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icht alle Personen,
Orte und Ereignisse sind frei erfunden.
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Montag, 14. März 2011
12:45 Uhr
och zwei Stunden und fünfzehn, nein vierzehn
Minuten. Ich weiß nicht, ob ich das alles noch aushalten
werde. Ich bin nervös, mein Kreislauf spielt verrückt und ich
ärgere mich. Stefan kann so penetrant
besserwisserarschlochmäßig sein. Das macht er nicht
bewusst - das ist seine Masche um mich in seinem goldenen
Käfig zu halten.
Will er nicht sehen, oder will er nur das sehen was in
seine geordnete Welt passt? Stefans Leben ist wie eine
gerade Linie. Er beginnt bei A (von wo denn sonst?) um sein
definitives B auf dem kürzesten Weg zu erreichen. Sein Ziel-
B ist die Rente und er setzt alles daran, dass zwischen A und
B der Zustand der größtmöglichen Sicherheit bewahrt bleibt.
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Oft genug habe ich ihm gesagt: „Im Leben gibt es keinen
geraden und ebenen Weg.“
Dazu hat er nichts gesagt, aber an seiner Mimik konnte
ich ablesen, dass er nicht verstanden hat.
Manchmal, wenn ich seinen Ansprüchen nicht genüge,
oder nicht so funktioniere, wie es seinem heimlichen Ideal
entspricht, setzt er seinen Rauhhaardackelblick auf. Sein
Blick hat die gleiche Wirkung wie die Wartezeit im
Vorzimmer der heiligen Inquisition. Ich soll mich schlecht
fühlen, Abbitte leisten und mich unterordnen. Mit seinem
leidenden Höllenblick knallt er mir alle Vorwürfe für
entsetzliche Verbrechen ins Gesicht. Oft garniert mit seinem
„Liebling“ (wenn er eines Tages „Kindchen“ sagt, greif ich
zum Küchenmesser), ich mach´ mir doch nur Sorgen. Dir
soll´s doch gutgehen“, verstärkt er die Wirkung bis ins
Unerträgliche. Mit seiner Psycho-Folter erreicht er, dass ich
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mich ihm unbewusst unterordne und ständig mit einem
schlechten Gewissen herumlaufe. Dafür hasse ich ihn
abgrundtief, und ich könnte ihn umbringen – nur in meinen
Gedanken und nicht wirklich.
Damit mich die Hoffnung nicht verlässt, hat mein
angepasstes Diesseits ein verlockend schönes Jenseits.
Stefan hat mir ein kleines Paradies geschaffen, in dem ich
sorglos leben darf und glücklich zu sein habe. Stefan kann
großzügig und ein wunderbarer Ehemann sein. Stefan ist
auch ein liebevoller Vater und die Kinder lieben ihn. Aber ich
mache mir schon lange nichts mehr vor. Unsere Ehe
funktioniert nur gut, weil ich so funktioniere wie alle Frauen
im cleanen Mickey-und Minnie-Mouse-Land funktionieren.
Wenn er schreien, einen Wutanfall, oder einen Teller
an die Wand werfen würde, könnte ich damit leben, weil ich
wüsste, dass er lebt. Die Kleinigkeiten und seine
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berechenbare Beherrschtheit gehen mir auf den Zentralnerv.
Seine penetrante Bio-Macke mit immer frisch kochen ist so
ein Beispiel. Stefan sagt, ich soll auf dem Markt einkaufen,
weil „wir“ gesund leben wollen. Er spricht mit einer
Selbstverständlichkeit von einem „Wir“, einem „Sollen“ und
einem gemeinsamen „Wollen“, obwohl der Zustand des
„Wir“ allenfalls noch ein genervtes „Nebenher“ und nur
selten ein gewolltes „Miteinander“ ist.
Heute ist wieder so ein Tag, wo sein „Wir“ bedeutet,
dass ich wieder einmal im Regen stehe, als ob ich jede
Menge Zeit und nichts zu tun hätte. Alles soll schnell gehen,
aber wie ich das alles auf die Reihe bekommen soll, weiß ich
nicht. Ich weiß nur, dass die Kinder Spagetti Bolognese aus
der Packung und Cola bekommen. Das wird für heute
reichen. Die Kinder halten zu mir. Wenn ich den Jungs einen
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Zehner gebe und verspreche, dass wir morgen Burger essen
gehen, petzen die nicht.
Warum muss das immer so lange dauern, bis die aus
der Schule kommen? Als ob ich nichts Besseres zu tun hätte,
als hier zu stehen und zu warten. Meine Eltern haben mich
doch auch nicht zur Schule gebracht. Ich musste
kilometerweit laufen, ob es geregnet, die Sonne geschienen,
oder der schwarze Mann aus der Siedlung kleine Mädchen
befummelt hat. Früher wollte das niemand hören und das
hat auch niemand interessiert. Das mit in die Schule bringen
und wieder abholen hat sich erst in den letzten Jahren zur
kollektiven Massenhysterie entwickelt. Nur mein bewegter
Gutmann drückt sich wieder vor seiner Verantwortung.
Stefan könnte sich auch mal um die Kinder kümmern. „Mein
Job gibt das nicht her“ sagt er, und alles bleibt wieder an mir
hängen. Und was ist mit meinem Job? Als ob ich nicht genug
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zu tun habe. Das was ich mache ist doch keine kleine
Nebenher-Beschäftigung.
In den letzten vier Jahren habe ich viel erreicht. In
einigen Wochen werde ich sogar gleichberechtigte
Teilhaberin der Firma. Außerdem verdiene ich mehr als
Stefan. Aber dazu sagt er nichts. Von ihm kommt kein Lob,
aber ich weiß, dass ihm mein Erfolg stinkt. Sein Ego ist
angekratzt, und das äußert sich in seinem Verhalten. Für
mich ist es das Verhalten eines Blinden, der seine
Behinderung als subtil wirkende Waffe einsetzt, damit ich
Rücksicht auf ihn nehme. Die wahre Absicht die dahinter
steckt, ist offensichtlich. Er versucht mich an eine kurze
Kette zu legen, und zwar so, dass ich mich füge und nicht
über unsere Situation nachdenke.
Der Blödmann hinter mir blinkt mich an und hupt auch
noch. Ich soll verschwinden - mich ordentlich einordnen und
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warten wie es sich gehört. Sieht der nicht, dass die
Mutterglucken mit ihren Familienkutschen und den
unsäglichen Tims und Lauras und Babykörbchenaufklebern
an den Autofenstern, die Straße blockieren und keine
Parklücke frei ist. Am liebsten würde ich aussteigen und
gegen sein Auto treten, aber es regnet.
Ich bin kribbelig. Ich rutsche auf dem Sitz hin und her.
Ich muss auf die Toilette, aber ich halte durch, weil ich für
ihn durchhalten will. Nur (oder) noch zwei Stunden. Zeit ist
relativ, wenn das Ich mit Familie, Job und der Affäre in
Einklang gebracht werden muss.
