26. Oktober 2017 EU Nachrichten · EU-NACHRICHTEN Nr. 17 | 26.10.2017 KURZ & KNAPP _3 Die Chancen,...

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Vertretung in Deutschland 17 2017 EU Nachrichten www.ec.europa.eu/deutschland 26. Oktober 2017 EU-KOMMISSION STELLT ARBEITSPROGRAMM 2018 VOR Mehr Dialog mit Öffentlichkeit angestrebt Welche Initiativen sich die EU-Kommission für 2018 vorgenommen hat, geht aus ihrem jetzt vorgelegten neuen Jahresarbeitsprogramm hervor. Neben neuen Strategien und Ge- setzesvorschlägen ist auch wieder geplant, etliche Legislativvorschläge zurückzuziehen und bestehende Vorschriften auf den Prüfstand zu stellen. Das gehört zum kontinuierli- chen Prozess für bessere Rechtsetzung (REFIT), einer der Prioritäten der Kommission. > Bei der Gesetzgebung und ihrer Überprüfung will sie noch stärker als bisher mit den Bürgern zusammenarbeiten – etwa über eine spezielle neue Webseite. Und auch die Vertretung der EU-Kommission in Deutschland kündigte an, ih- ren Dialog mit der Öffentlichkeit zu verstärken. Unter dem Vorsitz von Präsident Jean-Claude Juncker hat die Kommission schon einiges getan, um Bürgerinnen und Bürger sowie In- teressensvertreter enger in alle Stufen der Ge- setzgebungsprozesse einzubinden. So fertigt sie vor neuen Vorschlägen oder der Überarbeitung von Gesetzen nicht nur eigene Auswirkungsstudien an, sie lässt die Pläne auch von einem Expertenausschuss begutachten, dem auch externe Sachverständige angehö- ren. Außerdem gibt es die so genannte REFIT- Plattform, die Experten und Vertreter aus den Mitgliedstaaten zusammenbringt. Diese haben bereits 58 Stellungnahmen dazu abgegeben, wo sich EU-Vorschriften verbessern ließen und Bürokratie abgebaut werden könnte. Über eine im Juli 2016 in einer vorläufigen Version frei- geschalteten Internetseite kann sich die Öf- fentlichkeit an verschiedenen Etappen der Gesetzgebung beteiligen. 643 Vorhaben wur- den dort zur Diskussion gestellt. Die Webseite hat fast 50.000 Besucher pro Monat. Die Kom- mission investiert in dieses Instrument. Bis Jah- resende soll eine erweiterte Version der Seite nutzbar sein. >> EU will Budget 2018 um 200 Mio. Euro erhöhen Das Budget für das beliebte EU-Programm Erasmus+, das grenzüberschreitenden Aus- tausch in den Bereichen Bildung, Jugend und Sport fördert, wird voraussichtlich 2018 um 200 Mio. Euro aufgestockt – eine Erhöhung um 8 Prozent gegenüber 2017. „Ich freue mich, dass die Europäische Union bereit ist, 2,7 Mrd. Euro in Erasmus+ zu investieren, um äußerst wertvolle Bildungsprojekte zu unter- stützen und hunderttausenden jungen Euro- päerinnen und Europäern die Möglichkeit für ein Studium oder eine Ausbildung im Ausland zu bieten“, sagte der für Bildung, Kultur, Ju- gend und Sport zuständige EU-Kommissar Tibor Navracsics. Über Erasmus+ wird die Mobilität von jun- gen Menschen, Studierenden, Trainees, Auszubildenden und internationalen Freiwil- ligen sowie von Lehrkräften, Ausbildern und Jugendbetreuern unterstützt. Organisatio- nen und Einrichtungen können jetzt Anträge auf Förderung stellen. KURZ & KNAPP Sozialdumping unterbinden 3 EU-Entsenderichtlinie wird überarbeitet IM FOKUS Signal an Ankara 4 Die Vorbeitrittsbeihilfen für die Türkei könnten gekürzt werden Terrorismus-Abwehr 5 EU fördert den Schutz öffentlicher Räume AUSTAUSCHPROGRAMM ERASMUS+ Auch 2018 orientiert sich das Kollegium der EU-Kommission bei seiner Arbeit an den Prioritäten, die Präsident Juncker bei Amtsantritt vorgestellt hat. Credit © European Union, 2017 2,7 Mrd. Euro für Erasmus+

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Vertretung in Deutschland

172017EU Nachrichten

www.ec.europa.eu/deutschland

26. Oktober 2017

EU-KOMMISSION STELLT ARBEITSPROGRAMM 2018 VOR

Mehr Dialog mit Öffentlichkeit angestrebtWelche Initiativen sich die EU-Kommission für 2018 vorgenommen hat, geht aus ihrem jetzt vorgelegten neuen Jahresarbeitsprogramm hervor. Neben neuen Strategien und Ge-setzesvorschlägen ist auch wieder geplant, etliche Legislativvorschläge zurückzuziehen und bestehende Vorschriften auf den Prüfstand zu stellen. Das gehört zum kontinuierli-chen Prozess für bessere Rechtsetzung (REFIT), einer der Prioritäten der Kommission.

> Bei der Gesetzgebung und ihrer Überprüfung will sie noch stärker als bisher mit den Bürgern zusammenarbeiten – etwa über eine spezielle neue Webseite. Und auch die Vertretung der EU-Kommission in Deutschland kündigte an, ih-ren Dialog mit der Öffentlichkeit zu verstärken. Unter dem Vorsitz von Präsident Jean-Claude Juncker hat die Kommission schon einiges getan, um Bürgerinnen und Bürger sowie In-teressensvertreter enger in alle Stufen der Ge-setzgebungsprozesse einzubinden.

