§ 15 - Weitere KV-Delikte KK 88-91 - strafrecht- · PDF fileVorlesung Strafrecht BT I...

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  • Vorlesung Strafrecht BT I (SoS 2009) Juristische Fakultt der Universitt Freiburg

    Institut fr Kriminologie und Wirtschaftsstrafrecht Prof. Dr. Roland Hefendehl & MitarbeiterInnen

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    15: Weitere Krperverletzungsdelikte I. Misshandlung von Schutzbefohlenen ( 225 StGB)

    225 StGB ist ein eigenstndiger Tatbestand zum Schutz von Minderjhrigen und anderen wehrlo-sen Personen. Sein gesteigerter Unrechtsgehalt (Verletzung einer wehrlosen Person durch einen zu dessen Schutz verpflichteten Tter) und sein ber die Krperverletzungsdelikte hinausgehender Anwendungsbereich (bei rein seelischen Auswirkungen) lassen Tateinheit mit den brigen Krper-verletzungsdelikten zu (Wessels/Hettinger Rn. 310).

    1. Grundtatbestand ( 225 I StGB) Qulen ist die Zufgung lnger dauernder oder sich wiederholender, erheblicher Schmerzen oder auch seelischer Leiden (Fischer StGB 225 Rn. 8a). Roh ist eine Misshandlung, die einer gefhllosen, fremden Leiden missachtenden Gesinnung ent-springt und sich in Handlungsfolgen von erheblichem Gewicht fr das krperliche Wohlbefinden des Opfers uert (BGHSt. 25, 277). Die Gesundheitsschdigung durch bswillige Vernachlssigung der Sorgepflicht ist ein Spezialfall der von 223 StGB erfassten Gesundheitsschdigung. Bswillig handelt, wer die ihm obliegende Sorgepflicht aus besonders verwerflichen Grnden verletzt (Wessels/Hettinger Rn. 313). Bsp.: Hass, Geiz.

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    2. Qualifikationen ( 225 III StGB) Bei 225 III StGB handelt es sich nicht um Erfolgsqualifikationen. Vielmehr stellen diese Varianten ein qualifizierendes konkretes Gefhrdungsdelikt dar (Wessels/Hettinger Rn. 316). Zum Begriff der schweren Gesundheitsschdigung vgl. KK 52 f.

    3. Exkurs: Elterliches Zchtigungsrecht als Rechtfertigungsgrund fr 223 ff. StGB Inwieweit ein elterliches Zchtigungsrecht als Rechtfertigungsgrund fr Krperverletzungen (noch) anzuerkennen ist, ist noch nicht vollends geklrt. Nach Wessels/Beulke Rn. 387a soll die mavolle elterliche Zchtigung sogar bereits tatbestandslos sein. Als gesichert darf jedoch gelten, dass Ausbildern, Erziehern und Lehrern gar kein Zchtigungsrecht zusteht (Fischer StGB 223 Rn. 19; Sch/Sch/Eser 223 Rn. 24, 26). Auch besteht kein Zweifel darber, dass schwere Misshandlungen durch die Eltern (Tracht Prgel) nicht durch ein elterliches Zchtigungsrecht gerechtfertigt sind (Wessels/Hettinger Rn 317a). Im Jahr 2000 wurde 1631 II BGB neu gefasst. Danach haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Krperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwrdigende Manah-men sind unzulssig. Seither ist umstritten, ob ein Recht der Eltern (aus Art. 6 GG, so Wes-sels/Beulke Rn. 387a) ihre Kinder mavoll zu zchtigen, weiterhin besteht (so Lackner/Khl 223 Rn. 11; Krey/Heinrich BT I Rn. 312) oder ob es durch die Neuregelung vollstndig beseitigt wurde (so Sch/Sch/Eser 223 Rn. 16; MK/Joecks 223 Rn. 65). Angesichts des klaren Wortlauts des 1631 II BGB und dem klaren Willen des Gesetzgebers wird ein elterliches Zchtigungsrecht je-

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    doch kaum noch zu begrnden sein. Das gilt umso mehr, als dass ganz leichte Beeintrchtigungen, wie der leichte Klaps, die Erheblichkeitsschwelle des 223 StGB schon gar nicht berschreiten. Soweit man ein Zchtigungsrecht der Eltern anerkennt, gilt einschrnkend:

    Die Zchtigung muss durch ein Fehlverhalten veranlasst sein. Sie muss ferner nach Art, Umfang und Alter des Kindes zur Erreichung des Erziehungs-

    zwecks erforderlich und angemessen sein (vgl. Sch/Sch/Eser 223 Rn. 17). Der Tter muss zu Erziehungszwecken handeln (vgl. LK/Lilie 223 Rn. 10).

    II. Fahrlssige Krperverletzung ( 229 StGB) Die fahrlssige Krperverletzung unterscheidet sich lediglich im subjektiven Bereich von 223 StGB. Besonders schwere Flle und Folgen sind lediglich auf der Strafzumessungsebene zu be-rcksichtigen. Zu beachten ist, dass die fahrlssige Krperverletzung Antragsdelikt ist (vgl. 230 StGB).

    III. Krperverletzung im Amt ( 340 StGB) Eine Spezialregelung der Krperverletzung enthlt 340 StGB. Bei diesem Tatbestand handelt es sich um ein Sonderdelikt. Tter kann nur sein, wer Amtstrger i.S.d. 11 I Nr. 2 StGB ist. Die h.M. (Fischer StGB 340 Rn. 6; Wessels/Hettinger Rn. 308a) sieht 340 StGB nicht als eigenstndigen Tatbestand, sondern als Qualifikation zu 223 StGB. Folge ist die Anwendung des 28 II StGB auf Teilnehmer, die selbst nicht das besondere persnliche Merkmal der Amtstrgereigenschaft aufwei-sen.

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    IV. Verhltnis der Krperverletzungsdelikte zu den Ttungsdelikten In jeder Ttung ist als notwendiges Durchgangsstadium eine Krperverletzung und folglich auch in jedem Ttungsvorsatz ein Krperverletzungsvorsatz enthalten (Einheitstheorie, h.M, vgl. BGHSt. 16, 122; 21, 265; Wessels/Hettinger Rn. 320). Der Krperverletzungsvorsatz stellt gegenber dem Ttungsvorsatz kein aliud dar. Eine mit einem versuchten Ttungsdelikt zusammentreffende vorstzliche Krperverletzung tritt nicht zurck, sondern steht dazu in Tateinheit (BGHSt. 44, 196). So wird klargestellt, dass der T-tungsversuch das Opfer immerhin verletzt hat (und nicht etwa vllig verfehlte).