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164
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Möglichkeiten und Grenzen für den Einsatz hydrologischer Modelle in

Politik, Wirtschaft und Klimafolgeforschung

K. Stephan, H. Bormann, B. Diekkrüger

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Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme K. Stephan, H. Bormann, B. Diekkrüger

Tagungsbericht: 5. Workshop zur hydrologischen Modellierung : Möglichkeiten und Grenzen für den Einsatz hydrologischer Modelle in Politik, Wirtschaft und Klimafolgeforschung / K. Stephan, H. Bormann, B. Diekkrüger. - Kassel kassel univ. press, 2002 ISBN 3-933146-86-0 © 2002, kassel university press GmbH, Kassel Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsschutzgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Jochen Roth, Kassel Druck und Verarbeitung: Zentraldruckerei der Universität Kassel Printed in Germany

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Tagungsbericht:

5. Workshop zur hydrologischen Modellierung

Möglichkeiten und Grenzen für den Einsatz hydrologischer Modelle in Politik, Wirtschaft

und Klimafolgeforschung

Geographisches Institut der Universität Bonn Meckenheimer Allee 166

53115 Bonn

Herausgeber: K. Stephan, H. Bormann, B. Diekkrüger

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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INHALTSVERZEICHNIS

3

Inhaltsverzeichnis

Vorwort............................................................................................................................5

Session 1:

Bogena, H. u. B. Diekkrüger:

Constraints and possibilities of modelling long-term sediment fluxes at the catchment scale with process-based models .....................................................................................7

Eckhardt, K,:

Ganglinienseparation durch rekursive digitale Filterung ..............................................19

Kasper, F:

Analyse der Unsicherheiten eines globalen hydrologischen Modells bei Anwendung auf Szenarien des Klimawandels...................................................................................27

Klein, M., R. Backhaus, R. Ewertowski, H.-T. Mengelkamp, H. Messal, Z. Wozniak:

ODRAFLOOD – ein Modellsystem für Hochwasserereignisse in der Oder ................37

Rödel, R.:

Die innerjährliche Stabilität und Variabilität des globalen Abflusses als Reaktion auf klimatische und technogene Steuerungsprozesse..........................................................47

Uhrich, S., J. Krause, H. Bormann, B. Diekkrüger:

Simulation von Überflutungen bei Hochwasserereignissen: Risikoeinschätzung und Unsicherheiten ...............................................................................................................59

Session 2:

Rode, M., K.E. Lindenschmidt, B. Klauer, P. Krause:

Integriertes Flusseinzugsgebietsmanagement am Beispiel des Saale ...........................71

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

4

Röpke, B., M. Bach, H.-G. Frede:

DSS zur Modellierung der Gewässerbelastung mit Pflanzenschutzmittel in Deutschland ...................................................................................................................83

Trepel, M. u. W. Kluge:

Das Pfad-Transformations-Konzept als Grundlage für ein Wasser- und Stoffstrommanagement in Flusseinzugsgebieten..........................................................93

Session 3:

Bormann, H., S. Giertz, B. Diekkrüger:

Multiskalige Analyse des Wassertransports im subhumiden Klima Benins (West-Afrika) .........................................................................................................................103

Hagemann, S.:

Validierung des Niederschlags in globalen Klimamodellen.......................................115

Herbst, M. u. B. Diekkrüger:

Regionalisierung geomorphometrischer und pedologischer Strukturen für eine skalenabhängige Simulation der Wasserflüsse ...........................................................129

Stephan, K. u. B. Diekkrüger:

Unsicherheiten bei der skalenabhängigen Aggregierung von Modelldaten ...............141

Warrach, K.:

Diskussion einiger Entscheidungskriterien für die Wahl eines Konzeptes zur Abflussmodellierung in einem Landoberflächenmodell .............................................153

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VORWORT

5

Vorwort

Am 1. und 2.11.2001 fand in Bonn-Röttgen der fünfte Workshop zur großskaligen Modellierung in der Hydrologie statt. Organisiert wurde dieser Workshop von der AG Hydrologie des Geographischen Instituts der Universität Bonn. Die inhaltlichen Schwerpunkte des Workshops lagen auf folgenden drei Themenbereichen:

1) Analyse des Wasser- und Stoffhaushalts unter sich ändernden Randbedingun-gen

In den letzten Jahren wurden viele Modelle entwickelt, die den globalen Klimawandel simulieren. Die Ergebnisse dieser Modelle können, ebenso wie politische und sozio-ökonomische Szenarien genutzt werden, um die Auswirkung des Wandels auf den Wasser- und Stoffhaushalt zu prognostizieren. Allerdings muss zunächst überprüft werden, ob die eingesetzten Modelle überhaupt für langfristige Prognosen eingesetzt werden können. In diesem Themenblock wurden daher die Möglichkeiten und Gren-zen von Ansätzen vorgestellt und diskutiert, die eine Prognose des langfristigen Wan-dels unter sich verändernder Umweltbedingungen zu berücksichtigen versuchen.

2) Decision Support Systems - Möglichkeiten und Grenzen der Unterstützung von Management und Politik durch Entscheidungsfindungssysteme

Bei der Entwicklung und Anwendung von Modellen des Wasser- und Stofftransports muss man sich fragen, ob diese auch geeignete Module für den Einsatz in Decision Support Systems (DSS) sein können, oder wie die Modellkomponenten von DSS beschaffen sein müssen. Sind komplexe Modelle für den Einsatz in DSS geeignet? Wie wird der aktuelle Wissenstand in DSS repräsentiert? Vorgestellt und diskutiert wurden hierzu neuere Ansätze der Entscheidungsfindung mit Hilfe von DSS.

3) Methoden zur skalenabhängigen Validierung von Modellen des Wasser- und Stofftransports

Zunehmend komplexere Modellsysteme erfordern immer umfangreichere Datensätze zur Überprüfung. Gefragt sind daher Strategien, Modellsysteme skalenabhängig

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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(Raum- und Zeitskalen) zu validieren. Da direkte Messungen oft nicht oder nicht in ausreichender Dichte bzw. Menge vorhanden sind, müssen indirekte Messverfahren (z.B. Fernerkundungsverfahren) eingesetzt werden. Daraus resultieren viele Fragen hinsichtlich Validierbarkeit, Unsicherheiten und Qualitätsabschätzung von Modellen bzw. Modellergebnissen, die in diesem Themenblock diskutiert wurden.

Zu jedem dieser Themenbereiche gab es eine Vielzahl von Vorträgen und interessante, anregende Diskussionen. Von den auf dem Workshop präsentierten Beiträgen wurden 14 eingereicht, begutachtet und sind nun in dem vorliegenden Band veröffentlicht. Wie bei den letzten Workshops umfassen auch diese Beiträge ein breites Spektrum an Raum- und Zeitskalen und zeigen aktuelle Arbeiten zum Thema der Modellierung der Wasser- und Stoffflüsse auf. Ich hoffe, die Arbeiten finden das gewünschte Interesse und können die Diskussion zu diesem Thema stimulieren.

An dieser Stelle möchten wir uns bei allen bedanken, die zum erfolgreichen Gelingen unseres Workshops beigetragen haben. Unser Dank gilt vor allen denjenigen, die uns ein Manuskript zur Veröffentlichung in diesem Tagungsband eingereicht haben und sich zum großen Teil nach unseren Vorgaben bezüglich Format und Zeitrahmen gerichtet haben. Ebenfalls sei hier die gute und konstruktive gegenseitige Begutachtung der Manuskripte durch die Autoren positiv erwähnt.

Des weiteren möchten wir uns aber auch bei allen Vortragenden und Teilnehmern unseres Workshops für die interessanten Beiträge und Diskussionen bedanken.

Ein besonderes Dankeschön geht an André Borchers, der mit seiner unermüdlichen redaktionellen Einsatz ein so frühzeitiges Fertigstellen unseres Tagungsbandes ermöglicht hat.

Bonn im April 2002

Prof. Dr. B. Diekkrüger

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CONSTRAINTS AND POSSIBILITIES OF MODELLING LONG-TERM SEDIMENT FLUXES AT THE CATCHMENT SCALE WITH PROCESS-BASED MODELS

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Constraints and possibilities of modelling long-term sediment fluxes at the catchment scale with process-based models

Heye Bogena1 und Bernd Diekkrüger2

Zusammenfassung: Prozessbasierte Erosionsmodelle werden vielfach eingesetzt, um den Sedimenttransport im Bereich der Hangskala zu simulieren, wohingegen oftmals Erosionsmodelle empirischer Natur benutzt werden, um Aussagen auf der Einzugsge-bietsskala treffen zu können. In dieser Studie wird gezeigt, wie das prozessbasierte Modell OPUS auf das mesoskaliges Einzugsgebiet der Wahnbachtalsperre übertragen werden kann, um den langfristigen Sedimentaustrag (50 Jahre) simulieren zu können. Hierbei werden der Einfluss von Unsicherheiten (Datengrundlage und Prozessbe-schreibung) kritisch beleuchtet und die Restriktionen und Möglichkeiten einer solchen Herangehensweise dargelegt.

Abstract: Process-based erosion models are often applied in order to simulate sedi-

ment transport at the hill slope scale, whereas empirical erosion models are frequently used at the catchment scale. This study shows how the process-based model OPUS can be applied at the catchment scale in order to simulate the long-term sediment export (50 years) of the catchment of the Wahnbachtalsperre, Germany. The influence of un-certainties (input data and process description) is critically examined and the restric-tions and possibilities of the methodology are presented.

1 Introduction

Numerous models for simulating erosion, transport and sedimentation are available. While the USLE model is able to simulate long-term erosion at single slopes without considering sedimentation (Wischmeier, 1984), other approaches are calculating all important erosion processes. One has to differentiate between models applicable to single events as well as for continuous simulations and between models for simulating single slopes and whole catchments of different sizes. Most of the simulation models are designed for single events, e.g. EROSION3D (Schmidt et al., 1999), EUROSEM

1 Forschungszentrum Jülich, Systemforschung und Technologische Entwicklung, Email: [email protected] 2Geographisches Institut, Universität Bonn, Meckenheimer Allee 166, 53115 Bonn

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8

(Folly et al., 1999), KINEROS2 (Smith et al., 1999), ANSWERS (De Roo, 1993) and AgNPSm (Grunwald and Frede, 1999). The main problem of this type of model is the correct determination of the initial conditions. Therefore these models are often used to simulate design storms in order to study the effects of e.g. management practises on erosion. Continuous simulation models, e.g. WEPP (Lane and Nearing, 1989) and OPUS (Smith, 1992), are more complex because they are also able to simulate other processes like soil water dynamics, and plant growth which determine the interstormal processes.

This paper presents a case study of the application of the process-based model OPUS to a mesoscale German catchment. The main focus is not on the realization of the modelling, but on the significance of the simulation results in predicting long-term sediment fluxes.

2 The research area

The catchment of the Wahnbach River is situated 25 km east of Cologne, Germany, on the border of the Rhenish Massif (Fig. 1).

Fig. 1 The catchments of the Wahnbach River and the investigated sub-catchments.

Reservoir of the Wahnbach River

0 2 4 6 km

N

5

4

3

2

1

Sub-catchments - 1 5

Gauging station

Bonn

North-Rhine Westphalia

Federal Republic of Germany

Rhi

ne

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CONSTRAINTS AND POSSIBILITIES OF MODELLING LONG-TERM SEDIMENT FLUXES AT THE CATCHMENT SCALE WITH PROCESS-BASED MODELS

9

The reservoir of the Wahnbach River was built from 1954 to 1958 in order to guaran-tee the drinking water supply for the inhabitants of the Rhein-Sieg-Kreis. More than 50 % of the catchment area (about 54 km²) is covered by productive land, with pasture predominant. Settlements and forests occupy each about 25 % of the catchment area. Because of the intensive agricultural land use a heavy water pollution with phosphate takes place.

The bedrock of the research area is built of clay rocks, silt rocks and sandstones, which are often heavily weathered. In the southern part of the catchment these Devonian sedimentary rocks are overlaid by up to a 5 m thick loessial cover in which predomi-nantly para-brown earth soils have been developed. In the northern part, where a com-plete loess cover is missing, the surface is mainly formed by solifluction and brown earth soils are common.

Because of the deep valley cuts the research area is very structured. The elevation rises from about 125 m in the SW to about 380 m in the NE. Due to this, a decrease of the annual mean temperature from 10 to 8.7°C and an increase of the annual rainfall from 850 to 1130 mm from SW to NE are observed.

3 The modelling concept

3.1 The OPUS model system

The OPUS model system was chosen because it simulates all necessary processes at different time scales (single events up to decades). The model has proven usability in many investigations, e.g. Diekkrüger et al. 1992. It combines a 1D-simulation of the soil processes with a 1D-simulation of the processes at the soil surface. OPUS was designed for agricultural ecosystems. As hydrologic processes are computed, the model can simultaneously simulate several other interactive processes, including ero-sion and sediment transport, nutrient cycling, plant growth and management practices.

Water movement is simulated with a numerical solution of the Richards equation. Soil water retention and unsaturated hydraulic conductivity are described by a modified version of the Brooks & Corey - function (Smith, 1992). The infiltration can be calcu-lated in two different ways, depending on the resolution of the rainfall data. In the case that breakpoint data are available, an analytical solution of the Richards equation can be chosen to calculate water infiltration (Smith and Parlange, 1976). Otherwise the daily SCS curve number method is used.

The infiltration model is accompanied by an unsteady routing of the surface water with the kinematic wave simplification of de Saint-Venant's equations and a distributed cal-culation of sediment transport following the continuous equation developed by Bennett

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(1974). Soil detachment is computed by using empirically derived relations of Foster (1982). In the case that only daily rainfall data are available, the Soil Conservation Service Curve Number runoff estimation method (USDA-SCS 1972) has been in-cluded.

For modelling successfully the water and solute transport the OPUS model system is extended by a module, which facilitates the simulation of interflow induced by macro pores (Bogena and Diekkrüger, 2000). Interflow is implemented by dividing the infil-tration excess simulated by OPUS into an overland flow and a macro pore flow com-ponent.

As OPUS is able to simulate the processes at single slopes, the catchment is discre-tized into a number of planes and not like in ANSWERS or AGNPS into a regular grid. The discretization was realised by using the TOPAZ tool (Garbrecht et al., 1996). On the basis of a digital elevation model topographic features of the sub-catchments are interpreted in terms of a hydrologically representative set of rectangular fields and receiving flow-paths. Fig. 2 schematically displays the general approach for the discretization of an arbitrary catchment using geographical information systems (GIS), including catchment delineation (1), delineation of stream network and hill slopes (2), allocation of input data (3) and simplification of topography and watercourses (4). This offers the advantage that all slopes existing in the catchment are directly repro-duced in the model and therefore a validation of model results within the catchment is possible. In the version applied in this study channel processes are neglected. Routing is calculated using a simple translation time approach without considering erosion and deposition processes in the channel.

� � � �

Fig. 2 Generalised discretization scheme for the division of catchments into single planes for OPUS applications.

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CONSTRAINTS AND POSSIBILITIES OF MODELLING LONG-TERM SEDIMENT FLUXES AT THE CATCHMENT SCALE WITH PROCESS-BASED MODELS

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3.2 Creation of long-term input data

Climate data are a prerequisite to drive a physically based continuous simulation model. If a simulation over several decades is demanded the lack of long time series of climate data is often a problem. For this reason, OPUS comprises the weather genera-tion model WGEN (Richardson and Wright, 1984), which was used to complete the input data set (Fig. 3).

Generated rainfall data

1960 2000 1970 1980 1990 1950

Observed rainfall data (increases from 1 station to 5 stations)

Generated temperature and radiation data Observed temperature and radiation data

Landuse generated using agrarian statistics

Digitized landuse mapping (11 years)

Landuse digitized from aerial photos (3 years)

Fig. 3 Land use and climate data used for the long-term simulation with OPUS; note the different data quality from completely generated data in the fifties to data of high reliability in the nineties.

The spatial distribution of land use is an important factor in hydrological modelling and, therefore, has to be considered as accurate as possible. By digitising annual map-pings a very precise spatial distribution of land use for the last 11 years of the simula-tion period is received. Furthermore, three sets of aerial photos were available (1970, 1980 and 1986). As spatially distributed information is only available for the past thirty years, the land use before 1970 was stochastically distributed in the catchment using agrarian statistics and the parcels of land boundaries digitised from aerial photos taken in 1970.

4 Results

4.1 Short-term simulations

Fig. 4 shows the runoff simulation performed for the catchment of the Wahnbach River for a period of two years (1998 and 1999), utilizing the breakpoint option of OPUS. For this simulation the model was initially calibrated and validated at the sub-catchment scale (Bogena, 2001).

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The high values of CME: 0.72 (Coefficient of Model Efficiency) and IA: 0.92 (Index of Agreement) indicate that the model is applicable at the catchment scale in respect of the simulation of runoff. The CME-value is lower than the IA-value because the meas-ured mean value (1.10 m³/sec) differs significantly from the simulated ones (0.97 m³/sec), for which CME is very sensitive. This is not surprising as only one rain sta-tion with breakpoint data is available, which is not enough to match the runoff amount correctly. Furthermore, it has to be noted that no calibration of the hydrological pa-rameters and no routing of the surface water is carried out.

0

5

10

15

20

25

30

35

40

1.1.98 1.4.98 1.7.98 1.10.98 1.1.99 1.4.99 1.7.99 1.10.99

daily runoff [m³/sec]

0

25

50

75

100

125

150

175

200

daily precipitation [mm]

rainfall measured runoff simulated runoff

0

4

8

12

1.3.98 8.3.98 15.3.980

2

4

6

8.11.98 15.11.98 22.11.98

Fig. 4 Measured daily runoff amount at the outlet of the upper Wahnbach catchment (54 km²) (dashed line) and the mean daily runoff amounts (solid line) using the break-point option; the insets allow a better visual judgement of the simulation quality.

Furthermore, the insets of Fig. 4 shows that OPUS underestimates peak runoff after a dry periods, whereas wet periods are simulated quite well. The reason for this may be founded in the fact that the model does not consider capillary rise from the groundwa-ter table and thus underestimates soil water content after periods without rainfall.

Fig. 5 shows the result of the soil erosion simulation using the breakpoint option. As expected from the results of the simulations at the sub-catchment scale, only the agri-culturally used hill slopes (40 planes) provided a noteworthy amount of soil erosion in both simulations. The other hill slopes revealed soil erosion rates lower than 1 t/ha.

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CONSTRAINTS AND POSSIBILITIES OF MODELLING LONG-TERM SEDIMENT FLUXES AT THE CATCHMENT SCALE WITH PROCESS-BASED MODELS

13

0 - 0.050.05 - 0.10.1 - 0.50.5 - 11 - 44 - 8> 8

Erosion [t/ha]

N

1 0 1 2 Kilometers

4.2 Long-term simulations

Since rainfall data of high resolution are only available since 1992 long-term simula-tions with the breakpoint data option of OPUS cannot be carried out. Therefore the daily option of OPUS is used for long-term simulations. A period of 20 years was chosen for model calibration and validation (Fig. 6).

0

50

100

150

200

250

Nov 80 Nov 82 Nov 84 Nov 86 Nov 88 Nov 90 Nov 92 Nov 94 Nov 96 Nov 98

mon

thly

run

off [

mm

]]

measured

simulated

validation period calibration period

Fig. 6 Simulated and measured monthly runoff of the Wahnbach catchment.

Fig. 5 Continuous simulation of soil erosion in the year 1998 using the modified OPUS model.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

14

The amount of macro pore flow was adjusted in correspondence to the simulation us-ing the breakpoint data option. Five rainfall stations spread over the catchment area were used for this simulation. The period from 1990 until 2000, which was used for model calibration, shows a good agreement of simulated and measured runoff (CME: 0.92 and IA: 0.98). In the case of the validation period, the values decrease to some extent (CME: 0.84 and IA: 0.95), but are still very satisfying.

Fig. 7 displays the simulated soil erosion compared with sediment discharge calculated from measured runoff and turbidity during the period from 1990 until 2000.

0.01

0.1

1

10

100

1000

10000

Jan 90 Jan 91 Jan 92 Jan 93 Jan 94 Jan 95 Jan 96 Jan 97 Jan 98 Jan 99 Jan 00

sedi

men

t dis

char

ge [t

]

s imulated

measured

Fig. 7 Monthly sediment discharge at the outlet of the Wahnbach catchment (dashed line and mean monthly soil erosion on the simulated hill slopes (solid line).

The dynamic sediment is mostly reproduced quite well (IA: 0.39). However, the measured mean annually sediment export (1226 t/a) is significantly higher than the simulated soil erosion (478 t/a), indicating that for a better simulation of the sediment discharge additional sediment sources, e.g. channel scour, have be integrated into the model scheme. However, the results suggest that the daily option is adequate for the catchment scale and can be used for long-term simulations.

Fig. 8 displays the result of the long-term sediment transport simulation and the meas-ured sediment discharge of the last 20 years as well as the mean sediment yield of the Wahnbach catchment (about 1330 t/a). The mean sediment yield is determined from the reservoir deposits (Bogena, 2001). The simulation of the 1st period based on a land use distribution with about 20 % arable land shows a high variation of the annual sediment discharge (from 590 t up to 12817 t).

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CONSTRAINTS AND POSSIBILITIES OF MODELLING LONG-TERM SEDIMENT FLUXES AT THE CATCHMENT SCALE WITH PROCESS-BASED MODELS

15

0

3000

6000

9000

12000

15000

1950 1953 1956 1959 1962 1965 1968 1971 1974 1977 1980 1983 1986 1989 1992 1995 1998

[tonn

es]

measured sediment discharge simulated soil erosion (1. period)

simulated soil erosion (2. period) simulated soil erosion (3. period)

mean sediment yield calculated from reservoir deposits

2nd period1st period 3rd period

Fig. 8 Simulated soil erosion in the catchment of the Wahnbach River (50 years).

The mean sediment yield of the three simulations differs significantly (1st period: 6682 t/a, 2nd period: 2235 t/a and 3rd period: 890 t/a). One reason for this might be that OPUS simulates too high the erosion rates on arable land while the erosion rate of the other land use types is underestimated. Furthermore, this discrepancy might be increased due to the random allocation of arable land on the surface area, which is actually covered by pastureland. Through this operation plough land planes with unre-alistically high slope values may have been created.

5 Discussion

Uncertainties are involved in the digital soil map used for the calculation of the soil parameters. On the one hand inaccuracy in the location of the soil types is inherent in the spatial resolution of the digital soil map (1:50,000). On the other hand uncertainty is involved in the use of classes of soil texture. The method of selection of representa-tive values from the corresponding textural class in order to derive soil physical parameters has a significant influence on the simulation results (Bormann, 2001).

Furthermore, uncertainties are involved in the land use data. Although the spatial and temporal resolution of the land use data is quite good, the associated attributes are mainly derived from other investigations. For example, the parameter values used for the crop model are taken from the OPUS User Manual, modified during the calibra-tions at the sub-catchment scale and subsequently applied without further adjustment at the catchment scale. Furthermore, the times of harvest, tillage and fertilization are generalized from the observations in the sub-catchments.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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The procedure of allocation of data sets on discrete elements leads to uncertainties in respect to the spatial reproduction of the natural peculiarities. For example, through the discretization the distribution of soil types of the hill slopes are significantly changed. This is also the case for the land use types. Due to the discretization of the Wahnbach catchment, the percentage of pasture is increased (from 51.6 % to 67.7 %), whereas the percentages of all other land use types are decreased. The slope values are changed through the discretization as well. For example, the mean slopes of the hill slopes cov-ered by cereals and corn are significantly higher (15%) after the discretization.

Due to high complexity of the model structure it is possible that the model produces errors because the process descriptions may be not adequate. For example, OPUS con-siders the effect of frozen soils. However, due to this implementation, the water and solute discharges in winter are underestimated. After this implementation has been turned off, the simulation results were better.

On the other hand, the results of the sediment transport simulation suggests, that addi-tional process descriptions have to be implemented into the model scheme in order to consider processes relevant at the catchment scale, e.g. temporal sediment storage in ponds and channels.

6 Conclusions

It can be concluded that process-based models that are originally developed for the local scale can be applied to simulate fluxes of matter at the meso-scale, but because of uncertainties involved in the input data as well as in the process description it can be expected that the quality of simulation results is highest for the water transport and lowest for the sediment transport.

In principle, the model concept is applicable for every other meso-scale catchment. However, due to the high demand on input and calibration data of the model system, the application is limited to catchments with a similar equipment of gauging stations and distributed data (digital elevation model, soil map, land use map) of high spatial resolution.

A model system, which is able to simulate the fluxes of matter at different time and spatial scales, enables a number of application possibilities to support natural resource management.

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CONSTRAINTS AND POSSIBILITIES OF MODELLING LONG-TERM SEDIMENT FLUXES AT THE CATCHMENT SCALE WITH PROCESS-BASED MODELS

17

Several application possibilities of the model concept are conceivable (Bogena, 2001):

- The management of drinking water catchments in terms of water quantity as well as water quality;

- the assessment of flood risks on a daily basis at the sub-catchment and catchment scale, including the evaluation of water-levels in the main channels by an approach like the HEC6-model;

- the simulated vegetation coverage and evapotranspiration rates can be used as the lower boundary for a process-based modelling of meso-scaled meteorological phe-nomena;

- to evaluate the effectiveness of protection strategies against soil erosion at the hill slope and catchment scale;

- as an advice basis for farmers in order to achieve optimal harvest yields (e.g. fertilization amounts, irrigation etc);

- evaluating long-term effects (e.g. water and solute discharge, soil erosion and sedi-ment discharge, crop yield etc.) on land use and climate changes.

Acknowledgements: This work is supported by the Deutsche Forschungsgemein-schaft (Collaboration Research Programme 350). The authors also thank the Wahn-bachtalsperrenverband for providing weather, runoff and land use data.

References

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

18

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GANGLINIENSEPARATION DURCH REKURSIVE DIGITALE FILTERUNG

19

Ganglinienseparation durch rekursive digitale Filterung

Klaus Eckhardt*)

Zusammenfassung: Das Ziel einer Ganglinienseparation ist es, Abflusskomponenten zu identifizieren, die aus verschiedenen Kompartimenten des betrachteten Einzugsge-biets stammen und unterschiedlich stark gedämpft und verzögert auf Niederschlags-ereignisse reagieren. Im Falle von Einzugsgebieten mit Porengrundwasserleitern kann die Technik der rekursiven digitalen Filterung herkömmliche Separationsverfahren effizient ersetzen. Sie ist objektiv, reproduzierbar und einfach zu automatisieren. In der vorliegenden Untersuchung werden drei verschiedene Filteralgorithmen miteinander verglichen.

Abstract: The purpose of base flow separation is to identify runoff components origi-nating from different parts of a catchment and responding differently smoothed and delayed to rainfall events. In case of catchments with porous aquifers the recursive di-gital filtering of hydrographs can efficiently replace conventional separation tech-niques. It is objective and reproducible and can easily be automated. In the present study, three filter algorithms are compared.

1 Einleitung

Eine weitgehende Übereinstimmung zwischen gemessenem und berechnetem Abfluss am Einzugsgebietsauslass ist kein ausreichendes Kriterium für die Validität eines hyd-rologischen Modells. In den meisten Fällen steht jedoch nur eine gemessene Abfluss-ganglinie zur Verfügung, um die Leistungsfähigkeit eines Modells zu beurteilen. Der Informationsgehalt einer Ganglinie erschöpft sich allerdings nicht in der absoluten Höhe des Abflusses. Beispielsweise kann eine Ganglinienseparation dazu dienen, Ab-flusskomponenten zu identifizieren, die aus verschiedenen Teilen des betrachteten Systems stammen und unterschiedlich stark gedämpft und verzögert auf Nieder-schlagsereignisse reagieren. Der potenzielle Nutzen dieser Information wurde bei-spielsweise von Eckhardt et al. (2002) aufgezeigt.

*) Inst. f. Landeskultur, Heinrich-Buff-Ring 26-32, 35392 Gießen, email: [email protected]

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

20

Im Folgenden wird eine Technik der Ganglinienseparation vorgestellt, die als rekur-sive digitale Filterung bezeichnet wird. Sie ist, im Gegensatz zu manuellen Verfahren, objektiv und damit reproduzierbar. Sie lässt sich außerdem leicht automatisieren.

Die nachfolgend vorgestellten Filteralgorithmen basieren auf der Annahme, dass sich der Gesamtabfluss yk in jedem Zeitschritt k additiv aus zwei Komponenten zusammen-setzt: dem schnell auf Niederschlagsereignisse regierenden Direktabfluss fk und dem stärker gedämpften Basisabfluss bk. Letzterer wird üblicherweise mit dem grundwas-serbürtigen Abfluss gleichgesetzt. Aufgrund der unterschiedlichen Dämpfung der bei-den Abflusskomponenten sind langwellige Schwingungen im Frequenzspektrum einer Abflussganglinie eher dem Basisabfluss zuzurechnen, während die hochfrequente Va-riabilität des Abflusses in erster Linie durch Direktabfluss verursacht wird. Der Basis-abfluss sollte sich daher durch eine Tiefpassfilterung vom Direktabfluss abtrennen las-sen.

2 Die Filteralgorithmen

Lyne und Hollick (1979) formulierten die Filtervorschrift

bk = a ⋅ bk-1 + 1-a2 (yk + yk-1) (1)

mit der Zusatzbedingung bk ≤ yk (b: Basisabfluss, y: Gesamtabfluss, k: Zeitschritt-

nummer). Es wurde empirisch bestimmt, dass der Filterparameter a einen Wert von etwa 0,93 besitzen sollte.

Der Lyne-Hollick-Algorithmus wurde beispielsweise von Nathan und McMahon (1990), Arnold et al. (1995), Arnold und Allen (1999) und Arnold et al. (2000) ange-wendet. Ersetzt man in Gleichung (1) jedoch bk durch yk-fk, woraus der Hochpassfilter

fk = a ⋅ fk-1 + 1+a2 (yk – yk-1) (2)

(führte Chapman (1991) fk ≥ 0) folgt, so ergibt sich bei einem verschwindend gerin-

gem Direktabfluss (fk=fk-1=0) ein konstanter Gerinneabfluss (yk=yk-1). Dieses hydrolo-gisch unsinnige Resultat dazu, einen veränderten Algorithmus vorzuschlagen:

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GANGLINIENSEPARATION DURCH REKURSIVE DIGITALE FILTERUNG

21

bk = 3a -13 - a bk-1 +

1-a3-a (yk + yk-1) (3)

mit der Zusatzbedingung bk ≤ yk. Ersetzt man in Gleichung (3) yk durch bk+fk, so

ergibt sich

bk = a bk-1 + 1-a2 (fk + fk-1) . (4)

Geht der Direktabfluss auf Null zurück, so erhält man nun

bk = a ⋅ bk-1 . (5)

Diese Gleichung beschreibt einen exponentiellen Rückgang des Trockenwetterabflus-ses, entsprechend dem üblichen Modell zum Auslaufverhalten von Grundwasserlei-tern. Der Filterparameter a kann damit objektiv aus einer Analyse von Trockenwetter-falllinien bestimmt werden.

Der sich mit dem Chapman-Filter berechnende Basisabfluss ist jedoch relativ gering. Selbst bei niedrigen Abflüssen liegt er typischerweise über weite Zeitspannen hinweg deutlich unter dem Gesamtabfluss (Abbildung 1). Der Basisabfluss wird aber gewöhn-lich gerade dadurch charakterisiert, dass er dem Gerinneabfluss in Trockenwetterpha-sen entspricht. Aus hydrologischer Sicht liefert damit auch der Chapman-Algorithmus unplausible Ergebnisse.

Eckhardt (2002) entwickelte daher den neuen Filteralgorithmus

bk = a2

1 + a (1-a) bk-1 + a (1-a) ( yk + yk-1 ) (6)

mit bk ≤ yk. Auch dieser Algorithmus beschreibt einen exponentiellen Rückgang des

Trockenwetterabflusses, ist also ebenso wie der Chapman-Algorithmus hydrologisch plausibler als der Lyne-Hollick-Algorithmus, führt aber zu einem deutlich höheren Ba-sisabfluss als der Chapman-Algorithmus (Abbildung 1).

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

22

Abb.1: Gemessene Tageswerte des Gerinneabflusses und berechneter Basisabfluss, Beaverdam Creek, MD, USA.

3 Vergleich der Algorithmen

Weitere Argumente für den neuen Algorithmus lassen sich aus einer systematischen Analyse der Filtereigenschaften ableiten. Die Abbildungen 2 und 3 zeigen die Ampli-tudendämpfung und die Zeitverzögerung zwischen Ausgangs- und Eingangssignal als Funktion der Wellenlänge.

Nimmt man als Zeitschrittlänge 1 d an, so lässt sich eine Welle von 365 Zeitschritten Länge mit dem mittleren Jahresgang des Gerinneabflusses in Verbindung bringen. Der Lyne-Hollick-Filter lässt diese Welle weitgehend ungedämpft passieren. Sie wird folg-lich nahezu vollständig dem Basisabfluss zugeschrieben. Dies wäre nur dann richtig, wenn allein der Basisabfluss einem Jahresgang unterliegen würde. Tatsächlich aber weist in Einzugsgebieten der gemäßigten Klimazone im Allgemeinen auch der Direkt-abfluss einen ausgeprägten Jahresgang auf. Daher ist ein Filter zu bevorzugen, der auch solch langen Wellen stärker dämpft, wie beispielsweise der Chapman- oder der neue Algorithmus (Abbildung 2).

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

01.1

1.50

01.1

2.50

01.0

1.51

01.0

2.51

01.0

3.51

01.0

4.51

01.0

5.51

01.0

6.51

01.0

7.51

01.0

8.51

01.0

9.51

01.1

0.51

Datum

m3 /s

neuer Algorithmus Chapman-Algorithmus Gerinneabfluss

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GANGLINIENSEPARATION DURCH REKURSIVE DIGITALE FILTERUNG

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Abb.2: Amplitudendämpfung als Funktion der Wellenlänge.

Der Chapman-Algorithmus dämpft das Eingangssignal am stärksten, allerdings, wie bereits erwähnt, wohl zu sehr. Bei einem Vergleich mit Ergebnissen von Tracermes-sungen fanden Chapman und Maxwell (1996): "[the filtered base flow is] far too damped to be able to simulate old flow determined by tracer methods". Tracermessun-gen zeigen nicht nur, dass der relative Anteil des Basisabflusses an Abflussspitzen im Gerinne vergleichsweise hoch sein kann. Sie deuten auch darauf hin, dass der Basisab-fluss im Falle eines Niederschlagsereignisses sehr rasch ansteigen kann (Buttle, 1994). Dieses Verhalten des Basisabflusses kann durch einen Filter nur dann wiedergegeben werden, wenn kurze Wellen nicht zu stark gedämpft werden und die Zeitverzögerung zwischen Ausgangs- und Eingangssignal möglichst gering ist. Beides spricht für den neuen Algorithmus, der Wellen von unter 35 Zeitschritten Länge weniger dämpft als die beiden anderen Algorithmen (Abbildung 2) und außerdem zu der geringsten Zeit-verzögerung führt (Abbildung 3).

0,0

0,5

1,0

0 50 100 150 200 250 300 350

Wellenlänge [Zeitschritte]

Am

plit

ud

en

däm

pfu

ng

Lyne-Hollick

Chapman

neuer Algorithmus

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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Abb.3: Zeitverzögerung zwischen Ausgangs- und Eingangssignal als Funktion der Wellenlänge.

4 Schlussfolgerungen

Der neue Filter-Algorithmus liefert ein hydrologisch plausibleres Ergebnis als die Al-gorithmen von Lyne und Hollick (1979) und Chapman (1991). Eine wirkliche Validie-rung anhand von Tracermessungen steht jedoch noch aus.

Für die rekursive digitale Filterung spricht, dass sie einfach und schnell durchzuführen ist. Es wird lediglich ein Tabellenkalkulationsprogramm benötigt. Im Falle von Ein-zugsgebieten mit Porengrundwasserleitern ist sie dazu geeignet, andere manuelle und automatisierte Separationsverfahren effizient zu ersetzen. Dies wurde beispielsweise von Arnold et al. (1995) und Arnold und Allen (1999) gezeigt.

Eine Analyse des Abflusses aus Einzugsgebieten mit Kluftgrundwasserleitern dagegen scheint mit den vorgestellten Algorithmen nicht möglich. Als Beispiel kann das me-soskalige Einzugsgebiet der Dill dienen, das im Südosten des Rheinischen Schieferge-birges liegt und überwiegend Kluftgrundwasserleiter aufweist. Kaviany (1978) ermit-telte für die Dill nach den Verfahren von Kille (1970) und Natermann (1951) einen mittleren Basisabflussanteil von rund 31%. Wendet man den neuen Algorithmus auf die Ganglinie der Dill an, so wird dagegen ein Basisabflussanteil von 65% ausgewie-sen. Um die Technik der rekursiven digitalen Filterung für Einzugsgebiete mit Kluft-grundwasserleitern nutzbar zu machen, wird es notwendig sein, einen anderen Algo-rithmus zu finden.

0

5

10

15

0 50 100 150 200 250 300 350

Wellenlänge [Zeitschritte]

Ve

rzö

ge

run

g [

Zeit

sch

ritt

e]

Lyne-Hollick

Chapman

neuer Algorithmus

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GANGLINIENSEPARATION DURCH REKURSIVE DIGITALE FILTERUNG

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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ANALYSE DER UNSICHERHEITEN EINES GLOBALEN HYDROLOGISCHEN MODELLS BEI ANWENDUNG AUF SZENARIEN DES KLIMAWANDELS

27

Analyse der Unsicherheiten eines globalen hydrologischen Modells bei Anwendung auf Szenarien des Klimawandels

Frank Kaspar*)

Zusammenfassung: Das integrierte globale Modell WaterGAP 2 wurde zur Abschät-zung des Wasserdargebots und der Wassernutzung unter dem Einfluss des globalen Wandels entwickelt. Da die hydrologische Komponente gegen gemessene Durchflüsse in 724 Einzugsgebieten in allen Teilen der Welt kalibriert wurde, ist sichergestellt, dass für Simulationen historischer Perioden eine vergleichsweise hohe Zuverlässigkeit erreicht wird. Um zu klären, ob dies auch bei Anwendung des Modells für Szenario-rechnungen mit stark verändertem Klima zutrifft, wurde die Kalibration für veränderte Werte der Modellparameter wiederholt und der Effekt auf die Ergebnisse der Szena-riorechnungen analysiert. Es ergeben sich Häufigkeitsverteilungen der simulierten Durchflüsse, deren Breite ein Maß für die Auswirkung der Parameterunsicherheiten ist. Diese Szenariorechnungen wurden mit den Ergebnissen aus zwei Klimamodellen durchgeführt, so dass es möglich ist, die parameterbedingte Unsicherheit den Unter-schieden gegenüberzustellen, die sich bei Verwendung verschiedener Klimamodelle ergeben. Weiterhin wurde diese Analyse unter Verwendung zweier Ansätze für die Verdunstungsberechnung durchgeführt (Priestley-Taylor und Penman-Monteith), so dass auch der Effekt struktureller Modellunsicherheiten verglichen werden kann. Anhand von drei Einzugsgebieten wird gezeigt, welche Bedeutung diese Unsicherhei-ten in verschiedenen Gebieten der Welt haben können.

Abstract: The global integrated model WaterGAP 2 was developed to assess water availability and water use in the face of global change. It has already been used in sev-eral projects. The hydrologic component has been calibrated against 724 measurement stations in all parts of the world. Therefore simulations of historic periods are quite reliable. To evaluate, if this is also true when the model is applied to scenarios with a significantly changed climate, calibrations have been repeated with modified values for the model parameters. The variation in the output of the appropriate scenario cal-culations has been analysed. The width of the resulting frequency distribution is a measure for the effects of the parameter uncertainty. This examination has been per-

*) Max-Planck-Institut für Meteorologie, Bundesstr. 55, D-20146 Hamburg, email: [email protected]

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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formed with the results of two climate models. This allows to compare the parameter-related uncertainty to the differences, which result from the use of different climate models. Furthermore the analysis has been performed with two approaches for the evapotranspiration (Priestley-Taylor and Penman-Monteith). Therefore the effect of structural changes can also be compared. Three basins are used here to show examples for the relevance of these effects in different parts of the world.

1 Das Modell WaterGAP 2.1

1.1 Überblick

WaterGAP 2.1 ist ein globales Modell zur Abschätzung von Wasserdargebot und Was-sernutzung unter dem Einfluss des globalen Wandels. Es arbeitet rasterbasiert mit

einer Auflösung von 0,5° × 0,5°. Jede Rasterzelle ist einem Land und einem Einzugs-

gebiet zugeordnet, so dass Aussagen auf beiden Einheiten möglich sind. Das Modell wurde mit verschiedenen Anwendungsbeispielen bereits auf vergangenen Workshops dieser Reihe vorgestellt (Kaspar et al., 2001; Lehner et al., 2001a). Eine Modellbe-schreibung mit Validierungsergebnissen ist in Döll et al. (2001) zu finden. Abbildung 1 gibt einen Überblick über die wesentlichen Elemente der hydrologischen Kompo-nente. Hier werden nur die Modellteile erläutert, die zum weiteren Verständnis erfor-derlich sind.

anthropogenerkonsumptiver Verbrauch

lokale Seen lokale Feuchtgeb. globale Seen

globale Feuchtgeb.

