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WiesbadenDas Magazin der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden Ausgabe 02 / Juni 2009
Stadt in BewegungProfi- und Breitensport stehen in
Wiesbaden nicht in Konkurrenz S.4
Perfekte SchneiderkunstHaute Couture aus Wiesbaden S.12
KulturschätzeDas Filmhaus bewahrt die Klassiker
des deutschen Films S.26
LANDESHAUPTSTADT
www.wiesbaden.de
01_Titel_Wiesbaden_final.qxp 08.06.2009 15:15 Uhr Seite 1
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Freitag, 14 UhrCheck-In in einem
Wiesbadener
Traditionshotel
Samstag, 11 UhrEinkaufsbummel
durch das historische
Quellenviertel
Samstag, 15 UhrEntspannen in stilvollem
Kaffeehaus-Ambiente
Samstag, 18 UhrTraubenkernöl-Massage in der
Kaiser-Friedrich-Therme
Sonntag, 10 UhrBesuch des
Museum Wiesbaden
Sonntag, 11 UhrFahrt mit der
historischen
Nerobergbahn zur
Russischen Kirche
Freitag, 16 UhrExklusiver Stadtrundgang mit
einem privaten Gästeführer
Freitag, 19 Uhr3-Gänge-Menü in einem
Gourmet-Restaurant
Freitag, 21 UhrCasino-Besuch im
Kurhaus Wiesbaden
02_Editorial1.qxp 05.06.2009 12:56 Uhr Seite 2
Impressum
HERAUSGEBER: Wiesbaden Marketing GmbH,
Geschäftsführer: Martin Michel (V.i.S.d.P.),
Postfach 6050, 65050 Wiesbaden.
REDAKTION UND TEXTE: Journalistenbüro Surpress,
Dr. Guido Rijkhoek, Dr. Jutta Witte, Wiesbaden
FOTOS: Gerhard Hirsch, Frankfurt,
Horst Goebel, Görsroth (Titel)
LAYOUT UND HERSTELLUNG:
D+K Horst Repschläger GmbH, Wiesbaden
DRUCK: Stark Druck, Pforzheim
Sport in die Stadt
In Wiesbaden boomen
Spitzen- und Breitensport 4
Perfekte Schneiderkunst
Der Salon Elise Topell macht
klassische Haute Couture 12
Erlebnisräume im Netzwerk
Eine Allianz vermarktet
die Kongressstadt Wiesbaden
professionell 16
„Wunschlos glücklich"
ZDF-Moderatorin Valerie
Haller über ihr Leben in der
Landeshauptstadt 18
Heimliche Beraterhauptstadt
Consulting-Unternehmen schätzen
den Standort Wiesbaden 20
„Stetig aufwärts“
Das Rheingau Musik Festival ist
eines der größten in Deutschland 24
Schatzkammer in Schwarz-Weiß
Das Filmhaus bewahrt die
Klassiker des deutschen Films
für die Nachwelt 26
Inhalt
Ausgabe 2 / Juni 2009EditorialMagazin der Stadt Wiesbaden
WIESBADEN NEU ERLEBEN: Nach einem erfolg-
reichen Start geht das Wiesbaden Magazin in die
zweite Runde. Wieder haben wir uns auf den Weg
gemacht, um für Sie die verborge-
nen Schätze der Stadt zu heben.
Worauf wir gestoßen sind: Viele
Botschafter für den Sport, ein
Fußballstadion, das in Rekordzeit
entstand, Mode wie in Paris,
ein großes Filmerbe, geballte Wirt-
schaftskompetenz,
eine charmante Bildschirmgröße
und eines der größten Musikfesti-
vals in Deutschland. Und wir haben
viele unterschiedliche Menschen
getroffen, die eines gemeinsam
haben: Sie sind überzeugt von
Wiesbaden, einer Stadt, in der es
sich gut leben und arbeiten lässt,
die an sich bindet und die weiter
neugierig macht. Unsere Funde
haben wir gesichtet, die Bilder
festgehalten und die Geschichten
dazu erzählt. Lassen Sie sich
überraschen. Für
Ihre Erkundungs-
tour durch dieses Heft wün-
schen wir Ihnen viele spannende
Momente.
Ihre Redaktion
Musikliebhaber Michael Herrmann
Consulting-Standort
Wiesbaden
Bundesliga-Volley-ballclub Wiesbaden
ZDF-BörsenreporterinValerie Haller
Titelbild: Kurhaus Wiesbaden
02_Editorial1.qxp 08.06.2009 15:12 Uhr Seite 3
V
4 Wiesbaden in Bewegung
Die Wiesbadener lieben Bewegung. Jeder Dritte engagiert
sich in der Landeshauptstadt in einem oder mehreren der
240 Sportvereine. Amateure, Ehrenamtliche, Profis und
Funktionäre ziehen an einem Strang, um den Sport mitten
in die Gesellschaft zu holen.
Von Taekwondo über Eishockey bis hin
zum Langstreckenschwimmen: Es gibt
kaum eine Sportart, die es in Wiesbaden
nicht gibt. Den Boom, den das städtische
Sportleben in den letzten Jahren erfährt,
erklärt Oberbürgermeister Helmut Müller
gerne mit dem Boris-Becker-Phänomen:
„Wenn Sie Leuchttürme haben, wenden
sich plötzlich viele Menschen dem Sport
zu". Idole, die vor allem die Jugend von
Gameboy und Computer weglocken kön-
nen, gibt es viele. Allein zwölf Wiesba-
dener Vereine treten in der ersten oder
zweiten Bundesliga an, darunter nicht
nur klassische Publikumsmagneten
wie die Handballer oder Volleyballer,
sondern auch Sportler, die eher weniger
bekannte Sportarten ausüben, wie
Kraftdreikämpfer oder Radpolospieler.
„Profi- und Breitensport stehen für
mich nicht in Konkurrenz,“ betont Mül-
ler. „Sie sind zwei Seiten der gleichen
Medaille". Sport sei eine Querschnitts-
aufgabe: „Meine politische Idee ist es,
eine Stadt für alle zu schaffen und Sport
ist ein Superinstrument, um diese Idee
umzusetzen." Dass der Sport ein idealer
Bereich ist, um wirklich alle mitzuneh-
men, ist an vielen kleinen Punkten er-
kennbar, an denen die städtische Sport-
förderung in der Breite ansetzt. So för-
dert Wiesbaden sportliche Sommercamps
für Jugendliche. Vereine können Sport-
anlagen, Turnhallen und Schwimmbäder
kostenlos nutzen. Die Stadt hat ein Pro-
gramm aufgelegt, mit dem gezielt Lang-
zeitarbeitslose zu Übungsleitern fortge-
bildet werden und sie übernimmt die
Kosten, wenn ihre Bediensteten regel-
mäßig ins Fitnessstudio gehen und so
chronischen Rückenschmerzen und ande-
ren Zivilisationskrankheiten vorbeugen.
Auch der Spitzensport hat in Wies-
baden eine Heimat gefunden. Ein alljähr-
licher Reigen von sportlichen Großereig-
nissen hat sich mittlerweile in der
Landeshauptstadt etabliert. So holt der
„Ball des Sports" seit Jahren Größen aus
Sport, Politik und Wirtschaft nach Wies-
baden. Zu den Höhepunkten im Wiesba-
dener Sportjahr zählen auch das Inter-
nationale Pfingstturnier, zu dem sich die
BRE I TEN- UND PROF ISPORT BOOMEN IN WIESBADEN
Bringt Sport indie Stadt!
Eine Stadt für alle will Oberbürger-
meister Helmut Müller schaffen und
setzt dabei voll auf den Sport.
04-11_Sport.qxp 05.06.2009 12:54 Uhr Seite 4
l
Nachwuchsstar Tobias
Bremser will fair gewinnen.
Wiesbaden in Bewegung 5
Reiterelite der Welt im Biebricher
Schloss-park versammelt und der Tri-
athlonwettkampf Ironman 70.3. Den
Abschluss bildet im Herbst die Olym-
pische Ballnacht im Kurhaus. Hier fei-
ert der hessische Landessportbund
seine Athleten.
