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Symposium der Robert-Bosch-Stiftung „Ausbildung für die

Gesundheitsberufe für morgen“10. – 12. Juni 2010 in Stuttgart

Berufsgruppenübergreifende Kooperation in evidenzbasierten Maßnahmen in der

Schlaganfallversorgung

Prof. Dr. Heinz RothgangMag. Tina Salomon

Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen

Prof. Dr. Heinz Rothgang 2Prof. Dr. Heinz Rothgang

Übersicht1. Einleitung

2. Berufsgruppenübergreifende Kooperation in der Schlaganfallversorgung – Status Quo

3. Systematische Literaturübersicht – Vorgehen

4. Berufsgruppenübergreifende Kooperation in evidenzbasierten Maßnahmen in der Schlaganfallversorgung – Ergebnisse

5. Fazit

Prof. Dr. Heinz Rothgang 3Prof. Dr. Heinz Rothgang

1. Einleitung (1/3)• Bericht über Ergebnisse eines systematischen Review im

Auftrag der Robert Bosch Stiftung

• Zugrunde liegende Fragestellung: – Gibt es Evidenzen für Effekte interdisziplinärer Zusammenarbeit

der Gesundheitsberufe auf die Qualität der Gesundheitsversorgung?

– Dazu zuvor: Gibt es interdisziplinäre Zusammenarbeit?

• Methode: Systematische Übersichtsarbeit (systematic review)

Prof. Dr. Heinz Rothgang 4Prof. Dr. Heinz Rothgang

1. Einleitung (2/3)Weichenstellungen zur Operationalisierung der Frage:

1. Wegen der Schwierigkeiten internationale Erfahrungen auf den deutschen Kontext zu übertragen: Beschränkung auf Studien im deutschen Kontext

2. Durchführung anhand eines Krankheitsbildes zur Gewährleistung der Realisierbarkeit. Wahl der Schlaganfallversorgung, weil hier interdisziplinäre Zusammenarbeit wahrscheinlich erscheint

3. Suchstrategie: Ausgehend vom Krankheitsbild Blick auf interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Prof. Dr. Heinz Rothgang 5Prof. Dr. Heinz Rothgang

1. Einleitung (3/3)Resultierende Gliederung des Reports:

1. Hintergrund1. Krankheitsbild Schlaganfall2. Schlaganfallversorgung3. Berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit

2. Fragestellung

3. Methode

4. Ergebnisse

5. Diskussion

Prof. Dr. Heinz Rothgang 6Prof. Dr. Heinz Rothgang

Übersicht1. Einleitung

2. Berufsgruppenübergreifende Kooperation in der Schlaganfallversorgung – Status Quo

3. Systematische Literaturübersicht – Vorgehen

4. Berufsgruppenübergreifende Kooperation in evidenzbasierten Maßnahmen in der Schlaganfallversorgung – Ergebnisse

5. Fazit

Prof. Dr. Heinz Rothgang 7Prof. Dr. Heinz Rothgang

2. Status Quo (1/4): Begrifflichkeiten• Berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit

– multidisziplinär: Parallelität oder Sequentialität der disziplinär bestimmter Abläufe

– interdisziplinär: Interaktion und gemeinsame Anstrengungen, aber jeweils bezüglich der disziplinären Basis

– transdisziplinär: gemeinsame Problembewältigung mit Überschreiten der disziplinären Basis

Im Folgenden werden alle Formen der berufsgruppen-übergreifenden Zusammenarbeit thematisiert

Prof. Dr. Heinz Rothgang 8Prof. Dr. Heinz Rothgang

2. Status Quo (2/4)

Prof. Dr. Heinz Rothgang 9Prof. Dr. Heinz Rothgang

2. Status Quo (3/4)• Berufsgruppenübergreifender Betreuungsbedarf in

Akutversorgung, Früh-Rehabilitation, Rehabilitation und Nachsorge

• Ausmaß berufsgruppenübergreifender Versorgung stark abhängig von der Einweisung und vorhandenen Strukturen

– Stroke Units und Neurorehabilitationszentren nur bedingt verfügbar in ländlichen Gegenden.

– Intersektoraler Versorgungsbedarf in der Nachsorge erschwert berufsgruppenübergreifende Kooperation und Schnittstellenmanagement

Prof. Dr. Heinz Rothgang 10Prof. Dr. Heinz Rothgang

2. Status Quo (4/4)• Charakterisierung der „Standardversorgung“:

– Parallel oder sequentiell multidisziplinär – Klar zugewiesene Tätigkeitsbereiche, Kompetenzen und

Verantwortlichkeiten– Kaum gezielte Maßnahmen zur Herstellung von Interdisziplinarität– Ärztlich geprägt

• Charakterisierung des Versorgungskonzepts Stroke Unit – Multidisziplinäre Teams aus Ärzten, Pflegekräften, Therapeuten und

sozialen Berufen – Elemente von Interdisziplinarität– Nachgewiesene Effektivität – Aber multimodaler Ansatz: Effektivität kann nicht allein auf die

berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit zurückgeführt werden.

