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Einführung

Elisabeth BurrWiSe 2006/07

Frankophonie in Kanada

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Francophonie - francophonie

• seit 13. Jh. ist Französisch dabei, einer funktionale Weltsprache zu werden

• cuius regio eius lingua• ab 16. Jahrhundert Kolonialismus • heute noch Kommunikationsmittel einer élite

mondaine

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francophonie - sprachlich

• alle Gebiete, die das Französische – als Muttersprache haben– seit 16. Jh. Französisch annehmen mussten

• als Schul- und Verwaltungssprache• als Verkehrssprache

– Le français dans le monde• Kanada (Québec & Acadie) u. USA (Louisiana)

– Einwanderung– Verbreitung

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francophonie - sprachpolitisch

• über Jahrhunderte internationales Kommunikationsinstrument

• Französisch als funktionale Weltsprache• nationale und supranationale frankophone

Institutionen

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Frankophonie - Programm

• 1984 Haut Conseil de la Francophonie• 1986 Secrétariat d‘État pour les affaires

francophones• 1986 1er sommet francophone• 1988 Minister für frankophone

Angelegenheiten

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Muttersprachen in Kanada

• Population selon la langue maternelle, par province et territoire (Recensement de 2001)

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Französisch in Kanada

• Zensus 2001• Mehrheit lebt in Québec• große Gemeinschaften

– Acadie (Provinces Maritimes)– Ontario

• kleine Gemeinschaften– westl. Bundesstaaten– Terre Neuve (Neufundland)

• St. Pierre et Miquelon = französisches Staatsgebiet

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Geschichte

• 1524 Giovanni da Verrazzano aus Florenz erkundet Teil der amerikanischen Ostküste

• 1534 entdeckte Bretone Jacques Cartier auf seinen Erkundungsreisen den Lorenzstrom

• 1535 stieß er bis ins heutige Montréal• ergreift im Namen des französischen Königs Besitz• 1604-1634 Samuel de Champlain errichtet Niederlassungen

entlang des St. Lorenz• 1605 Port-Royal (akadische Halbinsel)• 1608 Samuel de Champlain gründet Québec - Pelzhandel,

Fischerei• 1613 Zerstörung von Port-Royal• 1627 auf Befehl von Richelieu Compagnie des Cent-Associés

gegründet, erste 65 KolonistInnen• 1629 Besetzung von Québec durch Engländer

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Geschichte

• 1632 Vertrag von Saint-Germain-en-Laye – besetzte Gebiete an Frankreich zurückgegeben

• Acadie (Neuschottland) bleibt umstritten

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Nouvelle France 1632

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Geschichte

• weitere französische Siedlungen im Tal des St. Lorenz entstehen unter d. englischen Besatzung

• 1635 Jesuiten gründen Collège de Québec• 1633-1663 Zahl der habitants wächst von 100

auf 2500• Canada (< kanata, irokesisch ‚Dorf‘) für

heutige Provinz Québec und Ontario

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Geschichte

• 1665 Louis XIV annektiert Kolonie – colonie royale bis 1672 – Ausdehnung des Territoriums

• 1682 Mississippimündung entdeckt – Louisiana gegründet

• 1689 Beginn der englisch-französischen Kolonialkriege

• 1713 Vertrag von Utrecht - Verlust der Acadie und Neufundlands an England

• 1759 Québec fällt• 1760 Eroberung von Montréal

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Geschichte

• 1763 Conquête anglaise wurde im Friede von Paris besiegelt– Rest der Nouvelle France u. Louisiana östl.

v. Mississippi werden englisch– Louisiana westl. v. Mississippi u. Gebiet um

Mississippimündung• werden spanisch• 1800 – 1803 französisch• 1803 Napoleon verkauft es an Vereinigte

Staaten

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Geschichte - Québec

• 1774 Québec-Akte sichert FrankokanadierInnen Sonderrechte zu (Religion, Sprache, Gerichtsbarkeit