Zufluss vonobenliegenden Zellen

Fluss-Segment

Ausfluss ausder Zelle

Schnee

durchfallenderNiederschlag

T < 0˚C

Bodenwasser

T > 0˚C

Sublimation

Ea

Grundwasser

Abfluss Rl

RgRs

Qb

PP Epot

vertikaleWasser-bilanz

P

P

Kronenwasser

Nieder-schlag P Ec

Epot Epot

Epot

Abb. 1: Übersicht über das hydrologische Modul von WaterGAP 2.1

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ANALYSE DER UNSICHERHEITEN EINES GLOBALEN HYDROLOGISCHEN MODELLS BEI ANWENDUNG AUF SZENARIEN DES KLIMAWANDELS

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1.2 Kalibration

Der Abfluss Rl [mm/d] von den Landflächen der Rasterzellen wird mit dem Ansatz von Bergström (1995) berechnet:

γ

=

maxS

SPR effl

dabei ist Peff [mm] der am Boden ankommende Niederschlag, S [mm] der Bodenwas-sergehalt in der effektiven Wurzelzone und Smax die maximale Bodenwasserkapazität

[mm]. Der Faktor γ wird zur Kalibration des Modells benutzt. Diese Kalibration er-

folgt mit Hilfe gemessener Durchflussdaten an insgesamt 724 Messstationen, die durch das Global Runoff Data Center (GRDC, Koblenz) zur Verfügung gestellt wur-den. Um diese Kalibration durchführen zu können, wird zunächst der Zellabfluss zusammengeführt. Entweder direkt oder durch den Grundwasserspeicher wird er dem lateralen Transportsystem zugeleitet. Dieses besteht aus Seen, Feuchtgebieten und Flüssen, die durch eine Fliessrichtungskarte miteinander verknüpft sind (Döll und Lehner, 2001).

An den Positionen der Messstationen werden gemessene und simulierte Durchflüsse

verglichen und der Kalibrationsfaktor γ so eingestellt, dass diese um maximal 1% von-

einander abweichen. Da dies nicht in allen Einzugsgebieten möglich ist, wird dort mit zusätzlichen Korrekturfaktoren gearbeitet (Döll et al., 2001). Alle anderen Parameter des Modells werden bei der Kalibration nicht verändert. Durch die Kalibration ist somit sichergestellt, dass bei Simulationen historischer Perioden eine vergleichsweise hohe Zuverlässigkeit erreicht wird.

1.3 Anwendung von WaterGAP 2.1 auf Klimaszenarien

WaterGAP 2.1 wurde in verschiedenen Untersuchungen zur Wirkung von Klimaver-änderungen auf Wasserverfügbarkeit eingesetzt (beispielsweise Lehner et al., 2001b). In diesen Anwendungen wurde davon ausgegangen, dass der kalibrierte Faktor auch unter geändertem Klima gültig bleibt. Zur Berechnung dieser Szenarien wurden die meteorologischen Eingangsgrößen Niederschlag und Temperatur gemäß den Ergebnis-sen verschiedener Klimamodelle skaliert. Die von den Klimamodellen berechneten Größen können nicht direkt verwendet werden, da dies bereits für die Simulation der Vergangenheit zu erheblichen Abweichungen führen würde. Die Skalierung erfolgt im Fall des Niederschlags multiplikativ und im Fall der Temperatur additiv (Henrichs und Kaspar, 2001). Im Folgenden soll nun untersucht werden, wie sich Unsicherheiten der Modellparameter auf die Ergebnisse solcher Szenariountersuchungen auswirken.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

30

2 Unsicherheitsanalyse von WaterGAP 2.1

2.1 Vorgehensweise

Der Wert des kalibrierten Faktors γ hängt davon ab, wie die sonstigen Modellparame-

ter gewählt werden. Werden diese verändert, so ergibt sich bei erneuter Kalibration

möglicherweise auch ein anderer Wert für γ. Obwohl die meisten Modellparameter nur

mit einer gewissen Unsicherheit bekannt sind, wurden sie bei bisherigen Anwendun-gen des Modells auf einen Wert festgelegt. Der Unsicherheitsbereich kann sich zwi-schen den einzelnen Parametern stark unterscheiden. So gibt es im Modell Parameter, die auf Beobachtungen zurückgehen, aber auch Parameter, die nur grob geschätzt werden konnten, wie zum Beispiel die maximale Tiefe von Feuchtgebieten, für die ein global einheitlicher Wert von 2 m angenommen wurde. Um die Zuverlässigkeit der Simulationen unter Klimaänderungsszenarien zu bewerten, muss daher überprüft werden, wie stark sich diese Parameterunsicherheiten auf das Gesamtergebnis auswir-ken.

Dazu wurden zunächst die Unsicherheitsbereiche der Modellparameter festgelegt. Dann wurden für verschiedene Punkte in diesem Parameterraum Kalibrationen sowie die zugehörigen Simulationen der Klimaszenarien durchgeführt. Es entstehen dabei Häufigkeitsverteilungen, deren Breite ein Maß für die Zuverlässigkeit der Modeller-gebnisse ist.

Für diese Untersuchung wird WaterGAP mit den von zwei verschiedenen Klimamo-dellen berechneten Werten für Niederschlag und Temperatur angetrieben. Verwendet wurden Ergebnisse der Modelle ECHAM4 (Röckner et al., 1996) und HadCM3 (Gordon et al., 2000), jeweils für das Jahr 2075 berechnet mit Emissionen gemäß dem IS92a-Szenario des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Außerdem wurden zwei Ansätze für die Evapotranspirationsgleichung verwendet, um zu de-monstrieren, wie sich strukturelle Änderungen des Modells auswirken können: Zunächst der üblicherweise in WaterGAP 2.1 verwendete Priestley-Taylor-Ansatz und zusätzlich der Ansatz nach Penman-Monteith (Shuttleworth, 1992). Es ergibt sich somit die Möglichkeit, die Auswirkungen verschiedener Quellen von Unsicherheiten direkt gegenüberzustellen. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die untersuchten Kom-binationen.

Für eine derartige Unsicherheitsanalyse muss die zuvor beschriebene Vorgehensweise mit einer geeigneten Anzahl Punkte aus dem Parameterraum durchgeführt werden. Monte-Carlo-Verfahren, die auf zufälliger Auswahl der Stichproben beruhen, erfor-dern eine große Zahl von Stichproben, um zu signifikanten Aussagen zu gelangen. Aufgrund des hohen Rechenaufwands bei der Kalibration können diese hier nicht angewendet werden. Wesentlich effizienter ist das Latin-Hypercube-Verfahren (Helton

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ANALYSE DER UNSICHERHEITEN EINES GLOBALEN HYDROLOGISCHEN MODELLS BEI ANWENDUNG AUF SZENARIEN DES KLIMAWANDELS

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und Davis, 2000). Dabei werden die Verteilungen der Parameter zunächst in Intervalle gleicher Wahrscheinlichkeit eingeteilt und anschließend ein zufälliger Wert aus jedem Intervall ausgewählt. Diese Werte werden ohne Überschneidung zufällig gepaart. In verschiedenen Studien wurde gezeigt, dass mit diesem Verfahren robuste Ergebnisse auch bei geringer Stichprobenzahl erreicht werden können (Helton und Davis, 2000).

In dieser Untersuchung wurde zur Erzeugung der Stichproben und zur Auswertung der Ergebnisse das Software-Paket SimLab (JRC-ISIS, 2000) eingesetzt, in dem neben dem Latin-Hypercube-Verfahren eine Reihe weiterer Verfahren zur Unsicherheits- und Sensitivitätsanalyse implementiert sind. Insgesamt wurden jeweils 380 Stichproben verwendet, dies entspricht dem Zehnfachen der Anzahl der Modellparameter (38), die in der Analyse berücksichtigt werden.

2.3 Untersuchungsgebiete

Hier werden an drei Gebieten exemplarische Ergebnisse beschrieben:

1. Der Pilcomayo in Südamerika wurde ausgewählt, weil dort aufgrund der Heterogenität des Gebiets vermutlich alle Modellparameter wirksam sind. Er entspringt in den Anden und fließt auch durch warme trockene Tieflandgebiete. Mit 96000 km2 bis zur Station La Paz in Argentinien handelt es sich um ein vergleichsweise kleines Einzugsgebiet.

2. Der Parana mit 1,95 Mill. km2 (bei Corrientes in Argentinien) wurde als großes Einzugsgebiet gewählt. Der Pilcomayo ist Teileinzugsgebiet, somit kann mit diesem Beispiel auch gezeigt werden, wie die Ergebnisse der Teileinzugsge-biete abweichen können.

3. Die Elbe (an der Station Neu Darchau, Deutschland) wurde untersucht, da sie auch als Untersuchungsgebiet in einigen anderen Anwendungen von Water-GAP herangezogen wurde (Lehner et al., 2001b). Bis zur Station umfasst das Einzugsgebiet eine Fläche von 132000 km2. Es ist stark durch anthropogene Entnahmen beeinflusst.

Untersuchungen in weiteren Einzugsgebieten werden derzeit durchgeführt.

3 Ergebnisse der Unsicherheitsanalyse

3.1 Pilcomayo

Abbildung 2 zeigt Ergebnisse für den Pilcomayo an der Station La Paz in Argentinien. Zur Kalibration standen Durchflussmessungen für den Zeitraum 1961-1979 zur Verfü-

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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gung. Der mittlere jährliche Durchfluss in diesem Zeitraum betrug 187,7 m3/s. Für 380

Stichproben der Modellparameter wurde die Kalibration des Faktors γ durchgeführt.

Für jeden dieser Datensätze wurde dann zunächst eine Kontrollsimulation für die Klimanormalperiode 1961-1990 durchgeführt, um zu testen, ob sich die Unsicherhei-ten bereits auf die Simulation des historischen Zeitraums auswirken. Der über alle 380 Simulationen gemittelte Jahresdurchfluss beträgt 207,6 m3/s mit einer Standardabwei-chung von 9,22 m3/s (in der Abbildung unter der Beschriftung ‚1961-1990 PT’ gezeigt).

Weiterhin wurde für jede der 380 Stichproben je eine Simulation für die beiden Klima-szenarien durchgeführt. Für beide Szenarien ergibt sich eine deutliche Abweichung von der gegenwärtigen Situation, allerdings mit gegensätzlichen Vorzeichen: Das ECHAM4-Szenario weist mit einem durchschnittlichen Durchfluss von 388,3 m3/s einen Anstieg um 87% auf, wohingegen sich für das HadCM3-Szenario eine Vermin-derung um 18% auf 169,3 m3/s ergibt. Die Standardabweichungen der Verteilungen, die sich aufgrund der Unsicherheit der Modellparameter ergeben, betragen: 15,8 m3/s für das ECHAM4-Szenario und 4,4 m3/s für das HadCM3-Szenario.

150 200 250 300 350 400 450 5000

80

160

240

Pilcomayo bei La Paz (Argentinien)

ufig

keit

mittlere r Jahresdurchfluss [m3/s]

1961-1990 PT 2075 ECHAM4 PT 2075 ECHAM4 PM 2075 HadCM3 PT

Abb. 2: Ergebnis der Unsicherheitsanalyse für den Pilcomayo an der Station La Paz in Argentinien. Für jeweils 380 Stichproben wurden nach der Kalibration des Modells die Szenariorechnungen durchgeführt. Dargestellt ist die Häufigkeitsvertei-lung der simulierten mittleren Jahresdurchflüsse.

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ANALYSE DER UNSICHERHEITEN EINES GLOBALEN HYDROLOGISCHEN MODELLS BEI ANWENDUNG AUF SZENARIEN DES KLIMAWANDELS

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Für dieses Beispiel sind also die Abweichungen zwischen den Klimaszenarien erheblich größer als die Wertebereiche, die sich durch Parameterunsicherheiten ergeben.

Diese Untersuchung wurde für die Variante des Modells mit Penman-Monteith-Eva-potranspiration wiederholt. Das Modell wurde wieder für 380 Stichproben kalibriert und die zugehörigen Simulationen durchgeführt. In Abbildung 2 ist das Ergebnis für das ECHAM4-Szenario dargestellt (‚2075 ECHAM4 PM’). In dieser Variante reagiert das Modell noch etwas stärker auf das veränderte Klima als in der Priestley-Taylor-Variante. Der mittlere simulierte Durchfluss liegt bei 426,9 m3/s, was einem Anstieg um 106% entspricht. Die Standardabweichung beträgt 15,9 m3/s, verändert sich zwischen Priestley-Taylor- und Penman-Monteith-Variante also kaum.

Diese Ergebnisse ermöglichen außerdem, den Einfluss der verschiedenen Modellvari-anten in Relation zum Einfluss der parameterbedingten Unsicherheit zu setzen. Die Differenz zwischen den Mittelwerten der beiden Rechnungen für das ECHAM4-Sze-nario beträgt 38,6 m3/s, also mehr als das Doppelte der Standardabweichung, die sich aus den Parameterunsicherheiten ergibt. Die Wahl eines anderen Ansatzes für die Evapotranspiration wirkt sich also deutlich stärker auf das Ergebnis aus, als die Unsi-cherheiten der Modellparameter. Beide Effekte sind jedoch klein im Vergleich zu den Unterschieden, die durch die Auswahl des Klimamodells entstehen.

3.2 Parana

Obwohl der Pilcomayo Teileinzugsgebiet des Parana ist, weichen die Ergebnisse teil-weise deutlich ab (Tabelle 1). So weicht beim Parana der Mittelwert für das HadCM3-Szenario nur geringfügig vom Mittelwert für den Zeitraum 1961-1990 ab, weist aber eine erheblich größere Standardabweichung auf. Somit ist in diesem Fall der Effekt durch die Parameterunsicherheiten deutlich größer als die Wirkung der Klimaände-rung. Die Rechnungen für das ECHAM4-Szenario führen allerdings auch an dieser Station zu einer deutlichen Zunahme des Durchflusses (ca. +40%). Die Abweichungen zwischen Priestley-Taylor und Penman-Monteith-Variante sind für beide Klimaszena-rien klein im Vergleich zur Standardabweichung, die sich durch die Parameterunsi-cherheiten ergibt.

3.3 Elbe

Im Fall der Elbe übersteigt die Standardabweichung, die sich durch die Parameterunsi-cherheiten bei den Szenariorechnungen ergibt, deutlich alle anderen Effekte. Für beide Klimaszenarien beträgt sie etwa 105 m3/s. Die Mittelwerte der verschiedenen Szena-

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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rien unterscheiden sich von dem Mittelwert des Zeitraums 1961-1990 allerdings nur um maximal 60 m3/s. Auch die Priestley-Taylor- und die Penman-Monteith-Variante unterscheiden sich im Vergleich zur parameterbedingten Unsicherheit nur unerheblich. Da die Effekte durch die Klimaveränderung geringer sind, als die parameterbedingte Unsicherheit, ist bei einer Anwendung des Modells auf Klimaszenarien in diesem Einzugsgebiet keine zuverlässige Aussage möglich. Hier wäre es zunächst erforder-lich, die Modellparameter für den speziellen Anwendungsfall genauer einzugrenzen.

Tab. 1: Gegenüberstellung der Ergebnisse der Unsicherheitsanalyse in exemplarischen Einzugsgebieten: Mittelwerte (oben) und zugehörige Standardabweichungen (unten), alle Angaben in m3/s, PT= Priestley-Taylor, PM = Penman-Monteith.

Station 1961-1990

PT 1961-1990

PM ECHAM4 2075 PT

ECHAM 4 2075 PM

HadCM3 2075 PT

HadCM3 2075 PM

Pilcomayo 207 218 388 427 169 163 La Paz ± 9,2 ± 4,2 ± 15,8 ± 15,9 ± 4,4 ± 4,7

Parana 17162 17138 23958 23509 18948 17500 Corrientes ± 110 ± 103 ± 1030 ± 803 ± 3232 ± 439

Elbe 752 751 812 789 796 774 N.Darchau ± 7,7 ± 7,7 ± 105 ± 105 ± 107 ± 108

4 Zusammenfassung und Ausblick

An einzelnen Beispielen wurde demonstriert, wie sich bei der hydrologischen Model-lierung unter Einfluss des Klimawandels die folgenden Typen von Unsicherheiten auswirken können: Unsicherheit der Modellparameter, Verwendung verschiedener Klimamodelle, sowie Änderungen an der Modellstruktur. Schon die 3 untersuchten Einzugsgebiete dokumentieren, dass keine einheitliche Schlussfolgerung möglich ist, sondern die Ergebnisse stark von den lokalen Gegebenheiten abhängen. Aus diesem Grund wird diese Untersuchung mit weiteren Einzugsgebieten fortgesetzt, um einen globalen Überblick über die Bedeutung der einzelnen Unsicherheitsquellen für die hydrologische Modellierung zu geben.

Das Beispiel Elbe hat gezeigt, dass sich die Unsicherheit der Modellparameter so stark auswirken kann, dass die Effekte der Klimaänderung überdeckt werden. Dies muss bei der Bewertung von Modellergebnissen bedacht werden.

Mit den Beispielen Pilcomayo und Parana wurde gezeigt, dass sich die Ergebnisse für Teileinzugsgebiete erheblich von den Ergebnissen für das gesamte Einzugsgebiet unterscheiden können.

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ANALYSE DER UNSICHERHEITEN EINES GLOBALEN HYDROLOGISCHEN MODELLS BEI ANWENDUNG AUF SZENARIEN DES KLIMAWANDELS

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Im Fall des Pilcomayo ist die Zuverlässigkeit des Modells ausreichend groß, um sinn-volle Ergebnisse für die hier verwendeten Klimaszenarien zu erhalten. Es zeigt sich aber, dass die Verwendung von 2 verschiedenen Klimamodellen auf dieser räumlichen Skala zu erheblichen Abweichungen in den Ergebnissen führt.

Weitere interessante Ergebnisse sind von einer Sensitivitätsanalyse zu erwarten. Diese kann direkt an die Unsicherheitsanalyse anknüpfen und wird zeigen, wie stark die Unsicherheit der einzelnen Parameter zur Gesamtunsicherheit beiträgt. Die Weiter-entwicklung des Modells kann sich dann gezielt auf diese Parameter konzentrieren. Die Sensitivitätsanalyse wird außerdem ermöglichen, zu analysieren, wie die Ergeb-nisse von den Klimazonen, der anthropogenen Wassernutzung oder ähnlichen Fakto-ren beeinflusst werden.

Literatur

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Helton, J. C.; Davis, F. J.: Sampling-Based Methods. In: Saltelli, A.; Chan, K.; Scott, E. M. (Hrsg.): Sensitivity Analysis, S. 101-153. John Wiley & Sons, 2000.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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Lehner, B.; Döll, P.; Kaspar, F.: Vergleich von hydrologischen Modellen auf unter-schiedlichen Skalenebenen am Beispiel Elbe und Oder. In: Sutmöller, J.; Raschke, E. (Hrsg.): Modellierung in meso- bis makroskaligen Flusseinzugs-gebieten - Tagungsband zum gleichnamigen Workshop am 16./17. November 2000 in Lauenburg, S. 160-171. GKSS-Bericht 2001/15, GKSS-Forschungszent-rum, 2001a.

Lehner, B.; Henrichs, T.; Döll, P. Alcamo, J.: EuroWasser – Model-based assessment of European water resources and hydrology in the face of global change. Kassel World Water Series 5. Wissenschaftliches Zentrum für Umweltsystemforschung, Universität Gesamthochschule Kassel, Kurt-Wolters-Str. 3, 34109 Kassel. http://www.usf.uni-kassel.de, 2001b.

Röckner, E.; Arpe, K.; Bengtsson, L.; Christoph, M.; Claussen, M.; Dümenil, L.; Esch, M.; Giorgetta, M.; Schlese, U.; Schulzweida, U.: The atmospheric general circulation model ECHAM-4: Model description and simulation of present day climate. MPI-Report 218, Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg, 1996.

Shuttleworth, W. J.: Evaporation. In: Maidment, D. R. (Hrsg.): Handbook of Hydro-logy, S. 4.1-4.53. McGraw-Hill, 1992.

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ODRAFLOOD – EIN MODELLSYSTEM FÜR HOCHWASSEREREIGNISSE IN DER ODER

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ODRAFLOOD – ein Modellsystem für Hochwasserereignisse in der Oder

M. Klein1, R. Backhaus2, R. Ewertowski3, H.-T. Mengelkamp1, H. Messal1, Z. �������

4

Zusammenfassung: Die Hochwasser an der Oder in den Sommern 1997 und 2001 haben die Gefährdung einer großen Region durch Starkregenereignisse im gebirgigen Quellgebiet deutlich vor Augen geführt. Der Hochwasserschutz dieser Region kann mit Szenariorechnungen verbessert werden, mit denen die Auswirkungen von Ab-wehrmaßnahmen, der Ausbaubedarf von Retentionsräumen und die Steuerung von Wehren analysiert werden. Im akuten Hochwasserfall ist der Katastrophenschutz dar-auf angewiesen, verlässliche Schätzungen über den zukünftigen Verlauf des Wasser-standes zu haben und die Konsequenzen für ländliche und urbane Überflutungsflächen zu kennen. Für beide Anwendungsfelder müssen Hochwassermodellen die räumlichen Skalen von der Abflussentstehung in den Gebirgsregionen über die Wellentransforma-tion im Flussnetz zu den lokalen Überschwemmungen abdecken. ODRAFLOOD ist ein modulares Modellsystem, dessen Komponenten von polnischen und deutschen Projektpartnern entwickelt, getestet und angewendet wurden. In ODRAFLOOD wer-den die Komponenten weiterentwickelt, aufeinander abgestimmt, gekoppelt und in Szenarien für die Verbesserung des Hochwasserschutzes an der Oder angewendet.

Abstract: The Odra floods of both summers 1997 and 2001 have demonstrated the flood hazard of a large region caused by heavy rainfalls in the mountainous upstream area. Improvement of flood protection can be supported by scenarios analyzing the effect of mitigation measures, the demand of retention areas and the strategic control of weirs. During occurring flood events the disaster prevention authorities need reli-able estimation of the development of water levels in the near future. They also must know the consequences for rural and urban inundation areas. For both fields of appli-cation flood simulation models operate on several spatial scales. They cover the runoff

1GKSS Forschungszentrum, Institut für Küstenforschung, D-21502 Geesthacht, email: [email protected] 2 DLR Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DFD-UG), D-51147 Köln 3 MRI Maritime Research Institute / Instytut Morski, ul. Monte Cassino 18A, PL 70-167 Szczecin 4 ���� ������ �� ����� ��� ������������ ��� � �����schaft, ul. Parkowa 30, PL 51-��� �����

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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generation in mountainous regions, the wave transformation in the river network and local inundation events. ODRAFLOOD is a modular system, which components have been developed, tested and applied by German and Polish project partners. These components are now brought into agreement, coupled and used for scenarios aiming at the improvement of the flood protection at the Odra river.

1 Konzept von ODRAFLOOD

In den letzten Jahren sind Hochwasserereignisse und die dadurch verursachten Schä-den zunehmend in der Öffentlichkeit mit Sorge wahrgenommen worden. Ein Ereignis, das die Öffentlichkeit mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt hat, war das verhee-rende Hochwasser an der Oder, das im Juli 1997 durch eine extrem niederschlagsrei-che zyklonale Wetterlage in den Beskiden und Sudeten ausgelöst wurde. Eine ähnliche Wetterlage verursachte im Juli 2001 starke Regenfälle, deren räumliche Verteilung und Menge für die Oder weniger gravierend waren, jedoch im östlich angrenzenden Einzugsgebiet der Weichsel starke Überschwemmungen und hohe Schäden verur-sachten. In Tschechien und Polen kostete die Katastrophe von 1997 über 100 Men-schen das Leben, fast 190.000 Menschen mussten evakuiert werden, erheblicher Sach-schaden entstand. In Deutschland entstanden schwere Schäden durch Deichbrüche, in deren Folge große Flächen überflutet wurden. Im Bereich der „Grenzoder“, d.h. ent-lang der deutsch-polnischen Grenze wurde das Gefahrenpotenzial nur durch zahlreiche Deichbrüche im polnischen Gebiet abgeschwächt. Die kritische Situation der betroffe-nen Städte wie z.B. Ostrava (Mährisch-Os����� ����� � ��������������� ��������

und Frankfurt/Oder musste von den kommunalen Katastrophenschutzkräften richtig eingeschätzt werden, um angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Die Beurteilung ei-ner Hochwassersituation kann nicht nur am Ist-Zustand erfolgen, sondern orientiert sich an Vorhersagen, deren Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Prognosezeitraum ent-scheidend ist. Auch die möglichen Folgen eines vorhergesagten Hochwasserstands müssen bekannt sein, da das Wissen um die konkreten Gefahren die Grundlage für Entscheidungen bildet.

„Ein frühzeitiges Reagieren auf drohende Hochwassergefahren setzt voraus, dass im Hochwasserfall die möglichen Hochwasserabläufe möglichst umfassend beschrieben sowie zeitig und hinreichend genau prognostiziert werden können. Dadurch können die Schäden deutlich gemindert und die betroffene Bevölkerung besser geschützt wer-den. Die operationelle Hochwasservorhersage muss deswegen im Zusammenhang mit

den anderen Komponenten eines Hochwasserfrühwarnsystems gesehen werden. D.h. sie ist Teil eines Gesamtsystems aus Datenerfassung, meteorologischer Vorhersage,

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ODRAFLOOD – EIN MODELLSYSTEM FÜR HOCHWASSEREREIGNISSE IN DER ODER

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Hochwasservorhersage, Hochwassermeldesystem, Entscheidungsfindung, Katastro-phenschutz und Reaktion der betroffenen Bevölkerung.“ (Grünewald et al., 2000)

In dem ODRAFLOOD-Projekt „Simulation von Hochwasser im Einzugsgebiet der Oder mit einem gekoppelten Modellsystem“ wird ein System entwickelt, dessen Kom-ponenten sich den vielfältigen Anforderungen an ein Hochwasservorhersagesystem im Rahmen einer umfassenden Hochwasserfrühwarnung im transnationalen Kontext stel-len. Das System ist modular aufgebaut. Die Module sind bestehende Modelle, die auf unterschiedlichen Skalen und mit entsprechender Detailliertheit operieren und von den deutschen und polnischen Projektpartnern im Einzugsgebiet der Oder angewendet werden. Mit der Kopplung der Modelle entsteht ein skalenübergreifendes Modellsys-tem, das zunächst zur Analyse vergangener Hochwasser und dann zur Rechnung von Hochwasserszenarien eingesetzt wird. Die entwickelten Modelle und Szenarien zielen auf eine längerfristige und effektive Hochwasservorhersage ab.

Synoptische Daten oder WettervorhersagemodellAtmosphärische Antriebsdaten

Niederschlag-Abfluss-Modell

Wellenverformung in der Oder

Überflutungs-modellierung für lokale Gebiete

Abstrom in Oderund wichtigen Nebenflüssen

Einfluss vonSchutzbauten und

Deichbrüchen

Regulierungdurch Stauseen

Flächendifferenzierteshydrolog.Modell

Oder-EZG����

HydrodynamischesModell

obere Oder����

S k a l a

Hydrodynamisches Modellmittlere/untere Oder

���

K o m p l e x i t ä t

GIS-basiertesstatisches

ModellStadtgebiete

���

Mehrdim.hydrodynam.

ModellNiederungen����

Abb.1: Ziele, räumliche Skala, Komplexität und Konnektivität der Teilmodelle.

Die Prozesskette, die von extremen Niederschlagsereignissen im Bergland über Ab-flussbildung und Wellentransformation zu lokalen Überflutungen führt, ist in Abb. 1 dargestellt. An dieser Kette orientieren sich die Ziele und Anwendungsgebiete der Modelle des Gesamtsystems. Modelle der größeren Skala liefern jeweils Simulations-

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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ergebnisse an die räumlich untergeordneten Modelle, die sie als prognostizierte Rand-bedingungen einsetzen können.

In Ergänzung zu den vielfältigen Modellansätzen hat die BTU Cottbus die Studie „Zum Entwicklungsstand und zu den Anforderungen an ein grenzüberschreitendes operationelles Hochwasservorhersagesystem im Einzugsgebiet der Oder“ (Grünewald et al., 2000) erstellt. Sie stellt fest, dass für das Einzugsgebiet der Oder „eine historisch gewachsene Vielfalt von verschiedenen Methoden und Modellen zur Hochwasservor-hersage“ existiert. Die Modellgrenzen werden dabei durch administrative Grenzen vorgegeben. Die länderübergreifende Zusammenarbeit bestand bis 1997 auf die ver-trauensvolle Übernahme und korrekte Übermittlung beobachteter und prognostizierter Wasserstände und Durchflüsse. Für eine sicherere und effektivere Hochwasserab-wehrplanung und operationelle Vorhersage bedarf es länderübergreifender Konzepte, Strategien und Modelle. Diese Entwicklung wird durch die Internationale Kommission zum Schutz der Oder (IKSO) koordiniert.

2 Module von ODRAFLOOD

2.1 Niederschlags-Abfluss-Modell

Die Ursache für Hochwasser sind Extremereignisse (Niederschlag und/oder Schnee-schmelze) im Bergland der oberen Oder. Für dieses Gebiet, aber auch – im Hinblick auf die Erfassung sämtlicher Zuflüsse in die Oder – für das gesamte Einzugsgebiet, wird das Niederschlags-Abfluss-Modell SEROS der GKSS Geesthacht angewendet. Es kombiniert das Landoberflächenschema SEWAB (Warrach, 2002; Mengelkamp et al., 1999; Warrach et al., 2001b) mit einem großskaligen Routine-Schema (Lohmann et al., 1996). SEWAB berechnet die vertikalen Wasser- und Energieflüsse an der Bodenoberfläche und ihrer Vegetationsbedeckung. Hierfür sind verschiedene Ansätze zur Modellierung der Wasserbewegung im Boden und der resultierenden Abflussent-stehung implementiert, darunter TOPMODEL und VIC (Warrach et al., 2001b). Das Modell wird auf ca. 2400 Rasterzellen von ca. 7x7 km² angewendet, die das gesamte Einzugsgebiet abdecken. Für die einzelnen Zellen werden als Standortinformationen die Landnutzung aus dem CORINE-Datensatz, Bodenparameter aus der digitalen polnischen Bodenkarte 1:200.000 und der FAO-Bodenkarte 1:3.500.000, Orografie und Verteilung des topografischen Index aus dem hydro1k-Datensatz abgeleitet. Synoptische meteorologische Daten von 50 Stationen in 3-stündiger Auflösung und Niederschlagshöhe und -art von 500-800 Stationen in täglicher Auflösung werden als Antriebsdaten eingesetzt. Diese breite Datenbasis wird für die Jahre 1991-2000, in geringerem Umfang auch für 1981-1990, im Rahmen der Projekt- und der BALTEX-Kooperation vom IMGW bereitgestellt.

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ODRAFLOOD – EIN MODELLSYSTEM FÜR HOCHWASSEREREIGNISSE IN DER ODER

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Die lokalen Abflüsse der Gitterzellen werden durch das Routing-Schema horizontal verbunden. Die Abflussrichtungen werden aus dem digitalen Höhenmodell des hydro1k abgeleitet. Innerhalb der Zelle wird die Abflusskonzentration durch einen Unit Hydrographen beschrieben und dann als kinematische Welle mit Dispersion ab-geleitet. Für die Kalibrierung stehen im Einzugsgebiet 28 Hauptpegel und 14 Betriebs-pegel der Stauseen zur Verfügung (Abb. 2).

SEWAB kann als Landoberflächenschema eines regionalen Klimamodells eingesetzt werden, wie Sutmöller & Mengelkamp (2001) gezeigt haben. Um eine mögliche di-rekte Kopplung der Abflussmodellierung an die Wettervorhersage vorzubereiten, richtet sich die räumliche Diskretisierung des Einzugsgebiets nach dem 1/16-Grad-Modellgitter des Lokal-Modells des Deutschen Wetterdienstes.

Abb.2: Abflussnetzwerk für das Einzugsgebiet der Oder, Lage und Teileinzugsgebiete

der 28 Hauptpegel (⊕ ).

2.2 Wellentransformation in der Oder

Während in den Teileinzugsgebieten der Nebenflüsse die Abflussdynamik in erster Linie durch die Abflussentstehung und die Regulierung der Stauseen bestimmt wird, gewinnen im Hauptfluss mit Zunahme der Einzugsgebietsgröße hydrodynamische Ef-fekte an Bedeutung. Sie werden durch das Sohlgefälle und die Geometrie der Quer-

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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schnitte einschließlich der Vorländer determiniert. Aus diesem Grund endet das Routing-Schema von SEROS bei der Mündung der Nebenflüsse in die Oder. Für die obere und mittlere Oder steht dafür das operationelle hydrologische Modell des �������������� ���� ��� ���� ���-Venant-Gleichung basiert, zur Verfügung (Dubicki A. & Malinowska-Malek, J., 1995).

Die Wellentransformation in der mittleren und unteren Oder wird zunehmend komple-xer aufgrund der geringen Hangneigung, eintretender Rückstaueffekte aus dem Haff, Windeinfluss, laterale Ströme in und aus Vorländern und Poldern und schließlich der Netzwerkstruktur des Gerinnesystems im Estuar-Bereich der unteren Oder (Meyer, Z., 1995; Ewertowski, R., 1988). Daher weitet das MRI Szczecin sein hydrodynamisches Modell für die untere Oder, das ebenfalls auf der St.-Venant-Gleichung basiert, auf den ganzen Bereich der Grenzoder bis zur Mündung der Lausitzer Neiße aus, wo eine Schnittstelle zu dem IMGW-Modell geschaffen wird.

2.3 Überflutung von Niederungsgebieten

Die Ausbreitung der Wasserfront beim Brechen eines Deiches oder bei der gesteuerten Öffnung eines Polders wird an der GKSS mit dem Modell TRIM (Casulli & Cattani, 1994) simuliert, das die Navier-Stokes-Gleichungen in zwei oder drei Dimensionen löst. TRIM ist insbesondere für die Simulation stark beschleunigter lateraler Flüsse und ihre Rückwirkungen auf den Hauptfluss unterhalb und oberhalb des lateralen Flusses geeignet, wie sie bei plötzlichen Deichbrüchen oder Polderöffnungen auftre-ten. Die Anwendbarkeit für Überflutungsszenarien an Flüssen wird durch die Simula-tion der Ereignisse im Juli 1997 in der Ziltendorfer Niederung gezeigt, die durch zwei Deichbrüche geflutet wurde und die durch einen Rückbruch eine Abflussmöglichkeit parallel der Oder darstellte. Für dieses Gebiet wurde ein digitales Höhenmodell mit einer horizontalen Auflösung von 30 m aus topografischen Karten 1:10.000 erstellt und die Fluss-Bathymetrie eingearbeitet. Zwei Szenen aus der Simulation des ersten Deichbruchs sind in Abb. 3 dargestellt.

Mit diesem Modell werden Szenarien gerechnet, die zeigen, welche Folgen Deichbrü-che und gezielte Polderöffnungen auf die Hochwasserwelle haben. Damit kann die Strategie der Poldersteuerung und die Planung von Retentionsräumen zum Schutz von bewohnten Gebieten optimiert werden. Für Vorhersagen und Szenarien im Katastro-phenfall ist dieses Modul nicht geeignet, weil die benötigte Rechenleistung für eine Echtzeit-Simulation in absehbarer Zeit nicht zur Verfügung stehen wird.

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ODRAFLOOD – EIN MODELLSYSTEM FÜR HOCHWASSEREREIGNISSE IN DER ODER

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Abb.3: Wasserstände und Fließgeschwindigkeiten direkt vor und 1 Stunde nach dem ersten Deichbruch in der Ziltendorfer Niederung. Die Achseneinheiten sind Modell-gitterpunkte (30 m).

2.4 Überflutung von Stadtgebieten

Die Überflutung von Stadtgebieten wird durch die kleinräumig heterogene Gelände- und Bebauungsmorphologie bestimmt. Dieses Fragestellung erfordert vor der Simula-tion die Erstellung eines extrem hochauflösenden digitalen Geländemodells (DGM). Ein solches DGM wird �������������������������� ���k���! �!��"������������������sind aufgrund ihres Schadenspotenzials im Verlauf von Hochwasserereignissen beson-deren Überschwemmungsrisiken ausgesetzt. Mit Hilfe des Modells ARCHE (Braun et al., 1997) der DLR Köln werden Überflutungsszenarien simuliert. ARCHE ist ein sta-tisches Modell zur Simulation der Flutausdehnung auf lokaler Maßstabsebene in Abhängigkeit. Typisches Produkt sind GIS-basierte Risikokarten, die Überflutungs-fläche und Wassertiefe in Überlagerung zur städtischen Topographie wiedergeben. Das Anwendungsziel dieser Risikokarten ist unter den Aspekten Katastrophenschutz-planung, unmittelbarer Katastrophenschutz und Bürgerinformation zu sehen.

Mit Hilfe räumlich hochauflösender Überflutungsszenarien lässt sich die fachliche Planungssicherheit bei baulichen Schutzmaßnahmen und bei der Einsatzplanung von Katastrophenschutzkräften verbessern. Für den unmittelbaren Katastrophenschutz können Entscheidungshilfen z.B. für die Transport- und Evakuierungslogistik in Echt-

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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zeit auf mobilen Rechnern bereitgestellt werden. Unter dem Gesichtspunkt der Bürger-information ist für potenziell Betroffene besonders die unmittelbare Visualisierung des Überflutungsrisikos in einem gebäudespezifischen Maßstab hervorzuheben.

Die Genauigkeit des Ergebnisses hängt im wesentlichen von der Qualität der topogra-fischen Datengrundlage ab. Die Rohdaten des DGM werden durch flugzeuggestütztes Laserscanning mit 5 Messpunkten/m² erzeugt (Abb. 4). Gebäude und höhere Vegeta-tion werden extrahiert und eliminiert. Schließlich werden Hochwasserschutzbauten eingebettet. Das Endprodukt hat eine horizontale Auflösung von ca. 1 m und eine Hö-hengenauigkeit von ±15 cm.

Abb.4: Hochauflösendes DGM von Frankfurt/O. (Ausschnitt von 2x2 km²).

Anhand von Luftbildern vergangener Überflutungsereignisse werden stationäre Ni-veauflächen in Abhängigkeit des Pegelstandes ermittelt. Asymmetrien quer und längs zur Flussrichtung werden durch eine quer zur Fließrichtung verlaufende Neigung der Niveaufläche berücksichtigt. Durch die Überlagerung mit dem DGM ergeben sich die überschwemmten Flächen und ihre Fluthöhen. Durch Variation der Lage und Höhe der Hochwasserschutzbauten im Modell lässt sich ARCHE als Planungs- und Bewer-tungswerkzeug für die Verbesserung der städtischen Schutzdeich-Infrastruktur nutzen.

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ODRAFLOOD – EIN MODELLSYSTEM FÜR HOCHWASSEREREIGNISSE IN DER ODER

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3 Erwartete Ergebnisse und Ausblick

Das Ziel von ODRAFLOOD ist die Bereitstellung eines gekoppelten Vorhersagemo-dells und spezifischer Module, die als Bestandteil eines umfassenden Hochwasser-Frühwarnsystems im Hochwasserfall eine genauere Evaluierung der aktuellen Gefah-renlage (nowcasting) und der zukünftigen Entwicklung der Hochwassersituation (for-ecasting) ermöglichen soll. Eine Verbesserung der Vorhersagegenauigkeit wird durch eine spätere direkte Kopplung des Niederschlags-Abfluss-Modells an die Wettervor-hersage und die Abstimmung der Module in der Modellkette erwartet, die von der Ab-flussentstehung im Bergland über Speicherung in Stauseen und Transport in den Ne-benflüssen bis hin zu Wellentransformation und Rückstau in der unteren Oder reicht. Für die Einschätzung des lokalen Risikopotenzials werden Karten des Überschwem-mungsrisikos der gefährdeten S����#�"����� $��� �������! ��� ��"���� ��� ��������

erstellt.

Zur Unterstützung der Planung von Hochwasserschutzeinrichtungen werden Szenarien gerechnet, die den Hochwasserverlauf unter veränderten hydrometeorologischen Be-dingungen oder veränderten Hochwasser-Abwehrmaßnahmen simulieren. Dazu gehö-ren die Simulation ungünstigerer Niederschlagsverteilungen und der Situation bei Schneeschmelze, veränderte Landnutzung und verstärkter Rückstau aus dem Oderhaff. Szenarien der Abwehrmaßnahmen können eine lokale Deich-Rückverlegung, mobile Schutzwände und die Bewirtschaftungsstrategie von Poldern, Stauseen und anderen Retentionsräumen umfassen.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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DIE INNERJÄHRLICHE STABILITÄT UND VARIABILITÄT DES GLOBALEN ABFLUSSES ALS REAKTION AUF KLIMATISCHE UND TECHNOGENE STEUERUNGSPROZESSE

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Die innerjährliche Stabilität und Variabilität des globalen Abflusses als Reaktion auf klimatische und technogene

Steuerungsprozesse

Raimund Rödel *)

Zusammenfassung: Der zeitliche Wandel von Abflussregimen beinhaltet Prozesse wie Klimafluktuationen, Landnutzungsänderungen und den technischen Ausbau von Flusseinzugsgebieten. Es wird diskutiert, wie sich diese Variabilität des innerjährli-chen Hydrographen erfassen lässt. Am Beispiel des borealen Eurasiens wird gezeigt, dass die unterschiedliche Stabilität der Abflussregime auf verschiedenen Raumskalen Rückschlüsse auf die steuernden Faktoren des Global Change zulässt.

