Post on 06-Apr-2015
Tabu
Tabus in der Forschung:Gibt es noch verbotenes Wissen?
Univ.- Prof. Dr. Ulrike Felt
Department of Science and Technology Studies
Tabus sind „abwesende Präsenzen“• etwas darf nicht getan, gesagt, gedacht, gefühlt,
gezeigt ... werden gleichzeitig ist doch machbar, ⇒sagbar, denkbar, .....
• Ein Ausdruck von Grenzen, Furcht, ... Kontrollverlust• gleichzeitig – Ordnungsfunktion, gibt uns Sicherheiten– Herrschaftsmittel, da sie soziale und politische Kontrolle
ausüben• Tabus sind nicht klassische Verbote und Regulierungen –
sie sind das was man explizit nicht aufgreifen möchte
Department of Science and Technology Studies
Bedeutung von Tabus für die Forschung
• Es gibt kein Gesellschaftssystem in dem es keine Tabus gibt; dies gilt ohne Ausnahme auch für die Wissenschaft.
• aber jede Kultur hat andere Tabus und geht mit ihnen anders um – Umgang mit Kernenergie und GVOs als Beispiel für Österreich
• Tabus sind datiert, sie verändern sich• Verschiedene Kategorien, mit unterschiedlicher Wirkmächtigkeit
Wissensproduktion und ihre soziale OrganisationWissen – innerhalb der Wissenschaft generierte TabusWissen – durch Wechselwirkung mit der Gesellschaft entstehende
Tabus
Department of Science and Technology Studies
Tabuthemen zu Wissensproduktion
• Betrug: Daten, Geister-KoautorInnen, ...• Produktion negativer Ergebnisse = Versagen ?!• Peer-review• Wissenschaftliche Fakten und politische
Entscheidungen• Einflussnahme der Fördergeber (etwa im Falle der
Tabakindustrie, im Pharmabereich, ....)• Datenkontrolle/-qualität• Umgang mit Versuchtieren
Department of Science and Technology Studies
Wissen – innerhalb der Wissenschaft generierte Tabus
• WissenschaftlerInnen arbeiten in Denkkollektiven, die von einem bestimmten Denkstil geprägt sind (Ludwik Fleck, 1935) zu einem solchen Kollektiv zu gehören bedeutet deren „Stilregeln“ zu befolgen und sich in Theorien und Methoden einzuschreiben
Department of Science and Technology Studies
Wissen – innerhalb der Wissenschaft generierte Tabus
• WissenschaftlerInnen arbeiten in Denkkollektiven, die von einem bestimmten Denkstil geprägt sind (Ludwik Fleck, 1935) zu einem solchen Kollektiv zu gehören bedeutet deren „Stilregeln“ zu befolgen bzw. auch bestimmte Fragen nicht zu stellen
• Historisch: „Semmelweis-Reflex“; Ablehnung bestimmter Hypothesen ohne sich mit ihnen auseinanderzusetzen
• Grauzonen – Vermeidung von Forschung, die unklar geregelt sind
Department of Science and Technology Studies
Wissen – durch Wechselwirkung mit der Gesellschaft entstehende Tabus
• WissenschaftlerInnen sind immer auch Teile von gesellschaftlichen Denkkollektiven gesellschaftliche Ablehnung hat unweigerlich auch Auswirkungen auf die Wissenschaft
• „Ökonomie der Versprechen“ • Gesellschaftliche/mediale Rahmenerzählungen
erzeugen Ein- bzw. Ausschluss von Themen
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Tabu als Innovationstrigger
• Tabuzonen erhöhen die Bereitschaft alternative Wege zu gehen
• Bsp: Versuch embryonale Stammzellen durch reprogammierte Stammzellen zu ersetzen
• Ablehnung eröffnet Räume für alternative Innovationen
Department of Science and Technology Studies
Tabubruch/Umgang mit Tabus• Tabubruch als Innovationsraum• Strategischer Tabubruch als Aufmerksamkeitsarbeit• Ironie als Umgang mit Tabus – schier grenzenlose
Multiplikation von Cartoons zu Thema Wissenschaft, die Tabuzonen aufgreiefen
Department of Science and Technology Studies