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Zur Begründung einer Repolitisierung Sozialer Arbeit

Ringvorlesung:

Das Politische im SozialenFachhochschule Jena

Mechthild SeitheJanuar 2011

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Thesen:

Soziale Arbeit ist immer politisch. Soziale Arbeit heute ist unpolitisch. Soziale Arbeit muss sich (re-)politisieren!

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Gliederung:

1. Das Politische in der Sozialen Arbeit

2. Analyse der neosozialen Zumutungen für die Soziale Arbeit und die Reaktion unserer Profession

3. Wie könnte eine repolitisierte Soziale Arbeit heute aussehen?

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1.Teil

Das Politische in der Sozialen Arbeit

Soziale Arbeit als Teil der aktuellen Sozialpolitik – das systemische Mandat

Soziale Arbeit als intime Kennerin der sozialen Problemlagen der Menschen

Soziale Arbeit als reflexive Kraft und Kritikerin der gesellschaftlichen Verhältnisse

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1. Beispiel: Heimkampagne der 68er Jahre

2. Beispiel: Obdachlosensiedlung Mühltal in Wiesbaden

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Fazit:

Soziale Arbeit ist immer eng mit der herrschenden Politik verbunden, transportiert sie und setzt sie um.

Je nach Interessenlage der herrschenden Kräfte wirkt sie eher human oder auch eher repressiv.

Soziale Arbeit kann von sich aus eine treibende Kraft für menschenwürdigere sozialpolitische Perspektiven in der Gesellschaft sein, auch wenn diese selber solchen Perspektiven gegenüber abgeneigt oder zögerlich agiert.

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Von einer nicht an den Interessen der Menschen bzw. aller Menschen ausgerichteten Politik wird die Soziale Arbeit dazu angehalten, diese übernehmen und mit umsetzen.

Soziale Arbeit hat immer, auch in solchen Fällen die Möglichkeit sich einer herrschenden, Menschen verachtenden Politik zu verweigern.

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Von einer nicht an den Interessen der Menschen bzw. aller Menschen ausgerichteten Politik wird die Soziale Arbeit dazu angehalten, diese übernehmen und mit umsetzen.

Soziale Arbeit hat immer, auch in solchen Fällen die Möglichkeit sich einer herrschenden, Menschen verachtenden Politik zu verweigern.

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2. Teil

Analyse der neosozialen Zumutungen für die Soziale Arbeit und ihre Reaktion

These: die gleichen Kräfte verändern die Soziale Arbeit und entpolitisieren sie

Ebenen neosozialer Veränderungen und Zumutungen und die Reaktion der Profession

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1. Im Rahmen der Sparpolitik wird die Soziale Arbeit zurecht gestutzt und ihrer erforderlichen Arbeitsbedingungen beraubt.

Reaktion der Sozialen Arbeit:Man ist sauer, aber man versucht, auch unter diesen Bedingungen gute Soziale Arbeit zu machen.

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2. Die prekären Arbeitsbedingungen in der Sozialen Arbeit verhindern Kontinuität und Professionalität.

Reaktion der Sozialen Arbeit:Aber selbst darauf hin erfolgt mehrheitlich Schweigen und Stillhalten.

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3. Mehr denn je aber wird Soziale Arbeit von der herrschenden Politik für die aktuellen Interessen und Absichten der Sozialpolitik eingefordert.

Reaktion der Sozialen Arbeit: Nicht selten gibt unter Sozialarbeitenden hierfür auch Zustimmung und die Hoffnung, jetzt endlich gebraucht zu werden

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4. Heute entscheiden im Rahmen von Finanzierung und Controlling nicht-fachliche Vertreter von Verwaltung und Politik über fachliche Fragen der praktizierten Sozialen Arbeit.

Reaktion der Sozialen Arbeit: Man findet sich ab, beugt sich diesem Diktat und versucht, wenigstens ein bisschen Fachlichkeit herüber zu retten.

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5. Zunehmend wird von außen bestimmt, was für Soziale Arbeit als Erfolg ihrer Arbeit gilt.

Reaktion der Sozialen Arbeit: In der Praxis finden – wegen der existentiellen Abhängigkeiten von Trägern und Einzelnen von der Erfüllung der Vorgaben oft verzweifelte - Versuche statt, den Nachweis für einen so verstandenen Erfolg irgendwie zu erbringen

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6. Der Sozialen Arbeit wird ein neues, grundlegend verändertes Menschenbild aufgedrängt.

