1 2. Die Zinsstruktur: Liquiditätsprämientheorie Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität...

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2. Die Zinsstruktur: Liquiditätsprämientheorie

Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff

Universität Passau

WS 2006/07

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Marktsegmentationstheorie• Zins- bzw. Kurserwartungen sind unsicher und die Wirtschaftssubjekte sind strikt risikoavers (jedes Risiko soll vermieden werden).

• Für einen Kapitalgeber (also einen Nachfrager nach Wertpapieren) ergibt sich ein Kapitalrisiko, wenn er Wertpapiere mit einer Laufzeit erwirbt, die über den Zeitraum hinausgeht, für den ihm Mittel als Anleger zur Verfügung stehen

Laufzeit > Anlageperiode

• Wertpapiernachfrager müssen am Ende der Anlageperiode Wertpapiere u.U. mit Kursverlusten verkaufen.

Kapitalrisiko für Kapitalgeber

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• Umgekehrt ergibt sich ein Einkommensrisiko, wenn er Wertpapiere mit einer Laufzeit kauft, die kürzer ist als die Anlageperiode.

Laufzeit < Anlageperiode

• Am Ende der Laufzeit des Wertpapiers können frei werdende Mittel u.U. nur zu einem gesunkenen Zinssatz wieder angelegt werden.

Einkommensrisiko für Kapitalgeber

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• Für einen Kapitalnehmer (also einen Anbieter von Wertpapieren) ergibt sich ein Kapitalrisiko, wenn er Wertpapiere mit einer Laufzeit emittiert, die über den Zeitraum hinausgeht, für den ein Finanzierungsbedarf besteht (Finanzierungsperiode).

Laufzeit > Finanzierungsperiode

• Am Ende der Finanzierungsperiode muss der Kapitalnehmer seine Verbindlichkeiten ablösen und dabei die von ihm emittierten Titel u.U. zu gestiegenen Kursen zurückkaufen.

Kapitalrisiko für Kapitalnehmer

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• Umgekehrt ergibt sich ein Einkommensrisiko, wenn der Kapitalnehmer Wertpapiere mit einer Laufzeit emittiert, die kürzer ist als die Finanzierungsperiode.

Laufzeit < Finanzierungsperiode

• Die erforderliche Anschlussfinanzierung kann u.U. nur zu einem höheren Zinssatz durchgeführt werden.

Einkommensrisiko für Kapitalnehmer

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• Soll jegliches Risiko vermieden werden, dann muss die Laufzeit eines Wertpapiers für einen Kapitalgeber mit der Anlageperiode und für einen Kapitalnehmer mit der Finanzierungsperiode genau übereinstimmen.

• Dementsprechend werden Kapitalgeber und Kapitalnehmer jeweils nur Wertpapiere mit ganz bestimmter Laufzeit kaufen bzw. verkaufen.

• Der Wertpapiermarkt zerfällt in viele nach Laufzeiten abgegrenzte Marktsegmente.

• Zwischen diesen findet wegen strikter Risikoaversion keine Arbitrage statt.

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• Es erscheint plausibel, dass Kapitalanbieter relativ kurze Anlageperioden und Kapitalnachfrager relativ lange Finanzierungsperioden bevorzugen.

• Im Fall gleicher kurz- und langfristiger Zinssätze resultiert

- im kurzfristigen Bereich ein Angebotsüberschuss an Kapital (d.h. ein Nachfrageüberschuss an Wertpapieren) und

- im langfristigen Bereich ein Nachfrageüberschuss an Kapital (d.h. ein Angebotsüberschuss an Wertpapieren).

• Zur Herstellung des Gleichgewichts müssen langfristige Zinssätze steigen und kurzfristige Zinssätze sinken.

• Die Zinssätze auf den verschiedenen Marktsegmenten würden dabei eine normale Zinsstruktur entsprechend Punkt 1 ergeben.

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• Die Geldpolitik könnte durch eine Veränderung der kurzfristigen Zinsen keinen Einfluss nehmen auf die langfristigen Zinssätze aufgrund der gegeneinander abgeschotteten Teilmärkte des Wertpapiermarktes.

