Trainerfortbildung des NÖLV 31. Oktober 2015 ... · passive Beweglichkeit ... Biotensegrity...

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Trainerfortbildung des NÖLV

31. Oktober 2015

Pielachtalhalle – Ober - Grafendorf

Prof. Mag. VOCK Andreas

Prof. Mag. VOCK Andreas

Sportwissenschafter

- Lehrbeauftragter an der Bundessportakademie (BafL) Wien

- Externer Lehrbeauftragter FH Wr. Neustadt Training und Sport (Physiologie, Trainingslehre -Trainingsplanung)

- Ausbildungsreferent (ehem. Lehrwart) des ÖLV

- Staatlich geprüfter Trainer Leichtathletik

- Trainer aktiver (Hoch-) Leistungssportler verschiedener Sportarten

- Leistungsdiagnostiker…

- …

Trainierbare:

Konditionelle Fähigkeiten

Koordinative / kognitive Fähigkeiten

Technisch / Taktische Fertigkeiten

Psychische/mentale Fähigkeiten

Beeinflussbare:

Begleitende Maßnahmen (Ernährung/Prävention/Regeneration/

Rehabilitation/Anti Doping) Persönlichkeit, Gesundheit

Umfeldfaktoren: - soziales (Eltern, Freunde, Trainer, Sponsoren)

- materielles (Trainingsstätten, Material, Geld…)

- zeitliches (Arbeit, Schule, Studium…)

Nicht trainierbar:

Anthropometrische Faktoren, Genetik, Talent…

Je mehr Puzzlesteine ich habe und sie zusammenpassen desto wahrscheinlicher wird der angestrebte Erfolg!!!

Puzzle des Erfolges

• Was versteht man unter Beweglichkeit /

Beweglichkeitstraining?

• Wodurch kann es zu Einschränkungen der

Beweglichkeit kommen?

• Was passiert beim „Dehnen/Stretching“?

• Wie kann man die Beweglichkeit durch

Training erhöhen

• Trainingspraktische Tipps

Beweglichkeit (Flexibilität) ist der Überbegriff für

Methoden zur Steigerung der Gelenksamplitude

-> Erweiterung des Bewegungspielraumes in einem Gelenk

…zum Beeindrucken im Freibad…

Beweglichkeit soweit verbessern, wie es die Sportart bzw. eine richtige

Haltung verlangt!!!!

FRAGE:

Wie günstig ist eine gute

passive Beweglichkeit

in der Leichtathletik???

Verletzungsgefahr?

Gelenk / Gelenkskapsel /

Muskel?

Krafteinwirkung?

Neurophysiologische Faktoren:

Irritation der Schmerzrezeptoren, Entzündungsreaktion, Nervenkompression,

Minderdurchblutung, Koordinationseinschränkungen…

Muskuläre Faktoren:

Verkürzung der Muskulatur (?), Gleitstörungen, Verdickung Bindegewebe,

Massenhemmung…

Bindegewebige, knöcherne und mechanische Faktoren:

Anlagebedingte Voraussetzungen (Bauart, Knochen, Sehne, Bänder) Erworbene

knöcherne Veränderungen, Narbenbildung, Einklemmung von Meniskus, Band-

und Kapselstrukturen, Verklebungen…

Sonstige Ursachen:

Nichtgebrauch des vorhanden Bewegungsausmaßes (ROM), Venöse

Rückflussstörungen, Schädigungen, Geschlecht, Hormonstatus, Körpergewicht-

form, Temperatur, Ermüdungsstatus, Tageszeit…

Alter, 1996

„Ich ziehe den Muskel auseinander…“

Kann man das so einfach?

(was ist mit dem Bindegewebe

(Sehnen /Bänder / Fascien),Nerven,

Blutgefässe…)

Was ist mit den Muskelspindeln?

Was passiert wen ich den Muskel

wieder „loslasse“? Ist er dann

länger?

ANTWORT NEIN!!!!!!!

Der Bindegewebsanteil der

Muskulatur kann bis zu ca. 30%

ausmachen.

Wenn die Muskulatur gedehnt

wird. Werden Muskelfasern,

Muskel – Sehnenübergänge,

Sehnen und sowohl inner- als

auch außerhalb der Muskulatur

liegendes Bindegewebe gedehnt.

