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Glaubt man den Verfechtern des Web 2.0, hat die statische Webseite, bei der man als Besucher die einseitig verbrei- tete Unternehmensbotschaft lediglich abrufen konnte, endgültig ausgedient. Das Internet bietet heute jedem, der einen Zugang zu den technischen Möglichkeiten hat, viele Kanäle, sich öffentlich darzustellen und mit den Usern zu interagieren. Denn es sind die Nutzer, die das Web von heute gestal- ten, indem sie selber Inhalte produzie- ren und diese in Blogs, Foren oder so- zialen Netzwerken wie Flickr, MySpace und Videoportalen verbreiten und sich untereinander vernetzen. CRM by Blog Bill Marriott bloggt, die Starwood-Grup- pe tut es und die Intercontinental Ho- tels auch. In der Schweiz scheinen Ho- tel-Blogs dagegen nicht sehr verbreitet zu sein. Wenn, dann in erster Linie auf Destinations- oder Buchungsportalen wie rooms.ch, ferienart.ch oder davos.ch, in denen die Betreiber zum in- teraktiven Austausch aufrufen. Auch kleinere Privathotels berichten in On- line-Tagebüchern, den Blogs, über Neu- igkeiten und kommunizieren auf die- sem Weg mit ihren Kunden. «Blogs sind ein hervorragendes Hilfsmittel, um hö- here Besucherzahlen für die Homepage zu generieren und wahre Magneten für Internet-Suchmaschinen», sagt Christi- an Blind von der Salzburger Agentur Corporate Blogdesign, die sich auf die Entwicklung und Pflege von Unterneh- mens-Blogs spezialisiert hat. Mit einem Arbeitsaufwand von ein bis zwei Stun- den in der Woche und vergleichsweise niedrigen Kosten habe man damit ein effizientes Marketinginstrument. Frank Hägele, Hoteldirektor und ge- schäftsführender Gesellschafter im Ber- lin Plaza Hotel, bloggt seit dem Relaunch seiner Hotelwebseite im Jahr 2007 unter blog.plazahotel.de mit dem Ziel, mög- lichst viele Interessenten auf seine Web- Hintergrund Moderne Kommunikationswege 2 3/2009 Web 2.0 Unterwegs im Web-2.0-spezifische Anwendungen und Dienste sind in der Reisebranche weiter auf dem Vormarsch. Auch Hoteliers gehen beim Online-Marketing mit dem Einsatz von Blogs, Podcasts und Twitter neue Kommunikationswege. Text: Nathalie Kopsa Bild: Bobby Earle – fotolia.com

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Glaubt man den Verfechtern des Web2.0, hat die statische Webseite, bei derman als Besucher die einseitig verbrei-tete Unternehmensbotschaft lediglichabrufen konnte, endgültig ausgedient.Das Internet bietet heute jedem,der einen Zugang zu den technischenMöglichkeiten hat, viele Kanäle, sichöffentlich darzustellen und mit denUsern zu interagieren. Denn es sind dieNutzer, die das Web von heute gestal-ten, indem sie selber Inhalte produzie-ren und diese in Blogs, Foren oder so-zialen Netzwerken wie Flickr, MySpaceund Videoportalen verbreiten und sichuntereinander vernetzen.

CRM by BlogBill Marriott bloggt, die Starwood-Grup-pe tut es und die Intercontinental Ho-tels auch. In der Schweiz scheinen Ho-tel-Blogs dagegen nicht sehr verbreitetzu sein. Wenn, dann in erster Linie aufDestinations- oder Buchungsportalenwie rooms.ch, ferienart.ch oderdavos.ch, in denen die Betreiber zum in-teraktiven Austausch aufrufen. Auchkleinere Privathotels berichten in On-line-Tagebüchern, den Blogs, über Neu-igkeiten und kommunizieren auf die-sem Weg mit ihren Kunden. «Blogs sindein hervorragendes Hilfsmittel, um hö-here Besucherzahlen für die Homepage

zu generieren und wahre Magneten fürInternet-Suchmaschinen», sagt Christi-an Blind von der Salzburger AgenturCorporate Blogdesign, die sich auf dieEntwicklung und Pflege von Unterneh-mens-Blogs spezialisiert hat. Mit einemArbeitsaufwand von ein bis zwei Stun-den in der Woche und vergleichsweiseniedrigen Kosten habe man damit eineffizientes Marketinginstrument.Frank Hägele, Hoteldirektor und ge-schäftsführender Gesellschafter im Ber-lin Plaza Hotel, bloggt seit dem Relaunchseiner Hotelwebseite im Jahr 2007 unterblog.plazahotel.de mit dem Ziel, mög-lichst viele Interessenten auf seine Web-

Hintergrund Moderne Kommunikationswege

2 3/2009

Web 2.0Unterwegs im

Web-2.0-spezifische Anwendungen und

Dienste sind in der Reisebranche weiter

auf dem Vormarsch. Auch Hoteliers gehen

beim Online-Marketing mit dem Einsatz

von Blogs, Podcasts und Twitter neue

Kommunikationswege.