• 1791 Kontitutionsakte - Sonderrechte werden in Frage gestellt

• Anwachsen des englischen Bevölkerungsanteils• 1840 Unionsakte – Englisch alleinige Amtssprache auch

in Unterkanada• 1848 Französisch wieder in alte Rechte eingesetzt• 1867 Britische-Nordamerika-Akte - Gründung des

modernen kanadischen Staates• weitreichende Autonomie der Provinzen incl. Québec

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Quèbec

• Englisch u. Französisch zwar gleichberechtigt, Englisch dominierte aber de facto in Politik u. Wirtschaft

• 60er Jahre 20. Jh. Révolution tranquille unter Jean Lesage, liberaler Premierminister

• Selbstbewusstsein• Ruf nach Unabhängigkeit• Stolz auf Französisch• Französisch > Symbol der Eigenständigkeit

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Québec

• Premierminister Pierre Elliot Trudeau propagierte amtliche Zweisprachigkeit

• 1976 Wahlsieg des Parti Québécois – propagierte Einsprachigkeit

• 1977 Loi 101 „Charte de la langue française“– Québec wird einsprachig– Englisch wird Minderheitensprache

• Französisch ist heute für 80% erste und oft auch einzige Sprache

• 1980 u. 1995 Referenda über Unabhängigkeit scheitern

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Québécois und historische Sprache Französisch

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Literatur zu „Historische Sprache“

• Coseriu, Eugenio (1980/1988): „’Historische Sprache’ und ‘Dialekt’, in: Albrecht, Jörn / Lüdtke, Jens / Thun, Harald (eds.): Energeia und Ergon. Sprachliche Variation - Sprachgeschichte - Sprachtypologie I (= TBL 300). Tübingen: Narr 45-61.

• Coseriu, Eugenio (1981/1988): „Die Begriffe ‘Dialekt’, ‘Niveau’ und ‘Sprachstil’, in: Albrecht, Jörn / Lüdtke, Jens / Thun, Harald (eds.): Energeia und Ergon. Sprachliche Variation - Sprachgeschichte - Sprachtypologie I (= TBL 300). Tübingen: Narr 15-43.

• Coseriu, Eugenio (1981/1988): „Die Sozio- und die Ethnolinguistik. Ihre Grundlagen und Aufgaben“, in: Albrecht, Jörn / Lüdtke, Jens / Thun, Harald (eds.): Energeia und Ergon. Sprachliche Variation - Sprachgeschichte - Sprachtypologie I (= TBL 300). Tübingen: Narr 63-79.

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Historische Sprache

• keine homogene Sprachtechnik• ein komplexes heterogenes Gebilde aus historisch

miteinander verbundenen sprachlichen Traditionen• ideelle Einheit dieser Traditionen• Sprechende qualifizieren diese Einheit als ‚italienisch‘,

‚französisch‘, ‚englisch‘, ‚deutsch‘ etc.• die in dieser Einheit aufgehobenen sprachlichen

Traditionen sind untereinander verschieden und stimmen nur teilweise überein

• diese untereinander verschiedenen und historisch doch zusammenhängenden sprachlichen Traditionen werden als interne Varietäten der historischen Sprache bezeichnet

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Dimensionen

• drei (bis vier) Typen von grundlegenden Dimensionen entsprechen drei Typen von mehr oder minder homogenen Sprechtraditionen– diatopisch – syntopisch– diastratisch – synstratisch– diaphasisch – synphasisch– (diamesisch – *synmesisch)

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Dimension - diatopisch

• diatopische Unterschiede– Unterschiede im geographischen Raum – syntopische Einheiten (Dialekte) – Dialekte = Sprachsysteme, die "einer

historischen Sprache zugeordnet bzw. innerhalb einer historischen Sprache abgegrenzt" werden