Bsp: Dehnung des Ischiasnervs

Strukturelle Verkürzung

- bedeutet Muskelverkürzung im Sinne einer

Sarkomerverminderung

-Tritt erst nach längerer Immobilisation auf

Funktionelle Verkürzung

- Physiologische Beweglichkeitsgrenze ist determiniert

durch das Ansprechen von Schmerzrezeptoren

- Wird die Amplitude nicht regelmäßig ausgeschöpft, sinkt

die Toleranz gegenüber Dehnreizen

Wird ein Muskel gedehnt

ziehen sich die Aufhängungen

der Sarkomere (Titinfilamente)

auseinander (vgl. Feder)

dadurch gleiten Aktin und Myosin

filamente auseinander und der

Muskel wird länger…

Wenn man jedoch wieder die Dehnung nachlässt gleitet alles

in den Ruhezustand

-> keine muskuläre strukturelle Veränderung!!!

(bei Tierversuchen erst nach mehreren Stunden

Dauerdehnen)

Wie kommt es dann trotzdem zu einer Verkürzung

eines Muskels?

Gemäß dem Motto

„USE IT OR LOSE IT“

kann die Anzahl der hintereinander

geschaltenen Sarkomere abnehmen

Durch falsche, einseitige

Belastungen -> musk. Dysbalancen,

Ruhestellung nach Verletzung…

MOBILISATION

DEHNUNG

KRÄFTIGUNG

(FULL RANGE OF MOTION)

NEU: FASZIENTRAINING

Schwunggymnastik,

Schwingen, Kreisen…

(Full range of motion)

… auch dynamisches

Dehnen !!!

Vor / während und nach

dem Sport

STRETCHING ENTWICKELNDES

DEHNEN

Kurzes Andehnen

Zur Entspannung,

Enttonisierung – bis 30

sec

Vor / während und

nach dem Sport

Langes Dehnen (2-3min)

verkürzter Muskelstrukturen

Eingriff in Sehnen bzw.

Binde und Stützgewebe

Auch neuromuskuläre

Dehnmethoden und/ oder

therapeutisches Dehnen

Eigene Trainingseinheit

nicht vor Sport

-> Verletzungsgefahr

Kräftigung der Antagonisten bzw. der

phasischen (zur Abschwächung neigender)

Muskelgruppen (RStr BWS, Schulterblattfix,

Bauch, Hüftstrecker…)

Und Full Range of Motion Training aller muskulären Strukturen!!!

(Sarkomervermehrung in Länge: Dynamisch überwindend von Endposition aus)

Mobilisation / Schwunggymnastik /

Schwingen / Kreisen / Bewegen…

der Gelenke führt zur Bildung von

Gelenksflüssigkeit (Schmiere /

Dämpfer / Ernährung) und damit zur

Erhöhung oder zum Erhalt des

Bewegungsspielraums im Gelenk!!!

IDEAL ZUM

AUF- und ABWÄRMEN!!!

Gezieltes Krafttraining, über die gesamte Bewegungsreichweite

eines Gelenks durchgeführt, führt zu einer verbesserten

Beweglichkeit!

FULL RANGE OF MOTION!!!

Schon in den 50er und 60er Jahren haben Untersuchungen

nachgeweisen können, dass Krafttraining die Beweglichkeit

nicht einschränkt – im Gegenteil sogar erhöht! (Leighton 1967;

Massey 6 Chaudet 1956, Wickstrom 1963…)

Fatouros u.a. konnten nachweisen, dass Krafttraining bei

älteren Personen (65-78 Jahre) nicht nur zu Kraft- sondern auch

zu bedeutsamen Beweglichkeitsgewinnen führt!

Sarkomervermehrung in Länge: Dynamisch überwindend von Endposition aus

Darf / oder soll man jetzt dehnen?

ANTWORT: JA!!!!

nur aufpassen Wann und Wie!!!!