Text: Nathalie Kopsa

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seite zu locken. Mehr Besucher auf derWebseite bedeuten für ihn auch mehrpotenzielle Internet-Buchungen überseine hoteleigene Buchungsmaschine.Knut, der weltberühmte Eisbär aus demBerliner Zoo, oder die in Berlin gastie-rende Teenie-Band Tokio Hotel – solcheaktuellen Aufhänger sind es, die sichHägele für seinen Blog herauspickt undmit konkreten Verkaufsmassnahmenverknüpft. Dabei entstehen wie vonselbst positive Nebeneffekte: Währendder letzten Tokio-Hotel-Tournee 2007benannte er eines seiner Hotelzimmer in«Zimmer 483» um (so lautet ein Songder Popgruppe), schnürte ein Paket mitkostenlosem VIP-Shuttle zum Konzertsowie einer Limited Version des Liedesauf CD als Geschenk und stellte das An-gebot in seinen Blog. Er konnte sich si-cher sein, dass die Google-Treffer fürTokio Hotel auch das Berlin Plaza Hotelim Ranking der Suchmaschine um eini-ges nach oben katapultieren würden.Zuweilen garniert er seine Einträge mitselbst gedrehten Videos, die er mit derVideo-Plattform YouTube verlinkt. Auchdas verspricht zusätzliche Treffer fürseine Webseite und verbessert das Ran-king. Ein RSS-Feed ermöglicht ausser-dem, dass User den Blog abonnierenund via E-Mail weiterverbreiten.

Audio-Podcast: Hotel-Radiozum MitnehmenDas Best Western Hotel Ypsilon in Essenist eines der ersten deutschen Hotels,die einen iPod-Verleih für ihre Gäste zurVerfügung gestellt haben. Seit derMarkteinführung 2005 können die Ho-telgäste kostenfrei den beliebten MP3-Spieler nutzen. Sie haben die Wahl zwi-schen 300 Musiktiteln oder könnenPodcasts ihrer Wahl auf den iPod laden.Für Hoteldirektor Ralf J. Hoffmann warder Weg zum eigenen Hotel-Podcastmöglicherweise schon deshalb kein wei-ter. Sein Motto: «Be My Guest – Out ofthe Ruhrpo(tt) straight to your iPod».Der gebürtige Franke hat seit 2005 fünf-zig kurze Audiobeiträge in Serie produ-ziert, die er für seine Hörer, das sind 350Abonnenten, zum Download ins Inter-net gestellt hat. Statt Marketing und

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1. Technische Voraussetzungen: Ein In-ternetzugang und ein aktueller Browser.Im Internet gibt es eine Vielzahl von Sei-ten, die den Betrieb von Blogs kostenlosanbieten, wie http://blog.de oder http://de.wordpress.com. Der Hotelier muss sicheinmalig registrieren, das Layout für denBlog festlegen und kann dann sofort be-ginnen.

2. Gestaltung: Der Blog sollte sich grob ander Gestaltung der bestehenden Inter-netseite des Hotels orientieren. Diese Ele-mente lassen sich durch den Hotelierselbst im Blog festlegen. Eine Multimedia-agentur kann einen Blog mit wenig Auf-wand noch besser an die Internetseite desHotels anpassen.

3. Eigene Inhalte: Blogs werden nur gele-sen, wenn Sie Mehrwert für den Nutzerbieten. Ein Hotelier sollte über Neuigkei-ten aus dem Hotel schreiben, also überSpecials, neue Angebote, neues Personal,Veranstaltungstipps oder Vorschläge fürAusflüge. Ein Blog sollte nicht zu marke-tingslastig sein, auch selbstkritische Tönedürfen vorkommen.

4. Integration fremder Inhalte: Bei der In-tegration fremder Inhalte muss für jedenEinzelfall das Nutzungsrecht geprüft wer-den, dies gilt auch für Plattformen wieFlickr und YouTube.

5. Verantwortlichkeit: Verantwortlich fürdie Inhalte ist der Blogbetreiber, also derHotelier.

6. Frequenz: So oft es Neuigkeiten zu ver-melden gibt – bloggen um des Bloggenswillen macht keinen Sinn und wird vomLeser auch sofort als unpassend erkannt.