Er ist gebildet, er kann sich ausdrücken und er sagt was
er will. Das beeindruckt mich. Stefan ist vollkommen anders.
Stefan vertritt nie eine klare Position, und bevor es zu
Streitigkeiten kommen kann, weicht er aus, oder er schweigt
und zieht sich zurück.
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Wir hatten über Beziehungen und die Empfindungen
innerhalb einer Zeitspanne gesprochen, und ich wollte mit
ihm darüber diskutieren. Mine Sorgen und Ängste haben ihn
nicht interessiert. Er hat nur gelacht und gesagt: „Komm, ich
zeig dir wie Zeit und Empfindungen zueinander stehen.“
Diese unerschütterliche Selbstsicherheit liebe ich an
ihm. Er kennt sich aus und redet er nicht viel. Stefan hätte
jetzt mit einem komplizierten Monolog begonnen, aber er
hat mich in seine Küche geführt. Er hat einen Stuhl
herangezogen und gesagt: „Steig da drauf Fotze.“ Er hat mir
zugesehen, wie ich zuerst meinen engen Rock hochgezogen
und dann auf den Stuhl gestiegen bin.
„Und jetzt setz dich auf die Kochplatte.“
Ich wusste nicht was er von mir wollte, aber ich habe
mich vorsichtig auf die Ceranplatte gesetzt. Dann hat er mir
in die Haare gegriffen und mich festgehalten. Mit der
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anderen Hand hat er einen Schalter bewegt. Auf der
Herdplatte hat er mich langsam und gleichmäßig gefickt. Ich
habe die Hitze nicht gespürt. Aber mein rationaler Verstand
hat mir zugeflüstert: „Du wirst verbrennen.“
Vor Angst habe ich mich mit den Händen abgestützt
und mich wie ein rammelndes Karnickel immer schneller
bewegt, nur damit ich die Herdplatte nicht zu sehr berühre
und schnell wieder da runter komme. Einstein hätte das
nicht bessere erklären können. Jetzt in diesem Moment
habe verstanden, warum das Leben mit Stefan wie ein
grauer, zäher Brei ist. Zeit ist ein relativer Zustand, wenn
man die Umstände in Beziehung zueinander setzt. Zwei
Minuten in der Küche heiß gefickt werden, kamen mir vor
wie zwei Stunden lauwarmer Kuschelmuschelschmusesex.
Dabei war die Herdplatte gar nicht heiß, nur etwas warm
und ich hatte danach nur einen roten Po. Aber das kam nicht
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von der Herdplatte, sondern vom heißen Wasser. Er wollte
noch, dass ich mich ins Abwaschbecken setze, und ich bin
versehentlich an die Mischbatterie gekommen. Am Abend
hat mich Stefan im Bad überrascht. Er hat sich gewundert.
Ohne ihn anzusehen habe ich ihn angelogen: „Das kommt
von den neuen Röhren im Sonnenstudio.“ Stefan glaubt mir
alles, und trotz meiner offensichtlichen Lüge hatte ich nicht
einmal ein schlechtes Gewissen. Die Strafe kam sofort. Ich
musste mir einen endlosen Vortrag über die Schädlichkeit
von künstlicher Bräune und das hohe Krebsrisiko anhören.
Die Striemen und die blauen Flecken an meinen Brüsten hat
er nicht bemerkt. Bei solchen Sachen ist er blind. Er wundert
sich auch nicht, dass ich nicht mehr nackt, sondern nur noch
mit Shirts oder grauslich unerotischen Nachhemden ins Bett
komme.
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Ich sehe in den Rückblickspiegel und muss lächeln. Ich
denke an ihn, und ich darf mein Versprechen nicht brechen.
Seine Prüfungen sind nicht einfach, aber die Regeln sind klar
und ich habe zugestimmt. Mit meinem Verhalten beweise
ich, dass man mir vertrauen kann, und darum halte ich
durch. Wenn ich auf dem Sitz weit vorrutsche, kann er alles
kontrollieren. Jeden Moment kann eine SMS mit einem „B“
wie „Beine auseinander“ kommen. Ich schaue wieder in den
Spiegel. Ich muss zum Friseur. Man sieht die
herausgewachsenen Ansätze.
Die Kinder trödeln wie immer. Der tägliche Bring- und
Abholstress macht mich noch verrückt, und ich kann kaum
noch sitzen.
Draußen ist es kalt - zu kalt für den März. Der Regen
läuft in Schlieren über die Scheiben. Ich bin nervös. Das
„Sch“ „Sch“ der sich hin und her bewegenden
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Scheibenwischer zehrt an meinen Nerven. Es erinnert mich
an die Reibung von Haut an nassem Latex. Wenn Latex-
Strümpfe nur nicht so schwer anzuziehen wären. Dafür
bekommen die keine Laufmaschen - das hat auch Vorteile.
Die Scheiben sind innen beschlagen und mir ist heiß.
Am liebsten würde ich meine Bluse aufknöpfen, aber nicht
hier und schon gar nicht vor der Schule. Hoffentlich kommt
er nicht wieder auf so eine Idee wie am Sonntagmorgen im
Rhein-Ruhr-Zentrum. Die Wachleute vor den
Überwachungskameras hatten bestimmt ihren Spaß.
Ich schließe die Augen und murmelnd summe ich die
Melodie: „…Aber schön war es doch, aber schön war es
doch, und ich möcht' das noch einmal erleben. Dabei weiß
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ich genau, dabei weiß ich genau: So was kann es doch einmal
nur geben. Aber schön war es doch …“1
Meine Gedanken drehen sich nicht mehr um die Dinge
die ich heute noch erledigen muss. Das ständige Müssen
geht mir auf die Nerven. Immer muss ich irgendetwas tun.
Ich bin wie eine Puppe die an Fäden aufgehängt ist.
Fremdbestimmt gehorche ich jedem, der die Fäden in den
Händen hält.
„Love is just like a merry-go-round. With all the fun of
the fair. One day I´m feeling down on the ground. Then I´m
up in the air …”2
Warum Stefan immer noch nichts bemerkt hat, ist mir
rätselhaft? Kann ein Mann so ahnungslos sein? Ich schüttle
den Kopf, als ob ich Selbstgespräche führen würde. Ist das
1 „Aber schön war es doch“ Songtext von Hildegard Knef
2 Aus „Puppet on a String.” Songtext von Sandie Shaw
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nur ein schönes Beispiel von ehelicher Blindheit, oder will er
nichts bemerken, damit unser Konstrukt erhalten bleibt und
das Fundament keine Risse bekommt. Risse in unserer Ehe,
die schon längst vorhanden sind, und nur durch ein
stillschweigendes Arrangement von Funktionieren und
andressierter Ruhe überschminkt werden. Ich muss an ein
Kosmetikinstitut für Ehen denken. Ob es so etwas gibt? Ich
schau meine Hände an. Zu meiner Fingernageltante müsste
ich auch. Vielleicht mal Crash-Lack, oder doch lieber ein
Knallrot auf verlängerten Krallen?