• Die Annahme strikter Risikoaversion erscheint aber in Hinblick auf die Realität recht restriktiv.

• Die Marktsegmentationstheorie sollte eher als gedankliche Gegenposition zur Erwartungstheorie betrachten werden und nicht als wirklichkeitsnahe Beschreibung der Zinsstruktur.

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Liquiditätsprämientheorie• Aufbauend auf der Marktsegmentationstheorie wird unterstellt, dass keine absolute Risikoaversion vorliegt. Risiken werden eingegangen, wenn hierfür eine Prämie bezahlt wird.

• Wir wollen zunächst unterstellen, dass für die Zukunft mit keiner Änderung der Zinssätze gerechnet wird.

• Nach der Erwartungstheorie müssen dann der kurzfristige Zinssatz und die für verschiedene Laufzeiten notierten langfristigen Zinssätze gleich sein.

• Bei Kapitalnehmern (wie Unternehmungen) herrschen wegen des Finanzierungsbedarfs für langfristige Realinvestitionen relativ lange Finanzierungsperioden vor.

• Bei Kapitalgebern (wie Haushalten) sind Zeitpunkt und Umfang des zukünftigen Kassenbedarfs häufig schwer vorhersehbar, weshalb eine Vorliebe für kurze Anlageperioden zu vermuten ist.

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• Bei den langfristigen Wertpapieren resultiert ein Überschussangebot (Überschussnachfrage nach Kapital) und bei den kurzfristigen Wertpapieren eine Überschussnachfrage.

• Dies wird als „konstitutionelle Schwäche" am langen Ende des Marktes bezeichnet.

• Bei eher langen Finanzierungsperioden und eher kurzen Anlageperioden ist das vorherrschende Risiko

- bei Kapitalnehmern das Einkommensrisiko (wegen der Unsicherheit über die zukünftigen Zinskonditionen für den Fall einer erforderlichen Anschlussfinanzierung) und

- bei Kapitalgebern das Kapitalrisiko (wegen möglicher Kursverluste bei Wertpapierliquidierung vor Fälligkeit).

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• Kapitalnehmer können längerfristige Wertpapiere in gewünschtem Umfang am Markt unterbringen, wenn sie den Käufern, also den Kapitalgebern, für die Aufgabe von Liquidität als Entschädigung eine „Liquiditätsprämie" zahlen.

• Kapitalnehmer vermeiden dabei das Einkommensrisiko und Kapitalgeber übernehmen das Kapitalrisiko im Ausgleich für die Liquiditätsprämie.

• Dies bewirkt, dass die langfristigen Zinssätze über dem kurzfristigen Zinssatz liegen.

• Eine normale Zinsstrukturkurve stellt sich also auch dann ein, wenn keine Zinssteigerungserwartungen vorliegen.

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• Bei konstanten Zinserwartungen ergibt sich aufgrund der steigenden Liquiditätsprämie folgender Verlauf der Terminzinsstrukturkurve

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Jahre

Zins

9

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6

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Zinsstruktur mit Liquiditätsprämie

Zinsstruktur gem. Erwartungstheorie

Liqui-ditäts-prämie, Lt

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• Die Existenz einer Liquiditätsprämie kann in Verbindung gebracht werden mit den impliziten Terminzinssätzen.

• Spiegelbildlich zur Liquiditätsprämie liegt Unsicherheit vor bezüglich zukünftiger Kassazinsen und eine daraus resultierende Forderung nach einer Kompensation des Zinsänderungsrisikos.

• Dieses Zinsänderungsrisiko kann aus der Sicht eines Kreditgebers mit einer Anlageperiode von zwei Jahren beschrieben werden, der unsicher ist, ob er sein Kapital auch im dritten Jahr noch dem Markt zur Verfügung stellen kann.

• Dabei steht der Kreditgeber u.a. vor der Möglichkeit des Kaufs einer zweijährigen Anleihe bei gleichzeitigem Abschluss eines Terminkontrakts für das dritte Jahr mit der Laufzeit von einem Jahr.