Abstract: The changing of flow-regimes on time-scale reflects processes like climatic fluctuations, land use changes and using of dams in river-catchments. This article discusses the detection of variability of interannual hydrographs. The time-varying stability at different regional scales makes the drivers of Global Environmental Change visible. This will be demonstrated in the case of boreal Eurasia.

1 Einführung

Durch Klimafluktuationen aber ebenso durch Änderungen in der Landnutzung und den Verbrauch von Wasser für Bewässerung oder Wasserkraftgewinnung stellt sich das Wasserdargebot in grossen Flusseinzugsgebieten über lange Sicht als nicht stabil dar. Diese Variabilität äussert sich jedoch nicht stets in einem veränderten Jahresabfluss, sondern ebenso in einer Umverteilung des innerjährlichen Abflusses.

Zeitreihen des kontinentalen Abflusses wurden bislang auf variierende Jahreswerte untersucht (PEEL ET. AL, 2001) oder der Jahresabfluss mit Klimavariablen korreliert (AMARASEKERAA ET. AL., 1997). Die innerjährliche Abflussverteilung wird meist losgelöst von einer zeitlichen Entwicklung als räumlich ausgeprägtes Abflussregime aufgefasst (HAINES ET. AL., 1988, auch DETTINGER & DIaz, 2000) und die innerjährliche Abflussverteilung als Reaktion auf einen klimatischen (VAN DAM (ED.), 1999) oder Landnutzungswandel (HENDERSON-SELLERS ET. AL., 1995) modelliert.

*) Geograph. Inst. der Univ. Greifswald, Jahnstr. 16, 17487 Greifswald, email: [email protected]

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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In aufeinanderfolgenden Jahren kann jedoch möglicherweise auch eine Abfolge verschiedener Abflussregime beobachtet werden (KRASOVSKAIA, 1997).

Der typische Abflussgang eines Flusses innerhalb eines Jahres, das Abflussregime, kann als Muster 1. Ordnung aufgefasst werden (Abb. 1). In aufeinanderfolgenden Jahren wird jedoch meist eine Abfolge verschiedener Muster des innerjährlichen Abflussverhaltens beobachtet. Diese Abfolgen verschiedener Abflussregime stellen dann Muster 2. Ordnung dar.

Abb.1: Verschiedene Musterdimensionen im Verhalten von Abflusszeitreihen

Ein Wechsel von Regimetypen, wie er sich in einer höheren Variabilität der Muster 2. Ordnung ausdrückt, kann auf fluktuierende klimatische Bedingungen im Einzugsgebiet hinweisen. Landnutzungsänderungen bilden sich zwar oft durch neu auftretende Regime ab, erhöhen aber auch die Regimevariabilität. Eine Talsperren-bewirtschaftung hingegen wird zunächst immer durch zeitlich stabilere, oft noch natürliche Regime sichtbar, später erst können vergleichmässigte Abflussganglinien beobachtet werden (RÖDEL, 2001).

Der Abfluss integriert in seiner Stabilität und Variabilität Prozesse von Klimafluktua-tionen, Landnutzungswandel und technogener Steuerung wie Talsperrenbewirtschaf-tung. Diese Effekte treten auf unterschiedlichen Raumskalen auf. Die Stabilität der Abflussregime als Muster 2. Ordnung sollte also global ebenso unterschiedlichen Mustern folgen wie die PARDE´schen Abflussregime (PARDE´, 1933). Im Rahmen der Global Change Forschung könnte damit die räumlich unterschiedliche Stabilität und Variabilität von Abflussregimen zum einen Hinweise auf Gebiete einer erhöhten Sen-sitivität für Klimawandelprozesse geben. Kann großräumig festgestellt werden, dass die Regimetypen des Abflusses zunehmend häufiger einander abwechseln, also instabil werden, könnte dies als Hinweis auf Klimafluktuationen gewertet werden. Kleinräumigere zunehmende Instabilitäten, welche mit meist steileren Abflusskurven einhergehen, können auf Entwässerung oder Entwaldung hinweisen. Die Stabilisierung der Abflussregime, wie sie für eine Talsperrenbewirtschaftung typisch ist, wirkt sich

Muster 1. Ordnung Muster 2. Ordnung

t

Typ I

Typ

Typ I

Typ

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DIE INNERJÄHRLICHE STABILITÄT UND VARIABILITÄT DES GLOBALEN ABFLUSSES ALS REAKTION AUF KLIMATISCHE UND TECHNOGENE STEUERUNGSPROZESSE

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schließlich unterschiedlich weit flussabwärts aus. Über eine Stabilitätsbetrachtung kann damit abgeschätzt werden, über welche Entfernungen die räumliche Auswirkung einer Talsperrenkaskade reichen kann.

2 Methodik

Die Stabilität und Variabilität des innerjährlichen Abflussganges lässt sich danach beurteilen, ob und wie oft diskrete Regimetypen sich in einem genügend langen Zeit-profil einander abwechseln (KRASOVSKAIA, 1997). Werden stetige Abflussmessungen in diskrete Klassen unterteilt, bestimmen die Wahl des Zeitpunktes für die Trennung in einzelne Jahre ebenso wie das Klassifikationsverfahren Aussehen und Anzahl der zusammengefassten Gruppen. Die formal willkürliche Unterteilung in einzelne Abflussjahre sollte in Zeitabschnitten eines geringen Abflusses und geringer Differen-zen zum gleichen Zeitabschnitt desVor- und Folgejahres gewählt werden. Eine solche Unterteilung in Jahresgänge orientiert sich damit sinnvollerweise am hydrologischen Jahr.

Noch wesentlicher für die Aussage einer langfristigen Stabilität oder Variabilität ist jedoch die Anzahl der Klassen des innerjährlichen Abflussganges, damit also eine ein-heitliche "stopping rule" des Klassifikationsverfahrens. HAINES ET. AL, 1988 unter-suchten, inwiefern sich unterschiedliche Aggregierungsverfahren und Distanzkriterien der hierarchischen Clusteranalyse am besten für eine automatisierte Unterteilung in verschiedene Regimetypen des Abflusses nutzen lassen, die Anzahl der raumvarianten Klassen wurde anhand der einzelnen Aggregationsschritte im Dendrogramm festge-legt.

KRASOVSKAIA, 1997 fasst die Probleme eines subjektiv entschiedenen Abbruchs der Typisierung von Jahresgängen des Abflusses zusammen und schlägt vor, die Abfluss-koeffizienten eines Jahresganges

Vvp ii /= (vi Abfluss im Monat i, V - Gesamtabfluss des Jahres)

als geometrische Interpretation von Wahrscheinlichkeiten

∑=

=≥=n

iii nipp

1

,,1,01 �

aufzufassen. Indem den realisierten Wahrscheinlichkeiten der beobachteten Funktion D(P) die Wahrscheinlichkeiten einer theoretischen Funktion D(Q) gegenübergestellt werden, lässt sich über die Minimum-Kreuz-Entropie (KULLBACK & LEIBLER, 1951)

)/ln()(1

i

n

iii qppQPD ∑

=

=

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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die Ähnlichkeit einzelner Jahresgänge zu vordefinierten Regimetypen festlegen und die Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit von Jahresgängen des Abflusses am besten über einen ähnlichen Informationsgehalt und damit über Entropieunterschiede darstellen.

Beide Ansätze (KRASOVSKAIA, 1997 & HAINES ET. AL, 1988) weisen jeweils einzel-nen Jahresgängen weitere ähnliche Jahresgänge zu. Damit müssen jedoch entweder, wie bei KRASOVSKAIA, 1997, zuerst typische Abflussregime definiert werden oder die Gruppen der Regime können erst am Ende des Klassifikationsverfahrens betrachtet werden. Im ersten wie im zweiten Fall werden je nach Anzahl der festgelegten Typen am Ende der Zuordnung vergleichsweise unähnliche Jahresgänge zusammengefasst. Damit hängt die Betrachtung zeitlicher Stabilität des innerjährlichen Abflussganges noch immer von der Zahl der jeweils vorher oder nachher definierten Klassen ab.

Diesem ersten Kritikpunkt zur schrittweisen Aggregation von Jahresabflussgängen zu Abflussregimen kann noch ein weiterer hinzugefügt werden. Die Diskriminanzkrite-rien bewerten allgemein die Form der Abflusskurve etwas stärker als die Lage des Maximums. Die Lage des Maximums und dessen eventuelle zeitliche Verschiebung stellt jedoch eines der wichtigsten Kriterien bei der Unterteilung verschiedener Typen von Abflussregimen dar (PARDE, 1933 weiter GRIMM, 1968). Zuordnungsfehler, wie sie bei der Aggregation mittels Minimum Kreuz-Entropie auftreten können, veran-schaulichen die Abb. 2 & 3:

Abb.2: Entropiebasiertes Zusammenfassen eines rechtsschief verschobenen Jahres-ganges: Der mit weißen Kästchen markierte Jahresgang (Pfeil) soll mit den übrigen Jahresgängen so zusammengefasst werden, dass zunächst die ähnlichsten Jahresgänge bis zu einer maximalen Entropie von 0,05 aggregiert werden. Wird das nächste Regime aggregiert, spielt die Übereinstimmung im rechten Kurvenbereich die größte

0.0

0.1

0.2

0.3

0.4 Beginn

Entropie 0.037

Zusammengefasstes Mittel

Entropie 0.069

Entropie 0.070

Entropie 0.149

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DIE INNERJÄHRLICHE STABILITÄT UND VARIABILITÄT DES GLOBALEN ABFLUSSES ALS REAKTION AUF KLIMATISCHE UND TECHNOGENE STEUERUNGSPROZESSE

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Rolle. Mit einem Entropieabstand von 0,037 wird das Regime mit der kleinen Käst-chensignatur aufgenommen. Das daraus gebildete Mittel (dicke, schwarze Linie) repräsentiert jetzt aber einen eher untypischen Jahresgang mit einem zu flach abfallen-dem rechten Ast, hier wurden zwei Regime mit unterschiedlicher Lage des Maximums zusammengefasst.

Abb. 3: Nächste Aggregationsstufe, langsam auslaufender (aber untypischer) Jahres-gang wird mit folgenden Regimen aggregiert: Wieder dient eine möglichst geringe Entropie innerhalb dieser Gruppe (kleiner 0,05) als Kriterium für die Zusammenfas-sung. Jetzt produziert das Verfahren wiederum einen Fehler. Anstatt den vergleichs-weise ähnlichen Jahresgang mit den weißen Dreiecken als ähnlichsten anzusehen, bewirkt die starke Gewichtung der Form der Kurve zunächst die Aggregierung des sehr abflussstarken Regimes mit der kleinen Kästchensignatur. Die Entropie beurteilt die Ähnlichkeit also am ehesten nach der Kurvenform, weniger nach Lage und Stärke des Maximums.

Aus den gerade genannten Kritikpunkten ergibt sich, dass sich Aussagen zur zeitlichen Variabilität oder Stabilität des innerjährlichen Abflussverhaltens entgegen dem Vor-schlag von KRASOVSKAIA, 1997 sinnvollerweise nicht an aggregierten Gruppen orien-tieren sollten. Vielmehr erscheint es sinnvoll, zunächst eindeutige und aussagekräftige Lage- und Formparameter von Kurven des innerjährlichen Abflussganges festzulegen (Abb. 4). Ein Jahresgang ist nach diesem Ansatz dann zeitlich instabil, wenn signifi-

0.0

0.1

0.2

0.3

0.4

Mittel aus vorigem Schritt

Entropie 0.044

Entropie 0.051

Entropie 0.096

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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kante Abweichungen von diesen Lage- und Formparametern von einem Zeitschritt zum nächsten beobachtet werden können.

Charakteristisch für den innerjährlichen Hydrographen ist die Lage des Maximums. Verschiebungen in der Lage des Maximums können auf klimatische Fluktuationen wie auch technogene Einflüsse (Aufspeichern und Verlagern des Abflussmaximums) hin-deuten. Ebenso wie die Lage sind Anstieg und Abfall zum und vom Maximalabfluss wichtige Indikatoren des Hydrographen. Flachen steile Anstiege

Abb. 4: Lage- und Formparameter des innerjährlichen Abflussganges

signifikant ab, können sich hierbei unter anderem Übergänge von Schnee zu Regen-regimen bemerkbar machen. Ein über längere Zeit abgeflachter Jahresgang kann auch durch Talsperrenbewirtschaftung geglättet worden sein. Im abfallenden Ast des Hyd-rographen verbirgt sich das Retentionspotential des Einzugsgebietes, verringert sich dies infolge Landnutzungswandel (Entwässerung, Entwaldung), so wird der abfallende Ast steiler ausgeprägt sein. Tabelle 1 gibt einen Überblick über einige mögliche Regimeänderungen und deren Ursachen:

Im folgenden wird die Stabilität des innerjährlichen Hydrographen in zeitlich aufein-anderfolgenden Jahren daher abhängig von einer signifikanten Änderung der Lage- und Formparameter beurteilt.

Lage des Maximums

Winkel des abfallenden

Winkel im ansteigenden

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Lage des sekundären Maximums

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DIE INNERJÄHRLICHE STABILITÄT UND VARIABILITÄT DES GLOBALEN ABFLUSSES ALS REAKTION AUF KLIMATISCHE UND TECHNOGENE STEUERUNGSPROZESSE

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Tab.1: Regimeänderungen und deren mögliche Ursachen

Mögliche auslösende Faktoren Effekt im Hydrographen

Früher einsetzendes Hochwasser infolge höherer Temperaturen im Einzugsgebiet

Abflussmaximum zeitlich um einen Monat vorverschoben, eventuell wird auch nur der Anstieg zum Maximum abgeflacht.

Übergang von Schnee- zu Regen-regimen

Abflussmaximum zeitlich um ein bis zwei Monate vorverschoben, verringerter Anstieg und Abfall des Maximums.

Entwässerung oder Entwaldung im Einzugsgebiet

Durch Verringerung des Retentionspotentials deutlich steilerer Anstieg zum Maximum und ebenso schneller Abfall. Oft wird die Folge der Abflussregime instabil.

Aufspeichern und Verlagern des Abflussmaximums infolge Talsperrenbewirtschaftung und/oder Bewässerung

Abflussmaximum um möglicherweise mehrere Monate verschoben, deutlich verringerte anstei-gende und abfallende Äste zum Maximum, Abflussgang wird über längere Zeit geglättet.

Eine Verschiebung des Abflussmaximums wird generell als signifikante Regimeände-rung gewertet. Die Winkel des zum Maximalabfluss ansteigenden und abfallenden Astes ergeben sich aus dem arctan der Differenz des maximalen Abflusskoeffizienten und dem vorhergehenden bzw. folgenden Abflusskoeffizienten:

arctan (Ymax – Ymax-1); arctan(Ymax – Ymax+1)

Das Testverfahren für signifikante Änderungen der Anstiege darf keine Stationarität und damit Schätzungen der Varianz über die Anstiege voraussetzen. Grund ist, dass ja Instationaritäten in der Zeitreihe der Anstiege festgestellt werden sollen. Um signifi-kante Änderungen in den jeweiligen Anstiegen feststellen zu können, sind daher folgende Annahmen nötig:

Um den Anstieg des Jahres 1 befindet sich der Anstieg des Jahres 2 verteilt. Die Null-hypothese ist der Anstieg des Jahres 1. Um diese wird ein zweiseitiger, t-verteilter Ablehnungsbereich für den Anstieg des Jahres 2 konstruiert:

1

)1(

21 −

−±− n

ppt α

p ist der Anstieg des zweiten Jahresganges, n die Anzahl der Jahre der gesamten Abflusszeitreihe. Liegt der Anstieg des zweiten Jahresganges außerhalb des Ableh-

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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nungsbereiches, wird eine signifikante Änderung im Abflussregime konstatiert.

Über die Kenntnis der Anzahl von Jahr zu Jahr auftretender signifikanter Veränderun-gen der Anstiege zum Abflussmaximum und der Lage desselben kann schließlich die Häufigkeit oder approximativ die Wahrscheinlichkeit eines stabilen Zeitreihenverhal-tens erkannt werden. Einschränkend wird noch festgelegt, dass Änderungen in den Lage- und Formparametern dann keine Rolle spielen, wenn die Spannweite der Abflusskoeffizienten aller Monate kleiner 0,1 ist. In solchen Fällen liegt ein sehr gleichmäßiger Jahresgang vor. Stark vergleichmäßigte Jahresgänge werden aber als a priori stabil angesehen.

3 Ergebnisse - Stabilität der Abflussregime im borealen Eurasien

In einem ersten Beispiel wurde die Stabilität und Variabilität der Abflussregime des borealen Eurasiens untersucht (Abb. 5). Hierzu wurden alle über 30-jährigen Reihen des monatlichen Abflusses aus der R-ArcticNET Datenbank genutzt (http://www.r-arcticnet.sr.unh.edu/). Die Anzahl der Regimewechsel wurde nach dem in 2 beschriebenem Verfahren für die 602 im Datensatz enthaltenen Stationen mit Reihenlängen zwischen 30 und 108 Jahren (Mittelwert 44 Jahre) ermittelt und der Anteil der Jahre ohne Regimewechsel als Häufigkeit stabilen Zeitreihenverhaltens aufgefasst. Diese Stabilitäten sind in der oberen Karte von Abb. 5 dargestellt.

Weiterhin wurden die Häufigkeiten stabilen Verhaltens in den ersten 15 Jahren denen der letzten 15 Jahre der Reihen gegenübergestellt. Damit sollte eine eventuelle Verän-derung im Stabilitätsverhalten sichtbar gemacht werden (untere Karte in Abb. 5). Ein solcher Stabilitätswandel (zunehmende Stabilität oder Instabilisierung) wurde wie-derum mittels eines t-verteilten Ablehnungsbereiches (n = 15) auf Signifikanz geprüft. Die entsprechend als signifikant gefundenen Änderungen in der Zeitreihenstabilität sind in Abb. 5 dargestellt.

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DIE INNERJÄHRLICHE STABILITÄT UND VARIABILITÄT DES GLOBALEN ABFLUSSES ALS REAKTION AUF KLIMATISCHE UND TECHNOGENE STEUERUNGSPROZESSE

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Abb. 5: Variabilität und Stabilität der Abflussregime im borealen Eurasien

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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Die Interpretation der beiden Karten in Abb. 5 kann hier nicht abschließend dargestellt werden. Einige der in der Einleitung als erwartet beschriebenen Effekte fallen dem aufmerksamen Betrachter jedoch recht deutlich auf ( a bis d):

(a) Östlich des Onega- und Ladogasees befindet sich ein breiter Streifen von natürlich bereits instabilen Regimen. Diese werden fast alle bis etwa 1985-90 signifikant instabiler. Vornehmlich betrifft dieser Effekt die Oberläufe im Einzugsgebiet der Nördlichen Dwina. Es lässt sich vermuten, dass dieser Prozess der Instabilisierung auf eine erhöhte Sensitivität dieses Raumes auf Klimafluktuationen hinweist. Tat-sächlich enden hier im wesentlichen die Bahnen der von Westeuropa heranziehen-den Tiefdruckgebiete. Verändert sich deren Reichweite, so werden sowohl die Intensität als auch die Art der winterlichen Niederschläge wie auch die Wasser-speicherung hiervon beeinflusst.

(b) und (c) stellen die Regimestabilisierung durch Talsperrenbewirtschaftung dar. Dabei tritt ein und derselbe Jahresgang mit höherer Wahrscheinlichkeit in jedem Jahr auf. Dieser Effekt setzt sich je nach Volumen der Speicherkaskade unter-schiedlich weit flussabwärts fort und kann damit genutzt werden, um Intensität und Reichweite eines technogenen Einflusses auf große Ströme zu quantifizieren. Besonders beim sibirischen Ob wird die bis fast zur Mündung reichende Stabilisie-rung der Abflussregime deutlich.

(d) Stellt schließlich die nur punktuell und damit recht schwierig zu beobachtende Instabilisierung des Abflusses bei Landnutzungsänderungen dar. HYVÄRINEN & VEHVILÄINEN, 1980 beschreiben die für Nordfinnland typische Moorlandent-wässerung seit etwa 1960. Damit fielen die für die borealen Aapamoore typischen Fluttümpel der Senken weg und die Abflussregime wurden jahresweise steiler mit höheren Abflussmaxima. Damit konnten neue Regimetypen mit instabilem Auftreten beobachtet werden. Dieser Effekt konnte durch Speicherbau teilweise wieder gemindert werden, die Instabilisierung fällt daher nicht so deutlich (etwa 15% instabiler) und noch nicht signifikant aus.

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Literatur

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Peel, M. C., T. A. Mc Mahon, B. Finlayson & F. G. R. Watson (2001): Identifikation and explanation of continental differences in the variability of annual runoff. In: J. of Hydrology 250, 2001, p. 224-240.

Rödel, R.(2001): Die Auswirkungen des historischen Talsperrenbaus auf die Zuflussverhältnisse der Ostsee. Greifswalder Geogr. Arb., 18, 2001, 118 S.

van Dam, J. C. (ed.) (1999): Impacts of Climate Change and Climate Variability on Hydrological Regimes. Cambridge, 1999.

Datengrundlage: R-ArcticNET (http://www.r-arcticnet.sr.unh.edu/)

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SIMULATION VON ÜBERFLUTUNGEN BEI HOCHWASSEREREIGNISSEN: RISIKOEINSCHÄTZUNG UND UNSICHERHEITEN

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Simulation von Überflutungen bei Hochwasserereignissen: Risiko-einschätzung und Unsicherheiten

Stefanie Uhrich*), Johannes Krause, Helge Bormann, Bernd Diekkrüger

Zusammenfassung: Im Mittelpunkt der hier vorgestellten Untersuchungen stand die Einschätzung des Hochwasserrisikos unter Berücksichtigung von Unsicherheiten in urbanen Räumen. Hierfür wurden neben naturwissenschaftlichen Daten wie z.B. Wiederkehrwahrscheinlichkeiten, Ausbreitung und Wassertiefe der Überschwemmun-gen und Landnutzung auch sozio-ökonomische Daten wie z.B. Vermögenswerte und Schadensfunktionen einbezogen. Die Umsetzung des hierfür entwickelten Konzepts wird im Folgenden am Untersuchungsgebiet Bonn vorgestellt.

Abstract: The study presented concentrates on the estimation of flood risk in urban areas in consideration of uncertainties. In addition to hydrological aspects (e.g. flood return probabilities, extent of flooding, water depth), socio-economic aspects are taken into account as well. After the determination of the flood extents of distinct events the uncertainties of the digital elevation model an their effect on the simulation results was analysed. Finally an analysis of the potential flood damages was performed. The implementation of the developed method is presented for the survey area Bonn.

1 Einführung

Extreme Hochwasser bringen vor allem in dicht besiedelten Gebieten ein erheblichen Schadenpotenzial mit sich. Die Diskussion über eine möglichst genaue Abschätzung von hochwasserbedingten Risiken wurde insbesondere aufgrund der starken Über-schwemmungen im Dezember 1993 und Januar 1995 an Rhein und Maas verstärkt. Die „Interregionalen Rhein Maas Aktivitäten“ (IRMA) der EU bieten seit 1997 einen Rahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes an Rhein und Maas.

Im Rahmenprogramm IRMA-SPONGE wurden im Teilprojekt FRHYMAP (flood risk and hydrological mapping) Untersuchungen zur Abschätzung des Hochwasserrisikos durchgeführt. Die Arbeitsgruppe Hydrologie des Geographischen Instituts der Univer-sität Bonn beschäftigte sich hierbei mit der Abschätzung von Hochwasserschäden *) Geograph. Inst. der Univ. Bonn, Meckenheimer Allee 166, 53115 Bonn

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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unter Berücksichtigung von Unsicherheiten. Neben naturwissenschaftlichen wurden auch sozio-ökonomische Aspekte mit einbezogen. Im folgenden Kapitel wird zunächst die verwendete Methode und anschließend die Ergebnisse für das Untersuchungsge-biet Bonn vorgestellt.

2 Methode zur Abschätzung des Hochwasserrisikos

Zur Abschätzung des hochwasserbedingten Schadenspotenzials wurde den folgenden Fragen nachgegangen:

• Welche Gebiete sind hochwassergefährdet?

• Wo liegen Unsicherheiten bei der Simulation von Hochwasserereignissen?

• Welche (monetären) Werte befinden sich im gefährdeten Gebiet, und wie hoch sind die potentiellen, hochwasserbedingten Schäden? Die Grundlage des

verwendeten Konzepts zur Abschätzung des Hochwasserrisikos bildet die Ausweisung der Überschwemmungsgebiete mit dem Modell FLOODMAP (Abbildung 1).

Ermittlung des Überschwemmungsgebiets

Schaden unter Berücksichtigung von Unsicherheiten

Erstellung von Hochwasser-Risiko-Karten

Analyse der Unsicherheiten Analyse des Schadens

Abb. 1: Gesamtkonzept zur Ermittlung des Hochwasserrisikos.

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SIMULATION VON ÜBERFLUTUNGEN BEI HOCHWASSEREREIGNISSEN: RISIKOEINSCHÄTZUNG UND UNSICHERHEITEN

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Das digitale Höhenmodell (DHM), das eine wesentliche Größe zur Bestimmung der lokalen Hochwasserausbreitung darstellt, wird auf seine Unsicherheiten analysiert. Parallel erfolgt eine Analyse des hochwasserbedingten, monetären Schadens. Für eine umfassende Bewertung werden dann die Unsicherheitsaspekte in die Schadensanalyse integriert.

2.1 Bestimmung der Überschwemmungsflächen

Zur Ermittlung der Überschwemmungsflächen wurde das rasterbasierte, statische Modell FLOODMAP verwendet. FLOODMAP simuliert Überschwemmungsbereiche, die eine direkte Anbindung zum Vorfluter aufweisen. Grundwasserbedingte Über-schwemmungen werden somit nicht berücksichtigt. In Abbildung 2 sind die einzelnen Komponenten zur Ermittlung von Überschwemmungsflächen zusammengefasst. Hier-bei können vier Bereiche unterschieden werden: Basisinformationen, Modell-Ein-gangsdaten, das Simulationsmodell und Modellergebnisse.

OutputOutput

Ausbreitung undWassertiefe unterschiedlicher Ereignisse

• digitales Höhen-modell (DHM)

• Wasserspiegel• Tiefenlinie

InputInput

• Pegelstände• Wiederkehrwahrscheinlichkeitenvon Hochwasserereignissen

BasisinformationenBasisinformationen

FLOODMAPFLOODMAP

Abb. 2: Komponenten der Methodik zur Ermittlung der Überschwemmungsflächen, basierend auf dem Modell FLOODMAP.

Die Hochwassersimulationen beziehen sich immer auf bestimmte Pegelstände. Somit bilden Informationen über historische Pegelstände und Jährlichkeiten von Hochwas-serereignissen die Grundlage für die Simulation von Überschwemmungen. Tabelle 1 zeigt unterschiedliche historisch und statistische Pegelstände für den Bonner Pegel. Höhenmodell, Wasserspiegellage und Tiefenlinie stellen die Eingangsgrößen für FLOODMAP dar. Als Höheninformation steht für Bonn ein digitales Laserscanner-Höhenmodell (DHM) mit einer Auflösung von 1m zur Verfügung (Befliegung von

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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1995 durch die Firma TopScan). Die Lage des Wasserspiegels wurde aus punktförmi-gen Informationen historischer Hochwässer abgeleitet (BfG 1997). Das Simulationser-gebnis von FLOODMAP stellt eine Raster-Karte dar, die die Überschwemmungstiefe jeder einzelnen Rasterzelle für einen definierten Pegelstand wiedergibt.

Tab. 1: Wasserstände am Rheinpegel Bonn (MURL 2000, verändert); MW: Mittel-wasserstand; HWx: Wasserstand eines Hochwassers mit bestimmter Wiederkehrwahr-scheinlichkeit [in Jahren]

Höhe über NN [m] Bonner Pegel [m]

MW 45,66 3,00

W (23.12.1993) 52,79 10,13

W (30.1.1995) 52,74 10,08

HW100 53,35 10,96

HW200 53,82 11,16

HW500 54,54 11,88

2.2 Analyse von Unsicherheiten

Das hochaufgelöste DHM stellt eine entscheidende Eingangsgröße für das Modell FLOODMAP dar und muss deshalb näher hinsichtlich seiner Unsicherheiten unter-sucht werden. Analysiert wird sowohl die Auflösung als auch die Qualität der Höhen-daten (des DHM).

Zunächst stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die Auflösung des DHM auf die Berechnung der Überflutungsflächen hat. Eine Aggregierung von Daten kann insbe-sondere für die Simulation größerer Gebiete notwendig werden, wenn Datenmenge und Rechenzeit ein realisierbares Maß überschreiten. Das Höhenmodell mit einer Auflösung von 1m wurde zunächst mit sieben verschiedenen Methoden auf 2m, 4m, 6m, 8m und 10m aggregiert (Befehle „aggregate“ und „resample“ im Gridmodul von ArcInfo 7.0.4). Die Ermittlung der neuen Werte erfolgte hierbei nach der jeweiligen statistischen Methode: bei der Maximum-Methode wurde der größte Wert der zu aggregierenden Rasterzellen übernommen, bei der Mean-Methode das arithmetische Mittel etc.. Eine Auflistung der Methoden findet sich in Abbildung 3.

Mit den aggregierten DHM wurden anschließend Hochwassersimulationen durchge-führt (Abbildung 3). Zum Vergleich der Simulationsergebnisse basierend auf den verschiedenen Aggregierungsstufen wurde anschließend eine Disaggregierung der Er-gebnisse auf eine Rasterweite von 1m durchgeführt.

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SIMULATION VON ÜBERFLUTUNGEN BEI HOCHWASSEREREIGNISSEN: RISIKOEINSCHÄTZUNG UND UNSICHERHEITEN

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Aggregierung des DHMs mit unterschiedlichen Methoden(maximum, median, bilinear, nearest neighbour, mean, minimum, cubic)

Reklassifizierung und Analyse der Ergebnisse

FLOODMAPFLOODMAP

Abb. 3: Methodik der Analyse des Einflusses der Auflösung des DHM auf die Simu-lationsergebnisse.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Untersuchung der Auswirkungen der DHM-Qua-lität auf das Ausmaß der simulierten Überschwemmungen über Genauigkeitsangaben der Laserscannerbefliegung. Dieser Aspekt wurde mittels der Monte Carlo Methode untersucht. Da für die Bonner Befliegung von 1995 keine Daten zur Verfügung stan-den, wurden die Genauigkeitsangaben einer weiteren Befliegung Bonns von 1999 verwendet, die von der gleichen Firma durchgeführt wurde. Der Mittelwert der Höhengenauigkeit beträgt hierbei 0,03cm und die Standardabweichung 7,53cm. Die größte positive Abweichung vom Mittelwert liegt bei 32,25cm und die größte negative Abweichung bei –25,50cm (TopScan 1999). Basierend auf diesen Genauigkeitsanga-ben wurden 100 DHM mit zufällig normalverteiltem Fehler und 100 DHM mit zufällig gleichverteiltem Fehler generiert. Anschließend wurden für beide Fehlerverteilungen je 100 Simulationen (basierend auf den je 100 DHM) mit FLOODMAP durchgeführt und anschließend sowohl Hochwasserwahrscheinlichkeit als auch die mittlere Wasser-tiefe für jede Rasterzelle berechnet (Abbildung 4).

2.3 Schadensanalyse

Zur Einschätzung des monetären Schadenspotenzials werden Informationen über Flächennutzung, Vermögenswerte und Schadensfunktionen berücksichtigt. Als Flächennutzungsdaten stand für Bonn das „Amtliche Topographisch-Karthographische Informationssystem“ (ATKIS) zur Verfügung.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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Ermittlung von DHMs mit zufällig normalverteiltem

Fehler des Höhenwerts

Output Hochwasserwahrscheinlichkeit & mittlere Wassertiefe

Ermittlung von DHMs mit zufällig gleichverteiltem Fehler des Höhenwerts

FLOODMAP FLOODMAP

Abb. 4: Methodik der Analyse der DHM Güte.

Zur Wiedergabe der Vermögenswerte einzelner Wirtschaftssektoren wurde das Netto-anlagevermögen zu Wiederbeschaffungspreisen von Nordrhein-Westfalen herangezo-gen (LDA NRW 2001a, LDA NRW 2001b). Das Nettoanlagevermögen zu Wiederbe-schaffungspreisen stellt hierbei den Neuwert einer Anlage ab einem Stichtag abzüglich der abgelaufenen Abschreibungen dar und beschreibt somit den Zeitwert des Sach-vermögens (Statistisches Bundesamt 2000). Über Angaben der Katasterflächen des Landes Nordrhein-Westfalen (Statistisches Bundesamt 2001, LDA 2001c) wurde das Anlagevermögen der einzelnen Wirtschaftsbereiche auf spezifische Werte pro Flächeneinheit [DM/m2] umgerechnet (Tabelle 2).

Zur Bestimmung der Vermögenswerte in Bonn wurden die spezifischen Vermögens-werte mit den ATKIS-Daten verknüpft. Die so ermittelte monetäre Werteverteilung der einzelnen Wirtschaftssektoren in Bonn konnte anschließend mit den simulierten Überschwemmungsflächen verschnitten werden. Über Schadensfunktionen wurde dann der hochwasserbedingten Schaden als Anteil der hochwassergefährdeten Vermö-genswerte ermittelt. Die verwendeten Funktionen geben den Schaden in Abhängigkeit der Wassertiefe (einer Diskretisierungseinheit) wieder und wurden von einer Studie des Ministeriums für Umwelt, Raumplanung und Landwirtschaft NRW übernommen (MURL 2000). Zur Berechung der hochwasserbedingten Schäden wurden die Über-flutungshöhe für die Verwendung in den Schadensfunktionen klassifiziert (Tabelle 3).

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Tab. 2: Spezifischer Vermögenswert der Wirtschaft 1997 für NRW.

Wirtschaftsbereich Vermögenswert NRW [DM]

Fläche in NRW [m2]

Spezifischer Vermö-genswert [DM/m2]

Wohnkapital 1.007.868.000.000 1.989.000.000 507

Verarbeitendes Gewerbe / Baugewerbe

227.814.000.000 544.000.000 419

Energie- u. Wasserversor-gung / Bergbau

123.532.000.000 240.000.000 515

Handel u. Dienstleistungen 393.276.000.000 316.000.000 1.245

Verkehr u. Nachrichten 106.528.000.000 2.264.000.000 47

Staat & Org. ohne Erwerbs-zwecke (Hochbau)

203.900.000.000 362.000.000 563

Öffentlicher Tiefbau 379.058.000.000 6.260.000.000 61

Tab. 3: Anteile von Hochwasserschäden innerhalb der Wirtschaftssektoren differen-ziert nach Wassertiefe (MURL, 2000); 1: [% vom Gebäudewert]; 2: [% vom Vermögen].

Wassertiefe [m] 0 bis < 0,5 0,5 bis < 1,0 1,0 bis < 1,5 1,5 bis < 2,0 ≥2,0

Wohnkapital / Handel u. Dienst-leistungen / Verarbeitendes u. produzierendes Gewerbe u. Bau1

0,50 1,50 2,50 3,50 6,00

Energie- u. Wasserversorgung u. Bergbau2 3,00 5,00 7,00 8,00 10,50

Verkehr u. Nachrichtenwesen2 5,00 8,75 11,04 13,13 17,50

Öffentlicher Tiefbau2 6,25 8,75 10,00 10,00 10,00

Staat u. Organisationen ohne Erwerbscharakter2 10,00 17,00 22,00 26,50 35,00

3 Ergebnisse für das Untersuchungsgebiet Bonn

3.1 Validierung der simulierten Überschwemmungsflächen

Zur Validierung der FLOODMAP Simulationen stand für Bonn ein Luftbild vom 1995er Hochwasser zur Verfügung. Aus dieser Aufnahme wurde die Ausbreitung des Hochwassers abdigitalisiert. In Abbildung 5 sind das beobachtete (abdigitalisierte) und simulierte 1995er Hochwasserereignis gegenübergestellt. Abgesehen von relativ geringen Über- und Unterschätzungen stimmen beobachtete und simulierte Über-schwemmungen relativ gut überein. Da bei der Abdigitalisierung des Luftbilds einzelne aufragende Häuser, die sich innerhalb der Überschwemmungsfläche befinden,

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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nicht berücksichtigt wurden, stellt die dargestellte Überschwemmungsgrenze die maximale Hochwasserausbreitung beim dargestellten Hochwasserereignis dar.

Abb. 5: Vergleich der beobachten und simulierten Hochwassers 1995.

3.2 Einfluss der DHM-Unsicherheiten auf die Simulationsergebnisse

Die Untersuchungen zu den DHM Unsicherheiten wurden in Bonn in einem 11,4km2 großen Ausschnitt durchgeführt. Da insbesondere die Ergebnisse der Schadensanalyse aufgrund fehlender Informationen über wirklich aufgetretene Schäden bisher nicht evaluiert werden konnten, wurden lediglich relative Hochwasserschäden ermittelt. Die im folgenden vorgestellten Untersuchungen beziehen sich auf ein 100-jähriges Hoch-wasserereignis. Die simulierte Überschwemmung mit einer Auflösung von 1m und ohne Berücksichtigung von DHM-Unsicherheiten wird hierbei als Basisüberflutung bezeichnet. Bei der 100-jährigen Basisüberschwemmung weist der Rhein im beo-bachteten Ausschnitt eine Ausdehnung von 2,72km2 auf. Bei der Analyse zur Auflö-sung der Höheninformation wurden insbesondere die Auswirkungen der unterschiedli-chen Aggregierungsmethoden und –stufen auf die simulierten Überschwemmungen untersucht. Verglichen wurden die simulierten Überschwemmungen unter Verwen-dung der aggregierten Höhenmodelle mit der Basisüberschwemmung. Es wurde der Aggregierungsalgorithmus gesucht, bei dem die geringste Abweichung (Summe von Über- und Unterschätzung) von der Basisüberschwemmung auftritt. Nach diesem

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SIMULATION VON ÜBERFLUTUNGEN BEI HOCHWASSEREREIGNISSEN: RISIKOEINSCHÄTZUNG UND UNSICHERHEITEN

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Kriterium stellt für Bonn die Median-Methode den günstigsten Algorithmus dar. Zieht man als zweites Kriterium heran, dass sich positive und negative Abweichungen die Waage halten sollten, dann liefert der cubic-Algorithmus das beste Ergebnis.

Wie Abbildung 5 zeigt, sind die Abweichungen von der Basisüberschwemmung für die meisten Methoden bei einer 2m Aggregierung für ein 100-jähriges Hochwasser relativ ähnlich, lediglich die Maximum- und die Minimum-Methode fallen heraus. In diesem Fall ergeben sich, je nach Aggregierungsmethode, Abweichungen von der Basisüberschwemmung zwischen 63.000m2 und 123.000m2. Der Informationsverlust liegt somit zwischen 2,3% und 4,5% bezogen auf die 100-jährige Basisüberschwem-mung.

Abb. 6: Anzahl unter- und überschätzter Überschwemmungsflächen: 2 m Aggregie-rungen vs. 1 m Daten (100-jähriges Hochwasser Bonn); nn = nearest neighbour.

Bei den Analysen zur Qualität der Höheninformation wurden die Auswirkungen auf die Überschwemmungsflächen als auch auf die Hochwasserschäden untersucht. Unter Berücksichtigung des normalverteiltem DHM-Fehlers erhöht sich die Überschwem-mungsfläche um 1,8% (48.000m2) im Vergleich zur Basisüberschwemmung. Unter Berücksichtigung des gleichverteilten DHM-Fehlers steigt die Überschwemmung um 1,9% (53.000m2). Der Schaden des 100-jährigen Hochwassers liegt bei der Über-schwemmung unter Berücksichtigung des normalverteilten DHM-Fehlers um 3,9% höher und unter Berücksichtigung des gleichverteilten DHM-Fehlers um 2,7% höher als der Schaden der Basisüberschwemmung. Der Einfluss der DHM-Unsicherheiten

0

20000

40000

60000

80000

100000

120000

140000

max mean median min bilinear cubic nn

Rasterzellen (bei 1 m Auflösung)

Unterschätzung Überschätzung

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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auf die Überschwemmungsflächen und Überflutungsschäden liegt für den skizzierten Fall bei der Wahl eines günstigen Aggregierungsalgorithmus bei unter 5%, führt aber durchgehend zu einer Zunahme der Überschwemmung.

3.3 Hochwasserschäden für unterschiedliche Pegelstände

Zur Modellierung des gesamten Stadtgebiets von Bonn (141km2) wurde das 1m-DHM mit der Median-Methode auf 2m Rasterweite aggregiert. Simulationen wurden sowohl für das Hochwasser von 1993 als auch für das 100-jährige, 200-jährige und 500-jäh-rige Hochwasser durchgeführt. Bei der Simulation des Hochwassers von 1993 weist der Rhein eine Ausdehnung von 4,7km2 auf. Bezogen auf die Ausdehnung des Hoch-wasser von 1993 nimmt die Überschwemmungsfläche bei einem 100-jährigen Hoch-wassers um 60% (2,8km2), bei einem 200-jährigen Hochwassers um 65% (3,0 km2) und bei einem 500-jährigen Hochwassers um 79% (3,7km2) zu.

