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83 UMWELTDATEN BRANDENBURG 2005 Ermittlung der Grundwasserfließrichtungen für die Bewertungen der Daten aus dem Beschaffenheits- messnetz, Beschaffung von hydrogeologisch und hydrodyna- misch relevanten Daten für Modellrechnungen, Bemessung und Ausweisung von Trinkwasser- schutzgebieten. Bereitstellung von Daten für ein umfangreiches Be- richtswesen. Die wissenschaftlichen Grundlagen für das Konzept und damit das Konzept selbst haben grundsätzlich Bestand. Eine aktuelle Anpassung des Konzeptes wird erforderlich, um die Anforderungen an das Lan- desmessnetz Grundwasserstand zu präzisieren, die sich insbesondere aus den Forderungen der EU Was- serrahmenrichtlinie ergeben, und sich daraus ablei- tende Veränderungen, gebietsweise Reduzierungen bzw. Erweiterungen des Messstellenbestandes, zu prüfen und festzulegen. Die Wasserrahmenrichtlinie fordert im Zuge der ein- zugsgebietsbezogenen, flächenhaften Erstbe- schreibung Aussagen über den – mengenmäßigen Zustand – in den ausgegrenzten Grundwasserkör- pern. Auf der Grundlage gemessener Grundwasser- stände sollen z.B. mengenmäßige Belastungen fest- gestellt und der Zusammenhang mit – grundwas- serabhängigen Ökosystemen – auch in Oberflächen- gewässern erkannt werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wirken direkt auf die Gestaltung des erforderlichen Monitoring-Sys- tems und damit auf die Anpassung des Messnetz- konzeptes. Dabei werden die Präzisierungen für das Messnetz- konzept in einer Projektgruppe des LUA erarbeitet. Ih- nen liegt eine aktuelle Analyse der bisher bei der Um- setzung des Messnetzkonzeptes erreichten Ergeb- nisse (aktueller Messstellenbestand) zugrunde. Anschließend wird das präzisierte Messnetzkonzept für das Landesmessnetz Grundwasserstand - wie seinerzeit schon das Grundkonzept - durch die Pro- jektgruppe mit der Fachabteilung des Ministeriums abgestimmt. Über die Ergebnisse und die neu zu setzenden Prio- ritäten im Landesmessnetz Grundwasserstand einschließlich der Publizierung von Daten neu defi- nierter Referenzmessstellen wird in den folgenden Jahren zu berichten sein. 4.3 Grundwasser 4.3.1 Landesmessnetz Grundwasserstand Das Landesumweltamt hat für die Gestaltung des Landesmessnetzes Grundwasserstand von 1995 bis 1998 in mehreren Etappen ein umfangreiches Mess- netzkonzept erarbeitet. Die Konzeption wurde konti- nuierlich von der Fachabteilung W des ehemaligen Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Raumord- nung (MUNR) sowie des ehemaligen Landesamtes für Geowissenschaften und Rohstoffe Brandenburg (LGRB) begleitet. Beteiligt war auch die Arbeitsge- meinschaft „Grundwasser-Monitoring“, die aus der UWG Gesellschaft für Umwelt- und Wirtschaftsgeo- logie mbH Berlin (später FUGRO) und der GFI Grund- wasserforschungsinstitut Luckner & Partner GmbH Dresden besteht. Damit wurde erstmals ein Konzept erstellt, das auf der Basis wissenschaftlicher Analysen konkrete Optimie- rungsvorschläge für die Gestaltung des Landesmess- netzes Grundwasserstand festlegt. Diese Analysen berücksichtigen die spezifischen hydrogeologischen Lagerungsverhältnisse Brandenburgs (Mitwirkung des LGRB), wie a) den hydrogeologischen Einheiten in der Fläche mit ihren besonderen Gebietstypen Neubildungsgebiete Durchflussgebiete Entlastungsgebiete und b) den drei Grundwasserleiterkomplexen (GWLK 1 bis 3) in der Teufe, in Verbindung mit den zugeordneten Grundwasser- messstellen des Landes und den Daten der verfüg- baren langen Beobachtungsreihen. Damit erhielt das Konzept das Einverständnis aller beteiligten Partner einschließlich eines positiven Prüfergebnisses vom Landesrechnungshof. Mit diesem Landesmessnetz Grundwasserstand wer- den u.a. folgende Aufgaben erfüllt: Beobachtung des mengenmäßigen Zustandes des Grundwassers, Erstellung von Grundwassergleichenplänen, Ab- grenzung von unterirdischen Einzugsgebieten, Be- urteilung der hydraulischen Wechselbeziehungen zwischen dem Grundwasser und den oberirdischen Gewässern, Ermittlung des langjährigen Schwankungsverhal- tens der Grundwasserstände, Bereitstellung von Grundlagendaten bzw. Refe- renzwerten für die Grundwasserbewirtschaftung sowie für das gesamte Baugeschehen im Land,

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83UMWELTDATEN BRANDENBURG 2005

• Ermittlung der Grundwasserfließrichtungen für dieBewertungen der Daten aus dem Beschaffenheits-messnetz,

• Beschaffung von hydrogeologisch und hydrodyna-misch relevanten Daten für Modellrechnungen,

• Bemessung und Ausweisung von Trinkwasser-schutzgebieten.

• Bereitstellung von Daten für ein umfangreiches Be-richtswesen.

Die wissenschaftlichen Grundlagen für das Konzeptund damit das Konzept selbst haben grundsätzlichBestand. Eine aktuelle Anpassung des Konzepteswird erforderlich, um die Anforderungen an das Lan-desmessnetz Grundwasserstand zu präzisieren, diesich insbesondere aus den Forderungen der EU Was-serrahmenrichtlinie ergeben, und sich daraus ablei-tende Veränderungen, gebietsweise Reduzierungenbzw. Erweiterungen des Messstellenbestandes, zuprüfen und festzulegen.

Die Wasserrahmenrichtlinie fordert im Zuge der ein-zugsgebietsbezogenen, flächenhaften Erstbe-schreibung Aussagen über den – mengenmäßigenZustand – in den ausgegrenzten Grundwasserkör-pern. Auf der Grundlage gemessener Grundwasser-stände sollen z.B. mengenmäßige Belastungen fest-gestellt und der Zusammenhang mit – grundwas-serabhängigen Ökosystemen – auch in Oberflächen-gewässern erkannt werden.

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wirken direktauf die Gestaltung des erforderlichen Monitoring-Sys-tems und damit auf die Anpassung des Messnetz-konzeptes.

Dabei werden die Präzisierungen für das Messnetz-konzept in einer Projektgruppe des LUAerarbeitet. Ih-nen liegt eine aktuelle Analyse der bisher bei der Um-setzung des Messnetzkonzeptes erreichten Ergeb-nisse (aktueller Messstellenbestand) zugrunde.

Anschließend wird das präzisierte Messnetzkonzeptfür das Landesmessnetz Grundwasserstand - wieseinerzeit schon das Grundkonzept - durch die Pro-jektgruppe mit der Fachabteilung des Ministeriumsabgestimmt.

Über die Ergebnisse und die neu zu setzenden Prio-ritäten im Landesmessnetz Grundwasserstandeinschließlich der Publizierung von Daten neu defi-nierter Referenzmessstellen wird in den folgendenJahren zu berichten sein.

4.3 Grundwasser

4.3.1 Landesmessnetz Grundwasserstand

Das Landesumweltamt hat für die Gestaltung desLandesmessnetzes Grundwasserstand von 1995 bis1998 in mehreren Etappen ein umfangreiches Mess-netzkonzept erarbeitet. Die Konzeption wurde konti-nuierlich von der Fachabteilung W des ehemaligenMinisteriums für Umwelt, Naturschutz und Raumord-nung (MUNR) sowie des ehemaligen Landesamtesfür Geowissenschaften und Rohstoffe Brandenburg(LGRB) begleitet. Beteiligt war auch die Arbeitsge-meinschaft „Grundwasser-Monitoring“, die aus derUWG Gesellschaft für Umwelt- und Wirtschaftsgeo-logie mbH Berlin (später FUGRO) und der GFI Grund-wasserforschungsinstitut Luckner & Partner GmbHDresden besteht.

Damit wurde erstmals ein Konzept erstellt, das auf derBasis wissenschaftlicher Analysen konkrete Optimie-rungsvorschläge für die Gestaltung des Landesmess-netzes Grundwasserstand festlegt. Diese Analysenberücksichtigen die spezifischen hydrogeologischenLagerungsverhältnisse Brandenburgs (Mitwirkung desLGRB), wie

a) den hydrogeologischen Einheiten in der Flächemit ihren besonderen Gebietstypen

• Neubildungsgebiete

• Durchflussgebiete

• Entlastungsgebiete undb) den drei Grundwasserleiterkomplexen (GWLK 1

bis 3) in der Teufe,

in Verbindung mit den zugeordneten Grundwasser-messstellen des Landes und den Daten der verfüg-baren langen Beobachtungsreihen. Damit erhielt dasKonzept das Einverständnis aller beteiligten Partnereinschließlich eines positiven Prüfergebnisses vomLandesrechnungshof.

Mit diesem Landesmessnetz Grundwasserstand wer-den u.a. folgende Aufgaben erfüllt:

• Beobachtung des mengenmäßigen Zustandes desGrundwassers,

• Erstellung von Grundwassergleichenplänen, Ab-grenzung von unterirdischen Einzugsgebieten, Be-urteilung der hydraulischen Wechselbeziehungenzwischen dem Grundwasser und den oberirdischenGewässern,

• Ermittlung des langjährigen Schwankungsverhal-tens der Grundwasserstände,

• Bereitstellung von Grundlagendaten bzw. Refe-renzwerten für die Grundwasserbewirtschaftungsowie für das gesamte Baugeschehen im Land,

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84 GEWÄSSERSCHUTZ UND WASSERWIRTSCHAFT

4.3.2 Grundwasserbeschaffenheit4.3.2.1 Grundmessnetz, Sondermessnetz

„Nitrat“ und Sonderuntersuchungspro-gramme

• Messnetzbetrieb

Das in Deutschland zumeist hoheitlich betriebene in-formationsorientierte Grundwassermonitoring hatu.a. zum Ziel, Abweichungen von geogenen Hinter-grundgehalten der Grundwasserbeschaffenheit fest-zustellen. Sie werden aus den hydrogeologischenStandortgegebenheiten abgeleitet. Für Brandenburgsind sie mit dem „Basisbericht zur Grundwassergütedes Landes Brandenburg“ veröffentlicht worden.

Die regionale Überwachung der Grundwasserbe-schaffenheit erfolgt im Bundesland Brandenburg ent-sprechend des 1993 erstmals erstellten und seitdemkontinuierlich fortgeschriebenen Messnetzkonzepteszum Grundwassermonitoring, Teil Beschaffenheit. Esist Grundlage für alle seitdem durchgeführten Arbei-ten und basiert auf den von der Länderarbeitsge-meinschaft Wasser (LAWA) herausgegebenen Richt-linien zur Grundwasserüberwachung.

Den Rahmen für das Konzept des GrundmessnetzesGrundwasserbeschaffenheit des LUA Brandenburgbildet eine naturräumliche Systemanalyse, mit der re-gional ausweisbare und hydrogeologisch definierteBezugseinheiten geschaffen werden. Die 18 ausge-wiesenen Rayons unterscheiden sich in der Kombi-nation der folgenden Faktoren:

– hydrogeologische Struktureinheit,– Stratigrafie des Grundwasserleiters,– Tiefe des Wasserspiegels bzw. Filterausbaues der

Messstellen und– Flächennutzung.

Im Grundmessnetz wurde bei der Integration vonMessstellen neben der Rayonbelegung auch die re-präsentative Verteilung auf der Landesfläche berück-sichtigt. Der Messstellenbestand ist im Grundmess-netz von 1992 mit 39 bis Ende 2004 auf 205 Be-schaffenheitsmessstellen erweitert worden. Dabeisind 105 Standorte einfach, 29 doppelt, zehn dreifachund drei vierfach mit Pegeln ausgebaut.

In Bezug auf die wasserwirtschaftliche Zuordnunggehören

– 42 % der Messstellen zur Region Potsdam, – 21 % zu Frankfurt (Oder) und – 37 % zu Cottbus.

In den hydrogeologischen Strukturen mit unbedeck-tem (Neubildungs- und Entlastungsgebiete) bzw. teil-weise bedecktem Grundwasserleiter (indirekte Neu-bildung) sind mehr Messstellen als in Gebieten mitanstehendem Geschiebemergel (Durchflussgebiete)ausgebaut:

– 26 % Neubildung,– 46 % Durchfluss,– 12 % indirekte Neubildung und– 16 % Entlastung.

