[3 + 2]-Cycloadditionen mit Azirin-Radikalkationen: Eine neue Synthese N-substituierter Imidazole

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13 + 21-Cycloadditionen mit Azirin-Radikalkationen: Eine neue Synthese N-substituierter Imidazole ** Von Felix Miilkr und Jodm MUIIU~ * Prqfessor Kurr Schqffniv Zuni 60. Cehitrrsrag gewidmer Die Untersuchung von Reaktionen. die durch photoindu- zierten Elektronentransfer (PET) gesteuert werden, ist ein aktuelles Thzma in der Organischen Photochemie. Beson- ders die PEl'-katalysierte Offnung gespannter Ringe findet derzeit steigendes Interesse"]. Wir berichten, wie die in der 1.3-Dipolaren Cycloaddition vielfach eingesetzten Azirine"] unter den Elektronentransferbedingungen reagieren. Bei Be- strahlung von Substanzen findet iiblicherweise ein Energie- transfer statt, wobei die Edukte direkt oder iiber einen Tri- plettsensibilisator angeregt werden. Beim PET hingegen wird ein Elek tronenacceptor angeregt (PET-oxidativer Weg), wofiir sich Cyanarene wie 1,4-Naphthalindicarbonitril (DCN) besonders eignen. Bei der Bestrahlung mit Licht von 350 nm WellenlHnge wird bei Vorhandznsein von DCN und Azirinen ausschlienlich DCN angeregt. da der n-n*-Ubergang von Azirinen wie 1 a erst bei 280 nm erfolgt[21. Das angeregte DCN* fungiert als Elektronenacceptor und analog zur direkten Bestrahlung[21 wird auch hier die C-C-Bindung des Azirins ge~palten[~I. Als DCN -k- DCN* A=350 nrn N 0 PhC = N-CH-Ph + DCN'O Ph APh la -* / 2 ,/ =\CN phqph Ph QPh 4a CN 4b CN Schema 1. Die Produkte 4.9. b entstehen im Verhaltnis 50:50. Zwischenstufe nehmen wir das 2-Azaallenyl-Radikalkation 2 an, das mi1 Olefinen unter Ringschlun und Ruckelektro- nentransfer 7um Fiinfring 4 reagiert. Die Addition erfolgt nach einem zweistufigen Mechanismus. Bei der I ,3-Dipola- ren Cycloaddition unter direkter Einstrahhng von UV-Licht [*I Prof. Dr. J. Mattay. DipLChem. F. Miiller Organisch-chemisches lnstitut der Universitit Orleansring 23. W-4400 Miinster I**) Radikalionen und photochemisch-induzierte Ladungstransfer-Phinome- ne (Serie A), 31. Mitteilung und Cyctoddditionen (Serie B). 35. Mitteilung. Diese Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Fonds der Chemischen Industrie und dem Land Nordrhein-Westblen ge- fordert. Fur Chemikalienspenden danken wir der Bayer AG. E M. dankt der Studienstiftung des Deutschen Volkes fur ein Promotionsstipendium. Serie A, 30. Mitteilung: J. Mattay. M. Vondenhof. Top. Curr. Chem. 159 (1991) 219. Serie B. 34. Mitteilung: M. Conrads. J. Mattay. Chem. Eiv. 124 (1991) 1425. beobachteten Pudwn et al.I4]eine hohe Diastereoselektivitlt : 4b entstand zu 90%. wihrend die Ausbeute an 4a bei 10% lag. Bei der hier vorgestellten Reaktion unter DCN-Katalysc war das VerhCltnis der Produkte 50: 50. Der Abfangversuch der Zwischenstufen mit 2.2.2-Tri- fluorethanol ergab 5 und 6IS1. 5 1st das Abfangprodukt des 2-Azaallenyl-Radikalkations 2. Die Bildung von 6 1st nur durch Abfmgen von 3a/3b zu erkliren. das durch Reaktion von 2 mit Acrylnitril gebildet wird. Somit konnen die Di- Ph yNyOCH2CF, P h TNThOCH2CF, ti Ph CN 5 6 hydropyrrole 4 nicht durch eine konzertierte [3 + 21-Cycload- dition entstanden sein. Ohne die Zugabe von DCN liuft die Reaktion bei Bestrahlung (i. = 350 nm) nicht ab. auch nicht bei Zugabe eines Triplettsensibilisators (Benzophenon). Bei einem Vergleich der Reaktivitat von 2 mit den durch direkte Bestrahlung erzeugten Nitril-Yliden stellen wir bei beiden Systemen die Tendenz zur Reaktion rnit elektronenarmen Olefinen fest. So fuhrt beispielsweise die Umsetzung rnit Vi- nylethern nicht zur Bildung von Fiinfringen. Wenn kein ge- niigend elektronenarmer Reaktionspartner vorhanden 1st. dimerisieren die Azirine in einer [3 + 2]-Cycl0addition[~, 61 zu 9. Mit Carbonylverbindungen reagieren Nitril-Ylide und 2-Azaallenyl-Radikalionen zu 3-Dihydroo~azolen[~~. Das Radikalkation 2 kann auch die C-N-Doppelbindung in Iminen intermolekular angreifen. Dies ist bei der photo- chemischen I -3-Dipolaren Cycloaddition nicht moglich[61. So entstehen bei der Umsetzung der Azirine mit den Iminen die N-substituierten Imidazole 8. Der Reaktionsverlauf kann folgendermanen erklart werden: Das Radikalkation 2 1st in der Lage. sich an das Imin zu addieren und den Fiinfring MeCN. DCN hv,350 nm la-c I R3 'c N, 7a-b U ' 8a- Schema 2. Is: R' = R' = Phenyl: I b: R' = Phenyl. R2 = H: Ic: R' = n-Bu- tyl. R2 = H: 7n: R' = Phenyl. R4 = n-Propyl. 7b. R' = R' = n-Propyl. zum Dihydroimidazol zu schlienen. Dieses 1st unter den Re- aktionsbedingungen nicht stabil und reagiert zum aromati- schen Imidazol. so daB schon im Rohprodukt kein Dihydro- imidazol nachgewiesen werden kann. Huisgcw et al."l fanden bei einer vergleichbaren Reaktion ebenfalls kein Dihydroimidazol. Durch die Reaktion von Azirinen mit Iminen sind N-substituierte Imidazole mit einer grol3en Viel- falt an Substituenten direkt synthetisierbar. Da die C-N-Doppelbindung des Imins mit der des Azirins konkurriert. ergeben sich sehr unterschiedliche Ausbeuten