So fertigt sie vor neuen Vorschlägen oder der Überarbeitung von Gesetzen nicht nur eigene Auswirkungsstudien an, sie lässt die Pläne auch von einem Expertenausschuss begutachten,

dem auch externe Sachverständige angehö-ren. Außerdem gibt es die so genannte REFIT-Plattform, die Experten und Vertreter aus den Mitgliedstaaten zusammenbringt. Diese haben bereits 58 Stellungnahmen dazu abgegeben, wo sich EU-Vorschriften verbessern ließen und Bürokratie abgebaut werden könnte. Über eine im Juli 2016 in einer vorläufigen Version frei-geschalteten Internetseite kann sich die Öf-fentlichkeit an verschiedenen Etappen der Gesetzgebung beteiligen. 643 Vorhaben wur-den dort zur Diskussion gestellt. Die Webseite hat fast 50.000 Besucher pro Monat. Die Kom-mission investiert in dieses Instrument. Bis Jah-resende soll eine erweiterte Version der Seite nutzbar sein. >>

EU will Budget 2018 um 200 Mio. Euro erhöhen

Das Budget für das beliebte EU-Programm Erasmus+, das grenzüberschreitenden Aus-tausch in den Bereichen Bildung, Jugend und Sport fördert, wird voraussichtlich 2018 um 200 Mio. Euro aufgestockt – eine Erhöhung um 8 Prozent gegenüber 2017. „Ich freue mich, dass die Europäische Union bereit ist, 2,7 Mrd. Euro in Erasmus+ zu investieren, um äußerst wertvolle Bildungsprojekte zu unter-stützen und hunderttausenden jungen Euro-päerinnen und Europäern die Möglichkeit für ein Studium oder eine Ausbildung im Ausland zu bieten“, sagte der für Bildung, Kultur, Ju-gend und Sport zuständige EU-Kommissar Tibor Navracsics.

Über Erasmus+ wird die Mobilität von jun-gen Menschen, Studierenden, Trainees, Auszubildenden und internationalen Freiwil-ligen sowie von Lehrkräften, Ausbildern und Jugendbetreuern unterstützt. Organisatio-nen und Einrichtungen können jetzt Anträge auf Förderung stellen.

KURZ & KNAPP

Sozialdumping unterbinden 3EU-Entsenderichtlinie wird überarbeitet

IM FOKUS

Signal an Ankara 4Die Vorbeitrittsbeihilfen für die Türkei könnten gekürzt werden

Terrorismus-Abwehr 5EU fördert den Schutz öffentlicher Räume

AUSTAUSCHPROGRAMM ERASMUS+ Auch 2018 orientiert sich das Kollegium der EU-Kommission bei seiner Arbeit an den Prioritäten, die Präsident Juncker bei Amtsantritt vorgestellt hat.

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2,7 Mrd. Euro für Erasmus+

EU-NACHRICHTEN Nr. 17 | 26.10.2017

Deutsche Vertretung neu aufgestelltAuch in Deutschland tut sich etwas. „Bei unseren Bürgerdialogen zur Zukunft der EU äußern viele Menschen ihre berechtigte Erwartung, dass die Europäische Kommission ihre Entscheidungen transparenter und besser kommuniziert“, sag-te Richard Kühnel, Vertreter der EU-Kommission in Deutschland. Diese Anliegen werden ernst genommen: Um ihnen besser entsprechen zu können, hat die Kommissionsvertretung zum 1. Oktober ihre Organisationsstruktur verän-dert und die bisherigen Abteilungen Politik und Öffentlichkeitsarbeit zusammengeführt. „In Zu-kunft wollen wir nicht nur die Reichweite unse-rer Bürgerdialoge erhöhen, sondern auch den neu gewählten Bundestag, die Landesparla-mente und die Zivilgesellschaft enger in die Ar-beit zur Zukunft Europas einbinden“, beschreibt Kühnel die Ziele der Reform.

Die Vertretung in Deutschland ist ein Bindeglied zwischen der EU-Kommission in Brüssel sowie

der Bundesregierung und dem Bundestag, den Ländern und Kommunen. Ebenso wichtig ist ihr der Kontakt zu Verbänden, Sozialpartnern, Zivil-gesellschaft und Medien. Zentrale Aufgabe ist der direkte Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern, im Europäischen Haus in Berlin mit seiner beliebten Dauerausstellung Erlebnis Eu-ropa, das bereits über 200.000 Besucher zählt, ebenso wie in den Bundesländern. „Durch un-sere Arbeit wollen wir Katalysator bei wichtigen europapolitischen Entscheidungen sein“, so Kühnel. „Die Vertretung in Deutschland ist Ohr und Sprachrohr für EU-Politik in Deutschland.“

26 neue Initiativen angekündigtFür diese plant die Kommission im kommenden Jahr 26 neue Initiativen in den Politikbereichen, die sie als vordringlich ansieht (Beispiele in der Übersicht auf Seite 2). Alle darin enthaltenen konkreten Gesetzesvorschläge sollen bis Mai vorliegen, damit sie noch in dieser Legislatur-periode vor der Europawahl im Juni 2019 be-

schlossen werden können. „Wir haben bereits 80 Prozent der Vorschläge auf den Tisch gelegt, die wir beim Amtsantritt versprochen haben“, er-klärte Kommissionspräsident Juncker. „Nun geht es vorrangig darum, die Vorschläge zu Rechts-vorschriften zu machen und diese umzusetzen“.

15 Gesetzesvorhaben sollten nach Kommissi-onsmeinung zurückgezogen werden, entwe-der weil es keine Aussicht auf Einigung der Gesetzgeber gibt, oder weil sie überholt sind. Dazu gehören ein blockierter Vorschlag zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit von Banken und der Richtlinienvorschlag für eine Einperso-nengesellschaft. 15 EU-Gesetze sollen auf den Prüfstand gestellt werden, darunter etwa Vor-schriften für die Umweltberichterstattung.

Daneben kündigte die Kommission Initiativen an, die über die laufende Legislaturperiode hin-ausgehen. Dazu gehören etwa der Vorschlag für einen mittelfristigen EU-Finanzrahmen für die Zeit ab 2021, Vorschläge zur Schaffung eines Europäischen Finanz- und Wirtschaftsminister-postens und zur Stärkung des Subsidiaritäts-prinzips in der EU-Gesetzgebung. Langfristig angelegt sein sollen Initiativen zur Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit und zur effizienteren Ge-setzgebung in den Bereichen Binnenmarkt und Außenpolitik. Weichen stellen will die Kommis-sion auch für die künftige Energie- und Klima-schutzpolitik und die mögliche Aufnahme von EU-Beitrittskandidaten vom Westbalkan.