Die Verteilung der Messstellen des Grundmessnet-zes Grundwasserbeschaffenheit in Bezug auf dieTiefe des Filterausbaues gliedert sich zu

– 30 % in < 10 m,– 31 % in 10 – 25 m, – 25 % in 25 – 50 m,– 12 % in 50 – 100 m und – 2 % in > 100 m.

Der Schwerpunkt des Grundwassermonitorings liegtin der Untersuchung von oberflächennahem Grund-

Grundwassermessstelle, Fotoarchiv RW5

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85UMWELTDATEN BRANDENBURG 2005

– im Einzugsgebiet vorwiegend Acker, aber auchandere Flächennutzungen (z.B. Siedlungen).

Dem Sondermessnetz „Geogene Versalzung“ gehö-ren 35 Messstellen an. Weitere Informationen zumMessnetz enthält das folgende Kapitel 4.3.2.2.

Jedes Jahr findet je eine Beprobung im Frühjahr(März bis Juni) und im Herbst (September bis De-zember) statt. Das Spektrum der zu bestimmendenParameter ist entsprechend der LAWA-Richtlinien dif-ferenziert aufgebaut. Verbindliche Festlegungen überdie Zuständigkeiten, den Messnetzbetrieb, zur Da-tenbereitstellung durch das Landeslabor Branden-burg und zu Terminvorgaben enthält das jährlich ak-tualisierte Projekthandbuch „Grundwasserbeschaf-fenheitsmessnetze Brandenburg".

wasser. Über 60 % der Messstellen sind in wenigerals 25 m verfiltert, während tiefe Messstellen (Filter-ausbau ab 50 m Tiefe) nur 14 % des Messstellenbe-standes darstellen.

Neben dem landesweiten Grundmessnetz betreibtdas LUAdie Sondermessnetze „Nitrat“ und „GeogeneVersalzung“. Das Nitratmessnetz wurde im Jahr 2000neu konzipiert und umfasst zurzeit 16 Grundwasser-beschaffenheitsmessstellen, die folgenden Auswahl-kriterien entsprechen:

– eigene Messstellen des LUA (Vorliegen aller not-wendigen Stammdaten),

– Nitratkonzentration im Grundwasser > 25 mg/l,– unbedeckter oder nur teilweise bedeckter ober-

flächennaher Grundwasserleiter,

Jahr Vor- Allge- Haupt- SiO2-Si TOC AOX Metalle Metalle LHKW PAK PSM

Ort- meine kompo- Standard Sonder- und

Para- Para- nenten pro- Aroma-

meter meter gramm ten

2005 X X X X X X X X X X X

2006 X X X X X X X X X

Untersuchungsturnus (nach der Erstuntersuchung): X ... Untersuchung zweimal pro Jahr (Frühjahr und Herbst)

Aktuelle Untersuchungsprogramme der beiden Grundwasserbeschaffenheitsmessnetze

Grundmessnetz

Vor-Ort-Parameter: GW-Stand, elektrische Leitfähigkeit, Redoxpotenzial, pH-Wert, Wasser- und Lufttem-

peratur, Trübung, O2

Allgemeine Parameter: elektrische Leitfähigkeit (Labor), pH-Wert (Labor), m- und p-Wert (Säurekapazität bis

zum pH 4,3), UV-Extinktion (Hg 254 nm), Gesamthärte (berechnet)

Hauptkomponenten: a) Cl, HCO3, SO4, NO2, NO3, ortho-PO4, F, Na, K, Ca, Mg, NH4

b) SiO2 -Si

Summenparameter: a) TOC

b) AOX

Metalle Standard: Feges., Mn, Zn, B, Al

Metalle Sonderprogramm: As, Pb, Cu, Cd, Hg, Cr, Ni

LHKW und Aromaten: 9 Verbindungen (z.B. Trichlormethan, Tetrachlorethen) und 5 (z.B. Benzen)

PAK: 16 Verbindungen (Vorgabe nach EPA; z.B. Benzo-(a)-Pyren, Naphthalin)

PSM: 48 Verbindungen (z.B. p-p’DDT, 2.4-D, MCPA, Mecoprop, 2.4-DB, Atrazin) Parameter

und zu beprobende Messstellen werden jedes Jahr neu festgelegt

Erstuntersuchung: Parameterumfang siehe oben, jedoch keine Bestimmung von F, SiO2-Si, Mn, Zn und

PSM sowie kein Sonderprogramm Metalle

Sondermessnetz Nitrat

Gleicher Untersuchungsturnus wie beim Grundmessnetz und gleicher Parameterumfang hinsichtlich der

Parametergruppen

• Vor-Ort-Parameter

• Allgemeine Parameter

• Hauptkomponenten

• Summenparameter

• PSM

• zusätzliche Bestimmung von Pges. und Feges.

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86 GEWÄSSERSCHUTZ UND WASSERWIRTSCHAFT

• Informationen zu ausgewählten Parametern imGrundwasser Brandenburgs

Im Folgenden werden Ausführungen zur Grundwas-serbeschaffenheit innerhalb der oberirdischen Fluss-einzugsgebiete Brandenburgs gemacht. Die Betrach-tungen zu den ausgewählten Parametern sind dem Be-richt „Grundwasserbeschaffenheit 1995 – 2000 imLand Brandenburg“ entnommen. Für die Darstellungenzur Grundwassergüte an den Messstellen erfolgt je Pa-rameter eine fünfstufige Einteilung der Messwerte nachGrößenklassen. Dabei werden die arithmetischen Mit-

telwerte pro Messstelle betrachtet. Bei Mehrfachmess-stellen wird in den Darstellungen die mittlere Konzen-tration des jeweiligen Oberpegels berücksichtigt.

Nitrat gilt seit Jahren im Grundwasser Deutschlandsals Problemstoff. Als Folge der landwirtschaftlichenBodennutzung tritt wegen der langjährigen und nochandauernden Überdüngung ein ständiger Über-schuss an Nitrat im Untergrund auf. In den sandigenBöden Brandenburgs wird es jedoch mikrobiell meis-tens schnell aufgebraucht, so dass die natürlichenGehalte unter 5 mg/l liegen. Der Grenzwert der Trink-wasserverordnung für Nitrat ist 50 mg/l. Er wird nur inden Proben weniger Messstellen des Grundmess-netzes überschritten. Die überwiegende Anzahl derMesswerte liegt im Bereich der natürlichen Hinter-grundkonzentration.

Im Gegensatz zu Nitrat tritt Ammonium in den ober-flächennahen Grundwässern Brandenburgs häufig inKonzentrationen über dem Grenzwert der Trinkwas-serverordnung von 0,5 mg/l auf. Diese Konzentrationgilt auch als Obergrenze des natürlichen Hinter-grundgehaltes (in entlastenden Tiefenwässern Werteauch bis fast 1 mg/l). Der Grund für das Auftreten vonAmmonium in diesen Konzentrationen sind die oft-mals reduzierten Milieubedingungen der feinkörnigenquartären Grundwasserleiter. Einflüsse geogenerVersalzung oder anthropogener Verunreinigungen(Fäkalien, Abwasser) führen darüber hinaus zu starkerhöhten Gehalten.

Besonders häufig liegt Ammonium erhöht in Grund-wässern von Niederungsbereichen mit reduzierten(anoxischen) Verhältnissen vor. Dies zeigt sich beiden Messwerten des Grundmessnetzes (z. B. in denFlusseinzugsgebieten Untere Havel, Untere Oder,Mittlere Spree). Als Quelle der erhöhten Ammonium-gehalte kommt hier bei entsprechend anmoorigenAuflagen oftmals Torf in Frage, aus dem gebundener

Sondermessnetz „Geogene Versalzung“

Gleicher Untersuchungsturnus wie beim Grundmessnetz und gleicher Parameterumfang hinsichtlich der

Parametergruppen

• Vor-Ort-Parameter

• Allgemeine Parameter

• Hauptkomponenten

• Summenparameter

• zusätzliche Bestimmung von Feges. und Mn

Sonderuntersuchungsprogramm im Jahr 2005

Grundwasserbürtige Phosphoreinträge

• Ziel: Erfassung des Umfangs der geogen aus dem Grund- in das Oberflächenwasser gelangenden Nährstoffe

(insbesondere bei P)

• Umfang: Beprobung und Untersuchung von 18 Grundwassermessstellen im Einzugsgebiet „Oberer Rhin“ und

von 14 Messstellen in den Einzugsgebieten „Untere Spree 1“ und „Dahme“ im Januar/Februar 2005

Abb. 16: Nitratgehalte im Grundmessnetz

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Stickstoff periodisch ausgetragen werden kann. Inden ausgeprägten Neubildungsgebieten hingegenliegen die Messwerte zumeist im Bereich von 0,1 mg/loder darunter.

Phosphor ist nur unter anaeroben Bedingungen mo-bil. Phosphat ist im Boden an Tonminerale und Me-tallhydroxide gebunden. In Brandenburg wurde fürnatürliches Grundwasser ein Bereich bis maximal 0,2mg/l als Hintergrund festgestellt. Höhere Phosphat-gehalte im Grundwasser deuten auf lokale Beson-derheiten hin, die zumeist die gleichen Ursachen wieerhöhte Konzentrationen von Ammonium haben (an-thropogene Beeinträchtigungen).

Erhöhte Phosphatgehalte sind vor allem für das Ober-flächenwasser in Brandenburg problematisch, da hierals Zielvorgabe der Behörde für typische rückge-staute Fließgewässer mit Phytoplanktonbildung einGesamt-Phosphor-Wert von 0,1 mg/l (entspricht etwa0,3 mg/l Phosphat) festgelegt wurde (AGA 1994). DerGrenzwert der Trinkwasserverordnung ist 6,7 mg/lPO4-P. Er dient jedoch nur der Härtestabilisierungund dem Korrosionsschutz in Trinkwasserleitungen.Messwerte über 0,2 mg/l treten vor allem in den Nie-derungsbereichen des Landes entlang der großenFlüsse (Spree, Oder, Havel) auf.

Bor ist im Grundwasser ein Problemstoff, weil es alsBestandteil der Waschmittel (Perborate) in großen

Mengen über das Abwasser in die Umwelt gelangt.Wegen der geringen geogenen Konzentration ist Borein geeigneter Indikator für anthropogene Beeinflus-sungen in Grundwässern. Es gelangt über undichte

Abb. 17: Ammoniumgehalte im Grundmessnetz Abb. 18: Ortho-Phophatgehalte im Grundmessnetz

Abb. 19: Borgehalte im Grundmessnetz

Literatur Seite 212

1013_04_83_105 10.06.2005 16:30 Uhr Seite 87

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88 GEWÄSSERSCHUTZ UND WASSERWIRTSCHAFT

Abwasser- und Abfallanlagen sowie infiltriertes Ober-flächenwasser in das Grundwasser. Erhöhte Bor-werte treten häufig in Gebieten mit hoher Besied-lungs- und Industrialisierungsdichte auf. Der Grenz-wert der TrinkwV ist 1 mg/l. Als anthropogene Beein-trächtigung sind nach SCHLEYER & KERNDORFF(1992) im Grundwasser Werte ab 0,08 mg/l anzuse-hen.

Diffuse Beeinträchtigungen durch erhöhte Borgehaltezeigen sich in vielen Einzugsgebieten. Besondershohe Messwerte (> 0,20 mg/l) sind über die gesamteLandesfläche verteilt und deuten auf lokale punktu-elle Beeinträchtigungen des Grundwassers im unmit-telbaren Umfeld von Verschmutzungsquellen hin, wiez.B. bei einem direkten Abwassereinfluss in ländli-chen Gebieten ohne Kanalisationseinrichtungen.

Die Löslichkeit von Aluminium ist bei neutralem pH-Wert sehr gering. Dementsprechend niedrig ist mitetwa 1 µg/l der natürliche Hintergrundgehalt. HöhereGehalte deuten auf Versauerung hin. PH-Werte un-ter 4,5 führen zu einer massiven Freisetzung des fest-gelegten Aluminiums, so dass Werte von einigen mg/lerreicht werden können. Der Grenzwert der TrinkwVist 0,2 mg/l. Erhöhte Aluminiumwerte schädigen Or-ganismen und Feinwurzeln. Aluminium wirkt ab ei-

nem Gehalt von 0,1 mg/l toxisch auf Fische (LfW1998).

Die überwiegende Anzahl der Messwerte liegt im Be-reich des geogenen Hintergrundgehaltes bzw. unterder jeweiligen Bestimmungsgrenze. Bei den vierMessstellen mit Grenzwertüberschreitungen handeltes sich z.T. um die Auswirkungen von Versauerungs-erscheinungen (z.B. Dübrichen), teils aber auch umnäher zu untersuchende Anomalien.