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13 + 21-Cycloadditionen mit Azirin-Radikalkationen: Eine neue Synthese N-substituierter Imidazole ** Von Felix Mii lkr und J o d m M U I I U ~ * Prqfessor Kurr Schqffniv Zuni 60. Cehitrrsrag gewidmer

Die Untersuchung von Reaktionen. die durch photoindu- zierten Elektronentransfer (PET) gesteuert werden, ist ein aktuelles Thzma in der Organischen Photochemie. Beson- ders die PEl'-katalysierte Offnung gespannter Ringe findet derzeit steigendes Interesse"]. Wir berichten, wie die in der 1.3-Dipolaren Cycloaddition vielfach eingesetzten Azirine"] unter den Elektronentransferbedingungen reagieren. Bei Be- strahlung von Substanzen findet iiblicherweise ein Energie- transfer statt, wobei die Edukte direkt oder iiber einen Tri- plettsensibilisator angeregt werden. Beim PET hingegen wird ein Elek tronenacceptor angeregt (PET-oxidativer Weg), wofiir sich Cyanarene wie 1,4-Naphthalindicarbonitril (DCN) besonders eignen.

Bei der Bestrahlung mit Licht von 350 nm WellenlHnge wird bei Vorhandznsein von DCN und Azirinen ausschlienlich DCN angeregt. da der n-n*-Ubergang von Azirinen wie 1 a erst bei 280 nm erfolgt[21. Das angeregte DCN* fungiert als Elektronenacceptor und analog zur direkten Bestrahlung[21 wird auch hier die C-C-Bindung des Azirins ge~pal ten[~I . Als

DCN -k- DCN* A=350 nrn

N 0 PhC = N - C H - P h + D C N ' O

Ph APh la -* / 2

,/ =\CN

phqph Ph QPh 4a CN 4b CN

Schema 1. Die Produkte 4.9. b entstehen im Verhaltnis 50:50.