Weitergeführt werden soll im kommenden Jahr die laufende Diskussion über die Zukunft der EU nach dem britischen Austritt. Ziel ist es laut Kommission, wichtige Fragen bis zum EU-Gipfel im rumänischen Sibiu (Hermannstadt) im März 2019 zu klären – dem wohl ersten Gipfeltreffen der dann noch aus 27 Mitgliedstaaten beste-henden EU. (frh) >|

EU-Ansprechpartner in DeutschlandDie EU-Kommissionsvertretung in Deutsch-land hat ihren Hauptsitz in Berlin. Daneben gibt es auch Regionalvertretungen in Bonn und München, unterstützt von deutsch-landweit mehr als 50 Europe-Direct Infor-mationsbüros. Über die Facebook-Seite kann man leicht ins Gespräch kommen.

https://www.facebook.com/eu.kommission

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2_ TITELTHEMA

Arbeitsprogramm der Kommission

ARBEITSPROGRAMM DER EU-KOMMISSION 2018

Einige der geplanten Initiativen

Themenbereich Gesetzesvorschlag geplanter Termin

Aufbau einer Kreislauf-wirtschaft

Strategie für Einsatz und Recycling von Plastik

4. Quartal 2017

Verordnung über Mindeststandards zur Abwasseraufbereitung

4. Quartal 2017

Aufbau des digitalen Binnenmarkts

Initiative zum Umgang mit Falschnachrich-ten auf sozialen Plattformen

1. Quartal 2018

Aufbau der Energieunion Überarbeitete Regeln für den Zugang zum EU-Gasbinnenmarkt über Pipelines

4. Quartal 2017

Faire Besteuerung EU-Regeln zur Besteuerung der Gewinne multinationaler Konzerne in der digitalen Wirtschaft

1. Quartal 2018

Soziale Fairness Vorschlag für eine EU-Arbeitsmarktbehörde 2. Quartal 2018

Sozialer Schutz für atypisch beschäftigte Selbstständige

2. Quartal 2018

Vertiefung der Währungsunion

Entwicklung des Euro-Rettungsschirms ESM zu einem Europäischen Währungs-fonds

4. Quartal 2017

Aufbau der Kapitalmark-tunion

EU-Rechtsrahmen für Crowd-Funding 1. Quartal 2018

Aufbau der Bankenunion Schaffung eines Sekundärmarktes für notleidende Kredite

1. Quartal 2018

Migration Überarbeitung der Visa-Regeln und des Visa Informationssystems

2. Quartal 2018

Quelle: EU-Kommission

EU-NACHRICHTEN Nr. 17 | 26.10.2017

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Die Chancen, Sozialdumping in der EU zu unterbinden, sind deutlich gestiegen. Die EU-Arbeits- und Sozialminister einigten sich auf eine ge-meinsame Position zur von der EU-Kommission vorgeschlagenen Über-arbeitung der EU-Entsenderichtlinie. Sie unterstützen das Kernprinzip, dass ins EU-Ausland entsandte Arbeitnehmer in den Genuss der glei-chen Mindestvorschriften für Entlohnung und Arbeitsbedingungen kom-men sollen wie lokale Arbeitnehmer. Bisher gibt es nur einen Anspruch auf die im Gastland geltenden gesetzlichen „Mindestlohnsätze“.

Künftig sollen Entsandte auch Anspruch auf vor Ort durch allgemein-verbindliche Tarifverträge geltende Sonderzahlungen und Prämien wie Feiertags- und Gefahrenzuschläge oder Tagegelder bekommen. Reise- oder Unterkunftskosten sollen nicht mehr von der Entlohnung abgezogen werden dürfen. Nach dem Willen der EU-Staaten sollen

Arbeitnehmer höchstens 18 Monate lang in einen anderen Mitgliedstaat geschickt werden dürfen, bevor sie einen Arbeitsvertrag des Gastlandes brauchen und auch ins dortige Sozial-versicherungssystem wechseln müssen. Den endgültigen Gesetzes-text müssen die EU-Staaten nun mit dem Europäischen Parlament aushandeln. „Diese Ratstagung ist ein wichtiger Meilenstein für das soziale Europa“, sagte EU-Arbeits- und Sozialkommissarin Marianne Thyssen (Foto). Die geplanten Regeln seien fair gegenüber entsand-ten Arbeitnehmern und örtlichen Beschäftigten und Firmen, die kei-nen Unterbietungswettlauf wollen.

Reform der Entsenderichtlinie

Entsenderichtlinie soll Sozialdumping unterbindenEU-STAATEN UNTERSTÜTZEN REFORM

SOZIALE RECHTE IN DER EU

Weg zur Proklamation von Grundsatzkatalog ist frei

EU-Staaten, Europäisches Parlament und Europä-ische Kommission werden beim EU-Sozialgipfel am 17. November in Göteborg eine Liste von 20 sozialen Grundprinzipien und sozialen Rechten unterzeichnen, denen sie sich verpflichtet fühlen. Die sogenannte „soziale Säule“ der EU kann pro-klamiert werden, nachdem der Text der gemein-samen Erklärung der drei Institutionen auch von den EU-Arbeits- und Sozialministern einstimmig gebilligt wurde. Die Säule der sozialen Rechte „fasst zusammen, an was Europa glaubt und was es einzigartig macht: ein Kontinent der Gleich-heit, Fairness und der Hilfe für die schwachen Glieder der Gesellschaft zu sein“, sagte Jevgeni Ossinovski, Arbeitsminister Estlands und amtie-render Vorsitzender des Ministerrats.

Die Prinzipien sind in drei Kategorien gruppiert: Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang, faire Arbeitsbedingungen in dynamischen Ar-beitsmärkten sowie Sozialschutz und soziale Inklusion. Die Palette reicht vom Anspruch auf Mindestlohn, Wohnung und Bildung bis zum Zugang zu Gesundheitsversorgung. EU-Arbeits- und Sozialkommissarin Marianne Thyssen sagte, die Einigung zeige, dass sich die EU angesichts von „Herausforderungen wie der Alterung der Gesellschaft, der Globalisierung und der Digita-lisierung für bessere Arbeits- und Lebensbedin-gungen in der ganzen Union einsetzen“.

EIN JAHR ABKOMMEN MIT USA

Gemischte Bilanz des Datenschutzschilds

In ihrem ersten Jahresbericht zur Überprüfung des „Schutzschilds“ für den Transfer personen-bezogener Daten zu gewerblichen Zwecken in die USA hat die EU-Kommission eine gemischte Bilanz gezogen. Das Privacy-Shield-Überein-kommen mit den USA funktioniere gut, seine Handhabung könne aber noch verbessert wer-den, erklärte Justizkommissarin Vĕra Jourová. Laut Kommission hat das US-Handelsministe-rium inzwischen über 2.400 US-Unternehmen zertifiziert, die sich verpflichtet haben, die in dem Übereinkommen festgelegten Daten-schutzanforderungen einzuhalten, wenn sie personenbezogene Daten aus der EU übermit-telt bekommen wollen.