Prof. Dr. Heinz Rothgang 11Prof. Dr. Heinz Rothgang

Übersicht1. Einleitung

2. Berufsübergreifende Kooperation in der Schlaganfallversorgung – Status Quo

3. Systematische Literaturübersicht – Vorgehen

4. Berufsgruppenübergreifende Kooperation in evidenzbasierten Maßnahmen in der Schlaganfallversorgung – Ergebnisse

5. Fazit

Prof. Dr. Heinz Rothgang 12Prof. Dr. Heinz Rothgang

3. Vorgehen (1/4) • Fragestellung: berufsgruppenübergreifende Kooperation

als krankheitsbezogene Fallstudie „Schlaganfallversorgung“

• Ein-/Ausschlusskriterien: – Inhaltliche Einschlusskriterien: Interventionsstudien aus

Deutschland– Inhaltliche Ausschlusskriterien: Notfallversorgung, reine

Arzneimitteltherapie, Prävention und Sekundärprophylaxe, – Formales Einschlusskriterium:

• Randomised Controlled Trial (RCT), • Controlled Clinical Trial (CCT), • Controlled Before and After Studies (CBA)

(mind. 2 Erhebungsorte) oder • Interrupted Time Series (ITS) ohne Kontrolle

(mind. 3 Erhebungszeitpunkte vor und nach der Intervention)

Prof. Dr. Heinz Rothgang 13Prof. Dr. Heinz Rothgang

3. Vorgehen (2/4) • Einschränkung der Suche

– Sprachen: deutsch, englisch– Zeitraum: 2000 – 2009

• Datenquellen:– Datenbanken (über DIMDI)– Handsuche mittels Reference Tracking– Expertenkontakte

Prof. Dr. Heinz Rothgang 14Prof. Dr. Heinz Rothgang

3. Vorgehen (3/4)

Prof. Dr. Heinz Rothgang 15Prof. Dr. Heinz Rothgang

3. Vorgehen (4/4) Zweistufiges Vorgehen bei der Datenextraktion dergesichteten Studien

• Stufe 1: – Extraktion der Fragestellung (PICO-Schema),

• Patient/Problem• Intervention• Comparison/Control• Outcome(s)

– Anwendung der inhaltlichen Ein- und Ausschlusskriterien

• Stufe 2: – Qualitätsbewertung, Anwendung der methodischen

Ausschlusskriterien, Verwendung der Cochrane-EPOC-Guideline(„Effective Practice and Organization of Care“)

Prof. Dr. Heinz Rothgang 16Prof. Dr. Heinz Rothgang

Übersicht 1. Einleitung

2. Berufsgruppenübergreifende Kooperation in der Schlaganfallversorgung – Status Quo

3. Systematische Literaturübersicht – Vorgehen

4. Berufsgruppenübergreifende Kooperation in evidenzbasierten Maßnahmen in der Schlaganfallversorgung – Ergebnisse

5. Fazit

Prof. Dr. Heinz Rothgang 17

4. Ergebnisse (1/11)Berücksichtigte Studien• 154 Publikationen gesichtet, 122

Publikationen aus inhaltlichen, 11 aus methodischen Gründen ausgeschlossen

• 21 Publikationen zu 18 Studien in die Auswertung eingeschlossen

Methodische Bewertung• Vorwiegend randomisierte/quasi-

randomisierte, kontrollierte Studien (17/18), eine kontrollierte Vorher-Nachher-Studie

• Diverse Qualitätsmängel: Verblindung der TN (nur 4/17), ausreichende Stichprobengröße (nur 7/18)

Prof. Dr. Heinz Rothgang 18Prof. Dr. Heinz Rothgang

4. Ergebnisse (2/11): Inhaltliche Schwerpunkte• Versorgungsphase

– Rehabilitation 16/18; – Akutversorgung/Früh-Reha 1/18; – Gemischt/Transition 1/18

• Setting– Stationär 14/18; – ambulant 1/18; – häuslich/aufsuchend 1/18; – gemischt (Übergang aus der stationären Versorgung) 1/18; – unklar 1/18