4.3.2.2 Sondermessnetz „Geogene Versalzung“

Die Grundwasserversalzung stellt im gesamten nord-deutschen Lockergesteinsbereich eine latente Ge-fahr für die Wasserversorgung dar. Nach dem Lan-desumweltamt Brandenburg vorliegenden geolo-gischen Dokumentationen beträgt der versalzungs-gefährdete Flächenanteil im Bundesland Branden-burg ca. 30 %. Abb. 1 zeigt in einem Ausschnitt ausder Atlastafel „Grundwasserversalzung“ des Geologi-schen Atlas (LGRB 2002) betroffene Gebiete im süd-lichen Landesteil.

Um in Anbetracht der Gefahrensituation die künftigeWasserversorgung sicher zu stellen, muss ein speziel-les, problemorientiertes Sondermessnetz eingerichtetwerden. Die Aufgabe dieses Messnetzes liegt dabei inder Erfassung und Überwachung des geogenenStoffinhaltes der Grundwässer (oberflächennaheGrundwasserleiter) in seiner zeitlichen und räumlichenEntwicklung in Regionen mit salinaren Anzeichen.

Die Problematik der Grundwasserversalzung wieauch die resultierenden wasserwirtschaftlichen Mo-nitoringaufgaben wurden ausführlicher bereits im Be-richt des Jahres 2004 „Umweltdaten aus Branden-burg“ dargestellt.

Das Sondermessnetz „Geogene Versalzung“ ist weit-gehend unter Nutzung vorhandener Grundwasser-aufschlüsse einzurichten. Die unter dieser Maßgabe2003 im Verantwortungsbereich der Regionalabtei-lung West erstmals durchgeführten Recherchen zumAuffinden geeigneter Messstellen wurden 2004 in Zu-sammenarbeit mit dem Landesamt für Bergbau, Ge-ologie und Rohstoffe (LBGR) Brandenburg und derHYDOR GmbH Berlin in den östlichen und südlichenLandesteilen fortgesetzt und somit landesweit aus-gedehnt. Die Untersuchungen konzentrierten sich aufversalzungsgefährdete Lokalitäten in den Einzugs-gebieten der Spree und Dahme (Zossen-Speren-berg, Briesen-Müllrose, Lübbenau-Vetschau, Stor-kow, Grünheide) sowie der Oder und Ucker (Gatow-Friedrichsthal/Garzer Bürgerheide, Blankenburg/Oberuckersee, Müllrose). Sie umfassten folgende Ar-beitsschritte bzw. -schwerpunkte:

Abb. 20: Aluminiumgehalte im Grundmessnetz

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89UMWELTDATEN BRANDENBURG 2005

Im Ergebnis der Recherchen sowie technischen, hy-draulischen und hydrochemischen Überprüfungenwurden 17 Grundwassermessstellen mit salinarenAnzeichen bzw. deutlich erkennbarer salinarer Be-einflussung in das Sondermessnetz „Geogene Ver-salzung“ übernommen. Landesweit waren damit zumZeitpunkt der bevorstehenden Beprobungskampag-nen 2005 insgesamt 36 Messstellen in das Sonder-messnetz „Geogene Versalzung“ integriert.

Die weiteren Aktivitäten im Rahmen des sukzessivenMessnetzausbaues richten sich auf

• erneute Datenrecherchen in bezug auf bereits er-fasste, jedoch messstellenseitig unterrepräsen-tierte Gebiete (z.B. Raum Sperenberg-Mellensee-Zossen),

• die Ausdehnung der Untersuchungen auf bislangnicht recherchierte versalzungsgefährdete Gebiete(z.B. mittlerer und östlicher Teil der Krausnick-Burg-Peitz-Gubener Hauptrinne),

• den (begrenzten) Neubau von Grundwassermess-stellen in relevanten Gebieten ohne vorhandeneAufschlüsse und

• Überprüfungen mittels geophysikalischer Messver-fahren an ausgewählten Messstellen des Sonder-messnetzes.

• Erfassung des aktuellen Kenntnisstandes zu po-tenziell salzwassergefährdeten Gebieten sowieRecherche bestehender Grundwasseraufschlüsseanhand geologischer und hydrogeologischer Kar-tenwerke und Dokumentationen,

• Vor-Ort-Eignungsüberprüfungen an ausgewähltenMessstellen in Bezug auf die Monitoringaufgabe(Plausibilitätsprüfung, Erfassung des baulichenbzw. technischen Zustandes und der hydraulischenFunktionsfähigkeit mittels einfacher Verfahren),

• Beprobung ausgewählter Messstellen und Auswer-tung der Analysendaten hinsichtlich des geneti-schen Status der erfassten Grundwässer,

• Eigentumsrecherche zu ausgewählten Messstellenund zu den betreffenden Grundstücksstandortensowie Abschluss von Gestattungsverträgen mit denEigentümern zur Sicherstellung der Messstellen-nutzung,

• Erstellung einer Datenbank/Datenspeicherung.

Insgesamt wurden 549 Grundwasseraufschlüsse re-cherchiert, 166 Aufschlüsse im Gelände aufgesucht,davon 88 Grundwassermessstellen überprüft und 35Grundwasserproben sowie zwei Proben aus Ober-flächengewässern entnommen und analysiert.

Literatur Seite 212

Ausschnitt aus der Atlastafel„Grundwasserversalzung“ desGeologischen Atlas (LGRB2002)

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90 GEWÄSSERSCHUTZ UND WASSERWIRTSCHAFT

Geogen salinare Gefährdungen sind hinsichtlich Ur-sache, Intensität und Umfang nur schwer erkennbarund einschätzbar. Infolgedessen sind vertiefende Be-trachtungen der recherchierten Untersuchungsge-biete unumgänglich. Über die gebietsspezifische hy-drogeologische Begutachtung und Charakterisierungder versalzungsgefährdeten Regionen sind die loka-len Versalzungsursachen und die Relevanz der Be-funde differenziert auszuwerten und somit eine plau-sible Konfiguration und Optimierung des Messnetzessicherzustellen.

4.4 Hochwasserschutz

4.4.1 Aktueller Stand der Hoch-wasserschutzmaßnahmen in den brandenburgischen Flussgebieten

• Der Hochwasserschutz

Unter Hochwasserschutz werden im AllgemeinenMaßnahmen verstanden, die die Auswirkungen einesHochwasserereignisses von Ansiedlungen und an-deren genutzten Flächen fernhalten, so dass Gefah-ren für Leib und Leben abgewehrt und Sachschädenvermieden oder verringert werden. Schwerpunktedes brandenburgischen Hochwasserschutzes liegenderzeit in der Fortführung und Forcierung des Deich-bauprogramms, im Neubau, in der Erweiterung undOptimierung von steuerbaren Flutungspoldern undkünftig vor allem in der vorbeugenden Unterhaltungder Deichanlagen und deren wirksamer Verteidigungbei Hochwassersituationen.

Zuständig für die Unterhaltung und den Neubau vonHochwasserschutzanlagen im Land Brandenburg ist gemäß §§ 98 (1) und 126 (4) Nr. 3 BbgWG dasLandesumweltamt. Im Handbuch für die Hochwas-serabwehr an Gewässern und Deichen im Land Bran-denburg werden u.a. die Hochwassergebiete Bran-denburgs und die technischen Maßnahmen derHochwasserabwehr sehr ausführlich beschrieben(www.mlur.brandenburg.de/cms/media.php/2320/hwschutz.pdf). Zusätzlich müssen zur Absicherung dervollen Funktionsfähigkeit der Schutzanlagen auchumfassende Vorsorge- und Abwehrmaßnahmen ge-troffen werden. Dazu gehört u.a., weitere Retenti-onsflächen zu schaffen, die Bevölkerung für die Pro-blematik Hochwasserschutz zu sensibilisieren mitdem Ziel, Verständnis für einen sorgsameren Um-gang mit den Anlagen zu wecken, landesplanerischeVorgaben zur Sicherung von hochwasserschutzrele-vanten Flächen mit Ausweisung von Vorbehalts- undVorrangflächen für den Hochwasserschutz auszuge-ben sowie wasserwirtschaftliche Rahmenkonzeptezur Verbesserung des Landschaftswasserhaushalteszu erarbeiten.

• Maßnahmen im Hochwasserschutz

OderVon den im Rahmen des Oderprogramms zu sanie-renden 163,2 Deichkilometern sind von 9/1997 bis12/2004 ca. 120 km mit einem Wertumfang von rund173,0 Mio. € repariert bzw. saniert worden. Im Jahr2005 wird das Oderprogramm fortgeführt. Dafür ste-hen finanzielle Mittel in einem Gesamtwertumfangvon 20 Mio. € bereit. Im Mittelpunkt steht der für 2005geplante Abschluss der Deichsanierung im Oder-bruch und in der Ortslage Ratzdorf.

Schwierigkeiten bereiten nach wie vor der Zeitauf-wand für die Genehmigungsplanung der überwie-gend planfeststellungspflichtigen Maßnahmen, dieaufwändige Kampfmittelsuche und -bergung sowiedie Beschaffung von Flächen für die naturschutz-rechtlich erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaß-nahmen.

ElbeVon den insgesamt 75,24 Deichkilometern an derPrignitzer Elbe sind 60,0 km im sanierten Zustand. Bis12/2004 wurden dafür Investitionen in Höhe von 33,3Mio. €, vorwiegend mit EU- und Bundesmitteln,getätigt. Die planmäßige Sanierung des Elbdeichesim Landkreis Prignitz wird 2005 zwischen Lenzen undWustrow bzw. Wittenberge und Gnevsdorf mit einemWertumfang von 3,3 Mio. € weitergeführt. Für die Be-seitigung der Schäden aus dem Sommerhochwasser2002 im Elbeinzugsgebiet sind im Rahmen eines auf-gelegten Sofortprogramms in den Jahren 2002 bis2004 insgesamt 16,6 Mio. € ausgegeben worden.

Für das Jahr 2005 ist die Fortführung der Schadens-beseitigung in den Landkreisen Prignitz und Elbe-Els-ter mit einem Bauvolumen von 7,8 Mio. € vorgesehen.Dabei konzentrieren sich die Arbeiten in der Prignitz aufdie Deiche im Havelmündungsbereich bei Gnevsdorf

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Deichvorlandes von Bedeutung und sollen dazu bei-tragen, die auentypischen spontanen Reliefverände-rungen zu schaffen.

Im Projektgebiet sind drei Flutrinnen vorgesehen, dieetwa 2 bis 3 m tief sind, aus denen insgesamt ca.510.000 m3 Boden gewonnen werden können. NachFertigstellung des Neudeiches erfolgt die Schlitzungdes Altdeiches an sechs verschiedenen Stellen, ent-sprechend den Ergebnissen eines Gutachtens derBundesanstalt für Wasserbau aus dem Jahre 1997.Die Deichschlitze korrespondieren mit den Flutrinnenund stellen somit günstige Bedingungen für die Au-waldentwicklung dar. Der Altdeich wird nicht rückge-baut, sondern bleibt als Leitdeich bestehen.

Eine Flutung des neuen Deichvorlandes erfolgt beiHochwasser sowohl ober- als auch unterstromseitig.Im Deichrückverlegungsbereich kommt es so zuWasserspiegelabsenkungen von bis zu 25 cm.

Die Gesamtkosten der Deichbaumaßnahme werdenetwa 11,6 Mio. € betragen. Die Mittel des LandesBrandenburg, die für die planmäßige Deichsanierungin den Jahren 2005/08 zur Verfügung stehen, fließenin die Deichrückverlegung ein und machen etwa dieHälfte der Planungs- und Baukosten aus. Die weitereFinanzierung erfolgt aus Bundesmitteln sowie aus Ei-genmitteln des Trägervereins Burg Lenzen e.V.

4.5 Gewässerunterhaltung und-renaturierung

4.5.1 Umbau der Wehranlage Gnevsdorf

Das Wehr Gnevsdorf liegt an der Mündung des Gnevs-dorfer Vorfluters in die Elbe und wurde von 1952 bis1955 als Abschluss der in den 1930er Jahren ge-planten und mit dem Bau der Staustufen Quitzöbel

sowie die Sanierung der Schöpfwerke Gaarz und Cum-losen. Im Elbe-Elster-Kreis bilden die Deichabschnitteim Raum Mühlberg den Schwerpunkt.

4.4.2 Geplante Deichrückverlegungan der Elbe

Gerade als am 28. August der Scheitel des Sommer-hochwassers 2002 an der Elbe den Bereich des „Bö-sen Ortes" passierte, erhielt der Trägerverbund BurgLenzen e.V. aus den Händen des Bundesumweltmi-nisters den Fördermittelbescheid für das Natur-schutzgroßprojekt „Lenzener Elbtalaue". Dadurchwar es möglich, mit der seit langem vorgesehenenDeichrückverlegung an der Elbe zwischen Wustrow(Böser Ort) und dem Hafen Lenzen zu beginnen.