Privacy Shield wird seit August 2016 angewen-det. Änderungen unter der neuen US-Regierung hat es offenbar nicht gegeben. „Ich bin sehr positiv eingestellt angesichts der Haltung der US-Administration“, sagte Jourová. Für verbes-serungswürdig hält die Kommission die Kon-trolle der an dem Übereinkommen beteiligten Unternehmen von Seiten des US-Handelsmi-nisteriums. Dies müsse aktiver und regelmäßi-ger erfolgen, heißt es in dem Bericht. Außerdem müssten die EU-Bürger besser über ihre in Priva-cy Shield verankerten Rechte und die Beschwer-deverfahren aufgeklärt werden, da sie davon bisher kaum Gebrauch machten, sagte Jourová.

VERDACHT AUF UNERLAUBTE ABSPRACHEN

Büros von vier deutschen Autoherstellern durchsucht

Die EU-Kommission hat bei ihren Kartellermitt-lungen gegen deutsche Autohersteller bei Daim-ler, Volkswagen, BMW und Audi Durchsuchungen vorgenommen. Die Autokonzerne berichteten von „angekündigten Nachprüfungen“ der Kom-mission. Als erstes hatten Mitarbeiter der EU-Kommission in Kooperation mit Kollegen des Bundeskartellamts bei BMW Büros durchsucht und Unterlagen geprüft. Die Kommission geht dem Verdacht nach, dass die Hersteller gegen das EU-Kartellrecht verstoßen haben könnten.

Hintergrund ist der im Juli bekanntgeworde-ne Verdacht, dass einige deutsche Automobil-hersteller sich über viele Jahre hinweg illegal über Technik, Kosten und Zulieferer abgespro-chen hätten. Daimler erklärte, der Konzern ko-operiere bei den Ermittlungen. Zuvor hatte das Unternehmen bestätigt, einen Antrag auf Kron-zeugenregelung gestellt zu haben. Auch Volks-wagen informierte über eine „angekündigte Nachprüfung“ der EU-Kommission. Dabei seien Unterlagen am Hauptsitz in Wolfsburg und bei Audi in Ingolstadt geprüft worden. Der VW-Kon-zern sowie die betreffenden Konzernmarken kooperierten mit der Kommission. Die Kommis-sion betonte, die Durchsuchungen nähmen das Ergebnis der Ermittlungen nicht vorweg und be-deuteten nicht, dass die Unternehmen tatsäch-lich gegen Wettbewerbsrecht verstoßen hätten.

Grundsatzkatalog sozialer Rechte EU-US-Datenschutzschild EU prüft Absprachen von Autoherstellern

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EU-NACHRICHTEN Nr. 17 | 26.10.2017

> Die EU-Chefs betrachten die Türkei auch wei-ter als Partner. In den Gipfelschlussfolgerungen bekennen sie sich zur Zusammenarbeit beim Thema Migration und bei der Umsetzung des Flüchtlingspakts. Die Menschenrechtslage in der Türkei sei aber „absolut unzufriedenstel-lend“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Mit dem Kürzungsbeschluss verdeutlichten die EU-Länder ihren Unmut über die Verschlechte-rung, etwa über massenhafte Verhaftungen von Menschen aus politischen Gründen, darunter auch deutscher Staatsbürger.

Die EU zahlt Vorbeitrittshilfen an Beitrittskan-didaten, um ihnen die Anpassung an EU-Stan-dards zu erleichtern. Für Ankara sind dabei im Zeitraum von 2014 bis 2020 knapp 4,5 Mrd. Euro vorgesehen. Davon konzentrieren sich 35 Prozent auf Reformen im rechtsstaat-lichen, demokratischen und grundrechtlichen Bereich. Ein weiterer Fokus liegt auf der Stär-kung zivilgesellschaftlicher Organisationen, von Menschenrechtsverteidigern und ähnlichen Akteuren der Zivilgesellschaft. Von den 4,45 Mrd. Euro wurden bisher lediglich knapp 370 Mio. Euro vertraglich gebunden und wiederum knapp 260 Mio. Euro ausgezahlt.

Mit den Vorbeitrittshilfen kann eine breite Palet-te von Projekten gefördert werden. So stehen bis 2020 etwa gut 1,5 Mrd. Euro für die wirtschaftli-che und regionale Entwicklung bereit, über 900 Mio. Euro für die Unterstützung von Landwirt-schaft und ländlichen Räumen, 344 Mio. Euro zur Stärkung von Wettbewerbsfähigkeit, knapp

443 Mio. Euro für den Verkehrssektor und über 644 Mio. Euro für Umwelt- und Klimaschutz.

Rechtsstaatlichkeit weiter fördernJuncker wies darauf hin, „dass schon ein Drit-tel der in Frage kommenden Summen noblen Zwecken zugeführt wird“. Er nannte die Stär-kung der Rechtsstaatlichkeit und von Kinderrech-ten als Beispiele. Juncker kündigte an, dass die Kommission „in dieser Richtung weitermachen“ werde, wenn es um die Umwidmung von Mitteln geht. Profitieren könnten Projekte zur Förderung unabhängig arbeitender Gerichte und Behörden. Die Förderung unabhängiger Medien und gesell-schaftlicher Gruppen, die sich für eine offene und tolerante Gesellschaft einsetzen, sind laut Kom-mission ebenfalls Schwerpunkte bei der Vergabe von Vorbeitrittshilfen. So können Projekte zum kulturellen Austausch und zur grenzüberschrei-tenden Begegnung von Menschen gefördert werden. Hilfe für die Millionen von der Türkei auf-genommenen Flüchtlinge wird dagegen aus an-deren Töpfen des EU-Budgets bezahlt, nicht über die Vorbeitrittshilfen.