Was beklage ich mich? Der Zustand wie er ist, ist eine
komfortable Form von Arrangement. Liebe verändert sich im
Laufe der Zeit und Ehe ist der Killer jeder Leidenschaft - das
wussten schon die alten Griechen, die das „Griechisch“
erfunden hatten, und bei den Frauen anderer Männer ist er
ein Künstler in dieser Disziplin.
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Dumm fickt gut, heißt es doch. Also fickt intelligent
schlecht. An den alten Sprichwörtern ist etwas dran. Stefan
ist intelligent und mein Traummann - eigentlich immer noch,
und ich möchte mit ihm alt werden. Oder ist es nur ein
Wunschtraum an dem ich mich verzweifelt klammere, und
Stefan hat sich schon zu weit von mir entfernt? Ich lass ihn in
Ruhe. Ich verlange nichts von ihm, und er nichts von mir,
und die ehelichen Pflichten gibt es auch nicht mehr, weil wir
die Erfüllung nicht einfordern, und für Routinetaten zu
lustlos sind.
Noch zwei Stunden. Ich versuche nicht daran zu
denken, aber der Gedanke, dass es da ist, erregt mich. Ich
weiß, wo er das Ding angebracht hat. Er hat es mir gezeigt
und mir nachdrücklich verboten, es zu entfernen. Dumm ist
er nicht, und wenn man nicht zu genau hinsieht, fällt es auch
nicht auf. Das kleine schwarze Gerät ist unterhalb des
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Lenkrads, ganz unten an der Konsole. Es sieht aus, als ob es
dazu gehört. Wer nicht danach sucht, entdeckt es auch
nicht. Nur wenn ich den Wagen in die Werkstatt bringe,
muss ich ihn fragen, ob ich es entfernen darf. Die bei BMW
gucken bestimmt blöd und stellen Fragen, wenn die das
entdecken.
Endlich sehe ich die Kinder und die Türen gehen auf.
„Hi Mum“ ist alles was ich zu hören bekomme. Ich bin
die Mum, die gehorsame Mutterkuh die ihre Pflichten zu
erfüllen hat.
„… mit dir will ich die Pferde stehlen, die uns im Wege
sind. Ich geh mit dir durch dick und dünn …“3 Die Taschen
fliegen auf den Sitz und ich stelle die Musik ab.
Die kleinen Dinger in den Ohren töten jede
Kommunikation. Ich will eine gute Mutter sein und mit
3 Aus „Bonnie and Clyde” – Songtext von den Toten Hosen
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meinen Kindern sprechen, aber mir fällt nur „wie war die
Schule?“ ein.
Ich bekomme keine Antwort. Ich sehe nur
ausdruckslose Augen und Ohren, aus denen weiße Kabel
wachsen. Ich liebe meine Kinder, aber meine Gedanken sind
zu weit weg, als dass mich Antworten oder ein längerer
Bericht über den Schulalltag wirklich interessieren würde.
Ich halte es kaum noch aus. Ich muss aufs Klo, aber ich
muss mich konzentrieren und die Kinder heil nach Hause
bringen. Dann muss ich das Essen zubereiten, und dann,
wenn die Glocken der Kirche zu hören sind, kann ich aufs Klo
- nicht vorher und nur wenn er zustimmt.
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Montag, 14. März 2011
15:07 Uhr
as für eine Erlösung, endlich ist es 15:00 Uhr. Ein
inniges Glücksgefühl durchströmt mich. Unser Signal ist eine
Art Geheimschrift, die ich auswendig lernen musste. Ich
sende ein „S“ und ein Fragezeichen. Nicht mehr. Die
Botschaften zwischen uns müssen verschlüsselt sein. „Zu
deiner Sicherheit“ hat er gesagt und obwohl ich mich wie
eine Agentin in geheimer Mission vorkam, fand ich seine
Anweisung vernünftig. Ich bin verheiratet und für mich steht
viel auf dem Spiel.
Das „S“ bedeutet Schokolade, und mein angefügtes
Fragezeichen ist die Bitte um Erlaubnis auf die Toilette zu
gehen.
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Seine SMS-Antwort kommt quälende sieben Minuten
später. Ich lese ein „J“ was so viel wie Ja bedeutet - kein
liebevolles „ich vermisse dich du geile Fotze“ oder so etwas.
Nur ein kaltes und abweisendes „J“ und sonst nichts.
So als ob es die selbstverständlichste Sache der Welt
für die banalste Verrichtung der Menschen wäre, gehe ich in
unser Bad. Dann stelle ich mein iPhone auf das weiße
Waschbecken an die Mischbatterie und schalte die
Aufnahmefunktion ein. Ich ziehe mich langsam aus -
vollständig - auch meinen BH, so wie es vereinbart ist.
Meinen Rock falte ich sorgfältig zusammen und lege ihn auf
den Stuhl. Dann die lindgrüne Seidenbluse darüber. Ich muss
nachher noch einmal in die Firma und sie darf keine Falten
und keine Flecken bekommen. Einen Slip darf ich nur mit
seinem ausdrücklichen Einverständnis tragen. Ich habe noch
nie gefragt. Er hat noch nie zugestimmt und ich habe keinen
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an. Die Strümpfe lasse ich an, weil ich denke, dass ihm das
gefallen wird.
Es ist mir nicht peinlich, seine Anweisungen
genauestens zu befolgen. Ich bücke mich so, dass mein Po
gut ins Bild kommt. Dann entferne ich den silbernen Plug mit
dem schönen roten Swarovski-Kristall aus meinem Arsch.
Sorgfältig lecke ich den Plug ab, den er mir geschenkt hat.
Ich achte darauf, dass ich nicht direkt in die kleine Kamera
sehe. Mein Gesicht soll so wenig wie möglich auf den
Aufnahmen erscheinen. Den Plug lege ich in das rote
Schminktäschchen in meiner Handtasche. Ich weiß, dass ihm
die Aufnahme gefallen wird. Es macht mich froh, wenn ich
ihm eine Freude bereiten kann. Dann setze ich mich auf das
Toilettenbecken. Nach quälend langer Zeit darf ich mich
endlich erleichtern. Ich säubere mich mit Feuchttüchern.
Streicheln darf ich mich nicht. Das ist mir verboten, aber ich
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mache es trotzdem. Ich nehme die elektrische Zahnbürste
von Stefan. Er wird mich dafür bestrafen, das weiß ich, und
Stefan merkt das nicht.
Das Handy blinkt. Die Aufnahme läuft noch und ein
Zittern wie nach kurzen, heftigen Stromstößen durchläuft
meinen Körper. Ich wasche mich auf dem Bidet. Dann putze
ich meine Zähne und schminke mich sorgfältig. Ich ziehe mit
dem Lippenstift die Lippen nach und ziehe mich wieder an.