Der Schaden des 100-jährigen Hochwassers ist um 113% größer, der Schaden des 200-jährigen Hochwassers um 139% größer und der Schaden des 500-jährigen Hochwas-sers um 225% größer als der Schaden des Hochwassers von 1993. Der Anteil des Schadens steigt somit überproportional zum Anteil der Überschwemmungsfläche. Eine Ursache dafür ist, dass nicht nur die Überschwemmungsfläche zunimmt, sondern auch die Höhe der Überschwemmung, die über die Schadensfunktion Einfluss auf den berechneten Gesamtschaden hat. Abbildung 6 gibt den relativen Schaden für ein 200-jähriges Ereignis in Bonn wieder.

Die Ausbreitung als auch der Schaden der Überschwemmungen steigt mit abnehmen-der Wiederkehrwahrscheinlichkeit erheblich. Im Vergleich dazu ist der Einfluss der DHM-Unsicherheiten auf die Überschwemmungsflächen und die Hochwasserschäden relativ gering.

4 Ausblick

Mit dem hier vorgestellten Konzept zur Abschätzung des Hochwasserrisikos in urba-nen Räumen unter Berücksichtigung von DHM-Unsicherheiten lassen sich Aussagen über Ausbreitung und monetäre Schäden von Hochwassern treffen. Hierbei bleibt jedoch festzustellen, dass sowohl die Hochwassersimulation als auch die Schadens-analyse Unsicherheiten unterliegen. Stehen hochaufgelöste Höheninformationen zur Verfügung, sind die hieraus resultierenden Auswirkungen auf die Überschwemmun-gen relativ gering. Um nähere Aussagen über Qualität der Simulationsergebnisse machen zu können, ist ein Vergleich des statischen Modells FLOODMAP mit einem hydrodynamischen Modell notwendig. Ergänzend sollte eine Analyse der weiteren

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SIMULATION VON ÜBERFLUTUNGEN BEI HOCHWASSEREREIGNISSEN: RISIKOEINSCHÄTZUNG UND UNSICHERHEITEN

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Eingangsdaten von FLOODMAP auf ihre Unsicherheiten durchgeführt werden (Was-serspiegellagen, Tiefenlinie, sozio-ökonomische Daten, etc.). Eine Evaluierung der Methode zur Schadensanalyse, insbesondere der sozioökonomischen und monetären Parameter, kann ebenfalls einen Beitrag zur besseren Einschätzung der verwendeten Methode leisten.

Danksagung: Die Autoren danken der EU für die Finanzierung des IRMA-Sponge Programms sowie dem Hauptantragsteller NCR (Niederlande) und den Projektleitern des FRHYMAP-Projekts in Luxembourg für die geleistete Arbeit. Weiterhin wird der DFG gedankt, da Teilprojekte des SFB 350 als Kofinanzierung herangezogen werden konnten.

Abbildung 7: Relativer Hochwasserschäden in Bonn: 200-jähriges Hochwasser.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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Literatur

BfG (1997): Ergebnisse der Wasserspiegellagenberechnungen am Rhein in NRW – Ergänzung zum Bericht BfG-862, Koblenz.

LDA NRW (2001a): Statistisches Jahrbuch NRW 2000, Düsseldorf.

LDA NRW (2001b): detaillierte Daten der Landesdatenbank (mündliche Mitteilung: 20. / 31.7.01, Frau Becker).

LDA NRW (2001c): detaillierte Daten der Landesdatenbank (übermittelt: 25.7.01, Herr Neitzel).

MURL (2000): Hochwasserschadenspotentiale am Rhein in NRW, (nicht veröffentl.)

Statistisches Bundesamt (2000): Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Hauptbe-richt 1999, Reihe 1.3, Fachserie 18, Wiesbaden.

Statistisches Bundesamt (2001): Statistisches Jahrbuch für die BRD 2000, Wiesbaden.

TopScan (1999): Projektbericht zur Laserscannermessung Bonn im Auftrag des Landesvermessungsamtes NRW, o.O.

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INTEGRIERTES FLUSSEINZUGSGEBIETSMANAGEMENT AM BEISPIEL DES SAALE

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Integriertes Flusseinzugsgebietsmanagement am Beispiel des Saale

Michael Rode*), K.E. Lindenschmidt, Bernd Klauer, Peter Krause

Zusammenfassung: Im UFZ wird derzeit ein integrierter Modellierungsansatz zum Flussgebietsmanagement entwickelt. Es greift die Herausforderungen der neuen EU Wasserrahmenrichtlinie auf, die das Einzugsgebiet und das Gewässer als Einheit betrachtet und hierauf aufbauend die Entwicklung von Maßnahmen für das Manage-ment der Flussgebiete zum Schutz und der Verbesserung des ökologischen Zustandes der aquatischen Ökosysteme fordert. Das Forschungsvorhaben umfasst folgende Komponenten: Hydrologie, Sediment- und Nährstofftransport, Gewässergüte, aquati-sche Ökotoxikologie, Auenökologie, Sozioökonomie und Entscheidungshilfe. Mana-gementmaßnahmen sollen in unterschiedlichen Landschaftskompartimenten wie dem Gewässer oder der Einzugsgebietsfläche entwickelt und bewertet werden. Das Model-lierungssystem besteht aus unterschiedlichen hydrologischen und biologischen Modellen, die über ein objektorientiertes Modellsystem miteinander gekoppelt werden. Modularität ist eine wesentliche Eigenschaft des Systems und sie erlaubt eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Aufgaben des Managements von Flussgebieten.

Abstract: This paper introduces a new approach to the modelling of interdisciplinary river catchment management, a project being conducted at the UFZ Environmental Research Centre. The new EU Water Framework Directive shifts the management of water resources beyond political boundaries (e.g. state, country) to focus on the total river catchment area. The project currently incorporates the following components: hydrology, sediment and nutrient transport, wetland research, river water quality, ecotoxicology, socio-economics and decision making. Thus, rehabilitation measures in different landscape compartments can be evaluated, and interactions and dependencies between these components along the river reach can be included in the assessment process. The integrated management tool consists of several hydrological and

*) Projektbereich Fluss und Seenlandschaften, UFZ Umweltforschungszentrum Leipzig Halle GmbH, Brückstr. 3a, 39114 Magdeburg. email: [email protected]

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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biological computer models which are linked in an object oriented manner. Modularity is a key feature of the system, allowing each model to be run as a stand-alone model.

An additional important feature of the system is its flexibility in allowing models to be added or removed to fit project requirements.

1 Einleitung und Ziele

Die wissenschaftliche Herausforderung an das integrierte Management ganzer Fluss-gebiete wird zunehmend erkannt. Auf nationaler und internationaler Ebene werden daher die Forschungsprogramme verstärkt auf die Entwicklung integrierter naturwis-senschaftlicher und sozioökonomischer Ansätze zum Flussgebietsmanagement ausge-richtet. Handlungsbedarf ergibt sich insbesondere aufgrund der neuen EU Wasserrah-menrichtlinie, die die Herstellung eines guten ökologischen Zustandes der Gewässer fordert.

Flussgebietsmanagement besteht aus allen Aktivitäten, die eine Verbesserung der Funktionsfähigkeit eines Einzugsgebietes zum Ziel haben. Sie umfassen das Gewäs-sersystem und die Einzugsgebietsfläche, sofern die Einzugsgebietsfläche das Gewässer beeinflusst oder durch dieses beeinflusst wird (Mostert 1999). Die Dynamik unter-schiedlicher menschlicher Aktivitäten und deren Wechselwirkungen mit Gewässer-ökosystemen fallen in die Bereiche verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen. Es sind unterschiedliche Landschaftskompartimente wie Gewässer, deren Auen und das Einzugsgebiete zu bearbeiten und Interaktionen und Verknüpfungen zwischen diesen Kompartimenten zu untersuchen. Aufgrund der Komplexität der Wechselwirkungen innerhalb eines Einzugsgebietes sind vereinfachte Beschreibungen der ablaufenden Prozesse erforderlich. Hierzu bietet sich der Einsatz entsprechender Modelle an, die über Modellierungssysteme miteinander verknüpft werden.

In einem Leitprojekt zum integrierten Management von Flussgebieten führt das UFZ Umweltforschungszentrum Leipzig Halle daher am Beispiel des Saaleflussgebietes eine Reihe von Fachdisziplinen zusammen. Im Projekt werden inhaltlich neben Stoff-flüssen und der Ermittlung von Quellen- und Senkenfunktionen ausgewählter Land-schaftskompartimente Maßnahmen zur Erhöhung der Biodiversität sowie ökotoxiko-logische Fragestellungen untersucht. Das Projekt verfolgt in ausgewählten Land-schaftseinheiten eine enge Verzahnung von Prozess- und angewandter Forschung sowie die Weiterentwicklung von regionalen Modellansätzen. Hauptziel des Vorha-bens ist die Entwicklung eines integrierten naturwissenschaftlichen und sozioökono-mischen Modellsystems zum Management von Flussgebieten.

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INTEGRIERTES FLUSSEINZUGSGEBIETSMANAGEMENT AM BEISPIEL DES SAALE

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Der vorliegenden Beitrag beschränkt sich auf die Darstellung des Konzeptes zur Be-schreibung der Nährstoffflüsse und der Ableitung von Managementmaßnahmen bei minimierten Nutzungskonflikten. Besonders wird auf die modelltechnische Umsetzung eingegangen. Ziel ist die Erstellung eines innovativen, modularen, integrierten Modell-systems zur Quantifizierung von Wasser- und Nährstoffflüssen in großen Flusssyste-men und die Modellierung ihrer ökonomischen Wechselwirkungen.

2 Wissenschaftlicher Hintergrund

Das Forschungskonzept zur Entwicklung wissenschaftlich begründeter Management-strategien basiert auf einem holistischen Ansatz, der versucht, den vielfältigen Wech-selwirkungen zwischen der Landnutzung im Einzugsgebiet und der Funktionsfähigkeit aquatischer und angrenzender semiterrestrischer Ökosysteme gerecht zu werden.

Die räumliche Diskretisierung des betrachteten Einzugsgebietes erfolgt nach einem einheitlichen Ansatz für alle betrachteten Landschaftkompartimente (Einzugsgebiet, Fluss, Aue). Der Ansatz geht davon aus, dass in komplexen Landschaften strukturelle und funktionale Einheiten auf unterschiedlichen Skalen existieren. Landschaften können danach als genestet hierarchisch gegliedert begriffen werden. Dieser hierarchi-sche Ansatz bildet die Grundlage für die Regionalisierung bzw. die Systembeschrei-bung von größeren Gebietseinheiten, wobei der Modellierung bei der Beschreibung vertikaler und lateraler Wasser- und Stoffflüsse eine zentrale Bedeutung zukommt.

Für die räumliche Analyse der Wasser- und Stoffflüsse im Einzugsgebiet bietet sich die Ableitung von sich hydrologisch ähnlich verhaltenden Flächen (HRU) an. Diese werden gewöhnlich nach den dominierenden hydrologischen Prozessen bestimmt (Blöschl & Sivapalan 1995, Leavesley & Stannard 1995; Flügel 1995). Die funktio-nalen Einheiten können auch für den Transport von Stickstoff und Phosphor bestimmt werden. Die räumliche Skalierung des Einzugsgebietes erfolgt in Anlehnung an die Gewässerordnung genestet vom Hydrotop über Teileinzugsgebiete bis hin zum gesamten Flussgebiet (Abb. 1).

In gleicher Weise können Auen und gewässerbegleitende Zonen in sich hinsichtlich des Stofftransports- und -umsatzes funktional ähnlich verhaltende Einheiten gegliedert werden. Einheiten können nach der Hydrogeologie, Böden und Vegetation unterschie-den und in hydrogeomorphe Einheiten (HGMU) eingeteilt werden (Maltby et al. 1994). Sie bilden die Basis für die Bewertung von Stofftransformation und -retention in Auenlandschaften. Bei einer möglichen Aggregierung dieser

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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Abb. 1: Hierarchische Verknüpfung skalenspezifischer struktureller und funktionaler Einheiten

hydrogeomorphen Einheiten auf höhere Skalenniveaus ist ebenfalls die Gewässerord-nung als Gliederungskriterium zu berücksichtigen.

Fließgewässer sind Ökosysteme, die in vielfältiger Weise innerhalb des Gewässer-systems als auch mit dem Einzugsgebiet verknüpft sind. Die Stärke dieser Verknüp-fungen variiert innerhalb des hierarchisch aufgebauten Gewässersystems. Diese Verknüpfungen haben eine fundamentale Bedeutung für die ökologische Funktionsfä-higkeit des Gewässers (Townsend, 1996). Die Stoffflüsse im betrachteten Gewässer-abschnitt sind von seiner Lage und Größe innerhalb der Einzugsgebietshierarchie abhängig. Dies wird anhand der organischen Substanz beispielhaft in Abb. 2 gezeigt. Diese Verknüpfungen verändern sich entlang des Gewässersystems von häufig noch wenig belasteten Oberläufen bis zu überwiegend stärker beeinträchtigten Flussab-schnitten im Mittel- und Unterlauf. Die Stoffflüsse werden entscheidend von der Ausstattung des Einzugsgebietes, der betrachteten räumlichen Skale sowie den menschlichen Aktivitäten im Einzugsgebiet und am Gewässer geprägt (Allen & Johnson, 1997). Nicht zuletzt hierdurch bieten sich jedoch

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INTEGRIERTES FLUSSEINZUGSGEBIETSMANAGEMENT AM BEISPIEL DES SAALE

Abb. 2: Variation der Verknüpfung in verschiedenen Abschnithierarchie für organische Substanz. (nach Towsend, 1996).

potentiell erhebliche Chancen zur Regenerierung und Wiederserfunktionen.

Das Ziel der integrierten Entscheidungshilfe ist, mit der mBewertungen nach naturwissenschaftlichen, ökonomischen zusammenzuführen und dabei die Entscheidungsträger und wden gesamten Entscheidungsprozess einzubeziehen.

3 Methoden und Konzepte

3.1 Objektorientiertes Modellierungssystem

Die generelle Idee des Modellierungskonzeptes ist die Erstelludularen Modellierungssystems, das leicht erweiterbar ist und sche Fragestellungen im Rahmen der Flussgebietsbewirtschaftukann. Ein solches Konzept bietet zudem eine ideale Grundlagelung und Verfeinerung von Modellansätzen. Des

Legende

Die Richtung der Pfeile zeigen die

Quelle der organischen Sub-

stanz an (longitudinal = Zufuhr

flussabwärts, vertikal = aus der

hyporheischen Zone, flussintern =

Primärproduktion im

75

ten der Einzugsgebiets-

herstellung der Gewäs-

ultikriteriellen Analyse und sozialen Kriterien ichtige Stakeholder in

ng eines flexiblen mo-omit auf unterschiedli-ng angewendet werden für die Weiterentwick-weiteren ermöglicht

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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Abb. 3: VPro

ein objekeinzelnenkönnen ddefiniert heiten agnale Einh

Im Gegenur in einModularwicklungGeograpmodellenergeben, der natueinem obvon DavzusammeModellieentsprechdas gewägekoppel

M

erknüpfung der naturwissenschaftlichen und ökonomischen Modelle und gnoseverfahren zu einem objektorientierten Modellierungssystem (OMS).

torientiertes Modellierungsdesign die Übergabe von Informationen zwischen Modellmodulen oder Modellteilen durch klar definierte Schnittstellen. Es es weiteren auch Landschaftsausschnitte als Objekte im Modellierungssystem werden. Kleinskalige Informationen können so in größeren Landschaftsein-gregiert werden. Beispielsweise kann ein Landschaftsobjekt kleinere funktio-eiten (patches) auf ganz spezifische Weise verknüpfen.

nsatz zu lockeren Modellkopplungen, bei denen der Informationsfluss meist e Richtung verläuft, können komplexe modulare Modellsysteme wie z.B. das

Modelling System (MMS) (Leavesley et al. 1996) oder dessen Weiterent- Object Modelling System (OMS), das von David (1997) am Institut für

hie der Universität Jena entwickelt wurde, Rückkoppelungen zwischen Teil- abbilden. Systemänderungen, die sich in tiefer liegenden Modellsystemen können auf diese Weise berücksichtigt werden. Abb. 3 stellt die Verknüpfung rwissenschaftlichen und ökonomischen Modelle und Prognoseverfahren zu jektorientierten Modellierungssystem (OMS) dar. Es baut auf den Arbeiten id (1997) auf. Das OMS setzt sich aus unterschiedlichen Bibliotheken n, in denen die Modelle, Modellparameter und Daten als Grundlage für die rung vorgehalten werden. Mit dem visuellen Modelbuilder lassen sich end den Anforderungen Teilmodelle zu einem geeigneten Gesamtmodell für hlte Einzugsgebiet erstellen. Das OMS kann mit einer relationalen Datenbank t werden und erlaubt einen Zugang über das Internet.

DynamischeVerknüpfung• Datenbanken• Modelle• Fachliche Module

Object ModellingSystem (OMS)

odellbibliotheken

WirtschaftlicheInput-Output-Analyse

Gewässergüte

etc.

Wasserhaushalt

Stoffhaushalt

Relationale und GIS-Datenbank

MultikriterielleAnalyse

Kriterienökologisch ökonomisch sozial

Szenarien

A

B

C

...

...

Visual ModelBuilder,fallweise Konfigurationdes Model-lierungs-systems

Externer Input

• Rechtlicher und institutioneller Rahmen• Trends der Landnutzungs- entwicklung

• Szenarien und Maßnahmen-optionen

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INTEGRIERTES FLUSSEINZUGSGEBIETSMANAGEMENT AM BEISPIEL DES SAALE

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3.2 Hydrologische Komponente

Für den Wasser- und Stoffhaushalt werden sich hinsichtlich der Abflussbildung sowie des Stoffaustrags ähnlich verhaltene Flächen (RU) ausgegrenzt. Dies erfolgt für die Nährstoffe Stickstoff und Phosphor getrennt, da sich die dominierenden Transport-wege stoffspezifisch stark unterscheiden. Es werden somit Hydrological Response Units (HRU), Nitrogen Response Units (NRU) und Phosphorus Response Units (PRU) für die Beschreibung diffuser Stoffausträge unterschieden. Dieser Ansatz ist eine Voraussetzung für die Wasser- und Stoffhaushaltsmodellierung auf der regionalen Skala, die eine vektororientierte Gliederung von Raumeinheiten erfordert. Diese Vorgehensweise entspricht den bisher überwiegend auf die Modellierung des Wasser-haushalts ausgerichteten distributiven, physikalisch-basierten Modellansätzen. Diese erlauben die Berücksichtigung der räumlichen Landschaftsheterogenität auf der Basis physikalischer Gesetzmäßigkeiten und physikalischer Parameter.

Die mesoskalige Modellierung baut auf dem hydrologischen Modell WaSim-ETH (Schulla 1997) bzw. dessen Routinen und seiner Kopplung mit Stoffhaushaltsmodellen wie AGNPS (Young et al., 1994, Rode & Lindenschmidt, 2001), Erosion 3D (Schmidt, 1999) und CANDY (Franko & Öelschlägel, 1995) auf. Für die mesoskalige Modellierung der N-Flüsse in der ungesättigten Bodenzone wird ein mechanistisches Modell parametrisiert. Für die Modellierung des Stickstofftransports in der gesättigten Zone soll ein vereinfachter konzeptioneller Ansatz entwickelt werden, der auf den Arbeiten von van Herpe et al. (1998) aufbaut. Dieser Ansatz kann bei einer ver-gleichsweise geringen Anzahl von Modellparametern auch in größeren Landschafts-einheiten eingesetzt werden. Die regionale hydrologische Modellierung der Abfluss-bildung erfolgt mit besonderer Berücksichtigung der schnellen Abflusskomponenten. Für die Simulation der lateralen Wasserflüsse werden die Response Units durch ein topologisches Routing, d.h. flussorientiert miteinander sowie mit dem Gewässernetz gekoppelt. Durch die Einbindung in das objektorientierte Modellierungssystem (OMS) wird das hydrologische Modell mit dem Gewässergütemodell verknüpft.

3.3 Gewässergütemodellierung

Die Gewässergütesimulation erfolgt auf der Basis des dynamischen Modells WASP5 (Ambrose et al. 1993). WASP5 besteht aus dem eigenständigen hydraulischen Teil-modell DYNHYD (1-dimensional), dem Eutrophierungsmodell EUTRO (1- bis 3-dimensional) und dem toxikologischen Modell TOXI (1- bis 3-dimensional).

Mit dem Eutrophierungsmodell EUTRO lassen sich mehrere Sedimentschichten für jeden Gewässerabschnitt einbinden. Hierdurch lassen sich Ablagerung und Erosion an

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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der Flusssohle abbilden. Um die Stoffumsätze in Abhängigkeit von der Gewässer- bzw. Sohlstruktur besser berücksichtigen zu können, wird das Model WASP5 um Routinen für die Berechnung der Biofilmprozesse im Fluss ergänzt. Die Rauhigkeit der Sohle kann hierdurch zusätzlich als Strukturgüte parametrisiert werden. Insbeson-dere bei kleineren Gewässern, in Staubereichen und im Nahbereich von Kläranlagen-abläufen kann den sessilen Biofilmen im Vergleich zum Phytoplankton eine domi-nante Rolle am Stoffumsatz in Fließgewässern zukommen. Mit dem Modell können zudem Funktionen von Auen als Nährstoff- und Schwebstoffsenken berücksichtigt werden. Auenabschnitte können im Programm als Segmente definiert werden und auf-bauend auf hydraulischen Berechnungen kann die Sedimentation von Schwebstoffen vereinfacht abgebildet werden.

3.4 Sozioökonomie

Zur Abschätzung direkter Effekte von Managementmaßnahmen in einem bestimmten Wirtschaftssektor (z.B. Änderung eines Warenpreises, der Produktionskapazität oder der Nachfrage nach Produkten) werden verschiedene ökonomische Standardverfahren wie Regressionsmodelle, Trendextrapolation und Zeitreihenanalyse eingesetzt. Um indirekte Effekte auf einen Wirtschaftssektor zu erfassen, die nicht durch eine spezifi-sche Maßnahme sondern durch Wechselwirkungen zwischen den Sektoren verursacht werden, wird ein einfaches Input-Output-Modell eingesetzt. Der Einsatz dieser Modelle erlaubt Aussagen über zukünftigen Marktentwicklungen und zum Arbeits-markt in der betrachteten Region. Die Beschäftigung beispielsweise im industriellen oder landwirtschaftlichen oder auch im Dienstleistungssektor (Tourismus) ist ein wichtiges soziales Kriterium für die Bewertung von Managementmaßnahmen. Bestandteil des Modellierungsansatzes sind umfassende Unsicherheitsanalysen und Fehlerbetrachtungen. Die Unsicherheiten von Modellparametern und Eingangsdaten werden durch die Ermittlung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen naturwissenschaft-licher und ökonomischer Modellergebnisse berücksichtigt. Eine ausführliche Darstel-lung der Methodik enthält Horsch et al. (2001).

Die Bewertung der naturwissenschaftlichen, ökonomischen und soziologischen Effekte von Managementmaßnahmen erfolgt in einem ersten Schritt anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse, in der alle monetarisierbaren Effekte zu einem Kriterium, der Differenz aus Nutzen und Kosten, dem sogenannten Nettonutzen, aggregiert werden. Der Vorteil dieser Methode liegt in der einfachen Vergleichbarkeit von Effekten. Um nichtmonetarisierbare Effekte berücksichtigen zu können, werden weitere ökologische und soziale Kriterien berücksichtigt. Dieser monokriteriellen Bewertung schließt sich eine multikriterielle Entscheidungsanalyse für die zusammenfassende Analyse der Er-

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INTEGRIERTES FLUSSEINZUGSGEBIETSMANAGEMENT AM BEISPIEL DES SAALE

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gebnisse an. Die Multikriterienanalyse wird i.d.R. nicht immer eindeutige Empfeh-lungen liefern. Sie kann aber sehr wohl eine sehr gute Informationsbasis und Grund-lage für die Entscheidungsträger und Interessenvertreter innerhalb eines kommunikati-ven Entscheidungsfindungsprozesses zur Verfügung stellen. Zur multikriteriellen Analyse wird ein modifiziertes PROMETHEE-Verfahren verwendet. Als Ergebnis der multikriteriellen Analyse ergibt sich ein Prioritätenranking, das bei der Auswahl der zu realisierenden Maßnahmen im Einzugsgebiet zugrunde gelegt wird. Das Verfahren erlaubt durch die Verwendung von Präferenzfunktionen und- matrizen eine elegante Berücksichtigung von Unsicherheit. Das Entscheidungshilfetool wird für die Ergeb-nisauswertung und -diskussion mit den Entscheidungsträgern aus Fachverwaltung, Industrie und Politik im Rahmen von Partizipationsverfahren eingesetzt.

4 Beispielstudie Saaleeinzugsgebiet

Das Modellierungskonzept wird auf das Einzugsgebiet der Saale angewandt. Die Saale mit ihren Zuflüssen zeichnet sich durch vielfältigen Nutzungsansprüche einerseits und durch in vielen Flussabschnitten noch vorhandene, zusammenhängende und geschlos-sene Ökosysteme mit intakten Beziehungen zwischen Fluss und Aue andererseits aus.

Das Einzugsgebiet der Saale umfasst eine Fläche von 23.718 km² und wird überwie-gend landwirtschaftlich genutzt (68,3%), wovon der Ackeranteil 66,3% beträgt. Wald-flächen nehmen nur 23% des Gesamtgebiets ein. In 1995 waren 64 % der 4,5 Mio. Einwohner an Kläranlagen angeschlossen. Die Stoffeinträge stammen zu ca. 70% sowohl beim Stickstoff als auch beim Phosphor aus diffusen Quellen (Behrendt et al. 2001).

Der gesamte Flusslauf der Saale wird durch Stau- und Wehranlagen entscheidend geprägt. Die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die Fließgewässerbiozönosen sind vielfältig und lassen sich in die Bereiche Gewässergüte, Abflussregime, Strukturviel-falt, Feststoffhaushalt, Gewässervernetzung und Grundwasserhaushalt untergliedern. Das Saalegebiet unterliegt seit 1989 einem rasanten wirtschaftlichen und sozialen Wandel und stellt somit besondere Anforderungen an die Prognose zukünftiger Nutzungsansprüche und deren Wirkung auf die Gewässer in quantitativer und qualita-tiver Sicht. Für das Projekt wurden umfangreiche Grundlagendaten im Saalegebiet zu Geodaten (u.a. räumlich hochaufgelöstes DGM im 25 Meter Raster, MMK Bodenda-ten, multitemporale Landnutzungsdaten (Landsat TM)), zu langjährigen hydrologi-schen und meteorologischen Daten (u.a. 37 Klimastationen, 441 Niederschlagsstatio-nen, 161 Abflusspegeln, 567 Grundwasserpegel) sowie zu langjährigen Gewässergüte-daten der Saale und seiner Nebenflüsse zusammengestellt. In enger Zusammenarbeit mit den Landwirtschaftsbehörden wurden zudem Daten zur Intensität der landwirt-

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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schaftlichen Flächennutzung erhoben. Diese regionale Datenbasis wird durch Unter-suchungen in kleineren Forschungsgebieten und speziellen Messkampagnen beispielsweise in der Saale ergänzt. Die Untersuchungen und die Entwicklung des Modellierungstools haben in 2001 begonnen, wobei die Planungsphase des Projektes eineinhalb Jahre umfasste. In das Vorhaben sind Umwelt- und Landwirtschaftsbehör-den der Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Bayern eingebunden.

5 Vorteile des Ansatzes

Ein wesentlicher Vorteil des Ansatzes liegt in der Integration interdisziplinärer Ansätze, Methoden und Modelle innerhalb eines objektorientierten Modellierungssys-tems. Die flexible und offene Architektur des zum Einsatz kommenden OMS erlaubt jederzeit die Einbindung weiterer Verfahren und Modelle. Durch die konsequente Einbindung der einzelnen Werkzeuge innerhalb eines Systems wird eine deutlich stär-kere Integration erreicht, als dies bei der einfachen Koppelung von Modellen der Fall wäre. Der frühzeitige Aufbau einer zentralen, internetbasierten Datenbank erlaubt die gemeinschaftliche Verwaltung von räumlichen und relationalen Daten. Durch die gemeinschaftliche Datenbank ergeben sich vielfältige Synergieeffekte.

Die wissensbasierte Definition von Ableitungskriterien für die stoffbezogenen Res-ponse Units lässt eine breite Anwendung des Ansatzes erwarten. Für den Bereich der Phosphortransportmodellierung können bei der getrennten Betrachtung von gelöstem und partikulär gebundenem Phosphor unterschiedliche Oberflächenabflussbildungs-mechanismen (Hortonscher Oberflächenabfluss und Sättigungsflächenabfluss) berück-sichtigt werden. Die aufgezeigte Vorgehensweise zur physikalisch begründeten Modellierung des Wasser- und Stoffhaushalts bietet zudem die Voraussetzung, neue Schätzverfahren zur Ermittlung von Flächen-, Ereignis- und einzugsgebietsbezogener Nährstoffeinträge zu entwickeln. Mit dem vorgestellten Forschungsansatz können die Wechselwirkungen zwischen den landnutzungsbedingten punktuellen und diffusen Einträgen und der Gewässergüte physikalisch basiert modelliert werden.

Die Gewässergütemodellierung soll deutlich stärker als bisherige Ansätze die Gewäs-serstrukturgüte berücksichtigen. Die Einbindung benthischer Prozesse mittels sessiler Biofilme stellt dabei einen neuen Ansatz dar. Zudem können durch das Modell auch Wechselwirkungen mit den angrenzenden Auen simuliert werden. Durch die Einbin-dung in ein OMS wird eine integrale Betrachtung des Einzugsgebietes mit den im Gewässer ablaufenden Stoffumsetzungsprozessen möglich.

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INTEGRIERTES FLUSSEINZUGSGEBIETSMANAGEMENT AM BEISPIEL DES SAALE

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Für die ökonomische Modellierung ergibt sich durch die Einbindung in das OMS eine enge Verknüpfung des makroökonomischen Input-Output-Modells mit naturwissen-schaftlichen Wasser- und Stoffhaushaltsmodellen. Weiterhin kann das Input-Output-Modell in Abhängigkeit von der Einschätzung der Entscheider um relevante Umwelt-faktoren (z.B. Wasser- oder Energieverbrauch, Emissionen) erweitert werden, um Aussagen über weitere Beurteilungskriterien machen zu können. Methodische Fort-schritte sind darüber hinaus zu Fragen der intertemporalen Bewertung und der Ver-meidung von Doppelzählungen bei der multikriteriellen Analyse zu erwarten. Ein weiterer Vorteil des Ansatzes besteht in den deutlich verbesserten Möglichkeiten der Partizipation der Öffentlichkeit, auch unter Einsatz von Methoden des kooperativen Konfliktmanagements.

Literatur

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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DSS ZUR MODELLIERUNG DER GEWÄSSERBELASTUNG MIT PFLANZENSCHUTZMITTEL IN DEUTSCHLAND

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DSS zur Modellierung der Gewässerbelastung mit Pflanzenschutzmittel in Deutschland

Björn Röpke*), Martin Bach und Hans-Georg Frede

Zusammenfassung: Zur Einschätzung der regionalen Variabilität der Gefährdung von Oberflächengewässern durch Pflanzenschutzmittel erfolgte die Entwicklung des GIS-basierten Decision Support Systems (DSS) DRIPS. Mit dem zu Grunde liegenden Modellansatz lassen sich die zu erwartenden Einträge beliebiger Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe mit bekannter Halbwertzeit (DT50), Sorptionskoeffizienten (Koc) und Aufwandmenge für die Pfade Oberflächenabfluss, Drainage und Abdrift abschätzen. Die Einträge und die sich daraus ergebenden Anfangskonzentrationen in den Gewäs-sern (PECsw) können mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung für ca. 400 Gewässereinzugsgebiete in Deutschland bestimmt werden. Modellergebnisse, die in Form von Rasterkarten mit einer Pixelauflösung von 1 km2 ausgegeben werden, kön-nen für wahrscheinlichkeitsbasierte regionalisierte Risikoabschätzungen der Gefähr-dung von Oberflächengewässer durch Pestizid-Einträge herangezogen werden.

Abstract: A GIS decision support system (DSS) has been developed for estimating the magnitude and spatial distribution of pesticide losses from non-point sources (surface runoff, tile drainage and spray drift) in Germany. The cumulative annual losses of any active ingredient (a.i.) of known half-life (DT50), adsorption coefficient normalized for organic carbon (Koc) and dosage can be calculated for approximately 400 river basins covering the territory of Germany. Furthermore, the resulting predicted envi-ronmental concentration (PECsw) can be retrieved by relating the daily input of a.i. to the daily discharge of the respective streams. Results are visualized as grid maps with a 1 km2 resolution. Site-specific maps of pesticide losses and PEC frequency distribu-tions provide a basis for regional risk assessment of pesticides.

1 Einführung

Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft bringt unabdingbar auch eine Kontamination von Schutzgütern wie Oberflächengewässer und Grundwasserkörper,

*) Institut für Landeskultur der Justus-Liebig-Universität Giessen, Heinrich-Buff-Ring 26-32, 35392 Giessen

Email: [email protected]

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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die an sich außerhalb der eigentlichen Applikationsfläche liegen, mit sich. Als notwendige Bedingung für die Zulassung von Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen ist die dauerhafte Beeinträchtigung von Ökosystemen, insbesondere außerhalb der Zielfläche, auszuschließen. Der aus ökotoxikologischen Versuchen ermittelte realistic-worst-case wird von Zulassungsbehörden zur Zeit zur Festsetzung von Grenzwerten herangezo-gen, die das höchstzulässige Maß einer Gewässerkontamination unter Ausschluss der Gefährdung von Zielorganismen festsetzen. Unter welchen Bedingungen und mit welcher Häufigkeit mit einem Eintreten des realistic-worst-case innerhalb einer kon-kreten Region zu einer bestimmten Zeit zu rechnen ist, findet momentan noch keine Berücksichtigung im Zulassungsverfahren. Das hier vorgestellte Expertensystem DRIPS ermöglicht die regionalisierte Simulation der Wahrscheinlichkeit der Über-schreitung definierter Grenzwerte für beliebige Wirkstoffe in spezifischen Zeitinter-vallen. Die hierfür benötigten Modellparameter können vom Nutzer zwecks Berech-nung unterschiedlicher Szenarien in Dialogen (Abb. 1) variiert werden.

2 Methodik

Der im Folgenden vorgestellte Modellansatz (n. Huber 1998) berücksichtigt Oberflä-chenabfluss, Drainage und Abdrift als diffuse Pestizid-Quellen. Die einzelnen Ansätze zur Frachtberechnung über die genannten Pfade und zur Ermittlung der Anfangskon-zentration sind als Module in das DSS DRIPS integriert, dass als ArcView® 3.2 Exten-sion konzipiert ist.

Abb. 1: DRIPS – Dialog zur Modifikation von Modellparametern

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DSS ZUR MODELLIERUNG DER GEWÄSSERBELASTUNG MIT PFLANZENSCHUTZMITTEL IN DEUTSCHLAND

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2.1 Oberflächenabfluss

Der Anteil eines Wirkstoffs, der mit dem Oberflächenabfluss verlagert wird, hängt weitgehend von der Länge des Zeitintervalls zwischen dem Termin der Ausbringung des Pflanzenschutzmittels und dem Einsetzen eines Starkregens ab (Mills und Leo-nard, 1984). Es wird davon ausgegangen, dass ein Starkregenereignis von mindestens 10 mm in 24 h zu Oberflächenabfluss führt. Die mittlere Wahrscheinlichkeit des Ein-tretens eines Oberflächenabfluss-auslösenden Niederschlagsereignisses wird in Ab-hängigkeit von der Niederschlagssumme und Dauer des Ereignisses durch die Extre-mal-I-Verteilung (Gumbel-Verteilung) beschrieben (Gumbel, 1958).

Tn = exp (( hN - u) / w) [1]

Die Parameter der Gumbel-Verteilung (u, w) werden vom Deutschen Wetterdienst (DWD, 1996) für das Gebiet der BRD mit einer Auflösung von 8.5 x 8.5 km2 zur Ver-fügung gestellt. Im DSS sind die Verteilungsfunktionen für die Dauerstufen 24 h (getrennt in Sommer- und Winterhalbjahr) und 60 min implementiert. Die Eintritts-wahrscheinlichkeit Tn von Oberflächenabfluss-auslösenden Starkniederschlägen kann nach Auswahl einer Niederschlagssumme hN nach Mills und Leonard (1984) auch als Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion f(t) dargestellt werden:

f(t) = aT� e(-aT� t) t ≥ 0 [2]

Der Kehrwert der mittleren Eintrittswahrscheinlichkeit Tn entspricht aT. Der Para-meter t bezeichnet das Zeitintervall zwischen der Wirkstoffapplikation und dem Einsetzen des Oberflächenabfluss-auslösenden Starkregens. Laut Auerswald (1996) ist die Eintrittswahrscheinlichkeit von Starkregen Tn im Winterhalbjahr als konstant zu betrachten, im Sommerhalbjahr weist sie dagegen eine ausgeprägte Saisonalität auf, u.a. durch das häufigere Auftreten von Gewitterregen. Zur weiteren Gewichtung der Wiederkehrintervalle Tn im Sommerhalbjahr wurde daher zusätzlich ein saisonaler Variationsfaktor eingeführt.

Die Berechnung der Oberflächenabflussmenge Qdt erfolgt im Modell über die von Lutz (1984) modifizierte curve-number-Methode (SCS-CN-Verfahren, vgl. McCuen, 1981; SCS, 1990). Dem SCS-CN-Verfahren liegt die Annahme zu Grunde, dass das Verhältnis des Quotienten aus Oberflächenabfluss und Niederschlagssumme eines Ereignisses gleich dem Quotienten aus aktueller und potentieller Infiltration während eines Niederschlagser-eignisses ist (Kleebert und Øverland, 1989; Bach et al., 2000).

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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( )1)h( )h( NN −+⋅−= −− Ia

t eDc

DcIaQd α

α [3]

Der maximale Abflussbeiwert Dc nach (Anderl, 1975, zit. nach Rode, 1995) lässt sich aus der Landnutzungsklasse und der Hydrologischen Bodengruppe, bzw. nach Auerswald und Haider (1996) zusätzlich unter Berücksichtigung der aktuellen Bodenbedeckung BG, bestimmen. Die in DRIPS verfügbaren Landnutzungsinformation wurde aus CORINE-land-cover (Statistisches Bundesamt, 1997) abgeleitet und die Hydrologischen Boden-gruppe durch Reklassifizierung der Bodenübersichtskarte 1:1 Mio. (BGR, 1996) gewonnen. Der maximale Abflussbeiwert Dc ist die Basis zur Berechnung des An-fangsverlustes Ia:

−⋅= 10

1076.0

DcIa [4]

Dieser Parameter beschreibt u.a. die Prozesse der Interzeption, der Anfangsinfiltration sowie des Muldenrückhalts auf der Bodenoberfläche, die zwischen dem Beginn des Niederschlages und dem Einsetzen des oberirdischen Abflusses auftreten, für große Einzugsgebiete (Bach et al., 2000). Für die Berechnung der Oberflächenabflussmenge spielt auch der aktuelle Sättigungsgrad des Oberbodens (Vorbodenfeuchte) zum Zeit-punkt eines Starkniederschlages eine wichtige Rolle. Die Vorbodenfeuchte und Jah-reszeit ist nach dem hier übernommenen Ansatz von Lutz (1984) durch den Proportio-nalitätsfaktor ��repräsentiert. Dieser ist im wesentlichen durch die Basisabflussspende QB und über die Wochenzahl WZ, die sich aus dem Applikationstermin des Wirkstoffs ergibt und die saisonale Variabilität von QB beschreibt, sowie die Konstanten P1-P3

definiert.

)/3()/2(

1BQPWZP eeP −− ⋅⋅=α [5]

Um die zu Beginn eines Oberflächenabfluss-Ereignisses zur Verfügung stehende Wirkstoffmenge Wt ermitteln zu können, sind zeitabhängige Abbauprozesse sowie die Retention des Wirkstoffs in der gepflanzten Kultur zu berücksichtigen. Die Degrada-tion des Wirkstoffs kann nach Mills und Leonard (1984) in Relation zur Eintrittswahr-scheinlichkeit Oberflächenabfluss-auslösender Starkregen Tn mittels einer Wahr-scheinlichkeitsdichtefunktion bestimmt werden.

W(t) = Winitial� e(-Bw

� t) t ≥ 0 [6]

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DSS ZUR MODELLIERUNG DER GEWÄSSERBELASTUNG MIT PFLANZENSCHUTZMITTEL IN DEUTSCHLAND

Die Abbaurate wird im Modell durch den Parameter BW beschrieben, der von der Halbwertszeit DT50 des jeweiligen Wirkstoffs abhängt.

Der Anteil eines Wirkstoffs, der durch Retention an der Pflanzenoberfläche des Vege-tationsbestandes verbleibt und somit die Bodenoberfläche nicht erreicht, steht für die Verlagerung durch Oberflächenabfluss nicht zur Verfügung. Er ist vom Bodenbede-ckungsrad BG abhängig, der nach Feldwisch und Hecker (1997) und Schwertmann et

al. (1987) unter Angabe von Kultur, Zeitpunkt der Spritzung und der Zuweisung einer phänologischen Klimazone bestimmt werden kann. Durch die proportionale Verminderung der ursprüng-lich zur Verfügung stehen-den Wirkstoffmenge Wt zum Bodenbedeckungsgrad BG wird nun die Oberflächen-abflussverfügbare Wirkstoff-menge auf der Bodenober-fläche W0Soil errechnet.