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Sprache - Dialekt

• Zwischen 'Sprache' und 'primären Dialekten' besteht sprachstrukturell kein Unterschied– vollständige Systeme– Abgrenzung erfolgt zumeist aufgrund von

kulturgeschichtlichen, politischen, ökonomischen etc. Faktoren

– Niederländisch und Katalanisch werden als historische Sprachen bestimmt

– Sardisch• wird in der italienischen Linguistik oft als primärer

Dialekt der historischen Sprache Italienisch betrachtet• in der deutschen Romanistik gilt es als historische

Sprache

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Dialekte - primäre

• existieren schon vor der Herausbildung einer Gemeinsprache als traditionelle Sprachsysteme: Picard, Normand, Poitevin, Francien etc. (langue d‘oïl)

• Gemeinsprache ist durch ihre dialektale Basis selbst einer dieser primären Dialekte: Francien– Francien 'erhebt sich' im Laufe der Geschichte aus

verschiedenen Gründen über die anderen primären Dialekte und wird zur Gemeinsprache, die die anderen Dialekte überdacht

– erst dann können wir streng genommen von den 'Dialekten des Französischen‘ sprechen und damit die primären Dialekte meinen

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Dialekte - sekundäre

• Wenn sich diese Gemeinsprache, le français oder le français tout court (langue commune, langue générale, langue nationale, langue officielle) dann über die verschiedenen Dialekt-Gebiete verbreitet (in Frankreich auch über die Gebiete der langues ethniques), entstehen in ihrem Innern sekundäre diatopische Unterschiede und damit die sekundären Dialekte: français régionaux, z.B. français régional du Midi

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Dialekte - tertiäre

• gehen aus der diatopischen Differenzierung der Standardsprache, bzw. der 'exemplarischen' Ausprägung der Gemeinsprache (sozial-kulturelle Norm) hervor

• z. B. unterschiedliche Aussprache des Standardfranzösischen durch Sprechende aus Paris und Sprechende aus dem Midi

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Dialekte - tertiäre

• Unterschiede im genormten Wortschatz• vgl. die von der Handwerksordnung von 1965 für

Bayern als Bezeichnungen im amtlichen Verkehr zugelassenen Handwerksbezeichnungen:– Pflasterer neben Straßenbauer– Spengler neben Klempner

• Unterschiede auf der Ebene der Grammatik:– ich bin geschwommen– ich habe geschwommen– Perfekt statt Imperfekt

• Paris: j‘ai travaillé - Vourey: J’ai eu travaillé (temps surcomposés)

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Dimension - diastratisch

• diastratische Unterschiede– Unterschiede zwischen den sozio-kulturellen

Schichten– synstratische Einheiten oder Sprachniveaus

• Bon usage – Oberschicht, gehobenes Bürgertum, Bildungsschichten, „cadres supérieurs“

• français populaire – „classes moyennes“, „menu peuple“

• français argotique – Unterschicht Bodo Müller (1975)

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Dimension – diaphasisch• diaphasische Unterschiede,

– Typen von Ausdrucksmodalitäten je nach den Typen der Sprechsituation

– synphasische Einheiten oder Sprachstile– français cultivé (soigné, choisi, soutenu, tenu), français

courant (usuel, commun), français familier, français populaire, français vulgaire

– Sprache der biologischen Gruppen, der Generationen, der sozialen Gruppen, der Berufsgruppen (langues techniques, langues de spécialités

– Sprachregister = sehr allgemeine Typen zusammengehöriger Stile, die weiten Aspekten des Lebens und der Kultur und zusammengehörigen Typen von Umständen entsprechen: gesprochene Sprache, Schrift sprache, Literatursprache, Umgangssprache, Verwaltungssprache, Zeitungssprache

– auch Dialekte oder Sprachniveaus können als Sprachstil fungieren

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Varietätenkette – einseitig gerichtet

• ein bestimmter Dialekt kann als das eine bestimmte sozio-kulturelle Schicht charakterisierende Sprachniveau auftreten, wenn die anderen Schichten gerade die Gemeinsprache sprechen