Durch die Koppelung der Deichsanierung mit demo.g. Naturschutzgroßprojekt können sozusagen zweiFliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Für ei-nen besseren Hochwasserschutz entstehen 420 haRetentionsfläche, die den von den Anwohnern derElbe seit Generationen gefürchtete „Bösen Ort" ent-schärfen. Zugleich entsteht eine naturnahe, dynami-sche Auenlandschaft mit Hartholz- und Weichholzau-wäldern im Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe.

Bereits in einem 1995 erarbeiteten „GeneralplanHochwasserschutz Elbe im Landkreis Prignitz" warfestgestellt worden, dass der bestehende Hochwas-serschutzdeich an Höhe, Kubatur und Standsicher-heit nicht den Anforderungen der DIN 19712 für Fluss-deiche entspricht und deshalb saniert werden muss.Auf dieser Grundlage wurden am Elbdeich schon seit1993 jährlich etwa 3,2 Mio. € EU- und Bundesmittelfür die Sanierung des Deiches eingesetzt.

Der Planfeststellungsbeschluss liegt seit Februar2005 vor. Der eigentliche Deichneubau wird in denJahren 2005/2007 durchgeführt werden. Die Schlit-zung des Altdeiches und somit Anschluss des neuen,etwa 420 ha großen Deichvorlandes an die natürlicheAuendynamik, wird voraussichtlich 2008 erfolgen.Der Neudeich zwischen Lenzen und Wustrow (BöserOrt) wird 6.110 m lang sein und das Gelände um etwa5 m überragen. Der Deichfuß wird etwa 40 m, dieDeichkrone etwa 3 m breit sein. Zur Qualmwasser-abführung wird landseitig am Deichfuß ein etwa 3.540m langer Parallelgraben verlaufen.

Insgesamt müssen rund 730.000 m3 Erdreich, dassind 120 m3 pro laufenden Deichmeter, bewegt wer-den. Die für den Deichbau benötigten Erdmassenwerden größtenteils aus den zu schaffenden Flutrin-nen zwischen Altdeich und Neudeich gewonnen. Da-durch können aufwändige Massentransporte in derRegion vermieden werden. Außerdem sind die Flut-rinnen für die spätere Durchströmung des neuen

Neue Deichtrasse (rote Linie) am „Bösen Ort“

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sowie Neuwerben noch vor dem 2. Weltkrieg begon-nenen Kanalbaumaßnahmen errichtet. Das wasser-wirtschaftliche System der Havelmündung in die Elbewird im Zusammenwirken des Wehres Gnevsdorf mitder Wehrgruppe Quitzöbel und dem Wehr Neuwer-ben geregelt. Das Wehr Gnevsdorf ist dabei aussch-ließlich zur Haltung des Sommerstauziels konzipiertworden – nicht zur Regelung des Abflusses aus demVorfluter, die über die Wehre Quitzöbel erfolgt. ImWinterbetrieb sollte das Wehr Gnevsdorf ursprüng-lich immer geöffnet werden.

Eine Regulierung des Oberwasserstandes (OW-Stand) war ursprünglich nicht vorgesehen, so dassseinerzeit Schützen als Verschlussorgane gewähltwurden. Die Regulierung des OW-Standes hat sich inder Praxis jedoch als notwendig erwiesen. Sie ist miteinem solchen Verschluss nur bedingt, eine Feinre-gulierung in unterströmter Fahrweise nicht möglich.Die unterströmte Fahrweise des Wehres, für die dasdamalige Tosbecken überhaupt nicht ausgelegt war,begünstigte zudem eine erhebliche, die Standsicher-heit der Wehranlage gefährdende und vor allem inRichtung des Bauwerkes rückschreitende Kolkbil-dung im Unterwasser von bis zu 11 m Tiefe. Darüberhinaus haben sich in rund fünf Jahrzehnten Betriebs-zeit gravierende Schäden an den Verschlüssen ein-gestellt, so dass der Staubetrieb auf Anraten des Be-treibers (LUA/RW6) seitens der Unteren Wasser-behörde (UWB) begrenzt werden musste. Der inVerlängerung der Havelmündung zur Verbesserungder Vorflutverhältnisse errichtete Gnevsdorfer Vorflu-ter dient darüber hinaus auch als Retentionsraum zurKappung von Hochwasserspitzen aus der Elbe. Ausden genannten Gründen sollte die Wehranlage Gnevs-dorf erhalten bleiben und umgebaut werden.

• Das Vorhaben

Für die vorhandene Fischaufstiegsanlage kam eineSanierung nicht infrage, da sie in ihrer ehemaligen Kon-

struktion mit den zu geringen Abmessungen und dervöllig unzureichenden Lockströmung den an sie ge-stellten Anforderungen nicht genügte. Statt dessenmusste ein Neubau errichtet werden, der den massen-haften Fischaufstieg aus der Elbe in die Havel und de-ren Nebenflüsse – d.h. den überwiegenden Anteil desFischaufkommens in den Brandenburger Fließgewäs-sern – bewältigen kann: Fischarten, die diese Wehran-lage nicht passieren können, sind in den Brandenbur-ger Fließgewässern praktisch nicht präsent.

Die Bilder 1 und 2 zeigen die Anlage vor deren in denJahren 1999 bis 2004 vollzogenen Umbau. In Bild 2sind die alte Fischaufstiegsanlage (Bildvordergrund)sowie die Kahnschleuse (Bildhintergrund), die alseinziger Anlagenteil nicht in den Umbaukomplex ein-bezogen war, detailliert zu erkennen.

Der Umbau des Wehres Gnevsdorf umfasste imWesentlichen:– Rekonstruktion der Wehrbrücke (1999/2000),– Wehrumbau (Wehrfeld 1 rechts 2001/2002, Wehr-

feld 2 links 2002/2003) mit:• Ersatzneubau der Verschlüsse, • Umgestaltung der Tosbecken einschließlich Her-

stellung einer Unterwasserbefestigung und Un-terwasserkolksicherung durch Gabionen,

• Modernisierung der Antriebe, des Fahrstandes,der Wehrsteuerung (softwaregestützte Automa-tik inkl. Fernüberwachung) und der E-Ausrüs-tung,

• Instandsetzung der Pfeiler,• Umbau der Wehrtürme außen (inkl. Dachaufbau)

und innen (z.B. Wendeltreppe Mittelturm, Türen,Fenster),

– Ersatzneubau der Fischaufstiegsanlage (2003/2004) sowie zeitparallel zu o.g. Maßnahmen:

– Neuanlage von Flutrinnen im linken und rechtenVorland, von Bootsanleger und -rampe im rechtenWehrbereich, von Bootsfangeinrichtungen imOber- und Unterwasser sowie Wiederherstel-lung/Ergänzung der Pegeleinrichtungen.

– Sonstiges (Bediencontainer am Wohnhaus desWehrwärters, Telefonanlage, Einbruchsicherung,Maler- und Fußbodenarbeiten etc.).

Die zwei Wehrfelder haben jeweils eine Breite von 20m. Das Sommerstauziel beträgt 3,30 m in Bezug aufden Pegelnullpunkt (19,15 m +NN) bzw. 4,20 m in Be-zug auf den Fachbaum (18,25 m +NN). Im Winterbe-trieb werden die Verschlüsse gezogen und die Wehr-felder freigegeben.

• Die Umsetzung

Den zentralen Punkt der Umbaumaßnahmen bilde-ten die Stahlwasserbauarbeiten mit der Herstellungund dem Einbau neuer Verschlussorgane. Für diesewurde jeweils ein Grundschütz von 2,80 m Höhe mit

Bild 1 und 2: Ansicht der Ge-samtanlage vomUW vor dem Um-bau, LUA-Archiv

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Einen weiteren Schwerpunkt bildete der Umbau bei-der Tosbecken. Ihr Umbau erfolgte in Anlehnung anModellversuche der Bundesanstalt für WasserbauKarlsruhe, die hierzu speziell beauftragt wurde. DieseKonstruktion soll im Zusammenwirken mit derhauptsächlich überströmten und feinregulierbarenFahrweise über die Fischbauchklappen sowie dernunmehr gewählten Unterwasserbefestigung die Nei-gung zu erneuten Kolkbildungen im Unterwassermöglichst ausschließen. Beim Umbau wurde im lin-ken Wehrfeld eine oberwasserseitige Ablösung derUnterwasserspundwand von der Betonsohle festge-stellt, wodurch Unterströmungen und Hohlräume un-ter der Sohle begünstigt wurden, die in einer zusätz-lichen Aktion verpresst werden mussten. Dieses un-verhofft auftretende Problem ist beispielhaft für dieimmer wieder baubegleitend auftretenden Schwierig-keiten.

Bild 4 zeigt das Tosbecken des linken Wehrfeldes beider bautechnischen Zwischenabnahme der Ver-schlüsse in der trockengelegten Baugrube, derenWasserhaltung im Übrigen eine Pumpleistung von ca.19.000 m3/d bedeute.

Für die Fischaufstiegsanlage wurde ein „Vertikal –Slot – Pass“ zur Bauausführung gewählt. Vorange-gangene Untersuchungen hatten ergeben, dass eine„Fischrampe” aufgrund der hydraulischen Verhält-nisse umfangreiche konstruktive Anpassungsmaß-nahmen erfordert hätte. Diese wären jedoch unterden gegebenen örtlichen Platzverhältnissen und inKombination mit der errichteten Flutrinne nicht ver-tretbar gewesen und hätten die Kosten unverhältnis-mäßig erhöht. Darüber hinaus hätten die Anpas-sungsmaßnahmen eine deutliche Abkehr von dereine Fischrampe auszeichnenden naturnahen Bau-weise bedeutet. Bei der gewählten Konstruktion rei-chen die Schlitze, im Gegensatz zum Beckenpass,über die gesamte Höhe. Über neun Trennwände mitSchlitzweiten von 0,45 m wurden insgesamt achtBecken mit einer Breite von 3,10 m und einer Längevon 4,70 m sowie einem Sohlgefälle von 3,78 % an-geordnet. Die Gesamtlänge der Fischaufstiegsan-lage beträgt in Achsrichtung rd. 67 m.

Insgesamt verzögerte sich die Fertigstellung des Um-baus durch die extremen Hochwasserereignisse vomAugust 2002 und Januar 2003 sowie weniger ex-treme, jedoch auch behindernde HW-Lagen aus demFrühjahr 2004 um ein Jahr. Dennoch konnten durchden engagierten Einsatz aller Beteiligter, vor allemdes Generalauftragnehmers, des Planungsbüros unddes Teams um die örtliche Bauüberwachung vieleVerzögerungen aufgeholt werden. Mit der feierlichenÜbergabe der Anlage an den Auftraggeber, das LUABrandenburg, wurde der Umbau des Wehres Gnevs-dorf im September 2004 abgeschlossen.

aufgesetzter, in aufrechter Stellung 1,40 m hoherFischbauchklappe gewählt. Dabei soll der Wasser-stand in der Regelfahrweise mittels der überströmtenKlappen feinregulierbar und vorrangig automatischgesteuert werden. Die unterströmte Fahrweise soll inZukunft die Ausnahme bleiben.

Eine besondere bautechnische und logistische Lei-stung stellte der Einbau der Verschlüsse dar. Dazumusste einer der größten mobil in Deutschland ver-fügbaren Kräne angemietet und auf einer eigensdafür im rechten oberwasserseitigen Vorland ange-schütteten Kranstellfläche errichtet werden. Insbe-sondere für das zweite (linke) Wehrfeld mussten das26 t schwere Schütz, die 12 t schwere Klappe, die3,30 t schweren Laufwerksträger sowie die 1,30 tschweren Laufwagen bei teils schwierigen Wetter-verhältnissen über eine Entfernung von etwa 35 mzentimetergenau in die Wehrfeldnischen eingefädeltwerden. Bereits kleinste Verkantungen oder gering-fügige Überschreitungen der zulässigen Windge-schwindigkeiten hätten das Vorhaben zum Scheiterngebracht. Diese in beiden Fällen spektakuläre Aktionverlief erfolgreich und ohne unvorhergesehene Kom-plikationen (Bild 3).

Bild 3: Montage des Grundschützes im linkenWehrfeld, D. Günther

Bild 4: Probebetrieb Verschlüsse und Tos-becken im linken Wehrfeld, D. Günther

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Abschließend vermitteln die Bilder 5 und 6 einen Ge-samteindruck von der umgebauten Wehranlage Gne-vsdorf mit Kahnschleuse, Flutrinnen und Fischauf-stiegsanlage.

4.5.2 Umsetzung von FFH-Sicherungsmaßnahmen imRahmen der Elbdeichsanierung

Beispiel: IX. Bauabschnitt„Düne Cumlosen bis Böser Ort(D-km 32,650-41,200)“

In der Prignitz ist die Elbtalaueschrittweise seit Jahrhunderteneingedeicht worden, um Sied-lungsgebiete und fruchtbareLandwirtschaftsflächen für dieMenschen zu sichern. Seit 1986werden die Elbdeiche im Land-kreis Prignitz auf 75 km Länge inmehreren Bauabschnitten ausge-baut. Die Deichsanierung wurdeaufgrund des schlechten bauli-chen Zustandes (mangelndeDeichhöhe und Standsicherheit),stärkerer Hochwasserereignisse(z.B. das Sommerhochwasser2002 und das Winterhochwasser2003) und höherer Bemessungs-hochwasserstände notwendig.

