Schwerpunktprogramm (SPP) Netzbasierte Wissenskommunikation in Gruppen Gefördert von der Deutschen...

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Schwerpunktprogramm (SPP)Netzbasierte Wissenskommunikation in Gruppen

Gefördert von der

DeutschenForschungsgemeinschaft

Kognitive Belastung bei der netzbasierten Wissenskommunikation: Tool-Effekte

S. MünzerT. HolmerF. JödickB. Xiao

Fraunhofer Institut Integrierte Publikations-und Informationssysteme, Darmstadt

Bitte lassen Sie diesePräsentation im SlideShow-Modusablaufen, da einige Animationendas Verständnis erleichtern können.

2

Kognitive Belastung im Chat

Beobachtungen

• viele kurze Beiträge, wenig Information• Informationsdopplungen• unklare Bezüge / mehrere Threads

Wir gehen von der Beobachtung aus, dass bei der netzbasierten Wissenskommunikation in konventionellen Chatwerkzeugen Informationen auf eine Art und Weise ausgetauscht werden, die für eine Informationsverarbeitung eher ungünstig und kognitiv belastend sind.

3

Kognitive Belastung im Chat

Eigenschaften konventioneller Chat-Tools

• Beitragserstellung nicht sichtbar• Beitragserstellung parallel / jederzeit• unbegrenzte History

Extraneous Load

Wir vermuten, dass Eigenschaften konventioneller Chatwerkzeuge einen vermeidbaren „Extraneous Load“ erzeugen.

(Andere Forscher sehen in diesen Eigenschaften jedoch zumindest für die Produktion von Informationen in der Gruppe durchaus einen Vorteil.)

4

Kognitive Belastung im Chat

• Eigenschaften konventioneller Chat-Tools

• Beitragserstellung nicht sichtbar• Beitragserstellung parallel / jederzeit• unbegrenzte History

Extraneous Load

sichtbar machenserialisiereneinschränken

Die von uns als Belastung verursachend vermuteten Eigenschaften können durch technische Eingriffe relativ leicht verändert werden.

5

Awareness

Die in der Studie realisierten Eigenschaften des Mediums „Chat“ könnte man als „Awareness-Features“ bezeichnen. Sie schaffen ein höheres Bewusstsein von den Tätigkeiten der anderen Teilnehmer bzw. eine höhere „Synchronizität“.

6

Awareness

• Production Awareness

War da nicht Blut aufm Parka?

Die Beiträge werden in „Sprechblasen“ geschrieben; die Beitragserstellung kann man Zeichen-für-Zeichen mitverfolgen. Dies nennen wir „Production Awareness“.

7

Awareness

• Production Awareness• Urheber

War da nicht Blut aufm Parka?

8

Awareness

• Production Awareness parallel

War da nicht Blut aufm Parka?

Dafür

Ni

ga

c

b´s

ht

aber eineErklärung

Bei paralleler Schreib- möglichkeit können Beiträge in allen Sprechblasen zu jeder Zeit erstellt werden.

9

Awareness

• „Awareness of Turn“ seriell

War da nicht Blut aufm Parka?

Dafür gab´s aber eine Erklärung

Bei der seriellen Turn-Taking-Steuerung wird die Reihenfolge des Schreiben mit Anmeldung geregelt. Der Status ist an der Farbe des Sprechblasenrands erkennbar. Grün: SchreibrechtGelb: angemeldetRot: kein Schreibrecht

10

Awareness

+ history

War da nicht Blut aufm Parka?

Dafür gab´s aber eine Erklärung

Ja welche denn??

Vergangene Nachrichten sind in einer zusätzlichen History sichtbar.

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Tools

- - - P r o d u c t i o n A w ar e n e s s

T u r n parallel parallel seriell seriell

H i s t o r y long long long short

Standard-chat

Bubblechat-multi

Bubblechat-long

Bubblechat-short

Für die Studie wurden 4 verschiedene Chatwerkzeuge realisiert. „Standard-Chat“ hat keine „Produktion Awareness“ und lässt parallele Beitragserstellung zu. Alle „Bubblechats“ haben „Production Awareness“. „Bubblechat-multi“ lässt dabei parallele Beitragserstellung in allen Sprechblasen zu, in den anderen beiden „Bubblechats“ ist das Turn-Taking seriell geregelt. In allen Chatwerkzeugen ist die „History“ unbegrenzt - außer in „Bubblechat-short“; dort sieht man nur die letzten drei Beiträge.