• Stattdessen könnte er für das dritte Jahr aber auch eine Wertpapieranlage zu dem dann gültigen Kassazinssatz vornehmen.

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• Bei Risikoneutralität müssen diese Alternativen gemäß der Erwartungstheorie den gleichen erwarteten Ertrag erbringen.

• Liegt jedoch Risikoaversion vor, so ist dies zu modifizieren.

• Sollte der Kreditgeber im dritten Jahr z.B. einen unerwarteten Liquiditätsengpass erleiden, so könnte er in der zweiten Variante frei über sein Vermögen verfügen und den Engpass überbrücken.

• Hätte er aber gemäß der ersten Variante sein Finanzvermögen im Rahmen des Terminkontrakts gebunden, so müsste er aufgrund des Engpasses einen Kredit aufnehmen.

• Einem solchen Kredit würde der dann gültige Kassazinssatz zu Grunde liegen. Im Falle steigender Kassazinsen würde sich daher der Terminkontrakt als unvorteilhaft für den Kreditgeber herausstellen.

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• Den Verlust, den der Kreditgeber hierbei erleidet, wertet er nun aufgrund der Risikoaversion höher als den möglichen Gewinn, den er bei sinkenden Kassazinsen erzielen könnte.

• Beim Abschluss eines Termingeschäfts für das dritte Jahr wird der Kreditgeber zur Kompensation dieses Risikos daher eine Prämie verlangen, RP3.

• Allgemein folgt damit für den Terminzins, , in Abhängigkeit des erwarteten Kassazinssatzes, :(7) .

• Hierbei gilt , da in der ersten Periode der Kassazins bereits bekannt ist.

• Der Kreditnehmer wird aufgrund seines längeren Anlagehorizonts bereit sein, diese Prämie zu bezahlen, denn er vermeidet durch das Termingeschäft das Risiko der Zinsschwankungen für das von ihm bevorzugte, langfristige Kreditengagement.

ni*ni

1 0RP

*n n ni i RP

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• Das Verhältnis zwischen Risiko und den in der Realität beobachteten Zinsschwankungen kann unter der vereinfachenden Annahme beschrieben werden, dass der Kapitalgeber zukünftige Zinsänderungen nicht prognostizieren kann.

• In diesem Fall könnte es plausibel für den Kapitalgeber sein, mit in der Zukunft gleichbleibenden Zinsen zu rechnen. Die in der Realität zu beobachtenden Zinsänderungen gehen dann mit unerwarteten Schwankungen im Ertrag für den Kapitalgeber einher.

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Geldmarktsätze am Frankfurter Bankplatz / Tagesgeld / Tagesdurchschnitt

0

5

10

15

20

25

30

02.

01

.19

70

02.

01

.19

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74

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01

.19

76

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.19

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01

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.19

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.19

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.19

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.19

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01

.19

90

02.

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.19

92

02.

01

.19

94

02.

01

.19

96

02.

01

.19

98

02.

01

.20

00

02.

01

.20

02

02.

01

.20

04

02.

01

.20

06

Quelle: http://www.bundesbank.de/statistik/statistik_zeitreihen.php; Zeitreihe st0101

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Varianz der Tagesgeldsätze (2.1.1996-18.12.2006) relativ zu ihrem n-Tage früheren Wert

0

2

4

6

8

10

12

14

0 500 1000 1500 2000 2500

n-Tage

Var

ian

z

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• Zum Ausgleich für die unsicheren Zinsschwankungen werden daher Kreditgeber eine Risikoprämie verlangen. Wie dem Schaubild zu entnehmen ist, steigt die Varianz (hier für Tagesgeld dargestellt) je weiter Kassazinssätze zeitlich auseinander liegen. Dies impliziert, dass das vom Kreditgeber eingegangene Risiko ansteigt, je weiter das Termingeschäft in die Zukunft reicht, d.h. je größer n.