Mitten in die Stadt will Müller
den Sport holen. Deswegen ist das
Fußballstadion des SV Wehen Wiesba-
den nicht auf die grüne Wiese gesetzt,
sondern am Rande der Innenstadt ge-
baut worden. Deswegen soll direkt im
Zentrum eine neue, große Sporthalle
entstehen. Identifikation mit der Stadt
und Integration aller Mitbürger sind
das Ziel. Der Aktionstag „Respect
your next", an dem Behinderte und
Nichtbehinderte gemeinsam Sport trei-
ben, gehört dazu. Die Bereitschaft der
Wiesbadener Vereine, den Behinder-
tensport auszubauen, sei sehr groß,
betont Müller. Als politisches Ziel und
nicht als eine „zufällige, nette
Geschichte" soll er jetzt erstmals fest
im Sportentwicklungsplan verankert
werden. Und zum Thema „eine Stadt"
gehören auch die rund 90.000 Wies-
badener mit Migrationshintergrund.
Überdurchschnittlich viele von ihnen
engagieren sich ehrenamtlich für
den Sport und leisten so einen wesent-
lichen Beitrag für das Zusammen-
wachsen der Stadtgesellschaft. l
Tobias Bremser flitzt über Waldwege,
brettert einen Abhang hinunter und
bremst ab. „Ich bin schon immer
gerne Rad gefahren", sagt der 15-
jährige Nachwuchsfahrer des Rad-
sportclubs Wiesbaden.
Mit neun Jahren hat er im Rad-
sport angefangen, mit zehn sein erstes
Rennen gewonnen. Inzwischen ist To-
bias 16-facher Hessenmeister: „Mein
Traum ist es, bei einer Weltmeister-
schaft im Nationaltrikot zu fahren."
Der RSC Wiesbaden ist ein Beispiel für
die hervorragende Aufbauarbeit, die in
vielen Sportvereinen geleistet wird.
Seit seiner Gründung vor zehn Jahren
verschrieb sich der Radsportclub einer
intensiven Jugendförderung. Inzwi-
schen werden die Früchte sichtbar. Die
60 Fahrer des Vereins gewannen im
vergangenen Jahr drei deutsche Mei-
stertitel, 15 Landesmeistertitel und den
ersten Platz in der Nachwuchswer-
tung des Landes Hessen. Wer im Rad-
sport nicht hinterher fahren wolle,
müsse hart trainieren und sich sehr
bewusst ernähren, betont RSC-Ge-
schäftsführer Jürgen Balz: „Hier gilt
die Devise ganz oder gar nicht." In
dem Bewusstsein, dass der Radsport
vermutlich nur zu retten ist, wenn
man bei den Jüngsten ansetzt, ver-
folgt der Verein zudem eine klare
Anti-Doping-Strategie. „Wiesbaden
gewinnt fair", heißt die Initiative, der
sich auch der RSC angeschlossen hat.
„Wir wollen den Kids zeigen, dass
man sauber gewinnen kann", erklärt
Balz. l
Ganz oder gar nichtRADSPORT :
04-11_Sport.qxp 05.06.2009 12:54 Uhr Seite 5
6 Wiesbaden in Bewegung
Die blau-gelben Bälle pfeifen
durch die Halle. Elf Spielerin-
nen hechten, schmettern und
klatschen sich ab. Zweimal am
Tag, fünfmal die Woche trai-
nieren die Bundesligistinnen
vom Volleyballclub Wies-
baden. Mit verschränkten
Armen steht Xiaojun Yang da
und beobachtet das Geschehen
mit Argusaugen. Ab und zu
kommt eine knappe Anwei-
sung vom Spielfeldrand: „Go"
oder „OK, Seiten wechseln".
Seit sie die Mannschaft im
vergangenen Jahr übernom-
men hat, wird in Wiesbaden
Volleyball „Made in China"
gespielt. Die Trainerin verlangt
100 Prozent Einsatz: „Dieser
Sport bedeutet nicht nur Kraft
und Körpergröße, sondern
auch Intelligenz und viel
Teamgeist."
Olympiagold und Platz
eins bei der Weltmeisterschaft
hat Yang in den 80er Jahren
mit der chinesischen National-
mannschaft geholt, mit dem
Team von Stuttgart-Feuerbach
zweimal das Double aus Deut-
scher Meisterschaft und Pokal-
sieg. Ihre Erfahrungen gibt
Yang, die seit 20 Jahren in
Deutschland lebt, nun an die
Wiesbadener Volleyballerinnen
weiter. Sieben Damenmann-
schaften spielen für den VCW.
Das Bundesligateam mußte
sie komplett neu aufbauen.
Acht Nationalitäten, Sprachen
und Kulturen gilt es täglich
in Einklang zu bringen. Eine
echte Herausforderung. Doch
Yang bleibt cool, selbst, wenn
der Lärm von 1.000 Zuschau-
ern ohrenbetäubend wird.
Mit Tabellenplatz fünf ist die
Mannschaft jetzt nach einer
spannenden Saison belohnt
worden. l
Auf Kraft, Intelligenz und
Teamgeist kommt es an.
VCW-Trainerin Xiaojun
Yang sorgt für den vollen
Einsatz.
lMade in ChinaVOLLEYBALL:
04-11_Sport.qxp 05.06.2009 12:54 Uhr Seite 6
Wiesbaden in Bewegung 7
Sie ist eine Nachwuchshoffnung
im deutschen Golfsport und sie
will hoch hinaus. Spanien, USA,
Schweden – seit Katharina Söhn-
lein im vergangenen Herbst in den
deutschen Nationalkader aufge-
rückt ist, nimmt sie im Schnitt alle
zwei Monate an einem internatio-
nalen Turnier teil. „Ich komme viel
rum", gesteht die 16-jährige Wies-
badenerin, die Golf und Schule nur
noch mit eiserner Disziplin unter
einen Hut bekommt. Nun träumt
sie von einem Stipendium für
eines der begehrten Golf-Colleges
in den USA: „Ich könnte mir vor-
stellen, später Profi zu werden."
Wiesbaden darf als die Mutter
des Golfsports in Deutschland gel-
ten. Engländer und Schotten grün-
deten hier Ende des 19. Jahrhun-
derts den ersten Golfclub auf
deutschem Boden. Die Stadt ist
heute Sitz des Deutschen Golfver-
bands und der Vereinigung Club-
freier Golfspieler, einer der größten
deutschen Sportvereine. Das um-
fangreiche Angebot mit zwei 18-
Loch-Anlagen und einem Neun-
Loch-Platz hat dafür gesorgt, dass
Golf in Wiesbaden die Nische des
Elitären verlassen hat. Dank der
umfangreichen finanziellen Förde-
rung des Deutschen Golfverbands
können sich heute auch Familien
aus der Mittelschicht diesen Sport
leisten.
Als Elfjährige hat Katharina
Söhnlein zu spielen begonnen,
eher aus Zufall, weil auch ihre El-
tern damals aktive Golfamateure
wurden. Und noch immer faszi-
niert sie der Sport, bei dem es vor
allem auf eine ausgefeilte Schlag-
technik ankommt: „Es macht ein-
fach Spaß." l
Katharina Söhnlein spielt
für Deutschland.
lNachwuchshoffnung mit Träumen und Disziplin
GOLF :
04-11_Sport.qxp 05.06.2009 12:54 Uhr Seite 7
8 Wiesbaden in Bewegung
Im Frühjahr und Sommer sieht
man in den ländlichen Vororten
Wiesbadens vor allem eines: Pfer-
de. Reiten zählt in der hessischen
Landeshauptstadt beinahe zum
Breitensport. Und ein Großereignis
zieht sogar die an, die sich selbst
nicht in den Sattel trauen: Jedes
Jahr trifft sich im Park von
Schloss Biebrich die internationale
Spitze der Spring-, Dressur- und
Vielseitigkeitsreiter für vier Tage
zum Pfingstturnier. Hans-Günter
Winkler, Rainer Klimke, Meredith
Michaels Beerbaum und Isabell
Werth haben hier gewonnen. Seit
Jahren mit dabei ist auch Anja
Plönzke. Die Wiesbadener Amazo-
ne zählt zu den Publikumslieblin-
gen im Dressurviereck und ist im
internationalen Spitzensport fest
etabliert. „Reitsport ist für mich
längst zum Beruf geworden", sagt
die 40-Jährige, die das Gestüt
Tannenhof mit über 60 Pferden
zusammen mit ihrem Ehemann
Roland Bauer leitet.