Grundsätzlich führen alle Dehnmethoden zu einer

kurzfristig verbesserten Gelenkbeweglichkeit.

nach Freiwald

Unter Vorbehalt haben Dehnungen nach derzeitiger wissenschaftlicher

Befundlage keinen Einfluss auf die Verletzungshäufigkeit und -

schwere. (Freiwald 2009)

Zu langes Dehnen vor dem Sport bewirkt:

Zunahme der Stützzeiten

Abnahme der Schnellkraft / Reaktivkraft

Muskelkater lässt sich weder vor noch nach Belastung durch

Dehnmaßnahmen beeinflussen (Marschall 2004). Im Gegenteil,

intensives Dehnen kann den Muskelkater noch verstärken

(Wiemann 1995). Ein Regenerationsprogramm in Form von gering

intensiven dynamischen Ausdauerbelastungen ist dem Dehnen

vorzuziehen.

1. Statische Dehnung (Static Stretching, < 15 Sek, 15 – 60

Sek, Stunden)

2. Dynamische Dehnung (Dynamic Stretching, 5- 15

federnde Bewegungen)

3. Dehnung nach Kontraktion (Contract Relax, submax bis

max Kontraktion, 2 – 10 Sek)

4. Dehnung unter agonistischer Kontraktion (Agonist

Contract, < 10 Sek)

5. Dehnung nach Kontraktion und unter agonistischer

Kontraktion (CR – AC;PNF).

Psychische Einstellung – Entspannung

Langsames Einnehmen der Dehnposition

Korrekte Ausführung beachten

Regelmäßige, ruhige Atmung

Vieldimensionale Durchführung

Fascia is much more than „plastic

wrap around the muscles“.

Fascia is the organ system of

stability and mechanoregulation.

Understanding this may

revolutionize our ideas of

“fitness”.

Varela & Frenk 1987

Meilensteine im Fitnessbereich

• Muskeln haben definierte uns spezifische

Ursprünge und Ansätze

• Die Muskelfaser ist der einzige Teil, der sich

zusammenziehen kann

• Die Sensoren für Muskeln sind die

Muskelspindel und das Golgi-Sehnen-Organ

Vermittelte Lehrmeinungen…

-> Ca. 30% der Muskelfasern enden nicht in der

Sehne, sondern verlaufen sich in den

umliegenden faszialen Schichten.

-> 30% der von der Muskulatur entwickelten

Kraft geht in die umliegenden Faszien

-> Dies Kraft beeinflusst die umliegenden

Muskeln und Gelenke

Huijing & Baan 2003

Neue Konzepte…

-> Ida P. Rolf (1896-1979)

Begründerin der Rolfing Methode

-> Andrew T. Still (1828-1917)

Begründer der Osteopathie

-> Robert Schleipp

Faszien-Grundlagenforscher

-> Tom Meyers

Begründer der Anatomy-Trains

Fascienforschungen

Früher:

Faszien sind nur passives Verpackungsmaterial

ohne weitere Funktionen

Heute:

Faszien sind lebendig (können sogar kontrahieren)

Haben enormen Einfluss auf:

… Muskulatur

… Bewegung

… Haltung

… Schmerzempfinden

… Sind trainierbar!

Bodybuilding der 60er und 70er Jahre…

… beeinflusst Krafttraining im Gesundheits-

und Fitnesssport auch heute noch

massiv!

Krafttraining

Krafttraining

Isolationsprinzip vs. Muskelzusammenspiel

Laterale, ventrale, dorsale und mediale

Muskel-Fascien-Ketten.

Aus Myers, Thomas W. [2001]. Anatomy

trains. Chruchill Livingstone

Myers – Anatomy trains

Beweglichkeitstraining

Beweglichkeitstraining – neuere Ansätze

Viele Wege führen nach (full) ROM…

• Klassisches Dehnen

• Neuromuskuläre Dehnmethoden

• Dynamisches Dehnen

• Krafttraining

Über maximal mögliche Amplitude (full

ROM)

Exzentrische Phase betont

• Faszientraining

Faszien sind alle faserigen und

kollagenhaltigen Bindegewebsstukturen.

Dazu zählen u.a.

Muskelbindegewebe, Gelenkkapseln,

Organkapseln, Sehnen, Bänder, …

-> Fasern

Kollagen, Elastin, Reticulin

-> Klebstoff

Heparin, Fibronectin, Hyaloron

-> Wasser

-> Fibroblasten

-> Extrazelluläre Matrix?

Woraus bestehen Fascien

Fascien – das endlose Netz

Tensegrity ist ein englisches Kofferwort aus

tension (Zugspannung) und

integrity (Ganzheit, Zusammenhalt).

