019 021 Kirrverordnung - WILD UND HUND - WILD UND HUND

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WILD UND HUND 17/2005 19 FOTO: LUKAS WERNICKE das Wild aus Witterungsgründen oder als Folge einer Katastrophe keine ausreichen- de natürliche Äsung vorfindet. In Betracht kommen vor allem eine vereiste oder hohe Schneelage, tiefgefrorener Boden (längere Frostperiode), Pflanzen- oder Bodenver- hältnisse nach einem Waldbrand, einer an- haltenden Dürreperiode oder einer Über- schwemmung. Auch hier wird teilweise in den Landes- jagdgesetzen oder weiteren Bestimmungen eine Konkretisierung vorgenommen. Nachfolgend wurde der Versuch unter- nommen, die einzelnen Länderregelungen in tabellarischer Form darzustellen. Überwiegend befinden sich die Regelun- gen in den jeweiligen Jagdgesetzen der Bun- Die jüngste Entwicklung in Rheinland-Pfalz, wo eine strenge und bürokratisch aufwändige Regelung für das Kirren von Schwarzwild eingeführt wurde, gab Anlass, in den anderen Bundesländern nachzufragen. Hier eine aktuelle Übersicht, was die Jäger in den Regionen beachten müssen. desländer; vereinzelt existieren ergänzend Kirrungs- oder Durchführungsverordnun- gen zum Landesjagdgesetz beziehungsweise allgemeine Ausführungsverordnungen zum Landesjagdgesetz oder sonstige Regelungen. Die Übersicht mag zudem einen Vor- geschmack darauf geben, wie unter- schiedlich und aus Sicht des Verfassers zum Teil unübersichtlich rechtliche Rege- lungen sind beziehungsweise werden, wenn – wie angedacht – die Rahmenge- setzgebung des Bundes und damit das bis- herige Bundesjagdgesetz entfiele und zukünftig auch alle anderen jagdrechtli- chen Vorschriften ausschließlich noch in der Länderhoheit lägen. KIRREN VON WILD In jedem Land eine eigene Rezeptur Ralph Müller-Schallenberg A ls Kirrung bezeichnet man eine Me- thode, um Wild mit wenig Futter- mitteln zum Zwecke der Erlegung anzulocken. Sie ist keine Form der Fütte- rung, sondern als Bejagungshilfe eine Maß- nahme der Jagdausübung. Zu beachten ist allerdings, dass spezial- rechtliche Sonderregelungen teilweise um- fassend die vorbezeichneten Begriffe ein- schränkend oder erweiternd beziehungs- weise konkretisierend definieren. Unter dem häufig verwendeten Begriff der „Notzeit“ versteht man grundsätzlich Beeinträchtigungen, die dazu führen, dass 019_021_Kirrverordnung 18.08.2005 14:07 Uhr Seite 1 kriemenschneider Neue_Datenbanken:wildhund:WuH_17_2005:Kirrverordnung_17

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das Wild aus Witterungsgründen oder alsFolge einer Katastrophe keine ausreichen-de natürliche Äsung vorfindet. In Betrachtkommen vor allem eine vereiste oder hoheSchneelage, tiefgefrorener Boden (längereFrostperiode), Pflanzen- oder Bodenver-hältnisse nach einem Waldbrand, einer an-haltenden Dürreperiode oder einer Über-schwemmung.

Auch hier wird teilweise in den Landes-jagdgesetzen oder weiteren Bestimmungeneine Konkretisierung vorgenommen.Nachfolgend wurde der Versuch unter-nommen, die einzelnen Länderregelungenin tabellarischer Form darzustellen.