• Versorgungsarrangement– Regelversorgung 15/18; – Zusatzleistung in der Regelversorgung 2/18; – Integrierte Versorgung 1/18

Prof. Dr. Heinz Rothgang 19Prof. Dr. Heinz Rothgang

4. Ergebnisse (3/11): Inhaltliche Schwerpunkte (Forts.)• Evidenzbasierung

– Intervention ist evidenz- oder leitlinienbasiert: 5/18

• Motivation für die Durchführung der Studie– Verbesserung der Versorgung/Effektivität: 17/18– Effiziente Allokation von Ressourcen: 1/18

• Gesundheitsökonomische Evaluation– Keine gesundheitsökonomische Evaluation

Prof. Dr. Heinz Rothgang 20Prof. Dr. Heinz Rothgang

4. Ergebnisse (4/11)• Explizit genannte Berufsgruppen

– Nur Physiotherapeut: 6/18– Kombinationen therapeutische Berufe

• Ergotherapeut und Physiotherapeut: 2/18• Musiktherapeut und Physiotherapeut: 2/18

– Kombination ärztliche und therapeutische Berufe• Arzt, Ergotherapeut und Physiotherapeut: 1/18• Arzt und psychologischer Psychotherapeut: 1/18

– Kombination diverse Professionen/Berufsgruppen• Ergotherapeut, Internist, Logopäde, Neurologe, Pflege: 1/18• Ergotherapeut, Physiotherapeut und Sportwissenschaftler: 1/18• Akupunkteur oder Arzt und Akupunkteur: 2/18

– Nicht genannt: 2/18

Prof. Dr. Heinz Rothgang 21Prof. Dr. Heinz Rothgang

4. Ergebnisse (5/11)• D.h.:

– Berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit: 9/18– Über therapeutische Berufe hinausgehende Zusammenarbeit:

5/18– Team (> zwei Berufsgruppen): 2/18

• Berufsgruppenübergreifende Kooperation in den Interventionen (Überblick):

– Bewegungsrehabilitation– Telemedizin– Rückkehr in das häusliche Umfeld

Prof. Dr. Heinz Rothgang 22Prof. Dr. Heinz Rothgang

4. Ergebnisse (6/11)• Bewegungsrehabilitation 13/18

– Vorwiegend zusätzlich zur multidisziplinären Standardversorgung oder einzelne Therapieelemente ersetzend

– Keine zusätzliche Beteiligung von weiteren Berufsgruppen– Ausnahme: eine explizit zur Physiotherapie abgegrenzte

musikmedizinische Gangtherapie unter Beteiligung eines Musiktherapeuten (Argstatter et al. 2005)

– Fazit:• Keine zusätzliche Interdisziplinarität• Diversifikation und Enhancement (=Anreicherung um neue

Tätigkeiten) der Berufsbilder Physiotherapeut/Ergotherapeut • Hinweise auf die Akademisierung der Berufsbilder

Physiotherapeut/Ergotherapeut (neurowissenschaftliche Fundierung, Evidenzbasierung der Interventionen)

Prof. Dr. Heinz Rothgang 23Prof. Dr. Heinz Rothgang

4. Ergebnisse (7/11)• Telemedizin (1/3)

– „Telemedizinisches Projekt in der Integrierten Schlaganfallversorgung (TeMPIS)“

– Durch Publikationen umfangreich dokumentiert (Audebert et al. 2006, Audebert et al. 2009 und weitere)

– Integriertes Versorgungsprojekt mit berufsgruppenübergreifender Zusammenarbeit

– Zwei Komponenten• Telemedizinische ärztliche Kooperation in der Diagnose• Stroke-Unit-Elemente in der Akutversorgung und Früh-Reha

– Explizite Nennung mehrerer beteiligter Berufsgruppen: Neurologe,Internist, Ergotherapeut, Logopäde, Physiotherapeut, Pflege

– Explizite Nennung von Maßnahmen zur Herstellung von berufsgruppenübergreifender Kommunikation und Interaktion: Qualifikation individuell und in der Gruppe, gemeinschaftliche Lehrinhalte, gemeinschaftliche Visiten, Newsletter

Prof. Dr. Heinz Rothgang 24Prof. Dr. Heinz Rothgang

4. Ergebnisse (8/11)• Telemedizin (2/3)

– Maßnahme ist mittel- und langfristig effektiv: • Qualitätsindikatoren in Interventionskrankenhäusern besser

ausgeprägt (insbes. therapeutische Betreuung so früh wie möglich) • Signifikant besseres Outcome (Vermeidung negativer Ereignisse

wie Tod oder Verlust der Selbstständigkeit) in den Interventionskrankenhäusern

– Vergleichbares rein telemedizinisches Projekt ohne Intensivierung der berufsgruppenübergreifenden Zusammenarbeit TESS („Einsatz der Telemedizin für die flächendeckende Versorgung von Schlaganfallpatienten in Mittelschwaben“) zeigt keine Effektivität über die Standardversorgung hinaus

