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Medizinsoziologische Medizinsoziologische Aspekte der Rehabilitation Aspekte der Rehabilitation am Beispiel von Patienten am Beispiel von Patienten mit koronarer Herzkrankheit mit koronarer Herzkrankheit Vorlesung 03.05.2011 Querschnittsbereich Rehabilitation I Prof. Dr. Johannes Siegrist Institut für Medizinische Soziologie

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Medizinsoziologische Aspekte Medizinsoziologische Aspekte der Rehabilitationder Rehabilitation

am Beispiel von Patienten am Beispiel von Patienten mit koronarer Herzkrankheitmit koronarer Herzkrankheit

Vorlesung 03.05.2011

Querschnittsbereich Rehabilitation I

Prof. Dr. Johannes Siegrist

Institut für Medizinische Soziologie

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Rehabilitation umfasst alle Maßnahmen, mit deren Hilfe körperlich, geistig und seelisch behinderte Menschen in die Lage versetzt werden, ihre Fähigkeiten und Kräfte zu entfalten und in das gesellschaftliche Leben integriert zu werden. Diese Maßnahmen gliedern sich in medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation, wobei die Übergänge zum Teil fließend sind.

Ein wesentliches Ziel der sekundären und tertiären Prävention und Rehabilitation besteht darin, chronisch Kranke zu Experten ihrer Krankheit zu machen, d.h. ihre Kompetenzen und Motivation zu autonomem Umgang mit der Krankheit (Selbsthilfe) zu stärken. Förderung von Selbstwirksamkeit spielt dabei eine wichtige Rolle, ebenso die Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen.

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ist auf chronifizierte Krankheitsverläufe ausgerichtet ergänzt bzw. ersetzt akutmedizinisch-kurative

Interventionen wendet übende und verhaltensändernde Maßnahmen an zielt auf Wiederherstellung von Funktions- und

Erwerbsfähigkeit wird durch Maßnahmen der Nachsorge

(Nahtlosigkeit und Kontinuität) ergänzt erfolgt stationär, teilstationär oder ambulant

(Nachsorge: wohnortnah-ambulant)

Medizinische Rehabilitation

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RentenartenRentenarten

Regelaltersrente:ab 65. Lebensjahr + allg. Wartezeit 5 Jahreab 67. Lebensjahr (schrittweises Anheben ab 2012)

Vorgezogene Altersrenten- Rente für langjährig Versicherte- Renten wegen Arbeitslosigkeit und Altersteilzeit (ab

58 J.) (endet 2012)- Rente für Frauen (ab 60 J.) (endet 2012)

Renten wegen Erwerbsminderung: Invalidität (Zugangskriterien verschärft)

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Die Frühberentungspolitik Die Frühberentungspolitik in Deutschlandin Deutschland

Hintergrund: Hineindrängen starker Geburtsjahrgänge in den Arbeitsmarkt (Anfang 1980er Jahre)

Verschiedene gesetzliche Maßnahmen zur Arbeitsmarktentlastung durch Frühberentung(v.a. Renten wegen Arbeitslosigkeit und Altersteilzeit

G. Naegele: „Große Koalition der Frühberentung“ durch Politik, Arbeitgeber und Gewerkschaften

Umsetzung z.T. als Instrument innerbetrieblicher Rationalisierung

Problemdruck durch finanzielle Lasten sozialpolitische Umsteuerung nach 2000

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Gesetzliche Regelungen zu Frührenten

• Seit 01.01. 2001: Erwerbsminderungs-Reformgesetz in Kraft

• Verschärfung der Zugangskriterien; Abschaffung BU- EU-Renten

• Gestufte EM-Rente:

-       volle EM: <3 St. täglich arbeitsfähig;

-       teilweise EM: <6 St. täglich arbeitsfähig

• Befristete Gewährung von EM-Renten (Prüfung innerhalb von 3 Jahren)

• Stärkere Nutzung medizinischer Rehabilitationsleistungen vor Annahme eines Neuantrags.

