weweibliciblicherher wewerdenrden Die PhilisDie Philis · 2020. 1. 23. · Das Klavier brüllt...

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  • 29.03.2019© PMG Presse-Monitor GmbH

    Abendzeitung München vom 29.03.2019

    Autor: Michael Bastian Weiß Ausgabe: HauptausgabeSeite: 27 Gattung: TageszeitungRessort: Kultur Auflage: 54.527 (gedruckt) 40.446 (verkauft) 43.866 (verbreitet)

    Wörter: 399Urheberinformation: Alle Rechte vorbehalten - Abendzeitung München Verlags-GmbH

    So könnte die provisorische Philharmonie am Heizkraftwerk Süd aussehen. Eine genaue Planung gibt es noch nicht. Foto: gmp International GmbH

    Die PhilisDie Philiswerdenwerdenweiblicherweiblicher

    D er Chefdirigent denktglobal. Vom Intendan-ten Paul Müller gebe-ten, etwas zur kommendenSaison zu sagen, redet ValeryGergiev gleich über kommendeGastspiele in der New YorkerCarnegie Hall und in Asien. Vorallem China und die zahlrei-chen dort neu eröffneten Sälehaben es ihm angetan.

    Da denkt der misstrauisch ge-stimmte Beobachter durchaus anGergievs Münchner Konzerte, dieöfter an Generalproben für dennächsten Abend im Gasteig oderanderswo erinnern. Der weiteBlick hebt sich aber auch er-freulich von der kleinkariertenPerspektive mancher Lokalpo-litiker ab, die nicht sehen, dassder Umbau des Gasteig dieChance für ein gesteigertes Pu-blikumsinteresse birgt. Undweil Gergiev bei seinem360-Grad-Festival auch schonim Carl-Orff-Saal dirigiert hat,weiß er um die Not-wendigkeit, auchdiesen Raum umzu-bauen – zu einermultifunktionalenBühne. So wirkenGergiev, Paul Müllerund der Orchester-vorstand MatthiasAmbrosius erleich-tert über die Mehr-heit aus CSU, Grünenund Linken für dieGeneralsanierungdes Gasteig und ge-gen das von der SPD

    favorisierte Sparversion, beider sich nicht viel ändern wür-de. Sie rechnen damit, dass dasOrchester im Oktober 2021 indas Sendlinger Interimsquar-tier an der Hans-Preissinger-Straße umziehen kann. Hiersoll – neben Räumen für dieVolks- und Musikhochschulesowie die Stadtbibliothek –eine Interims-Philharmonie inSchuhschachtelform mit 1800Plätzen entstehen. Wie derRaum genau aussehen wird,steht noch nicht fest, die kur-sierenden Bilder sind vorläufi-ge Simulationen.

    In dieser Interimsspielstätte möch-te Gergiev die Aktivitäten für Kin-der und Jugendliche verstärken. Erdenkt dabei an halbszenischeAufführungen von Bühnenwer-ken, ähnlich der Aufführungvon Strawinskys „Petruschka“mit dem Mariinsky-Ballett St.Petersburg im Gasteig beimvergangenen 360-Grad-Festi-val. In der kommenden Saisonwird es eine ähnliche Versionmit Maurice Ravels Ballett„Daphnis und Chloe“ geben, ander auch der PhilharmonischeChor beteiligt wird. Ein weite-

    res Schmankerl des in den Ja-nuar verlegten Festivals ist derzweite Akt von Wagners „Tris-tan und Isolde“ mit Martina Se-rafin und Andreas Schager.

    Zu Beginn der Saison kom-plettiert Gergiev seinen Bruck-ner-Zyklus mit den Sympho-nien Nr. 6 und 7, die anschlie-ßend in St. Florian aufgenom-men werden. Der Chefdirigentsetzt seinen Schwerpunkt wei-ter beim deutschen und russi-schen Repertoire. Er steht aninsgesamt 37 Abenden am Pult,davon 21 in München und16-mal auf Reisen.

    Der von Andreas Herrmann geleite-te Philharmonische Chor ist in derkommenden Saison stärker betei-ligt. Außer in der obligatori-schen Neunten von Beethovenzum Jahreswechsel, die dies-mal Manfred Honeck dirigiert,wirkt er in Aufführungen vonMendelssohn Bartholdys „Lob-gesang“ (Thomas Hengel-brock), Händels „Messias“ (An-drew Manze) und Haydns „Nel-son-Messe“ (Omer Meir Well-ber) sowie in Jörg Widmannsanlässlich der Eröffnung derElbphilharmonie in Hamburg

    uraufgeführtemOratorium „Ar-che“ (Kent Naga-no) mit.