• Unter Verwendung von Gleichung (6) folgt für die langfristigen Zinssätze mit einer Laufzeit von zwei und drei Jahren:

• Erwarten die Wirtschaftssubjekte einen Kassazinssatz im dritten Jahr, i3*, in Höhe des Zinssatzes einer Zweijahresanlage, il(2), so würde die Erwartungstheorie einen Zinssatz der Dreijahresanlage, il(3), in gleicher Höhe implizieren.

3(3) *

3 32(2)

(1 )(8) 1 .

(1 )l

l

ii RP

i

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• Unter Berücksichtigung der Risikoprämie, RP3, ergibt sich nun aber ein höherer Zinssatz der Dreijahresanlage. Dieser Anstieg spiegelt die Liquiditätsprämie wider, welche für die längere Laufzeit bezahlt werden muss. Analog zu Gleichung (1) gilt nun:

• Der Zinssatz der Dreijahresanlage, il(3), steigt mit den beiden Risikoprämien, RP2 und RP3. Dieser Anstieg entspricht der Liquiditätsprämie, welche für die längere Laufzeit bezahlt werden muss.

• Gleichung (9) lässt sich für den einfachen Fall veranschaulichen, dass die Risikoprämie mit steigender (Rest-) Laufzeit nicht variiert, d.h. .

3 * *(3) 1 2 2 3 3(9) 1 1 1 1 .li i i RP i RP

2 3 ... nRP RP RP

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• Für diesen Verlauf kann die Existenz eines Normalzinsniveaus maßgeblich sein. Ein starkes Abweichen von einem als normal angesehenen Zinsniveau wird dabei als unwahrscheinlich angesehen, so dass die Varianz des Zinsniveaus, und damit auch die Risikoprämie, nach oben begrenzt ist. Wird dies analog zu Gleichung (9) für den allgemeinen Fall einer langfristigen Wertpapieranlage mit der Laufzeit n und bei Erwartung eines konstanten Kassazinsniveaus berücksichtigt, , so folgt:

• Wird auf beiden Seiten der Logarithmus gebildet und umgeformt, so folgt:

1

( )(10) 1 1 1n n

l ni i i RP

* *1 2 3 ...i i i i

1

( )ln 1 ln 1 1 .n n

l ni i i RP

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• Hieraus folgt:

• Unter Berücksichtigung der Näherungsformel resultiert:

• Der Bruch ist kleiner als 1, nähert sich aber asymptotisch dem Wert 1 mit steigendem n. Daher steigt der langfristige Zinssatz, il(n), mit steigender (Rest-)Laufzeit n und nähert sich dem Wert i+RP wenn n gegen unendlich geht. Dies impliziert einen mit der (Rest-)Laufzeit flacher werdenden Kurvenanstieg (vgl. Punkt 2)).

( )ln 1 ln(1 ) 1 ln 1l nn i i n i RP

( ) ( )

1(11) ( 1) .l n l n

nni i n i RP i i RP

n

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• Gleichung (9) lässt sich alternativ für den Fall veranschaulichen, dass die Risikoprämie linear mit der (Rest-) Laufzeit, n=t’-t, ansteigt. In diesem Falle gilt RPn=n-1), wobei eine beliebige positive Konstante ist.

• Eine solche Entwicklung der Risikoprämie widerspräche der Existenz eines Normalzinsniveaus. Vielmehr würde bei einer aktuellen Erhöhung (oder Senkung) des Zinsniveaus angenommen, dass diese in der Zukunft nicht wieder zurückgeführt wird, so dass die beste Prognose für das zukünftige Zinsniveau immer die Höhe des laufenden Zinsniveaus ist. Analog zu Gleichung (9) gilt dann:

• Nach Umformung folgt:

( )(12) 1 1 1 1 2 ... 1 ( 1)n

l ni i i i i n

( )1

ln 1 ln 1 ( 1) .n

l nj

n i i j

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• Wird erneut die Näherungsformel verwendet, so folgt:

• Unter Verwendung der Summenformel folgt:

• Dies impliziert, dass der langfristige Zinssatz il(n) linear mit der (Rest-)Laufzeit ansteigt aufgrund einer stetig steigenden Liquiditätsprämie. Der Kurvenanstieg würde mit zunehmender (Rest-)Laufzeit also nicht geringer werden; die Zinsstrukturkurve wird somit nicht flacher.