7. Anregung von Meinungsaustausch:Einzelne Blogbeiträge können zum Bei-spiel Umfragen enthalten, z.B. «Wir su-chen einen Namen für unseren neuen

Spa-Bereich». Ein guter Blogbeitrag wirdaber automatisch von den Lesern kom-mentiert.

8. Risiken: Es kann sein, dass sich unzufrie-dene Gäste über die Kommentarfunktionmelden und deren Beitrag auf der Hotel-seite veröffentlicht wird. Aber es ist bes-ser, wenn der Hotelier über den Blog da-rauf angemessen reagieren kann, alswenn er einen negativen Beitrag z.B. aufeiner Hotelbewertungsseite vorfindet.

9. Verdienstmöglichkeiten: Ein Hotelblogsollte sich durch die Marketingleistung fürdas Hotel bezahlt machen. Ein spürbarerpositiver Nebeneffekt ist sicherlich auchdie Wertung eines Blogs bei den Such-maschinen: So bewertet Google Seitenmit Blogs höher als Seiten ohne Blogs.Über die Integration zusätzlicher Werbungin einen Hotelblog über Anbieter wiewww.google.com/adsense oder http://www.linklift.de lassen sich kleinere Ne-beneinnahmen generieren. Hier muss al-lerdings beachtet werden, dass Wettbe-werber ausgeschlossen werden.

10. Integration einer Gästebewertungs-plattform: Es gibt reichlich Hotelbewer-tungsseiten (z.B. www.tripsbytips.de oderwww.holidaycheck.de), die sich daraufspezialisiert haben, insofern macht die In-tegration keinen Sinn.

11. Kundengewinnung: Ein einfaches, abersehr wichtiges und gut funktionierendesMittel sind Kommentare des Hoteliers inanderen themenrelevanten Blogs. Kom-mentiert ein Hotelier dort, wird sein Nameverlinkt auf seinen eigenen Blog. Lesereines anderen Blogs finden über diesenWeg ganz einfach zum Hotelblog. The-menrelevante Blogs findet man bei derBlogsuchmaschine www.technorati.com– man kann dort z.B. nach Tourismus,Touristik, Wellness oder einer Regionsuchen.

Der Weg zum eigenen Blog

Uwe Frers, geschäftsführender Gesellschafter der Online-Buchungsplattform Escapio (http://www.escapio.com)gibt Tipps zu Hotelblogs.

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Werbung für sein Hotel, behandeln dieBeiträge Themen rund um Gastfreund-schaft, Entwicklungen der Hotelbran-che und nette Geschichten aus dem Be-rufsleben der Gastgeber: «Jeder, der inder Hotellerie arbeitet, kennt eineMenge solcher Geschichten. Nur brau-che ich dank Podcast nun kein Buchmehr zu schreiben», sagt Hoffmann.Fragen von Touristen, die Sitten inChina, hohe Übernachtungspreise, dieFussball-Weltmeisterschaft – der Hote-lier greift alles auf, was das Zeitgesche-hen und die Branche gerade umtreibt.Auch sozialpolitische Töne kommen auf.Etwa, wenn er sich voller Anerkennungüber einen Kollegen in Dresden äussert,der sich weigert, die Anhänger einerrechtsradikalen Partei in seinem Hauszu beherbergen.Mit den zusätzlichen Downloads nachVeröffentlichung kommt er auf zirka1000 Hörer pro Monat. Derzeit legtHoffmann gerade eine Podcast-Pauseein – aus Zeitgründen, und weil er sichinsgeheim mehr Feedback erhofft hat.

Video-Podcast:Making-of eines HotelsDas Budget-Design-Hotel Prizeotel inBremen hat bereits während des Pre-Openings einen Video-Podcast (kurz:Videocast oder Vodcast) in die Online-Vermarktung des Hotels miteinbezogen.Mittels kurzer Filmbeiträge liess es seineEntstehung im Internet dokumentieren,