Bild 5 und 6: Ansicht der Gesamtanlage vomOberwasser (linkes Bild) und Unterwasser (rech-tes Bild) nach dem Umbau, Fa. TollenseCamNeubrandenburg, W. Schuster im Auftrag des In-genieurbüros Döhler Neustrelitz

Der Ausbau und die Unterhaltung der Deiche als tech-nische Hochwasserschutzanlage ist Aufgabe desLandes Brandenburg. Das Landesumweltamt Bran-denburg richtete 2002 dazu eine SonderbauleitungElbdeichsanierung ein. Umfangreiche Änderungenan Flussdeichen sind nach § 31 Wasserhaushaltsge-setz planfeststellungsbedürftig und müssen auf ihreUmweltverträglichkeit geprüft werden.

2004 wurde der IX. Bauabschnitt Düne Cumlosen-Wustrow (Deich-km 32,650-41,200) saniert. Mit dergeplanten Fertigstellung folgender Bauabschnittewird die Elbdeichsanierung abgeschlossen (s. Kar-tenausschnitt):

1) X. Bauabschnitt der Sanierung des rechten Elbe-deiches: Deichrückverlegung Wustrow-Lenzenvon Deich-km 41+200 bis 48+389 (Planfeststel-lung abgeschlossen)

2) XI. Bauabschnitt der Sanierung des rechten El-bedeiches: Gnevsdorf-Wittenberge von Deich-km 0+000 – 16+000 (laufendes Planfeststel-lungsverfahren).

Der Deichneubau der Deichrückverlegung Lenzenals X. Bauabschnitt ist in den Jahren 2005 bis 2008geplant.

Der Bereich von Deich-km 0+970 bis 1+800 (Baulos2) des XI. Bauabschnittes konnte bereits im Jahr 2004fertiggestellt werden. Für 2005 ist die Sanierung vondrei weiteren Baulosen dieses Bauabschnittes ge-plant, sieben Baulose folgen bis 2009.

Die Deichbauarbeiten finden häufig in ökologisch hochsensiblen und gesetzlich geschützten Bereichen statt.

Geplante Deichbaumaßnahmen an der Elbe im Landkreis Prignitz(2005 – 2009)

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• Prüfung auf Verträglichkeit des Elbedeichaus-baues (IX. Bauabschnitt) mit den Erhaltungs-zielen der NATURA 2000 Gebiete

Der IX. Bauabschnitt Düne Cumlosen-Wustrow (D-km 32,650-41,200) wurde im Zeitraum von 2001 bis2004 saniert.

Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens wurdeeine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt, in derdie Verträglichkeit der Deichbaumaßnahme auf 8,5 kmmit den Erhaltungszielen der FFH-Gebiete „Elbdeich-vorland“, „Elbdeichvorland Jagel“, „Lenzen-WustrowerElbniederung“ sowie des SPA„Unteres Elbtal“ geprüftworden ist. Die Verträglichkeitsprüfung erfolgte durchdie Genehmigungsbehörde (Obere Wasserbehörde)im Benehmen mit der Oberen Naturschutzbehördeauf der Grundlage einer FFH-Verträglichkeitsstudie,die der Vorhabensträger (Sonderbauleitung Elb-deichsanierung) durch ein unabhängiges Gutachter-büro erarbeiten ließ.

Die FFH-Verträglichkeitsstudie (IX.BA, ibs Schwe-rin, 08/2001) kam zu folgenden Ergebnissen:

– Prüfung der Beeinträchtigung der SPA-Arten:„Auf Grund der artbezogenen Prüfung wurde eineerhebliche Beeinträchtigung des Erhaltungszu-standes der Vogelarten Trauerseeschwalbe,Wachtelkönig und Seeadler festgestellt.“

– Prüfung der Beeinträchtigungen von Lebens-raumtypen nach Anhang I der FFH-RL:„Aufgrund der lebensraumbezogenen Prüfungwurde eine erhebliche Beeinträchtigung des Le-bensraumtypes (3150) Natürlich eutrophe Seenmit einer Vegetation vom Typ Magnopotamionoder Hydrocharition im FFH-Gebietes: Lenzen-Wustrower Eblbniederung festgestellt.“

– Prüfung von Arten nach Anhang II der FFH-RL:„Im Bereich des FFH-Gebietes: Lenzen-Wustro-wer Elbniederung ist durch das Zusammenwirkender randlichen Überbauung bedeutsamer Laich-habitate und baubedingter Störungen zur Laich-zeit von einer Beeinträchtigung des hervorragen-den Erhaltungszustandes der Rotbauchunke aus-zugehen. Da der Schutz jedes einzelnen Tieres fürden Fortbestand essentiell ist, wird diese Beein-trächtigung als erheblich eingestuft.“

• Alternativenprüfung

Aufgrund der Unverträglichkeit des Deichbauvorhabensmit den Erhaltungszielen des SPA „Unteres Elbtal“, derFFH-Gebiete „Lenzen-Wustrower Elbniederung“ und„Elbdeichvorland Jagel“ sind für die Zulassung des Vor-habens entsprechend Ausnahmen nach §34 Abs.3BNatSchG zu prüfen. Demnach müssen zwingendeGründe des überwiegenden öffentlichen Interesses be-stehen und zumutbare Alternativen existieren, die mitgeringeren Beeinträchtigungen verbunden sind.

Der überwiegende Teil des Elbtales ist Bestandteil des UNESCO-Biosphärenreservates „FlusslandschaftElbe“, des europäischen Schutzgebietsnetzes „Natura2000“ (mit Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebieten (FFH)und Europäischen Vogelschutzgebieten (SPA)) bzw.befindet sich in Natur- und Landschaftsschutzgebie-ten. Viele seltene Biotoptypen, die nach § 32 Bran-denburgisches Naturschutzgesetz geschützt sind,grenzen unmittelbar an die Deiche. Selbst die exten-siv gepflegten Deichrasen, welche nicht gedüngt odermit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden, bietenRückzugsraum für sehr seltene Tier- und Pflanzenge-sellschaften.

Im Rahmen der umfangreichen Baumaßnahmen anden Elbdeichen sind erhebliche Eingriffe in Natur undLandschaft unvermeidbar. Wie diese naturschutz-rechtlichen Konflikte in NATURA 2000 Gebieten land-schaftsplanerisch gelöst werden können, wird an ei-nem Beispiel vorgestellt.

• Gesetzliche Grundlage: Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie

Die europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ausdem Jahr 1992 wurde mit sechs Jahren Verspätungin deutsches Recht durch die Aufnahme in das Bun-desnaturschutzgesetz (§ 19 a-f BNatSchG 1998) um-gesetzt. Die Umsetzung ins Landesgesetz erfolgteerst 2004 (§ 26 a-g Brandenburgisches Naturschutz-gesetz 2004). Die europäischen Mitgliedsstaatenbauen seither das zusammenhängende gesamteu-ropäische Schutzgebietsnetz „NATURA 2000“ zumSchutz besonders gefährdeter Arten und Lebens-räume (FFH-Gebiete) sowie zum Schutz besondersgefährdeter Vogelarten (SPA-Gebiete) auf.

Für Pläne oder Projekte, die einzeln oder im Zusam-menwirken mit anderen Plänen oder Projekten einGebiet des Netzes „Natura 2000" erheblich beein-trächtigen können, ist die Prüfung der Verträglichkeitdieses Projektes oder Planes mit den festgelegten Er-haltungszielen des betreffenden Gebietes notwendig(Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie bzw. § 34 BNatSchG2002).

Prüfgegenstand einer FFH- Verträglichkeitsprü-fung sind:– die Lebensräume nach Anhang I FFH-RL einschließ-

lich ihrer charakteristischen Arten,– die Arten nach Anhang II FFH-RL bzw. Vogelarten

nach Anhang I und Art. 4 Abs. 2 Vogelschutz-Richt-linie einschließlich ihrer Habitate bzw. Standortesowie

– biotische und abiotische Standortfaktoren, räum-lich-funktionale Beziehungen, Strukturen, gebiets-spezifische Funktionen oder Besonderheiten, diefür die o.g. Lebensräume und Arten von Bedeu-tung sind.

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96 GEWÄSSERSCHUTZ UND WASSERWIRTSCHAFT

Eine Alternativenprüfung fand statt. Die beidenDeichrückverlegungsvarianten (80 und 115 ha) wur-den im Ergebnis der Begutachtungskommission derehemaligen Abteilung Gewässerschutz und Wasser-wirtschaft des Landesumweltamtes Brandenburgsals nicht zumutbare Alternativen eingestuft.

• Sicherungsmaßnahmen

„Ist trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeits-prüfung aus zwingenden Gründen des überwiegen-den öffentlichen Interesses einschließlich solcher so-zialer oder wirtschaftlicher Art ein Plan oder Projektdurchzuführen und ist eine Alternativlösung nicht vor-handen, so ergreift der Mitgliedstaat alle notwendigenAusgleichsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass dieglobale Kohärenz von NATURA 2000 geschützt ist.“[Art. 6 Abs. 4 Habitat-RL 92/43/EWG des Rates]

Um die Kohärenz zu wahren, wurden vier Siche-rungsmaßnahmen vorgesehen: 1) Anlage eines Kleingewässers als Lebensraum für

Trauerseeschwalben, und Rotbauchunken sowieals Nahrungsgewässer für Seeadler

2) Anlage von Flutmulden, Heckenstrukturen undEntwicklung von Staudenfluren als Lebensraumfür Rotbauchunken und zur Entwicklung der Ve-getationstypen natürlich eutropher Seen

3) Ökologische Flächenaufwertung durch Verbesse-rung des Lebensraumes für die streng geschützteVogelart Wachtelkönig durch Mahdmanagementund späte Mahdtermine auf Deichvorlandflächen

4) Revitalisierung eines stark verlandeten Löcknitz-Altarmes und Schaffung eines Kleingewässersals neuer Lebensraum für Rotbauchunken.

In der Zulassung zum vorzeitigen Beginn fordert dieGenehmigungsbehörde Ausgleichs- und Ersatzmaß-nahmen mindestens nach Abschluss der Baumaß-nahme zu beginnen und spätestens ein Jahr nach Be-endigung der Bauarbeiten abzuschließen. NATURA2000 Sicherungsmaßnahmen sind mindestens paral-lel zum Deichbau zu realisieren.

„...Die EU-Kommission vertritt dazu die Auffassung,dass das Ergebnis einer Ausgleichsmaßnahme nor-malerweise bereits einsatzbereit sein muss, wenn einGebiet beeinträchtigt wird, es sei denn es kann nach-gewiesen werden, dass diese Gleichzeitigkeit nichtunbedingt erforderlich ist“ [Brief der EU KommissionXI an J. Fischer 15.10.2003].

Für den Vorhabensträger bedeutet dies: 1) eine zeitnahe eigentumsrechtliche Flächenver-

fügbarkeit abzusichern, 2) die landschaftspflegerische Ausführungsplanung

erstellen zu lassen,3) Kampfmittelsuche bzw. -bergung in Auftrag zu ge-

ben,

4) notwendige Bau- oder Pflegemaßnahmen zu ver-geben,

5) Ausführung fachlich zu begleiten.

Insbesondere bei der Flächenverfügbarkeit tretenhäufig Probleme auf, da viele geeignete Flächen in-tensiv landwirtschaftlich genutzt werden, die Ei-gentümer kein Verkaufsinteresse haben oder die Si-cherung nicht immer über geeignete Instrumente wieKauf oder Dienstbarkeiten möglich sind.

Beispiel 4. Sicherungsmaßnahme: Revitalisie-rung Löcknitz-Altarm

Die Löcknitz ist im Zuge der Komplexmelioration be-gradigt und verlegt worden. Der ehemalige Altarm beiWustrow war noch deutlich als Geländesenke er-kennbar. Das Flurstück ist durch einen Kaufvertragdauerhaft gesichert.

Die Maßnahme wurde im Jahre 2003, vorgezogen zuden Deichbauarbeiten in Wustrow, umgesetzt und un-terteilt sich in zwei Abschnitte.

Im ersten Abschnitt wurden 1.600 m2 des Altarmesdurch eine Neuprofilierung wiederhergestellt und eserfolgte westlich eine Anbindung an die Löcknitz, deröstliche Bereich wurde dagegen ausschließlich alsgrundwasserbeeinflusstes Kleingewässer (1.220 m2)ausgebildet.