An den finanziellen Verpflichtungen aus diesem Abkommen wollen die EU-Staats- und Regie-rungschefs aber festhalten. Sie erkannten an, dass die Türkei weiter sehr viel für die aus Sy-rien geflüchteten Menschen tut. Deshalb wer-de die EU wie zugesagt weitere 3 Mrd. Euro überweisen, sagte Juncker. Seit Abschluss des Abkommens ist die Zahl der Flüchtlinge, die in die EU gelangen, deutlich zurückgegangen. Die Gespräche mit der Türkei über einen EU-Beitritt

sollen nicht abgebrochen werden. Für einen solchen Einschnitt gebe es unter den EU-Chefs „keine Mehrheit“, sagte Merkel. „Wir wollen die Tür für Ankara offen halten“, unterstrich Donald Tusk, Präsident des Europäischen Rates. Die gegenwärtige Lage in der Türkei mache dies allerdings sehr schwierig. Die Skepsis hinsicht-lich des türkischen Beitrittsprozesses sei beim Gipfel „sehr, sehr sichtbar“ gewesen, sagte Tusk. Die Beitrittsverhandlungen liegen seit lan-gem auf Eis. (frh) >|

EU-GIPFEL SENDET SIGNAL AN ANKARA

Vorbeitrittshilfen für die Türkei könnten gekürzt werden

Atomabkommen mit dem IranDie EU-Staaten halten voll und ganz am internationalen Abkommen fest, das dem Iran die Nutzung von Atomkraft erlaubt, aber die Entwicklung von Atomwaffen ver-hindern soll. Das bekräftigte der EU-Gipfel. Die EU nimmt damit eine andere Position als US-Präsident Donald Trump ein, der an dem Abkommen von 2015 rüttelt und neue US-Sanktionen ins Spiel gebracht hat. Kein einzelner Staat könne das Abkommen aufkündigen, denn es sei international, hatte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini zuvor erklärt. Internationale Ge-meinschaft und EU könnten es sich nicht leisten, „ein Atomabkommen auseinan-derzunehmen, das funktioniert“. Mogherini verwies darauf, dass die Internationale Atom-energiebehörde dem Iran achtmal beschei-nigt habe, seine Verpflichtungen zu erfüllen.

Eine starke und tolerante Zivilgesellschaft, in der Menschen auch demonstrieren und offen ihre Meinung sagen können, will die EU in der Türkei weiter fördern.

Es ist ein Signal an die türkische Regierung, sich nicht immer weiter von den EU-Grundwerten zu entfernen: Bei ihrem Gipfeltreffen einigten sich die EU-Staats- und Regierungschefs, eine Umschichtung der Finanz-hilfen anzustreben, mit denen die Türkei auf einen EU-Beitritt vorbereitet werden soll. Das berichteten mehrere Gipfelteilnehmer. Die EU-Kommission sei beauftragt worden, Vorschläge zu machen zu einer „Umorientierung der Vorbeitrittshilfen und wenn nötig einer Korrektur nach unten“, bestätigte EU-Kommissi-onspräsident Jean-Claude Juncker. Schriftlich in den Gipfelschlussfolgerungen festgehalten wurden die Pläne allerdings nicht.

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EU-NACHRICHTEN Nr. 17 | 26.10.2017

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> Zunächst werden in diesem und im nächs-ten Jahr 118,5 Mio. Euro aus dem EU-Haushalt zur Förderung von Projekten bereitgestellt, bei denen kommunale Akteure grenzüberschrei-tend Konzepte zum besseren Schutz etwa von Sport- und Kulturveranstaltungen und öffent-lichen Räumen entwickeln. Im kommenden Jahr will die Kommission einen Leitfaden mit Standards dafür herausgeben, in dem es etwa um den Einsatz von Spürhunden, technischen Hilfsmitteln zum Erkennen von Sprengstoff oder um Sicherheitszonen im Eingangsbereich öffentlicher Gebäude gehen soll. „Wir wollen öffentliche Räume weniger verwundbar ma-chen, ohne ihren offenen Charakter völlig zu verändern“, sagte King. Stadtplaner und Be-treiber von Einkaufszentren, Sport- und Kon-zerthallen sollen deshalb in die Planungen einbezogen werden.

„Die Idee, vorbildhafte, innovative und diskrete Schutzmaßnahmen mit EU-Mitteln zu fördern und somit einen Wettbewerb um die besten Ge-staltungslösungen für öffentliche Plätze in Gang zu bringen, wird zu einer deutlichen Beschleu-nigung der Sicherung potenziell gefährdeter Plätze beitragen“, kommentierte die CSU-Euro-paabgeordnete Monika Hohlmeier die Vorschlä-ge. In Deutschland arbeiten laut Städte- und Gemeindebund Sicherheitsbehörden mit kom-munalen Feuerwehren, Rettungskräften, Ver-kehrsbetrieben und Ordnungsdiensten bereits intensiv zusammen.

So würden die Zufahrten in den Innenstädten und den Fußgängerzonen durch Sperren so ge-sichert, dass man mit einem Lkw nicht mehr ohne weiteres hineinfahren kann. Die Video-überwachung an öffentlichen Plätzen sei aus-gebaut worden, es gebe mehr Polizei auf den Straßen und bei Veranstaltungen Abzäunungen mit Personalkontrollen, die Taschen der Besu-cher würden durchsucht.

Bombenbau soll erschwert werdenWeiterhin setzen Terroristen auf den Eigenbau von Bomben aus Chemikalien wie etwa Wasser-stoffperoxid. Die EU-Verordnung zum Umgang mit potenziellen Ausgangsstoffen für Spreng-stoff von 2013 hat den Zugang zu solchen laut King erschwert. Händler müssen lizenziert sein, bestimmte Stoffe registrieren und verdächtige Käufe, Diebstähle oder Verluste melden. Die Kommission legte nun Empfehlungen für eine

bessere Umsetzung der Verordnung vor. An-schläge mit chemischen, biologischen oder nu-klearen Stoffen hält die Kommission für wenig wahrscheinlich, aber nicht völlig auszuschlie-ßen. Deswegen soll der Aktionsplan zur Abwehr solcher Angriffe von 2009 überarbeitet werden.

Kriminelle Botschaften entschlüsselnDie Verschlüsselung von E-Mails oder anderer elektronischer Kommunikation kann die Verfol-gung und Bestrafung von Terroristen und Kri-minellen laut Kommission erschweren. Sie will Europol daher beim Aufbau von Möglichkeiten zur Entschlüsselung unterstützen. King betonte, die Kommission strebe keine „Hintertüren“ zum Knacken von Verschlüsselungstechniken an. Es gehe aber darum, etwa an Infos in beschlag-nahmten Smartphones zu kommen.