Die Kinder machen ihre Hausaufgaben und Stefan ist in
seiner Firma. Niemand hat etwas bemerkt. Das kleine
Filmchen leite ich an ihn weiter.
„Wir sind uns vorher nie begegnet - doch ich hab dich
schon lang vermisst ...“4 Ich frage mich, was er jetzt in
diesem Moment macht.
4 Aus „Bonnie and Clyde” – Songtext von den Toten Hosen
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Montag, 14. März 2011
19:12 Uhr
Ich bin immer noch im Show-Room. Wie oft ich die
neue Kollektion arrangiert habe, weiß ich nicht, weil ich
nicht mitgezählt habe. Sorgfältig achte ich darauf, dass die
schweren Kleiderbügel auf den Chromstangen immer im
Abstand von fünfzehn Zentimeter zueinander hängen. Die
weich fließenden Styles und die perfekt abgestimmten
Farbnuancen der Abendkleider sind eine Sensation, aber es
gibt noch zu viele Details, die ich ändern möchte. Ich bin zu
kritisch und eine Perfektionistin. Für den Erfolg der
Kollektion kommt es auf das Gesamtbild, aber noch mehr die
Details an. Die Orders sind für die Firma wichtig. Ich sehne
mich nach Lob. Nur enthusiastischer Beifall ist die ultimative
Krönung meiner Arbeit.
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Auf die Qualität der Stoffe bin ich besonders stolz, und
die Accessoires sind ein Traum. Es ist das Beste, was ich
jemals kombinieren konnte. Das sage ich mir immer. Es ist
immer das Beste. Ich will immer nur das Beste. Alles andere
kann man in die Tonne drücken. Dennoch hätte ich große
Lust, alles noch einmal neu zu machen, wenn der ständige
Druck von Uli und Franz nicht wäre. Zeit und Kosten sind
meine Feinde. Sie arbeiten gegen mich und zerstören meine
Kreativität.
Die Budgetplanung und die endgültige Kalkulation sind
auch noch nicht fertig, und ich versuche mein schlechtes
Gewissen zu verdrängen. Ich muss wieder bis spät in die
Nacht arbeiten.
Ich öffne eine kleine Flasche Stolzenfels-Sekt. Franz hat
mir gesagt, „der Aldi-Sekt schmeckt wie die wilden 20er in
New-York, und außerdem hat er das Feeling einer einsamen
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Insel hat, wo alle nackt rumlaufen und sich an weißen
Sandstränden unanständig lieben.“ Uli hat gelacht. Ich habe
gelacht und mir nichts dabei gedacht. Erst später habe ich
begriffen, dass er mir damit zu verstehen geben wollte, dass
Champagner für das Personal zu teuer ist. Seit einiger Zeit
gibt es Moet und Pommery nur noch für Kunden.
Ich rufe Stefan an, und er ist sofort am Telefon, als ob
er auf mich gewartet hätte.
„Du, ich muss hier noch so viel erledigen. Mach dir
doch selber etwas zum Essen. Bei mir wird es wieder später.
Ich liebe dich.“
Ein abwesend klingendes „ich liebe dich auch“ kommt
zurück. Ich schüttle den Kopf. Liebe klingt bei Stefan so
routiniert wie eine Höflichkeitsfloskel. Die Worte „Bitte“,
„Danke“, „ich liebe dich“, „hast du Lust“ klingen alle gleich,
wenn die Emotionen verloren gegangen sind. Stefan liebt
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mich, daran habe ich keine Zweifel. Aber wie liebt er mich.
Liebe ist ein dehnbarer Begriff für eine überaus komplizierte
Angelegenheit.
Ich muss an das Beispiel mit dem Schmetterling am
Amazonas denken. Oft ist es Gedankenlosigkeit, wenn ein
unwissender Indio nach einem Schmetterling schlägt, und
das kleine Flattervieh tötet. Durch den toten Schmetterling
können Blumen nicht bestäubt werden, Bäume wachsen
nicht, und eine sich immer schneller aufbauende
Kettenreaktion kommt in Gang. Am Ende stehen
Katastrophen in Europa und das Ende der Zivilisation. So
ähnlich muss es sich mit der Liebe verhalten. Kleine
Unachtsamkeiten kumulieren sich, und am Ende der Kette
wird ein paradiesisches Liebes-Biotop zerstört.
Ich versuche nicht darüber nachzudenken. Stefan und
sein Team arbeiten an einem schwierigen Projekt. Ich bin
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erleichtert, dass er keine Fragen gestellt hat und beschäftigt
ist. Hoffentlich hält seine Sehschwäche noch einige Zeit an.
Ich brauche meine Ruhe.
Franz und Uli haben mir schon vor Monaten eine
Teilhaberschaft an der Firma zugesagt. Zum neuen
Geschäftsjahr am 1. Juli 2011 werde ich gleichberechtigte
Partnerin. Stefan vertraut mir blind. Als ich ihm von der
Chance einer Teilhaberschaft erzählt habe, hat er nur
geantwortet: „Liebling du machst das schon. Wenn du dir
sicher bist, dass du das Richtige tust, dann stehe ich zu dir.“
Obwohl Stefan ohne Diskussionen den Kreditvertrag
mit unterschrieben hat, ist er skeptisch. Er meint: „Bis dahin
kann noch viel passieren, und danach noch viel mehr.“
Mehr hat er nicht gesagt, aber ich weiß, dass das mit
dem Geld gutgehen muss.
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Franz ist der Unberechenbare und Uli ist schwul und
entspricht in seinem Wesen und seinem Aussehen allen
Klischees über Schwule. Uli kenne ich schon sehr lange. Er ist
wie ein guter Freund, dem ich vertraue. Ich schätze ihn als
kreativen Kopf des Unternehmens. Franz ist für die Finanzen
und das operative Geschäft zuständig. Franz ist mit Verena
verheiratet und Verena ist meine beste Freundin. Eigentlich
sind wir das perfekte Team. Dennoch ist etwas in mir, was
mich misstrauisch macht. Zwar sind es noch drei lange
Monate, aber ich werde immer wieder hingehalten. Mal sind
es Terminprobleme, dann hat der Steuerberater die Bilanzen
noch nicht erstellt, die angeblich für meine Beteiligung
wichtig sein sollen. Außer Versprechungen habe ich immer
noch nichts Schriftliches in der Hand. Stefan habe ich davon
nichts gesagt. Er soll sich keine Sorgen machen. Stefan hat in
seinem Job genug um die Ohren.
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Wir haben einen Kredit auf unser Haus aufgenommen
und 350.000 Euro zu sehr günstigen Konditionen erhalten,
die ich bereits vollständig in die Firma eingebracht habe.
Damit konnte die neue Kollektion finanziert werden, die
sonst das Budget vollkommen gesprengt hätte.