W0Soil = initialW5.0 ⋅aT

Bw

⋅ (1 – BG) [7]

Durch Sorption der Oberflä-chenabflussverfügbarn Wirk-stoffmenge in der Kontakt-schicht der Bodenmatrix (oberster cm) wird davon ausgegangen, dass somit nur ein Teil der Wirkstoffmenge potentiell in Suspension übergehen könnte und folg-lich während eines Ober-flächenabflussereignisses verlagert werden würde.

Abb. 2: DRIPS Ergebniskarte- Frachten des Wirkstoffs X

K arte 110 20 0

km

Jährliche r E in trag e ines P estiz ids X Y in O berflächengew ässerm it dem O be rflächenab fluß

seh r gering

ge rin g

m ä ßig

m itte l

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seh r hoch

G efährdungsstufen

ke in A u s trag

ke in e A nw e ndu ng

Y im Oberflächenabfluss

87

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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Diese desorbierbare Wirkstoffmenge Wdes entspricht vereinfacht dem Produkt aus Wirkstoffkonzentration W0Soil und einem Desorptionskoeffizienten Ds. Der Desorptionskoeffizient kann nach Leonard et al. (1987) empirisch vom Gleichgewichtskoeffizienten Kd abgeleitet werden, der das Verhältnis der Wirkstoffkonzentration in fester und gelöster Phase beschreibt und sich aus dem Koc-Wert des Wirkstoffs sowie dem organischen Kohlenstoffgehalts des Bodens Corg berechnen lässt (CREAMS/GLEAMS: Leonard et al., 1987).

Aus der desorbierbaren Wirkstoffmenge, dem Desorptionskoeffizienten Ds und dem Gleichgewichtskoeffizienten Kd errechnet sich die Wirkstoffkonzentration in der gelösten Phase Csolvwt.

KdD

DWC

s

sSoilsolvwt ⋅+

⋅=1

0 [8]

Der Flächenspezifische Anteil eines Wirkstoffs, der bei einem Oberflächenabfluss-auslösendem Niederschlagsereignis potentiell ins Oberflächengewässer eingetragen wird (Abb. 2), ergibt sich aus der Produkt der Wirkstoffkonzentration Csolvwt und der Oberflächenabflussmenge Qdt. L(runoff) = Qdt, � csolvwt. (Tn, Vti, WoSoil) [9]

2.2 Drainage

Für die Berechnung der Pflanzenschutzmittel-Einträge über das Sickerwasser greift DRIPS auf das im PSM-Zulassungsverfahren verwendete Modell PELMO 2.1 (Klein et al., 1997) zurück. PELMO simuliert eine Verlagerung von Wirkstoffen mit dem Si-ckerwasser bis in eine Verlagerungstiefe von 0,8 m. Auf drainierten Ackerflächen wird davon ausgegangen, dass das PSM-belastete Sickerwasser vollständig in die Drainage übertritt und ein Oberflächengewässer erreicht. Für nichtdrainierte Flächen wird angenommen, dass im Falle einer weiteren Vertikalverlagerung des Wirkstoffs dieser das Grundwasser erreicht und somit nicht im signifikanten Masse in Oberflä-chengewässer eingetragen wird.

L(leach) = Winitial, � (1 - BG) � δ (PELMO) [10]

Im Modell DRIPS wird des weiteren davon ausgegangen, dass nur derjenige Anteil eines Pflanzenschutzmittelwirkstoffs einer vertikalen Verlagerung durch das Sicker-wasser in der Bodenmatrix unterliegt, der nicht an der Pflanzenoberfläche des entspre-

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DSS ZUR MODELLIERUNG DER GEWÄSSERBELASTUNG MIT PFLANZENSCHUTZMITTEL IN DEUTSCHLAND

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chenden Bestandes haften bleibt. Zur Berücksichtigung der Wirkstoff-Interzeption, die in PELMO nicht eingeht, wird der aktuelle Bodenbedeckungsgrad BG in die Bere-chung des durch Drainage verlagerten Wirkstoffanteils L(leach) einbezogen.

2.3 Abdrift

Grundlage für die Berechnung der Gewässereinträge durch Abdrift sind die Eckwerte der Biologischen Bundesanstalt (BBA, 2000). Sie repräsentieren die Abdriftverluste in Prozent der applizierten Menge für verschiedene Kulturarten bei gegebenem Abstand. Die BBA stellt Tabellen der Abdrifteckwerte für die 90, 70 und 50 Perzen-tile zur Verfügung, d.h. der Anteil der Oberflächendeposition außerhalb der Zielfläche – also potentiell im Gewässer –, der zu je 90%, 70% bzw. 50% unterschritten wird (Bach et al., 2000). Grundsätzlich zeigen die BBA Tabellen höhere Abdriftverluste in Raumkulturen als in Feldkulturen, was auf die Applikationstechnik zurückzuführen ist.

L(drift) = BBA(distance)�

W� A\G� Gd� Gbr [11]

Hierbei ist L(drift) der zu erwartende regional- und terminspezifische Eintrag eines beliebigen Wirkstoffs der Ausbringungsmenge W auf dem Pfad Abdrift in eine gewählte Kultur. Der Korrekturfaktor A\G berücksichtigt das Verhältnis von Acker zu Grünland entlang der Oberflächengewässer bei der Abdrift-Simulation für Feldfrüchte. Die mittlere Gewässernetzdichte Gd ist für die Beurteilung der Eintragswahrschein-lichkeit durch Abdrift wichtig. Gd liegt in DRIPS als Karte vor, die aus dem Hydrolo-gischen Atlas Deutschlands von Huber (1998) abgeleitet wurde. Die Gewässerbreite

Gbr wird im DSS zur Ermittlung der potentiellen Depositionsfläche und -gefährdung genutzt. Größere Gewässer bieten naturgemäß eine größere Depositionsfläche, sind aber in der Regel besser durch relativ hochwachsende Ufervegetation vor Drifteinträ-gen geschützt. Kleinere Meliorationsgräben sind hier eher eintragsgefährdet, da hier Abstandsauflagen schlechter einzuhalten sind und schützender Uferrandbewuchs häu-fig fehlt.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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2.4 PEC

Mit den für die Pfade Oberflächenabfluss, Drainage und Abdrift beschriebenen Modellansätzen können zu erwartende Wirkstofffrachten in Oberflächengewässern einer beliebigen Region zu einem spezifischen Zeitpunkt bestimmt werden. In einem weiteren DRIPS Modul können aus der Summe der geschätzten Wirkstofffrachten E durch Verknüpfung mit Tagesabflusswerten Q von Fliessgewässern die zu erwarten-den Anfangskonzentratio-nen (Predicted Environ-mental Concentration) be-rechnet werden. PECsw= E / Q [12] Ausgangsbasis für die PECsurface_water Berechnung ist die Erfassung der Gerinnemorphometrie und Abflussführung auf der Grundlage des Gewässer-netzes von Behrendt u. Pagenkopf (1999). Die Gewässerlandschaft Deut-schlands wird hierzu in Regionen ähnlicher Gewäs-

sernetzdichte und Fluss-netzmorphometrie gegliedert. Des weiteren werden die Oberflächengewässer nach Strahler (1957) (2. Ordnung, 3. Ordnung, Stillgewässer) typisiert. Die Bildung von Gewässer-netzdichteklassen für die Naturräume der Bundesrepublik wird somit möglich. Für jede dieser Klassen wird die Häufigkeitsverteilung der Tagesabflussmenge Q durch Auswertung von Pegeldaten erfasst. Aus dem Quotienten der mittleren Eintragsmenge eines Pflanzenschutzmittels und der Häufigkeitsverteilung der Abflussmenge lässt sich die zu erwartende Häufigkeitsverteilung der PECsw differenziert für Einzugsgebiete berechnen (Abb. 3). Die Ergebnisse können später in DRIPS in ihrer regionalen Ausprägung in Rasterkarten dargestellt werden.

Abb. 3: Häufigkeitsverteilung der PECsw in einem EZG

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DSS ZUR MODELLIERUNG DER GEWÄSSERBELASTUNG MIT PFLANZENSCHUTZMITTEL IN DEUTSCHLAND

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3 Diskussion

Das DSS DRIPS wird nach seiner Fertigstellung als nutzerfreundliches ‚Risk-Assess-ment-Tool’ für eine zeitlich und räumlich hochaufgelöste Berechung der Anfangskon-zentration (PEC) von Wirkstoffen in Oberflächengewässern zur Verfügung stehen. Die von DRIPS bereitgestellten Dialogfenster und Menüs ermöglichen eine einfache Handhabung der vorgestellten Modellalgorithmen zur Simulation von nutzerspezifi-schen Szenarien. Nach Eingabe von nur wenigen - im allgemeinen bekannten – Para-metern lässt sich mit geringem Zeit- und Kostenaufwand eine Abschätzung der Eintragswahrscheinlichkeit und der daraus resultierenden Anfangskonzentration von PSM in Oberflächengewässern durchführen. Die Vorteile des Systems liegen in der Möglichkeit zur Erstellung von räumlich differenzierten Risikokarten über Gefähr-dungspotentiale einzelner Wirkstoffe unter Berücksichtigung der verschiedenen natur-räumlichen Gegebenheiten. Es bietet sich somit die Chance für Entscheidungsträger, beispielsweise bei der Zulassung von PSM, das regionale Gefährdungspotential – geprägt durch die naturräumlichen Parameter - zu berücksichtigen. Weiterhin könnten die landwirtschaftlichen Beratungsstellen das DSS DRIPS als aussagekräftiges Werk-zeug nutzen, um das Gefährdungspotential durch PSM-Kontamination in ihrem Gebiet zu bestimmen. Einzelne Landwirte könnten beispielsweise durch den Ausdruck von Karten ihres Schlages auf Problemzonen auf ihrem Land hingewiesen werden. Beim erwarteten Überschreiten von Grenzwerten könnten somit regionsspezifische Auflagen erlassen werden.

Literatur

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BBA (2000): Bekanntmachung über die Abtrifteckwerte, die bei der Prüfung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln herangezogen werden, Bundesanzeiger, 100, p. 9879

Behrendt, H. et al. (1999): Nährstoffbilanzierung der Flussgebiete Deutschlands. . Umweltbundesamt (Hrsg.), UBA-Berichte 99-087, E.Schmidt-Verlag, Berlin

BGR (1996): Bodenübersichtskarte 1:1 Mio. (BÜK1000) der Bundesrepublik Deutschland. Bundesanstalt f. Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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DWD (1996): Karte zu mittlerer Jahresniederschlagshöhe (höhenkorrigiert) für die Bundesrepublik Deutschland 1961 – 1990. Deutscher Wetterdienst Offenbach

Feldwisch, N. und Hecker, F. (1997): Bodenbedeckung durch Feldkulturen in verschiedenen Klimazonen und zu verschiedenen Perioden des Jahres, Ergebnisse einer Umfrage bei landwirtschaftlichen Beratungseinrichtungen.Inst. f. Landeskultur, Univ. Gießen (unveröff.)

Ganzelmeier, H., Rautmann, D., Spangenberg, R., Streloke, M., Herrmann, M., Wenzelburger, H.J. und Walter, H.F (1995): Studies on the Spray Drift of Plant Protection Products-Results of a Test Program Carried Out Throughout the Federal Republic of Germany. Mitteilungen aus der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft 305, Berlin, 111 S

Gumbel, E.J. (1958): Statistics of the Extremes. Columbia Univ. Press, New York, 375S.

Huber, A. (1998): Belastung der Oberflächengewässer mit Pflanzenschutzmitteln in Deutschland –Modellierung der diffusen Einträge. Boden u. Landschaft Bd. 25, Gießen, 227 S. (Diss. Univ. Gießen)

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Schwertmann, U., Vogel, W. und Kainz, M. (1987): Bodenerosion durch Wasser, Vorhersage des Abtrages und Bewertung von Gegenmaßnahmen [2. Aufl.]. Ulmer, Stuttgart, 64 S

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DAS PFAD-TRANSFORMATIONS-KONZEPT ALS GRUNDLAGE FÜR EIN WASSER- UND STOFFSTROMMANAGEMENT IN FLUSSEINZUGSGEBIETEN

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Das Pfad-Transformations-Konzept als Grundlage für ein Wasser- und Stoffstrommanagement in Flusseinzugsgebieten

Michael Trepel*) und Winfrid Kluge

Zusammenfassung: Um den Anfordernissen einer systemadäquaten Abbildung der relevanten lateralen Fließpfade in der Landschaft gerecht zu werden, wurde ein Pfad-Transformations-Konzept als Grundlage für die Bewertung des Wasser- und Stoffaus-tausches zwischen grundwasserfernen Flächen, Feuchtgebieten und Gewässern entwi-ckelt. Mit diesem Konzept werden die hydrologisch-stofflich bedeutsamen Raum-strukturen und Pfade quantitativ identifiziert, um damit Vorschläge für ein Stoff-strommanagement zur Reduzierung der diffusen Stoffeinträge in Feuchtgebiete und Gewässer machen zu können.

Abstract: Modelling the nutrient transport and transformation for environmental deci-sion making has to include all hydrological pathways between terrestrial areas, wetlands and aquatic ecosystems. For this purpose, the path-transformation-concept was developed. The concept can be applied as a matrix-model to analyse and to quan-tify the water and nitrogen exchange and the transformation processes in wetlands.

1 Einführung

In der dicht besiedelten Kulturlandschaft Mitteleuropas führt die gegenwärtige Nut-zung von Flusseinzugsgebieten zu vielschichtigen wasserwirtschaftlichen und ökologi-schen Problemen wie z.B. eine Zunahme der Hochwasserhäufigkeit, die zunehmende Belastung des oberflächennahen Grundwassers, die Eutrophierung von Fließgewäs-sern, Seen und Küstengewässern oder den Rückgang bzw. das regionale Aussterben der an nasse und mäßig nährstoffreiche Lebensräume gebundenen Arten und Biozöno-sen (Drews et al. 2000). Die ökologischen und ökonomischen Folgewirkungen dieser Probleme sind nur unzureichend quantifizierbar. Die Ursachen dieser vielschichtigen wasserwirtschaftlichen Probleme liegen in einer nicht standortgerechten Landnutzung im Einzugsgebiet sowie dem vorwiegend nach wasserbaulichen Richtlinien erfolgten

*) Ökologie-Zentrum Kiel, Christian Albrechts Universität, Schauenburgerstr. 112, 24118 Kiel, email: [email protected] und [email protected]

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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Ausbau des Gewässernetzes. Die gegenwärtige Landnutzung und Wasserwirtschaft berücksichtigt die natürlichen Retentions- und Transformationspotenziale für Wasser und Nährstoffe in der Landschaft noch immer unzureichend, obwohl sich für die Lösung der oben genannten Probleme auch in der Wasserwirtschaft zunehmend eine ganzheitliche Sichtweise durchsetzt. Zur Entwicklung zukünftiger, weniger umwelt-belastender Nutzungsformen von Landflächen und Gewässern werden vermehrt mathematische Modelle eingesetzt, um die Auswirkungen der Landnutzungsänderun-gen quantitativ zu prognostizieren und diese mit den betroffenen Nutzergruppen im Vorfeld der Maßnahmen abzustimmen (Trepel et al. 2000).

Die Grundprobleme der hydrologischen Modellierung ergeben sich aus den auf unter-schiedlichen raumzeitlichen Skalen ablaufenden hydrologischen, geochemischen, bio-chemischen und ökologischen Prozessen, den unterschiedlichen Strömungs- bzw. Austauschbedingungen in den Subsystemen des Wasserkreislaufes (Verdunstung und Versickerung im Boden-Vegetation-Atmosphäre-System, gesättigte Strömung im Grundwasserleiter, Landoberflächenabfluss und Interflow an Hängen, präferentielle Strömung in entwässerten Feuchtgebieten, eine Vielzahl laminar konvektiver bis tur-bulenter Strömungsprozesse in Fließgewässern und Seen) sowie der unterschiedlichen Datenqualität und oft nicht flächendeckend verfügbaren Daten für diese Teilsysteme (Kluge et al. 1994). Für eine ökohydrologisch einzugsgebietsbezogene Analyse der Transportprozesse und Transformationspotenziale insbesondere für ein Stoffstromma-nagement und eine Wirkungsprognose von Landnutzungsänderungen auf die Stof-fausträge ins Grundwasser und die Gewässer, sind zunächst die für die jeweilige Problemstellung adäquaten hydrologischen Fließwege (Pfade) zu identifizieren (Tóth 1999, Winter 1999). Bei den derzeit zur Verfügung stehenden prozessbasierten und flächenhaft einsetzbaren Stoffbilanz- und -transportmodellen werden aber die rele-vanten Fließwege und damit auch Transformationspotenziale nur unzureichend abge-bildet. Prozessbasierte Stoffmodelle, wie zum Beispiel das Modellsystem WAS-MOD/STOMOD oder DAISY, wurden ursprünglich für die Simulation der Stickstoff- und Kohlenstoffdynamik im System Vegetation-Boden entwickelt (Trepel 2000). Durch eine GIS-Anbindung konnten flächenhafte Anwendungen erreicht werden, ohne das die lateralen hydrologischen Transportprozesse und Transformationspotenziale systemadäquat abgebildet wurden. Die Beschränkung auf das "Machbare", das sich bei der flächenhaften Modellierung oft am vorhandenen Datenmaterial orientiert, führt zu einer oft nicht mehr gerechtfertigten Idealisierung der tatsächlichen internen Trans-formationsprozesse und nachfolgenden Wechselwirkungen zwischen den Landflächen, dem Grundwasser, den Feuchtgebieten und den Gewässern (Kluge & Jelinek 1999).

Um den Anfordernissen einer systemadäquaten Abbildung der relevanten lateralen Fließpfade in der Landschaft gerecht zu werden, wurde ein Pfad-Transformations-

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DAS PFAD-TRANSFORMATIONS-KONZEPT ALS GRUNDLAGE FÜR EIN WASSER- UND STOFFSTROMMANAGEMENT IN FLUSSEINZUGSGEBIETEN

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Konzept als Grundlage für die Bewertung des Wasser- und Stoffaustausches zwischen grundwasserfernen Flächen, Feuchtgebieten und Gewässern entwickelt. Mit diesem Konzept werden die hydrologisch-stofflich bedeutsamen Raumstrukturen und Pfade quantitativ identifiziert, um damit Vorschläge für ein Stoffstrommanagement zur Reduzierung der diffusen Stoffeinträge in Feuchtgebiete und Gewässer machen zu können.

2 Das Pfad-Transformations-Konzept

2.1 Methodische Grundlagen

Grundlage des Pfad-Transformations-Konzeptes ist die Aufteilung des auf die Einzugsgebietsfläche fallenden Niederschlagswassers bzw. des klimatischen Nieder-schlagsüberschusses auf die verschiedenen hydrologischen Fließwege (Pfade), wobei das Durchströmungsmuster, die Verweilzeit im Teilsystem in Verbindung mit dem dabei anzutreffenden hydrologisch-hydrochemischen Milieu über die Potenziale ent-scheiden, die zur Quantifizierung der Stofftransformation heranzuziehen sind.

Zur Abbildung der Wasserpfade im Modell erwies sich eine Abgrenzung folgender Teilsysteme als vorteilhaft: (I) Im System Boden-Vegetation-Atmosphäre des landsei-tigen grundwasserfernen Einzugsgebiets wird zunächst der Niederschlag nach Abzug der vegetationsbedingten Interzeptionsverluste auf die Pfade Evaporation und Transpi-ration aufgeteilt. Der im saisonalen Mittel verbleibende Niederschlagsüberschuss versickert auf ebenen Flächen aus der oberen ungesättigten Bodenzone in die tieferlie-gende gesättigte Zone. Auf geneigten Flächen (Hängen) kann ein Teil des Nieder-schlagsüberschusses bei Sättigung oder bei begrenzter Infiltrationskapazität an der Bodenoberfläche als Landoberflächenabfluss bzw. oberflächennah in Neigungsrich-tung als Interflow abfließen, um entweder in ein Gewässer zu münden, in abflusslosen Senken zu versickern bzw. langsam zu verdunsten. (II) Der Anteil des Niederschlags-überschusses der aus dem System I in die gesättigte Bodenzone versickert (Grundwas-serernährungsgebiet), fließt lateral als Grundwasser (Transitsystem) zu den tieferlie-genden Feuchtgebieten und Gewässern (Grundwasserentlastungsgebiet). Die Verweil-zeit des Grundwassers im Untergrund lässt sich aus der Durchlässigkeit des durch-strömten geologischen Substrates, dem Höhenunterschied der Wasserstände (Piezo-meterhöhen) und der Entfernung vom Gewässer ableiten. Für die Stofftransformation ist von entscheidender Bedeutung, ob bei der dispersiven Grundwasserpassage eine Chemokline (horizontale hydrochemische Grenzschicht im Aquifer) durchströmt wird.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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late

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Fließgewässer - Nordsee

oxisches Grundwasser (5 - 20 m)

anoxisches Grundwasser (20 - 50 m)

tiefes Grundwasser (> 50 m)

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Sickerwasser Acker b (1,4 m)

Sickerwasser Acker a (1,4 m)

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ÖZK

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LANU

Abb.1: Statistische Verteilung der Gesamt-Stickstoffkonzentration von Wässern in Schleswig-Holstein als Ergebnis einer zusammenfassenden Auswertung verschiedener Gewässergüte-Messprogramme des Landesamtes für Natur und Umwelt in Flintbek differenziert nach der Filtertiefe und der Daten zur Sickerwasserqualität zweier, benachbarter, unterschiedlich bewirtschafteter Äcker des Bornhöved-Projektes am Ökologie-Zentrum der Universität Kiel (Quelle: Trepel & Kluge 2001).

Die sprunghafte Änderung im hydrochemischen Milieu führt zum Beispiel dazu, dass der mit dem jungen Grundwasser eingetragene Nitrat-Stickstoff beim Übergang aus der oberen oxischen in die untere anoxische Zone denitrifiziert wird. Der Wasserhaus-halt der Niederungen hängt maßgebend von dem landseitigen Grundwasserzustrom ab. Zum einem kann das an die Oberfläche gelangende Grundwasser verdunsten oder oberirdisch abfließen. Zum anderen wird das teilweise wieder versickernde Grundwas-ser sowie das nicht die Oberfläche erreichende Grundwasser das Feuchtgebiet durch-strömen, um als gesättigte Strömung in die Gewässer überzutreten. In Abhängigkeit von der Morphologie der Niederungsflächen, den geohydraulischen Verhältnissen im Untergrund, der Geometrie bzw. hydraulischen Wirksamkeit der Entwässerungsele-mente und Vorfluter sowie dem Wasserhaushalt der Feuchtgebiet im wechselseitigen Austausch zwischen Einzugsgebiet und Gewässer werden sich in den Feuchtgebieten Wässer verschiedener Herkunft und Genese vermischen (Dall`O´ et al. 2001). Das durch intensive Ackernutzung aus dem landseitigen Einzugsgebiet mit dem jungen oxischen Grundwasser in das Feuchtgebiet eingetragene Nitrat wird dann entsprechend

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DAS PFAD-TRANSFORMATIONS-KONZEPT ALS GRUNDLAGE FÜR EIN WASSER- UND STOFFSTROMMANAGEMENT IN FLUSSEINZUGSGEBIETEN

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denitrifiziert, wenn organogene Schichten mit reduzierendem Milieu durchströmt wer-den. (III) Als dritte Landschaftseinheit sind die Gewässer (Hauptgräben, Flüsse, Seen) mit den ihnen eigenen Strömungs- und Transformationsbedingungen zu nennen. Ein Stoffabbau kann sowohl im Gewässer selber sowie in überfluteten Niederungen erfolgen, wobei die Fließgeschwindigkeiten entsprechend vermindert sind.

Die einzelnen Fließwege unterscheiden sich aufgrund der unterschiedlich langen Ver-weilzeiten, des spezifischen hydrochemischen Milieus und der dabei möglichen Stoff-transformationen deutlich in ihren Konzentrationen (vgl. Abb. 1). Die Stickstoffkon-zentrationen sind besonders in Wässern mit kurzer Verweilzeit hoch; gleichzeitig ha-ben diese Wässer aufgrund unterschiedlicher Bodeneigenschaften, Nutzungsintensitä-ten und variierender Witterungsverhältnisse aber auch die breiteste Streuung der Stoff-konzentrationen. Mit zunehmender Probenahmetiefe nehmen die Stickstoffkonzentra-tionen ebenso wie die Streuung der Messwerte ab. Im Unterschied zu den tieferen Wässern, die eindeutig einem Austauschpfad zugeordnet werden können, vermischen sich Wässer unterschiedlicher Genese, die in quelligen Gebieten an der Oberfläche austreten

2.2 Das Pfad-Transformations-Konzept als entscheidungsunterstützendes System

Das Pfad-Transformations-Konzept bietet die Möglichkeit, die für ein Stoffstromma-nagement wichtigen Pfade in Abhängigkeit von den vorherrschenden geohydrologi-schen Strukturen zu beschreiben und zu quantifizieren. Um eine Anwendung als ent-scheidungsunterstützendes Bewertungssystem in den Umweltverwaltungen zu errei-chen, wird der Grundsatz verfolgt, die für ein Stoffstrommanagement relevanten hyd-rologischen Strukturen nur so komplex wie nötig abzubilden. Bei der Modellierung wird dabei im Sinne eines quasistationären Ansatzes, der für Prognosen unter der Vor-gabe mittlerer (effektiver) Verhältnisse durchaus gerechtfertigt ist, auf die Abbildung der kurzzeitlichen Dynamik verzichtet. Für die quantitative Bewertung der Stickstoff-retention in Feuchtgebieten des norddeutschen Tieflands als erstes Anwendungsbei-spiel wurde das Pfad-Transformations-Konzept in ein lineares Gleichungssystem über-führt. Die dementsprechenden Matrizen sind in Abb. 2 dargestellt. Das Modellsystem WETTRANS besteht aus zwei Eingangsvektoren, die die Wasserzuflüsse aus dem Einzugsgebiet und deren Stoffkonzentration beschreiben. Das Feuchtgebiet wird durch zwei Matrizen beschrieben, über die die zufließenden Eintragspfade auf die aus dem Feuchtgebiet abfließenden Austragspfade verteilt werden und jedem Austragspfad ein austragspfadspezifischer Transformationswert zugeordnet wird. Die Stofftransforma-tion der einzelnen Austragspfade hängt vom vorherrschenden hydrochemischen Milieu ab und nimmt in der Reihenfolge oberflächennahe Durchströmung > Oberflächenab-

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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fluss > Grabenabfluss > Drainageabfluss > Überflutung/Gewässerdurchfluss ab. Die pfadspezifischen Transformationskoeffizienten wurden in einer ersten Annäherung aus Literaturdaten abgeleitet. Wenn die Zufluss- und Abflusskonzentrationen sowie die Wasserverteilung bekannt sind, können die entsprechenden stofflichen Transformati-onswerte für die Niederung berechnet werden. Eine ausführliche Darstellung der mathematischen Grundlagen geben Trepel & Kluge (2001).

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13231

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2

1

Abb. 2: Elemente des Pfad-Transformations-Modelles WETTRANS zur Quantifizie-rung der Wasser- und Stickstoffflüsse/-transformation in Feuchtgebieten mit a = Vek-tor der eintragspfadspezifischen Wassermengen, b = eintragspfadspezifischen Stoff-konzentrationen, C = die Wasserverteilungsmatrix zur Aufsplittung der Eintragspfade auf die Austragspfade des Feuchtgebietes, D = die Stofftransformationsmatrix mit eintrags-austragspfadspezifischen Transformationskoeffizienten, e = Vektor der aus-tragspfadspezifischen Wasserflüsse, f = Vektor der austragspfadspezifischen Stoffkon-zentration und g = Vektor der austragspfadspezifischen Stofffrachten (Quelle: Trepel & Kluge 2001).

Als Ergebnis liefert das Gleichungssystem drei Vektoren für die austragspfadspezifi-schen Wasserflüsse, Stoffkonzentrationen und Stofffrachten.

Zur Erprobung wurden mit dem Pfad-Transformations-Konzept die Wasser- und Stickstoffflüsse in dem Flusstalniedermoor der oberen Eider südlich Kiels quantifiziert (Jensen et al. 2001) (Abb. 3). Das etwa 300 ha große Feuchtgebiet erhält Wasserzu-flüsse und Stickstoffeinträge über acht Eintragspfade. Die longitudinalen Zuflüsse aus dem 120 km² großen vorgelagerten Einzugsgebiet der Eider sowie die transversalen Zuflüsse mit dem jungen oxischen Grundwasser gehen mit entsprechend hohen Gewicht in die Gesamtbilanzen ein. Die Zuflüsse werden im Feuchtgebiet auf sieben Austragspfade verteilt. Das hydrologische Regime im Flusstalniedermoor wird gegen-wärtig durch Entwässerungsgräben sowie ein vertieftes Fließgewässer gesteuert. Aktu-ell werden in dem zum Gewässerabschnitt gehörenden Feuchtgebiet ca. 40 t N a-1

zurückgehalten; wovon über die seitlichen (transversalen) Zuflüsse ca. 12 t N a-1 und

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DAS PFAD-TRANSFORMATIONS-KONZEPT ALS GRUNDLAGE FÜR EIN WASSER- UND STOFFSTROMMANAGEMENT IN FLUSSEINZUGSGEBIETEN

99

über die longitudinalen Pfade, also die gewässerinterne Retention und den Rückhalt bei Überflutungen, ca. 27 t N a-1 transformiert werden (vgl. Tab. 1).

x10 x10River inflow

Old groundwater

Young, anoxic groundwater

Young, oxic groundwater

Interflow

Tile drainage

Surface runoff

Wetland Precipitation

Water distribution Nitrogen distribution

⇓35.6

39.6 ⇒

⇓1.2

⇓5.8

⇓0.6

⇓2.0

⇓0.8

0.3 ⇒

2.0 ⇒

2.5 ⇒

0.3 ⇒

0.1 ⇒

0.1 ⇒

1.2 ⇒

198.0 ⇒

0.1 ⇒

2.0 ⇒

24.8 ⇒

0.1 ⇒

0.4 ⇒

1.8 ⇒

3.2 ⇒

⇓160.4

⇓6.0

⇓20.5

⇓0.7

⇓4.1

⇓0.0

Wat

er in

flo

w (

Mio

. m³

yr-1

)

Nit

rog

en in

flo

w (

t N

yr-1

)

Nitrogen outflow (t N yr-1)Water outflow (Mio. m³ yr-1)

Eva

po

tran

spir

atio

n

Ove

rlan

d f

low

Su

bsu

rfac

e fl

ow

Dit

ch o

utf

low

Dra

in o

utf

low

Riv

er t

hro

ug

hfl

ow

Eva

po

tran

spir

atio

n

Ove

rlan

d f

low

Su

bsu

rfac

e fl

ow

Dit

ch o

utf

low

Dra

in o

utf

low

Riv

er t

hro

ug

hfl

ow

Abb. 3: Wasser- und Stickstoffflüsse im Flusstalniedermoor der oberen Eider unter aktuellen hydrologischen Verhältnissen, mit dem Modellsystem WETTRANS berech-net.

Die Effizienz der Stofftransformation ST oder der Retentionskoeffizient errechnet sich aus Gleichung (1):

∑∑

=

==

⋅−

⋅=m

i

ii

n

j

jj

m

i

ii

CinQin

CoutQoutCinQin

ST

1

11100 (1)

mit Qini und Cini als eintragspfadspezifische Wasserzuflüsse und Stoffkonzentrationen (Index i) und mit Qoutj und Coutj als austragspfadspezifische Wasserzuflüsse und Stoffkonzentrationen (Index j).

Unter aktuellen Bedingungen beträgt die Effizienz der Stickstoffkonzentration für das Gesamtsystem (Gewässerabschnitt mit Feuchtgebiet) 17 %. Die Effizienz der transver-salen Transformation ist mit 37 % mehr als doppelt so hoch und verdeutlicht die große Bedeutung lateraler Fließwege und der daran gekoppelten Transformationspotenziale für ein Stoffstrommanagement, bei dem die diffusen Einträge im Mittelpunkt stehen.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

100

Tab. 1: Stickstofftransformation (t N a-1) und deren Effizienz (ST in %) für transver-salen diffusen Eintrag, die longitudinale Durchströmung und das Gesamtsystem eines Gewässerabschnittes mit Flusstalniedermoor im oberen Eidertal unter aktuellen hydro-logischen Verhältnissen im Vergleich mit drei möglichen hydrologischen Szenarien; Puffer = Pufferzonenmanagement; Fließgewässer = Fließgewässermanagement und deren Kombination als Pufferzonen- und Fließgewässermanagement.

Aktuell Puffer Fließgewässer Kombination (t N a-1) ST (%) (t N a-1) ST (%) (t N a-1) ST (%) (t N a-1) ST (%) Transversal 12.9 37.5 18.0 52.4 12.9 37.5 18.0 52.4 Longitudinal 27.7 14.0 27.7 14.0 45.5 23.0 45.5 23.0 System 40.6 17.5 45.7 19.7 58.4 25.1 63.5 27.3

Eine Prognose zur Effizienz von wasserwirtschaftlichen Maßnahmen wird mit dem Modell durch die Veränderung der Wasserverteilungsmatrix realisiert. Für das Fluss-talniedermoor der Eider bieten sich zwei Managementoptionen an:

• Zum einen können nach dem Rückbau der Drainagen und der Entwässerungsgrä-ben die Transformationspotenziale durch eine intensivere Durchströmung des ober-flächennahen Torfkörpers und eine oberflächenparallele Sickerbewegung aktiviert werden (Pufferzonenmanagement),

• zum anderen ist durch den Verzicht auf eine Gewässerunterhaltung eine längere und häufigere (longitudinale) Überflutung der ufernahen Bereiche möglich (Fließ-

gewässermanagement).

Bei einem Pufferzonenmanagement erhöht sich die Stickstofftransformation im Gesamtsystem um etwa 5 t N a-1, wobei die Effizienz der transversalen Transformation ca. 50 % beträgt (vgl. Tab. 1), d.h. mehr als die Hälfte des lateral zufließenden Stick-stoffs werden im Feuchtgebiet zurückgehalten. Bei einem Fließgewässermanagement erhöht sich der Stickstoffrückhalt um 18 t N a-1, die Effizienz des gesamten System erhöht sich lediglich um ~ 8 %, weil der Zustrom aus dem vorgelagerten Einzugsge-biet den lateralen diffusen Eintrag etwa sechsfach übertrifft (vgl. Zahlen in Abb. 3). Durch eine Kombination beider Managementstrategien könnten etwa 63 t N a-1 zurückgehalten werden.

Mit diesen quantitativen Angaben über die zu erwartenden Stickstofftransformationen können die Umweltämter im Rahmen der Umsetzung von Feuchtgebietsrestitutions-programmen, die Effizienz der Maßnahme im Vorfeld einschätzen und gegebenenfalls genauere Untersuchungen oder die Umsetzung der Maßnahme initiieren.

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DAS PFAD-TRANSFORMATIONS-KONZEPT ALS GRUNDLAGE FÜR EIN WASSER- UND STOFFSTROMMANAGEMENT IN FLUSSEINZUGSGEBIETEN

101

3 Schlussfolgerungen und Ausblick

Die Prognose der Wirksamkeit von Landnutzungsänderungen auf die Stoffausträge und die Stoffretention in Gewässern inklusive ihrer Feuchtgebiete wird im Rahmen der Erstellung von Bewirtschaftungsplänen für Flusseinzugsgebiete zunehmend notwendi-ger. Für die Effizienzabschätzung von Maßnahmen müssen die verwendeten Modell-systeme alle für die Fragestellung relevanten hydrologischen Fließpfade abbilden. Die gegenwärtig verfügbaren prozessbasierten Modellsysteme erfüllen diese besonders für Feuchtgebiete wichtige Forderung nicht. Um der Umweltverwaltung dennoch quanti-tative Angaben über die durch veränderte wasserwirtschaftliche Bedingungen (Ände-rung der Fließwege) zu erwartende Stoffretention machen zu können, wurde das Ent-scheidungssystem WETTRANS entwickelt, das auf einem Pfad-Transformations-Konzept beruht und als Matrix-Modell vorliegt.

Mit diesem Modellsystem können die komplexen Wasser- und Stoffflüsse zwischen grundwasserfernem Umland, Feuchtgebiet und Gewässer quantifiziert werden. Durch die Gegenüberstellung von Ein- und Austragspfaden aus dem Gewässer-Feuchtge-biets-System ist eine Quantifizierung des anthropogenen Einflusses auf die stofflichen Austauschprozesse möglich. In einem ersten Schritt wurde das Modell für Stickstoff an mehreren Fallbeispielen erprobt. Für die Zukunft ist die Erweiterung des Modell-systems für Phosphor geplant. Durch die Koppelung des Modellsystems mit Feuchtge-biets-Regionaltypen, deren Ableitung den Einsatz von prozessbasierten Teilmodellen (Grundwassermodelle, spezielle Feuchtgebietsmodelle usw.) für die einzelnen Austauschpfade erfordert, kann der Einfluss von Feuchtgebieten auf den Landschafts-stoffhaushalt und die Effizienz von Maßnahmen zu deren Wiedervernässung quantifi-ziert werden. Hierzu ist eine Verbindung des neuen Modellkonzeptes mit einem Geographischen Informationssystem notwendig.

Danksagung: Die Entwicklung und Erprobung des Bewertungssystems wurde vom Landesamt für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein finanziell gefördert.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

102

Literatur

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Jensen, K., Granke, O., Hoppe, B., Kieckbusch, J., Trepel, M. & Leiner, U. (2001): Weidelandschaft Eidertal - Naturschutz durch extensive Beweidung und Wieder-vernässung. Petermanns Geographische Mitteilungen 144: 38-49.

Kluge, W. & Jelinek, S. (1999): Anforderungen an die Modellierung des Wasser- und Stofftransportes in Tieflandeinzugsgebieten Schleswig-Holsteins: Erfahrungen aus dem Bornhöved- und Stör-Projekt. In: Fohrer, N. & Döll, P. (Hrsg.): Model-lierung von Wasser- und Stofftransport in großen Einzugsgebieten, S. 135-142. Kassel University Press, 1999.

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Tóth, J. (1999): Groundwater as a geologic agent: an overview of the causes, processes and manifestations. Hydrogeology journal 7: 1-4.

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Trepel, M., Dall'O', M., Dal Cin, L., de Wit, M., Opitz, S., Palmeri, L., Persson, J., Pieterse, N.M., Timmermann, T., Bendoricchio, G., Kluge, W. & Jørgensen, S.E. (2000): Models for wetland planning, design and management. In: Trepel, M. & Opitz, S. (Hrsg.): Guidelines for wetland monitoring, designing and modelling, EcoSys 8: 93-137.

Trepel, M. & Kluge, W. (2001): Entwicklung und Erprobung eines Systems zur Be- wertung des Rückhaltes von Nährstoffen in den Niedermooren Schleswig-Holsteins; Endbericht Teilprojekt 1: Forschungsvorhaben im Auftrag des Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein. 90 S., Kiel.

Winter, T.C. (1999): Relation of streams, lakes, and wetlands to groundwater flow systems. Hydrogeology Journal 7: 28-45.

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MULTISKALIGE ANALYSE DES WASSERTRANSPORTS IM SUBHUMIDEN KLIMA BENINS (WEST-AFRIKA)

103

Multiskalige Analyse des Wassertransports im subhumiden Klima Benins (West-Afrika)

Helge Bormann*), Simone Giertz & Bernd Diekkrüger

Zusammenfassung: Ziel der hydrologischen Modellierung im IMPETUS-Projekt (Integratives Management-Projekt für einen effizienten und tragfähigen Umgang mit Süßwasser in West Afrika) ist die regionale Simulation und Prognose der Wasserflüsse im Benin. Da auf der regionalen Skala keine Validierung der räumlich verteilten Modellergebnisse mit Hilfe von Messungen erfolgen kann, wird der folgende, multiskalige Ansatz verfolgt. Auf Basis von Messungen von Einzugsgebietscharakte-ristika sowie klimatischer und hydrologischer Größen auf der lokalen Skala im Agu-ima-Einzugsgebiet im Norden Benins (ca. 30 km2) werden Parametrisierungsansätze für das TOPLATS Modell (Famiglietti & Wood, 1994) entwickelt, anschließend erfolgt eine Validierung der Modellergebnisse auf der lokalen Skala. Die Parametrisie-rungsansätze sollen dann auf die regionale Skala übertragen werden (Einzugsgebiete des Térou und des Haute vallée de l’Ouémé, 3.000-10.000 km2). Eine „Überprüfung“ der erzielten Modellergebnisse kann dann auf der regionalen Skala nur über den Ver-gleich gemessener und simulierter Abflussganglinien bzw. Wasserbilanzen sowie über die Nutzung von Fernerkundungsdaten zum Abgleich räumlicher Strukturen erfolgen.

Abstract: The main goal of the hydrological part within the IMPETUS project (an integrated approach to the efficient management of scarce water resources in West Africa) is the regional modelling of the hydrological processes of the land phase. As a validation of the simulation results is not feasible at the regional scale, a multi scale approach is proposed. Based on pedological and hydrological measurements at the local scale (30 km2) a parameterisation scheme for the TOPLATS approach (Famiglietti & Wood, 1994) is developed. After the validation at the local scale a regional model application based on the parameterisation rules developed at the local scale will be performed. On the regional scale for the Térou and the upper Ouémé catchment (3.000-10.000 km2) only gauge data are available to compare model results to measured values. Remote sensing data may be used to identify spatial structures of state variables.

