Übungsleiter-B Rehabilitation „Sport in Herzgruppen“ 4.-6...

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FortbildungÜbungsleiter-B Rehabilitation „Sport in Herzgruppen“

4.-6. März 2016Landesturnschule Melle

Wenn die Pumpe schwächelt

Möglichkeiten des Trainings bei Herzinsuffizienz

Wolfgang KlingebielPhysiotherapeut/Manualtherapeut

Hochschuldozent/wissenschaftlicher Mitarbeiter | Hochschule Fresenius HamburgStudiengang Physiotherapie (bachelor of science)

hysiobase.de

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„Wenn die Pumpe schwächelt“

Agenda

1. Chronische Herzinsuffizienz:Medizinische Grundlagen

2. Körperliches Training bei Herzinsuffizienz

3. Praxis einer Herzinsuffizienz-Trainingsgruppe

Chronische Herzinsuffizienz:

Medizinische Grundlagen

Chronische Herzinsuffizienz (CHI)

=

Chronical heart failure (CHF)

Was bedeutet „chronische Herzinsuffizienz“ ?

Das Herz schafft es nicht, den Körper

(insbesondere die Skelettmuskulatur)

bei körperlicher Beanspruchung

ausreichend mit Blut zu versorgen.

Die häufigsten Ursachen der CHF

Koronare Herzerkrankung (50% -70%)

Bluthochdruck (10% - 20%)

Herzmuskelerkrankungen (15% - 20%)

Herzklappenfehler

Herzinsuffizienz ist keine eigenständige Erkrankung, sondern das Endstadium z.B. folgender Erkrankungen:

Folgen der chronischen Herzinsuffizienz

KompensationsmechanismenHerzerweiterung (das Herz „latscht aus“)

Veränderung der Herzdimensionen

gesundes Herzinsuffizientes Herz

Vorhöfe/Kammern vergrößert,Muskelschicht dünner

Herzinsuffizienz

Normalbefund

Die Darstellung der Herzhöhlen im Herzecho

Folgen der chronischen Herzinsuffizienz

Kompensationsmechanismen am HerzHerzerweiterung (das Herz „latscht aus“)

Umbau der Herzmuskelfasern zu Bindegewebe

verstärkter Sympatikusantrieb (HF )

Periphere BlutgefäßeRegulation Eng-/Weitstellung gestört

Störung des Muskelstoffwechsels in der SkelettmuskulaturVerarmung an ST-Fasern („faser shift“) eigenständige Muskelerkrankung

Wie wird eine Herzinsuffizienz festgestellt ?

Symptome

Atemnot

schnelle Ermüdbarkeit

Wassereinlagerung

| Krankengeschichte | Untersuchungen

Herzinsuffizienz

Symptome: Gewebeminderdurchblutung

Schwäche

eingeschränkte Belastbarkeit

Verwirrtheit

nächtlicher Harndrang(Nykturie)

Zyanose

Stauungssymptome: Linksherzinsuffizienz

Asthma kardiale

Lungenödem

Lungenstauung

Dyspnoe

Stauungssymptome: Rechtsherzinsuffizienz

Venenstauung

Ödeme

Aszites

Lebervergrößerung

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Herzinsuffizienz

Die Lebensqualität herzinsuffizienter Patienten ist im

Vergleich zu anderen chronischen Erkrankungen wie

Atemwegserkrankungen, koronare Herzerkrankung,

Arthritis, Gelenkserkrankungen usw. ganz besonders

reduziert.