Sechs Pferde trainiert Anja
täglich, betreut das Internetportal
„ClipMyHorse" mit seinen LIVE-
Übertragungen und bestreitet rund
20 Turniere im Jahr. Eine Dressur-
prüfung bedeutet für sie und ihre
Vierbeiner Feinstarbeit. 200 bis
350 Übergänge verlangt eine rund
sechsminütige Grandprix-Kür in
der Musik und damit volle Kon-
zentration und Präzision beim Rei-
ten. „In der Kür hole ich die Stär-
ken meiner Pferde heraus", sagt
die Reiterin. Nach dem Verkauf
ihres Erfolgspferdes Solero steht
im Moment vor allem das Training
mit dem Nachwuchs auf dem Pro-
gramm. Zum Beispiel mit Le Mont
D´Or, der dieses Jahr beim Wies-
badener Mediencup für acht- bis
zehnjährige Pferde sein Debut im
Schlosspark geben durfte. l
Dressurreiterin Anja Plönzke und
ihre Nachwuchspferde Le Mont d´Or
(oben) beim Wiesbadener Pfingsttur-
nier und Lucky Dance beim Training
auf dem Gestüt Tannenhof.
lPräzisionsarbeit im SattelRE I TSPORT :
04-11_Sport_NEUE_Seite_8.qxp 08.06.2009 15:10 Uhr Seite 8
Wiesbaden in Bewegung 9
Sie laufen im Kreis, manche la-
chend Hand in Hand. Ein Junge
schmeißt sich hin und klatscht be-
geistert mit beiden Händen auf
den Boden. Dann ist Techniktrai-
ning angesagt bei der integrativen
Gruppe des Judo Clubs Wiesbaden.
Zwanzig behinderte Erwachsene,
Jugendliche und Kinder rollen
nach vorne ab, bringen den Geg-
ner zu Fall und stellen sich immer
wieder einem fairen Zweikampf.
„Der Urgedanke ist die Weiterent-
wicklung der Persönlichkeit", er-
klärt Ju-Jutsu-Weltmeister Mario
Staller. Kaum ein Sport sei deswe-
gen besser für das Selbstwert- und
Körpergefühl von behinderten
Menschen. „Es geht hier nicht um
Leistung, es geht um den persönli-
chen Erfolg", sagt Staller.
Behindertensport ist in Wies-
baden auf dem Vormarsch – auch
bei den Schwimmern, im Fußball,
Basketball und Tischtennis. Dass
Sport Schwache und Starke glei-
chermaßen fördern kann, machen
Wiesbadens Judoka beispielhaft
vor. Fünf Nationalkaderathleten
trainieren hier. In der Stadt ist das
Bundesleistungszentrum für die
Ju-Jutsu-Jugend, ein Erfolg, der
vor allem auf Staller zurückgeht.
Seit 11 Jahren kämpft der 24-
jährige BKA-Beamte im National-
team. 2008 hat er den ersten Platz
bei der Weltmeisterschaft, beim
Europacup und bei den Paris und
German Open geholt. Diesen Som-
mer will er bei den World Games
in Taiwan die Goldmedaille gewin-
nen. Abheben tut er deswegen be-
stimmt nicht und ganz klar: Nach
der letzten Verbeugung bekommt
jeder Judokämpfer mit Handicap
ein Autogramm. l
Gemeinsam stark: Ju-Jutsu-Welt-
meister Mario Staller und die integra-
tive Gruppe des JCW beim Training
lAuch mit HandicapJU- JUTSU:
04-11_Sport.qxp 05.06.2009 12:54 Uhr Seite 9
10 Wiesbaden in Bewegung
Dass es im Fußball immer wieder
schwere Zeiten gibt, hat Heinz Han-
kammer schon als Jugendlicher ge-
lernt. Kurz nach dem Krieg, als 15-
Jähriger, habe er sich gebrauchte
Fußballschuhe auf dem Schwarzmarkt
besorgt, erinnert sich der 77-jährige
Präsident des Fußballclubs SV Wehen
Wiesbaden. Doch der Vater, ein stren-
ger Bahnbeamter, habe ihm den
„Proletensport" verboten: „Da hat er
die Schuhe einfach verbrannt."
Hankammer hat nie aktiv Fußball
gespielt. Sportgeschichte hat der
Gründer des Wasserfilterunternehmens
BRITA trotzdem geschrieben. Als der
SV Wehen 2007 in die 2. Bundesliga
aufstieg, ließ Hankammer in einer Re-
kordzeit von weniger als vier Monaten
ein Fußballstadion für rund 12.000
Zuschauer in Wiesbaden bauen. Die
Stadtverwaltung stellte das Grund-
stück zur Verfügung, erarbeitete einen
Bebauungsplan und die nötigen Ge-
nehmigungen. „Die Behörden haben
ungeheuer schnell und positiv rea-
giert", erinnert sich der 77-Jährige.
Das 15 Millionen Euro teuere Stadion
nach den Plänen des Architekturbüros
Albert Speer & Partner wurde in mo-
dularer Bauweise errichtet. Die Kon-
struktion aus Stahlrohren und Contai-
nern ließe sich problemlos auf eine
Kapazität von bis zu 20.000 Zuschau-
ern erweitern oder auch komplett de-
montieren. Doch dazu wird es so bald
nicht kommen, da ist Hankammer sich
sicher: „Der SV Wehen ist in meiner
Zeit viermal abgestiegen, aber er ist
auch immer wieder aufgestiegen." l
Heinz Hankammer baute die
BRITA-Arena in Rekordzeit.
lRekordhalter im Stadionbau
FUSSBALL
04-11_Sport.qxp 05.06.2009 12:54 Uhr Seite 10
Wiesbaden in Bewegung 11
Mit Tempo 80 kommen die beiden
Wurfscheiben aus dem Bunker ge-
rast. Nur Sekundenbruchteile später
zerplatzen sie in der Luft. Waldemar
Schanz klappt die Flinte auf, nimmt
die leeren Patronenhülsen raus,
schiebt zwei neue rein.
„Beim Schießen kommt es dar-
auf an, eine absolut präzise Bewe-
gung zu machen, auch unter großem
psychischem Druck", sagt Schanz.
Deutscher Meister, Europameister,
Vizeweltmeister und Weltcup-Gewin-
ner: Der 40-jährige Wiesbadener
hat im Trap und Doppeltrap – dem
Schießen auf eine oder zwei fliegen-
de Tonscheiben – während der ver-
gangenen 15 Jahre so ziemlich alles
gewonnen, was man auf nationaler
und internationaler Ebene gewinnen
kann. Die exzellenten Trainingsbe-
dingungen haben den langjährigen
Zeitsoldaten nach Wiesbaden
gelockt. In der Landeshauptstadt ist
der Deutsche Schützenbund (DSB)
ansässig. Hier unterhält der Spitzen-
verband der mehr als 1,4 Millionen
deutschen Sportschützen sein Bun-
desleistungszentrum. Die National-
mannschaften des DSB und Top-
schützen aus dem Ausland kommen
regelmäßig nach Wiesbaden, um
sich für nationale und internationale
Wettkämpfe fitzumachen. Das durch
jüngste Gewalttaten beschädigte
Image der Sportschützen bedrückt
Schanz. Es gehe im Schießsport
weder ums Krachmachen, noch um
das Protzen mit Waffen, betont der
40-Jährige: „Das Zusammenspiel
von Körper und Geist, die absolute
Selbstbeherrschung, das ist das,
was mich an meinem Sport faszi-
niert." k
Die Wurfscheiben fliegen aus dem
Bunker – Sekundenbruchteile später
werden sie getroffen.