*) Geograph. Inst. der Univ. Bonn, Meckenheimer Allee 166, 53115 Bonn, email: [email protected]

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

104

1 Einführung – IMPETUS-Projekt

Das IMPETUS Projekt (Integratives Management - Projekt für einen effizienten und tragfähigen Umgang mit Süßwasser in West-Afrika) ist ein interdisziplinäres und anwendungsbezogenes Forschungsvorhaben der Universitäten zu Köln und Bonn, bei dem ein nachhaltiges Management der knappen Ressource Wasser im Vordergrund steht. Eine detaillierte Beschreibung des gesamten Projektes ist Diekkrüger & Speth (2002) zu entnehmen. Randbedingung des Projektes ist die sowohl nördlich als auch südlich der Sahara seit den 70er Jahren anhaltende Dürreperiode (Maiga, 1998), die die Bedeutung des Wassers in Afrika als wertvolles Gut noch verschärft. Die Projektphilosophie von IMPETUS, Wasserverbrauch und Wasserdargebot anwendungsorientiert zu betrachten, erfordert eine enge Zusammenarbeit naturwissenschaftlicher und sozioökonomischer Disziplinen. Die Lösung derzeitiger und zukünftiger Probleme im Hinblick auf die Wasserversorgung ist nur mit einem interdisziplinären holistischen Ansatz erfolgversprechend und spiegelt sich im formalen Aufbau des Projektes wider (Diekkrüger, 2002).

Die Arbeiten des IMPETUS-Projekts konzentrieren sich auf zwei Einzugsgebiete in West-Afrika, das Drâa-Einzugsgebiet in Marokko nördlich der Sahara, und das Ouémé-Einzugsgebiet im Benin südlich der Sahara. Es wird vermutet, dass die Kli-mate beider Gebiete über Telekonnektionsprozesse zusammenhängen (Lamb & Peppler, 1991). Die Kon-zepte für die Analyse der hydrologischen Prozesse im semi-ariden bis ariden Drâa-Einzugsgebiet und im sub-humiden Ouémé-Einzugsge-biet unterscheiden sich auf-grund der naturräumlichen Ausstattung der Gebiete deutlich und sind bei Diekkrüger & Speth (2002) beschrieben.

Abb.IMPEund d

1: Lage der Untersuchungsgebiete von TUS in West-Afrika: der Wadi Drâa (Marokko) as Haute vallée de l’Ouémé (HVO, Benin).

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MULTISKALIGE ANALYSE DES WASSERTRANSPORTS IM SUBHUMIDEN KLIMA BENINS (WEST-AFRIKA)

105

Das Ouémé-Einzugsgebiet im Benin wurde unter anderem deshalb als Untersuchungs-raum für das IMPETUS-Projekt ausgewählt, da es sich dabei um ein typisches Einzugsgebiet der subhumiden Tropen Afrikas handelt. Das Klima des Ouémé-Gebiets zeichnet sich durch je eine ausgeprägte Trocken- und Regenzeit aus. Der jährliche Niederschlag liegt im Untersuchungsraum bei ca. 1.000-1.200 mm/a. Die zum großen Teil degradierte Vegetation der Feuchtsavanne weist somit eine starke jahreszeitliche Variabilität auf. Große Bereiche der Region sind landwirtschaftlich genutzt, wobei Yams, Baumwolle, Mais, Maniok, Anacardium und Erdnüsse Hauptnutzungsarten sind. Dominierende Böden sind Ferralsole. Sie sind zum großen Teil stark lessiviert und weisen oft Konkretionen und Sesquioxide auf. Lokal kommt es zur Ausbildung von verhärteten Lateritkrusten.

2 Multiskaliger Ansatz der hydrologischen Modellierung

2.1 Grundidee des multiskaligen Ansatzes

Die Basis der hydrologischen Arbeiten im Benin bilden die Geländearbeiten im Aguima-Einzugsgebiet im Benin. In dem ca. 30 km2 großen Einzugsgebiet wurden zu Beginn des Projektes Klima-, Bodenwassermess- und Abflusspegelstationen einge-richtet. Sie liefern zum einen die von Modellen benötigten Eingangsdaten und dienen zum anderen der Überprüfung der Modellergebnisse anhand von Wasserbilanzgrößen und der Dynamik von Zustandsgrößen auf der lokalen Skala. Mithilfe zahlreicher, vor allem bodenphysikalischer Messungen werden die Eigenschaften des untersuchten Einzugsgebietes erfasst. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf die räumliche Variabilität der Eigenschaften bzw. Zustandsgrößen gelegt.

Basierend auf den Messungen auf der lokalen Skala wird das Wassertransportmodell TOPLATS (Topmodel based atmosphere transfer scheme) angewendet, das im Kapitel 2.3 kurz vorgestellt wird. Bei der kleinskaligen Anwendung besteht die Möglichkeit, das Modell über die durchgeführten Messungen am Boden und an Pflanzen genauer zu parametrisieren, als es bei der Nutzung operationell verfügbarer Daten möglich ist (Bodenkarte, Vegetationsklassifizierung). Dieser Vorteil im Vergleich zur regionalen Skala soll für die Entwicklung von Parametrisierungsregeln genutzt werden, um bei der anschließenden regionalen Modellanwendung von den Erfahrungen auf der lokalen Skala zu profitieren. Auf der regionalen Ebene sind keine flächendeckenden Messun-gen mehr möglich, operationelle Daten müssen für den Betrieb des Modells und zur Überprüfung der Modellergebnisse ausreichen (Abb. 2).

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

106

Lokale Messungen(Klima, Bodenwasser, Abfluss...)

Lokale Modellierung (3-30 km2)Validierung mit lokalen Messungen

(Bodenwasser, Abfluss, Verdunstung)

Regionale Modellierung (400 – 10.000 km2)Verwendung lokaler Parametrisierung

Abgleich mit Abflussmessungen

Überprüfung durch Fernerkundungsdaten

Abb. 2: Multiskaliger Ansatz der hydrologischen Modellierung im Benin – Aufsetzen des regionalen Modells auf der lokalen Modellanwendung und auf lokalen Messungen.

2.2 Messkonzept auf der lokalen Skala

Die bestehenden hydrologischen Untersuchungen andere Projekte in Benin, wie z.B. das CATCH-Projekt (CATCH, DH, IRD (1999)) beschränken sich vor allem auf großskalige Untersuchungen, so dass zum Verständnis der hydrologischen Prozesse detaillierte, kleinräumige Untersuchungen notwendig sind, die dann als Grundlage für eine regionale Modellanwendung dienen.

Die Basis der kleinskaligen hydrologischen Arbeiten im Benin bilden die Geländear-beiten im Aguima-Einzugsgebiet, das im oberen Ouémé-Einzugsgebiet liegt. In die-sem ca. 30 km² großen Einzugsgebiet werden alle kleinräumigen Untersuchungen des IMPETUS-Projektes (Bodendegradation, Hydrogeologie, Vegetationsdynamik, Mik-rometeorologie) durchgeführt.

Zu Beginn des Projektes wurden im Aguima-Einzugsgebiet drei Klimastationen, zwei Bodenwassermessstationen sowie vier Abflusspegelstationen eingerichtet. Die vier Schwimmerpegel wurden so installiert, dass sie Einzugsgebiete unterschiedlicher Aus-dehnung (3, 7, 17 km²) und Landnutzung definieren. Die beiden Teileinzugsgebiete mit der geringsten Einzugsgebietsgröße (ca. 3 km²) weisen eine unterschiedliche Landnutzung auf (Savanne und Ackernutzung), so dass ein Vergleich der Abflussbil-dung im landwirtschaftlich geprägtem und natürlichem Einzugsgebiet ermöglicht wird. Mit Hilfe von zahlreichen Abflussmessungen wurde für jeden Pegel eine Wasser-stands-Abfluss-Beziehung erstellt, auf deren Grundlage dann für jeden vom Schwim-

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MULTISKALIGE ANALYSE DES WASSERTRANSPORTS IM SUBHUMIDEN KLIMA BENINS (WEST-AFRIKA)

107

merpegel aufgezeichneten Wasserstand die Abflussmenge berechnet werden kann. Auf dieser Grundlage wurden für alle Pegel Abflussganglinien erstellt.

Im Bereich dieser kleinen Teileinzugsgebiete wurden auch die Bodenwasserstationen auf je zwei im jeweiligen Gebiet dominierenden Landnutzungen installiert (Ackernut-zung: Mais, Baumwolle; natürliche Vegetation: savanne boisée, forêt claire). Die Bodenwasserdynamik wird pro Testfläche durch je vier TDR-Sonden und vier Tensi-ometer, die in vier Tiefen installiert wurden, kontinuierlich in einem 10min- Intervall erfasst. Da die Messgeräte zu Beginn der Regenzeit installiert wurden, konnte die gesamte Abflussperiode des Jahres 2001 im Aguima-Einzugsgebiet erfasst werden.

Im Rahmen der kleinräumigen Untersuchungen wurden zahlreiche bodenphysikalische Messungen durchgeführt, die vor allem als Eingabeparameter für die hydrologische Modellierung dienen. Eine intensive Beprobung wurde im oberen Aguima-Einzugsge-biet durchgeführt, wo in hoher räumlicher Dichte gestörte Bodenproben entnommen wurden, um Korngrößenanalysen durchzuführen. Die ungestörten Bodenproben zur Messung der gesättigten hydraulischen Leitfähigkeit und zur Bestimmung der Ku- und pF-Kurve wurden in drei Tiefen an repräsentativen Bodenprofilen entnommen. Eine Regionalisierung dieser bodenhydrologisch bedeutsamen Parameter erfolgt durch die Zuordnung zur räumlich in höherer Dichte bestimmten Textur. Die gewonnenen bodenphysikalischen Ergebnisse können so auch mit Hilfe der vorhandenen Boden-karte (1:200.000) auf die regionale Skala übertragen werden.

2.3 Das Modellsystem TOPLATS

Das Modell TOPLATS (Famiglietti & Wood, 1994) stellt eine Kombination der Simulation der lokalen, vertikalen Wasserflüsse von Rasterzellen mit einem SVAT-Schema und deren laterale Umverteilung des Wassers nach dem TOPMODEL-Ansatz dar. TOPLATS wird bereits in der Atmosphärenmodellierung in IMPETUS als Land-oberflächenschema eingesetzt und bildet so eine günstige Schnittstelle zwischen Meteorologie und Hydrologie. Zudem werden die in subhumiden Klimazonen wesent-lichen hydrologischen Prozesse vom Modell dargestellt (Abb. 3). Der Boden wird in Form von zwei Schichten diskretisiert, die Berechnung der Verdunstung erfolgt nach Penman-Monteith oder nach der Energiebilanzmethode. Die laterale Umverteilung des Wassers wird über die Anpassung der lokalen Grundwasserstände durchgeführt, die sich aus einem mittleren Gebietsgrundwasserstand berechnen lassen.

Bei der Modellanwendung kann zwischen einem räumlich verteilten und einem statistischen Modus gewählt werden (Peters-Lidard et al., 1995). Beim räumlichen verteilten Modus werden die Wasserflüsse aller Rasterzellen für jeden Zeitschritt

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

108

berechnet, wohingegen beim statistischen Modus Verteilungsfunktionen der Schlüs-seleigenschaften gebildet (z.B. des soils-topographic index) und im Anschluss Simu-lationen für alle gebildeten Intervalle der Verteilungsfunktionen der Schlüsselparame-ter (bzw. der Kombinationen der Funktionen) durchgeführt werden.

Topographischer Index

Klimadaten

BodenkarteBodenparameter

Vegetationskarte(aus FE-Daten)

Vegetationsparameter

������������ ���� ���

�������� � �� ������ ���� ���

lateraler Abfluss

Perkolation

Perkolation

Oberflächen-abfluss

kapillarer Aufstieg

kurz- und langwelligeStrahlung

Niederschlag

Wurzelzone

Übergangszone

TranspirationInterzeption

Kapillarsaum

Evaporation

������� ����������������� ���� ������

�������

Infiltration

Abb. 3: Darstellung der vom Modell TOPLATS berücksichtigten Prozesse und der benötigten zeitlichen und räumlichen Eingabedatensätze.

2.4 Datenverfügbarkeit auf der regionalen Skala

Neben den eigenen Messungen auf der lokalen Skala stehen auf der lokalen und regio-nalen Skala folgende wesentliche Basisdaten zur Verfügung:

• Die Bodenkarte 1:200.000 für den Benin (Faure (ORSTOM), 1977),

• Die globale USGS-Landnutzungsklassifizierung (1 km-Raster),

• Das globale USGS-DGM im km-Raster für den Benin sowie für Teilgebiete ein von der topographischen Karte 1:200.000 abgeleitetes DGM (100 m-Raster),

• Wetterdaten von 6 Stationen im Benin (ca. 50 km Entfernung des Untersuchungsgebietes zur nächstgelegenen Station),

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MULTISKALIGE ANALYSE DES WASSERTRANSPORTS IM SUBHUMIDEN KLIMA BENINS (WEST-AFRIKA)

109

• Niederschlagsdaten von einer Reihe von Stationen des französischen Projektes CATCH (couplage de l'atmosphère tropicale et du cycle hydrologique, IRD),

• Pegeldaten für größere Flüsse (Aguimo, Térou, Ouémé) mit Einzugsgebieten von ca. 400 – 10.000 km2.

Die verfügbaren Daten stellen eine gute Basis für Modellanwendungen dar, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Datenquellen nicht die in Mitteleuropa gewohnten Infor-mationen enthalten. Z.B. ist die Bodenkarte stark geologisch orientiert, und es ist schwierig, für die ausgewiesenen Bodeneinheiten Korngrößenzusammensetzungen abzuleiten.

3 Ergebnisse

3.1 Messergebnisse auf der lokalen Skala

Erste Auswertungen der Zeitreihen der Niederschläge, der Bodenfeuchte und des Abfluss zeigen in der Regenzeit eine schnelle Reaktion des Abflussgeschehens auf Niederschlagsereignisse. Die Bodenfeuchte zeigt nur im Oberboden deutliche Erhö-hung der Werte durch die Niederschlagsereignisse. Schon in 30 – 50 cm Tiefe sind nur noch geringe Reaktionen auf die Niederschläge zu erkennen, wobei die Eindringtiefe von der Präsenz stauender Horizonte abhängt. Aufgrund der geringen Einzugsgebiets-fläche (3.2 km²) tritt auch an den Vorfluter-Pegeln eine schnelle Reaktion auf. Abbil-dung 4 zeigt die Ergebnisse der Bodenfeuchtemessungen der Messstation der Land-nutzung ‚forêt claire’ und der Abflussganglinie der Pegelstelle‚ oberes Aguima-Einzugsgebiet’ während einer Periode mit intensiven Niederschlagsereignissen Ende September 2001.

Neben den ereignisbasierten Auswertungen kann auch die längerfristige Aufsättigung der Böden zu Beginn der Regenzeit sehr gut verfolgt werden. Diese erfolgt in Abhän-gigkeit von der Landnutzung und je nach Vorhandensein von Stauhorizonten unter-schiedlich schnell.

Die Modellierung der hydrologischen Prozesse auf der lokalen Skala wird analog zur regionalen Modellierung mit dem SVAT-Modell TOPLATS durchgeführt. Die Modellanwendung findet in den Einzugsgebieten der vier installierten Pegel (3 – 17 km²) statt. Die klimatologischen und bodenphysikalischen Messdaten sowie die Ergebnisse anderer IMPETUS-Teilprojekte (z.B. Vegetationsparameter) bilden dabei eine sehr gute Datengrundlage für die lokale Modellierung. Für die Modellvalidierung stehen neben den Abflussdaten der vier Pegel auch die Messdaten der Bodenwasser-

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

110

dynamik unter verschiedenen Landnutzungen und in verschiedenen Tiefen sowie Transpirationsmessungen (Messung des Saftfluss (sap flow) an unterschiedlichen Pflanzenarten, Eddy-Kovarianz-Messungen) der Mikrometeorologen des Projektes zur Verfügung.

0

100

200

300

400

500

600

18.0

9.01

20.0

9.01

22.0

9.01

23.0

9.01

25.0

9.01

27.0

9.01

29.0

9.01

[l/se

c]

Abfluss oberes Aguima-Einzugsgebiet

15

20

25

30

35

40

Bod

enfe

ucht

e [V

ol-%

]

0

5

10

15

20

25

30

Nie

ders

chla

g [m

m]

0 - 20 cm 30 - 50 cm 80 - 100 cm 120 - 140 cm

Abb. 4: Abflussganglinie (oberes Aguima-Einzugsgebiet) und Bodenfeuchte der Sta-tion ‚forêt claire’ in vier Tiefen in einer niederschlagsreichen Periode Ende September 2001.

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MULTISKALIGE ANALYSE DES WASSERTRANSPORTS IM SUBHUMIDEN KLIMA BENINS (WEST-AFRIKA)

111

3.2 Sensitivitätsanalyse von TOPLATS

Im Rahmen der ersten Modellanwendungen auf der regionalen Skala wurde eine Sen-sitivitätsanalyse einiger ausgewählter Boden-, Pflanzen- und Basisabflussparameter durchgeführt. Dabei handelte es sich um drei Bodenparameter aus der Brooks & Corey Parametrisierung (gesättigte Wasserleitfähigkeit (Ks), Sättigungswassergehalt (�s) und ����������������#�%���� ��r)), um die Pflanzenparameter Stomatawiderstand, Blattflä-chenindex und kritischer Bodenwassergehalt sowie um den Basisabfluss bei Sättigung eines Einzugsgebietes und den Exponenten der Reduktionsfunktion.

Auffällig ist, dass sich einige Parameter - insbesondere des Ks-Wert - in der Umge-bung der für Simulationen ausgewählten Parameterwerte sehr sensitiv verhalten. Die ermittelten jährlichen Abflusssummen verändern sich bei Verringerung des Ks-Wertes um Faktor 4 um Faktor 170 (Abb. 5). Bei einer Reduktion des für Wassertransport im Boden verfügbaren Porenraums um 10% kommt es ebenfalls zu einer erheblichen Steigerung der Abflusskomponenten um Faktor 23. Man kann also erkennen, dass es bei einer leicht veränderten Wahl der Bodenparameter zu einer drastischen Änderung des Simulationsergebnisses kommen kann. Um so mehr Bedeutung kommt damit einerseits der Wahl der Parameter und andererseits der Durchführung einer umfassen-den Sensitivitätsanalyse zu, um möglichst alle Parameter, die sich in sehr sensitiven und damit für deren Auswahl kritischen Wertebereichen befinden, auf deren Einfluss zu untersuchen.

Sensitivität des Ks-Werts

0

25

50

75

100

125

150

175

0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0

relativer Ks-Wert

rel.

Was

serf

lüss

e

rel. Basis rel. Inf-Exc rel. Sat-Exc

Abb. 5: Abhängigkeit der berechneten relativen Abflusskomponenten von der gesät-tigten Wasserleitfähigkeit des Bodens (Ks) in TOPLATS. Der relative Ks-Wert stellt das Verhältnis des aktuellen zu dem aus der Bodenkarte mittels Pedotransferfunktion abgeleiteten Wert dar, die relativen Wasserflüsse das Verhältnis zu den aus der Stan-dardsimulation resultierenden Wasserflüssen (Basis = Basisabfluss, Inf-Exc = Infiltra-

tion Excess Runoff, Sat-Exc = Saturation excess Runoff).

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

112

3.3 Modellergebnisse auf der regionalen Skala – Validierung?

Erste Simulationen des Wasserhaushaltes sind für das Einzugsgebiet des Térou (ca. 3.000km2) durchgeführt worden, das ein Teileinzugsgebiet des oberen Ouémé ist. Basis dafür waren die in Kapitel 2.4 aufgeführten Basisdaten, die als Modelleingabe-daten dienten und von denen auch die Modellparameter abgeleitet werden mussten (ergänzt um Literaturwerte (Koch, 2001)). Den Vergleich einer simulierten mit der gemessenen Ganglinie zeigt Abbildung 6. Der generelle Jahresgang wird gut wieder-gegeben, allerdings werden die Spitzen zum Teil stark über- oder unterschätzt. Neben der Parameterunsicherheit aufgrund der Datenlage ist dies auch durch die hohe raum-zeitliche Variabilität der Niederschläge begründet. Bei dieser Simulation wurde erst mit den Daten einer Niederschlagsstation gerechnet, bei Verwendung mehrerer, das Gebiet abdeckender Stationen ist mit besseren Ergebnissen zu rechnen.

Abfluß Terou 1996 Wochenmittelwerte

0

50

100

150

200

250

300

0 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44 48 52

Jahres-Woche

Ab

flu

ß [

m3/

s]

gemessen (CATCH)simuliert (TOPLATS)

Abb. 6: Vergleich der gemessenen mit der von TOPLATS simulierten wöchentlichen Abflussganglinie für den Térou am Pegel Wanou (ca. 3.000 km2) für das Jahr 1996. Zu beachten ist der Ausfall der Messgeräte von der 27. bis 30. Kalenderwoche.

Auffällig ist eine sehr starke Abhängigkeit der räumlichen Struktur der Modellzu-standsgrößen (z.B. Bodenfeuchte) zum Eingangsdatensatz des topographischen Index. Die Struktur der Eingangsdaten spiegelt sich auch eindeutig in den Modellergebnissen (z.B. der Evapotranspiration) wider. Dies macht die Bedeutung bestimmter Eingabe-datensätze für die erzielten Ergebnisse deutlich. Ein fehlerhaftes DGM kann somit

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MULTISKALIGE ANALYSE DES WASSERTRANSPORTS IM SUBHUMIDEN KLIMA BENINS (WEST-AFRIKA)

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nicht zu exakten Ergebnissen führen. Aufgrund der bestehenden Unsicherheiten in den Eingangsdaten und den geschätzten Parametern ist demnach auch mit erheblichen Unsicherheiten in den Modellergebnissen zu rechnen. Durch Optimierung der Daten-sätze (DGM, Landnutzungsklassifizierung) und zusätzliche Erhebung von Daten im Feld (stichprobenartige Beprobung der regionalen Bodeneinheiten) soll versucht wer-den, die Unsicherheiten zu verringern.

Validieren lassen sich die räumlich verteilten Modellergebnisse auf der regionalen Skala nicht, es ist lediglich ein Vergleich mit gemessenen Abflüssen möglich, die aber selbst aufgrund der zugrunde liegenden Wasserstands-Abfluss-Beziehung unsicher sind. Hierzu ist der Zwischenschritt der lokalen Modellanwendung notwendig, da auf der lokalen Skala Zustandsgrößen und Flüsse gemessen werden können und deren Dynamik sowie Bilanzen mit Modellgrößen verglichen werden können. Vergleichs-größen sind die gemessene Bodenwasserdynamik, Verdunstungsmessungen einzelner Pflanzen und die Pegeldaten verschiedener und verschieden großer Einzugsgebiete.

4 Bewertung der bisherigen Ergebnisse

Die Bewertung der ersten erzielten Ergebnisse muss im Hinblick auf die Datenlage und mit Kenntnis der Verlässlichkeit der erhobenen Daten erfolgen. Auf dieser Grundlage sind die ersten Ergebnisse der Modellanwendung auf regionaler Skala zufrieden stellend. Die Güte der Ergebnisse muss also in jedem Fall in Beziehung zur Unsicherheit der Eingangsdaten und Parameter gesetzt werden. Nachdenklich stimmt die teilweise hohe Sensitivität der untersuchten Bodenparameter vor dem Hintergrund der großen Fehleranfälligkeit bei der Parameterschätzung. Dies scheint eins der Haupt-Problemfelder zu sein. Gearbeitet werden muss daher an der Optimierung der Daten-basis und an einer umfassenden Sensitivitätsanalyse, die eine Abschätzung über die Auswirkungen falsch geschätzter Parameter erlaubt.

Ziel der Arbeiten muss der Versuch einer möglichst umfassenden Überprüfung der Modellergebnisse bleiben. Sie kann nicht nur über den Vergleich mit gemessenen Ganglinien erfolgen, die aufgrund der veränderlichen Gerinnegeometrie selber stark fehleranfällig sind. Es wird versucht, neben der unerlässlichen Validierung auf der lokalen Skala eine innere Überprüfung des Modells über genestete Einzugsgebiete durchzuführen. Weiterhin scheint die Nutzung von Fernerkundungsdaten in den relativ wenig untersuchten und unzugänglichen Savannengebieten das größte Potential zu haben. Nur so können mit vertretbarem Aufwand räumliche Strukturen von Eigen-schaften bestimmt werden.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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Danksagung: Die Autoren danken dem BMBF (Fördernr. 07 GWK 02) sowie dem MSWF Nordrhein-Westfalen (Fördernr. 514-21200200) für die Förderung des IMPE-TUS-Projektes im Rahmen der GLOWA-Ausschreibung. Thanks also to the research group of Eric Wood (Princeton) to provide us the TOPLATS program code. Et un grand merci au projet CATCH, au Service de l’Hydraulique et au Service Météorologique du Bénin pour tous les données qui sont indispensable pour nos applications du modèle hydrologique.

Literatur

CATCH, Direction de l’Hydraulique (DH), Institut de Recherche pour le développement (IRD) (1999): Projet CATCH/Bénin: Présentation du site de l’observatoire hydrométéorologique de la haute vallée de l’Ouémé. Cotonou.

Diekkrüger, B. & Speth, P. (2002): Das GLOWA-IMPETUS-Projekt, Ideen und Kon-zepte. Münchener Geographische Abhandlungen (in Druck).

Famiglietti, J.S. & Wood, E.F. (1994): Multiscale modelling of spatially variable water and energy balance processes. Water Resources Research (30/11), S. 3061-3078.

Faure, P. (1977): Notice explicative No. 66(4), Carte pédologique de reconnaissance de la République du Bénin à 1:200.000, feuille de Djougou. ORSTOM, Paris.

Koch, H. (2001): Hydrologische Simulation des Aguimo-Gebietes, Benin. Unveröf-fentlichte Diplomarbeit, Geographisches Institut, Universität Bonn.

Lamb, P.J. & Peppler, R.A. (1991): West Africa. In: Glantz, M., Katz, R.W. & Nicholls, N. (Hrsg.): Teleconnections linking worldwide climate anomalies, Section 5, S. 121-188.

Maiga, H.A. (1998): Effets des sécheresse et étiages dans le bassin moyen du fleuve Niger au Mali. IAHS Publication 252, S. 437-442.

Peters-Lidard et al. (1997) : A soil-vegetation-atmosphere transfer scheme for modelling spatially variable water and energy balance processes. Journal of Geophysical Research (102/D4), S. 4303-4324.

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VALIDIERUNG DES NIEDERSCHLAGS IN GLOBALEN KLIMAMODELLEN

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Validierung des Niederschlags in globalen Klimamodellen

Stefan Hagemann*)

Zusammenfassung: Die Validierung des Niederschlags, der von einem globalen Modell der allgemeinen atmosphärischen Zirkulation (GCM) simuliert wurde, stellt ein großes Problem in der Klimaforschung dar. Da GCMs den Niederschlag auf einem globalen Modellraster simulieren, sollten für eine angemessene Validierung ebenfalls Beobachtungsdatensätze auf einem globalen Raster herangezogen werden. Die vorhandenen globalen Niederschlagsdatensätze weisen jedoch diverse Defizite auf, die sich zudem zwischen Beobachtungen über Land und Wasser sehr stark unterscheiden. Die vorliegende Abhandlung fasst die Probleme und Unsicherheiten in den vorhandenen Datensätzen zusammen und geht auch kurz auf alternative Methoden und Datensätze zur Niederschlagsvalidierung ein. Generell kann festgestellt werden, dass die Datenlage über Land in vielen Regionen der Erde vergleichsweise gut aussieht, insbesondere für die Zeit ab 1979, wohingegen das Wissen über die tatsächliche Niederschlagsverteilung über den Ozeanen mit einer hohen Ungewissheit behaftet ist.

1 Einleitung

Der hydrologische Kreislauf spielt eine wichtige Rolle für das Klima der Erde. Mit diesem Kreislauf ist ein kontinuierlicher Austausch von Wasser, Energie und Spurenstoffen (z. B. CO2) zwischen der Atmosphäre, der Landoberfläche und den Ozeanen verbunden. In einem globalen Modell der allgemeinen atmosphärischen Zirkulation (GCM) wirkt sich die Qualität der Simulation des hydrologischen Kreislaufs maßgeblich auf die Güte der Ergebnisse aus. Hierbei ist speziell die Qualität des simulierten Niederschlages von zentraler Bedeutung. Die Validierung des Niederschlags, der von einem GCM simuliert wurde, stellt jedoch ein großes Problem in der Klimaforschung dar, weil die zur Verfügung stehenden Niederschlags-Datensätze zum Teil mit großen Unsicherheiten behaftet sind. Da GCMs den Niederschlag auf einem globalen Modellraster simulieren, sollten für eine angemessene Validierung ebenfalls Beobachtungsdatensätze auf einem globalen

* Max-Planck-Institut für Meteorologie, Bundesstr. 55, 20146 Hamburg, Tel. 040-41173-101 (Fax -366),

[email protected], http://www.mpimet.mpg.de/~hagemann.stefan

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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Raster herangezogen werden. Über Land sind diverse globale Gebietsniederschlags-Datensätze verfügbar, die aus Stationsmessungen abgeleitet sind. Kap. 2 geht diese Datensätze und die damit verbundenen Probleme ein. Die Niederschlagsdatensätze über den Ozeanen sind dagegen aus Satellitenmessungen abgeleitet, so dass hier andere Probleme auftreten, die in Kap. 3 behandelt werden. Kap. 4 stellt einige alternative Methoden und Datensätze vor, mit denen der GCM-Niederschlag validiert werden kann.

2 Globale Beobachtungsdatensätze über Land

Wie in Kap. 1 erwähnt, sind für die Validierung des Niederschlags eines GCMs Gebietsniederschläge notwendig, die auf einem globalen Raster vorliegen. Über Land existiert ein weltweites Netz von Niederschlags-Messstationen, die zur Erstellung solch eines Rasters herangezogen werden können. Die Dichte dieses Netzes ist jedoch von Region zu Region sehr unterschiedlich, so dass damit auch die Güte eines Rasterdatensatzes regional stark variieren kann, da eine hinreichende Verteilung von Messstationen über eine Gitterzelle notwendig ist, um aus deren Messungen einen Niederschlagswert zu erstellen, der für die Rasterzelle repräsentativ ist. Hinzu kommt, dass auch zeitlich die Verfügbarkeit von Messdaten regional stark unterschiedlich ist. Daher muss für Rasterzellen, in denen kaum oder gar keine Messdaten zur Verfügung stehen, ein Wert durch eine geeignete Interpolation aus Messdaten aus benachbarten Zellen erstellt werden. Da die Niederschlagsmessung mit je nach verwendetem Messinstrument unterschiedlichen systematischen Fehlern behaftet sind, sorgt dies zusätzlich für regionale Qualitätsunterschiede. Insbesondere bei Schneefall ist die Unterschätzung der Niederschlagshöhe sehr erheblich.

Als globale Niederschlagsdatensätze mit langjährigen Monatsmittelwerten über Land stehen derzeitig die Datensätze von CMAP, CRU, GPCC und GPCP zur Verfügung, deren Eigenschaften in Tab. 1 angegeben sind.

Auch wenn sich globale Niederschlagsdatensätze generell über Land ziemlich ähnlich sind, da sie mehr oder weniger auf das gleiche Beobachtungsnetz zurückgreifen, existieren in bestimmten Regionen deutliche Unterschiede. In Abb. 1 ist die mittlere Verteilung des Niederschlages in dem allen 4 Datensätzen gemeinsamen Zeitraum 1986-1993 abgebildet. Für dieses mehrjährige Mittel weisen die 4 Datensätze erwartungsgemäß recht große Übereinstimmungen auf, im Detail sind jedoch quantitative Unterschiede festzustellen. Diese Unterschiede resultieren vor allem aus den von einander abweichenden Ensembles der jeweils verwendeten Messstationen sowie daraus, ob und wie der systematische Messfehler korrigiert wurde. Dass außerdem unterschiedliche Interpolationsverfahren zur Berechnung der

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VALIDIERUNG DES NIEDERSCHLAGS IN GLOBALEN KLIMAMODELLEN

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Gebietsniederschläge aus Punktmessungen verwendet wurden, spielt eher eine untergeordnete Rolle.

Tab. 1. Globale monatliche Niederschlagsdatensätze über Land: CMAP (CPC Merged Analysis of Precipitation; Xie and Arkin, 1997), CRU (Climate Research Unit, New et

al., 2000), GPCC (Global Precipitation Climatology Centre; Rudolf et al., 2000), GPCP (Global Precipitation Climatology Project; Huffman et al., 1997).

Datensatz Auflösung Periode Datenbasis

CMAP 2.5° 1979-99 Satelliten + GPCC 6500 Stationen, syst. Fehler nicht korrigiert

CRU 0.5° 1901-96 Varierende Anzahl (7000 in 1986, 4000 in 1993) an Stationen, syst. Fehler nicht korrigiert

GPCC 1.0° 1986-00 6500 Stationen, syst. Fehler nicht korrigiert

GPCP 2.5° 1979-00 Satelliten + GPCC 6500 Stationen, syst. Fehler pauschal korrigiert

Die Verfügbarkeit der Messstationen innerhalb einer Gitterbox und somit die Dichte der Punktmessungen wirkt sich besonders auf die Qualität des Gebietsniederschlages in datenarmen Regionen aus. So ist zum Beispiel die Stationsdichte, auf welcher der CRU-Datensatz beruht, für viele Gebiete (zeitlich und räumlich) nicht ausreichend hoch, als dass eine Auflösung von 0.5 Grad gerechtfertigt wäre (Rudolf, persönliche Mitteilung, 2001). Nicht in den Vergleich einbezogen werden konnte der im GPCC jüngst fertig gestellte Datensatz auf der Basis von mehr als 30.000 Stationen für den Zeitraum 1986-1995.

Da Beobachtungsdaten, wie sie übermittelt und archiviert werden, teilweise Ablese-, Kodierungs- oder Formatierungsfehler enthalten können, ist eine angemessene Qualitätskontrolle notwendig. Diese ist speziell für die GPCC-Daten sehr aufwendig durchgeführt worden, wohingegen die für die CRU-Analysen verwendeten Daten zu einem größeren Teil noch Fehler enthalten (Rudolf, persönliche Mitteilung, 2001).

Generell ist der GPCP-Niederschlag größer als bei den anderen drei Datensätzen. Dies liegt daran, dass in den GPCP-Daten eine pauschale Korrektur nach Legates und

Wilmott (1990) verwendet wurde, um eine systematische Unterschätzung des Niederschlags durch die Messinstrumente auszugleichen und so die Güte der Gebietsniederschläge zu verbessern. Die verwendete Korrekturmethode beruht aber auf über unterschiedlichen historischen Zeiträumen (in der Spanne von 1900 bis 1970) gemittelten Schätzungen des Schneeanteils im Niederschlag, so dass der Korrekturzuschlag für die schneearmen 90er Jahre deutlich zu hoch ausfällt (ca. Faktor 2; Rudolf, persönliche Mitteilung, 2001). Zur Validierung mit klimatologischen

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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Niederschlägen seien außerdem noch die monatlichen Klimatologien von GPCC (Rudolf et al., 1996; 1961-90, 1°) und Legates und Wilmott (1990; 0.5°) erwähnt. Für eine detailliertere Betrachtung der Qualität von Gebietsniederschlägen, siehe Rudolf (1995, 1998).

a)

b)

c)

d)

Abb. 1: Mittlere Verteilung des Niederschlags für den Zeitraum 1986-93 nach a) CMAP, b) CRU, c) GPCC, d) GPCP.

3 Globale Beobachtungsdatensätze über den Ozeanen

Über den Ozeanen sind Messstationen nahezu nicht vorhanden, so dass hier auf Satellitenbeobachtungen zurückgegriffen werden muss. Diese „Beobachtungen“ basieren jedoch auf Modellalgorithmen, die dazu benutzt wurden, aus gemessenen Strahlungsdaten im betreffenden Messfrequenzbereich des Satelliten Niederschlagsmengen abzuleiten. Daher ist die Güte der so abgeleiteten Niederschläge stark von der Güte des verwendeten Modellalgorithmus abhängig.

Als globale Niederschlagsdatensätze mit langjährigen Monatsmittelwerten über den Ozeanen stehen derzeitig die Datensätze von CMAP, GPCP und HOAPS zur Verfügung, deren Eigenschaften in Tab. 2 angegeben sind.

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VALIDIERUNG DES NIEDERSCHLAGS IN GLOBALEN KLIMAMODELLEN

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Tab. 2. Globale monatliche Niederschlagsdatensätze über den Ozeanen: CMAP (CPC Merged Analysis of Precipitation; Xie and Arkin, 1997), GPCP (Global Precipitation Climatology Project; Huffman et al., 1997), HOAPS (Hamburg Ocean-Atmosphere Parameters and fluxes from Satellite data; Graßl et al., 2000).

Datensatz Auflösung Periode

CMAP 2.5° 1979-99

GPCP 2.5° 1979-00

HOAPS 1.0° 1987-98

Abb. 2 belegt, dass die „beobachteten“ Niederschläge dieser drei Datensätze, obwohl sie ähnliche Strukturen zeigen, zum Teil große Unterschiede aufweisen. Dargestellt ist hier der mittlere Niederschlag über den Ozeanen für den allen drei Datensätzen gemeinsamen Zeitraum 1992-1998. Die Unterschiede in den Datensätzen belegen, dass die Wahrheit über den Ozeanen zur Zeit noch nicht mit einer zufriedenstellenden Genauigkeit erfasst wird. Ergebnisse von Klepp (pers. Mitteilung, 2001) zeigen zumindest, dass die von HOAPS an der Ostküste von Amerika lokalisierten Starkniederschläge realistisch sind.

a)

b)

c)

Abb. 2: Niederschlagsbeobachtungen über den Ozeanen für 1992-98 nach a) CMAP, b) GPCP, c) HOAPS.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

120

Wie sehr sich die oben erwähnten Modellalgorithmen auf die Güte des „beobachteten“ Niederschlags auswirken, zeigt eine genauere Betrachtung der HOAPS-Daten. Abb. 3 stellt die Monatsmittelwerte von HOAPS für den Niederschlag, die Verdunstung und den Frischwasserfluss über den Ozeanen von 1988-98 dar. Die letzten beiden Sprünge (1991/92 und 1992/93) in den Kurven hängen mit Wechseln in der verwendeten Satellitenversion (F8 -> F10 und F10 -> F11) zusammen (Klepp, pers. Mitteilung, 2001). Die damit verbundene Änderung der Messinstrumentseigenschaften wurden offensichtlich von den verwendeten Modellalgorithmen nicht kompensiert. Von 1989-90 fiel außerdem ein Satellitenkanal aus, was der Modellalgorithmus, der die Niederschlagswerte ableitet, ebenfalls nicht kompensieren konnte. Aufgrund dieser Fehler ist eine Verwendung von HOAPS-Niederschlägen vor 1992 nicht empfehlenswert, so dass diese auch in Abb. 2 nicht berücksichtigt wurden.

Abb. 3: Niederschlag P, Verdunstung E und Frischwasserfluss E-P über den Ozeanen für HOAPS von 1988-98.

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VALIDIERUNG DES NIEDERSCHLAGS IN GLOBALEN KLIMAMODELLEN

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4 Alternativen zu den vorhandenen Beobachtungsdatensätzen

Eine Alternative zum direkten Vergleich des simulierten Niederschlags über Land mit gemessenen Werten stellt die Validierung des mit GCM-Modelldaten simulierten Abflusses mit beobachteten Abflussmessdaten dar, der eine gebiets-integrierte Größe ist, die im Vergleich zum Niederschlag mit geringeren Unsicherheiten behaftet ist. Diese Art der Validierung wird in Kap. 4.1 behandelt.

Da die Verfügbarkeit von Niederschlagsdaten generell nur eine bestimmte Zeitperiode umfasst, was speziell auf die Satelliten-basierten Datensätze zutrifft, die in der Regel erst ab 1979 verfügbar sind (siehe Tab. 2), wird bei der Validierung häufig auf Reanalyse-Daten zurückgegriffen, die in Kap. 4.2 vorgestellt werden. Diese kombinieren verfügbare Messdaten durch Datenassimilation mit vorhandenen Wettervorhersagemodellen und erzeugen so ebenfalls globale Datensätze. Speziell der Niederschlag ist jedoch stark modellabhängig, und zeigt teilweise deutliche Abweichungen zu den Beobachtungsdatensätzen. Kap. 4.3 geht kurz auf weitere Methoden zur Niederschlagsvalidierung ein

4.1 .Validierung des Abflusses

Eine Alternative zur direkten Validierung des Niederschlags über Land stellt die Validierung mit gemessenen Abflüssen dar (siehe z.B. Dümenil Gates et al., 2000). Voraussetzung ist, dass an das GCM ein Abflussmodell angekoppelt werden kann (on- oder offline), wie es z.B. mit dem HD-Modell (Hagemann und Dümenil, 1998) und dem GCM ECHAM (Roeckner et al., 1996) möglich ist. Der Abfluss der meisten Flüsse kann im Vergleich zum Niederschlag mit relativ niedrigen Fehlern gemessen werden. Bei vielen der großen Flüsse werden Abflussmessungen routinemäßig durchgeführt, so dass hierfür potentiell eine große Datenbasis existiert.