Überwiegend befinden sich die Regelun-gen in den jeweiligen Jagdgesetzen der Bun-

Die jüngste Entwicklung in Rheinland-Pfalz, wo eine strenge und bürokratisch aufwändige

Regelung für das Kirren von Schwarzwild eingeführt wurde, gab Anlass, in den anderen Bundesländern

nachzufragen. Hier eine aktuelle Übersicht, was die Jäger in den Regionen beachten müssen.

desländer; vereinzelt existieren ergänzendKirrungs- oder Durchführungsverordnun-gen zum Landesjagdgesetz beziehungsweiseallgemeine Ausführungsverordnungen zumLandesjagdgesetz oder sonstige Regelungen.

Die Übersicht mag zudem einen Vor-geschmack darauf geben, wie unter-schiedlich und aus Sicht des Verfasserszum Teil unübersichtlich rechtliche Rege-lungen sind beziehungsweise werden,wenn – wie angedacht – die Rahmenge-setzgebung des Bundes und damit das bis-herige Bundesjagdgesetz entfiele undzukünftig auch alle anderen jagdrechtli-chen Vorschriften ausschließlich noch inder Länderhoheit lägen.

K I R R E N V O N W I L D

In jedem Land eine eigene Rezeptur

Ralph Müller-Schallenberg

Als Kirrung bezeichnet man eine Me-thode, um Wild mit wenig Futter-mitteln zum Zwecke der Erlegung

anzulocken. Sie ist keine Form der Fütte-rung, sondern als Bejagungshilfe eine Maß-nahme der Jagdausübung.

Zu beachten ist allerdings, dass spezial-rechtliche Sonderregelungen teilweise um-fassend die vorbezeichneten Begriffe ein-schränkend oder erweiternd beziehungs-weise konkretisierend definieren.

Unter dem häufig verwendeten Begriffder „Notzeit“ versteht man grundsätzlichBeeinträchtigungen, die dazu führen, dass

019_021_Kirrverordnung 18.08.2005 14:07 Uhr Seite 1 kriemenschneider Neue_Datenbanken:wildhund:WuH_17_2005:Kirrverordnung_17

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Bundesland Regelungen Landesjagdgesetz Zusätzliche KirrungsVO/Durchführungsverordnung/Allgemeine Durchführungsverordnung oder ähnliche Regelung

Baden-Württemberg Kirrung von „Wild“ ist während Missbräuchliche Kirrung:der Jagdzeit ab 01. 09. erlaubt - liegt insbesondere vor, wenn das Hegeziel (§ 1 Abs. 2 BJG) gefährdet wird(§ 20 Abs. 2) - bei nicht artgerechter oder natürlicher Äsung entsprechender

Futtermittelverwendung insbesondere bei Schalenwild- bei Verwendung bestimmter Futtermittel- Verfüttern von Futtermittel außer Mais inkl. Getreide an Schwarzwild ohne dass

Vorkehrungen gegen die Aufnahme durch anderes Wild getroffen werden(§ 2 LJagdGDVO)

- daneben liegt auch missbräuchliche Kirrung vor, wenn- von Futtermittel mehr als zehn Liter für wiederkäuendes Schalenwild oder mehr

als drei Liter für Schwarzwild je Bejagungseinrichtung vorhanden sind- für Schwarzwild je angefangene 50 Hektar Waldfläche mehr als eine Kirrung

betrieben wird (maximal zwei Kirrungen pro Jagdbezirk)- die Beschickung von Luderplätzen zur Raubwildbejagung so erfolgt, dass

Lockmittel auch für Schwarzwild zugänglich ist- bei unangemessener Futtermengenverwendung für Kirrung von Wildenten

(§ 3 Abs. 1 bis 3 LJagdGDVO)

Bayern keine Regelung keine Regelung

Berlin Kirren von Schwarzwild erlaubt keine Regelung

(ohne nähere Regelung)

(§ 34 Abs. 6)

Brandenburg Kirren von „Wild“ erlaubt - Ausbringen von Kirrmaterial nur in geringen Mengen erlaubt(§ 41 Abs. 6) - zulässig nur die Verwendung artgerechter Futtermittel wie Getreide, Eicheln,