Meisterschütze Waldemar Schanz
sucht nach absoluter Präzision.
lZusammenspiel von Körper und Geist
SCH IESS-SPORT
04-11_Sport.qxp 08.06.2009 15:10 Uhr Seite 11
12
In Wiesbaden gibt es noch Haute Couture
DER ROLLS ROYCE DER SCHNE IDERKUNST
Haute Couture gilt unter Fachleuten als
aussterbende Gattung. Selbst in Paris wird
die „hohe Schneiderkunst“ zu einem immer
selteneren Luxus. Doch Lollo Grund, Chefin
des Wiesbadener Modesalons „Elise-Topell-
Couture“, hält ihr die Treue – als letzte in
Deutschland.
EEs ist kurz vor halb fünf. Langsam füllt sich der
kleine Modesalon an der Wiesbadener Wilhelm-
straße. Während die Gäste zu ihren Plätzen ge-
führt werden, warten auf der Galerie drei Models
zwischen aufgeklappten Schuhkartons und Käs-
ten mit Schmuck auf ihren Auftritt. Lollo Grund
legt überall mit Hand an und gibt letzte Anwei-
sungen. 30 Kreationen mit Namen wie Caravel,
Monte Carlo, Venezia oder Berenice haben sie
und ihre Mitarbeiterinnen für diesen Sommer
entworfen und maßgeschneidert.
Wiesbadener Perfektion
12-15_Topell_NEU.qxp 05.06.2009 12:32 Uhr Seite 12
Vieles ist Schwarz-Weiß – mal streng in Na-
delstreifen, mal glamourös mit vielen, von Hand
gefertigten Stickereien. Die Stoffe fließen am
Körper, Nähte sind kaum erkennbar. Das liegt an
einer besonderen Schnitttechnik, die das Haus
Topell seit Jahrzehnten pflegt und die auf Made-
laine Vionnet zurückgeht. Die legendäre französi-
sche Modeschöpferin gilt als die Erfinderin des
„Diagonalschnitts" und führte von 1912 bis 1940
ihren Salon in Paris.
„Wir machen hier Handwerk und Mode", be-
tont die Frau mit dem roten Pagenkopf. Ein ex-
zellenter Stoff, präzise Handarbeit und eine seit
60 Jahren unverwechselbare Handschrift. Diese
drei Dinge sind es, die ihre Kollektionen aus-
machen. Eher selten kommt in Grunds Atelier die
Nähmaschine zum Einsatz. Statt dessen nähen
ihre Mitarbeiterinnen, die sie gerne „ihre Kinder"
nennt, selbst Säume noch nach uralten Techniken
von Hand, ziehen Fäden einzeln aus Wollstoffen
heraus, besticken Jacken mit Perlen, fertigen Blu-
men aus Seidenstoff passend zum Abendkleid an.
150 Stunden Arbeit stecken in der weißen Bole-
rojacke, die mit einem langen schwarzen Rock
zum Abendkostüm „Monte Carlo" gehört.
Ideen für ihre Schöpfungen findet Grund
überall: „Ich laufe so lange durch eine Stadt bis
ich das Neue spüre." Ihre Stoffe kauft sie bei den
besten Adressen, bei Gandini, Aston Rom oder
Clerici. Bis zu 450 Euro kostet ein Meter der kost-
baren Ware. Wolle, Seide, Leinen, Baumwolle,
Cashmere: Grund verarbeitet nur Naturfasern. Es
sind Stoffe, die gleichzeitig matt und glänzend
sind oder deren Streifen sich wie von selbst be-
wegen. „Da können Sie drin schlafen", sagt sie
und zerknüllt einen azurblauen Seidenblazer in
ihren Händen, der sich sofort wieder glättet.
Mode aus dem Hause Topell soll nicht den Wett-
streit um das extravaganteste Outfit gewinnen.
Sie soll Neues in Topqualität kreieren, ohne dabei
Persönlichkeiten aus dem Auge zu verlieren.
Nach dem Tod der Gründerin vor 27 Jahren
hat Grund den Salon übernommen. Deren Namen
Elise Topell trägt das Geschäft noch heute. Er hat
in der deutschen Modewelt einen Klang wie Rolls
Royce im Automobilbau. Auch Preise und Kund-
schaft sind vergleichbar. Mindestens einen vier-
stelligen Eurobetrag kostet ein komplettes Ensem-
ble. Ihre Klientel kommt aus der ganzen Welt,
begleitet den Salon treu seit Jahrzehnten und
sorgt für den nötigen Umsatz. „Wir leben von der
Order", erklärt die Chefin. Und da sie auf das
Geschäft mit Accessoires und Parfums verzichtet,
die auch bei den Pariser Modehäusern das meiste
Geld bringen, hält sich ihr persönlicher Luxus
in Grenzen: „Geld haben sie nie in meinem Job.
Das sieht immer nur reich aus."
Wiesbadener Perfektion 13
12-15_Topell_NEU.qxp 05.06.2009 12:32 Uhr Seite 13
14 Wiesbadener Perfektion
Elise Topell, die große alte Dame der Haute
Couture in Deutschland, war ähnlich unpräten-
tiös. Die Frau, die ursprünglich Mathematik stu-
dieren wollte, verschlug es nach dem Zweiten
Weltkrieg aus Berlin nach Wiesbaden. Bei ihr hat
Grund den absoluten Blick für Stoffe gelernt,
das Drapieren und einen pragmatischen Ansatz
für ihre Entwürfe. Jedes Kleid, so Topells Credo,
müsse einen logischen Aufbau haben. „Wir müs-
sen technische Lösungen finden, ohne den Schick
zu verlieren." So drückt es Grund aus.
Die Handwerkskunst, die sie bei Topell ge-
lernt hat, hat sie Zeit ihres Lebens an ihre Schü-
lerinnen weiter gegeben: „Heute bin ich die wich-
tigste Ausbildungsschmiede hierzulande". Ihre
Erfolge können sich sehen lassen. In 40 Jahren
haben nur zwei Prozent ihrer Lehrlinge die Aus-
bildung abgebrochen. Erst im April konnte das
Haus Topell mit seinem Nachwuchs glänzen:
Gleich vier von fünfzehn Preisträgerinnen des
diesjährigen Kreativwettbewerbs der Maßschnei-
der-Innung Frankfurt-Main-Taunus lernen im
Moment im Salon an der Wilhelmstraße. Eine
von denen, die Grunds Schule durchlaufen
haben, ist auch Anna von Griesheim. „Ich habe
bei ihr gelernt, was Eleganz heißt", sagt die Mo-
dedesignerin, die unter anderem Angela Merkel,
Friede Springer und Sabine Christiansen einklei-
det. Grunds Schneidertechnik ist für sie immer
noch der Maßstab: „Das Besondere ist, wie sie
den Fall des Stoffes beeinflusst." Was ihre strenge
Ausbilderin ihr in den 80er Jahren beigebracht
habe, brauche sie heute noch, wenn sie ihre Kol-
lektionen entwerfe. „Der Salon", sagt von Gries-
heim, „ist ihr Lebenswerk".
Wer ihn nach Lollo Grund weiter führen wird
ist noch offen. Sie hofft, dass eine ihrer Mitarbei-
terinnen das Know-How und die Ausdauer auf-
bringen wird, um ihr Werk fortzusetzen. Zwölf
bis 13 Stunden dauert ihr Arbeitstag noch immer.
Aber der Einsatz lohnt sich. Als das letzte Kostüm,
das letzte Abendkleid vorgeführt sind, erklingen
Beifall und Begeisterungsrufe. Den Applaus nimmt
Grund bescheiden entgegen. Eine Verschnaufpau-
se gönnt sie sich selbst nach einer erfolgreichen
Modenschau nicht. „Die Arbeit mit der Mode",
sagt sie, „hält jung."
Modeschöpferin Lollo
Grund prüft einen
Crêpe-Stoff für den
Sommer.
12-15_Topell_NEU.qxp 08.06.2009 15:16 Uhr Seite 14
Wiesbadener Perfektion 15
Nur Kreativität,
perfekte Handarbeit und
die besten Stoffe schaf-
fen wahre Eleganz. Die
Modelle aus dem Hause
Topell zeigen es.