Es ist ein Netzwerk aus sich nicht berührenden

statischen Elementen, die lediglich durch Zugelemente

verbunden sind.

Kein Druckkraft auf statischen Elementen

Biotensegrity (Tensegrity in biologischen Strukturen)

Tensegrity…

Die Wirbelsäule ist:

-> Keine Säule

-> nicht lotrecht

-> dynamisch

-> funktioniert auch in der horizontalen

Das Becken/Sacrum ist:

… nicht Die Basis der „Wirbelsäule“

Tensegrity…

Die wichtigsten Einflüsse von Faszien auf die

Muskelfunktion sind:

-> Effekt von und auf medial und lateral benachbarte

Muskeln

-> Effekt von und auf proximal und distal

verbundene Muskeln

-> Effekt, den eine Muskelkontraktion auf lokale

Bänder ausübt

-> Fakt, dass jeder Muskel von Blutgefäßen und

Nerven versorgt wird

Tensegrity…

Faszien als sensorisches Organ

-> Höchste Dichte an Mechanorezeptoren

-> 10x mehr freie Nervenendigungen als Muskel

-> Muskelspindeln orientieren sich entlang der

faszialen Architektur

-> Hohe Bedeutung der Faszien in Bezug auf

Bewegungskoordination!!

Faszien als sensorisches Organ

Fascien und Bewegung…

Staubesand (1996) entdeckte eine scherengitterartige

Architektur in den Faszien von jüngeren Frauen (im

Vergleich zu älteren)

Jarvinen (2002) konnte zeigen, dass Immobilisierung

zur Verfilzung (multidirektionale Faserausrichtung) sowie

Verringerung der Wellung der einzelnen Kollagenfasern

führt (Crimp).

Wood (1998) berichtete über eine erhöhte Wellung

(Crimp) nach täglichem schnellen Lauftraining bei

Ratten.

Gesunde Fascienarchitektur

Geringere Hysterese (Nachgiebigkeit) bedeutet

„größere elastische Speicherkapazität“

Hysterese / Speicherkapazität

1. Fascial Release – Eigenbehandlung

Rolle/Ball

2. Fascial Stretch – Dehnen langer Ketten

3. Rebound Elasticity –Katapult-Mechanismus

4. Propriozeptives Refinement – sinnliche

Bewegungen

Prinzipien des Faszientrainings

-> Hydration des Bindegewebes

-> Reaktive Hyperämie

-> Detonisierung durch Triggerpunktbehandlung“ +

Porpriozeption

-> Lösen von Verklebungen

Schnelles Rollen vor der Belastung:

´ Hilft die faszialen, aber auch die muskulären

Strukturen optimal vorzubereiten.

Langsames Rollen nach dem Training bzw. als

eigene Einheit zur Regeneration bzw. zur

Verbesserung der Beweglichkeit und Ausgleich von

muskulären Dysbalancen

1. Fascial Release

Black Roll Training

Charakteristisch für Fascial-Stretch-Übungen sind

endgradig dreidimensionale und wippende

Bewegungen.

-> Beim Melting-Stretch wird die Position etwa eine

Minute gehalten und schmelzend gedehnt. Zusätzlich

werden innerhalb der Position kleine Richtungswechsel

vorgenommen, um so auf die faszialen

Netzwerkstrukturen einwirken zu können.

-> Für die Active Loaded Stretches sind

Minifederungen im endgradig vorgedehnten Zustand bei

aktiver Muskulatur typisch; also gegen den Widerstand

dehnen oder einGewicht einsetzen.

2. Fascial Stretch – Dehnen langer Ketten

3. Rebound Elasticity – Katapult-Mechanismus

4. Propriozeptives Refinement – sinnliche

Bewegungen

Gute Propriozeption wirkt direkt und positiv auf

myofasziale Schmerzen – wobei Wissenschaftler

festgestellt haben: Viele Schmerzen sind myofasziale

Schmerzen.

Propriozeptive Refinement-Übungen sind in sich

hineinspürende Bewegungen. Ihre Aufgabe ist es,

schwer spürbare Bereiche wieder in das eigene

Körperbild zu integrieren.

Bei Fragen kontaktieren Sie mich unter:

Mail: andreas.vock@bspa.at