12

Fragen

1) Welche Effekt haben die Eingriffe in das Chat-Tool auf die Art und Weise, wie Nachrichten verfasst und Informationen mitgeteilt werden?

2) Reduzieren die Eingriffe in das Chat-Tool die kognitive Belastung bei der Wissenskommunikation?

• Information Pooling• „Münster-Mörder“• 30 min. / Material liegt vor• Oberstufenschülerinnen und Schüler eines Darmstädter

Gymnasiums (N = 84)

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Effekte des Tools auf die Art und Weise der Informationsübermittlung

• Anzahl Nachrichten*

Standard-chat

Bubblechat-multi

Bubblechat-long

Bubblechat-short

63 48 17 20

Einfaktorielle VA F (3,80) = 29.706; p < 0.01

Einfacher Kontrast p < 0.05

*von einer Person in einer Sitzung geschrieben, Mittelwert je Bedingung

Während es nicht überrascht, dass in den beiden Chat-Werkzeugen mit Turn-Taking-Steuerung sehr viel weniger Nachrichten geschrieben werden (können) als in einem Standard-Werkzeug, muss die geringere Nachrichten-anzahl in Bubblechat-multi an der Awareness über die Schreibaktivität der anderen Teilnehmer liegen.

14

Effekte des Tools auf die Art und Weise der Informationsübermittlung

• Anzahl geschriebener Zeichen und Wörter

Standard-chat

Bubblechat-multi

Bubblechat-long

Bubblechat-short

Zeichen

Wörter

1735

375

1401

293

1311

293

1331

288

Zeichen: Einfaktorielle VA F (3,80) = 2.314; p = 0.08

15

Effekte des Tools auf die Art und Weise der Informationsübermittlung

• Anzahl geschriebener Wörter pro Nachricht

Standard-chat

Bubblechat-multi

Bubblechat-long

Bubblechat-short

6 7 20 19

Einfaktorielle VA F (3,80) = 20.704; p < 0.01

In Bubblechat-multi werden genauso kurze Nachrichten geschrieben wie im Standard-Chat. Hingegen sind die Nachrichten in den Chatwerkzeugen mit Turn-Taking-Steuerung mehr als dreimal so lang.

16

Effekte des Tools auf den Austausch von Informationen

• Anzahl in der Gruppe produzierter Informationen

Standard-chat

Bubblechat-multi

Bubblechat-long

Bubblechat-short

gesamt (40)

ungeteilt (24)

geteilt (16)

26

13

13

29

15

13

30

16

15

28

15

13

In allen Bedingungen wurden gleich viele inhaltliche Informationen ausgetauscht (Kodierung).

17

Effekte des Tools auf die Erinnerung an Informationen

• Individuelle Erinnerung an ungeteilte Informationen*

Standard-chat

Bubblechat-multi

Bubblechat-long

Bubblechat-short

12.8 13.5 13.7 13.6

*Individueller Recognitionstest für alle ungeteilten Informationen im Anschluss an die Gruppendiskussion. Möglichkeit der Zurückweisung von unbekannter Information („kam nicht vor“). Hits minus False Alarms.

Auch die Erinnerungsleistung an Informationen aus der Chat-Diskussion ist in allen Bedingungen gleich.

18

Zusammenfassung: Effekte des Tools auf die Informationsübermittlung

Standard-chat

Bubblechat-multi

Bubblechat-long

Bubblechat-short

Nachrichten

Wörter

Wörter/Nachricht

Informationen

19

Zusammenfassung: Effekte des Tools auf die Informationsübermittlung

Standard-chat

Bubblechat-multi

Bubblechat-long

Bubblechat-short

Nachrichten

Wörter

Wörter/Nachricht

Informationen

Production Awareness

...führt dazu, dass weniger Nachrichten und weniger Wörter geschrieben werden; die Nachrichten sind genauso kurz. (Die Anzahl der ausgetauschten Informationen unterscheidet sich nicht.)

20

Zusammenfassung: Effekte des Tools auf die Informationsübermittlung

Standard-chat

Bubblechat-multi

Bubblechat-long

Bubblechat-short

Nachrichten

Wörter

Wörter/Nachricht

Informationen

Production Awareness:paralleler vs. serieller Turn

Ist Production Awareness gegeben, dann führt serielles/sequentielles Turn-Taking zu weniger Nachrichten mit jeweils höherer Wörterzahl (insgesamt gesehen wird gleich viel geschrieben); Es werden auch gleich viele Informationen ausgetauscht.

Die Länge der History spielt keine Rolle.