RevitalisierungLöcknitz-Altarm bei Wustrow,08.08.2003

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Zeitzwehr. Dieses Wehr ist ein wichtiger Bestandteilim Stauregime des Staugürtels. Aufgrund einer feh-lenden Schleuse war die Wehranlage für den Kahn-und Bootsverkehr jedoch nicht passierbar. Unterhalbdes Zeitzwehres befindet sich die Staustufe Wehr131, auch „Kossoaschleuse“ genannt. Diese ist Be-standteil des Staugürtels IVa. Diese Staustufe, dieaus einem 13,50 m breiten Staubohlenwehr und ei-ner massiven 4x10m-Kahnschleuse besteht, wurde1936 errichtet. Sie befand sich zuletzt in einem der-artig maroden Zustand, dass sie dringend durch ei-nen Neubau ersetzt werden musste.

Im Ergebnis der 2. Regionalkonferenz „Spreewald“ imJahr 2001 erhielten die damaligen Referate W6 undW10/4 des Landesumweltamtes vom Agrar- und Um-weltministerium (MLUR) den Auftrag, mit den Planun-gen für die kurzfristige Errichtung eines Komplex-bauwerkes am Zeitzwehr, bestehend aus Schleuse,Wehr und Fischaufstieg, zu beginnen. Aus wirtschaftli-chen Gründen für die Region und um eine Entflechtungdes Kahn- und Bootsverkehrs im Raum Lübbenau zuerreichen, wurde der Bau einer Schleuse an diesemStandort als vordringliche Aufgabe eingestuft.

An der Planung waren das Landesumweltamt, dieplanenden Büros und die Verwaltung des Biosphä-renreservats Spreewald beteiligt. Bei zahlreichenOrtsterminen und Anhörungen wurde die für Umweltund Natur optimale Trassenführung diskutiert. Wegender Abgelegenheit der Standorte des Zeitzwehresund des Wehrs 131 war es notwendig, für die Zeit derBauarbeiten eine Zufahrt durch ein Gebiet mit mehr-fachem Schutzstatus des Biosphärenreservates(Schutzzonen II und III) zu errichten. Weiterhin wurden umfangreiche landschaftspflegerische Aus-gleichsmaßnahmen festgelegt: Ufernahe Ersatz-pflanzungen sollten vorgenommen, die StaustufeGrebbinfließ in Form einer Fischaufstiegsanlage ge-staltet und das Bürgerfließ auf 200 m Länge oberhalbdes Wehres 131 verengt werden.

Diese Maßnahme dient der Kompensation anlage-bedingter Beeinträchtigungen von Gewässerbiotop-typen einschließlich der begleitenden Röhricht- undFlutrasenzonen. Dadurch wurden in unmittelbarerNähe zu dem Eingriffsvorhaben Kleingewässer mitstandörtlich sehr hohem Entwicklungspotenzial an-gelegt, die geeignete Habitatstrukturen für Amphibienbieten.

Vorrangig stellt dies eine Sicherungsmaßnahme fürdie Beeinträchtigungen von Rotbauchunkenhabita-ten (Anhang II der FFH-RL) dar und kann für diese Artdurch Anlage des grundwasserbeeinflussten Klein-gewässers hohe Bedeutung erlangen. Zudem wurdeein potenzielles Trittsteinbiotop für Biber und Fischot-ter geschaffen. Zusätzlich wurde auf der Fläche zwi-schen der Löcknitz und dem wiederhergestellten Alt-arm Auwald angepflanzt, um eine komplexe ökologi-sche Aufwertung auf 0,5 ha zu ermöglichen.

Der X. Bauabschnitt der Sanierung des rechten El-bedeiches (Deichrückverlegung Wustrow-LenzenDeich-km 41+200 – 48+389) und der XI. Bauab-schnitt (Gnevsdorf-Wittenberge Deich-km 0+000 –16+000) werden in den nächsten Jahren nach bereitsvorliegenden Planungsunterlagen ausgebaut undebenfalls durch die fristgemäße Umsetzung von nöti-gen FFH-Sicherungsmaßnahmen begleitet.

4.5.3 Beschreibung der Bauvorhabenim Spreewald im Raum Lübbenau 2003 – 2005

• Veranlassung und Beschreibung der Vorhaben

Rund 800 m nördlich von Lehde und 1.500 m östlichvon Lübbenau verläuft das Zeitzfließ, das ein Be-standteil des Staugürtels 4 im Spreewald ist. Es stellteine Verbindung zwischen dem südlich verlaufendenLehder Fließ und dem nördlichem Bürgerfließ dar. ImZeitzfließ ist eine Wehranlage vorhanden, das

Altes Zeitzwehr vor dem Abriss Altes Zeitzwehr vom Oberwasser

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Im Zuge der Bauarbeiten für die Zufahrt musste auchdie nicht mehr ausreichend tragfähige Straßenbrückeüber das Lehder Fließ (nahe Einfahrt Campingplatz)durch eine für den Schwerlastverkehr geeignete, tem-poräre Behelfsbrücke ersetzt werden. Außerdemwurden die Querungen über das Grebbinfließ, Groß-Japan-Fließ und über mehrere Stichgräben für dieZeit der Bauarbeiten als Dammüberfahrten mit inte-grierten Stahlrohren errichtet. Nach Abschluss der Ar-beiten wurden die Baustraße und die Querungenzurück gebaut, bzw. letztere zum Teil auch naturnahgestaltet und als dauerhafte Lösung ausgebaut.

Da die Errichtung der Baustraße einen Eingriff in Na-tur und Landschaft darstellt, wurde nach Synergieef-fekten durch mehrfache Nutzung bei deren Gestal-tung gesucht. Der erste Abschnitt der Zuwegungs-strecke wurde gleichzeitig als Baustraße für diebeiden zeitlich parallel verlaufenden Baumaßnah-men „Wehr 131 im Bürgerfließ - Kossoaschleuse“und „Zeitzwehr“ genutzt. Die Behelfsbrücke über dasLehder Fließ und mehrere Abschnitte der Zuwegungwerden als Umleitung während des geplanten Neu-baus der Straßenbrücke durch die Stadt Lübbenauweiter genutzt. So gelang es, durch die enge Zu-sammenarbeit und Bündelung des Fachwissens aller

Beteiligten eine größere Beeinträchtigung derSchutzgebiete während der Bauphase zu vermeiden.Gleichzeitig konnten dadurch nach Fertigstellung derBauwerke die Bedingungen für Fauna und Flora wieauch die touristischen Belange verbessert werden.

Durch die neue Schleuse am Zeitzwehr und die neueBootsrolle am Wehr 131 erfolgt eine Entflechtung unddamit eine Verbesserung des Boots- und Kahnver-kehrs im Raum Lübbenau.

Die Fischaufstiegsanlagen am Zeitzwehr, in Form derStaustufe Grebbinfließ, und am Wehr 131 ermögli-chen nunmehr die ökologische Durchgängigkeit anden Standorten und somit am gesamten Staugürtelfür Kleinlebewesen und Fische.

Durch den engagierten Einsatz aller am Bauvorha-ben Beteiligten gelang es, den Auftrag des MLUR ausdem Jahr 2001 an das Landesumweltamt in nur vierJahren in die Praxis umzusetzen.

Die Bauvorhaben wurden von der EuropäischenUnion (Europäischer Fonds für regionale Entwick-lung) kofinanziert und durch das Land Brandenburggefördert.

Bauzeitliche Zuwegung durch das BR Spreewald Spatenstich für den Ersatzneubau des Zeitzwehresam 16.08.2004

Staustufe Grebbinfließ im Bauzustand Ersatzneubau, Blick vom Oberwasser im April 2005

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99UMWELTDATEN BRANDENBURG 2005

Staustufe Wehr 131, vorhandener Zustand der alten An-lage

Staustufe Wehr 131 im Bauzustand - Wehr undSchleuse –

Staustufe Wehr 131 – fertige Anlage imMärz 2005

eine effektive Kameradurchfahrt zu sichern, mussdas Kanalisationssystem vorher gereinigt und Scher-ben, Hindernisse, Steine, Wurzeleinschlüsse etc. ent-fernt werden. Aus Kostengründen können jedoch nurbestimmte Abschnitte des gesamten Kanalnetzes in-spiziert werden. Schäden an der Kanalisation, die zuGrundwasserverunreinigungen führen können, sindsofort zu beseitigen. Das gilt sowohl für die Kanalisa-tion im öffentlichen wie auch für defekte Hausan-schlüsse im privaten Bereich.

Einsparungen bei der Kanalsanierung, die von denkommunalen Aufgabenträgern der Abwasserbeseiti-gung stets anzustreben sind, lassen sich nur errei-chen, wenn beispielsweise die Eigenkontrolle ver-bessert wird und entsprechende Schwerpunkte ge-setzt werden. Jeder kommunale Aufgabenträger derAbwasserbeseitigung hat innerhalb von zehn Jahrensein gesamtes Netz zu inspizieren bzw. zehn Jahrenach der Neuerrichtung eine Erstinspektion vorzu-nehmen. Es liegt im Eigeninteresse der Aufgabenträ-ger, besonders gefährdete Bereiche alle fünf Jahrezu untersuchen.

In Abstimmung mit den Behörden ließen sich dort, wowenig oder gar keine Schäden zu erwarten sind, dieTV-Inspektionen auf Zyklen von 15 Jahren ausdeh-nen. Damit können Überwachungsumfang und In-spektionskosten deutlich reduziert werden.

Kleinere Schäden des Kanalnetzes lassen sich durchReparatur mit Hilfe von Ausbesserungsverfahren, In-jektions- oder Abdichtungsverfahren beheben. Reno-vierungen öffentlicher Abwasserleitungen können mitAuskleidungs-, Beschichtungs- oder Montageverfah-

4.6 Wasserversorgung, Abwasser

4.6.1 Kanalsanierung – Stand undEntwicklung in Brandenburg

In Brandenburg hat sich die Länge öffentlicher Abwas-serleitungen von 5.400 km im Jahr 1990 auf 14.605 km(Schmutz-, Misch- und Regenwasser) vergrößert.

Bau, Reparatur, Renovierung und Erneuerung sowieder Betrieb öffentlicher Abwasserleitungen stellen fürdie kommunalen Aufgabenträger der Abwasserbe-seitigung (Gemeinde, Abwasserzweckverband, Amt)nach wie vor eine große Herausforderung dar.

Zurzeit gibt es mehr als 80 Sanierungsverfahren mit un-terschiedlichen Qualitäten, Kosten und Ergebnissen.

Die Haltbarkeit und Nutzungsdauer von Abwasserlei-tungen ist abhängig von der Bauart, dem verwende-ten Material und den unterschiedlichen Abwasserin-haltsstoffen. Sie liegt zwischen sieben Jahren für ver-schlissene Pumpstationen (biogene Korrosion) und120 Jahren für historisch gemauerte Kanäle. Der je-weilige Sanierungsumfang öffentlicher Abwasserlei-tungen ergibt sich aus dem Zustand der Bausub-stanz, aus dem Alter, der Nutzungsart, und der Inten-sität regelmäßiger Wartung einschließlich frühererReparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen.

• Verfahren der Kanalsanierung

Erste Schritte einer Kanalsanierung bilden die Be-gehung und/oder die TV-Inspektion. Um zum Beispiel

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100 GEWÄSSERSCHUTZ UND WASSERWIRTSCHAFT

ren verbunden sein. Muss die Bausubstanz ersetztwerden, kann die Erneuerung in geschlossener oderin offener Bauweise erfolgen.

Klein dimensionierte Anlagen (DN 200), die keine be-sondere Tiefenlage aufweisen, werden meist in offe-nem Bauverfahren erneuert. Im Innenstadtbereichmit hohem Verkehrsaufkommen und bei Rohren ingrößerer Tiefenlage und Dimension werden Verfah-ren wie das Berstlining und Pipeeating angewendet.Das alte Rohr wird zertrümmert bzw. abgetragen. Un-terirdisch wird ein neues Rohr, zuweilen auch mitgrößerer Dimension, eingezogen. Vor der Erneue-rung sind die zukünftigen Dimensionen unbedingtrealitätsnah zu ermitteln. Eine dynamische compu-tergestützte Simulation des Abwassernetzes ist sinn-voll. Dabei sind die Rechenmodelle so auszuwählen,dass der erweiterte Überflutungsschutz vor Regener-eignissen, die veränderte Besiedlungsdichte undStadtumbauprozesse berücksichtigt werden.

Die Bilder wurden freundlicherweise von der Frank-furter Wasser- und Abwassergesellschaft mbH –FWA Frankfurt (Oder) 2004 zur Verfügung gestellt.