Zwei Kollektionen aus mindestens
35 Modellen muss ein französi-
scher Modeschöpfer pro Jahr
zeigen, exklusive Materialien ver-
arbeiten, mindestens 15 Schneide-
rinnen und Schneider beschäfti-
gen und neben Konfektionsware
auch maßgeschneiderte Kleidung
anfertigen. Erst dann gehört er
nach den Regeln des Chambre
Syndicale de la Couture Francaise
zur Haute Couture. Die großen
Haute Couture Shows in Paris
setzen die Trends für die interna-
tionale Modewelt und geben den
Stil für die Prêt-à-porter-Modelle
– die Mode von der Stange – vor.
Zu den großen französischen
Couturiers gehören Chanel, Chris-
tian Dior, Gaultier und Lacroix.
Der Begründer der Haute Couture
kam übrigens aus England:
Charles Frederick Worth erfand
das Modellkleid, eröffnete 1858 in
Paris den Modesalon „Worth et
Bobergh" und schickte seine Frau
Marie als erstes Mannequin
in der Modegeschichte auf den
Laufsteg.
Nicht jedes teure Stück ist gleich Haute Couture
12-15_Topell_NEU.qxp 08.06.2009 15:16 Uhr Seite 15
16 Service aus Wiesbaden
Erlebnisräume im Kongress-NetzwerkMessen und Fachkongresse locken jedes Jahr Hunderttausende von Besuchern
nach Wiesbaden. Verbände, Unternehmen und Veranstalter aller Art wissen die
Qualitäten der Landeshauptstadt zu schätzen. Für einen perfekten Ablauf von der
Buchung bis zum Abschlussempfang sorgt die Wiesbaden Kongressallianz.
D IE WIESBADENER KONGRESSALL IANZ
Rhein-Main-Hallen: Ein modernes Veranstaltungszentrum
Jagdschloss Platte: F
Das Kurhaus: Verbindet moderne Technik und historische Eleganz
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Service aus Wiesbaden 17
E fen. So soll schließlich die Stadt insge-
samt profitieren. Jeder gelungene Kon-
gress, jede erfolgreiche Messe kann das
Image Wiesbadens bei den zahlreichen
Besuchern nur verbessern.
Der Veranstaltungsstandort Wiesba-
den kann mit einer Menge Trümpfe auf-
warten. Das Angebot reicht von familiär
geführten Hotels über Fünf-Sterne-Häuser
bis zu den Rhein-Main-Hallen, wo in
zwölf Hallen und Sälen insgesamt 20.000
Quadratmeter Ausstellungs- und Veran-
staltungsfläche für Messen und andere
Großereignisse zur Verfügung stehen. Das
zentral gelegene Kurhaus sowie das
Biebricher Schloss am Rheinufer und das
Jagdschloss Platte vor den Toren der Stadt
bieten modernen Veranstaltungsservice vor
historischer Kulisse. Staatstheater, Casino,
der nahe Rheingau und eine attraktive
Innenstadt lassen für das Rahmenpro-
gramm alle Möglichkeiten offen.
Diese breite Angebotspalette wird nun
zusammengeführt und professionell ver-
marktet. Die Allianz akquiriert gezielt
Veranstaltungen und pflegt individuelle
Kundenkontakte. Unter dem Dach der
Allianz präsentiert sich zudem der Kon-
gressstandort nach außen, so zum Beispiel
auf Fachmessen. Von dieser Strategie
profitieren auch Einzelhandel und Gastro-
nomie. „Viele Leistungsträger aus der
Wirtschaft werden“, beschreibt Bendel den
Synergieeffekt, „mittelbar oder unmittel-
bar zu Nutznießern, wenn der Kongress-
standort Wiesbaden floriert“.
„Ein Name, ein Gesicht, ein Auftritt“, lau-
tet die Philosophie der Marketingkoopera-
tion, die seit August 2007 zentrale An-
laufstelle für die Planung und Abwicklung
von Veranstaltungen ist. Die großen Ta-
gungszentren Kurhaus und Rhein-Main-
Hallen, die beiden „Eventlocations“ Jagd-
schloss Platte und Biebricher Schloss, 16
Hotels und die Wiesbaden Marketing GmbH
haben sich der Allianz mittlerweile ange-
schlossen. Mit der Sektkellerei Henkell&Co
und dem Casino Wiesbaden unterstützen
auch zwei Partner außerhalb der Veran-
staltungsbranche den Zusammenschluss.
„Wir bieten Dienstleistungen aus
einer Hand“, erklärt der Sprecher der Alli-
anz, Wiesbadens Wirtschaftsdezernent
Detlev Bendel. Potenzielle Veranstalter
können Anfragen nach Tagungsräumen,
Catering, Hotelzimmern, Shuttle-Service,
Restaurants oder Stadtführungen für das
Rahmenprogramm an einen festen An-
sprechpartner richten und bekommen bin-
nen 48 Stunden die Angebote gebündelt
zurück. „Das spart Zeit, Arbeit und Geld“,
betont Bendel.
Bei kleinen und großen Unternehmen,
Berufs- und Fachverbänden, die in der
hessischen Landeshauptstadt ihre Kon-
gresse, Tagungen und Seminare veranstal-
ten wollen, kommt die effiziente Arbeit
der Kongressallianz gut an. Dabei ist sie
mehr als nur Marketinginstrument. Die
Mitglieder wollen nicht nur ihre individu-
ellen Stärken vermarkten, sondern das
Profil Wiesbadens als Kongressstadt schär-
e: Für besondere Events im Grünen
Detlev Bendel,
Wirtschaftsdezernent
Schloss Biebrich: Versprüht barocken Charme
Mehr Informationen unter www.wiesbaden.de/kongressallianz
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18 Mein Wiesbaden
Wir treffen Valerie Haller in ihrem Wiesbadener Lieblingscafé. Mit ihr ins Gespräch zu kommen ist
leicht. Die ZDF-Journalistin wirkt offen, locker und völlig uneitel. Seit 2000 erklärt Haller den
TV-Zuschauern das Auf und Ab der Aktienkurse, die Krisen und Aufschwünge in der Wirtschaft.
Die gebürtige Münchnerin berichtet für das „heute journal" von der Frankfurter Börse und
moderiert das ZDF-Wirtschaftsmagazin WISO. Seit acht Jahren lebt die 38-Jährige in Wiesbaden.
Frau Haller, Sie sind direkt ausNew York nach Wiesbaden ge-kommen. Ein Kulturschock?Wenn ich ehrlich sein soll: Ja. Ich hatte
sechs Jahre in New York gelebt, mitten
in Manhattan, und dort eine unglaubli-
che Zeit verbracht. New York war die
Stadt, wo ich als Studentin schon immer
hin wollte. Ich habe dort meinen Master
in Journalistik gemacht, bin bei „Bloom-
berg“ in die Wirtschaftsberichterstattung
eingestiegen, habe für das ZDF von der
Wall Street berichtet. Aber ich wusste
auch: Wenn Du beruflich weiterkommen
willst, musst Du nach Deutschland
zurück.
Warum sind Sie in Wiesbaden gelandet?Ich habe mir seinerzeit Wohnungen in
Mainz und Wiesbaden angeschaut und
schnell gespürt, dass Wiesbaden irgend-
wie besser zu mir passt. Mittlerweile
bin ich hier schon dreimal umgezogen
und fühle mich richtig zu Hause.
Sie haben drei Begriffe umWiesbaden zu beschreiben.Da fällt mir an allererster Stelle
Lebensqualität ein. Und dann Natur
und Heimeligkeit.
Was macht für Sie die Lebens-qualität dieser Stadt aus?Es ist einfach schön, aus meinem oft
doch hektischen Job in die Ruhe zurück-
zukehren. Man ist hier schnell mitten
in der Natur. Hinter unserer Wohnung
fängt der Wald an. Und gleichzeitig
leben wir unheimlich zentral, können
alles zu Fuß erledigen, Freunde treffen -
wie hier im „Spital“. Es zieht mich
immer wieder mitten in die Stadt.
Was machen Sie in Ihrer Freizeit?Ich verbringe viel Zeit mit meinem
kleinen Sohn, gehe regelmäßig ins Fit-
nessstudio. An den Wochenenden gehe
ich mit meiner Familie im Dambachtal
spazieren oder fahre auf den Neroberg.