Zur Vorbeugung gegen Terrorismus und Kri-minalität gehört nach Ansicht der Kommission auch ein Austausch personenbezogener Da-ten von Verdächtigen zwischen Europol und Drittstaaten. Bis zum Jahresende will die Kommission den Mitgliedstaaten empfehlen, entsprechende Abkommen mit der Türkei, Al-gerien, Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, Ma-rokko und Tunesien auszuhandeln. Verhandeln möchte die Kommission auch über ein neu-es Abkommen mit Kanada zum gegenseitigen Austausch von Fluggastdaten. (frh) >|

ABWEHR VON TERRORISMUS

EU fördert den Schutz öffentlicher Räume

Die Spur des GeldesEin gutes Mittel, Terroristen auf die Spur zu kommen, ist laut EU-Sicherheitskommissar King die Beobachtung von Finanzströmen. Für November kündigte er eine Konferenz an, bei der es darum gehen soll, vor wel-chen Hindernissen Ermittler beim Zugang zu Finanzdaten in anderen Mitgliedstaaten stehen und wie deren Austausch beschleu-nigt werden könnte.

Ziel jüngster Terroranschläge in Barcelona, London, Manchester, Stockholm und Berlin waren belebte Orte wie Fußgängerzonen, Geschäftsstraßen, Märkte und Konzerthallen. Um auf diese Strategie der Terroristen zu reagieren, hat die EU-Kommission einen Aktions-plan zum Schutz öffentlicher Räume vorgelegt. „Da Terroristen ihre Vorgehensweisen ändern, werden wir die Mitgliedstaaten bei der Bewältigung dieser Bedrohungen noch intensiver unterstützen“, sagte der für die Sicherheitsunion zuständige EU-Kommissar Julian King. „Wir helfen, öffentliche Orte, an denen Menschen zusammenkommen, zu schützen, und unterbinden den Zugang von Terroristen zu gefährli-chen Materialien für die Bombenherstellung und zu Finanzierungsquellen“, sagte er.

So wie Kopenhagen sichern viele EU-Städte inzwischen Fußgängerzonen durch Sperren gegen Anschläge mit Lkw.

Schutz vor Terrorismus

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EU-NACHRICHTEN Nr. 17 | 26.10.2017

6_ IM FOKUS

> Sie kommt damit einer Aufforderung des Eu-ropaparlaments in seinem Bericht zur Agrar-landkonzentration in der EU vom März nach. Landwirtschaftliche Grundstücke sind ein be-sonderes Gut, das besonderen Schutz ver-dient, betont die Kommission. Denn Boden ist nicht vermehrbar, und Agrarflächen sind nicht nur unersetzbare Produktionsgrundlage für Le-bens- und Futtermittel, sondern auch für Was-serhaushalt, Artenvielfalt und das Stoppen von Bodenerosion sehr wichtig. „Ähnlich wie die Konzentration von Geldvermögen spaltet eine zu hohe Konzentration von landwirtschaftli-cher Fläche die Gesellschaft, destabilisiert den ländlichen Raum, gefährdet die Ernährungssi-cherheit und damit die ökologischen und so-zialen Ziele Europas“, heißt es im Bericht des Parlaments.

Die Kommission will mit ihren Leitlinien einen Beitrag leisten, dass Agrarland vor übermäßiger Preisspekulation und Eigentumskonzentration geschützt werden kann. Sie stellt dar, welche Beschränkungen nach der Rechtsprechung

des Europäischen Gerichtshofs akzeptabel sein können. Dazu gehören etwa:

> Genehmigungspflicht zum Erwerb von Grund-stücken durch nationale Behörden.

> Beschränkungen der Größe des zu erwerben-den Landes.

> Vorkaufsrechte an landwirtschaftlichen Nutz-flächen für bestimmte Gruppen. Dazu können derzeitige Pächter, Nachbarn, Miteigentümer und der Staat gehören.

> Staatliche Preisintervention.

Nicht erlaubt sind jedoch diskriminierende Be-schränkungen, wie zum Beispiel allgemeine Wohnsitzvorschriften für Käufer oder unverhält-nismäßige Beschränkungen für ausländische In-vestoren. Als unverhältnismäßig sieht der EuGH etwa die Verpflichtung an, selbst Landwirtschaft zu betreiben oder Qualifikationen in der Land-wirtschaft nachzuweisen oder ein Verbot, Ag-rarland an Unternehmen zu verkaufen. Solche Einschränkungen gibt es etwa in Bulgarien, Un-garn, Lettland, Litauen und der Slowakei, wes-wegen die Kommission 2015 gegen diese Länder Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat.

Hohe Landpreise sind Problem für BauernIn Rumänien, Ungarn und Bulgarien ist die Landkonzentration nach Meinung des Europa-parlaments besonders alarmierend, doch gebe es auch in Ländern wie Deutschland, Italien oder Spanien Probleme. Das niedrige Zinsni-veau und die steigende Nachfrage nach Land für den Anbau von Lebens- und Futtermitteln, nachwachsenden Rohstoffen oder Pflanzen zur

Energiegewinnung macht Agrarland zum at-traktiven Anlageobjekt und zieht branchenfrem-de Investoren und Preisspekulanten an. Stark steigende Preise machen es besonders kleinen Höfen oft unmöglich, benötigte Flächen dazu-zukaufen oder Pachtverträge zu verlängern. Auf der anderen Seite können Einschränkungen deutsche Agrarbetriebe auch daran hindern, im EU-Ausland Flächen dazuzukaufen.

Warnung vor zu viel BebauungIn Deutschland hätten sich die Kauf- und Pacht-preise verdreifacht, sagte die Europaabgeord-nete Maria Heubuch (Grüne). Ehemalige LPGs würden unkontrolliert an Investoren verkauft. „Agrarholdings in Hamburg oder Liechtenstein treffen dann weit entfernt von den Feldern, die sie aufgekauft haben, Entscheidungen, auf die die Gemeinden vor Ort kaum noch Einfluss haben“, sagte Heubuch. Viele Agrarflächen werden dann auch zugebaut. Hält der Trend an, gebe es etwa in Österreich in 200 Jah-ren so gut wie kein landwirtschaftliches Areal mehr, meint die Europaabgeordnete Elisabeth Köstinger (ÖVP). „Wir dürfen nicht warten bis alles zubetoniert ist“, sagte sie.

