 MwStG

Strafrecht z.B. Art. 166, 179novies, 251, 321ter und 325 StGB

Handelsrecht z.B. Art. 957 – 963 OR sowie Geschäftsbücherverordnung

Datenschutzrecht z.B. Art. 4, 5 und 7 DSG

Zivilprozessrecht z.B. Art. 177 ZPO, ab 1. Januar 2011 in Kraft

Normen bestehen insbesondere in den folgenden Bereichen:

Ausländische Gesetze z.B. Sarbanes Oxley Act (US-Gesetz)

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2. Elektronische Archivierung als Herausforderung (2)

Entwarnung:

Die Situation ist nicht so dramatisch, wie sie teilweise dargestellt wird.

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3. Differenzierte Betrachtungsweise (1)

Grundsatz 1

Je nach Grösse des Unternehmens, Branche und Verwendungszweck der archivierten Dokumente kommen

unterschiedliche Normen zur Anwendung;

können unterschiedliche Folgen bei einer Verletzung der Normen bestehen;

ist das betroffene Unternehmen unterschiedlich stark exponiert.

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3. Differenzierte Betrachtungsweise (2)

Grundsatz 2

Der Wortlaut von Normen ist nicht immer relevant.

Er kann irreführend oder sogar gesetzeswidrig sein.

Es können Rechtfertigungsgründe bestehen, die dazu führen, dass ein an sich tatbestandsmässiges Verhalten nicht zu beanstanden ist.

Die Handhabung in der Praxis kann sehr unterschiedlich sein.

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3. Differenzierte Betrachtungsweise (3)

Art. 49a KG (Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen)

1 Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede […] beteiligt ist […], wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet. […]

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3. Differenzierte Betrachtungsweise (4)

Tatbestand Praxisrelevanz

Rechtsfolge

Praxisrelevanz

Rechtsfolge

Tatbestand

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4. Compliance in Widerspruch zu anderen Unternehmensinteressen (1)

Art. 8 Abs. 1 DSG

Jede Person kann vom Inhaber einer Datensammlung Auskunft darüber verlangen, ob Daten über sie bearbeitet werden.

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4. Compliance in Widerspruch zu anderen Unternehmensinteressen (2)

Art. 8 Abs. 2 DSG

Der Inhaber der Datensammlung muss der betroffenen Person mitteilen:

a. alle über sie in der Datensammlung vorhandenen Daten einschliesslich der verfügbaren Angaben über die Herkunft der Daten;

b. den Zweck und gegebenenfalls die Rechtsgrundlagen des Bearbeitens sowie die Kategorien der bearbeiteten Personendaten, der an der Sammlung Beteiligten und der Datenempfänger.

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4. Compliance in Widerspruch zu anderen Unternehmensinteressen (3)

Art. 8 Abs. 6 DSG

Niemand kann im Voraus auf das Auskunftsrecht verzichten.

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4. Compliance in Widerspruch zu anderen Unternehmensinteressen (4)

Annahmen:

10'000 Arbeitnehmer, durchschnittlich 50 E-Mails, Briefe und Faxschreiben pro Tag

500'000 Kunden, die teilweise persönliche Informationen weitergeben

indirekte Beschreibung des Kunden

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4. Compliance in Widerspruch zu anderen Unternehmensinteressen (5)

$ $ $Art. 8 DSG

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5. Wichtige Regeln bei der elektronischen Archivierung

Aufbewahrungsdauer*: grundsätzlich 10 Jahre **

Wahrung der Integrität

Verfügbarkeit und Lesbarkeit

Zugriffsschutz

Systematik

* Von Geschäftsbüchern und Geschäftskorrespondenz

**Achtung div. Sonderregeln: 15 Jahre oder mehr

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6. Speicherung privater E-Mails (1)

Ausgangslage:ständig wachsende Datenmenge

Handlungsmöglichkeit:Aufgliederung der Daten

Tendenz: alles wird archiviert

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6. Speicherung privater E-Mails (2)

30%

10%30%

30%

verbieten E-Mails fürprivate Zwecke

weisen Mitarbeitende aufArchivierung hin

schliessen als privatdeklarierte oder erkannteE-Mails aus

andere

Studie: *

* aktuelle Studie des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Universität Bern und der Fakultät Wirtschaft und Informatik der Fachhochschule Hannover (95 beantwortete Fragebögen; Circa-Werte)

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6. Speicherung privater E-Mails (3)

Nutzungsreglement

private E-Mails werden verboten

private E-Mails werden nicht verboten

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6. Speicherung privater E-Mails (4)

Nutzungsreglement

Inhalt: insbesondere Empfang, Archivierung, Löschung und Einsichtsrechte des Arbeitgebers

Regelungsart: kurz und verständlich

Form: schriftliche Bestätigung durch den Arbeitnehmer

Falls komplex: unter Umständen Schulungen und Kontrollen erforderlich

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7. Verschlüsselung / Entschlüsselung (1)

XYABA

XYABA

geheim

geheim

?

?

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7. Verschlüsselung / Entschlüsselung (2)

Grundsatz: keine Pflicht, verschlüsselte Dokumente im Hinblick auf die Archivierung zu entschlüsseln oder unverschlüsselte Dokumente im Hinblick auf die Archivierung zu verschlüsseln

keine branchenübergreifenden Good Practices

diverse Ausnahmen

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8. Aufbewahrungsdauer (1)

Vorgaben betreffend minimale Aufbewahrungsdauer:

Handelsrecht: 10 Jahre *

Steuerrecht: teilweise 15 Jahre **

Sondervorschriften

im Hinblick auf rechtliche Auseinandersetzungen:> 15 Jahre

* Art. 962 Abs.1 OR

** vgl. Art. 120 Abs. 4 und 152 Abs. 3 DSG; Art. 47 Abs. 1 und Art. 53 Abs. 3 StHG

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8. Aufbewahrungsdauer (2)

Vorgaben betreffend maximale Aufbewahrungsdauer:

Datenschutzrecht

Sondervorschriften

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8. Aufbewahrungsdauer (3)t

10 Jahre

5 Jahre

15 Jahre

20 Jahre

Han

dels

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8. Fazit (1)

In der Praxis betreiben einige Unternehmen zu viel, andere zu wenig Aufwand im Hinblick auf die elektronische Archivierung.

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8. Fazit (2)

Entweder sind private E-Mails zu verbieten oder die Archivierung von E-Mails sollte durch Nutzungsreglemente geregelt werden.

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8. Fazit (3)

Grundsätzlich besteht keine Pflicht, unverschlüsselte Dokumente im Hinblick auf die Archivierung zu verschlüsseln oder verschlüsselte E-Mails im Hinblick auf die Archivierung zu entschlüsseln. Es bestehen aber diverse Ausnahmen.

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8. Fazit (4)

In der Regel ist es weniger riskant, Dokumente zu spät zu löschen als zu früh.

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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