Toll finde ich vor allem, was Wiesbaden
ZDF-BÖRSENREPORTER IN VALER IE HALLER IM GESPRÄCH
„Ich bin eigentlich wunschlos glücklich"
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verfolge die Lage. An diesen Tagen bin
ich erst sehr spät zu Hause. Dann ist
aber unser Au-pair-Mädchen für das
Kind da und später am Abend über-
nimmt mein Mann den Kleinen. WISO
moderiere ich im Moment nur acht-
bis zehnmal im Jahr.
Was macht einen guten Wirt-schaftsjournalisten aus?In diesem Beruf muss man sehr komplexe
Zusammenhänge so vermitteln, dass
die Fachleute sich kompetent informiert
fühlen, dass aber auch diejenigen die
Botschaft verstehen, die nicht jeden Tag
die Börsenkurse studieren. Das stellt
mich jedes Mal, wenn ich meine Mode-
rationen schreibe, vor neue Herausfor-
derungen.
Sie sind viele Jahre im Ge-schäft. Haben Sie in all derZeit etwas erlebt, was sich mitder jetzigen Krise vergleichenlässt?Nein, denn selbst die so genannte Inter-
netblase vor neun Jahren, die unsere
Zunft intensiv beschäftigt hat, hat keine
vergleichbaren Auswirkungen gehabt.
Jetzt geht es um die gesamte Wirtschaft
weltweit. Es geht um alle Lebensberei-
che. Das ist schon ein historischer
Einschnitt. Und alle warten auf eine Ant-
wort, wollen wissen, wann die Krise vor-
bei ist. Deswegen sind wir Wirtschafts-
journalisten im Moment ganz besonders
gefordert und gefragt. Unser Genre steht
bei der Berichterstattung derzeit im
Fokus wie noch nie. Das ist schon eine
wirklich spannende Zeit.
Viele blicken im Moment eherängstlich in die Zukunft. Wassagt denn Ihre Lebensplanung?Ich bin, so wie ich jetzt hier lebe,
eigentlich wunschlos glücklich und
hoffe, dass das auch so bleibt. Ich muss
nicht jeden Tag große Veränderungen
haben. Ich gehe lieber in kleinen
Schritten durchs Leben.
1 Zum Relaxen auf den Neroberg
2 Zeitungslektüre im Café Spital
3 Auf Sendung für das ZDF
Mein Wiesbaden 19
2
3
im Sommer zu bieten hat: Das Open Air
Kino in den Reisinger Anlagen besuche
ich schon seit einigen Jahren. Dann
gibt es die vielen Straßenfeste. Manch-
mal setzen wir uns zu Hause einfach auf
den Balkon und hören der Musik von
draußen zu. Im Moment bin ich auf der
Suche nach einer Reitbeteiligung. Auch
hierfür bietet Wiesbaden viele Möglich-
keiten.
Sie müssen knallharte Arbeits-tage bewältigen und das mit einem acht Monate altenBaby. Wie läuft das?Im Moment mache ich Teilzeitarbeit in
der Elternzeit. Das ist relativ komforta-
bel: Ich bin an zehn Tagen im Monat
an der Börse, fahre dann um 14.00 Uhr
nach Frankfurt, führe Interviews und
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20 Wirtschaft und Wissen
Die heimliche Beraterhauptstadt
Sie sind meist jung, stets gut gekleidet und sie können
überzeugen. In einer global vernetzten Wirtschaft sitzen
Unternehmensberater in einer Schlüsselstellung wie sonst
nur noch die Finanzindustrie. Unternehmen brauchen die
smarten Akademiker als Türöffner und Wegweiser in
Zeiten des Wachstums, aber erst recht in Zeiten der Krise.
W„Wiesbaden hat eine relativ hohe Berater-
dichte“, sagt Ansgar Richter, Wirtschafts-
wissenschaftler und Consultingexperte
an der angesehenen European Business
School. Mehr als 500 Consultingfirmen
sind in der Landeshauptstadt ansässig.
„Der Anteil der Berater an der Gesamt-
bevölkerung ist bundesweit der höchste“,
sagt auch Tom Sommerlatte, Senior Advisor
beim traditionsreichen Beratungsunter-
nehmen Arthur D. Little. Manchen gilt
Wiesbaden daher als Deutschlands „heim-
liche Beraterhauptstadt“.
Wer in der Branche arbeitet, muss
leistungsstark sein. „Es ist nicht unge-
wöhnlich, dass die Mitarbeiter um
3.00 oder 4.00 Uhr morgens aus dem
Büro kommen“, sagt Dierk Rottmann,
Direktor des auf Corporate Finance
Beratung spezialisierten Unternehmens
@VISORY partners: „Bei Beratern finden
STANDORT WIESBADEN
1
20-23_Consulting2.qxp 05.06.2009 12:14 Uhr Seite 20
Wirtschaft und Wissen 21
Sie eine hohe Identifizierung mit der
Arbeit.“ Der typische Berater ist Mitte 30,
männlich und hat einen Hochschulab-
schluss. Damit aber hören die Gemein-
samkeiten auch schon auf. Ein Studium
der Betriebswirtschaft ist als Eintritts-
karte in die Beraterlaufbahn nicht zwin-
gend.
„Das Studienfach ist nicht entschei-
dend“, erklärt Richter: „Consulting
kann man erst in der Praxis lernen.“ Und
so arbeiten neben Betriebswirten auch
Juristen, Naturwissenschaftler und Inge-
nieure als Berater. „Dazu kommen Exo-
ten wie Psychologen, Linguisten oder
auch Theologen“, berichtet Sommerlatte.
Wichtiger als theoretische Kenntnisse
sei ein gutes Verhältnis zum Kunden:
„Ein guter Berater muss seinen Klienten
besser verstehen als dieser sich selbst.“
Die Fähigkeit, sich schnell in fremde
1 Mehr als 500 Beratungsunternehmen haben
in Wiesbaden ihren Sitz.
2 Ein guter Berater muss überzeugen können.
3 Wiesbadens Gründerzeitvillen sind bei Con-
sultingunternehmen als Firmensitz beliebt.
2 3
20-23_Consulting2.qxp 05.06.2009 12:15 Uhr Seite 21
22 Wirtschaft und Wissen
Unternehmen hineinzuversetzen und
überzeugen zu können, sei die Haupt-
stärke eines Beraters.
Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat
die Anforderungen an die Consultants
verändert. Kostenreduzierung, Risiko-
management und die Anpassung von Ge-
schäftsmodellen seien derzeit die Haupt-
anforderungen der Kundschaft, erklärt
der Bundesverband Deutscher Unterneh-
mensberater (BDU). Einem Unternehmen
sind nach Einführung von Kurzarbeit
die Kredite gekündigt worden. Schuld-
verschreibungen wurden ins Ausland
verkauft und nun wollen die Gläubiger
plötzlich ihr Geld sehen. Keine untypische
Situation derzeit. Dann müssen Berater
ran, um die Finanzierung der Firmen
neu zu strukturieren, Risiken abzubauen
und neue Geldgeber zu finden.
Große Consultingfirmen mit teils
über 1.000 Beschäftigten sind die Alles-
könner der Branche. Sie optimieren das
Management ihrer Klienten, beraten bei
einer strategischen Neuausrichtung, bei
Finanz-, IT- und Personalfragen. Dane-
ben sind in den vergangenen Jahren
mehr und mehr mittelständische Bera-
tungsgesellschaften entstanden, die auf
nur ein Themenfeld spezialisiert sind.
Für die Wiesbadener Consultingbranche
sind diese Mittelständler typisch. „Wir
haben eine Fülle von funktionalen Spe-
zialisten in den Bereichen Risikomanage-
ment, Altersversorgung, Marktforschung
und Personalberatung“, erklärt Richter.
Den Vorsprung der weltweit operieren-
den großen Beratungsgesellschaften in
einer globalisierten Wirtschaft versuchen
die kleinen Consultingfirmen durch Ver-
netzung auszugleichen.