Maria Noichl (SPD), Autorin des Parlamentsbe-richts, begrüßte die Kommissionsleitlinien als richtigen ersten Schritt. „Wir brauchen ein ganzes Bündel an Maßnahmen: auf europäischer Ebene beispielsweise die Agrarland-Beobachtungsstelle und auf nationaler die Anpassung der Steuerge-setzgebung“, sagte Noichl. (frh) >|

EU-LEITLINIEN VORGELEGT

Spekulation und Aufkauf von Agrarland sollen Grenzen haben

Freier Kapitalverkehr Ausländische Investitionen sind eine wich-tige Kapital-, Technologie- und Wissens-quelle, betont die EU-Kommission. Sie können etwa die landwirtschaftliche Pro-duktivität steigern und den Zugang lokaler Unternehmen zu Finanzmitteln verbessern. Gefördert werden solche Investitionen durch eine der „EU-Grundfreiheiten“: das Recht auf freien Kapitalverkehr.

Immer mehr landwirtschaftliche Flächen in der EU werden von Großbetrieben oder Investoren aufgekauft. Der Trend zur Landkonzentration ist nach Ansicht des Europäischen Parlaments „alarmierend“, 2012 hätten 80 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe nur noch über 12 Prozent des Agrarlandes verfügt. Viele Mitgliedstaaten versuchen, die Entwicklung durch Gesetze und Vorschriften zu stoppen. Doch können sie dabei in Konflikt mit dem EU-Grundrecht auf freien Kapitalverkehr kommen. Die EU-Kommission hat jetzt Leitlinien dafür vorgelegt, welche Einschränkungen nach EU-Recht zulässig sind.

Leitlinien für Ackerland

Landwirtschaftliche Grundstücke sind nach Meinung der EU-Kommission ein besonderes Gut. Sie verdienen besonderen Schutz.

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EU-NACHRICHTEN Nr. 17 | 26.10.2017

TERMINVORSCHAU _7

Herstellung:Brandenburgische Universitätsdruckerei und Verlagsgesellschaft Potsdam mbHKlimaneutral gedruckt und mit FSC®-Zertifizierung als Nachweis der Holz-herkunft aus guter Waldbewirtschaftung.

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DATUM THEMA ORT KONTAKT

> 01.11.2017 08.30–10.00 Uhr

„Zwischen Brüssel, Strassburg und Sachsen-Anhalt: Mein Engagement für Europa“ Vortrag

Veranstalter:Politisches Bildungsforum Sachsen-Anhalt

Burger Roland-Gymnasium Brüderstraße 4639288 Burg

www.kas.de/sachsen-anhalt/de/events/74709/

> 06.11.2017 18.00–20.00 Uhr

„Berlin und Europa fit für das 21. Jahrhundert“ Diskussionsveranstaltung

Veranstalter:Europäische Akademie Berlin

ExRotaPrintGottschedstraße 413357 Berlin

www.eab-berlin.eu/event/berlin-und-europa-fit-fuer-das-21-jahrhundert/

> 07.11.2017 09.00–16.15 Uhr

„Die digitale Zukunft der EU: Was heißt das für Hessenund Kassel?“ Workshop

Veranstalter:Presseklub Kassel e.V.

Science Park Kassel GmbHUniversitätsplatz 1234127 Kassel

www.pressto4u.de/eu/BPA7.pdf

> 07.11.2017 18.00–19.30 Uhr

„Ein europäischer Islam – geht das überhaupt?“ Vortrag und Diskussion

Veranstalter:Europe Direct-Informationszentrum Köln

FORUM VolkshochschuleCäcilienstraße 29-3350667 Köln

www.ize-koeln.de/de/com-ponent/jem/event/282-ein-europaeischer-islam-geht-das-ueberhaupt.html

> 08.11.2017 10.30–16.30 Uhr

„Kommunen sagen Ja zu Europa – Neue Impulse für Austausch, Begegnung und Vernetzung“ Tagung

Veranstalter:Kontaktstelle Deutschland „Europa für Bürgerinnen und Bürger“

Kulturforum WiesbadenSchillerplatz 1-265185 Wiesbaden

www.kontaktstelle-efbb.de/fileadmin/user_upload/4_in-fos-service/veranstaltungen/Einladung_Kommunen_sa-gen_Ja_zu_Europa.pdf

> 09.11.2017 15.00–18.00 Uhr

„Wie weiter in der EU? Globalisierung - Was ist nötig, damit es besser funktioniert?“ Seminar

Veranstalter:Europa-Abteilung der Bevollmächtigten Bremens

EuropaPunktBremenAm Markt 2028195 Bremen

www.europa.bremen.de/europa_vor_ort/detail.php?gsid=bremen97.c.14036.de&asl=bremen97.c.1575.de

> 09.11.2017 18.00–19.30 Uhr

„Einheitliches Patent in der Europäischen Union – Chance oder Risiko?“ Vortrag und Diskussion

Veranstalter:Europe Direct-Informationszentrum Köln

VHS Studienhaus am NeumarktCäcilienstraße 3550667 Köln

www.ize-koeln.de/de/component/jem/event/283-einheitliches-patent-in-der-europaeischen-union-chance-oder-risiko.html

> 10.11.2017 17.00 Uhr

„Die EU und Großbritannien nach dem Brexit“ Seminar

Veranstalter:Europe Direct Informationszentrum Dortmund

Rathaus DortmundFriedensplatz 144135 Dortmund

www.europe-direct-dortmund.de/die-eu-und-grossbritannien-nach-dem-brexit-10-11-2017/

> 10.11.2017 17.00–17.30 Uhr

„Mitreden über Europa“ Bürgerforum

Veranstalter:Informationsbüro des Europäischen Parlaments in Deutschland

WeimarhalleUNESCO-Platz 199423 Weimar

www.europarl.europa.eu/germany/de/aktuell/b%C3%BCrgerforum-mitre-den-%C3%BCber-europa-in-weimar-10-11-17

> 10.–11.11.2017 19.00 Uhr

„A Soul for Europe. Who is assuming responsibility for Europe? “ Konferenz

Veranstalter:A Soul for Europa und Stiftung Zukunft Berlin

Radialsystem VHolzmarktstraße 3310243 Berlin

http://asoulforeurope.eu/events/asfe17/

© Europäische Union, 2017

Herausgeber:Europäische Kommission – Vertretung in Deutschland:Leitung: Richard KühnelUnter den Linden 78 • 10117 Berlin • Tel: 030-22 80 20 00 • Fax: 030-22 80 22 22E-Mail: [email protected] • Internet: www.eu-kommission.de