Zwischenstufe nehmen wir das 2-Azaallenyl-Radikalkation 2 an, das mi1 Olefinen unter Ringschlun und Ruckelektro- nentransfer 7um Fiinfring 4 reagiert. Die Addition erfolgt nach einem zweistufigen Mechanismus. Bei der I ,3-Dipola- ren Cycloaddition unter direkter Einstrahhng von UV-Licht

[*I Prof. Dr. J. Mattay. D ipLChem. F. Miiller Organisch-chemisches lnstitut der Universitit Orleansring 23. W-4400 Miinster

I**) Radikalionen und photochemisch-induzierte Ladungstransfer-Phinome- ne (Serie A), 31. Mitteilung und Cyctoddditionen (Serie B). 35. Mitteilung. Diese Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Fonds der Chemischen Industrie und dem Land Nordrhein-Westblen ge- fordert. Fur Chemikalienspenden danken wir der Bayer AG. E M. dankt der Studienstiftung des Deutschen Volkes fur ein Promotionsstipendium.

Serie A, 30. Mitteilung: J. Mattay. M. Vondenhof. Top. Curr. Chem. 159 (1991) 219. Serie B. 34. Mitteilung: M. Conrads. J. Mattay. Chem. Eiv. 124 (1991) 1425.

beobachteten Pudwn et al.I4] eine hohe Diastereoselektivitlt : 4 b entstand zu 90%. wihrend die Ausbeute an 4 a bei 10% lag. Bei der hier vorgestellten Reaktion unter DCN-Katalysc war das VerhCltnis der Produkte 50: 50.

Der Abfangversuch der Zwischenstufen mit 2.2.2-Tri- fluorethanol ergab 5 und 6IS1. 5 1st das Abfangprodukt des 2-Azaallenyl-Radikalkations 2. Die Bildung von 6 1st nur durch Abfmgen von 3a/3b zu erkliren. das durch Reaktion von 2 mit Acrylnitril gebildet wird. Somit konnen die Di-

Ph yNyOCH2CF, Ph TNThOCH2CF,

t i Ph

CN

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hydropyrrole 4 nicht durch eine konzertierte [3 + 21-Cycload- dition entstanden sein. Ohne die Zugabe von DCN liuft die Reaktion bei Bestrahlung (i. = 350 nm) nicht ab. auch nicht bei Zugabe eines Triplettsensibilisators (Benzophenon). Bei einem Vergleich der Reaktivitat von 2 mit den durch direkte Bestrahlung erzeugten Nitril-Yliden stellen wir bei beiden Systemen die Tendenz zur Reaktion rnit elektronenarmen Olefinen fest. So fuhrt beispielsweise die Umsetzung rnit Vi- nylethern nicht zur Bildung von Fiinfringen. Wenn kein ge- niigend elektronenarmer Reaktionspartner vorhanden 1st. dimerisieren die Azirine in einer [3 + 2]-Cycl0addition[~, 61

zu 9. Mit Carbonylverbindungen reagieren Nitril-Ylide und 2-Azaallenyl-Radikalionen zu 3-Dihydroo~azolen[~~.

Das Radikalkation 2 kann auch die C-N-Doppelbindung in Iminen intermolekular angreifen. Dies ist bei der photo- chemischen I -3-Dipolaren Cycloaddition nicht moglich[61. So entstehen bei der Umsetzung der Azirine mit den Iminen die N-substituierten Imidazole 8. Der Reaktionsverlauf kann folgendermanen erklart werden: Das Radikalkation 2 1st in der Lage. sich an das Imin zu addieren und den Fiinfring

MeCN. DCN hv,350 nm

la-c I R3 'c N,

7a-b U' 8a-

Schema 2 . Is: R ' = R' = Phenyl: I b: R ' = Phenyl. R2 = H: Ic: R' = n-Bu- tyl. R2 = H: 7n: R' = Phenyl. R4 = n-Propyl. 7b. R' = R' = n-Propyl.

zum Dihydroimidazol zu schlienen. Dieses 1st unter den Re- aktionsbedingungen nicht stabil und reagiert zum aromati- schen Imidazol. so daB schon im Rohprodukt kein Dihydro- imidazol nachgewiesen werden kann. Huisgcw et al."l fanden bei einer vergleichbaren Reaktion ebenfalls kein Dihydroimidazol. Durch die Reaktion von Azirinen mit Iminen sind N-substituierte Imidazole mit einer grol3en Viel- falt an Substituenten direkt synthetisierbar.

Da die C-N-Doppelbindung des Imins mit der des Azirins konkurriert. ergeben sich sehr unterschiedliche Ausbeuten

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an Imidazolen (Tabelle 1) . Der zu 100% fehlende Anteil ent- spricht jeweils dein Anteil an Azirindimeren 9.