„Wir haben Kooperationspartner in
Asien, in Frankreich, in Nordamerika, die
ähnlich aufgestellt sind wie wir“, betont
@VISORY-Chef Rottmann: „Investoren
im nordamerikanischen oder arabischen
Raum anzusprechen, ist für uns Tages-
geschäft.“ Zum Austausch und zur ge-
genseitigen Hilfe wurden in den vergan-
genen Jahren zudem regionale Consulting-
Netzwerke aufgebaut, darunter das von
der Stadt Wiesbaden betreute Kompe-
tenzNetzConsulting (KNC) oder das
privat organisierte „network consulting
rheinmain“ (ncrm). „Das ist eine Platt-
form, um Initiativen und Projekte zu
entwickeln“, erklärt ncrm-Sprecher
Volker Lindemann. Die Netzwerke machen
möglich, dass kleinere Beratungsfirmen
ihre unterschiedlichen Kompetenzen
bündeln, um Unternehmen in den Gebie-
ten Management, Controlling, Vertrieb
und Produktion gemeinsam zu beraten.
„Das ist ein ganz konkreter Geschäfts-
nutzen“, betont Lindemann.
Die hohe Dichte spezialisierter Bera-
ter in Wiesbaden geht auf einen Mix ver-
schiedener Einflüsse zurück. „Das Rhein-
Main-Gebiet als ökonomisches Schwer-
gewicht, die zentrale Lage innerhalb
Deutschlands, die Nähe zum Frankfurter
Flughafen, aber auch die Lebensqua-
lität“, nennt Boy Andresen, Chef des auf
Altersversorgung und Beratung speziali-
sierten Beratungshauses Watson Wyatt
Heissmann, als Gründe. Dazu kommt das
Gewerbeflächenangebot. „Wir haben für
unser Unternehmen einen schönen Alt-
bau gesucht“, erklärt Rottmann: „Das ist
in Frankfurt relativ schwierig.“
Die so genannten weichen Stand-
ortfaktoren haben offenbar für viele Be-
rater den Ausschlag gegeben, sich in
Wiesbaden anzusiedeln. Oft gelobt wird
die Überschaubarkeit der 275.000 Ein-
wohner zählenden Stadt. „Die Wege sind
kurz und man weiß, wer was macht“,
erklärt Thomas Götzfried, der seine IT-
und Personalberatungsgesellschaft 1997
von Frankfurt nach Wiesbaden verlager-
te. Damit gebe es ideale Bedingungen
zum Austausch zwischen den Unterneh-
men: „Man kann hier networken.“ In
der Landeshauptstadt ließen sich Arbeit
und Wohnen gut verbinden, betont auch
Andresen: „Ich bin hier in zehn Minuten
im Büro, in 20 Minuten am Frankfurter
Flughafen und in zehn Minuten im
Theater.“
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Wirtschaft und Wissen 23
1 Bei vielen Beratern
findet man eine hohe
Identifizierung mit der
Arbeit.
2 Die zentrale Lage
der Stadt ist für viele
Consultingunterneh-
men ein Standortvor-
teil.
3 „In zehn Minuten
im Büro, in zehn Mi-
nuten im Theater."
2 3
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1
2
24 Kultur und Können
RHE INGAU MUS IK FEST IVAL
„Eigentlich freue ich mich auf jedes Konzert.“ Wenn Michael
Herrmann so einen Satz sagt, klingt ehrliche Begeisterung
durch. Seit 1988 betreut und leitet der 65-Jährige das Rheingau
Musik Festival (RMF), eines der größten Klassikereignisse in
Deutschland. Jeden Sommer lockt der zweimonatige Konzert-
reigen mehr als 120.000 Besucher nach Wiesbaden und in den
Rheingau.
„Stetig aufwärts"
Foto
: H
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24-25_RMF.qxp 05.06.2009 12:13 Uhr Seite 24
Kultur und Können 25
der Landesbank Hessen-Thüringen,
Opel oder der Deutschen Lufthansa auf-
gebracht. Die zweite Hälfte kommt
über den Kartenverkauf in die Kasse. Die
finanzielle Förderung durch das Land
Hessen ist mit 25.000 Euro pro Jahr eher
symbolischer Natur.
Das Ziel, im von Kunst, Kultur und
Wein geprägten Rheingau ein Klassikfes-
tival zu etablieren, hat Herrmann viele
Jahre verfolgt. Inspiriert wurde er Mitte
der 60er Jahre durch den Besuch des von
Pablo Casals ins Leben gerufenen Kam-
mermusikfestivals im südfranzösischen
Prades. Doch der Plan, die Großen der
klassischen Musik in seine Rheingauer
Heimat zu holen, blieb lange ein Traum.
Herrmann machte eine Lehre als Buch-
händler, jobbte als Taxifahrer und arbeite-
te als Hotelmanager auf Gran Canaria.
Erst die Arbeit für verschiedene Konzert-
agenturen brachte ihn ab 1982 ins Musik-
geschäft: „Ich habe damals vor allem DDR-
Künstler wie Peter Schreier und Ludwig
Güttler in den Westen vermittelt." Diese
Kontakte sollten sich beim Start des
RMF als extrem hilfreich erweisen.
Inzwischen gibt es kaum einen Super-
star der Klassik, der noch nicht im Rhein-
gau aufgetreten ist. In diesem Jahr sind
unter anderem die Pianistin Martha Arge-
rich, das London Symphony Orchestra
sowie – unter der Leitung von Daniel
Barenboim – das Orchester der Mailän-
der Scala dabei. Das diesjährige Festival
steht ganz im Zeichen dreier großer
Jubiläen: Vor 200 Jahren starb Joseph
Haydn. Im gleichen Jahr wurde Felix
Mendelssohn geboren. Zum 250. Mal
jährt sich zudem der Todestag von Georg
Friedrich Händel. Insgesamt 20 Konzerte
ehren die drei Komponisten. So führen
die Englisch Baroque Soloists unter der
Leitung von John Eliot Gardiner Händels
Oratorium „Israel in Egypt" auf. Enoch
zu Guttenberg dirigiert Haydns „Schöp-
fung". Und als krönender Abschluss steht
Händels „Messiah" auf dem Programm.
WWirtschaftskrise hin, Finanzkrise her -
trotz ökonomisch schwieriger Rahmen-
bedingungen halten die Klassikfans dem
RMF die Treue. Schon drei Monate vor
Festivalbeginn am 27. Juni waren rund
zwei Dutzend der insgesamt 141 Konzer-
te ausverkauft. „Der Vorverkauf läuft
phantastisch", sagt Herrmann.
Markenzeichen des Rheingau Musik
Festivals sind seine vielfältigen Spiel-
stätten. Schlösser, Kirchen und Weingü-
ter verwandeln sich in Konzertbühnen.
Hauptspielorte sind der Fürst-von-Met-
ternich-Saal von Schloss Johannisberg,
das Wiesbadener Kurhaus sowie das
ehemalige Zisterzienserkloster Eberbach.
Die Klosterbasilika ist gleichsam die
Keimzelle des RMF. Hier fanden 1988
die ersten Konzerte statt. Der nur karg
ausgestattete, weitgehend auf die Archi-
tektur reduzierte Innenraum der romani-
schen Basilika schlägt Besucher fast au-
genblicklich in seinen Bann. Doch auch
der Thiersch-Saal des Kurhauses wird
von den Stars der Klassik hoch geschätzt.
Die Violinvirtuosin Anne-Sophie Mutter
lobt seine „lebhafte Akustik", die eine
perfekte Balance zwischen Klangvolumen
und Detailpräzision zulasse.
Im Herbst 1987 hat Herrmann das
Festival mit einigen musikbegeisterten
Freunden aus der Taufe gehoben. Das
erste RMF im Sommer 1988 endete aller-
dings als finanzieller Fehlschlag. Nach
19 Konzerten klaffte ein Loch in der
Kasse von fast 300.000 Mark, wie der
Intendant sich erinnert: „Doch danach
ging es stetig aufwärts." Inzwischen sind
140 bis 150 Konzerte pro Jahr die Regel.
Die Besucher kommen aus allen Teilen
Deutschlands und dem benachbarten
Ausland: „Die Auslastung liegt seit mehr
als zehn Jahren bei über 90 Prozent."