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Auswirkungen des EM-Reformgesetzes

Finanzielle Einschränkungen bei teilweiser EM (ca. ¼ weniger als bei BU-Rente)

Straffes sozialmedizinisches Begutachtungsverfahren: Würdigung von Einschränkungen und Ressourcen beruflicher Leistungsfähigkeit; nachrangige Bewertung von Arbeitsmarktaspekten

Erhöhte Ablehnungsquoten bei Neuanträgen (z.B. bei BFA 35-50%).

Trotz Rückgang der Anzahl von EM-Renten: relevanter Anteil von ca. 17% an allen Renten.

Dabei starker Schichtgradient: <20% Arbeiter RV, 13% Angestellten RV.

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hoheQualif.

mittl.Qualif.

niedr.Qualif.

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Frauen

Erwerbsquoten der 55-64 -Erwerbsquoten der 55-64 -Jährigen Jährigen

nach Qualifikation und Geschlecht, nach Qualifikation und Geschlecht, Deutschland 2004Deutschland 2004

Quelle: Bosch G, Schief S: Politik für ältere Beschäftigte oder Politik für alle? IAT-Report 2005-04. Gelsenkirchen 2005

Männer

Ziel S

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Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeitbzw. Wiederaufnahme der Arbeit

Wichtige Einflussfaktoren: Schweregrad der Krankheit / Behinderung Therapieerfolg und -adhärenz Psychosoziale Faktoren

(z.B. Motivationslage, Depressivität) Opportunitäten des Arbeitsmarkts Qualität der Arbeit Qualität der Arbeit

(chronische Arbeitsbelastungen)(chronische Arbeitsbelastungen)

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Lärm

Physikalische und chemische Noxen

Körperliche Schwerarbeit

Schichtarbeit mit Nachtarbeit

Akkordarbeit

Arbeit, die Ausdauer und Schnelligkeit erfordert

Arbeitsplatz mit Mehrfachbelastungen

Qualität der Arbeit und Gesundheit: Gesundheitsgefährdende

Arbeitsbedingungen

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Zunehmende Bedeutung psychischer und sozialer Belastungen in der modernen Arbeitswelt, v.a.

starker Zeitdruck

Arbeitsverdichtung

Über- / Unterforderung

Überstunden / unregelmäßige Arbeitszeiten

Arbeitsplatzunsicherheit

unfreiwilliger Arbeitsplatzwechsel

stagnierende Erwerbseinkommen

Qualität der Arbeit und Gesundheit: Gesundheitsgefährdende

Arbeitsbedingungen

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Branchen mit stark belasteten Beschäftigten

• Transport- und Verkehrsberufe

• Baugewerbe

• Montagetätigkeit

• Metallindustrie

• Alten- und Pflegebereich

• einfache Dienstleistungsberufe (Reinigung, Bedienung, Callcenter etc. )

• Erziehungs- und Beratungsarbeit

• Land- und Forstwirtschaft

• Berufe in Wechselschicht mit Nachtarbeit

• Berufe mit starker Lärmexposition

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Langjährige Arbeit (Ø 16 Jahre) in Berufen mit hoher psychosozialer Belastung und Risiko der Erwerbs-

unfähigkeit im Alter von 40 bis 59 Jahren

(N= 298.520 ; BfA, LVA, KnV)

Kontrolle für Alter, Zeit unter Risiko, RV-Träger, Bildung, Einkommen,körperliche Arbeitsbelastungen, Schichtarbeit

Männer Frauen

Quelle: N. Dragano (2007), Arbeit, Stress und krankheitsbedingte Frührenten. VS Verlag

Effekt (Odds Ratio und 95% KI)

0.79 1.00 1.26 1.58 2.00 2.51

Effekt (Odds Ratio und 95% KI)

0.79 1.00 1.26 1.58 2.00 2.51

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Handlungsbedarf für die Rehabilitation

Optimierung medizinischer Reha-Maßnahmen

Kontinuität und Differenzierung von Therapieangeboten (u. a. Fokus auf Beschäftigungsfähigkeit)partizipative, aktive Mitarbeit chronisch Kranker (Adhärenz, Gesundheitsverhalten)Resourcenstärkung (Skills-Training, Stressbewältigung, Selbstwirksamkeit, sozialer Rückhalt)