Außer im Sommer wird der Abfluss generell überschätzt, speziell zum Zeitpunkt der Schneeschmelze im Frühling. Dies ist konsistent mit dem Vergleich des simulierten Niederschlags mit GPCC-Daten (Abb. 5). Die Überschätzung des Niederschlags im Winter, der zum Teil als Schnee fällt, resultiert in einer deutlich erhöhten Schmelzwasserbildung im Frühling, die in der simulierten Abflusskurve zu sehen ist (Abb. 4).

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

122

Abb. 4: Beobachteter (Bergström und

Carlsson, 1993) und simulierter Abfluss in die Ostsee

Abb. 5: Beobachteter und simulierter Niederschlag über dem Ostsee-

Einzugsgebiet

Abb. 4 vergleicht den mittleren monatlichen Jahresgang des simulierten Abflusses (mit dem HD-Modell) einer ECHAM4.5-Simulation (Auflösung T42 ~ 2.8°) mit dem beobachten Abfluss in die Ostsee. Da für diesen Vergleich nur der mittlere klimatologische Verlauf von Interesse ist, ist auch ein Vergleich zeitlich verschiedener, langjähriger Mittelwerte zulässig (Hagemann und Dümenil, 1999).

Außer im Sommer wird der Abfluss generell überschätzt, speziell zum Zeitpunkt der Schneeschmelze im Frühling. Dies ist konsistent mit dem Vergleich des simulierten Niederschlags mit GPCC-Daten (Abb. 5). Die Überschätzung des Niederschlags im Winter, der zum Teil als Schnee fällt, resultiert in einer deutlich erhöhten Schmelzwasserbildung im Frühling, die in der simulierten Abflusskurve zu sehen ist (Abb. 4).

4.2 Globale Reanalyse-Daten

Für globale Wettervorhersagen werden Startfelder benötigt, die zeitlich und räumlich mit einer regelmäßigen Auflösung vorliegen. Diese Startfelder werden durch operationelle Analysen hergestellt und liefern ein Modellbild, das bei der Wettervorhersage den Istzustand kennzeichnen soll. Sie setzen sich zusammen aus der Kombination von Beobachtungen, den zuvor getroffenen Vorhersagen und Modellannahmen über die Entwicklung verschiedener meteorologischer Größen. Operationelle Analysen sind also eine Schätzung der tatsächlichen Wetterverhältnisse.

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VALIDIERUNG DES NIEDERSCHLAGS IN GLOBALEN KLIMAMODELLEN

123

Langjährige Zeitreihen dieser Analysen sollten deshalb ein adäquates Protokoll der Klimaentwicklung darstellen. Diese werden jedoch beeinflusst durch größere Veränderungen in Modell, Analysetechnik, Datenassimilierung und Nutzung von Beobachtungsdaten, die ein essentielles Produkt der Forschung und der Weiterentwicklung in einem numerischen Wettervorhersage-Zentrum sind. So können in den langjährigen Analysefeldern scheinbare Klimaänderungen auftreten, die nur durch Änderungen der Formulierungen des jeweils verwendeten Analysesystems hervorgerufen werden. Dies führte zur Einführung von Reanalyse-Projekten. Hierbei wird ein festes Analyse/Vorhersage-System benutzt, um die Beobachtungsdaten der Vergangenheit über längere Zeiträume in einem Stück zu assimilieren. Gewisse Inkonsistenzen bleiben erhalten, da für verschiedene Zeiträume auch unterschiedlich viele Beobachtungsdaten vorliegen.) Dadurch, dass eine große Anzahl von Beobachtungen in die Reanalyse-Felder mit eingeht, bietet es sich auf den ersten Blick an, diese auch für die Niederschlagsvalidierung zu nutzen. Tab. 3 gibt einen Überblick über die vorhandenen globalen Reanalyse-Daten.

Tab. 3. Globale Reanalysedatensätze: ERA15 und ERA40 (15 und 40 Jahre-ECMWF-Reanalyse; Gibson et al., 1997), NCEP (Kalnay et al., 1996)

Reanalyse Auflösung Periode

ERA15 T106 ~ 1.1° 1979-93

ERA40 T159 ~ 1.1° 1989-93, Geplant: 1957-2001

NCEP T63 ~ 1.9° 1948-00

Für den Niederschlag über Land sind die Reanalysen jedoch eher wie Modellsimulationen zu betrachten, da dieser verschiedene Defizite aufweist (siehe Hagemann und Dümenil Gates, 2001; Hagemann et al., 2002a). Für den Niederschlag über den Ozeanen mögen die Reanalysen wegen der großen Unsicherheit in den Beobachtungen durchaus eine ernstzunehmende Alternative sein. Aber auch hierbei müssen die Ergebnisse mit Vorsicht betrachtet werden, wie Abb. 6 verdeutlicht. Dargestellt sind hier die monatlichen Zeitserien der globalen Summe des Niederschlags über den Ozeanen für verschiedene Beobachtungs- und Reanalyse-Datensätze sowie einer ECHAM4.5-Simulation im Zeitraum 1979-93.

Die großen Unterschiede zwischen den Kurzen verdeutlichen erneut die unsichere Datenlage über den Ozeanen. Starke Abweichungen einzelner Kurven vom Ensemble der übrigen Kurven weisen auf Defizite im betreffenden Datensatz hin. So hängt der plötzliche Anstieg des ERA-40-Niederschlags in der Mitte 1991 vermutlich mit dem

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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Vulkanausbruch des Pinatubos im Juli 1991 zusammen. Die hierbei in die Atmosphäre geschossenen Aerosole scheinen die Satellitenmessungen beeinflusst zu haben, so dass systematisch ein Fehler in die Daten eingeführt wurde, die das ERA40 Daten-Assimilierungssystem verwendet hat. Auch ERA15 weist in mehreren Jahren (1983/84, 1985, 1986) Extreme auf, die in den übrigen Kurven nicht vorhanden sind.

4.3 Sonstige Methoden

Eine weitere Möglichkeit, realitätsnahe Niederschläge zu erzeugen, stellt das sogenannte ‘Nudgen‘ (Jeuken et al., 1996) eines GCMs dar. Dies ist die dynamische Adjustierung eines GCMs mit atmosphärischen Größen aus den Reanalysen, wie z.B. Vorticity, Divergenz, Temperatur und Bodendruck. Hiermit können Schwächen im hydrologischen Zyklus der Reanalysen (z.B. keine geschlossene globale Wasserbilanz) durch eine bessere Simulation des GCMs ausgeglichen werden, bei einer

Abb. 6: Globale Summe des Niederschlags über den Ozeanen von 1979-93

gleichzeitigen Nutzung der besseren Zirkulation der Reanalysen. Ein Beispiel zeigen

Hagemann et al. (2002a) bezüglich ERA40 und dem GCM ECHAM4.5. Doch auch hierbei muss berücksichtigt werden, dass es sich um simulierte Niederschläge handelt,

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VALIDIERUNG DES NIEDERSCHLAGS IN GLOBALEN KLIMAMODELLEN

125

die entscheidend durch die Güte des GCMs beeinflusst werden, speziell der verwendeten Niederschlagsparameterisierungen.

Auf regionaler Skala können Simulationen mit einem regionalem Klimamodell, das an den lateralen Grenzen mit Reanalysedaten angetrieben wird, für adäquate Niederschlagsverteilungen sorgen. Aber auch hier gehen natürlich eventuelle systematische Fehler des betreffenden Modells in die simulierten Niederschläge ein. Eine weitere Möglichkeit zur Validierung wäre die Verwendung des mittleren Niederschlags aus Modellvergleichsstudien wie AMIP (global; Gates et al., 1999) oder MERCURE (regional, Hagemann et al., 2002b). Hierbei würden sich Fehler der teilnehmenden Modelle, die zufällig um den ‚realen‘ Mittelwert verteilt sind, herausmitteln. Problematisch sind dagegen systematische Modellfehler, die in einer Mehrzahl der Modelle in der gleichen Richtung auftreten. Eine Trennung dieser beiden Fehlerarten ist, speziell über den Ozeanen, aufgrund der unsicheren Datenlage kaum möglich.

5 Zusammenfassung

Die vorliegende Studie hat gezeigt, dass es zwar diverse globale Niederschlags-Datensätze gibt, die für die Validierung von Niederschlägen aus GCMs zur Verfügung stehen, diese aber mit gewissen Problemen und Unsicherheiten behaftet sind. Daher ist es im Einzelfall anzuraten, mehr als einen Datensatz zur Validierung zu verwenden. Für Niederschläge über Land ist es empfehlenswert, zusätzlich noch den Abfluss zu validieren, da dieser im allgemeinen mit einer höheren Genauigkeit verfügbar ist.

Über den Niederschlag über den Ozeanen lässt sich in Anlehnung an eine bekannte TV-Serie sagen: Die Wahrheit liegt da draußen, aber wirklich bekannt ist sie noch nicht. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Beobachtungs-Datensätzen, den Reanalysen und Modellsimulationen sind noch zu groß als das eine genauere Quantifizierung zur Zeit möglich wäre. Ein Intensivierung der Bemühungen zur Erzeugung realistischer Niederschlagsdaten über den Ozeanen sollte daher ein wichtiges Ziel in der Klimaforschung sein. Denn solange eine akkurate Validierung des Niederschlags über den Ozeanen nicht möglich ist, die immerhin ca. 70% der Erde bedecken, bleibt eine große Unsicherheit bezüglich der Aussagen eines Klimamodells bestehen, die es hinsichtlich der Entwicklung des hydrologischen Kreislaufes unter geänderten Klimabedingungen trifft.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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VALIDIERUNG DES NIEDERSCHLAGS IN GLOBALEN KLIMAMODELLEN

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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REGIONALISIERUNG GEOMORPHOMETRISCHER UND PEDOLOGISCHER STRUKTUREN FÜR EINE SKALENABHÄNGIGE SIMULATION DER WASSERFLÜSSE

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Regionalisierung geomorphometrischer und pedologischer Strukturen für eine skalenabhängige Simulation der Wasserflüsse

M. Herbst*) und B. Diekkrüger

Zusammenfassung: In dieser Studie wird der Einfluss der räumlichen Variabilität bodenphysikalischer Parameter auf die Wasserflüsse eines mikroskaligen Einzugsge-biets untersucht. Die Mualem/VanGenuchten Parameter wurden mittels Pedotransfer-funktionen aus einem Punktdatensatz von Bodeneigenschaften abgeleitet. Die Regio-nalisierung erfolgte über verschiedene geosatistische Ansätze wie z.B. dem Regres-sion-Kriging, das die Berücksichtigung von Reliefinformation ermöglicht.

Die Ergebnisse des Regression-Kriging dienen als Ausgangsverteilung für verglei-chende hydrologische Modellierungen. Eine modifizierte Version des SWMS_3d, ein auf 3-dimensionalen finiten Elementen basierendes Modell, wird verwendet, um die Wasserflüsse zu simulieren. Mit Hilfe der vergleichenden Modellierungen werden die Auswirkungen der räumlichen Eigenschaften der bodenphysikalischen Parameter quantifiziert. Fünf räumliche Konzepte werden getestet: eine herkömmliche Boden-karte, homogene mittlere Eigenschaften, eine räumlich zufällige Verteilung und eine unkonditionierte sowie eine konditionierte stochastische Simulation. Insbesondere der Einfluss der räumlichen Verteilung auf die schnellen Abflusskomponenten wird unter-sucht.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Häufigkeitsverteilung der bodenphysikalischen Para-meter maßgeblich die Summen der einzelnen schnellen Abflusskomponenten (Ober-flächen- und Makroporenabfluss) beeinflusst, während die räumliche Struktur die Abflusskonzentration der schnellen Abflusskomponenten beeinflusst. Die Auswirkun-gen auf die modellierte Evapotranspiration sind als gering einzustufen.

Abstract: The study investigates the impact of the spatial variability of soil hydraulic properties on hydrologic fluxes of a micro scale catchment. The Mualem/VanGenuchten parameters are derived from a point data set of soil properties using a pedotransfer function. They are estimated at unsampled locations using

*) ICG IV - Intstitut für Agrosphäre, Forschungszentrum Jülich, 52425 Jülich, email: [email protected]

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

130

geostatistical approaches like e.g. regression kriging. These approaches use topographic information as covariables.

The regression kriging results are taken as the reference distribution for a model study. A modified version of the 3d finite element model SWMS_3d is applied to simulate the water fluxes. The aim of the model study was to quantifiy the importance of the spatial organization of soil hydraulic properties. Five spatial concepts are tested: a choropleth map of soil units, a catchment average, a spatial random distribution, an unconditional and a conditional stochastic simulation approach.

The study demonstrates the influence of the spatial concept on the simulation of runoff generation. The frequency distribution mainly affects the amounts of the fast runoff components (surface and macro pore flow) while the organized spatial variability affects the modeled temporal concentration of the fast runoff components. The effect on the calculated actual evapotranspiration is rather small.

1 Einleitung

Die raumdiskrete hydrologische Modellierung hat zum Ziel, das räumliche Muster der Wasserflüsse durch die räumlichen Strukturen des Reliefs, der Geologie, des Bodens und der Landnutzung zu erfassen. Dabei werden die einzelnen Variablen oft als diskret betrachtet, d.h. den Flächeneinheiten werden eindeutige Parameterwerte zugeordnet. Dieses räumliche Konzept scheint angebracht für in sich weitgehend homogene Raumeinheiten, etwa für aus Fernerkundungsdaten abgeleitete Landnutzungsklassen. Es ist allerdings fraglich, ob dieses Konzept auch für eine kontinuierliche Variable wie eine Bodeneigenschaft geeignet ist (Burrough 1993). Dies ist vor allem für bodenphy-sikalische Parameter bedeutsam, die einen großen Einfluss auf das hydrologische Pro-zessgefüge, z.B. auf die schnellen Abflusskomponenten, haben. Es stellt sich also die folgende Frage: In welche Richtung und wie stark beeinflusst die räumliche Variabili-tät der bodenphysikalischen Parameter die hydrologischen Flüsse und Zustandsvari-ablen vor dem Hintergrund ihres nicht-linearen Zusammenhangs (Beven 2001).

Um diese Frage zu beantworten, wird in einem ersten Schritt die räumliche Struktur bodenphysikalischer Parameter in einem mikroskaligen Einzugsgebiet quantifiziert. Dazu werden ein Punktdatensatz und Reliefanalysen in einem multivariaten geostatis-tischen Ansatz verwendet. In einem zweiten Schritt werden mit einem 3d finite Ele-mente-Modell vergleichende Modellierungen durchgeführt, um die Auswirkungen ver-schiedener räumlicher Modellkonzepte, wie z.B. räumliche Mittelung oder stochasti-sche Simulationen, zu quantifizieren.

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REGIONALISIERUNG GEOMORPHOMETRISCHER UND PEDOLOGISCHER STRUKTUREN FÜR EINE SKALENABHÄNGIGE SIMULATION DER WASSERFLÜSSE

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Die räumliche Variabilität der bodenphysikalischen Parameter Ks (gesättigte hydrauli-

sche Leitfähigkeit) und θs (Sättigungswassergehalt) in einem mikroskaligen Einzugs-

gebiet steht im Mittelpunkt der Untersuchungen von Merz (1996) und Merz & Bardossy (1998). Hier werden die Effekte von stochastischer und strukturierter Varia-bilität auf die Abflussergebnisse eines ereignisbezogenen Modells quantifiziert. Das Ergebnis der Untersuchungen war, dass eine strukturierte Variabilität höhere Abfluss-summen erzeugt. Die Betrachtung von kontinuierlichen Simulationen des Abflussge-schehens fand allerdings nicht statt. Loague & Corwin (1996) verwendeten einen Monte-Carlo Ansatz für die gesättigte hydraulische Leitfähigkeit eines synthetischen Hangs und konnten eine hohe Relevanz dieses Parameters für die Modellierung des Infiltrationsüberschusses nachweisen.

2 Untersuchungsgebiet und Datengrundlage

Abb. 1: Topographie und Lage der 75 Probenahmepunkte

Das 28,6 ha große Einzugsgebiet Berrensiefen liegt ca. 30 km nordöstlich von Bonn (7°27` östl. Länge, 50°55` nördl. Breite). Das Anstehende bilden sandige und schluf-fige Sedimentgesteine des Devons, die von einer schluffig-sandigen Verwitterungsde-cke des Pleistozäns bedeckt sind. Dies führt im Zusammenhang mit dem Relief (s. Abb. 1) zu ausgeprägten lateralen Bodenwasserbewegungen. Die Fläche des Einzugs-gebiets wird vornehmlich als Weide genutzt. Die Böden reichen von mächtigen Profi-

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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len mit Vergleyungsmerkmalen im Bereich des Vorfluters bis zu geringmächtigen Ranker-Braunerden an Oberhängen und Scheitelbereichen.

Die Lage der Probenahmepunkte für die Bestimmung von Bodeneigenschaften ist Abb. 1 zu entnehmen Das beprobte Bodenprofil wurde bereits im Gelände anhand des Humusgehalts in einen Ober- und einen Unterboden differenziert. Die Horizont-Mächtigkeit wurde direkt gemessen, während für die Bestimmung der Korngrößenzu-sammensetzung und des Humusgehalts gestörte Proben entnommen wurden. Für den Unterboden wurden darüber hinaus die Skelettgehalte ermittelt. Die Korngrößenzu-sammensetzung wurde mittels eines kombinierten Sieb-Schlämmverfahrens bestimmt.

3 Methodik

3.1 Erstellung der Ausgangsverteilung

Das verwendete hydrologische Modell basiert auf der bodenphysikalischen Parametri-sierung nach Mualem/Van Genuchten (Van Genuchten 1980), mit dem Sättigungswas-���#�%�����s����&�����������������#�%�����r����&�'�%����������(��������������������

dem dimensionslosen Formparameter n und der gesättigten hydraulischen Leitfähig-keit Ks. Der Formparameter m wird gleich 1-1/n gesetzt.

Um die bodenphysikalischen Parameter für den Punktdatensatz aus den gemessenen Bodeneigenschaften abzuleiten werden Pedotransferfunktionen (PTF) benutzt. Die benutzte PTF von Rawls & Brakensiek (1985) hat bereits eine breite Anwendbarkeit bewiesen (Tietje & Tapkenhinrichs 1993). Die Porosität des Bodens wird aus dem Humusgehalt und einer Basis-Lagerungsdichte abgeschätzt. Um den Skelettgehalt des Unterbodens zu berücksichtigen, wurden �s�� �r und Ks nach Brakensiek & Rawls (1994) modifiziert. Es existiert eine breite Auswahl von Methoden, die eine Regionali-serung von Bodeneigenschaften aus einem Punktdatensatz ermöglichen (Moore et al. 1993, Burrough 1993, Odeh et al. 1995, Bocchi et al. 2000 und Ryan et al 2000). Reg-

ression Kriging Model C (RKC) (Odeh et al. 1995) ist eine Kombination aus Regres-sion und Ordinary Kriging. Zunächst wird die Regression zwischen der Zielvariablen mit den Reliefparametern benutzt, um eine räumliche Vorhersage zu erzeugen. An den Probenahmepunkten können die Residuen bestimmt werden. Für diese Residuen wird ein Ordinary Kriging durchgeführt, so dass eine räumliche Vorhersage der Residuen entsteht. Um die Zielvariable zu schätzen, werden die Ergebnisse der Regression und des Ordinary Krigings der Residuen addiert.

Bei dieser Vorgehensweise werden zuerst die PTF angewendet bevor die Punktdaten in die Fläche interpoliert werden. Gegenüber der umgekehrten Vorgehensweise erge-ben sich Vorteile (Herbst 2001).

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3.2 Hydrologische Modellierung

Ziel dieser Studie ist die Quantifizierung der Auswirkungen der räumlichen Struktur bodenphysikalischer Parameter auf die hydrologischen Flüsse eines kleinen Einzugs-gebiets. Ereignisbezogene hydrologische Modelle sind sehr sensitiv gegenüber der räumlichen Verteilung der Bodenfeuchte zu Ereignisbeginn (Bronstert & Bardossy 1999). Es sollte also eine höhere zeitliche Skala als die einzelner Ereignisse betrachtet werden, um die Aussagefähigkeit der Ergebnisse möglichst wenig einzuschränken. Daher wird ein kontinuierliches Modell für die Berechnung der hydrologischen Flüsse und Zustandsvariablen verwendet. Dazu wurde das bodenhydrologische Modell SWMS_3d (Simunek et al 1995) mit einem Modul für die Modellierung der Prozesse am oberen Rand des Modells (Interzeption, potentielle Evapotranspiration, etc.) gekoppelt und um Teilmodule für die Berechnung von Makroporenabfluss und Ab-flusskonzentration erweitert.

Die Summe des Makroporenabflusses ergibt sich aus einem maximalen Wert für die Makroporeninfiltration und dem Infiltrationsüberschuss der Matrix. Oberflächenab-fluss entsteht also, wenn die maximale Makroporeninfiltration überschritten wird. Die Abflusskonzentration dieser beiden Abflusskomponenten wird über die Distanz zum Vorfluter und einen Systemwiderstand ermittelt. Die Modellierung dieser Teilprozesse ist in Herbst & Diekkrüger (2002) näher erläutert.

Für die Modellierung isothermaler gesättigter/ungesättigter Flüsse im dreidimensio-nalen Raum wird eine modifizierte Richards-Gleichung verwendet. Da eine analyti-sche Lösung nicht möglich ist, wird ein numerisches Verfahren verwendet. Die räum-liche Diskretisierung basiert auf linearen finiten Elementen. Bei einer hohen Anzahl von finiten Elementen wie in diesem Fall ist ein iteratives Lösungsverfahren einem direkten überlegen, wobei das in SWMS_3d implementierte PCG-Verfahren (Precon-ditioned Conjugate Gradient) eine hohe Effizienz aufweist (Simunek et al. 1995). Für die zeitliche Diskretisierung wird ein finite Differenzen-Schema benutzt.

Die zeitliche Auflösung beträgt 1 Stunde. Die räumliche Auflösung stellt in der Hori-zontalen ein 10 m Quadratraster dar, während in der vertikalen eine variable Diskreti-sierung mit jeweils 5 Knoten gewählt wurde. Es entsteht eine Anzahl von 21856 pris-matischen Elementen.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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4 Ergebnisse

4.1 Kalibrierung, Validierung und Modellergebnisse

Der Simulationszeitraum beginnt am 1. Sept. 1998 und endet ein Jahr später am 31. Aug. 1999. Das Model wurde für die Periode bis zum 11. Dez. 1998 kalibriert. Es wurden lediglich die Systemwiderstände von Makroporen- und Oberflächenabfluss, die maximale Makroporeninfiltration und die Ks-Werte des gesamten Datensatzes kalibriert. Die Ks-Werte wurden um den Faktor 0,5 herunterskaliert, um eine realisti-schen Anteil von Oberflächen- und Makroporenabfluss zu erhalten. Diese Skalierung war aus mehreren Gründen erforderlich. Zum einen wurde mit einem festen Zeitschritt von einer Stunde gerechnet, was die Niederschlagsraten reduziert. Ferner erfordert das duale Infiltrationsmodell den Ks-Wert der Matrix, während die PTF einen Wert für den gesamten Boden liefert. Die PTFs werden üblicherweise anhand von Messungen an Stechzylindern ermittelt, so dass hier Effekte der Makroporen eingeschlossen sind. Darüber hinaus müsste es sich bei den Ks-Werten hier bereits um effektive Parameter handeln, denn bei einer Rasterweite von 10 m wird die tatsächliche kleinräumige Vari-abilität nicht berücksichtigt.

Abb. 2: Niederschlag, gemessener und modellierter Gesamtabfluss

Insgesamt betrachtet ist das hydrologische Modell in der Lage das gemessene Abfluss-verhalten des Einzugsgebiets abzubilden (s. Abb. 2). Der Index of Agreement (Willmott 1981) von 0,90 und der Coefficient of Model Efficiency (Nash & Sutcliffe 1970) von 0,56 bestätigen dies. Neben dem zeitlichen Verlauf wird auch die Jahres-summe des Abflusses gut getroffen (Simuliert 1184 mm a-1, Gemessen: 1200 mm a-1).

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

200

1

365

729

1093

1457

1821

2185

2549

2913

3277

3641

4005

4369

4733

5097

5461

5825

6189

6553

6917

7281

7645

8009

8373

8737

Stunden nach dem 1.9.1998 00:00:00 Uhr

[l s-1]0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

[mm h-1]

Niederschlag

Abfluß gemessen

Abfluß modelliert

Kalibrierung Validierung

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REGIONALISIERUNG GEOMORPHOMETRISCHER UND PEDOLOGISCHER STRUKTUREN FÜR EINE SKALENABHÄNGIGE SIMULATION DER WASSERFLÜSSE

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4.2 Die Auswirkungen der räumlichen Struktur bodenphysikalischer Parameter

Um die Auswirkungen der Heterogenität bodenphysikalischer Eigenschaften zu quan-tifizieren werden vergleichende hydrologische Modellierungen mit fünf räumlichen Verteilungen durchgeführt. Die räumliche Verteilung auf Basis des Regression Kriging Model C wird dabei als die tatsächlich zugrunde liegende „wahre“ Verteilung angenommen.

Basierend auf der Ausgangsverteilung werden zwei Aggregierungsansätze angewen-det. Zum einen wird eine Bodenkarte erstellt, d.h. den Flächen gleichen Bodentyps (Choroplethen) werden flächengemittelt die Mualem/VanGenuchten-Parameter zuge-wiesen (s. Abb. 3). Zum anderen wird über das gesamte Einzugsgebiet gemittelt. Diese räumliche Verteilung wird als homogen betrachtet.

Abb. 3: Ks-Werte des Oberbodens für die räumlichen Strukturen

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

136

Eine räumlich völlig zufällige Verteilung unter Beibehaltung der Häufigkeitsverteilung verdeutlicht den Einfluss der statistischen Variabilität. Ferner kann mittels einer sto-

chastischen Simulation der Effekt der geostatistischen Variabilität quantifiziert wer-den. Bei stochastischen Simulationen handelt es sich um zufällige und gleichwahr-scheinliche Realisierungen einer räumlichen Verteilung. Hier werden Häufigkeitsver-teilung und räumliche Autokorrelation der Ausgangsverteilung erhalten. Bei einer

konditionierten stochastischen Simulation handelt es sich um eine Mischung aus einer lokalen Schätzung (Ordinary Kriging) und einer stochastischen Simulation, wobei die Werte an den Messpunkten erhalten werden und lediglich dazwischen zufällig schwanken.

Der Effekt der räumlichen Strukturen bodenphysikalischer Parameter auf die Eva-potranspiration ist gering. Der Effekt auf die Gesamtsumme des Abflusses ist ebenfalls gering, was durch die Modellstruktur zu erklären ist. Verringert sich der Anteil der schnellen Abflusskomponenten (Makroporen- und Oberflächenabfluss) erhöht sich zwangsläufig der Anteil der grundwasserbürtigen Abflüsse, da entsprechend mehr infiltriert und zeitlich verzögert zum Abfluss gelangt. Deshalb ergibt sich bei einer Bilanzierung über ein Jahr in der Gesamtabflusssumme nur ein geringer Unterschied. Jedoch verändert sich das Verhältnis von schnellen zu langsamen Abflusskomponen-ten deutlich. Im folgenden werden nur die Veränderungen im zeitlichen Verlauf und in den Summen der schnellen Abflusskomponenten untersucht, da sich die Basisabfluss-komponente absolut betrachtet um etwa den gleichen Betrag ändert. Die modellierte Gesamtsumme der schnellen Abflusskomponenten (Oberflächen- und Makroporenab-fluss) beträgt 596 mm für die Ausgangsverteilung.

Die Jahressumme der schnellen Abflusskomponenten der Ausgangsverteilung wird durch die Modellierung auf Basis der zufälligen räumlichen Verteilung der bodenphy-sikalischen Parameter nur gering unterschätzt (s. Tab. 1). Fast ebenso gering ist die Abweichung der Jahresumme auf Basis einer unkonditionierten stochastischen Simu-lation. Etwas größer ist die Abweichung einer konditionierten stochastischen Simula-tion. Deutlich größere Fehler in der Summe treten bei den beiden Ansätzen auf, die eine Aggregierung beinhalten, also den Choroplethen und dem homogenen Gebiet. Dabei ist für das homogene Gebiet eine doppelt so hohe Abweichung wie für den Cho-roplethen-Ansatz festzustellen. Betrachtet man die Abweichungen für die einzelnen Zeitschritte (MAE und RMSE, s. Tab. 1) zeigt sich ein etwas anderes Bild. Zunächst werden wieder für den homogenen Ansatz die größten Fehler modelliert. Die nied-rigsten Fehlersummen werden jedoch für die konditionierte stochastische Simulation ermittelt. Eine ungefähr doppelt so hohe Fehlersumme ergibt sich für den Cho-roplethen-Ansatz, für die zufällige räumliche Verteilung und die unkonditionierte sto-chastische Simulation.

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Tab. 1: Wurzel aus der quadratischen Abweichung (Root Mean Square Error, RMSE), mittlerer absoluter Fehler (Mean Absolute Error, MAE) und prozentuale Differenz in der Summe von Oberflächen- und Makroporenabfluss zur Ausgangssimulation

Choroplethen Homogen Zufall Stoch. Sim. Kond. Stoch. MAE [mm h-1] 0,39 0,68 0,40 0,53 0,21 RMSE [mm h-1] 0,71 1,30 0,73 0,96 0,45 �)sum [%] -5,61 -10,20 -0,21 -0,87 -3,85 Wie groß die Abweichungen auf Basis der verschiedenen räumlichen Verteilungen in der Ganglinie der schnellen Abflusskomponenten bei einem einzelnen Niederschlags-ereignis sind, verdeutlicht Abb. 3. Bei der Modellierung auf Basis eines hinsichtlich der bodenphysikalischen Eigenschaften homogenen Gebiets werden die schnellen Abflüsse stark unterschätzt. Bezüglich der Abflusssumme über das Ereignis treffen die zufällige Verteilung und die unkonditionierte stochastische Simulation am besten die Ausgangsverteilung, wobei die unkonditionierte stochastische Simulation einen deut-lich verzögerten und zu hohen Abflussscheitel ergibt.

0.0

0.5

1.0

1.5

2.0

2.5

3.0

1 25 49 73 97 121Stunden nach dem 26.11.1998 3:00:00 Uhr

[l s-

1]

0.0

0.5

1.0

1.5

2.0

2.5

3.0

3.5

4.0

4.5

5.0

[mm

h-1]

Niederschlag

Ausgangsdiskret. (0,61)

Choroplethen (0,40)

Homogen (0,23)

Stoch. Sim. (0,63)

Zufall (0,57)

Kond. Stoch. Sim. (0,39)

Abb. 4: Summe von Oberflächen- und Makroporenabfluss während eines einzelnen Ereignisses auf Basis der räumlichen Verteilungen (in Klammern ist jeweils der mitt-lere Abfluss über das Ereignis in l s-1 angegeben)

Der Choroplethen-Ansatz und die konditionierte stochastische Simulation geben den zeitlichen Verlauf des Abflussereignisses noch am besten wieder, unterschätzen aber die Summe.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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5 Diskussion

Für die Modellierung der Abflussbildung wird eine deutliche Sensitivität gegenüber der verwendeten räumlichen Struktur bodenphysikalischer Parameter ermittelt. Bei der Betrachtung der Jahressummen der schnellen Abflusskomponenten wird deutlich, dass durch eine räumliche Aggregierung der Mualem/VanGenuchten-Parameter erheblich niedrigere Abflusssummen erzeugt werden. Die Verwendung eines einzigen räumli-chen Mittelwerts für das gesamte Einzugsgebiet (homogen) führt zu einer rund 10 % niedrigeren Summe der schnellen Abflusskomponenten. Ungefähr halb so groß ist die Verringerung bei einer Modellierung auf Basis der Flächenmittelwerte der Bodentypen der Bodenkarte 1:5000 (Choroplethen). Daraus folgt, dass die Bestimmung von effek-tiven bodenphysikalischen Parametern über arithmetische Mittelwerte nicht möglich ist. Grund für die Verringerung der Abflusssumme der schnellen Komponenten durch eine Aggregierung ist im wesentlichen die nicht-lineare Beziehung zwischen Nieder-schlag und Abfluss. Der sensitivste bodenphysikalische Parameter ist der Ks-Wert. Wird dieser über einen Erwartungswert räumlich aggregiert, entstehen geringere Men-gen an Infiltrationsüberschuss. Ein Sachverhalt, der bereits von Bormann (2001) nach-gewiesen wurde.

Eine Modellierung auf Basis einer räumlichen Verteilung, die die gleiche Häufigkeits-verteilung wie die räumliche Ausgangsverteilung besitzt und räumlich zufällig ist, sollte also in der Summe der schnellen Abflusskomponenten das gleiche Modellergeb-nis wie die Ausgangsverteilung aufweisen, denn im Modell wird keine Reinfiltration zugelassen. Da für die räumlich zufällige Verteilung die identische Häufigkeitsvertei-lung genutzt wird, trifft dies auch zu (s. Tab. 1). Für die unkonditionierte stochastische Simulation wird eine geringfügig niedrigere Abflusssumme der schnellen Komponen-ten modelliert als für die räumlich zufällige Verteilung, was wahrscheinlich darauf beruht, dass die Häufigkeitsverteilung durch die stochastische Simulation nicht exakt reproduziert sondern nur angenähert werden kann. Bei der konditionierten stochasti-schen Simulation treten noch geringere Jahressummen der schnellen Abflusskompo-nenten auf. Die Abweichung zur Ausgangssimulation ist in der Jahressumme aber nur halb so groß wie auf Basis des Choroplethen-Ansatzes.

Es hat sich gezeigt, dass der zeitliche Verlauf der Abflussbildung durch die fünf räum-lichen Verteilungen unterschiedlich gut reproduziert wird (s. Abb. 3). Hier weisen die Ansätze, die die räumliche Organisation der Ausgangsverteilung in irgendeiner Form erhalten, also der Choroplethen-Ansatz und die konditionierte stochastische Simula-tion, die geringsten Abweichungen (MAE sowie RMSE) zur Ausgangsmodellierung auf. Dabei sind die Abweichungen durch die konditionierte stochastische Simulation etwa halb so groß wie auf Basis der Choroplethen. Konditionierte stochastische Simu-

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REGIONALISIERUNG GEOMORPHOMETRISCHER UND PEDOLOGISCHER STRUKTUREN FÜR EINE SKALENABHÄNGIGE SIMULATION DER WASSERFLÜSSE

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lationen sind also bei dem hier verwendeten hydrologischen Modell am besten geeig-net um sowohl die Abflusssummen als auch deren zeitliche Konzentration zu reprodu-zieren. Allerdings können sie nur dann eingesetzt werden, wenn eine ausreichend große Anzahl an Messpunkten in dem zu simulierenden Gebiet vorliegt.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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UNSICHERHEITEN BEI DER SKALENABHÄNGIGEN AGGREGIERUNG VON MODELLDATEN

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Unsicherheiten bei der skalenabhängigen Aggregierung von Modelldaten

Klaus Stephan und Bernd Diekkrüger*)

Zusammenfassung: Eine erfolgreiche Validierung von Modellergebnissen kann nur auf Basis von Messwerten erfolgen. In der hydrologischen Modellierung hat man hier-für zumeist nur die gemessene Abfluss-Ganglinie an einem für das Einzugsgebiet repräsentativen Pegel zur Verfügung. In der Übereinstimmung von gemessener und simulierter Ganglinie besteht dann die Qualität des gesamten Modellsystems. Für physikalisch basierte Modelle bedeutet dies, dass man anhand einer einzigen überprüf-baren Größe alle im Modell integrierten physikalischen Prozesse validiert. Gleichzeitig erfolgt damit aber auch eine Überprüfung aller Parametrisierungen und der Methoden, mit denen die gegebenen Daten für eine Modellierung aufbereitet wurden. Schlüsse auf die Unsicherheiten der einzelnen Faktoren kann man daher kaum ziehen.

Deshalb soll anhand numerischer Simulationen unter Verwendung des Modells SIMULAT im Einzugsgebiet der Oberen Leine versucht werden, die Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Datenaggregierung und der skalenabhängigen Darstellung der Parameter zu bewerten.

Abstract: For the validation of numerical models valuable measurements are required. In hydrology often only discharge measurements at the catchment outlet are available. Therefore the conformity of simulated and measured hydrograph gives the only hint of the quality of the model system. In the case of physically based modelling all physical processes involved in the simulation will be proofed only by one time series of meas-urements. Is it possible to trust such a simple validation?

Numerous simulation runs applying the model system SIMULAT to the investigation area of the “Obere Leine” were carried out. The uncertainty with respect to the method of aggregation and the preciseness of the parameter is quantified.

*) Geograph. Institut der Universität Bonn, Meckenheimer Allee 166, 53115 Bonn; [email protected]

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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1 Einführung

Die in der Simulation der Wasserhaushaltskomponenten eines Einzugsgebietes auftre-tenden Unsicherheiten haben verschiedene Ursachen. Neben fehlerbehafteten Messun-gen der modellrelevanten Eingangsgrößen und den Unsicherheiten, die durch die Beschreibung der natürlichen Prozesse auftreten, müssen auch Unsicherheiten infolge von Aggregierungsmethoden in Betracht gezogen werden. Eine Aggregierung ist immer dann erforderlich, wenn Aussagen für eine Skala getroffen werden sollen, die größer ist, als die Skala der Messwerte, wenn also kleinskalige Messgrößen für eine großskalige Simulation herangezogen werden (Blöschl & Sivapalan, 1995). Die vorge-nommene Aggregierung bringt dabei stets einen Informationsverlust mit sich. Dieser Informationsverlust kann seinerseits zu einer fehlerhaften Ermittlung der Wasserhaus-haltsgrößen führen.

In der Vielzahl der Fälle wird versucht, eine Aggregierung zu umgehen, indem man für die hydrologische Modellierung Flächen gleicher Information (z.B. Bormann et al., 1998a,b) ausweist und die Simulation für ein Gebiet auf Basis dieser Flächen durch-führt. Im vorliegenden Fall wird jedoch das Konzept einer rasterbasierten Simulation verfolgt. Vor dem Hindergrund des wachsenden Interesses an einer Kopplung atmo-sphärischer und hydrologischer Modellsysteme sind gleichmäßige Simulationseinhei-ten (Raster) von großer Bedeutung, da die Atmosphärenmodelle in aller Regel mit Gitterpunktsmodellen arbeiten. Ein rasterbasierter Ansatz setzt im Allgemeinen aber eine Aggregierung der Daten voraus. Die gegebene Datengrundlage wird dabei auf ein gleichmäßiges Gitter (hier 1 km² Fläche) aggregiert. Da alle Daten auf verschiedenen Skalen vorliegen, werden unterschiedliche Ansätze der Aggregierung verwendet. Dies führt zu einer Skalenheterogenität.

Eine Abschätzung der Unsicherheiten die im Zusammenhang mit dieser Aggregierung auftreten, erfolgt über zwei Wege, zum einen über eine skalenabhängige Validierung der Simulationsergebnisse anhand gemessener Abflüsse und zum anderen muss eine Untersuchung der Variabilität der Simulationsergebnisse vorgenommen werden, die auf verschiedenen Aggregierungsmethoden basieren. Dabei kann nicht nur der zeitli-che Verlauf des Gesamtabflusses verglichen werden. Vielmehr müssen auch die ande-ren Wasserhaushaltskomponenten und deren Verhältnisse berücksichtigt werden.

Neben dieser Untersuchung soll eine kritische Einschätzung der Interpretierbarkeit gängiger Qualitätsmaße erfolgen.

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UNSICHERHEITEN BEI DER SKALENABHÄNGIGEN AGGREGIERUNG VON MODELLDATEN

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2 Methodik

2.1 Simulationsmodell

Die Untersuchungen zur rasterbasierten Simulation der Wasserhaushaltskomponenten werden mit dem Modellsystem SIMULAT (Diekkrüger & Arning,1995) durchgeführt. Es handelt sich hierbei um ein physikalisch basiertes, deterministisches SVAT-Modellsystem mit dem Schwerpunkt auf der Beschreibung der Wasser- und Stoff-transporte im Boden. Die Modellkomponenten für den Stofftransport werden in dieser Arbeit allerdings nicht weiter betrachtet, da keine Stoffverlagerung berechnet wird. SIMULAT ist vor allem für die Berechnung der Wasserbilanz von Einzelstandorten konzipiert. Diese Einschränkung betrifft aber eher die Notwendigkeit einer homogenen Informationsgrundlage als die Frage nach der Größe der Simulationseinheit.

Als Eingabedaten benötigt SIMULAT pro Simulationseinheit klimatologische und pflanzenspezifische Daten zur Berechnung der potentiellen Evapotranspiration nach Penman-Monteith, Niederschlagsdaten als obere Randbedingung des Bodenwassermo-duls und bodenphysikalische Parameter zur Lösung der Richards-Gleichung. Zur Para-metrisierung der Retentionskurve wird der Ansatz nach Brooks & Corey (1964) ver-wendet. Je nach Wahl der unteren Randbedingung sollten auch Informationen zur Geologie vorliegen, um die Speicherparameter des Grundwasserleiters abzuleiten.