die bahnbrechende Kommunikations-plattform der Zukunft gehandelt wird.Twitter ist ein Mix aus Social-Web- undNews-Dienst, Chat, Mail und SMS. Mitdem Mikroblog-Tool lassen sich Kurz-botschaften via Webseite, Handy, vomDesktop aus oder über Instant-Messa-ging-Systeme schnell und einfach ver-senden und empfangen und im Internetverbreiten. Die Nachrichten auf dieStartfrage «Was tust du gerade?» müs-sen kurz und knackig sein: Maximal 140Zeichen stehen für ein «Tweet» oder«Update» (so heissen die Botschaften imTwitter-Jargon) zur Verfügung. Weilman die Nachrichten anderer Benutzerbzw. «Follower» als Feed abonnierenkann, funktioniert Twitter auch als so-ziales Netzwerk.Gestartet wurde Twitter 2006 als For-schungs- und Entwicklungsprojekt vondrei Mitarbeitern einer US-Podcasting-Firma. Seitdem verzeichnet der Dienstrasante Zuwächse. Die Zahl der Twitter-User weltweit wird heute auf zirka sechsMillionen beziffert, jeden Tag kommenzwischen 5000 und 10 000 Twittererhinzu, wie das US-Marktforschungsun-ternehmen Hubspot ermittelt hat.Das Suchwort «Hotel» fördert zurzeitbei Twitter mehrere hundert Treffer zu-tage, d.h. Accounts von Usern, die demHotelbereich zuzuordnen sind. Vielegrosse Hotelketten- und Gruppen sinddarunter, wie Kempinski, Accor oderSwissôtel. Viele nutzen den Mikroblog,um über ihre aktuellen Angebote undKampagnen zu informieren. Andere tau-schen sich auch direkt mit ihren Follo-wern aus. Dabei gilt: Jeder muss seineeigene Twitter-Strategie finden. Und:Twitter ist wie alle neuen Medien imWeb jeweils das, was man darausmacht. �

Hintergrund Moderne Kommunikationswege

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Links• blogs.marriott.com (Marriott)• thelobby.com (Starwood)• travel.intercontinental.com• blog.plazahotel.de (Berlin Plaza Hotel)• hotelpodcast.de (Hotel Ypsilon)• davos.ch/blog/• www.twitter.com

sodass die Online-Gemeinde jede Bau-phase vom eigenen Schreibtisch aus ver-folgen konnte. Zugegeben, so viel Trans-parenz ist man von einer eitlen Branchewie der Hotellerie nicht gewohnt. Dochder in Marketingfragen versierte Hotel-chef und Mit-Betreiber, -Gründer und-Initiator des Prizeotel-Brands, MarcoNussbaum, weiss sehr genau, was er datut. Kein Hochglanz-Prospekt und keineteure Printanzeige hätten seinem Hoteldie gleiche Publicity verschafft, ist er sichsicher. Und das zu vergleichsweise ge-ringen Kosten. Für seinen Videocast warNussbaum neben seinen Verpflichtun-gen als angehender Hoteldirektor alsHauptakteur und Chefreporter in eige-ner Sache unterwegs und informierteKunden, Kollegen und Freunde über alleDetails der Entstehung seines Hotels.Der Videocast wurde alle zwei Wochenaktualisiert und auf der Hotel-Webseiteprizeotel.com sowie auf den Plattfor-men iTunes und YouTube hochgeladen.Auf iTunes kann dieser ausserdem alsRSS-Feed abonniert werden.Der grösste Teil der Produktionskostenfür den Prizeotel-Videocast wurde überdie Sponsoren wieder eingespielt, wo-bei die Produktionskosten für einenVideocast bei zirka 500 € die Minutestarten. Marco Nussbaum ist überzeugtvom viralen Marketing- und langfristi-gen Kundenbindungseffekt, welcherder Launch des Videocasts entfaltet hat.Anders als herkömmliche Mailingaktio-nen, die bei den Adressaten mehr undmehr in Verruf gekommen seien, seibeim Videocast die nachhaltigere Wir-kung durch Empfehlungsgenerierungim Spiel, so Nussbaum. Der Link zum Vi-deocast werde von Usern immer weiterversendet und erzeuge, weil er auchüber den Eröffnungszeitpunkt hinaus imInternet zu sehen sei, weiterhin neueKontakte. Diesen von der Online-Com-munity freiwillig erzeugten Werbeeffektnutzt der Hotelier gerne aus.

Twitter: Hotel-GezwitscherDas Prizeotel ist mittlerweile auch ein ak-tiver User von Twitter (engl. Gezwit-scher), dem populärsten unter den Mi-kroblogging-Diensten, der von vielen als

Gut zu wissenEin Weblog ist ein Internet-Tagebuch, beidem die einzelnen Einträge in chronologischumgekehrter Reihenfolge aufgeführt wer-den. Gebräuchlich ist inzwischen auch dieKurzform von Weblog, also Blog. Den Ver-fasser eines Weblogs nennt man Blogger.Ein Podcast ist eine Serie von Mediendatei-en im Audio- oder Video-Format, die überdas Internet verbreitet wird. Die Dateien kön-nen mit relativ wenig Aufwand erstellt wer-den, in der Regel ist hierfür nicht mehr Tech-nik als ein PC mit Soundkarte und Mikrofonsowie ein Internetzugang nötig. Nach Fer-tigstellung werden die Audio- oder Video-dateien bei einem sogenannten Webhosterplatziert, der den benötigten Speicherplatzim Internet bereitstellt.