• ein Dialekt kann bei einer bestimmten Schicht als Sprachstil, z.B. als familiäre Sprache fungieren, während dieselbe Schicht in anderen Situationen die Gemeinsprache verwendet

Dialekt Soziolekt Sprachstil

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Funktionelle Sprache

• homogene Sprachtechnik, die direkt im Sprechen funktioniert, das heißt realisiert wird– ein bestimmter 'Dialekt‚– innerhalb desselben ein bestimmtes Niveau– auf diesem ein einzigen Sprachstil

• synchronisch, syntopisch, synstratisch und synphasisch – die familiäre französische Sprache der Mittelschicht

von Paris heute • nur solche Sprache kann man strukturell beschreiben,

d.h. den Wert ihrer Formen bestimmen• nur hier funktioniert das Prinzip 'verschiedene Formen

für verschiedene Werte'

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Historische Sprache

• «Sammlung» funktioneller Sprachen• verschiedene funktionelle Sprachen können zwar das gleiche

System, aber ein jeweils anderes System normaler Realisierungen aufweisen

• das gleiche System kann in verschiedenen Normen realisiert werden:– Umgangssprache– Volkssprache– Schriftsprache– Hochsprache– Vulgärsprache etc.

• diese Normen gehören nicht zur Struktur einer funktionellen Sprache, sondern zur Architektur der historischen Sprache (Begriff von Flydal geprägt)

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Varietäten und innere Variation

• Dialekte, Sprachniveaus und Sprachstile sind allerdings selbst wieder nur in einer Hinsicht homogen und stellen noch keine funktionellen Sprachen dar

• innerhalb einer syntopischen Einheit (primärer, sekundärer oder tertiärer Dialekt) gibt es diastratische und diaphasische Unterschiede

• auf einem bestimmten Sprachniveau lassen sich diatopische und diaphasische Unterschiede feststellen

• in jedem Sprachstil können diatopische und diastratische Unterschiede erscheinen

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Die Architektur der historischen Sprache (Coseriu 1988: 283)

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diastratisch

diatopisch

diaphasisch

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System – Norm - Unterschiede

• Zwischen den verschiedenen Dialekten sind mehr Unterschiede im System zu erwarten.

• Zwischen den verschiedenen Sprachniveaus sind mehr Unterschiede in der Norm, z. T. aber auch im System zu erwarten.

• Zwischen den verschiedenen Sprachstilen sind vor allem Unterschiede in der Norm zu erwarten.

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Québécois – Einordnungen und Erklärung

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Französisch von Québec - Québécois

• Achim Stein (1998): Besonderheiten– Archaismen– Regionalismen– Abweichungen in der Morphologie être statt avoir

mit commencer etc.– Aussprache– Pragmatik, z.B.

• à tantôt statt à tout à l‘heure• Déshabillez-vous

– Anglizismen

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Frankokanadisch

• Livia Gaudino Fallegger (1998):• „Mit dem Begriff ‚sekundär‘ werden die

muttersprachlichen Varietäten bezeichnet, die, wie das Frankokanadische, als Folge der kolonialen Vergangenheit Frankreichs entstanden sind.“ (65)

• tertiäre Varietäten: „innovative europäische Sprachentwicklungen, die das Substrat (...) eines primären Dialekts des Französischen oder einer langue ethnique (...) enthalten (cf. Koch / Oesterreicher 1990: 143)

• beide werden nach Gaudino Fallegger oft als français régionaux bezeichnet (cf. 65)

• kritisiert wird dies von manchen soziolinguistischen Ansätzen

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Québécois / franco-canadien

• Gaudino Fallegger geht von diatopischer Neutralität der région parisienne aus – alles andere sind Abweichungen (cf. 68).– Québécois ist diatopisch markiert– weicht von français de référence (FrR) ab– français de référence = Distanzsprache von Paris

und Umgebung• Archaismen• Dialektismen• Adstrateinfluss• Substrateinfluss

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français régionaux

• Bodo Müller (1975) rechnet das français du Canada, de la Suisse romande, de Belgique, de l‘Afrique du Nord u. a. hierzu (cf. 123-124).