Aber wir sind zuversichtlich. Nächste Woche soll ein
Fotoshooting in Marbella stattfinden. Ich werde hinfliegen
müssen. Uli, Franz und Verena sind schon dort, um die
Locations zu checken und ich bin für die Präsentation der
Kollektion verantwortlich.
Die Vororders sind besser als erwartet, und sogar die
Einkäufer der Handelsketten waren von der Kollektion
begeistert. Nur die großen Aufträge auf die es ankommt,
sind noch nicht da. Ich müsste mich inzwischen daran
gewöhnt haben, es ist immer das gleiche Spiel von
Zuversicht und Hoffnung.
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Ich schalte meinen Laptop ein und Windows baut sich
auf. Das Fenster zu den unendlichen Weiten des Internets
öffnet sich.
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Montag, 14. März 2011
20:16 Uhr
ahlen und Statistiken sind mir ein Gräuel. Ich hasse
alles was auch nur im Entferntesten wie
„Tabellenkalkulation“ klingt. Der Name „Excel“ inspiriert
mich, und ich muss an eine Zelle mit Gitterstäben und
Ketten denken. Die Bezeichnung „PowerPoint“ erscheint mir
wie eine Metapher, hinter der sich mehr als nur Erfolg und
Macht verbirgt. Mein PowerPoint ist meine unendliche
Phantasie und meine Kreativität.
Die Zahlen auf dem Bildschirm verschwimmen vor
meinen Augen. Wenn ich eine Zahl verändere, bewegen sich
die Säulen. Aber was hat das für einen Sinn? Worst-Case,
Best-Case sind hohle Phrasen. Nur die Realität - das Ist im
Jetzt zählt. Die pulsierenden Säulendiagramme erinnern
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mich an steil aufstehende Schwänze - in einer Reihe zum
Gebrauch aufgestellt - die kleinsten zum Schluss. Wenn die
Orders nicht reinkommen, wird alles auf einen blutroten
Fleck geschrumpft - eine große Blutlache, die nach einer
verlorenen Schlacht zurück bleibt. Eigentlich müssten die
Kleinsten zuerst drankommen. Als Horsd'œuvre, schön
lecker zum dran lutschen serviert, bis sie stramm stehen.
Später kommen die prallen Hengstschwänze als Belohnung
für die harte Arbeit.
Der schöne Roman „Black Emanuelle“ fällt mir ein. Das
Buch kenne ich fast auswendig, so oft habe ich es gelesen.
Die Szene, wo eine Frau (die Frau des Gastgebers?) vor
geladenen Gästen ein Pferd bis zum Höhepunkt masturbiert,
ist in mein Gehirn eingebrannt. Diese Stelle habe ich
zwanzigmal und mehr gelesen. Ich schließe die Augen und
stelle ich mir das vor Lust wiehernde Pferd vor, das sich über
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der Frau entleert, und den Applaus, den die Hausherrin
dafür bekommen hat. Frauen im antiken Rom waren von
den Männern abhängig. Aber als Hausherrinnen besaßen die
römischen Frauen die wahre Macht. Er macht nur das, was
ich mir in meinen gut verborgenen Phantasien schon immer
vorhanden war. Ist er nur ein Erfüllungsgehilfe und ein
dienstbarer Geist? Darüber darf ich nicht mit ihm reden.
Ich muss wieder an ihn denken. Mit Geld kann man
alles erreichen. Seine luxuriöse Wohnung ist etwas
Besonderes. Auch seine Terrasse hoch über den Dächern
von Essen ist ein Traum, aber ein Pferd da hin zu bekommen,
dürfte auch ihn vor ein Problem stellen. Mit mir hatte er es
nicht schwer, mich in den siebten Stock seiner Penthouse-
Wohnung zu führen. Als ich ihm in die Augen gesehen hatte,
wollte ich es. Aber mit einem Pferd ist das anders. Passt ein
Pferd in einen Aufzug? Wie viel wiegt ein Pferd und ist die
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zulässige Nutzlast des Aufzugs erreicht? Wie verhält sich ein
verschreckter Hengst auf einer Frau die will? Hat so ein Tier
auch Erektionsprobleme?
Im alten Rom in den Stadien waren solche Aktionen
unkomplizierter. Damit sich das Volk daran erfreuen konnte,
wurden erbeutete Frauen und ungehorsame Sklavinnen
festgebunden, damit die von Hengsten und Stieren
bestiegen werden konnten. Die alten Römer hatten Platz im
Überfluss, und auch an Pferden und Stieren hat es nicht
gemangelt. Moralische Bedenken gab es auch nicht. Die
Götter machten es ja vor. Die trieben es bunt
durcheinander, und sie konnten sich ganz nach Belieben in
Stiere und Hengste verwandeln.
Er macht zwar öfter Andeutungen und sagt: „… eine
ungedeckte Stute ist für mich keine vollwertige Frau …“ und
„… ein Freund besitzt einen Bauernhof in der Nähe von
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Herne. Da fahren wir demnächst mal hin …“, aber ich weiß
nicht, ob das nur seine Phantasien sind, oder ob er das
wirklich vorhat.
Ich muss mich endlich um das Budget kümmern, und
ich bin allein im Büro. Stefan schläft bestimmt schon, und
wie ich ihn kenne, hat er die Kinder ins Bett gebracht. Um
meine Familie muss ich mir keine Sorgen machen. Die Zahlen
beunruhigen mich, und seit heute Nachmittag habe ich
nichts von ihm gehört. Auch das kleine Filmchen hat er nicht
kommentiert. Ich sehne mich nach seiner Aufmerksam und
seinem Lob. Meine Gedanken drehen sich nur um ihn.
„Die Frau soll den Webstuhl betätigen und sich im Bett
fleißig bewegen.“ So steht es in der Ilias. Sinnbildlich
betätige ich den Webstuhl, ich schaffe Geld ran und ich will
mich im Bett fleißig bewegen, aber nur mit ihm und so wie
er es will, weil ich es will.
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In mir ist eine nicht endend wollende Unruhe und ich
rauche zu viel. Uli mag die Qualmerei nicht und Franz hasst
es auch, wenn ich im Showroom rauche. Mode ist ein
sinnliches Erlebnis, das alle Empfindungen ansprechen kann
- wenn man es richtig macht. Ich habe Frauen erlebt, die
einen Orgasmus hatten, nur weil sie einen besonderen Stoff
oder einen Pelz auf der Haut gespürt hatten. Nylon besitzt so
eine erregende Eigenschaft, oder das hauchdünne Latex. Der
Geruch von Zigaretten tötet die Empfindungen.
Ich kann mich nicht auf die Etatplanung konzentrieren.
Ich bin eine kreative und sensible Frau, und kein
Zahlenmensch. Für so widernatürliche Pflichten wie
Etatplanungen gibt es Buchhalter.