Prof. Dr. Heinz Rothgang 25Prof. Dr. Heinz Rothgang

4. Ergebnisse (9/11)• Telemedizin (3/3)

– Fazit:• „Best Practice“-Beispiel• Hinweise

– Telemedizinische Medium als ressourcenschonende Alternative zur Stroke Unit im ländlichen Raum

– Effektivitätsgewinn durch berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit

• Beinhaltet den Ausbau der multidisziplinären Kooperation zur interdisziplinären Kooperation

– Weiterführung des Projekts ist vorgesehen

Prof. Dr. Heinz Rothgang 26Prof. Dr. Heinz Rothgang

4. Ergebnisse (10/11)• Rückkehr in das häusliche Umfeld (1/2)

– Eingeschlossen: Intensiviertes Transitionskonzept (Gräsel et al. 2005)

• beinhaltet u.a. administrative Hilfe und psychoedukatives Training• Ausbau der berufsgruppenübergreifenden Zusammenarbeit• Maßnahmen zur Herstellung berufsgruppenübergreifender

Kommunikation oder Interaktion werden nicht explizit benannt, deswegen vermutete Multidisziplinarität

• Keine signifikante zusätzliche Effektivität in der Interventionsgruppe• Aber Verlagerung der Inanspruchnahme in der

Interventionsgruppe: mehr therapeutische, weniger ärztliche Leistungen Auswirkungen auf Kosteneffektivität möglich

Prof. Dr. Heinz Rothgang 27Prof. Dr. Heinz Rothgang

4. Ergebnisse (11/11)• Rückkehr in das häusliche Umfeld (2/2)

– Zwei weitere aus methodischen Gründen ausgeschlossene Studien mit berufsgruppenübergreifender Zusammenarbeit im Transitionskontext

• Angehörigenintervention (Wilz und Barskova, 2007; Wilz und Jungbauer, 2008)

• „Hausärztliche Nordbaden Schlaganfallnachsorgestudie HANS“(Wiesemann et al. 2004)

– Fazit:• Bedeutung der berufsgruppenübergreifenden Zusammenarbeit in

der sektorenübergreifenden Transition• Potentielle Entlastung des/der Finanzierungsträger durch

Tätigkeitsverlagerung • Es fehlen evidenzbasierte Effektivitätsnachweise

Prof. Dr. Heinz Rothgang 28Prof. Dr. Heinz Rothgang

Übersicht1. Einleitung

2. Berufsgruppenübergreifende Kooperation in der Schlaganfallversorgung – Status Quo

3. Systematische Literaturübersicht – Vorgehen

4. Berufsgruppenübergreifende Kooperation in evidenzbasierten Maßnahmen in der Schlaganfallversorgung – Ergebnisse

5. Fazit

Prof. Dr. Heinz Rothgang 29Prof. Dr. Heinz Rothgang

5. Fazit (1/2)• Limitationen

– Evaluiert werden in der Regel nur neue Interventionen, ein systematischer Review bildet also das aktuelle Versorgungsgeschehen also nur unvollständig ab.

– Evidenzbasiert effektive Maßnahmen zeichnen eine mögliche Entwicklungsrichtung der Versorgung vor.

– Einschränkend muss man hinzufügen, dass ein methodisch hochwertiger Effektivitätsnachweis die „Startchance“ für die Übernahme in die Regelversorgung nur verbessert, nicht aber garantiert.

– Abwägung des Anspruch auf Vollständigkeit und Realisierbarkeit.

Prof. Dr. Heinz Rothgang 30Prof. Dr. Heinz Rothgang

5. Fazit (2/2)• Es zeigt sich weniger der Ausbau der interdisziplinären

Kooperation als eine Diversifikation einzelner Berufsbilder.

• Interventionen, die 1.) evidenzbasiert, 2.) effektiv und 3.) interdisziplinär

sind, bleiben die Ausnahme.

• Eine Verbesserung der Versorgungsqualität durch Interdisziplinarität konnte nur in einem Fall (TeMPIS-Studie) nachgewiesen werden.

• Vergleich von TeMPIS und TESS zeigt Potential der Qua-litätsverbesserung durch berufsübergreifende Versorgung

Prof. Dr. Heinz Rothgang 31Prof. Dr. Heinz Rothgang

Schluss

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!