• Besonderheiten– lautlicher Bereich– Syntax– Wortschatz

• Archaismen• Angloamerikanismen

• redet aber nicht von Abweichungen, sondern geht vergleichend vor.

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Québecois

• 17. u. 18. Jh. SiedlerInnen kamen aus westl. u. nördl. Gebiete der langue d‘oïl

• Handwerker, Bauern / Bäuerinnen, Seeleute haben wohl regionale Umgangssprache gesprochen

• Siedler mit bestimmtem Bildungsniveau bewahrten dieses durch unter kirchlicher Obhut früh entwickeltes Bildungssystem

• relative Homogenität des kanadischen Französisch ist noch Gegenstand von Debatten

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Québecois

• bis 1763 sprachliche Anbindung an Frankreich, danach riss Kontakt zu Frankreich ab

• frankophone Bevölkerung sprachlich-kulturell isoliert

• frankophone Elite verliert stark an Bedeutung u. normgebender Kraft

• Archaismen in Lautung, Grammatik u. Wortschatz der Umgangssprache (vgl. Französisch im 17. u. 18. Jh.)

• Neuerungen, Anglizismen, Regionalismen• Schriftsprachliche Norm weitgehend

Standardfranzösisch

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Québecois

• zu sprachlichen Besonderheiten vgl. Neumann-Holzschuh in Handbuch Französisch 107-108

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QuébécoisEs und Québécois

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Sprachpflege – ab 2. Hälfte 19. Jh.

• Puristen– français québécois wurde von der Mehrheit

der Bevölkerung als korrumpiertes Französisch eingeschätz

– Puristen wollten es an hexagonalen bon usage angleichen

• 1902 Société du parler français au Canada gegründet– Erforschung des kanadischen Französisch– 1930 Glossaire du parler français au Canada

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Sprachpolitik - Überblick

• 1910 Loi Lavergne – zweisprachige Fahrscheine konnten z. B. gedruckt werden

• 1935 zweisprachige Banknoten auf Bundesebene• 1974 Loi 22 (Loi sur la langue officielle) – Französisch

offizielle Sprache der Provinz Québec – Dualitätsprinzip wurde nicht aufgegeben

• 1977 Loi 101 – Charte de la langue française - Französisch:– Gesetzgebung– Rechtsprechung– öffentlicher u. privatwirtschaftlicher Bereich– Unterrichtssprache f. frankophone SchülerInnen u.

Kinder v. ImmigrantInnen

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Institutionen

• 1961 Office de la langue Française• 1977 Conseil de la langue française (jetzt

Conseil supérieur de la langue française)• Secrétariat à la politique linguistique

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Sprachnormierung – 60er u. 70er Jahre - Leitnormdebatte

• viele Intellektuelle treten für joual (substandardsprachliches français québécois) als Leitnorm ein

• offizielle Seite propagiert zunächst hexagonales Französisch als Standard

• heute soll nach Neumann-Holzschuh (2003: 109) ein am hexagonalen Französisch ausgerichtetes français soigné der Mittelschicht Zielnorm sein

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Linguistique québécoise und Québécois

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Dictionnaire québéquois français 1999

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Kritik – Louis Mercier & Claude Verreault (2002)

• l‘image qu‘il prétend donner du français qui a réellement cours au Québec

• une vision obsolète des rapports qui existent entre le français comme langue internationale et ses deux variétés topolectales que sont le français de France et celui du Québec

• une image controversable non seulement de la variété québécoise de français mais aussi de l‘univers culturel qu‘elle exprime

• conçu „sur le modèle d‘un dictionnaire bilingue“• québécois et français (tout court) = deux langues distinctes• mais ce n‘est pas vrai (cf. 88)

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Kritik – Louis Mercier & Claude Verreault (2002) – cont.