Bucheckern, Kastanien, Hackfrüchte und Gartenbauprodukte (verboten: Silagen)- keine Entwicklung einer Kirrung zur Fütterung- mechanische Fütterungseinrichtungen verboten

(§ 7 Abs. 4 DVO LJG Brandenburg)- Verbot des Abschusses im Umkreis von 200 Metern um Kirrungen in Notzeiten

(§ 7 Abs. 5 DVO LJG Brandenburg)- Verbot der Anlage von Kirrungen in oder in der Nähe von geschützten Biotopen

(§ 7 Abs. 6 DVO LJG Brandenburg)

Bremen grundsätzlich ganzjähriges Kirren von „Wild“ keine Regelungerlaubt Ausnahme: vom 01.05. bis 15.10. dürfenausschließlich Schwarzwild, Füchse und Waschbären auch nur „gelegentlich“ angekirrtwerden (Artikel 31 Abs. 1)

Hamburg keine Regelung - Kirrung von Schwarzwild, Füchsen und Mardern erlaubt; Ankirren von Iltissen nicht erforderlich

Voraussetzungen:- gelegentliches Auslegen von artgerechtem Futter,- nur in geringen Mengen- nur außerhalb fester Fütterungseinrichtungen- nur zum Anlocken und Erlegen (Drucksachen 15/7296 vom 15. 04. 1997)

Hessen keine Regelung - Kirren von Schwarzwild nur mit heimischem Getreide und Mais erlaubt, dabei ausschließlich Aufnahmemöglichkeit durch Schwarzwild erlaubt

- Kirrungen genehmigungspflichtig (Untere Jagdbehörde); Genehmigung mit Auflagen hinsichtlich Kirrfuttermenge, Anzahl und Verteilung der Kirrstellen und Befristung verbindbar

- Ersatzvornahmerecht der Unteren Jagdbehörde bei Verstößen

Mecklenburg-Vorpommern „gelegentliches“ Ankirren von Schwarzwild - in gesetzlich geschützten Biotopen bei Anlage von Kirrungen § 20 Abs. 1 erlaubt NatG M-V beachten (keine Zulässigkeit von Zerstörungen oder nachhaltiger Voraussetzung: Beeinträchtigungen) Kirrung mit nicht mehr als drei Kilogramm Mais, - je 75 Hektar Jagdfläche maximal eine Kirrung zulässig Getreide oder Baumfrüchten beschicken (§ 2 Abs. 4 Allgemeinverfügung vom 11. 04. 2001)(§ 18 Abs. 2)

Niedersachsen Kirren von Wild erlaubt, soweit Futterausbringung keine Regelung- nur in geringen Mengen und - als artgerechtes Futter und- ohne Verwendung von Fütterungseinrichtungen

und -behältern erfolgt (§ 33)

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Bundesland Regelungen Landesjagdgesetz Zusätzliche KirrungsVO/Durchführungsverordnung/Allgemeine Durchführungsverordnung oder ähnliche Regelung

Nordrhein-Westfalen keine Regelung Kirrung von Schwarzwild erlaubtEinschränkungen:- nur eine Kirrung je 100 Hektar- keine Verwendung von Kirreinrichtungen- Kirrmittel nur Getreide inklusive Mais- Kirrmittel muss in den Boden eingebracht und abgedeckt werden- die Ausbringung muss von Hand erfolgen- Anzeigepflicht von Kirrstellen bei der Unteren Jagdbehörde unter Beifügung

eines Lageplans (§ 2 Abs. 1 FüttVO)in Notzeiten Bejagungsverbot von Schwarzwild im Umkreis von 200 Meternum Kirrungen(§ 1 Abs. 1 Ziff. 3 FüttVO)