Stärkere Verzahnung medizinischer und beruflicher Rehabilitation

Versorgungskette stationär-teilstationär-ambulant interprofessionelle Kooperation (einschl. Betriebsärzte, Arbeitgeber, Versicherungsträger

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Stressbewältigung als Aufgabe der Rehabilitation: Stärkung von Ressourcen

Leistungsvorteile älterer BeschäftigterLeistungsvorteile älterer Beschäftigter:: Effiziente und zielgerichtete Informationsverarbeitung Ganzheitliche Problemsicht, sorgfältiges Nachdenken Lebenserfahrung, Weisheit Fehlervermeidung, breiteres Problemlösungsrepertoire Stärkeres Engagement, betriebliche Bindung

Diese Leistungsvorteile werden bei anspruchsvollen Tätigkeiten deutlicher sichtbar und bleiben länger erhalten als bei einfachen Tätigkeiten

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Maßnahmen einer gesundheits- und altersgerechten Arbeit

Einführung von Mischarbeit Begrenzte Exposition (z.B. Nachtschicht,

Gruppenakkord, Lärm) Arbeitszeitkonten (Teilzeitarbeit) Verstärkter Einsatz technischer Mittel Personalentwicklung (Requalifizierung) Arbeitsplatzsicherheit bzw. Vermeidung

von Statusverlust Kompensierende Lohndifferenziale Bonussysteme (Betriebstreue)

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Koronare Herzkrankheit und Depression

„Bis zum Jahr 2020 werdenDepression und Koronare

Herzkrankheit weltweit die führenden Ursachen vorzeitigen Todes und

durch Behinderung eingeschränkter Lebensjahre sein.“

(Murray & Lopez, 1996)

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Pro Jahr in Deutschland

~ 270.000 Herzinfarktereignisse; davon ~ 35% tödlich

~ 130.000 AMI-Patienten stationär behandelt

~ 100.000 AMI-Patienten mit Reha-Maßnahmen

AMI: Todesursache Nr. 1 bei Männern 45-65 JahrenTodesursache Nr. 2 bei Frauen 45-65 Jahren

Berufliche Wiedereingliederungsrate im erwerbsfähigen Alter variiert zwischen 50 und 80%

Umfang des Problems

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• Rückgang der altersadjustierten Inzidenz der KHK (Kompression der Morbidität?)

• KHK bei beiden Geschlechtern stark altersabhängig

• Sowohl subklinische wie manifeste KHK mit ausgeprägtem sozialen Gradienten

• KHK als häufigste Todesursache bei Männern ab einem Alter von 45 Jahren, bei Frauen ab 75 Jahren

• Rückgang der Letalität der KHK durch akutmedizinische und präventive Fortschritte

Entwicklungstrends der koronaren Herzkrankheiten

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Risikofaktoren Odds ratio

Apo-B / Apo-A1 3.2

Rauchen 2.9

Hypertonie 1.9

Diabetes 2.4

Übergewicht 1.6

Psychosozialer Stress 2.7

Veränderbare Risiko- und Schutzfaktoren der KHK

INTERHEART Study (S. Yusuf et al., Lancet 304 (2004), 937)

Schutzfaktoren Odds ratio

Obst und Gemüse 0.70

körperliche Aktivität 0.85

(mäßiger Alkoholkonsum 0.91)

Σ PAR Frauen: 90%Männer: 94%

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Niedrige soziale Schichtzugehörigkeit

Chronische sozio-emotionale Belastungen (Beruf, Familie, chronifizierte Lebensereignisse)

Mangelnder sozialer Rückhalt

Feindseligkeit / übersteigerte Verausgabungsneigung

Depressivität / vitale Erschöpfung

Wichtigste soziale & psychische Einflussfaktoren

auf Entstehung und Verlauf der KHK

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Warum sind psychosoziale Risikofaktoren für ärztliches Handeln in der Kardiologie wichtig?