21

War da nicht

Effekte des Tools auf die kognitive Belastung

• Messung mittels Sekundäraufgabe*

*Aufgabe von Brünken et al., 2003

AABlut

aufm Parka?

AAA

Die kognitive Belastung wurde mit einer stets mitlaufenden zweiten Aufgabe gemessen. Wurde das „A“ rot, war eine Taste zu drücken (Monitoring).

Die Annahme ist, dass diese zweite Aufgabe umso besser erledigt werden kann, je geringer die kognitive Belastung in der Primäraufgabe ist.

22

Effekte des Tools auf die kognitive Belastung

Standard-Chat

Bubblechat-multi

Bubblechat-long

Bubblechat-short

Missed Trials

Disengagement

57

6

31

2

21

1

18

0

Einfaktorielle VA F (3,76) = 6.262; p < 0.01

• Leistung in der Sekundäraufgabe (missed Trials)

Einfacher Kontrast p < 0.05

Einfache Kontraste n.s.

Eindeutig ist das Standard-Chatwerkzeug am belastendsten. Hier werden die meisten Trials der Sekundäraufgabe verpasst (ca. 140 Trials gesamt, abhängig von der Reaktionsgeschwindigkeit und der Anzahl verpasster Trials). Zwischen den Bubblechat-Varianten gibt es keinen statistisch bedeutsamen Unter-schied.

23

Effektivität

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

0.2 0.4 0.6 0.8 1.0

-0.2

-0.4

-0.6

-0.8

-1.0

-0.2-0.4-0.6-0.8-1.0

E=0

Performance

MentalEffort

zperformance

zmental effort

E =zp - zme

√2

Performance in der Primäraufgabe und mentale Anstrengung bei der Erbringung dieser Performance können zueinander in Beziehung gesetzt werden.

24

Effektivität

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

0.2 0.4 0.6 0.8 1.0

-0.2

-0.4

-0.6

-0.8

-1.0

-0.2-0.4-0.6-0.8-1.0

E=0

Performance

MentalEffort

Standard-Chat E=-.65

Bubblechat-multi E=.10

Bubblechat-long E=.33

Bubblechat-short E=.24

Einfaktorielle VA F(3,76) = 4.624; p < 0.01;Einfacher Kontrast Standard-Chat gegen Bubblechat-multi;p < 0.05

Performance ist hier die Erinnerungsleistung an die Informationen aus der Chat-Diskussion als Indikator der kognitiven Verarbeitung. Sie ist in allen Bedingungen nahezu gleich, schwankt gering um den Mittelwert 0 auf der Performance-Achse.

Die mentale Anstrengung unterscheidet sich hingegen deutlich. Die hohe Anstrengung beim Standard-Chat führt zu einem negativen Effizienzwert, während die beiden Bubblechat-Werkzeuge mit sequentiellem Turn-Taking deutlich positive Effizienzwerte haben.

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Vermutete Verteilung der kognitiven Kapazität auf die Teilaufgaben

Standard-Chat

Bubblechat-multi

Bubblechat-long

Bubblechat-short

Primäraufgabe„Mörderspiel“

Kommunikation via Chat-Tool

Sekundäraufgabe„Monitoring“

E x t r a n e o u s L o a d

I n t r i n s i c L o a d

WM-Limit

Wir nehmen an, dass die Teilnehmer jeweils knapp an ihrem Arbeitsgedächtnis-Limit gearbeitet haben. Die Primäraufgabe - Austausch einer hohen Menge von miteinander interagierenden Informationen, Bewertung und Integration zur gemeinsamen Entscheidungsfindung - belastete bereits hoch. Dies war in allen Bedingungen gleich, und es wurde eine vergleichbare Leistung erbracht. Hinzu kommt eine Extra-Belastung durch das Chat-Tool (rot); die Höhe dieser Extra-Belastung wird mittels der „freien“ Kapazität geschätzt, die durch die Bearbeitungsgüte der Sekundäraufgabe indiziert wird (blau). Bei Standard-Chat war die Belastung durch das Chatwerkzeug so hoch, dass nur mehr wenig Kapazität für die Sekundäraufgabe frei blieb.

Schwerpunktprogramm (SPP)Netzbasierte Wissenskommunikation in Gruppen

Gefördert von der

DeutschenForschungsgemeinschaft

Kognitive Belastung bei der netzbasierten Wissenskommunikation: Tool-Effekte

S. MünzerT. HolmerF. JödickB. Xiao

Danke für die Auf-merksamkeit!