Warum ist er mir so vertraut, und warum weiß ich so
wenig von ihm? Ich weiß wo und wie er lebt, aber ich kenne
seinen Beruf nicht. Er hat mal etwas gesagt, dass er in der
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Politik wäre, aber ob das stimmt? Ist er verheiratet? Hat er
Kinder? Ich weiß nur, dass er gebildet ist, und sich
ausdrücken kann.
Wir hatten vereinbart, dass ich ihm eine SMS sende,
wenn ich frei bin. Der Code - unser Code für Freiheit ist ein
„F“ und sonst nichts. Nur ein „F“ und keine persönlichen
Dinge oder Liebeserklärungen und solche Sachen. Nur ein
„F“ wie fickbar. Ich bin fickbar und ich bin für ihn fickbereit.
Ich bin sein Fickstück. Ich liebe ihn, weil er meine
geheimsten Gedanken errät, bevor ich sie gedacht habe. Ich
tippe ein „F“ in mein iPhone und sende die SMS.
Seit ich ihn kenne, denke ich immer, dass man mir die
Geilheit ansehen und auch riechen müsste. Ich darf keine
Slips tragen. Nicht nur die schwarzen, auch hautfarbene
Strümpfe sind mir erlaubt. Satin-Sheers mag er gern. „Die
sehen so nass aus“ hat er mir mal gesagt. Strumpfhosen mag
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er auch, aber keine Slips. Stefan fällt das nicht auf. Der kennt
nicht mal den Unterschied. Ihm ist auch nicht aufgefallen,
dass ich mir jeden Tag alle Haare unter den Armen, an den
Beinen und in der Intimzone entferne.
Im Internet ist alles möglich, aber unverbindlich. Ich
mag es mich zu zeigen, aber nur so, dass mich niemand
erkennt. Im Internet gibt es nur anonyme Körper die
angeklickt und angestarrt werden. Fette, dünne, haarige,
faltige Körper die schwitzen und sich befingern. Manchmal
auch schöne Bodys und immer wieder Schwänze, Ärsche,
Titten, Fotzen und sogar für ausgefallene Geschmäcker
etwas. Spannend wird es erst wenn eine reale Beziehung
daraus wird.
Nervös ziehe ich an einer Zigarette und drücke sie
gleich wieder aus. Dann versuche ich mit den Händen den
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Rauch zu verwedeln. Ich weiß, dass es sinnlos ist. Alles wird
sinnlos, wenn die Sucht von dir Besitz ergriffen hat.
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Montag, 14. März 2011
20:34 Uhr
ein Handy vibriert. Ich habe eine SMS bekommen.
Ich sehe das „Z“ und weiß, dass ich mich zeigen muss. Das ist
kein wirkliches „Müssen.“ Ich will mich ja zeigen, weil tief in
mir etwas Exhibitionistisches verborgen ist. Schon in der
Schule und auf dem Gymnasium mochte ich es, wenn die
Jungs alles dransetzten, um ein kleines Stückchen gut
verborgende Haut von mir zu sehen, die ich doch so gern
zeigen wollte.
Ich schalte meine Webcam ein, und auf meinem
Bildschirm öffnen sich die kleinen Kästchen. Fünf, zehn,
zwanzig, ich zähle nicht mehr. Männer die mit mir chatten
wollen, die sich aufgeilen und auf mich spritzen wollen.
„Bist du geil?“
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„Was hast du an?“
„Woher kommst du?“
„Zeigst du auch mehr?“
Das sind die Fragen die am Anfang jedes Chats stehen.
Dann werden Schwänze gerubbelt und es wird gespritzt.
Wenn das alles bei mir ankommen würde, wäre es ein
Sperma-Tsunami.
Ich knöpfe meine Bluse auf und ziehe meinen BH unter
meine Brüste. Ich bin zweifache Mutter und fünfunddreißig
Jahre alt. Meine Brüste hängen etwas, aber ich finde, dass
sie immer noch schön aussehen. Meine Brüste quellen über
meinen heruntergezogenen BH. Den Anblick mag er, aber
noch mehr mag er es, wenn er meine Brüste abbinden kann.
Darin ist er ein Künstler. Er verwendet Seile aus dem
Baumarkt, oder farbige Kabelbinder, das sind die
Plastikbänder, die sich nicht mehr öffnen lassen, und die
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man nur noch aufschneiden kann. Wenn er mehrere um
meine Brüste bindet, verformen die sich wie Schläuche und
schwellen an. Manchmal nimmt er auch meine Strümpfe.
Früher mochte ich das Abbinden nicht, aber inzwischen
liebe ich es. Meine Brüste werden dadurch sehr empfindlich
und schon eine Berührung reicht aus, und ein Zittern
durchläuft meinen Körper. Ich nehme die kleine, grüne
Sektflasche und streichle mich damit. Sie hat genau die
Größe die ich liebe. Das Glas fühlt sich kalt an. Am
Flaschenhals ist das Metall des Schraubverschlusses, aber
der schmale Flaschenhals interessiert mich nicht. Ich will das
andere Ende.
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Dienstag, 15. März 2011
0:38 Uhr
ch bin müde und fühle mich wie zerschlagen. Die
Augen fallen mir zu, und ich versuche mich mit einer
rosaroten Tablette wach zu halten. Die Kinder schlafen tief
und fest. Auch Stefan atmet ruhig und ich spüre, wie mich
die Nervosität verlässt. Die Schuhe habe ich ausgezogen und
leise gehe ich durchs Haus. Ich öffne eine Büchse Prosecco
und fülle das Glas. In meinem Kopf ist ein wirres Knäuel von
Gedanken und Phantasien. Die kleine rosarote Pille fängt an
zu wirken. „… and goes running for the shelter of a mothers
little helper. And two help her on her way, get her through
her busy day …”5 Die kleine Pille ist mein little Helper für
Notfälle. Jetzt ist ein Notfall.
5 The Rolling Stones - Mother's little helper
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Ich gehe ins Bad. Ich bin vollkommen verschwitzt und
sollte duschen, aber davon könnte Stefan wach werden. Mit
einem nassen Handtuch wische ich mich unter den Achseln
ab und dann sorgfältig zwischen den Beinen. Dann nehme
ich aus dem Wäschefach einen einfachen, weißen Slip und
ziehe ihn an. Darüber streife ich ein langes, verwaschenes
graues Shirt mit einem aufgedruckten, roten Mund, der
provozierend seine Zunge herausstreckt.
Ich bin seine Hure. Mit mir darf er alles machen. Er darf
mich anderen Männern anbieten. Ich werde wildfremde,
nach Schweiß stinkende Männer lecken, die mich im
Hausflur nehmen, aber mit Stefan will ich keinen Sex. Stefan
ist mein Mann und ich liebe ihn. Es kommt mir wie Betrug
vor, wenn ich mir vorstelle, dass er aufwachen könnte und
mich anfasst. Wenn er in mich eindringt und den Schleim
von fremden Kerlen spürt. Mich womöglich küssen will - dort
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wo Minuten vorher andere Schwänze waren. Ich ekele mich
vor seinen Berührungen. Er ist mein Mann und ich liebe ihn.