• Anforderungen und Kosten

Im statistischen Mittel verschlechtert sich nach etwa10 Jahren (Zweitbefahrung) jede zweite Haltung imAbwassersystem um eine Zustandsklasse. Vor jederVeränderung des Abwassernetzes ist zu klären, wel-che Anforderungen gegenwärtig und zukünftig an dasKanalisationsnetz gestellt werden. Hierbei sind dieAuswirkungen von Einzelmaßnahmen auf das ge-samte Kanalisationsnetz zu beurteilen. Kanalisatio-

nen sind grundsätzlich nach den allgemein aner-kannten Regeln der Technik zu planen, zu bauen undzu betreiben. So müssen sie insbesondere folgendeAnforderungen erfüllen:

Bei Entwurf, Bau und Unterhaltung der Kanalisatio-nen sind die optimalen technischen Kenntnisse zu-grunde zu legen, die keine unverhältnismäßig hohenKosten verursachen. Dies betrifft insbesondere

a) die Menge und die Zusammensetzung der kom-munalen Abwässer,

b) die Verringerung von Leckagen,c) die Begrenzung einer Verschmutzung der auf-

nehmenden Gewässer durch Regenüberläufe.

In diesem Sinne gilt es, durch Reparaturen und Renovierung einen kompletten Neubau des gesam-ten Abwassersystems, der die teuerste Lösung dar-stellt, möglichst zu vermeiden, um auch damit die„Lebensdauer“ von Kanalnetzen wesentlich zu stei-gern.

Unter Kostengesichtspunkten ist der Abwägungspro-zess, inwieweit Reparatur- und/oder Sanierungs-maßnahmen durchgeführt werden, von zentraler Be-deutung. Zur Ermittlung der ökonomisch günstigstenLösung kann u.a. der „Substanzwert“ der Anlage be-stimmt werden. Dabei beruht die Komplexität derSubstanzwertentwicklung auf der Vielfalt der ver-schiedenen Einflussgrößen:

– Sanierungsbedarf aufgrund von Bauschäden,– Sanierungsbedarf wegen hydraulischer Defizite,

� Gubener Straße DN900 MontageverfahrenKurzrohrrelining mitGFK-Rohren

Hauptsammler �Gubener Straße - Zu-

standserfassung:starke Inkrustation

� Nach der Reinigung: starke Beton-korrosion / Bewehrung sichtbar!

Nach der Sanierung �

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101UMWELTDATEN BRANDENBURG 2005

nalisationen ist eine Erstbewertung vorzuneh-men.

– Die Hausanschlusssysteme, die vor 1990 errich-tet wurden, können ebenfalls ein weiteres Ge-fährdungspotenzial für das Grundwasser darstel-len. Auch dieses Problem gilt es, zukünftig mit ge-eigneten Maßnahmen zu lösen.

4.6.2 Neue Regelwerke und Normen

Die Erarbeitung und Veröffentlichung neuer Regel-werke und Normen beinhaltet für das Landesumwelt-amt Brandenburg vielfältige Aspekte. So bilden dieeuropäische Vergleichbarkeit, der Austausch von ge-normten Produkten und die Qualitätssicherung vonwasserwirtschaftlichen Anforderungen wesentlicheHauptaspekte.

Auch im Jahr 2004 wurden durch das Landesum-weltamt Brandenburg Zuarbeiten an das MLUV zurFortschreibung von Arbeits- und Merkblättern des ab-wassertechnischen Regelwerkes der DWA erstellt.

• Überarbeitungen/Neuerscheinungen

➣ ATV-DVWK A 262 Grundsätze für die Bemessung,Bau und Betrieb von bepflanzten Bodenfiltern zurbiologischen Reinigung kommunalen Abwassers

➣ ATV-DVWK A 127 Anpassung an europäischeNormen-Rohrstatik

➣ ATV-DVWK M 379 Klärschlammtrocknung➣ ATV-DVWK M 204 Stand und Anwendung der

Emissionsminderungstechnik bei Kläranlagen –Gerüche, Aerosole

➣ ATV-DVWK M 146Abwasserrohrleitungen in Was-sergewinnungsgebieten

➣ ATV-DVWK A 202 Chemisch-physikalische Ver-fahren zur Elimination von Phosphor aus Abwasser

➣ ATV-DVWK M 197 Ausschreibung von Kanalreini-gungsleistungen

➣ ATV-DVWK A 138 Planung, Bau und Betrieb von An-lagen zur Versickerung von Niederschlagswasser

➣ ATV-DVWK M 143 Sanierung von Entwässe-rungssystemen außerhalb von Gebäuden

➣ ATV-DVWK A 113 Wertermittlung von Abwasser-anlagen

Daneben sind die Regelungen und Normen auf eu-ropäischer Ebene von Bedeutung.

• Für den Bereich Abwassertechnik gilt: CEN/TC165 „Abwassertechnik“

– Rohrverlegung/Rohrstatik EN 1295, EN 12889– Entwässerungssysteme EN 752

außerhalb von Gebäuden und Teil 1 – Teil 7– Erfassung des Zustandes

von Entwässerungs- EN 13508 – 1systemen und Teil 2

– im System vorhandene Teilnetze mit sehr unter-schiedlicher Material- und Verlegequalität,

– zustandsabhängige Restnutzungsdauern, – ungeeignete Zustandsklassifizierungssysteme,

die zum Beispiel keinen Rückschluss auf den hal-tungsbezogenen Sanierungsbedarf ermöglichen,

– fortschreitende Zustandsverschlechterung imZeitablauf (Alterung),

– unterschiedliche Reparatur- und Renovierungs-verfahren.

Der Sanierungsbedarf von Kanalleitungen im LandBrandenburg ist flächendeckend noch nicht ermittelt.Anlagen, die nach 1990 errichtet wurden, sind abergrundsätzlich als „den Anforderungen entsprechend“(i.S. § 71 BbgWG i.V.m. § 4 Brandenburgische Kom-munalabwasserverordnung (BbgKAbwV)) einzu-schätzen. Bei Altanlagen dürfte der Sanierungsbe-darf demgegenüber weiter zunehmen.

• Schadensursache Korrosion

Eine Umfrage der Deutschen Vereinigung für Wasser-wirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) in 2004 (veröf-fentlicht in: Korrespondenz Abwasser 2005, S. 528-539) ergab, dass die Schadensursache Korrosiondeutschlandweit erst an siebenter Stelle steht. Der Ab-schlussbericht zum LAWA-Forschungsvorhaben „Be-wertung von Maßnahmen zur Verringerung von Ge-ruchs- und Korrosionserscheinungen im Kanalnetzdes ländlichen Raumes“ ergibt jedoch ein anderesBild. Eine Befragung von Abwasserzweckverbändender Kläranlagennachbarschaft des DWA-Landesver-bandes Nord-Ost, an der sich 27 Verbände beteiligten,kam zu dem Ergebnis, dass etwa 96 % der befragtenkommunalen Aufgabenträger Geruchsprobleme undca. 74 % Korrosionsprobleme in den Kanalnetzen ver-zeichnen. Diese Probleme können auch im ländlichenRaum des Landes Brandenburg auftreten.

• Ausblick

Der Zustand des Brandenburger Kanalnetzes mit sei-nen 14.605 km Länge kann folgendermaßen bewer-tet werden:

– Rund zwei Drittel des Kanalnetzes in Brandenburgsind nach der Wende entstanden. Es besteht auf-grund des neuen technisch hochwertigen Bauzu-standes kein unmittelbarer Handlungsbedarf.

– Etwa ein Drittel des Kanalnetzes wurde vor 1935errichtet. Bei einer komplexen Bewertung (Funk-tionalität, Herstellungsqualität, Alter und Pflegezu-stand) sind erhebliche Probleme zu erwarten, diemittel- bis langfristig zu lösen sind.

– Insbesondere im ländlichen Raum des LandesBrandenburg ist mit einer Zunahme von Proble-men in öffentlichen Abwasserleitungen zu rech-nen, die durch biogene Korrosion hervorgeru-fenen werden. Für die nach 1990 errichtete Ka-

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102 GEWÄSSERSCHUTZ UND WASSERWIRTSCHAFT

– Druck- und Unterdruck- EN 1671entwässerungssysteme EN 1091

– Kleinkläranlagen EN 12 566EN 12 566-1

– Abwasserbehandlungs- EN 12255, anlagen Teile 3 – 8

– Abwasserbehandlungs- Teil 1 und anlagen, Allgemeine Teile 9 – 13Anforderungen

• Tendenzen

Die Regelwerke und Normen werden immer umfang-reicher. Einzelvorschriften können die Seitenzahl von100 Blatt mit intensiver Regelungsdichte überschrei-ten.

Es entstehen insbesondere im Misch- und Regen-wasserbereich Anforderungen völlig neuer Art.Während im o.g. Regelwerk bisher im Wesentlichender rein emissionsorientierte Ansatz betrachtetwurde, wird zukünftig eine komplexe Wirkungsana-lyse zwischen emissions- und immissionsbezogenerWirkung maßgeblich sein. Eine komplexe DV-techni-sche Berechnung und eine schrittweise Optimierungder Ableitungssysteme ist hierbei erforderlich.

• Fazit

Aus technischer Sicht ist eine unmittelbare und in-tensive Auseinandersetzung mit mindestens dreiüberarbeiteten Regelwerken in nächster Zeit erfor-derlich:

(1) ATV-DVWK A 131 – Bemessung von einstufigenBelebungsanlagenDie dynamische Simulation von großen Kläranla-gen wird ebenfalls als Nachweis anerkannt undist Mittel zur Kostensenkung.

(2) ATV-DVWK A 198 – Vereinheitlichung und Her-leitung von Bemessungswerten für Abwasseran-lagenBei der Ermittlung der Bemessungswerte ist einedifferenzierte Betrachtung der unterschiedlichenEinflussfaktoren notwendig.Diese beiden abwassertechnischen Arbeitsblät-ter sind für alle Kläranlagen > 100 000 EW maß-gebend, zumal der Überwachungswert der GK5 bezüglich des Parameters Stickstoff (bemes-sungsrelevant) im Rahmen der Fünften Verord-nung zur Änderung der Abwasserverordnungvom 2. Juli 2002 von 18 mg/l auf 13 mg/l herab-gesetzt wurde.

(3) Merkblatt BWK 3 – Ableitung von immissionsori-entierten Anforderungen an Misch- und Nieder-schlagswassereinleitungen unter Berücksichti-gung örtlicher VerhältnisseDieses Merkblatt ist entstanden, um das EU-Recht nach dem „kombinierten Ansatz“ auszufül-len. Dem vorherrschenden Emissionsprinzip

nach A 128 wird mit dem Merkblatt BWK-3 ein Im-missionsprinzip zugeordnet. Ziel ist es, im Sinneder EU-WRRL ganzheitliche und vor allem ko-stengünstige wasserwirtschaftliche Lösungen zuentwickeln.

Die integrative Betrachtung von Kanalnetz, Kläran-lage und Gewässer sowie die DV-gestützte Simula-tion der verschiedenen Belastungszustände sindheute mehr und mehr gängige Praxis.

Eine Leitlinie des Landes Brandenburg zu den Fra-gen der Verschmutzung aus Misch- und Regenwas-serüberläufen wird gegenwärtig durch eine gemein-same Arbeitsgruppe erarbeitet. Sie setzt sich ausVertretern der DWA, des BGW, der Abwasserent-sorgungsbetriebe aus den kreisfreien Städten Pots-dam, Cottbus, Brandenburg a.d.H. und Frankfurt(Oder) und Vertretern des Landesumweltamtes zu-sammen und steht unter der Leitung des Ministeriumsfür Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucher-schutz.

4.6.3 Fördermittelsituation

Seit 1991 erhalten die Aufgabenträger der öffentli-chen Wasserversorgung und der öffentlichen Abwas-serbeseitigung vom Land Brandenburg für den Neu-bau, die Erweiterung sowie die Verbesserung und dieSanierung ihrer Anlagen finanzielle Unterstützung inForm von Fördermitteln. Die Zuwendungen an die An-tragsteller erfolgen auf der Grundlage von Förder-richtlinien des Ministeriums für Ländliche Entwick-lung, Umwelt und Verbraucherschutz (MLUV) unterBerücksichtigung der Landeshaushaltsordnung so-wie von der Europäischen Union (EU) festgelegterweiterer Vorschriften und Kriterien, sofern eine Fi-nanzierung aus dem Förderprogramm EuropäischerFonds für regionale Entwicklung (EFRE) erfolgt.

Für die Jahre 2004 und 2005 gelten folgende För-derrichtlinien des MLUV vom 13. Mai 2004:

• Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungenzur Förderung von öffentlichen Wasserversor-gungsanlagen sowie

• Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungenzur Förderung von öffentlichen Abwasserablei-tungs- und Abwasserbehandlungsanlagen.