Untersuchungen

(Ventrikulographie: Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel)

Herzecho (Ultraschall):nicht-invasiv, keine Strahlenbelastung, kostengünstig

Hierüber Bestimmung der „EF“ = Ejektionsfraktion als Maß für die Pumpleistung des Herzens

60% - 80% ….. normal50% - 60% leicht eingeschränkt40% - 50% deutlich eingeschränkt< 40% stark eingeschränkt

Einteilung der Herzinsuffizienz in Schweregradenach NYHA (New York Heart Association)

NYHA I: keine SymptomeHerzerkrankung ohne Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit

NYHA II: leichte HerzinsuffizienzBeschwerden bei stärkeren Alltagsbelastungen (schnelles Treppensteigen)

NYHA III: mittelschwere HerzinsuffizienzBeschwerden bei leichten Alltagsbelastungen wie normalem Treppensteigen oder längerem Gehen in der Ebene

NYHA IV: schwere HerzinsuffizienzBeschwerden bereits in Ruhe und bei jeglicher körperlicher Belastung

Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz

Ziele

Verringerung der Symptome

Entgleisung verhindern

Erhalt/Verbessern der Leistungsfähigkeit (Lebensqualität)

Fortschreiten der Erkrankung verhindern

Sterblichkeit senken

Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz

Maßnahmen

Kausal: Operation (Bypass, Klappen, Transplantation)

Reduzieren der Risikofaktoren

Gewichtsreduktion, Flüssigkeitszufuhr anpassen (Salz!)

Typische Medikamente: ACE-Hemmer, ß-Blocker, Diuretika, Digitalis

Resynchronisationstherapie (Implantierbarer Cardioverter Defibrillator ICD)

Körperliches Training

Chronische Herzinsuffizienz:

Körperliches Training

Training bei chronischer Herzinsuffizienz

Erst seit knapp 20 Jahren als Ergänzung zu anderen Maßnahmen

Dosierte Belastung

ohne relevantes Risiko

Verbesserung der Symptome

Höhere Lebensqualität

Aufschub/Verhinderung Transplantation

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Der Nutzen bewegungstherapeutischer Programmen in der Herzinsuffizienz-Behandlung ist gut untersucht und nachgewiesen

Wichtigster Trainingsaspekt ist das „periphere Training“: hierzu wird nicht der „Herzmuskel“ trainiert, sondern die Muskulatur in der „Peripherie“. Dies kann durch Training der Maximalkraft oder Kraftausdauer kleiner Muskelgruppen ohne nennenswerte Herz-Kreislauf-Aktivierung erfolgen.

Beispiel: ein herzinsuffizienten Patient wohnt in der 2. Etage ohne Fahrstuhl.

• Im untrainierten Zustand erreicht er seine Wohnung mit evtl. Atemnot und erhöhter Druckarbeit des Herzens (Blutdruck- und Herzfrequenzsteigerung).

• Nach peripherem Training (z.B. isoliertes Beinstreckertraining für jeweils eine Seite) ist sein Blutdruck und seine Herzfrequenz bei Erreichen der Wohnung weniger stark angestiegen = sein Herz wurde im Vergleich zum untrainierten Zustand entlastet.

Körperliches Training bei Herzinsuffizienz

Wie wirkt Training bei Herzinsuffizienz ?

Durch Herzinsuffizienz:Abnahme der roten, Zunahme der weißen Muskelfasern (Skelett)

Herzentlastung durch Hauptwirkung am Skelettmuskel,wenig Auswirkung auf den Herzmuskel selbst

Verminderte aerobe Energiebereitstellung(„Muskelerkrankung bei Herzinsuffizienz“)

(peripheres)Training

Verbessern der Gefäßregulation

Aktivierung der Zellkraftwerke=

weniger Laktatproduktion

Streßhormonspiegel

Herzfrequenz sinkt

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Bei geringergradiger Herzinsuffizienz (z.B. NYHA I/II) gelten dieselben Prinzipien wie bei der Behandlung von Herzinfarktpatienten, insbesondere Vermeidung einer erhöhten Druckarbeit des Herzens. Bei sehr leichter und leichter Herzinsuffizienz kann nach Rücksprache mit dem Arzt auch ein allgemein aerobes Ausdauertraining sinnvoll sein.

Zusätzliche Faustregel: Belastungsintensität so, dass der Patient sich dabei ohne Atemnot unterhalten kann.