Dem Engagement von Sponsoren ist
es zu verdanken, dass der Besuch des
RMF auch für Menschen mit kleinem
Geldbeutel bezahlbar ist. Tickets gibt es
schon ab 15 Euro. Der Gesamtetat von
rund sechs Millionen Euro wird zur
Hälfte durch Förderer wie Lotto Hessen,
der Sektmarke „Fürst von Metternich“,
3
4
1 Seit über zehn Jahren leitet Michael
Herrmann das Rheingau Musik Festival.
2 Kloster Eberbach ist die Keimzelle
des Festivals.
3 Faszinierende Atmosphäre:
Ehemaliges Dormitorium des Klosters.
4 Die Akustik der Klosterbasilika
eignet sich vor allem für Vokalmusik.
24-25_RMF.qxp 05.06.2009 12:13 Uhr Seite 25
26 Kultur und Können
DEUTSCHES F I LMHAUS
Es ist von außen halb Kunstwerk, halb Bürogebäude und es birgt
einen der größten Kulturschätze der Bundesrepublik. Seit Ende März
das Deutsche Filmhaus in Wiesbaden seine Tore öffnete, haben tau-
sende Produktionen aus der Frühzeit des Kinos eine neue Heimat.
A„Aus meiner Sicht konnte uns allen nichts Bes-
seres passieren", sagt Helmut Poßmann, Vor-
stand der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung,
und meint damit das Filmhaus. Jahrzehntelang
waren wichtige Institutionen der deutschen
Filmwirtschaft an den verschiedensten Orten
angesiedelt. Nun sitzen fast alle unter einem
Dach: Die Spitzenorganisation der Filmwirt-
schaft (SPIO) mit ihren Tochterfirmen, die für
die Altersfreigabe von Filmen und vergleichba-
ren Bildträgern zuständige Freiwillige Selbst-
kontrolle (FSK), das Institut für Kino und Film-
kultur (IKF), das Digital Department des
Deutschen Filminstituts (DIF) und der Medien-
anwalt Heiko Wiese. Dazu kommen Unterneh-
men, die auf Vertrieb, Nachbearbeitung und
Restaurierung von Filmen spezialisiert sind.
Auch das Landesstudio Hessen des ZDF ist im
Frühjahr eingezogen.
Unter all diesen Institutionen steht die
Murnau-Stiftung nicht zufällig im Zentrum der
Aufmerksamkeit. Die Stiftung hält die Rechte
an fast allen großen Filmen, die in der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts auf deutschem
Boden gedreht wurden. Legendäre Streifen wie
„Der Blaue Engel", „Nosferatu" oder „Das Cabi-
net des Dr. Caligari" sind darunter. 2.000
Stummfilme und 1.000 Tonfilme sowie 3.000
Kurz-, Werbe- und Dokumentarfilme sind es
insgesamt – eine gewaltige Schatzkammer in
Schwarz-Weiß.
Auftrag der Murnau-Stiftung ist es, die
Werke der Vergangenheit vor dem Verfall und
dem Vergessen zu retten. „Wir übernehmen
hier eine Aufgabe von gesamtstaatlicher Be-
deutung", sagt Poßmann. Fritz Langs Monu-
mentalwerk „Metropolis" wird derzeit im Film-
haus mit Hilfe aufwändiger Technik rekonstru-
iert. Seit rund 80 Jahren verloren geglaubte
Szenen sind vor knapp einem Jahr auf einer
16-Millimeter-Filmkopie in Argentinien aufge-
taucht. Sie werden nun digitalisiert, behutsam
wiederhergestellt und in den Film eingefügt.
Zur Berlinale 2010 soll der Science-Fiction-
Klassiker in der neu restaurierten Fassung der
Öffentlichkeit präsentiert werden.
Gegen den Verfall hilft Restaurierung,
gegen das Vergessen nicht. Schwarz-Weiß-
Filme werden im Fernsehen kaum noch ausge-
strahlt, von Stummfilmen ganz zu schweigen.
Dabei finanziert sich die Arbeit der Stiftung
ausschließlich aus Lizenzgebühren, wie sie für
TV-Sendungen und Kino-Vorführungen fällig
werden. Doch auch hier hilft die Digitalisie-
rung: Bereits 180 Klassiker aus den Beständen
der Murnau-Stiftung wurden in den vergange-
nen Jahren auf DVD publiziert, zur Freude von
Cineasten – nicht nur in Deutschland. Auch in
den USA und Asien begeistern die zeitlosen
Meisterwerke die Filmfreunde, berichtet Poß-
mann: „So ist beispielsweise in Japan ein
neuer Markt entstanden."
Um die Filmkunst der Vergangenheit auch
vor Ort präsentieren zu können, verfügt das
Filmhaus über eine Fläche für Wechselausstel-
lungen sowie ein eigenes Kino, das sich mit
seinem Programm an die breite Öffentlichkeit
wendet. Neben den Klassikern werden hier
künftig auch aktuelle Produktionen und Film-
premieren gezeigt. „Damit kommt nicht nur
das Deutsche Filmhaus, sondern auch Wiesba-
den ins Gespräch", betont Poßmann.
Schatzkammer inSchwarz-Weiß
1 Die Wiesbadener Murnau-
Stiftung hat tausende Filme im
Bestand.
2 Aufwändige Technik: Ar-
beitsplatz für die Restaurierung
von Filmen.
3 Murnau-Vorstand Helmut
Poßmann im Deutschen Film-
haus.
2
26-27_Filmhaus.qxp 05.06.2009 12:12 Uhr Seite 26
Kultur und Können 27
Die Weisen von Wiesbaden
Seit 1964 sitzt der so genannte
Sachverständigenrat, das wirt-
schaftspolitische Beratergremium
der Bundesregierung, in Wies-
baden. Unser Magazin zeigt, wie
die Arbeit der „Fünf Weisen"
funktioniert.
Grüne Metropole
Viele Städte bezeichnen sich
als grüne Großstadt. Wiesbaden
hätte diesen Titel wirklich
verdient. Begleiten Sie uns auf
einem Streifzug über Streu-
obstwiesen, durch ausgedehnte
Wälder und herrliche Parks.
IM NÄCHSTEN HEFT LESEN SIE:
1
3
26-27_Filmhaus.qxp 05.06.2009 12:13 Uhr Seite 27
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Rheingauer Weinwoche 14. - 23. August 2009
An rund 118 Ständen präsentieren die Winzer Wiesbadens und der Rheingau-Region ihre köstlichen Produkte, zusammen mit einem reichhaltigen Angebot an lokalen Spezialitäten und einem bunten Unterhaltungsprogramm.
Sparkassen Finanzgruppe IRONMAN Germany 70.3 16. August 2009
Auch in diesem Jahr werden wieder mehrere zehntausend Zuschauer live ver-folgen wie über ca. 3.000 Profiathleten und Freizeitsportler sich dem „härtesten halben Tag des Jahres“ mit 1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren und 21,1 km Laufen quer durch den hügeligen Rheingau-Taunus-Kreis und Wiesbaden stellen.
Folklore 009 28. - 30. August 2009
Neben einem starken Musik- und Comedyprogramm, Clubevents und After-showpartys wird das 33. Festival – Folklore 009 die Besucher mit seinem außer-gewöhnlichen Ambiente begeistern.
Stadtfest 24. - 27. September 2009
Während des Stadtfestes wird auf den schönsten Plätzen Wiesbadens ein täglich wechselndes Programm geboten. Neben dem Wiesbadener Herbstmarkt findet auch die Wiesbadener-Automobil-Ausstellung auf dem Schloßplatz statt. Das ereignisreiche Wochenende wird mit dem Erntedankfest auf dem „Warmen Damm“ abgerundet. Zum Abschluss der Festtage bietet sich bei einem verkaufsoffenen Sonntag in der Innenstadt ein Bummel durch die umliegenden Geschäfte an.
Sternschnuppen Markt 24. November - 23. Dezember 2009
Vor malerischer Kulisse erwarten den Besucher Kunsthandwerk sowie vorweih-nachtliche und winterliche Spezialitäten.
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Veranstaltungshighlights in Wiesbaden