Was ist mit mir los?
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Dienstag, 15. März 2011
8:17 Uhr
ir haben zusammen gefrühstückt, und Stefan hat
mich wie immer liebevoll umsorgt. Frische Brötchen stehen
auf dem Tisch, und Stefan hat sogar einen leckeren
Smoothie aus Bananen, Apfel, Birne und Kiwi gemacht,
„damit mein Schatz Vitamine bekommt …“ wie er sagt.
Meine Familie geht mir über alles, und das
gemeinsame Frühstück ist ein Ritual, das wir uns nicht
nehmen lassen. Stefan macht einen gedankenverlorenen
Eindruck. Ohne Diskussion hat er die Kinder in die Schule
gefahren.
Ich werde heute etwas später in die Firma fahren. Das
tägliche Ritual wird mir immer lästiger. Soll es immer so
weitergehen? Alles ist vorhersehbar, nichts bleibt dem Zufall
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überlassen. Zuerst werde ich meine Emails checken, Sandra
wird versuchen, mit mir den Terminplan durchsprechen und
mir dann die Post vorlegen. Briefe öffnen ist für mich eine
lästige Angelegenheit. Eigentlich gehört das zu Ulis
Aufgaben, aber Uli ist nicht da. Ich weiß, dass wieder
Mahnungen dabei sind, obwohl mir Uli versprochen hatte,
dass ich mir keine Sorgen machen muss.
Ich gehe ins Bad und stelle mich unter die Dusche. Das
heiße Wasser tut mir gut. Ich schließe die Augen und spüre
die Erregung, die in mir aufsteigt. Mein Körper ist wie ein
empfindliches Instrument. Sensibel reagiert mein Body auf
die sanftesten Berührungen.
Sorgfältig entferne ich mit einem Rasierer die Haare
unter meinen Armen, an den Beinen und zwischen meinen
Beinen. Dann setze ich mich auf den Rand der Duschwanne
und nehme die Handdusche. Der Duschkopf ist nicht
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festgeschraubt und lässt sich leicht abdrehen. Stefan wollte
schon einen Handwerker holen, weil er sich wundert, warum
der Duschkopf immer wieder lose ist. Stefan ist wie ein
großer Junge. Er ist phantasielos und so arglos. Ich muss
lächeln und schließe die Augen. Der Strahl aus dem
Wasserschlauch massiert meinen Körper. Dann richte ich
den Strahl auf mein Perlchen und ein Zittern durchläuft
mich. Die Wassermassage ist schön, aber anstrengend. Ich
brauche einige Minuten bis ich wieder zu mir komme. Ich
trockne mich ab und nehme einen hellblauen Upper aus der
der kleinen silbernen Pillendose. Mit meinen Händen fange
ich Wasser aus dem Wasserhahn auf und spüle nach. Die
Wirkung der kleinen Pille setzt sofort ein.
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Dienstag, 15. März 2011
11:23 Uhr
ch sehe auf meine Uhr am Handgelenk. Um 12:30 Uhr
bin ich mit ihm im „Extrablatt“ verabredet. So Vieles ist noch
unerledigt, und ich habe ein schlechtes Gewissen, weil
meine Gedanken immer wieder abschweifen und ich so
nachlässig geworden bin. Der Großauftrag ist auch noch
nicht eingegangen. Alles muss ich allein entscheiden. Ich
muss die Produktionsaufträge vergeben, obwohl ich nicht
weiß, ob das gut gehen wird. Aber ich bin von meiner
Kollektion überzeugt. Die werden das kaufen. Die müssen
kaufen, sonst bin ich erledigt.
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Dienstag, 15. März 2011
11:23 Uhr
s ist schon 11:23 Uhr und ich muss mich beeilen. Ich
will pünktlich sein. Bei Verspätungen versteht er keinen
Spaß. Ich habe keine Zeit mehr, mich frischzumachen. Den
PC schalte ich nicht aus. Für Sandra soll es aussehen, also ob
ich nur kurz weg wäre. Spätestens um 14:00 Uhr bin ich
wieder zurück - das nehme ich mir fest vor.
In der Tiefgarage finde ich einen Parkplatz. Bis zum
Extrablatt sind es nur ein paar Schritte. Ich sehe ihn sofort.
Er winkt mir zu, und ich dränge mich durch die vielen
Menschen in den hinteren Teil des Bistros. Er lächelt mich
an, und ich spüre, wie mir warm wird. Ich werde rot, und
senke etwas den Blick. Wenn er mich ansieht, ist es mir, als
ob er in mich hinein sehen könnte.
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Er sieht gut aus. Er ist älter als Stefan. Er hat mir sein
Alter nicht gesagt, aber ich schätze ihn auf 45 oder
höchstens 50 Jahre. Er hat stahlblaue Augen,
millimeterkurze Haare und einen trainierten, festen Körper.
Jetzt erst sehe ich, dass er nicht allein ist. Er begrüßt
mich: „Schön, dass du da bist“, und nickt kurz.
Ich antworte: „Ich freue mich auch“ und lächle. Ich
bekomme kein Zeichen, dass ich mich setzen soll. Er steht
auch nicht auf, um mir aus dem Mantel zu helfen. Angeregt
unterhält er sich mit dem Fremden am Tisch. So wurde ich
noch nie brüskiert. Nicht das Liebevolle und
Aufmerksamkeiten reizen mich. Es ist das Abweisende, was
mich anzieht. Auf dem Tisch liegt ein iPad.
Obwohl mir in dem überfüllten Bistro warm ist, ziehe
ich meinen Ledermantel nicht aus. Ich setze mich an den
kleinen Tisch dazu. Er lächelt mich an, und sagt: „Das ist
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Berthold, ein alter Freund. Wir haben uns zufällig getroffen.“
Dann wendet er sich seinem Freund zu und deutet er auf
mich: „Das ist Amelie, von der ich dir schon erzählt habe.“
Berthold lächelt mich an. „Es freut mich Sie
kennenzulernen.“
Er sagt zu Berthold: „Sei doch nicht so förmlich. Du
kannst sie duzen.“
Berthold antwortet: „Hallo Amelie.“
Ich antworte: „Wie geht es Ihnen?“
Er sagt zu mir: „Du hast doch nichts dagegen, dass
Berthold uns Gesellschaft leistet?“
„Aber nein. Natürlich nicht“ antworte ich, obwohl es
gelogen ist. Mir wäre es tausendmal lieber, wenn ich mit ihm
allein wäre.