Wichtigstes Assessment: 6-Minuten-Gehtest

Körperliches Training bei Herzinsuffizienz

Typische Trainingsformen bei chronischer Herzinsuffizienz

Dauermethode

Intervallmethode

Krafttraining

Koordinationstraining ?

Herzgruppen für Menschen mit Herzinsuffizienz?

Viele Gruppen im Rahmen wissenschaftlicher Studien zum Thema CHF und Bewegung

= zeitlich begrenzte Angebote (3 Wochen…. 3 Monate)

Herzinsuffizienz-Trainingsgruppen als fortlaufendes Angebot seit 2004 in Hamburg:

2x pro Woche ca. 60 Minuten

Chronische Herzinsuffizienz:

Praxis einer Herzinsuffizienz-Trainingsgruppe

Selbständiges Messen

des Blutdruckes

vor und nach dem Training

Individuell dosiertes Ausdauertraining auf Fahrradergometern mit EKG-Überwachung

Trainingsformen

Ausdauertraining: Dauermethode

Typisch: Ergometertraining, Walking

Dosierung über Herzfrequenz/persönliches Belastungsempfinden

In jedem Falle so, daß keine Symptome auftreten

1-5x/Woche für 12-30 Minuten

Ausdauertraining: Intervallmethode

Typisch: Ergometertraining

Dosierung: vorweg „steiler Rampentest“ maximale Leistung/HF-Reserve

50% der max. Leistung für 20s 10% der max. Leistung für 40 s

Herzfrequenzanstieg < 10 Schläge/Minute

In jedem Falle so, daß keine Symptome auftreten

1-5x/Woche für 12-30 Minuten

Beispiel für herzinsuffizienten Patienten (EF 29%):

konstante, geringe Last (15W) und stetig ansteigende HF

Fahrradergometer-Intervalltrainingbei relativ hoher Belastung (80W/20s)

kein bedeutsamer Anstieg der Herzfrequenz/des Blutdruckes

Skala des subjektiven Belastungsempfindens (RPE) nach BORG

7

9

11

13

15

17

19

sehr sehr leicht

sehr leicht

leicht

etwas anstrengend

schwer

sehr schwer

sehr sehr schwer

Wie anstrengend empfanden Sie das Training ?

Trainingsformen

Krafttraining

• 4 Muskelgruppen: Armstrecker/Armbeuger und Kniestrecker/Kniebeuger

• Gewichtsmanschetten/Kurzhanteln

• Gewichtsauswahl: ca. 2 x 12 Wiederholungen führen zur Muskelerschöpfung

• Dynamische Bewegungsausführung

Krafttraining mit Gewichtsmanschetten: Armstrecker

Der 6-Minuten-Gehtest

Teilnehmer soll in 6 Minuten eine möglichst weite Strecke gehen

Vergleichbare Aussagekraft wie Spiroergometrie-Untersuchung

Gute Möglichkeit zur Verlaufsdokumentation

Alltagsnahe Bewegungsform

6-Minuten-GehtestVerlauf bei 3 Teilnehmern der Herzinsuffizienz-Trainingsgruppe

300

350

400

450

500

550

600

650

22.12.05 22.2.06 22.4.06 22.6.06 22.8.06 22.10.06 22.12.06 22.2.07

Me

ter A

B

C

Teilnahme am „normalen“ Sport ?

Einzelfall-Entscheidung aufgrund sämtlicher Individueller Krankheitsaspekte

Allgemeine Leitlinien

• Leistungssport: nur asymptomatische Patienten (NYHA I)möglichst geringe statische und dynamische Belastung

• Kein Wettkampfsport ab NYHA II

• NYHA II: Teilnahme an ambulanten Herzsportgruppen

• NYHA III (+IV): Teilnahme nur an Herzinsuffizienz-Trainingsgruppen

Fahrradtour um die Außenalster (7,6 km)Für alle PatientInnen das erste Mal wieder „echtes“ Fahrradfahren