Regionalvertretung in Bonn:Bertha-von-Suttner-Platz 2-4 • 53111 Bonn • Tel: 0228-530 09-0 • Fax: 0228-530 09 50

Regionalvertretung in München:Bob-van-Benthem-Platz 1 • 80469 München • Tel: 089-24 24 48-0 • Fax: 089-24 24 48 15

Redaktion & Grafik:Reinhard Hönighaus, Gabriele Imhoff (EU-Kommission)Frank Hütten, Armin Kalbfleisch, Marion GladzewskiMBI Martin Brückner Infosource GmbH & Co. KG • Rudolfstraße 22-24• 60327 Frankfurt am Main • E-Mail: [email protected]

IMPRESSUM

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> Alle Termine zum Nachlesen und Anklicken finden Sie auch noch einmal hier: https://ec.europa.eu/germany/news/eu-newsletter_de

EU-NACHRICHTEN Nr. 17 | 26.10.2017 IB-AA-17-017-DE-NISSN 2467-043X

8_ SERVICE

HILFSMITTEL FÜR STÄDTE UND GEMEINDEN

EU-Atlas für kommunale Wasserwirtschaft ist onlineWasser ist eine unverzichtbare Ressource mit der entspre-chend schonend umgegangen werden muss. Dies ist auch eine große Aufgabe für die in den Städten für Wasserwirtschaft Verantwortlichen, denn dort leben drei Viertel aller EU-Bürge-rinnen und Bürger. Als Hilfestellung für Städte und Gemeinden hat die EU-Kommission einen Atlas zur kommunalen Wasser-wirtschaft bereit gestellt, der von ihrem wissenschaftlichen

Dienst und anderen Forschungsstellen entwickelt wurde. Darin wird etwa die Wasserbewirtschaf-tung in über 40 EU-Städten und Regionen sowie in einigen Drittstaaten vorgestellt und verglichen. Sichtbar gemacht wird unter anderem der Wasserverbrauch der Haushalte und der Verbrauch, der für die Herstellung von Lebensmitteln benötigt wird.

Enthalten sind auch zwei Online-Tools, über die kommunale Verantwortliche Zugang zu Fachwissen be-kommen sollen und die Fortschritte ihrer Stadt bei der nachhaltigen Wasserwirtschaft messen können.

SICHERHEIT VON AUSWEISEN

Meinung der Bürgerinnen und Bürger gefragt

Die EU-Kommission überlegt, wie Sicherheitsmerkmale von Per-sonal- oder Einwohnerausweisen und Notfallreisedokumenten modernisiert und verbessert werden könnten. Dazu hat sie zwei öffentliche Konsultationen eingeleitet. Bis zum 5. Dezember kön-nen alle Interessierten – von ausstellenden Behörden bis zu Bür-gern – ihre Meinung zu den Fragebögen online äußern.

Bei einer Konsultation geht es hauptsächlich darum, wie die Sicherheitsmerkmale von Auswei-sen verbessert werden können. Auch werden Fragen gestellt, wie die Anerkennung von nationalen Personalausweisen bei Umzügen in andere Mitgliedstaaten gehandhabt werden sollte. Die zweite Konsultation befasst sich mit modernisierten Modalitäten zur Ausstellung von Notfall-Reisedoku-menten, besonders mit dem 1996 eingeführten EU-Rückkehrausweis. Er ist wichtig etwa für EU-Bürger, denen bei Reisen außerhalb der Union zum Beispiel der Pass gestohlen wurde.

NEUE PUBLIKATION VON EUROSTAT

Gewohnheiten der Europäerinnen und Europäer im statistischen Porträt

Frauen verlassen in der EU im Durchschnitt mit 25 Jahren ihr Elternhaus, zwei Jahre früher als Männer. Die Frau-en lesen häufiger Bücher als Männer und besuchen mehr Konzerte und andere Live-Veranstaltungen. 79 Prozent von ihnen erledigen das tägliche Kochen und andere Hausarbeiten, während nur 34 Prozent der Männer das im Alltag tun. Welche anderen statistischen Unterschiede und Gemeinsamkeiten es zwischen den Geschlechtern gibt und wie sich diese wiederum in den einzelnen EU-Staaten unterscheiden, listet eine neue Online-Publikation des EU-Statistikamts Eurostat auf.

„Das Leben von Frauen und Männern in Europa – ein statistisches Porträt“ versucht Vielfalt und Merkmale des Lebens der EU-Bürger anhand der zahlreichen Meilensteine des Lebens zu verdeutlichen: Einschulung, Beginn des Berufslebens, Heirat, Geburt der Kinder und Ruhestand zum Bei-spiel. Auch zu Bildung, Beschäftigung, beruflichen Laufbahnen und Einkommen, Kinderbetreuung, Gesundheit und Ernährungsgewohnheiten oder kulturellen, sportlichen und Internetgewohnheiten gibt es Texte, Grafiken und visuelle Elemente. Außerdem können die Leser ihr Wissen bei einem Quiz testen.

GRUNDLAGENWISSEN

EU-Seminar für Lehrkräfte in Schleswig-Holstein

Wer über EU-Politik mitdiskutieren will, muss sich auskennen. Grundlagenwissen über die Aufgaben der einzelnen EU-Institutionen und ihre Arbeitsweise gehört deshalb zur politi-schen Grundbildung. Lehrerinnen und Lehrer aus Schleswig-Holstein und dem Schulbezirk Lüneburg, die das Thema im Unterricht an wei-terführenden und Berufsschulen behandeln wollen, können ihre eigenen Kenntnisse bei einem Kompaktkurs am 14. November in Lau-enburg/Elbe auffrischen. Organisiert wird er von der Europa Union Schleswig-Holstein.

Neben Grundlagenwissen bekommen die Teil-nehmer von einer Mitarbeiterin der Vertretung Niedersachsens in Brüssel eine Innenansicht des EU-Politikbetriebs vermittelt. Enrico Kreft von der Europa Union gibt Tipps zur Vermittlung des Themas EU im Unterricht. Er organisiert seit vielen Jahren Planspiele zu den europäi-schen Institutionen und Workshops zu verschie-denen europapolitischen Themen, besonders in Schulen.

Statistisches Porträt 2017

Initiative zu Personaldokumenten

Rolle des Wassers in europäischen Städten

Kompaktkurs: Die EU aktuell

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