( )1

( 1) .n

l nj

ni i j

1 ( 1) 2nk k n n

( ) ( )(13) ( 1) ( 1).2 2l n l nni ni n n i i n

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• Tatsächlich sind die beiden vorher genannten Alternativen als Extremfälle zu bezeichnen. Das Schaubild legt nahe, dass die Wahrheit dazwischen liegt.

• So erhöht sich die Varianz und damit die Risikoprämie mit zunehmender (Rest-)Laufzeit, entgegen der ersten der Annahmen in Gleichung (10). Allerdings werden diese Zuwächse immer kleiner, entgegen der Annahmen zu Gleichung (12).

• Mit steigendem n steigt die Risikoprämie daher nur unterproportional, d.h. je größer, n=t’-t, desto geringer ist RPn-RPn-1. Es resultiert ein mit zunehmender (Rest-)Laufzeit flacher werdender Kurvenanstieg (Punkt 2)). Dieser wird allerdings nicht so schnell abfallen, wie dies Gleichung (11) nahe legt.

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• Die Analyse kann nun erweitert werden, indem Zinsänderungserwartungen berücksichtigt werden.

• Liegen die für die Zukunft erwarteten Zinssätze über dem gegenwärtig herrschenden Niveau, dann werden

- Kapitalgeber hierdurch (zusätzlich) angeregt, weniger langfristig und mehr kurzfristig zu investieren und

- für Kapitalnehmer ergibt sich ein (zusätzlicher) Anreiz, sich mehr langfristig und weniger kurzfristig zu verschulden.

• Die Kurse für langfristige Titel sinken und diejenigen für kurzfristige steigen. Die Zinsstrukturkurve wird somit steiler.

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• Liegen die für die Zukunft erwarteten Zinssätze unter dem gegenwärtig herrschenden Niveau, dann werden

- Kapitalgeber hierdurch angeregt, mehr langfristig und weniger kurzfristig zu investieren und

- für Kapitalnehmer ergibt sich ein Anreiz, sich weniger langfristig und eher kurzfristig zu verschulden.

• Die Kurse für langfristige Titel steigen und diejenigen für kurzfristige sinken. Eine vormals normale Zinsstrukturkurve wird somit flacher. In extremen Fällen kann hierdurch eine inverse Zinsstrukturkurve resultieren.

• Zinssenkungserwartungen können also den durch die Liquiditätsprämientheorie erklärten positiven Anstieg der Zinsstrukturkurve kompensieren oder auch überkompensieren.

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Wiederholung: Zinsstruktur- und Terminzinsstrukturkurve (Ende Jan. 1994)

• Die Beurteilung von Zinserwartungen anhand der Terminzinsstrukturkurve bedarf einer weiteren Modifikation. Ein horizontaler Verlauf ist aufgrund einer zu zahlenden Liquiditätsprämie ein Hinweis auf die Erwartung sinkender Zinsen.

• Die Erwartung konstanter Zinsen stellt sich daher erst zu einem späteren Zeitpunkt ein.

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Fristentransformation• Finanzierungsinstitute (finanzielle Intermediäre; z.B. Geschäftsbanken) betreiben Fristentransformation, indem sie auf der Basis kurzfristiger Finanzierungsmittel langfristige Finanzanlagen vornehmen

• Die durchschnittliche Fristigkeit ihrer Finanzanlagen (Kredite und Wertpapiere) ist größer als die durchschnittliche Fristigkeit ihrer vor allem aus Einlagen bestehenden Verbindlichkeiten.

• Auf Grund der großen Zahl ihrer Gläubiger gehen sie davon aus, dass ihnen aus formell kurzfristigen Einlagen bzw. Sichteinlagen materiell ein Bodensatz an langfristig verfügbaren Finanzierungsmitteln zur Verfügung steht.