Die Richtlinien wurden gegenüber den Vorjahren mo-difiziert. Aufgrund der angespannten Situation imLandeshaushalt und der damit verbundenen Mittel-kürzungen setzte das Agrar- und UmweltministeriumSchwerpunkte für die Förderung, die allen Aufgaben-trägern mit Schreiben des MLUV vom 24.05. und29.10.2004 bekannt gegebenen wurden. Die modifi-

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103UMWELTDATEN BRANDENBURG 2005

Nach den vorliegenden Anmeldungen wird der Bedarfan Fördermitteln für Vorhaben zur ordnungsgemäßenTrinkwasserversorgung bzw. Abwasserentsorgungauch in der Zukunft die finanziellen Möglichkeiten desLandes zur Förderung solcher Vorhaben bei weitemübersteigen. Für die einzelnen Haushaltsjahre wer-den deshalb auf der Grundlage der von den Aufga-benträgern angemeldeten Vorhaben im Trink- undAbwasserbereich vom MLUV Förderprogramme auf-gestellt. In die Förderprogramme werden die für dasfolgende Jahr zur Förderung vorgesehenen Vorha-ben mit dem voraussichtlichen Mittelumfang aufge-nommen, und dies wird den Antragstellern mitgeteilt.Dadurch werden bereits hier erste Prioritäten zu För-derschwerpunkten gesetzt und dabei fachliche Not-wendigkeiten, zu erwartende Effekte und einzuhal-tende spezifische Kostenwerte berücksichtigt. Damitsoll der Verwaltungsaufwand für Antragstellung undBearbeitung reduziert werden.

Das MLUV war für die Förderbereiche öffentlicheWasserversorgung und Abwasserbeseitigung imZeitraum von 1991 bis 2002 mit Ausnahme der EU-Mittel Bewilligungsbehörde. Für die Bewilligung derEU-Mittel in diesem Bereich war die InvestitionsBank(ILB) des Landes Brandenburg zuständig. Seit 2003ist die ILB im Auftrag des MLUV für den gesamtenFörderbereich als Bewilligungsbehörde (einschließ-lich Antragsannahme) tätig.

zierten Richtlinien und die Schwerpunktsetzung ziel-ten darauf ab, die Förderung im Jahr 2004 auf solcheMaßnahmen zu konzentrieren, die zwingend not-wendig sind, um die Versorgungssicherheit mit Trink-wasser zu gewährleisten, bzw. die dazu dienen, die Europäische-Kommunalabwasserrichtlinie (EWG91/271) umzusetzen.

Diese Schwerpunktsetzungen spiegeln sich in derFörderrichtlinie Abwasser an verschiedenen Stellenwieder. So erhalten z.B. Aufgabenträger mit einemAnschlussgrad von mehr als 85 % keine Fördermittelmehr für den Neubau von Abwasserkanalisationen,weil hier bei einem entsprechend hohen Gebühren-aufkommen auch notwendige Investitionen selbst fi-nanzierbar sein müssen.

Es werden grundsätzlich nur Vorhaben gefördert, diedem Abwasserbeseitigungskonzept des Aufgaben-trägers gemäß § 66 Abs. 1 des BrandenburgischenWassergesetzes (BbgWG) entsprechen. Gleicher-maßen erfolgten mit den Richtlinienänderungen auf-grund der angespannten Finanzsituation des Lan-deshaushaltes weitere Präzisierungen der Fördertat-bestände und -schwerpunkte. Die Bagatellgrenze fürdie Zuwendungshöhe wurde auf 20.000 € für Neu-bau- und Erweiterungsvorhaben der Wasserversor-gung bzw. auf 50.000 € für Sanierungs- und Verbes-serungsmaßnahmen der Wasserversorgung und füralle Abwassermaßnahmen angehoben.

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104 GEWÄSSERSCHUTZ UND WASSERWIRTSCHAFT

Durch das Landesumweltamt erfolgt weiterhin diebaufachliche und bauwirtschaftliche Prüfung der För-deranträge für Vorhaben der öffentlichen Wasserver-sorgung sowie der öffentlichen Abwasserableitungund -behandlung, um den effizienten Einsatz der För-dermittel zu sichern. Dabei nimmt das LUA auch zuden wasserwirtschaftlichen und umweltrelevantenErfordernissen und Dringlichkeiten der beantragtenVorhaben Stellung, um die vom MLUV als prioritär er-achteten Landesinteressen bei der Wasserversor-gung, dem Gewässerschutz und der Förderpolitikumzusetzen. Mit dem baufachlichen Votum wird eineEntscheidungsempfehlung ausgesprochen.

Soweit erforderlich, erfolgt vor der abschließendenEntscheidung der Bewilligungsbehörde eine Abstim-mung zwischen MLUV, LUA und ILB. Dabei werdentechnische, Kosten betreffende, umweltpolitischeund verwaltungsrechtliche Gesichtspunkte berück-sichtigt. Auch die finanziellen Auswirkungen auf diewirtschaftlichen Verhältnisse des Aufgabenträgers,die sich aus der Umsetzung des Vorhabens ergeben,werden in den Abstimmungsprozess mit einbezogen.

Der gezielte Einsatz der Zuwendungen ist aufgrund deraktuellen Finanzsituation des Landes und rückläufigerFördermittel noch bedeutungsvoller geworden. Im Be-reich der Trinkwasserversorgung gilt es, neben derHauptaufgabe der Daseinsvorsorge durch eine ausge-wogene städtische und ländliche Entwicklung, bei derdie gewerbliche Wirtschaft einbezogen ist, eine nach-haltige Wirtschaftsentwicklung zu sichern.

Im Bereich der Abwasserentsorgung müssen europäi-sche und nationale Vorgaben für das Einleiten von be-handeltem Abwasser in die Gewässer erfüllt werden.Ziel ist, eine ordnungsgemäße und kostengünstige Ab-wasserbehandlung für den Unternehmens- wie auchden kommunalen Sektor zu befördern.

Die Fördermittelbereitstellung erfolgt aus Mitteln derEuropäischen Union (EFRE-Mittel) und Haushalts-mitteln des Landes Brandenburg. Im Zeitraum von1991 bis 2004 wurden für die Förderung insgesamtrd. 1,17 Mrd. € eingesetzt, davon etwa

• 239,4 Mio. € für öffentliche Wasserversorgungsan-lagen und

• 931,4 Mio. € für öffentliche Abwasseranlagen.

4.6.4 10 Jahre Erhebung von Wasser-nutzungsentgelt

1994 – 200410 Jahre Erhebung von Wassernutzungsentgeltim Land Brandenburg

Vor über 10 Jahren, im Juli 1994, trat im Land Bran-denburg das Brandenburgische Wassergesetz in

Kraft. Es löste das Wassergesetz aus dem Jahr 1982und seiner Durchführungsverordnungen und Anord-nungen ab.

Im Zuge der Neugestaltung des Wasserrechts imLand Brandenburg erfuhren die Regelungen zur Er-hebung und Festsetzung von Wassernutzungsent-gelt wesentliche Änderungen.

Das Wassernutzungsentgelt, das als Gegenleistungfür die Gewässerbenutzung erhoben wird, fällt in dieGesetzgebungskompetenz des Landes. In seinerneuen Gestalt wurde es stärker als bisher den Erfor-dernissen der wirtschaftlichen Entwicklung des Lan-des angepasst und gibt Anreize zum sparsamen undökologisch vertretbaren Umgang mit den Wasserres-sourcen. Neu gefasst wurden insbesondere die Höheder Entgeltsätze, die zeitliche Staffelung der Ge-bühren für Benutzungen des Grundwassers, diegroßzügige Anerkennung wassersparender, bilanz-schonender Maßnahmen und schließlich die Mög-lichkeit, wasserintensive Produktionen auf Antrag vonder Gebührenerhebung zu befreien.

Nach einigen Zwischenstufen gelten aktuell folgendeEntgeltsätze:

• für Grundwasserbenutzungen 0,20 DM pro Ku-bikmeter (= 0,10226 €/m3);

• für Oberflächenwasser zu Produktionszwecken0,04 DM pro Kubikmeter (= 0,02045 €/m3) und

• für Oberflächenwasser für Kühlzwecke 0,01 DMpro Kubikmeter (= 0,00511 €/m3).

Bei der Erhebung des Wassernutzungsentgeltes wirdder Anteil unmittelbar rückgeleiteter Wässer, diedurch die Nutzung nicht nachteilig verändert wurden,angerechnet. Dadurch finden die Leistungen der Ge-wässerbenutzer beim sparsamen Wassereinsatz inForm von gemindertem Entgelt volle Anerkennung.

Die Gewässerbenutzer haben die Pflicht, sich zu dentatsächlich im vorangegangenen Kalenderjahr ent-nommenen Wassermengen zu erklären und entspre-chende Unterlagen vorzulegen. Wollen sie gleichzei-tig die Verrechnungsmöglichkeit für rückgeleiteteWassermengen in Anspruch nehmen, die nicht nach-teilig verändert wurden, haben sie hierfür den Nach-weis zu erbringen. Gleiches gilt für Anträge auf Be-freiung von der Entrichtung der Wasserentnahmege-bühren, die hinreichend zu begründen sind.

Die genannten Angaben und Unterlagen sind nach § 41 Abs. 3 BbgWG grundsätzlich bis zum 31. Märzdes auf die Benutzung folgenden Jahres beim Lan-desumweltamt vorzulegen.

Ausnahmen von der Erklärungsfrist können im Ein-vernehmen mit den Entgeltpflichtigen bei befristeten

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Page 23: 1013 04 83 105 · PSM: 48 Verbindungen (z.B. p-p’DDT, 2.4-D, MCPA, Mecoprop, 2.4-DB, Atrazin) Parameter und zu beprobende Messstellen werden jedes Jahr neu festgelegt Erstuntersuchung:

105UMWELTDATEN BRANDENBURG 2005

In den vergangenen Jahren wurde sowohl auf Seitedes Vollzugs als auch der Entgeltpflichtigen ein ho-hes Maß an Rechtsicherheit erzielt. Dies spiegelt sichnicht zuletzt in der rückläufigen Anzahl der anhängi-gen Widerspruchs- und Klageverfahren und deren In-halten wider.

Ein Problem stellt nach wie vor die Erfassung solcherGewässernutzer dar, die durch Anordnung Nr. Pr. 344zum Wassergesetz von 1982 persönlich vom Was-sernutzungsentgelt befreit waren, wobei hier vorran-gig landwirtschaftliche Betriebe zu benennen sind.Da auf diesem Gebiet nach der Wiedervereinigunggrundlegende strukturelle Veränderungen stattgefun-den haben, ist es oftmals unmöglich, die Weiternut-zung der erteilten Wasserrechte nachzuvollziehenund Rechtsnachfolger zu ermitteln. Dabei ist das Lan-desumweltamt vor allem auf die Zusammenarbeit mitden Landkreisen, und in erster Linie den unterenWasserbehörden, angewiesen.

Gegenwärtig wird im Land Brandenburg Wassernut-zungsentgelt jährlich gegenüber ca. 700 Nutzern, diedie Gewässer dauerhaft nutzen, und weiteren 350 be-fristeten Nutzungen erhoben und festgesetzt. Mit die-ser Aufgabe sind insgesamt vier Mitarbeiterinnen anden Standorten Potsdam, Cottbus und Frankfurt/Oder beschäftigt. Für die Veranlagungszeiträume1995 bis 2002 wurden bisher Einnahmen in Höhe vonrund 100 Mio. € erzielt.

Grundwasserabsenkungsmaßnahmen und solchenBenutzungen gemacht werden, die innerhalb einesErklärungszeitraumes (Kalenderjahr) beginnen undenden. Die Erklärung zur tatsächlichen Wasserent-nahmemenge sollte in diesen Fällen – aus prakti-schen und finanzwirtschaftlichen Erwägungen her-aus – spätestens 1 Monat nach Beendigung derMaßnahme vorgelegt werden.

Das Landesumweltamt Brandenburg setzt das Was-sernutzungsentgelt aufgrund der Angaben und bei-gebrachten Unterlagen per Bescheid fest. Die Fest-setzungsfrist beträgt im Regelfall zwei Jahre. DieFestsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres indem die Erklärung vorzulegen war. Kommt der Ge-wässerbenutzer seinen Erklärungs- und Vorlage-pflichten nicht nach, verlängert sich die Festset-zungsfrist auf fünf Jahre. Die Festsetzung des Ent-geltes kann in diesem Fall im Wege der Schätzungerfolgen.

Den Entgeltpflichtigen ist für die Selbsterklärung bis-her ein Erhebungsbogen zur Verfügung gestellt wor-den. Das Landesumweltamt wird die Selbster-klärungspraxis in Zusammenhang mit der Einrichtung„elektronischer Bürgerbüros“ Schritt für Schritt aufmoderne Medien umstellen und die Internetnutzungermöglichen.

Die Neugestaltung des Wassernutzungsentgeltes hatsich in der Verwaltungspraxis grundsätzlich bewährt.

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