Psychosozialer Stress…• erhöht das Risiko manifester kardiovaskulärer

Ereignisse in signifikanter Weise (‚Risikoverdoppelung‘)

• kommt bei Patienten in der Kardiologie häufig vor (z. B. theoriebasierter Arbeitsstress: Prävalenz 10-30%)

• kann sich hinter kardialen Beschwerden verbergen• verringert/verzögert Arztbesuch und verringert

Therapie-Adhärenz• interagiert mit etablierten somatischen und

verhaltensgebundenen Risikofaktoren

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Kardiovaskuläre Mortalität nach erstem Myokardinfarkt in Abhängigkeit vom

Ausmaß depressiver StörungLesperance F et al, Circulation 2002

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Is marriage worse than work?(For women)

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* Adjusted for age, diagnosis, SBP, DM, smoking, lipids and estrogen status.

Orth-Gomér et al. JAMA 2000;284:3008-14.

A follow-up study of 292 female heart patients in Stockholm

Low Moderate Severe Low Moderate Severe

1

2.8 2.9

11.3 (NS)

1.7 (NS)2

1

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2

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RR* For new events RR* For new events

Marital Stress Work stress

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Abhängigkeit des Restenosierungsrisikos nach PTCA von Overcommitment und medizinischen Risikofaktoren

(n = 106 Männer, 6 Monate follow up)*

*erwartete Wahrscheinlichkeiten basierend auf logistischem Regressionsmodell

Quelle: L. Joksimovic et al. (1999) Int J Behav Med 6: 356 - 69

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Kumulative Reinfarktinzidenz in Abhängigkeit von Job strain (N=971 Männer und Frauen (35-59 Jahre) nach Erstinfarkt)

Quelle: Aboa-Éboulé C et al. (2007) JAMA 298: 1652-1660

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Soziale Isolation und Koronarsterblichkeit nach 12

Monaten

5,7

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Ko

ron

arst

erb

lich

keit

in

%

Quelle: Case et al. (1991), JAMA, 267: 515-519.

nicht allein lebend

allein lebend

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6-Monate-Mortalität nach AMI nach Umfang sozialen Rückhalts

(N=194)

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4341

23 22

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0

20

40

60

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Männer Frauen

% V

erst

orb

ene

Quelle: Berkman LF(1995): The role of social relations in health-promotion. Psychosomatic Medicine 57 3, pp. 245–254.

0

1

2 und mehr

Anzahl vertraute Personen:

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Biopsychosoziales Modell der KHK

Verhaltensmedizinisch begründete Programme

Kontextbeeinflussung (Partner, Arbeitsplatz)

Kontinuität, Nach-haltigkeit

Anforderungen an wirksame Rehabilitation

Interdisziplinäre Teamarbeit/ Fort- und Weiterbildung

Koordination der Versorgung

Vermehrte Eigeninitiative

Nutzung von Gruppen u.a. Präventionsangeboten

Anforderungen an Therapeuten

Anforderungen an Patienten

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San Francisco Lifestyle Heart Trial (Ornish et al., 1990)

Interdisziplinäres Team mit persönlicher Kontinuität Intensive Gruppenarbeit (2 mal pro Woche à 4 Stunden) Komprehensives Programm der Lebensstiländerung:

- Streng vegetarische Diät- Tägliches Stressmanagement und Yoga- Verzicht auf Rauchen- Sozio-emotionaler Rückhalt

Ergebnisse nach 12 Monaten:- Leichte Regression der Koronarsklerose- Signifikante Senkung von Angina pectoris- Niedrige Lipidwerte- Verbesserte Lebensqualität

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Beginn nach 1 Jahr nach 5 Jahren

du

rch

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nit

tlic

he

Ver

eng

un

g d

er

Ko

ron

arg

efäß

e in

%

Quelle: Ornish et al. (1998), JAMA, 280: 2001.