Rheinland-Pfalz (aktuell) - nur erlaubt bezüglich Schwarzwild keine Regelung- nur mit Getreide, Kartoffeln und Äpfeln

in „geringer“ Menge- nur zum Zwecke der Erlegung- Verhinderung von Aufnahme durch

anderes Schalenwild (§ 28 Abs. 2 Ziff. 5)

Rheinland-Pfalz (geplant) Fütterungs- und Kirrungsverbot Kirrung von Schwarzwild unter folgenden Einschränkungen als Ausnahme erlaubt- Reviere bis 150 Hektar: maximal zwei Kirrungen- je weitere 150 Hektar: eine weitere Kirrung- maximal 1 Kilogramm Kirrmaterial pro Tag und Kirrung- Angabe der Kirrung bei der Unteren Jagdbehörde

Saarland Kirren von Schwarzwild zulässig Definition „Kirrung“:Voraussetzungen: - Anlage so, dass für anderes Schalenwild unzugänglich (z. B. Einbringung in Boden- nur zum Zwecke der Erlegung und Abdeckung mit schweren Steinen)- Ausbringung geringer Menge von Getreide, - maximale Gesamtkirrmenge pro Kirrung und Tag: drei Kilogramm

Kartoffeln oder Äpfeln - maximal eine Kirrung je angefangene 75 Hektar bejagbare Fläche- Kirren von sonstigem Schalenwild nur mit - Benutzung von Futterautomaten, aufgehängten Tonnen oder Rollfässern unter

Erlaubnis der Unteren Jagdbehörde unter Einhaltung bestimmter Bedingungen zulässig Auflagen und Bedingungen zulässig (Vereinbarung LJV mit Oberster Jagdbehörde von 2002)(§ 25 Abs. 3)

Sachsen keine Regelung Kirren von Schwarzwild zulässig Voraussetzungen:- nur zum Zwecke der Erlegung- nur mit bestimmten Futterarten- zulässige Ausbringungsmenge: maximal fünf Kilogramm pro Kirrstelle, soweit

vorher Ausgebrachtes vom Wild aufgenommen wurdeSachsen-Anhalt Kirren von Schwarzwild, Füchsen, Waschbären, keine Regelung

Marderhunden und Minken zulässig bei- gelegentlichem Futterausbringen und- in geringen Mengen und- zur Erleichterung der BejagungKirren von Schwarzwild nur zulässig- mit Mais und Getreide und- bei Ausbringung von Hand und - maximal drei Kilogramm pro Kirrung

Zur Kirrung von Füchsen, Waschbären, Marderhunden und Minken dürfen Wildaufbrüche verwendet werden (§ 34 Abs. 5)

Schleswig-Holstein „gelegentliches“ Kirren von Schwarzwild zulässig, - Kirrmittel dürfen anderem Schalenwild nicht zugänglich sein (müssen in den aber nur Boden eingebracht und abgedeckt werden)- mit geringen Futtermengen und - Kirrmittel muss artgerecht sein- zum Zwecke der Bejagung - Kirrmenge nur zum „Anlocken“

(§ 18 Abs. 2) - Verwendung von Kirrautomaten und Rolltonnen bei Einhaltung der übrigen Regelungen erlaubt(Ministerielle Erläuterungen der Obersten Jagdbehörde und des LJV)

Thüringen keine Regelung Wildkirren zulässig bei- Verwendung geringer Futtermengen und- außerhalb von Notzeiten und- zum Zwecke des Anlockens, Beobachtens oder Erlegens- Verbot technischer Einrichtungen- maximale Futtermenge fünf Liter, soweit Altbestand verbraucht- nur bestimmte Futtermittel zulässig- pro 75 Hektar bejagbare Fläche nur eine Kirrung erlaubt- Mindestabstand zum Nachbarrevier: 100 Meter- Salzlecken und Lockstoffe gelten als Kirrung (!)

(§ 3 ThürWFüVO)Anlegungsverbot von Kirrungen in befriedeten Bezirken und Naturschutzbereichen(§ 4 ThürWFüVO)

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