• L‘examen attentif des équivalents proposés aux emplois recensés [...] montre clairement que la variété québécoise de français est dans la pratique comparée essentiellement à la variété qui a cours en France et qui se trouve de ce fait la seule à être reconnue comme „standard“. Cette approche ne correspond pas à la réalité sociolinguistique telle que décrite dans les études variationnistes québécoises (89).

• Französisch kann anscheinend nur aus einer hexagonalen Perspektive beschrieben werden (cf. 89)

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Kritik – Louis Mercier & Claude Verreault (2002) – cont.

• Les marques d‘usage sont presque inexistantes pour ce qui est des emplois de la variété source (le ‚québécois‘) alors qu‘elles sont extrêmement développées pour ce qui est de la variété cible (le ‚français standard‘) (95).

• Viele Raritäten erscheinen also so als wären sie normal in Québec (cf. 95).

• Veraltete Elemente werden nicht als solche gekennzeichnet.

• Angaben zur Diastratie und Diaphasie fehlen zumeist (cf. 96)

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Kritik – Louis Mercier & Claude Verreault (2002) – cont.

• Tout dictionnaire s‘inscrit dans un contexte culturel donné, dont il est du reste tributaire et qu‘il contribue par ailleurs à maintenir [...]; en d‘autres termes, le dictionnaire n‘est jamais un ouvrage tout à fait neutre, tout à fait objectif. Tributaire lui aussi de l‘univers socioculturel auquel il appartient, le lexicographe n‘est pas lui non plus tout à fait neutre ni tout à fait objectif, mais on exige de lui qu‘il tende vers une certaine objectivité, pour ne pas dire vers une objectivité certaine (99)

• all das kann von dem dictionnaire nicht gesagt werden• Formulierungen und Kommentare verraten eine sehr

subjektive Sicht auf Kultur von Québec (cf. 100).

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Kritik – Louis Mercier & Claude Verreault (2002) – cont.

• D‘une part, de tels ouvrages ne parviennent à présenter aux Québécois qu‘une image dévalorisante de leur variété de français, ce qui entretient forcément chez eux l‘insécurité linguistique dont ils souffrent tant. D‘autre part, en raison de la difformité même de cette image, ces ouvrages continuent à induire en erreur bien des étrangers qui en arrivent à fantasmer une variété qui n‘existe en fait nulle part (...) mais qui, une fois qu‘ils mettent le pied au Québec, sont surpris de découvrir que, tout compte fait, c‘est bien le français que l‘on y parle. (103).

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Le français et sa variation: représentation traditionnelle

• Par l‘approche différentielle qui le caractérise, le DQF tourne carrément le dos au projet de description globale du français québécois comme variété autonome de français, qui est au coeur des préoccupations linguistiques québécoises depuis plus d‘une décennie. [...] Cette représentation „traditionelle“ envisage le français (ou français „standard“) comme l‘ensemble des ressources de cette langue telles qu‘on peut les décrire à partir des usages qui ont cours en France [...]; dans une telle optique, le français se réduit essentiellement à la langue des grammaires et dictionnaires faits en France. Les autres usages observés dans le reste de la francophonie sont alors représentés comme des extensions marginales. (103).

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Kritik – Louis Mercier & Claude Verreault (2002) – cont.

• C‘est [...] à partir d‘une telle représentation qu‘on en vient à réduire le français québécois, ou le québécois, à la somme de ses particularismes. Pour s‘exprimer, les Québécois puiseraient donc d‘une part au français et d‘autre part à un réservoir complémentaire régional, le québécois.

• La première faiblesse de cette représentation est de ne pas faire de distinction entre le français comme langue, le français de France comme variété dominante de cette langue ou encore le français „standard“. [...].