    In der nächstenSaison bieten diePhilharmonikervier Dirigentin-nen auf. NebenBarbara Hanni-gan, die MahlersVierte dirigierenund das Sopran-solo auch selbstsingen wird, sinddas Susanna

    Mälkki, Karina Cancellakis undOksana Lyniv. Weitere Gastdi-rigenten sind Andrea Marcon,Rafael Payare, Semyon Bych-kov, Francois-Xavier Roth undGustavo Gimeno. Der junge fin-nische Dirigent Klaus Mäkelagibt sein Debüt, Krzysztof Ur-banski dirigiert zwei Program-me, darunter die reizvolle Ver-bindung von Gustav Holsts„Die Planeten“ mit der „StarWars“-Suite von John Williams.

    Neue Musik ist bei den Phil-harmonikern traditionellschwächer vertreten. AndreasHaefliger spielt das neue Kla-vierkonzert des SchweizersDieter Ammann, Ksenija Sido-rova stellt das Akkordeonkon-zert „Winde des Sündens“ vonClaudia Montero vor, OmerMeir Wellber dirigiert die Ur-aufführung von Manfred Tro-jahns Symphonie Nr. 6.

    Die Auslastung der Konzerte be-trägt 84,5 Prozent – angesichtsder Größe des Gasteig ein ordentli-cher, aber nicht überragenderWert. 2013 lag sie noch bei 93Prozent. Auch bei den Abo-Plätzen gab es seither einenSchwund von 17 000 auf15 000. Es schadet daher nicht,die Attraktiviät zu steigern.Paul Müller berichtete, dass einKonzert beim 360-Grad-Festi-val in der Muffathalle von Leu-ten besucht worden sei, die ernoch nie im nahen Gasteig ge-sehen habe. Der Umzug an dieIsar ist daher eine Chance, diehoffentlich nicht verspieltwird, sollte der Gasteig nach ei-ner teuren Sanierung noch ge-nau so aussehen wie jetzt – wiees manch Politiker gern hätte,der an der falschen Stelle spa-ren will. Robert Braunmüller

    Was die MünchnerPhilharmoniker in derkommenden Saison mitValery Gergiev planen

    Intendant Paul Müller, Chefdirigent Valery Gergiev und Or-chestervorstand Matthias Ambrosius (v.l.). Foto: Antonia Visy

    Das Klavier brüllt furchteinflößend

    H ier ist alles Klang. So weichdrückt Khatia Buniatishvi-li die Tasten, dass der Steinwayin den ersten beiden Sätzen derletzten Klaviersonate B-Durvon Franz Schubert von jederKörperlichkeit befreit scheint.Wie aus einer fernen, besserenWelt weht die Musik in dasdiesseitig knarzende und rum-pelnde Prinzregententheater.

    Meditative Tempi bringen denFluss bisweilen annäherndzum Stillstand, das rhythmi-sche Moment verliert an Be-deutung, Nebenmotive ver-schwimmen zu bloßen Farben.Die Pianistin wirkt fast wie inTrance. Wenn Schubert in un-geahnte harmonische Regio-nen vorstößt, ist es so, als obein geheimnisvoller fremderGast erschiene.

    Rein sachlich wird man diesehemmungslos klangverliebteSpielweise einseitig nennenmüssen, und in den Pausenvernimmt man denn auch Kri-tik vom fachmännischen Publi-kum. Doch ist es dem Ausnah-

    mecharakter dieses visionärenWerkes nicht angemessen,wenn man es so persönlichdeutet und sich somit angreif-bar macht? Mindestens inzweierlei Hinsicht traut sichdie Georgierin viel. Pianistisch:Der superfeine Anschlag pro-duziert zauberische Klänge,doch liegt es in der Natur derSache, dass auch einmal einTon wegbleiben kann. Sei´sdrum. Das ist allemal besser,als nur auf Sicherheit zu gehen.Und interpretatorisch: Die ra-dikale Stille ist schwer auszu-halten. Doch das Wagnis ge-lingt. Andächtig lauscht das Pu-blikum, wird immer ruhiger –

    und klatscht zweimal spontannach den Sätzen. Eigentlich tutman das ja nicht, doch hierkommt der Applaus von Her-zen.

    Nach diesen Übungen in mu-sikalischer Metaphysik erlebtman die pianistischen Exzessevon Franz Liszt als Erleichte-rungen. In der Etüde nachVictor Hugos Verserzählung„Mazeppa“ entlädt sich die lan-ge aufgebaute Spannung. Auch,wenn sich Buniatishvili hals-brecherisch in diesen Todesrittstürzt, gibt sie doch nie ihre ab-gerundete Anschlagskulturauf: Der Steinway brüllt furcht-einflößend, ohne vorher ge-

    schlagen worden zu sein. Eingewisses Showelement ist die-ser Musik eingeschrieben, undso kann es der Pianistin nie-mand ernsthaft verübeln,wenn sie drei populäre Liedervon Schubert in den Bearbei-tungen von Liszt auch optischhöchst dekorativ inszeniert.