Ergebnisse der quantitativen Koronarangiographie

im San Francisco Lifestyle Heart Trial

Inter-ventions-gruppe(N = 20)

Kontroll-gruppe(N = 15)

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I Akutmedizinische stationäre BehandlungProbleme: - vorstationäre und stationäre Letalität

- Prähospitalzeit

II Stationäre Reha-MaßnahmeProbleme: - Indikation, Inanspruchnahme

- Wirksamkeit (v.a. > 6 Monate)

II Ambulante NachsorgeProbleme: - Inanspruchnahme*

- Konzeptionund Qualität*allerdings: z. Z. ca. 6000 Herzgruppen mit ca. 120.000

Patienten bundesweit

Phasenkonzept der Intervention nach Herzinfarkt: Problembereiche

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Anschlußheilmaßnahme nach akutem Myokardinfarkt

Gesetzlich geregeltes Verfahren unmittelbar nach Krankenhausentlassung (<2 Wochen)

Indikationsstellung durch KH-Ärzte; Dauer stat. Reha i.d. R. bis 3 Wochen

stationäre, teil-stationäre und ambulante Rehabilitationsleistungen

Finanzierung durch RV und GKV; Zuzahlungsregelungen für Versicherte

Entgeltfortzahlung durch Arbeitgeber (6 Wochen) und Krankengeld durch KV

Zielsetzung der RV: berufliche Rehabilitation (50-80%)

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Anschlußheilmaßnahme nach akutem Myokardinfarkt (Forts.)

Stationär v.a. bei schwerer Krankheit, Komplikationen, Ko-Morbidität

4 Säulen: Bewegung, Ernährung und Gewicht, Raucherentwöhnung, Stressreduktion

Bisher begrenzter Wirksamkeitsnachweis bezüglich Mortalitäts- u. Reinfarktsenkung sowie langfristiger Risikofaktorensenkung

Kaum relevante Qualitätsunterschiede zwischen stationärer und ambulanter Rehabilitation

Entwicklungsbedarf bezüglich interprofessioneller Kooperation und Kosteneffizienz

Optimierung der Nachsorge (Herzgruppen: von GKV finanziert)

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2 Tage pro Woche während 6 Wochen im Anschluss an stationäre Reha: Programmfortsetzung und stufenweise berufliche Wiedereingliederung

Kontinuität, NachhaltigkeitProjekt Internistische Nachsorge

(M. Karoff et al., Z Kardiol 89, 2000, 1)

Programm:

Wiedereingliederungsquote 70% 53%

Anteil EU-Renten nach 2 Jahren 5,5% 24%

Evaluation: IG KG

N = 219 LVA-Versicherte nach AMI (2-Jahres-follow up)

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Am Beispiel der KHK wurde die Notwendigkeit einer - fächerübergreifenden / interdisziplinären

(biopsychosoziales Modell!)- auf Verhaltensänderung bezogenen

(verhaltensmedizinische Grundlagen!) - Auf Kontinuität und Nachhaltigkeit ausgerichteten

(wohnortnahe Nachsorgeprogramme!)

Schlussfolgerungen

Rehabilitation verdeutlicht.

Diskussion der Folgerungen für die Aus-, Fort- und Weiterbildung, für Indikation und Behandlungspfade, Struktur und Finanzierung der Krankenversorgung

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Literaturhinweise

• Albus C, Siegrist J: Primärprävention – Psychosoziale Aspekte. Zeitschrift für Kardiologie 94 (Suppl 3), 2005: 105-112.

• de Backer G et al: European guidelines on cardiovascular disease prevention in clinical practice. European Journal of Cardiovascular Prevention and Rehabilitation (Suppl 1), 10, 2003: 1-78.

• Clark AM et al.: Socioeconomic status and cardiovascular disease: risk and implications for care. Nature Reviews Cardiology 2009. DOI: 10.1038/nrcardio.2009.163

• Rozanski A. et al.: The epidemiology, pathophysiology, and management of psychosocial risk factors in cardiac practice. Journal of the American College of Cardiology Foundation 45 (5), 2005: 637-51.

• Siegrist J: Psychosoziale Balance. In: U. Nixdorff (Hrsg.) Check-Up-Medizin. Stuttgart: Thieme. 2009. S. 323-332.