• Le deuxième point faible de cette représentation est de projeter une image fausse du fonctionnement réel du français, d‘abord en France même puis, à plus fort raison, hors de France. (104)

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Le français et sa variation: nouvelle représentation

• Elle part du principe que toutes les communautées socioculturelles de la grande communauté linguistique francophone ont le français en partage, mais qu‘en raison de l‘histoire singulière de chacune de ces communautés, le français s‘y est développé d‘une façon particulière, pour donner naissance à des variétés partiellement distinctes. S‘il est question de variétés distinctes de langue, c‘est que la différence ne se résume pas à l‘inventaire plus ou moins développé des particularismes, mais qu‘elle s‘étend aussi, plus profondément, à l‘organisation même de ces éléments spécifiques avec les éléments communs.

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Le français et sa variation: nouvelle représentation

• permet de dissocier– le français comme langue, comme moyen

d‘expression partagé par l‘ensemble des francophones

– français de France comme l‘une des diverses variétés actuelles de cette langue et, pour diverses raisons, dominante toutes les autres

– le français du Québec comme une variété fonctionnelle de français au même titre que les autres variétés géographiques de cette langue

– les lcuteurs québécois comme des francophones à part entière, qui n‘ont pas à être gênés de leurs différences linguistiques (105).

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français québécois

• on ne peut plus résumer le français québécois à la somme de ses particularismes

• c‘est l‘ensemble des ressources que le français met à la disposition des francophones du Québec

• le français tel qu‘on peut l‘observer à partir de l‘ensemble des usages ayant cours dans cette communauté.

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Acadie

• Zusammensetzung– Nouveau Brunswick– Nouvelle-Écosse– Ile-du-Prince-Éduard

• Besiedlung– 1604 Gründung von Port Royal (Annapolis)– 1713 nach Kolonialstreitigkeiten zwischen

Frankreich und England unter britische Herrschaft – 1755-1762 Grand Dérangement – Deportation von

ca. 8.000 in andere englische Kolonien– heute leben viele als Cajuns od. Cadiens / Cadjins in

Louisiana

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Acadien

• zu sprachlichen Besonderheiten vgl. Neumann-Holzschuh in Handbuch Französisch 110

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Elisabeth Burr 67

Acadie - Sprachsituation

• keine Sprachgesetzgebung• keine Sprachnormierung• Nouveau Brunswick

– seit 1969 einzige offiziell zweisprachige Provinz Kanadas

– seit 1980 in Moncton ausschließlich französischsprachige Universität

• Überleben des Französischen ist nicht gesichert• am besten in Nouveau Brunswick verankert• Acadien bedroht durch Englisch und québécois

standard

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Elisabeth Burr 68

Westliches Kanada

• 17. Jh. französische SiedlerInnen und Waldläufer stoßen in den Westen Canadas vor

• Ontario 500.000• Alberta: 59.065• Saskatchewan: 22.430• Manitoba: 52.065• Britisch Columbia: 53.460• Territoires du Nord-Ouest: 1.505• Yukon: 930 (cf. Pöll 1998:

84)

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Elisabeth Burr 69

Ontario

• Bevölkerung besteht zumeist aus QuébécoisEs, die Québec im 19. Jh. verlassen haben

• heute nur ca. 5% der Bevölkerung• français ontarien entspricht weitgehend québécois• es gibt aber auch Unterschiede• höherer Grad an Anglisierung als québécois• nicht offiziell zweisprachig• teilweise Offizialisierung des Französischen in

Schultpolitik und Teilen d. Verwaltung, vgl. WWW• mehr als 80% der Franco-Ontariens/Ontariennes sind

zweisprachig

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Elisabeth Burr 70

Mischsprachen mit Französisch

• Mitchif, Metis Creole, French Cree

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Elisabeth Burr 71

Michif

• Mischsprache • Frankophone und Cree-IndianerInnen• Manitoba und Saskatchewan• ca. 1000 SprecherInnen