Eine pummelige Kellnerin hat sich neben uns gestellt
und wartet auf meine Bestellung. Ich bestelle einen kleinen
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Salat und ein Mineralwasser. Dann streichle ich seinen Arm
mit den Fingerspitzen. Das sieht aus, als ob eine läufige
Katze über seinen Arm streichelt. Er nimmt eine Zigarette
aus der blauen Schachtel die vor ihm liegt und zündet die
Zigarette an. Dann nimmt er die Zigarette und ich öffne den
Mund. Er steckt mir die Zigarette in den Mund, und jetzt erst
darf ich daran ziehen. Das ist Teil unserer Vereinbarung. In
seiner Gegenwart werden mir die Zigaretten von ihm
zugeteilt.
Vor mir wird eine kleine Mineralwasserflasche und ein
Glas abgestellt. Das junge Mädchen ist eine Aushilfskraft und
man sieht an ihrem Gesichtsausdruck, dass es ihr gleichgültig
ist, wem und was sie serviert. Ich sehe in ihren Augen keine
Freude, nur dressiertes Tun, mit einer für ihren Job
notwendigen Freundlichkeit.
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Ich trinke einen Schluck aus dem Glas. Er unterhält sich
mit Berthold über Dinge die nicht verstehe. Trotzdem höre
ich interessiert zu, aber ich sage nichts. Ich darf nur
sprechen, wenn er es mir erlaubt. Plötzlich spüre ich seine
Hand auf meinem Oberschenkel. Ich öffne sofort meine
Beine und seine Hand geht fest und fordernd höher. Er fragt
nicht, er wirbt nicht um mich, er nimmt sich das was er von
seinem Eigentum möchte. Seine Finger dringen in mich ein
und ich spüre, dass ich nass bin. Ich halte den Atem an und
sehe mich unauffällig um. Niemand scheint Notiz von uns zu
nehmen. Auch Berthold scheint nichts zu bemerken. Seine
Finger bewegen sind langsam hin und her, und ich kann mich
kaum noch halten. Ich versuche langsam zu atmen. Plötzlich
zieht er seine Finger aus mir und hält mir seine Hand hin. Ich
küsse seine Finger und sehe, dass Berthold lächelt. Hat er
etwas bemerkt?
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Vor mir wird ein Teller mit Salat abgestellt. Ich habe
keinen Hunger, aber ich will nach der Gabel greifen, da fasst
er mein linkes Handgelenk mit einem festen Griff. Er schiebt
meine Hand unter den Tisch. Mit seiner anderen Hand öffnet
er seine Jeans. Er trägt nie Unterhosen und ich habe seinen
harten Schwanz in der Hand. Ich beuge mich vor, damit mein
Mantel alles verdeckt. Mir kommt es vor, als ob alle Gäste zu
uns hersehen würden, aber niemand scheint auf uns zu
achten, nur Berthold grinst. Ich reibe den harten Schwanz
und tu so unbeteiligt wie möglich. Plötzlich sagt er zu mir:
„Du bist heute sehr unaufmerksam.“
Ich zucke zusammen und stottere: „Sie sind
unzufrieden? Habe ich etwas falsch gemacht?“
Er antwortet: „Bertold ist ein guter Freund und du
willst doch nicht unhöflich sein?“
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Ich weiß nicht was ich sagen soll. Dann antworte ich:
„Nein, natürlich nicht.“
„Na also.“
Ich sehe in fragend an. Gleichzeitig massiere ich zärtlich
seinen Schwanz, der in meiner Hand pulsiert. Da sagt er zu
mir: „Du hast noch eine Hand frei.“
Ich verstehe nicht was er meint, da nimmt Berthold
mit einem festen Griff mein rechtes Handgelenk und zieht es
unter den Tisch. Meine Hand liegt auf seinem Oberschenkel.
In der linken Hand habe ich einen Schwanz, und meine
rechte Hand liegt auf dem Bein eines Fremden, den ich bis
vor wenigen Minuten noch nie gesehen habe. Ich wage
kaum zu atmen. Berthold öffnet seine Jeans und führt meine
Hand. Ich habe zwei Schwänze in den Händen und könnte
vor Scham im Boden versinken.
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Dienstag, 15. März 2011
14:07 Uhr
as wir zum Leben brauchen, werden wir uns schon
irgendwie holen. Wir rauben ein paar Banken aus oder einen
Geldtransport …“6
Vielleicht liegt in der Musik die Lösung. Während ich in
der Mittagspause war, ist ein Gerichtsvollzieher aufgetaucht.
Es war nur eine unbedeutende Summe von
viertausendzweihundert Euro. Franz hat vergessen, einen
Stofflieferanten zu bezahlen, und der ist durchgedreht und
einen Titel beim Gericht erwirkt. Der Gerichtsvollzieher hat
auf mich gewartet, und ich gebe ihm tausend Euro mit dem
Versprechen, dass ich ihm den Rest bis Anfang der
kommenden Woche überweise. Franz kann ich mit dem
6 Aus „Bonnie and Clyde” – Songtext von den Toten Hosen
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Handy erreichen, aber der gibt sich vollkommen
unbeeindruckt. „So etwas gehört zum Unternehmerleben
dazu. Da musst du durch“ sagt er mir gesagt. Seine Stimme
klingt unbekümmert. „Die Aufnahmen werden gut. Die
Models sind der Hammer. Deine Kollektion kommt
garantiert super an. Das wird ein Riesen-Knüller …“ Das sind
seine Worte und langsam beruhige ich mich. Ich tröste mich
mit dem Anblick der leuchtenden Farben und der edlen
Stoffe, die sich wie ein perfekt auf Wirkung abgestimmter
Regenbogen im Show-Room präsentieren. Ich habe das
Kunstwerk geschaffen. Ich habe das arrangiert. Ich allein und
sonst niemand. Jetzt muss es nur noch verkauft werden.
Alles muss irgendwie präsentiert und verkauft werden.
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Nachtrag
Dieser Text stammt aus meinen Tagebüchern, die ich von Anfang
2011 bis heute geschrieben habe. Ich habe versucht, die Ereignisse so
darzustellen, wie sie in meinen Erinnerungen sind.
Ich weiß, dass ich mir mit der Veröffentlichung meines Tagebuchs
viele Feinde machen werde. Manche könnten auch vermuten, dass ich
hochgestellte, real existierende Personen beschrieben habe. Das ist falsch.
Alle Personen, Orte und die Begebenheiten sind frei erfunden. Anmerken
möchte ich, dass ich diesen Satz schreiben muss, um mich vor
unberechtigten Forderungen und Gewalt gegen meine Person zu schützen.
Und auch du Alex (oder wie du dich auch immer nennen magst) irrst
dich. Dich versuche ich zu vergessen. Du kommst in meinem Tagebuch
nicht vor.
Danken möchte ich meinem besten Freund Raoul, der mir in einer
tiefen Lebenskrise geholfen, und mit viel Überredungskunst den Mut
gegeben hat, mein Tagebuch in eine lesbare Form zu bringen und zu
veröffentlichen.