Reaktion der Sozialen Arbeit: Es gibt deswegen keinen Widerstand und nicht selten beobachtet man eine schleichende Tendenz zum „Klientenrassismus“.

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7. Es wird in der Sozialen Arbeit wieder mit Druck und Sanktionen versucht, bei den Klienten etwas zu erreichen.

Reaktion der Sozialen Arbeit: Mancher Sozialarbeiter bemüht sich vielleicht, solche Methoden nicht zu nutzen. Eine ganze Reihe PraktikerInnen aber sind auch froh, sich dieser „einfachen und angeblich viel wirkungsvolleren Methoden“ endlich wieder bedienen zu können.

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8. An die Stelle von Parteilichkeit und der Verteidigung der Rechte der Klientel tritt Barmherzigkeit.

Reaktion der Sozialen Arbeit: Die meisten Sozial Arbeitenden halten all das für normal und unvermeidbar .

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8. An die Stelle von Parteilichkeit und der Verteidigung der Rechte der Klientel tritt Barmherzigkeit.

Reaktion der Sozialen Arbeit: Die meisten Sozial Arbeitenden halten all das für normal und unvermeidbar .

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9. Es gibt zunehmend nicht nur zwei Klassen von KlientInnen, sondern auch zwei Klassen von Sozialarbeitenden.

Reaktion der Studierenden: „Sieh zu, dass du deinen Master machst, dann bist du oben dabei!“

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10. Auch die sozialpädagogische Wissenschaft passt sich an die gegebenen Bedingungen weitgehend an.

Und wenn sie kritisch ist, schafft sie es nicht, mit ihren Analysen und Einschätzungen aus ihrem Elfenbeinturm herauszukommen.

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Kommt da raus!!

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11. Die Soziale Arbeit ist heute von einer fachlichen Einmischung in Politik weit entfernt.

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Fazit:

Soziale Arbeit fügt sich weitgehend in die neuen Bedingungen und Herausforderungen. Unmut ist durchaus vorhanden, er führt jedoch nicht zur organisierten Gegenwehr - von einer aktiven, politischen Einmischung ganz zu schweigen.

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3. Teil

Soziale Arbeit muss wieder politisch werden, sich (re-) politisieren!

Ebenen repolitisierter Sozialer Arbeit die nächsten Schritte Betrag von Wissenschaft und Hochschule zu

einer Repolitisierung Sozialer Arbeit

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1. Reflexivität als Gegengift

Durchschauen der gesellschaftlichen Hintergründe für die modernen Entwicklungen

Durchschauen der scheinbaren Ähnlichkeit der benutzten Begriffe

Begreifen der Veränderungen als von Menschen gemacht Auseinandersetzung mit neosozialen Ansätzen in der Theorie

– auch in den eigenen Reihen

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2. Fachlicher Widerstand in Praxis und Theorie

Störrisches Beharren auf Fachlichkeit Kampf gegen prekäre Arbeitsverhältnisse Offensive Weiterentwicklung und Vertretung der

sozialpädagogischen Konzeption

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3. Widerstand gegen die zentralen Positionen der aktuellen Sozialpolitik

Einsatz für die Rechte Sozial Benachteiligter Eintreten für soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte Widerstand gegen Privatisierung, Dekommodifizierung und

Vermarktlichung der Sozialen Arbeit und des Sozialen allgemein

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4. Solidarische, politische Vernetzung und Organisation Sozialarbeitender

jede Form fachlicher, fachpolitischer und politischer Kommunikation und Vernetzung

Mitarbeit in internationalen SozialarbeiterInnen-Vereinigungen Organisation möglichst vieler PraktikerInnen in Gewerkschaften

oder Berufsverbänden Bündnispartner suchen für eine soziale und an Gerechtigkeit

und nicht an Profit orientierte Welt

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5. Politische Einmischung

Hier nur ein kleines Beispiel……

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Information

Berliner Tagung für kritische Soziale Arbeit 17.6 und 18.6 2011

AUFSTEHEN – WIDERSETZEN – EINMISCHEN

Wege aus der neoliberalen Falle

Infos demnächst unter: www.einmischen.com