Für die aktuellen Untersuchungen wurde SIMULAT erweitet. Auf einer Simulations-einheit können nun mehrere Landnutzungsflächen berücksichtigt werden. Über die mittlere Höhe dieser Flächen erfolgt zunächst eine lokalklimatische Anpassung von Temperatur und Feuchte (adiabatischer Temperaturgradient) sowie der Strahlung in Abhängigkeit von mittlerer Neigung und Exposition der Flächen (Littmann et. al 1996). Mit diesen Eingabedaten können dann flächengewichtete Verdunstungsflüsse (Evaporation, Transpiration und Interzeption) und entsprechende Bestandsnieder-schläge für die Simulationseinheit ermittelt werden, die als obere Randbedingung der Bodenwasserbewegung dienen. Als untere Randbedingung wird eine freie Drainage gewählt. Das Wasser, welches den Boden über den unteren Rand verlässt wird als Grundwasserneubildung bilanziert. Die Bodenwasserbewegung wird somit einmal für jede Simulationseinheit berechnet, Infiltration, Interzeption und Evapotranspiration jedoch n-mal unter Berücksichtigung der Landnutzungsverteilung. Niederschlag der nicht in den Boden infiltriert, gilt als Oberflächenabfluss pro Landnutzungsfläche. Als Mittel über die Simulationseinheit bildet er zusammen mit der Grundwasserneubil-dung den Abfluss pro Simulationseinheit. Zwischenabfluss wird in dieser Studie nicht betrachtet.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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2.2 Untersuchungsgebiet „Obere Leine“

2.2.1 Einzugsgebiet

Im Rahmen des DFG- Schwerpunktsprogramms „Regionalisierung in der Hydrologie“ wurde das Einzugsgebiet der „Oberen Leine“ von mehreren Arbeitsgruppen intensiv erforscht. Für eine detaillierte Darstellung der dabei gewonnenen Ergebnisse sei auf (DFG, 1999) verwiesen. Die damaligen Arbeiten hatten die Erhebung einer umfang-reichen Datengrundlage sowie die Untersuchung von Aggregierungsmethoden zur regionalen Modellierung der Wasserhaushaltsgrößen zur Aufgabe. Die vorgestellte Arbeit stützt sich auf die Ergebnisse dieses Programms und soll weiterführende Fragen klären.

Das Einzugsgebiet der „Oberen Leine“ reicht vom westlichen Teil Thüringens, hier entspringt die Leine südlich des Harzes bei der Stadt Leinefelde auf einer Höhe von 515 m, bis ins mittlere Niedersachsen, wo die Leine etwas südlich der Stadt Northeim nach 79 km Fließlänge den Pegel Leineturm erreicht. Das Gebiet umfasst eine Fläche von etwa 989 km² und weist ein mittleres Gefälle von 4.9 Grad auf.

2.2.2 Datengrundlage

Für die Simulationen steht ein umfangreicher Datensatz zur Verfügung. In Tabelle 1 werden alle Daten zusammengefasst. Ebenfalls in Tabelle 1 ersichtlich sind Informati-onen zur Datenauflösung und zur Art der Datengewinnung. Die gegebenen Datensätze müssen weiterverarbeitet werden, um sie zur Simulation nutzen zu können. Den Land-nutzungsklassen werden pflanzenspezifische Werte zugeordnet, während für die Bodeninformationen die Pedotransferfunktion nach Rawls & Brakensiek (1985) ange-wandt wird, um die bodenphysikalischen Parameter zu bestimmen. Die Niederschlags-stationen werden mit Hilfe der 10-jährigen Jahresmittelwerte in 6 Thiessen-Polygone aufgeteilt. Die täglichen Niederschlagswerte der repräsentativen Station jedes Thies-sen-Polygons wird auf Stundenwerte disaggregiert. Des weiteren wird jeder zu simulierenden Einheit (Raster bzw. Polygon) eine der beiden vorhandenen Klimastati-onen zugeordnet.

Die unterschiedliche Auflösung der Eingangsdaten hat zur Folge, dass alle Daten mit verschiedenen Ansätzen aggregiert werden müssen. Unterschiedliche Methoden der Aggregierung sind aber auch für unterschiedliche Fragestellungen zu wählen.

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UNSICHERHEITEN BEI DER SKALENABHÄNGIGEN AGGREGIERUNG VON MODELLDATEN

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2.3 Aggregierungsmethoden

Bei der Berechnung der Wasserbilanz auf einem mesoskaligen Gebiet wie dem der Oberen Leine stellt sich die Frage, welcher Informationsgehalt der gegebenen Daten notwendig ist, um eine realistische Abschätzung der Wasserbewegungen in diesem Einzugsgebiet zu gewährleisten. Danach entscheidet sich letztendlich die Frage, wel-che Methode zur Aggregierung benutzt werden muss. Mit jeder Aggregierung ist eine Veränderung der ursprünglichen Daten verbunden, welche zu Unsicherheiten in der Berechnung der gesuchten Wasserhaushaltskomponenten führt.

Tab. 1: Übersicht über die verwendeten Daten

Eigenschaft Räumliche Auflösung Art der Erhebung Parameter

Relief 31.5 m Höhe, Neigung, Exposition

Landnutz-ung

5423 Einheiten 6 Klassen

Auswertung von Satellitenbildern (Landsat)

LAI, Stomatawiderstand, Wurzeltiefe, Pflanzenhöhe, Albedo

Boden 1553 Einheiten BÜK-Klassen

BÜK50 und MNK200

Bodenprofil, bodenhydro-logische Eigenschaften

(Ks, θs, θr, ΨB, λ)

Klima 2 Klimastationen und 35 Niederschlagsstatio-nen

Messschreiber Strahlung, Temperatur, Wind, Feuchte, Nieder-schlag

Geologie 156 Einheiten Lithofazienkarte Speicherkonstanten

Abfluss 9 Abflusspegel Pegelschreiber Abflussganglinie

Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass für die hochaufgelöste Reliefdarstellung eine Aggregierung auf das gewünschte Simulationsraster eine erhebliche Verringerung der Variabilität mit sich bringt (v.a. für die Neigung). Für die grob aufgelösten Klimadaten gilt dies hingegen nicht, da auf einer Fläche von 1 km² meist nur eine Klimainforma-tion vorliegt. Eine Aggregierung ist daher in diesem Fall nicht notwendig. Allerdings sollte hier erwähnt werden, dass die grobe räumliche Auflösung der klimatologischen Daten von vorn herein einen nicht zu vernachlässigenden Unsicherheitsfaktor für die Simulation darstellt. Deshalb erfolgt hierfür die oben erwähnte räumliche Disaggregie-rung über die Reliefgrößen. Mit welcher Methode letztere aggregiert werden (siehe weiter unten), hat somit auch indirekten Einfluss auf die lokalklimatische Anpassung der Klimadaten.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

146

Für die Landnutzungsdaten wird eine implizite Aggregierung vorgenommen. Tritt eine heterogene Landnutzungsverteilung auf einer Simulationseinheit auf, wird diese Ein-heit in Untereinheiten aufgeteilt. Modellintern erfolgt dann eine flächengewichtete Mittelung der landnutzungsabhängigen Verdunstungsflüsse. Alternativ ist die Verwen-dung der flächengrößten Landnutzung der Simulationseinheit denkbar. Die Reliefdaten werden bezüglich dieser Landnutzungsteilflächen aggregiert. Hier er-

folgt eine Mittelung der Werte, wobei für die Mittelung der Exposition (ϕ) dem Fakt

Rechnung getragen wird, dass es sich hierbei um eine zirkulare Eigenschaft handelt. Hierfür kann nur eine Mittelung der Sinus-Werte erfolgen, die dann anschließend wieder in Gradangaben transformiert werden muss. Folgende Funktion kann verwen-det werden:

( )( ) ( )°−ϕ=ϕ′°−ϕ+=ϕ 90cos2

1)(90sin1

2

1)( ff

Die 1. Ableitung dieser Funktion entscheidet dabei, ob eine westliche oder östliche Hangausrichtung vorliegt.

Die Aggregierung der Bodendaten wird in dieser Studie über einen volumengewichte-ten Ansatz vorgenommen. Liegen pro Simulationseinheit mehrere Bodeneinheiten vor, so erfolgt zunächst eine flächengewichtete Mittelung der Profilmächtigkeiten. Es kommt dabei zum Stauchen und Strecken der Bodenprofile wie auch der einzelnen Horizonte. Im weiteren wird aus der Verteilung der Horizonte innerhalb der Simulati-onseinheit eine effektive Horizontzahl und Horizontmächtigkeiten bestimmt. Pro Hori-zont wird nun eine flächengewichtete Mittelung der bodenphysikalischen Parameter vorgenommen, welche für den Brooks&Corey Ansatz erforderlich sind.

2.4 Simulationsläufe

Zur Untersuchung der Unsicherheiten der Aggregierungsmethoden und in bezug auf die räumliche Skala der Eingangs-Daten werden verschiedene Simulationen durchge-führt und miteinander verglichen.

a) Simulation auf Rasterflächen (1091 Simulationseinheiten)

Der Schwerpunkt der Untersuchungen in diesem Forschungsprojekt ist die Abschät-zung der Unsicherheiten bei einer Simulation auf einem gleichmäßigen Raster. Die Rasterweite beträgt für diese Simulation 1 km. Bei Berücksichtigung kleiner Flächen am Rand des Einzugsgebiets ergeben sich 1091 Simulationseinheiten. Jeder Einheit werden wie folgt Daten zugewiesen:

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1. flächengrößte Klimainformation (Niederschlags- und Wettermesswerte) 2. volumengewichtete Aggregierung der bodenphysikalischen Parameter wie oben be-schrieben 3. Verwendung der heterogenen Landnutzungsinformation durch Aufteilung jedes Rasters in Teilflächen der Landnutzung. Eine Aggregierung auf flächengewichtete Verdunstungsflüsse erfolgt modellintern. 4. Berechnung der mittleren Reliefgrößen auf diesen Landnutzungsteilflächen. 5. Anpassung der Klimadaten an das lokale mittlere Relief

b) Simulation auf Landnutzungsflächen (5423 Simulationseinheiten)

Mit dieser Simulation wird es möglich, die Ergebnisse aus a) besser einzuordnen und eine Einschätzung zu geben, welche Unsicherheiten durch das Verschneiden von Ras-ter und Landnutzung auftreten. Im Unterschied zu a) erfolgt hier keine Aufteilung in ein gleichmäßiges Raster sondern eine Simulation auf den ursprünglichen Landnut-zungsflächen. Damit entfällt der 3. Aggregierungsschritt. Alle anderen Schritte bleiben unverändert. Hierbei ist zu erwähnen, dass die mittlere Flächengröße der Landnut-zungseinheiten 0.19 km² beträgt. Dies bedeutet, dass hier die Aggregierung im Mittel auf einer kleineren Skala erfolgt. Dies hat sowohl Auswirkungen auf die mittleren Re-liefgrößen als auch auf die Aggregierung der Bodensäulen.

c) Simulation auf Flächen gleichen Niederschlags (6 Simulationseinheiten)

Eine vollkommen andere Strategie wird bei der Durchführung dieser Simulation und auch der nächsten verfolgt. Hierbei steht die Frage im Vordergrund, wie viel Informa-tion das Modell braucht, um „gute“ Ergebnisse zu liefern. Dazu wird eine Simulation auf den 6 Regionen mit gleichen mittleren Jahresniederschlägen (10jähriges Mittel) durchgeführt. Damit entfällt eine Disaggregierung der Klimadaten, da neben dem Nie-derschlag auch die anderen Klimawerte als räumlich homogen auf diesen Einheiten betrachtet werden. Während als Landnutzungs- bzw. Bodeninformation die Informa-tion der jeweils flächengrößten Einheit pro Simulationseinheit genutzt werden, erfolgt für die Reliefparameter wiederum eine Mittelung. Die hier gewählte Simulationsskala stellt als Skala der Niederschlagsinformation die maßgebliche Inputskala für die Abflussberechnung dar.

d) Simulation auf Flächen gleicher Klimainformation (2 Simulationseinheiten)

Im Unterschied zur Simulation c) erfolgt hier die Simulation nur auf den beiden Flä-chen, denen eine der beiden Klimastationen zugewiesen wurde. Die Zuweisung der

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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Klimastationen zu zwei Teilflächen des Einzugsgebietes erfolgte mit Rücksicht auf die Topographie des Gebietes. Für die höher gelegenen Gebiete werden Daten der Klima-station Leinefelde verwendet, während die tiefer liegenden Gebiete der Station Göttin-gen zugeordnet werden.

2.5 Qualitätsabschätzung und Unsicherheitsanalyse

Im Gegensatz zu vielen anderen Studien findet hier keine Kalibrierung des Modells anhand der Abflussganglinie statt. Die Simulation wird nur mit den vorliegenden Daten betrieben. Eine Validierung der Ergebnisse bzw. ein Vergleich der Aggregie-rungsmethoden erfolgt mit Hilfe der Ganglinie. Dazu werden verschiedene Gütemaße herangezogen. Zum einen werden die weitverbreiteten Gütemaße der model efficiency (CME) und der index of agreement (IA) verwendet. Zum anderen kommen aber auch Parameter der Häufigkeitsverteilungen zum Vergleich.

3 Ergebnisse

Die Simulationen werden für das Gesamteinzugsgebiet über 8 Jahre (1982 – 1989) durchgeführt. Dabei werden tägliche Werte (gleitendes Mittel über 7 Tage) ausgewer-tet. Eine Untersuchung anderer Raum- oder Zeitskalen findet nicht statt. In den Tabel-len 2 und 3 sind zum einen die statistischen Kennwerte der Häufigkeitsverteilung so-wie zum anderen verschiedene Gütemaße in bezug auf die gemessenen Tagesabflüsse am Pegel Leineturm aufgeführt.

Die Untersuchung zeigt, dass sich die Simulationen der täglichen Abflusswerte auf der Basis der Raster (a) und der Nutzflächen (b) zeitlich kaum unterscheiden. Dies betrifft sowohl die Kenngrößen der Verteilungsfunktion als auch die Gütemaße. Im internen Vergleich beider Methoden zeigt sich aber auch, dass die rasterbasierte Simulation eine leichte Tendenz zu höheren Einzelabflüssen aufweist (geringerer Median).

Beide Methoden unterschätzen aber den gemessenen Abfluss. Hierfür liefert die Simulation auf Grundlage der Wetterinformationsskala (d) die beste Übereinstim-mung. Allerdings weist Tabelle 3 daraufhin, dass in diesem Fall die Gütemaße die schlechteste Übereinstimmung in der zeitlichen Abfolge andeuten. Für die Simulation auf der Skala der Niederschlagsdaten (c) können im Gegensatz dazu die besten Güte-maße und geringsten Fehler bezüglich der gemessenen Abflusswerte gefunden werden. Die Differenz zum Mittelwert liegt aber in der selben Größenordnung wie für die Methoden a) und b). Besonders auffällig ist hier der hohe Schwankungsbereich (Quar-tilabstand) der simulierten Abflusswerte im Gegensatz zu den anderen Methoden und zur gemessenen Zeitreihe

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UNSICHERHEITEN BEI DER SKALENABHÄNGIGEN AGGREGIERUNG VON MODELLDATEN

149

Abbildung 1 zeigt für alle vier Simulationen die errechneten Wasserflüsse relativ zum Bestandesniederschlag als Summe über 8 Jahre. Als Bestandesniederschlag (siehe Ta-belle 4) wird hier der aktuelle Niederschlag abzüglich der Interzeption verstanden, welche ihrerseits eine Funktion des LAI ist. Der Bestandsniederschlag für die Methode c) ist deutlich höher als bei den anderen Methoden, was mit einem geringeren Blattflä-chenindex zu erklären ist. Interessant ist auch, dass sich ein geringer Unterschied zwi-schen den Landnutzungsaggregierungen der Methoden a) und b) einstellt. Obwohl von einer identischen Verteilung der Landnutzungen ausgegangen werden muss, führt die modellinterne Flussmittelung zu einer Unterschätzung der Interzeption in bezug auf die Interzeption der ursprünglich gegebenen Landnutzungsverteilung.

Tab. 2: Statistische Kennwerte des täglichen Abflusses in m³/s (2855 Tage)

Summe [m³] Mittelwert Median Quartilabstand

Messung 2.179E+09 8.84 7.09 6.12 a) 1.906E+09 7.73 4.16 8.53 b) 1.907E+09 7.73 4.31 8.22 c) 2.385E+09 9.67 6.95 10.06 d) 2.130E+09 8.64 6.30 8.73

Tab. 3: Gütemaße in bezug auf den gemessenen Tagesabfluss

Korrelations- koeffizient

CME IA RootMeanSquare -

Fehler [m³/s]

a) 0.89 0.43 0.91 5.22

b) 0.89 0.44 0.91 5.21

c) 0.91 0.55 0.92 4.67

d) 0.84 0.41 0.89 5.39

Bezeichnungen: Simulation auf a) Rasterflächen, Flächen gleicher b) Landnutzung, c) Nie-

derschlagsdaten und d) Wetterdaten.

Tab. 4: Bestandsniederschlagssumme für die einzelnen Methoden

a) b) c) d)

Bestandsniederschlag 595.79 cm 588.57 cm 625.23 cm 599.12 cm

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

150

0.0

25.0

50.0

75.0

100.0

Infiltration Verdunstung GW-Neubildung Oberflächenabfluss

Rel

ativ

e Su

mm

e

Raster Nutzflächen Niederschlagsregionen Wetterregionen

Abbildung 1 bestätigt den schon vorher gewonnenen Eindruck, dass die Methoden a) und b) sich nicht wesentlich in den Ergebnissen unterscheiden. Nur in der Aufteilung des infiltrierten Wassers in Verdunstung (mehr bei a) und Grundwasserneubildung (mehr bei b) kommt es zu sehr geringen Unterschieden. Es ist festzustellen, dass sich die Methoden a) und b) zwar unter einander ähneln, aber sich von den beiden anderen Methoden unterscheiden. Diese Methoden (c und d) reagieren wiederum ähnlich. Während die Ähnlichkeit von a) und b) sich auf alle Flüsse bezieht, ist bei c) und d) ein deutlicher Unterschied im Verhältnis schneller zu langsamer Abflusskomponenten sichtbar. In beiden Methoden ist dieses Verhältnis klar zu den langsamen Grundwas-serabflüssen verschoben, wobei diese Tendenz bei Methode c) am deutlichsten wird. Dieses Ergebnis kann nur mit der unterschiedlichen Aggregierung der Bodeninforma-tion erklärt werden, was eine zukünftige Untersuchung genauer klären muss.

Abb. 1: Summe der Wasserflüsse (relativ zum Bestandsniederschlag) über 8 Jahre für die verschiedenen Simulationen

4 Fazit und Ausblick

Die Untersuchungen bestätigen, dass eine Simulation auf gleichmäßigen Rasterflächen (1091 Simulationen) ähnliche Ergebnisse liefert, wie eine Simulation auf unregelmäßi-gen Flächen der Landnutzung (5211 Simulationen). Die Unterschiede auf der betrach-teten Zeitskala sind sehr gering. Beiden Simulationen liegen unterschiedliche Skalen der Eingangsdaten zugrunde. Die geringen Differenzen zwischen beiden Methoden können deshalb auch Hinweise auf die Skalenabhängigkeit der benutzten Aggregie-rungsmethoden geben. Sowohl die Mittelung der Reliefparameter als auch die vorge-nommene Aggregierung der Bodeninformationen zeigen auf der homogenen Raster-skala (1 km²) wie auf der heterogenen Nutzflächenskala (im Mittel 0.19 km²) keine wesentlichen Unterschiede. Für eine genauere Abschätzung der Skalenabhängigkeit

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UNSICHERHEITEN BEI DER SKALENABHÄNGIGEN AGGREGIERUNG VON MODELLDATEN

151

müssen weitere Untersuchungen vorgenommen werden, welche die Aggregierungs-methoden bei gleicher Simulationsmethode aber unterschiedlichen Simulationsskalen vergleichen. Außerdem stellt sich die Frage, ob die vorgestellten Aggregierungsmetho-den bei starker Heterogenität der Landnutzung bzw. der Bodenparameter weiterhin akzeptable Ergebnisse liefern.

Des weiteren führen die Ergebnisse zu unterschiedlichen Interpretationen, welche der vier untersuchten Methoden am geeignetsten für die Simulation des Wasserhaushalts ist. Eine Entscheidung in dieser Frage hängt davon ab, welche Ziele mit der durchge-führten Simulation verbunden sind. Steht die Reproduktion einer 8-jährigen Abfluss-menge im Vordergrund, erscheint nach dieser Studie eine Simulation auf einer sehr groben Informationsgrundlage am besten. Für die Wiedergabe des zeitlichen Verlaufs der Abflussganglinie sollte dagegen eine besser aufgelöste Datengrundlage verwendet werden, wobei hochaufgelöste Daten eine solche Wiedergabe eher wieder verschlech-tern. Die Verwendung von Gütemaßen als Entscheidungskriterium ergibt dabei andere Aussagen als die Verwendung der statistischen Kennwerte der Häufigkeitsverteilung.

Die betrachteten Gütemaße zeigen, dass alle vier untersuchten Methoden eine unzurei-chende Wiedergabe des zeitlichen Verlaufs der Abflüsse im Vergleich mit der gemes-senen Ganglinie liefern. Eine Einbeziehung eines Grundwasserspeichers als untere Randbedingung der Simulation könnte hierfür Verbesserungen bringen. Dies kann aber auch neue Aussagen bezüglich der Qualität der vier vorgestellten Simulationen bewirken, da sowohl andere Gütemaße als auch neue Kennwerte zu erwarten sind.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

152

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DISKUSSION EINIGER ENTSCHEIDUNGSKRITERIEN FÜR DIE WAHL EINES KONZEPTES ZUR ABFLUSSMODELLIERUNG IN EINEM LANDOBERFLÄCHENMODELL

153

Diskussion einiger Entscheidungskriterien für die Wahl eines Konzeptes zur Abflussmodellierung in einem

Landoberflächenmodell

Kirsten Warrach*)

Zusammenfassung: Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in der objektiven Wahl eines Modellkonzeptes. In der Hydrologie werden sogenannte Gütemaße herangezogen, um Modelle und/oder Parameter vergleichend zu untersuchen, z.B. die Modelleffizienz, der Korrelationskoeffizient und der „Index an Übereinstimmung“. Am Beispiel eines Vergleichs der Ergebnisse verschiedener Ansätze in der Abflussberechnung des Land-oberflächenmodells SEWAB werden die Schwierigkeiten in der Aussagefähigkeit einiger dieser gängigen ‚objektiven’ Gütemaße gezeigt.

Abstract: This study focuses on the objective choice of a model concept. In hydrology the so-called quality measures, such as modelling efficiency, coefficient of determina-tion and index of agreement, are widely used to investigate models and/or parameters. The difficulties in the significance of some of these typical ‘objective’ quality meas-ures are shown exemplarily comparing different approaches of runoff calculation of the land surface model SEWAB.

1 Einführung

Im Verlauf der letzten 20 Jahre sind viele Landoberflächenmodelle zur Berechnung der Energie- und Wasserflüsse zwischen Landoberfläche und Atmosphäre und Abflussberechnung entwickelt worden. Unterschiede in ihren Konzepten hängen vor allem davon ab, ob sie in hydrologischen oder atmosphärischen Modellen eingesetzt werden. Zum Teil unterscheiden sie sich aber auch abhängig von der ihnen zugedach-ten Skala, d.h. lokale, regionale oder globale Anwendung, denn in der Regel sind die Landoberflächenmodelle ein-dimensional und beschreiben explizit nur die vertikalen Energie- und Wasserflüsse. Die Modellkonzepte zur Berechnung des Abflusses in den Landoberflächenmodellen reichen von sogenannten physikalisch basierten Ansätzen, die keine freien Parameter enthalten, bis zu empirischen Ansätzen, bei denen anhand von gemessenen Daten Parameter angepasst werden.

*) Max-Planck-Institut für Meteorologie, Bundesstraße 55, 21029 Hamburg, e-mail: [email protected]

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

154

Im Rahmen des internationalen Vergleichsprojektes für Landoberflächenmodelle PILPS (Henderson-Sellers et al., 1993) zeigten sich die Stärken und Schwächen der verschiedenen Modellkonzepte und führten bei vielen Gruppen zur Übernahme von Teilen aus anderen Modellen. In den meisten Landoberflächenmodellen können verschiedene Ansätze zur Berechnung des Abflusses ohne großen Aufwand übernom-men werden (z.B. Warrach et al., 2002; Habets et al., 1999). So gewannen in den letz-ten Jahren vor allem die auf dem Niederschlag-Abflussmodell TOPMODEL (z.B. Beven und Kirkby, 1979) und dem VIC-3L-Modell (z.B. Liang et al., 1996) basieren-den Abflussberechnungen Popularität für die Anwendung in den Landoberflächenmo-dellen für mesoskalige und regionale atmosphärische Modelle, d.h. bei Gitterzellen mit einer horizontalen Auflösung von ca. 1 km bis 50 km (also 1 km² bis 2500 km²). Bei diesen Anwendungen ist der Aufwand einer Anpassung von Parametern sehr groß, so dass deren Anzahl so gering wie möglich gehalten werden sollte. Auch sollte die Abflussberechnung so effizient wie möglich gestaltet werden, da Atmosphärenmo-delle viel Rechenzeit beanspruchen.

Es wäre wünschenswert bei dieser Vielfalt an Ansätzen und Parametern in einem Landoberflächenmodell, aber auch bei einem Vergleich zweier Modelle, die Wahl durch objektive Kriterien untermauern zu können. Üblicherweise werden in der Hydrologie hierzu sogenannte Gütemaße herangezogen, z.B. die Modelleffizienz, der Korrelationskoeffizient, der Index an Übereinstimmung und die Wurzel des mittleren quadratischen Fehlers. Janssen und Heuberger (1995) stellen diese und andere Güte-maße ausführlich vor, zeigen jedoch keine praktischen Beispiele. Legates und McCabe (1999) schließen aus ihren Untersuchungen anhand je einer Zeitreihe der Verdunstung und des Abflusses eine begrenzte Aussagefähigkeit dieser Gütemaße für die Modell-validierung.

Im Landoberflächenmodell SEWAB (Surface Energy and Water Balance) (Mengelkamp et al., 1999; Warrach et al., 2001) wurden zwei Ansätze integriert und können alternativ gewählt werden (Warrach et al., 2002). Die Ansätze haben ihre Vor- und Nachteile in der Anwendung: bei dem VIC-Modell-Ansatz müssen 5 Parameter angepasst werden. Bei dem TOPMODEL-Ansatz muss ein möglichst hoch aufgelöster Datensatz der Orographie vorliegen; außerdem muss ein Parameter für das Gebiet an-gepasst werden, wenn er nicht ausnahmsweise aus Bodendaten bekannt ist. Anhand eines 5-jährigen Datensatzes aus dem 8.4 km² großen Untereinzugsgebietes des Sleepers River (Vermont, USA) wurden beide Ansätze mit SEWAB auf das ganze Einzugsgebiet angewendet indem dieses als eine Gitterzelle betrachtet wird (Warrach et al., 2002).

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DISKUSSION EINIGER ENTSCHEIDUNGSKRITERIEN FÜR DIE WAHL EINES KONZEPTES ZUR ABFLUSSMODELLIERUNG IN EINEM LANDOBERFLÄCHENMODELL

155

In diesem Artikel werden die oben genannten gängigen Gütemaße kurz vorgestellt und die Problematik ihrer Anwendung zur Wahl eines Modellkonzeptes wird anhand eines Beispiels erläutert. Ich möchte hier einen kritischen Umgang mit Gütemaßen anregen, eine allgemein gültige Lösung gibt es zu dem Problem bisher nicht. Der Artikel schließt mit einigen Vorschlägen zur Beurteilung der Modellgüte.

2 Einige Gütemaße

Es sollen Gütemaße untersucht werden, die bei der Wahl eines Modellkonzeptes für eine Anwendung hilfreich sind. Diese werden sich je nach Fragestellung unterschei-den. In dieser Arbeit soll das Modell im Vergleich zu Beobachtungen den täglichen Abfluss wiedergeben. Besonderer Wert wird also auf die Wiedergabe des zeitlichen Verlaufs als auch des Jahresabflusses gelegt.

Von den von Janssen und Heuberger (1995) vorgestellten Gütemaßen sollen drei in der Hydrologie besonders gängige hier diskutiert werden: die Modelleffizienz, der Korre-lationskoeffizient und der „Normierte Index an Übereinstimmung“.

Die Modelleffizienz ME (in der Hydrologie auch als Nash-Sutcliffe Coefficient bekannt):

( ) ( )

( )∑

∑∑

=

==

−−−=

N

ii

N

iii

N

ii

OO

OSOOME

1

2

1

2

1

2

(1)

ist ein Maß dafür, inwieweit die Verwendung des Modells eine Verbesserung gegen-über der Verwendung des Mittelwertes der Beobachtung darstellt, d.h., jeder positive Wert stellt eine Verbesserung dar. N ist die Anzahl der Datenpunkte, O die Beobach-tung und S die Simulation mit dem Modell. Der Querbalken kennzeichnet den jeweili-gen Mittelwert und der Index i den Datenpunkt.

Ein Maß für die zeitliche Übereinstimmung zwischen beobachteter und gemessener Variabilität ist der Korrelationskoeffizienten R:

( )

( ) ( )

⋅−⋅

⋅−

⋅⋅−⋅=

∑∑∑∑

∑∑∑

====

===2

11

22

11

2

111

11

1

N

ii

N

ii

N

ii

N

ii

N

ii

N

ii

N

iii

ON

OSN

S

OSN

OS

R (2)

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

156

Der Index an Übereinstimmung (‘Index of agreement’), normiert bzgl. der Variabilität der Beobachtung, um eine Überbetonung bei großen Abflusswerten zu vermeiden,

NIoA :

( )

( )[ ]∑

=

=

−+−

−−= N

iiii

N

iiii

OOOOS

OOSNIoA

1

2

1

2

/

/1 (3)

ist ein standardisierter mittlerer quadratischer Fehler nach Willmott (1981). Je dichter

ME und NIoA an +1 desto besser stimmen Simulation und Beobachtung überein, je dichter R an 1 liegt, desto korrelierter sind Beobachtung und Simulation.

3 Eine Anwendung

3.1 Das Landoberflächenmodell SEWAB

Das ein-dimensionale (vertikale) Landoberflächenmodell wurde für Anwendungen entwickelt, in denen es mit gemessenen meteorologischen Daten angetrieben oder gekoppelt mit einem Atmosphärenmodell verwendet wird. Es berechnet die vertikalen Wasser- und Energieflüsse zwischen der Landoberfläche und der Atmosphäre und innerhalb des Bodens einer Gitterzelle von üblicherweise 1 bis 10000 km².

Die Bodensäule ist in eine wählbare Anzahl von Schichten (mind. 4) unterteilt, um eine größere vertikale Auflösung in der Wurzelzone zu ermöglichen. SEWAB erlaubt eine teilweise Bedeckung mit einer Vegetationsschicht und einer Schneeschicht. Bei Überschreitung der Infiltrationskapazität wird Oberflächenabfluss erzeugt. Am unteren Rand verlässt das Wasser die Bodensäule als freie Drainage. In der Standardversion (SEWAB_STAN) entsteht außerdem Abfluss, wenn Wasser in eine gesättigte Boden-schicht gelangt. Wählbar sind außerdem die Abflussberechnung mit dem TOPMO-DEL-Ansatz (SEWAB_TOP) und mit dem VIC-3L-Modell-Ansatz (SEWAB_VIC).

Eine ausführliche Beschreibung des Landoberflächenmodells SEWAB geben Mengelkamp et al. (1999) und Warrach et al. (2001). Die für diesen Artikel relevanten Optionen zur Abflussmodellierung sind in Warrach et al. (2002) beschrieben.

3.2 Das Einzugsgebiet des Sleepers River

Das 111 km² große Einzugsgebiet des Sleepers River liegt in einem hügeligen Wald-gebiet in Vermont im Nordosten der USA. Im 8.4 km² umfassenden W-3-Unterein-zugsgebiet wurden von 1969 bis 1974 stündliche meteorologische Messungen durch-geführt, außerdem wurden tägliche Abfluss- und Schneedaten erhoben.

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DISKUSSION EINIGER ENTSCHEIDUNGSKRITERIEN FÜR DIE WAHL EINES KONZEPTES ZUR ABFLUSSMODELLIERUNG IN EINEM LANDOBERFLÄCHENMODELL

157

Von 1970 bis 1974 betrugen der jährliche Niederschlag und Abfluss 1250 bzw. 730 mm. Der Niederschlag fällt gleichmäßig über das Jahr verteilt an ca. 50% der Tage. Im Sommer und Herbst beträgt das Verhältnis von Abfluss zu Niederschlag zwischen 10 und 20%. Die Abflussganglinie wird von März bis Juni von der Schneeschmelze im April/Mai (max. 11 – 24 mm/Tag) dominiert. Von Juni bis März liegt der Abfluss abgesehen von einzelnen Ereignissen bei 0.5 – 1 mm/Tag.

3.3 Ergebnisse

Die Ergebnisse der Modellsimulationen für den gesamten Zeitraum werden in Warrach et al. (2002) ausführlich diskutiert. Die Parameter von SEWAB_VIC wurden für das Jahr 1971 manuell so angepasst, dass in diesem Jahr vor allem optischer Verlauf der Abflusskurve und Jahresabfluss, aber auch NIoA, ME und R optimal wiedergegeben werden. (SEWAB_STAN und SEWAB_TOP enthalten in diesem Experiment keine freien Parameter.) Hier werden neben den Ergebnissen des Jahres 1971 auch die eines unabhängigen Jahres diskutiert. Gewählt wurde 1973, da in diesem Jahr die Simulati-onsergebnisse der verschiedenen Modellkonzepte am besten übereinstimmen.

Tab. 1: Gütemaße 1971 und 1973

R ME NIoA

1971 1973 1971 1973 1971 1973

SEWAB_STAN 0.77 0.72 0.26 0.43 0.90 0.86

SEWAB_VIC 0.86 0.84 0.66 0.67 0.93 0.93

SEWAB_TOP 0.90 0.77 0.81 0.52 0.89 0.98

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

158

0

5

10

15

20

25

01/01/1971 01/03/1971 01/05/1971 01/07/1971 01/09/1971 01/11/1971

Datum [Tag/Monat/Jahr]

Abf

luss

[m

m/T

ag]

0

5

10

15

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01/01/1971 01/03/1971 01/05/1971 01/07/1971 01/09/1971 01/11/1971

Datum [Tag/Monat/Jahr]

Abf

luss

[m

m/T

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01/01/1971 01/03/1971 01/05/1971 01/07/1971 01/09/1971 01/11/1971

Datum[Tag/Monat/Jahr]

Abf

luss

[m

m/T

ag]

Abb. 1: Gemessener (grau) und simulierter (schwarz) Abfluss: a) SEWAB_STAN,

b) SEWAB_VIC, c) SEWAB_TOP

c

0

1

2

3

15/05/71 15/07/71 15/09/71 15/11/71

b

a

0

1

2

3

15/05/71 15/07/71 15/09/71 15/11/71

0

1

2

3

15/05/71 15/07/71 15/09/71 15/11/71

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DISKUSSION EINIGER ENTSCHEIDUNGSKRITERIEN FÜR DIE WAHL EINES KONZEPTES ZUR ABFLUSSMODELLIERUNG IN EINEM LANDOBERFLÄCHENMODELL

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0

5

10

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20

25

30

35

40

01/01/1973 01/03/1973 01/05/1973 01/07/1973 01/09/1973 01/11/1973

Datum [Tag/Monat/Jahr]

Abf

luss

[m

m/T

ag]

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5

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01/01/1973 01/03/1973 01/05/1973 01/07/1973 01/09/1973 01/11/1973

Datum [Tag/Monat/Jahr]

Abf

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[m

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Datum [Tag/Monat/Jahr]

Abf

luss

[m

m/T

ag]

Abb. 2: Gemessener (grau) und simulierter (schwarz) Abfluss: a) SEWAB_STAN,

b) SEWAB_VIC, c) SEWAB_TOP

012345

01/07/73 01/09/73 01/11/73

0

12

3

4

5

01/07/1973 01/09/1973 01/11/1973

a

b

c

012345

01/07/1973 01/09/1973 01/11/1973

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

160

Der gemessene und simulierte Abfluss der Jahre 1971 und 1973 sind in den Abbildun-gen 1 und 2 dargestellt; Tabelle 1 fasst die Gütemaße zusammen. Vergleicht man die Abflusskurven optisch miteinander, so zeigen SEWAB_VIC und SEWAB_TOP einen sehr ähnlichen Verlauf, SEWAB_TOP erfasst jedoch den Basisabfluss im Sommer und Herbst besser als SEWAB_VIC. SEWAB_STAN reagiert sehr träge, erfasst jedoch den Gesamtverlauf der großen Abflussereignisse aufgrund der Schneeschmelze. Ist das Ziel der Modellanwendung sowohl den Jahresverlauf des Abflusses als auch die tägli-chen Abflussmengen zu erfassen, so würde aufgrund des optischen Vergleichs in beiden Jahren SEWAB_STAN ausgeschlossen werden und SEWAB_TOP der Simu-lation mit SEWAB_VIC vorgezogen werden.

Aufgrund der Gütemaße kann man jedoch zu einem anderen Schluss kommen. Der Vergleich des NIoA zeigt 1971 keinen signifikanten Unterschied zwischen den Modellsimulationen, 1973 ist er mit 0.86 bei SEWAB_STAN am niedrigsten und mit 0.98 bei SEWAB_TOP am größten. Anders sieht es bei R aus. R ist in beiden Jahren bei SEWAB_STAN am niedrigsten, bei SEWAB_VIC und SEWAB_TOP ist R 1973 bzw. 1971 am höchsten. Alle Simulationen haben ein R größer als 0.7. Am deutlichs-ten unterscheiden sich die Simulationsergebnisse in ME. Vor allem bei SEWAB_STAN entspricht ME mit seinen niedrigen Werten den Erwartungen. SEWAB_VIC hat jedoch 1973 hier einen deutlich höheren Wert als SEWAB_TOP, obwohl ein optischer Vergleich SEWAB_TOP favorisieren würde.

4 Schlussfolgerungen

Von den angewendeten Gütemaßen ist in diesem Beispiel NIoA nicht aussagefähig, selbst SEWAB_STAN erreichte hier Werte von 0.86. R und ME hoben die Unter-schiede in den Simulationen besser hervor, waren jedoch als alleiniges Qualitätskrite-rium auch nicht zufriedenstellend, wie das Jahr 1973 zeigt. Das in dieser Arbeit gege-bene Beispiel zeigt, dass ein NIoA = 0.9 (SEWAB_STAN, 1971) kein aussagfähiges Gütemaß sein muss, ein ME = 0.52 (SEWAB_TOP, 1973) nicht zum Verwerfen eines Modellkonzepts führen muss, und sich ein R = 0.77 bei 2 Modellkonzepten in unter-schiedlichen Jahren ergibt (SEWAB_STAN, 1971; SEWAB_TOP, 1973), obwohl diese in der Widergabe Variabilität der jeweiligen Messung sehr unterschiedlich sind. Der jeweilige Absolutwert der Gütemaße reicht also als alleiniger Zahlenwert nicht aus, um Entscheidungen zu treffen.

Das Anwendungsbeispiel zeigt, dass die angewendeten ‚objektiven’ Gütemaße R, ME und NIoA nur bedingt aussagefähig sind. Sie sind sinnvoll, soweit sie unterstützend herangezogen werden, eine Anwendung weiterer Kriterien ist jedoch empfehlenswert. So ist für die Wahl eines Modells sowohl der Anwendungszweck als auch die Verfüg-

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DISKUSSION EINIGER ENTSCHEIDUNGSKRITERIEN FÜR DIE WAHL EINES KONZEPTES ZUR ABFLUSSMODELLIERUNG IN EINEM LANDOBERFLÄCHENMODELL

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barkeit der erforderlichen Eingabedaten zu bedenken. Ein Vergleich der Jahressum-men ist ebenso wichtig wie der Vergleich der Variabilität. Je nach Fragestellung, sollte geprüft werden, inwieweit Niedrigwasserverhältnisse und Hochwasserereignisse gut wiedergegeben werden. Statistische Maße sollten in einem solchen Fall nur auf die Untersuchungsperioden angewendet werden und nicht auf den gesamten Jahresverlauf. Auch eine Spektralanalyse der Abflusskurven kann sehr hilfreich sein, wie Shaman et al. (2001) bei einem Vergleich sehr ähnlicher Abflusskurven zeigen.

Entscheidend für die Wahl eines Modells oder Konzepts und die Bewertung der Ergebnisse ist die Fragestellung. Deutlich wird dieses zum Beispiel bei der Wahl eines hydrologischen Modells für die Erstellung von Klimaszenarien oder von Hochwasser-vorhersagen. Ersteres muss in der Lage sein, Landnutzungs- und Klimaänderungen einbeziehen zu können, letzteres muss vor allem den zeitlichen Verlauf und die Abflussmenge unter heutigen Bedingungen sehr gut wiedergeben. Auf den Experten kann bei der Wahl von Modell und Parametern nicht verzichtet werden, er kann die derzeitigen ‚objektiven’ Maße nur als Hilfsmittel benutzen. Eine abschließende Emp-fehlung kann diese Arbeit nicht geben, aber sie kann und soll zum kritischen Umgang mit ‚objektiven’ Gütemaßen anregen.

Im Fall des Anwendungsbeispiels führte der Vergleich der Jahressummen des Abflus-ses, der Modelleffizienz, des Korrelationskoeffizienten und des optischen Jahresgan-ges des Abflusses der simulierten Jahre 1970 bis 1974 zu der Favorisierung des Kon-zepts SEWAB_TOP (Warrach et al., 2002). Der Normierte Index an Übereinstimmung wurde als Gütemaß verworfen.

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5. WORKSHOP ZUR HYDROLOGISCHEN MODELLIERUNG

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