Im Vergleich zu klassischen Mcthoden der Direktsynthese N-substituierter Imidazole181 sind die Ausbeuten relativ

Tahelle I . Uhersicht dcr hergestellten Imida~ole

Verh. K' R' R' R' Ausbeure

Ha Phen}l Phcnyl Phenyl Ti-Propyl X7% 181 [a] X b PhenyI H Phcnyl 11-Propyl 12% [h] Hc t i-Bufyl H Phenyl ti-Propyl 3% [c] 8d Phenyl Phcnyl ti-Propyl n-Propyl 25% [d] Re Phenyl H it-Propyl ~i-Propyl 35 '1' [el HI ir-Butyl t i ti-Propyl Jr-Propyl 40% [f]

[a] 9 a . I ? % . [h] 9 b . k5%. [c] 9c: 9 % . [dl 9 a . 74%; [el 9 b : 60%; [ f l 9 c . s79..

hoch. Durch die dariiber hinaus einfache Zuginglichkeit der Edukte ergeben sich neue. vielseitige Synthesemoglichkeiten.

A rheils vorschrifi

Die Atirine I werden n x h 191. die lmine 7 nach [ lo ] hergestellt. Fur die Synthe- se von DCN siche [ I 1)

In ein Bestrahlungsrohi aus Pyrex-Glas wird cine Liisung von 0.3 mmol Amin und 1.0 mrnol lmin in 10 mL Acetonitril gegeben. 0.1 mmol Naphthalindicdr- bonifril (18 mg) werdeii hinmgefiigt, das Rohr mil Argon entluffet und ver- schlossen. In einem Ravonet-Photoreaklor wird mil 350 nm-Strahlungsrohren 6 . - 10 Srunden hesfrahlf. Das Losungsmiffel wird enffernt. der Rucksrand mil Diethylether an Aluminiurnoxid (Merck Neutral Akt. I ) chromafographierl. Alle neuen Verhindungtn Iieferten korrekte 'H-NMR-. "C-NMR- und mas- renspekfrometrischc und elcmentaranalytische Datcn. die mit den vorgeschla- genen Strukturen und den Dafen vergleichbarer Substan7en in Einklang stehen [I?].

Eingegangen am 15. M2rz 1991 [Z 45011

[ I ) J. Maffay. .~inrhe.s,v /989,233. H. Tomioka. D. Kobdyashi. A. Hashimoto. S. Murata. Terruhedron Lerr. 30 (1989) 4685; P. Clawson. P. M. Lunn. D. A. Whiting. J. ('hem. Soi.. Perkin Trons. I 1990. 153. ihid. 19YO. 159; E. Palomino. A. P Sthaap. M. J. Heeg. Trrrohrdron Lett. 31 (1990) 6861, K. Gollnick. M. Weber, rhrd. 3/ (1990) 4585; N. Ichimose. K . Mizuno, T. Tdrnai. Y 0fsuji.J. Org. Chcm 55(1990)4079: M. Karnafa. H. Furukawa. T. Miyashi. Terrohrdron Lrrr. 31 (1990) 681

[ 2 ] R. Huisgen in A. Pxdwa (Hrsg.): /,3-Dipfi/ur Chcmisrry. Vu1 1. Wiley. New York 1984. S. I : A. Pddwa in W. Horspool (Hrsg.): Synrhrric Orgonir Phurorhemirrrj.. Plenum. New York 1984, S. 31 3; H. Heirngartner. A n g m . Chcn?. 103 (1991) 171; A I I ~ P K Chwx /nl. E d Engl. 30 (1991) 238.

[3] Als ersten Schritf nehmen W I T die Oxidnfion des Azirins mrn Azirin-Radi- kalkation an. da die nach der Weller-Gleichung (D. Rehrn. A. Weller. Isr. J Chew X (1970) 259) ahgeschirzte Energie riir den Elektronentransfer negdfiv is[. der ProzeO also thermodynamisch erlaubt isl.

[4] A. Padwa. J Smol.moff. J. Am. Ch~m. Sw. 93 (1971) 548: A. Padwd. M. Dhardn. I. Smolanoff. S. I Wetmore. Jr . , ihid. 95 (1973) 1945; rhrd. 95 (1973) 1954: A. Padwa. J. Smolanoff. A. Tremper, rhrd. 97(1975) 4682.