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• Die Fristentransformation von kurz- in langfristige Laufzeiten hat zur Folge, dass sich tendenziell der kurzfristige Zinssatz erhöht und die langfristigen Zinssätze vermindern.

• Die mit der Fristentransformation verbundene Tätigkeit der Geschäftsbanken verursacht Kosten und geht mit Risiken einher.

• Die Geschäftsbanken müssen deshalb eine Ertragsmarge erwirtschaften, die insbesondere aus der positiven Differenz zwischen den Zinserträgen der (eher langfristigen) Kredite und den Zinsaufwendungen der (eher kurzfristigen) Einlagen resultiert.

• Die Existenz der Geschäftsbanken bewirkt somit letztlich, dass eine normale Zinsstruktur zwar eingeebnet, aber nicht beseitigt wird.

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Implikationen• Die Zinsstruktur spiegelt Einschätzungen der Marktteilnehmer über zukünftige konjunkturelle Entwicklungen und über Erfolgschancen einer Antiinflationspolitik wider.

• Die Zinsstruktur indiziert die von den Marktteilnehmern erwartete Konjunkturentwicklung.

• Sie geht ein in die Konjunkturindikatoren der FAZ, der Süddeutschen Zeitung (Deka Bank) und des Handelsblatts.

• Im Konjunkturaufschwung

- steigen die Nominaleinkommen und die (nominale) Geldnachfrage. Hierdurch steigen die Zinsen.

- steigt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und bewirkt die Erwartung später steigender Inflationsraten. Kreditgeber fordern höhere (nominale) Zinssätze von Kreditnehmern.

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• Die Zinserhöhungserwartungen spiegeln sich wieder in einer steiler werdenden (normalen) Zinsstruktur; dem sog. „term spread“ (Spanne zwischen einem lang- und kurzfristigen Referenzzinssatz) steigt.

• Hierin kann ein Indikator für einen zukünftigen wirtschaftlichen Aufschwung gesehen werden.

• Mit einer analogen Argumentation kann in einer sich abflachenden oder invers werdenden Zinsstruktur ein Indikator für eine zukünftige Rezession mit sinkender wirtschaftlicher Aktivität und niedrigeren Inflationsraten gesehen werden.

• Die Eignung der Zinsstruktur als Konjunkturindikator wird durch Länderstudien überwiegend empirisch gestützt.

• Die ökonometrischen Länderstudien von Estrella und Mishkin (1997) belegen die Prognosequalität der Zinsstruktur für die reale wirtschaftliche Aktivität (Vorlauf 1-2 Jahre) und die Inflation (längerer Vorlauf).

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• Die Zinsstruktur indiziert auch die Glaubwürdigkeit einer Antiinflationspolitik.

• Eine glaubwürdige Bekämpfung von Inflation seitens der Zentralbank wirkt in zweifacher Weise auf die Zinsstruktur einwirkt.

- Eine restriktive Geldpolitik erhöht den kurzfristigen Zinssatz.

- Werden die Erfolgschancen der Restriktionspolitik positiv eingeschätzt, dann verringert sich die Inflationserwartungen für spätere Perioden. Die langfristigen Zinsen sinken.

• Beide Effekte verringern den spread (oder lassen ihn negativ werden).

• Dies kann als Vertrauensbeweis der Marktteilnehmer in den längerfristigen Erfolg der Stabilitätsbemühungen der Notenbank gewertet werden.

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• Ein Anstieg des term-spread ergibt sich auch, wenn die Unsicherheit bezüglich zukünftiger Kassazinsen zunimmt.

• In diesem Fall resultiert in einer steigenden Risikoprämie für alle Laufzeiten, RPi.

• Eine solche Unsicherheit stellt sich ein, wenn zukünftige Umweltereignisse oder politische Entscheidungen schwerer zu antizipieren sind. Offensichtlich bewirkt eine solche Unsicherheit gemäß Gleichung (9) eine erhöhte Spanne zwischen einem lang- und kurzfristigen Referenzzinssatz.