    In „Gretchen am Spinnrade“mimt sie förmlich das liebes-kranke junge Ding mit halbge-öffnetem Mund und abwesen-dem Blick, so, wie sie im Be-gleitheft ihrer neuen CD präraf-faelitische Gemälde mit schö-nen toten Mädchen nachstellt.Yuja Wang hat das nüchternergespielt. Doch wenn man so in

    die Vollen geht, muss man esmachen wie Khatia Bunia-tishvili. Michael Bastian Weiß

    Die neue CD mit der letzten So-nate von Franz Schubert sowieweiteren Werken des Komponis-ten ist auf Sony erschienen

    Khatia Buniatishvilimit Klaviermusik vonFranz Schubertund Franz Liszt imPrinzregententheater

    Khatia Buniatishvili. Foto: Haase

    MEINUNG

    Robert BraunmüllerDer Kulturrredakteur überdas neue Rammstein-Video.braunmueller.r@az-muenchen.de

    Perverse EigenwerbungEs wäre besser, es zu verschweigen. Denn Aufmerksam-keit ist das Einzige, nach dem diese Band giert. Ein aufYoutube veröffentlichtes Video zeigt Mitglieder vonRammstein in KZ-Häftlingsgewand mit Stricken um denHals a m Galgen. Am Ende des etwa 30 Sekundenlangen Clips erscheint das Wort „Deutschland“ in Frak-tur.

    Womöglich ist das sogar kritisch gemeint. Aber esfügt sich in denTrend, den NS-Terror in belie-biges Spielma-terial der Pop-kultur zu ver-wandeln. Es be-gann vor vielenJahren mit dem Musical „Cabaret“ und Filmen der Italie-nerin Liliana Cavani. Und weil das Kokettieren mit demNazi-Grusel regelmäßig für Aufmerksamkeit und Kassesorgt, hört es auch nicht auf. Der Kitsch-Roman „Stella“von Takis Würger ist das jüngste Beispiel dazu.

    Neues, gar Originelles lässt sich dazu nicht sagen. Da-her sei hier Iris Rosenberg zitiert. Die Sprecherin derHolocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem ant-wortete, zu dem Rammstein-Video befragt, dass einerespektvolle künstlerische Darstellung des Holocaustlegitim sei, nicht aber dessen Instrumentalisierung alsbloßes Werkzeug, um die Aufmerksamkeit der Öffent-lichkeit zu gewinnen.

    Nichts anderes macht Rammstein, ganz unabhängigdavon, ob die Bandmitglieder in dem Video nun jüdi-sche, deutsche oder andere Häftlinge darstellen. Es isteinfach nur billige, perverse Reklame.

    KULTUR kompakt

    Neues Museum für DDR-KunstPOTSDAM Die Stiftung des Software-Milliardärs Hasso Platt-ner will in Potsdam ein Museum für DDR-Kunst einrichten.Nach dem Barberini wäre es das zweite Museum der Stiftungin der Stadt. Das ehemalige Terrassenrestaurant „Minsk“ ausDDR-Zeiten solle dafür saniert werden. Neben dem künfti-gen Museum soll in Neubauten preiswerter Wohnraum ent-stehen. Der Linke-Fraktionschef in Potsdam, Hans-JürgenScharfenberg, bestätigte, dass die Stiftung das Areal mit demverfallenen „Minsk“ für 20 Millionen Euro kaufen wolle. „Dasist ein absoluter Glücksfall“, sagte Scharfenberg: „Wir habenlange dafür gekämpft, dass das ,Minsk’ erhalten bleibt.“ DieStadtverordnetenversammlung wolle noch vor der Kommu-nalwahl im Mai über den Verkauf an die Stiftung entschei-den. Lange Zeit war geplant, das verfallene Restaurant abzu-reißen. Die Stadtverordnetenversammlung hatte die Abriss-pläne gestoppt.

    Ein Grieche aus MecklenburgPENZLIN Die Stadt Penzlin in Mecklenburg-Vorpommern hatihrem bekanntesten Sohn, dem Dichter und Homer-Überset-zer Johann Heinrich Voß (1751-1826), ein Literaturhaus ge-widmet. Das Rektorhaus, in dem Voß damals zur Schuleging, wurde gerettet und umgebaut. Das Gebäude soll andiesem Freitag feierlich übergeben werden. Die neue Aus-stellung heißt: „Johann Heinrich Voß. Ein Grieche aus Meck-lenburg“ und soll das fortschrittliche Denken des Zeitgenos-sen von Goethe und Schiller dokumentieren. Voß studiertein Göttingen und war in Eutin, Jena und Heidelberg tätig.

    27ABENDZEITUNG FREITAG, 29. MÄRZ 2019 WWW.AZ-MUENCHEN.DE KULTUR

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