IS] Ahfangreaktion durch Zugabe von 1 mL 2.2.2-Trifluorethanol zur iihli- chen Redktionsmischung (siehe Arbeitsvorschrift). 5 und 6 wurden mil 8 hzw. 7 % Anreil isoliert. Bei Direkteinstrahlung wird nur 5 gebildet. Ber Zugabe von nucleophileren Alkoholen l i U t sich keine LU 6 analoge Verhin- dung isolieren.

[6] H. Giezendanner. M. Mirky. B. Jackson. H.-J Hansen. H. Schmid. Helv. ('him. A(.ro 55 (1972) 745; H. Giezendanner. H. Heimgartner. B. Jackson, T. Winkler, H. Schmid. ihid. 56 (1973) 2611: U. Gerber. H Heimgarfner. H. Schmid. H - J . Flansen. H c w r o r y k s 6 (1977) 143.

[7] R. Huisgen. H. Gotfhardt, B. 0. Bayer. Cliem. Ber. 103 (1970) 2370; K. Bunge. R. Huisgen. R. Raah. H. J. Sturm. ihrd. 105 (1972) 1307.

[XI V. Stoeck. W. Schunack. Arch. Phurm. (Weinheim, Ger.) 307 (1974) 922; ihid. 309 ( 1976) 42 I .

[Y] G. Smolinsky, J. Urg. Chem. 27 (1962) 3557; F. W. Fowler. A. Hassner. L. A. Levy. J. Am. Chm. Suc. 89 (1967) 2077.

[lo1 L. F. Tietze. T. Eicher: Reokrionen und Swrhesm. Thieme. Stuttgart 19x1. S. 69.

[ 1 I ] A. Albini. D. R. Arnold. Con. J Chrm. 56 (1978) 2985. 1111 H. J. Sattler. V. Stoeck. W. Schunack, Arch. Phorm. ( Weinheim. G r r . ) 308

(1975) 795; <hid. 311 (197X) 736.

Herbizidresistenz in transgenen Pflanzen durch Abbau des Phytotoxins zu Harnstoff ** Von Ursitlu H . Muier-Greiniv, Christian B. A . KlaicJ, Lydia M. Estcrmuic~r und Guido R. Hartninnn *

Herbizidresistenz in transgenen Pflanzen wurde bisher au! drei Wegen erreichtl'l: 1. Uberproduktion des betroffenen Proteins; 2. Expression eines Mutantenproteins. das gegen die herbizide Wirkung resistent 1st; 3. Expression eines En- zyms, welches das Herbizid durch Modifikation inaktiviert. In jedem Fall verbleiben Reste des Phytotoxins oder seiner Modifikationen in einer Pflanze mit moglichen Riickwirkun- gen auf ihre Nutzbarkeit als Nahrungsmittel. Wir beschrei- ben hier eine neue Methode, die Resistenz durch Umwand- lung des Herbizides in eine unschidliche. physiologische Verbindung zu bewirken. Das Herbizid ist Cyanamid. das zu Harnstoff in transgenen Tabakpflanzen umgewandelt wird.

Im Bodenpilz Mrrothecium verrucuria wurde ein induzier- bares Enzym entdeckt, welches das Herbizid Cyanamid (Han- delsbezeichnung Alzodef") quantitativ in Harnstoff umwan- delt". 31. Diese Cyanamid-Hydratase (EC 4.2.1.69) wird vom 732 Basenpaare langen cali-Gen codiert, das sich auf einem 900 Basenpaare langen EcoRI-Fragment befindet, das aus einer cDNA-Bank von MyrorhPcium verrucuria isoliert wur- deI'I.

Zur Erpression in Pflanzen wurde eine Genkassette kon- struiert. in der dieses OoRI-Fragment zwischen den 35 S- Promotor des Cauliflower-Mosaic-Virus und das PolyA-Si- gnal des Nopalin-Synthetasegens gesetzt wurde. Hierfiir kann man den Plasmidvektor pRT 101 14] verwenden. Zwei Gen- konstrukte wurden erhalten. Eines enthielt das Gen in der korrekten Orientierung beziiglich des Promotors (bezeichnet als cuh'), das andere mit dem Gen in der entgegengesetzten Orientierung ( c d - ) . Die Ubertragung in die Pflanzen wurde unter Verwendung der iiblichen biniren Vektorsysteme er- reicht, z. B. mit dem Plasmid pBin 19['l, welches die cab+- oder caK-Genkassette enthalt, und mit Agrobacrerium tu- mefaciens Stamm LBA 4404161 (Clontech Laboratories, Pa10 Alto, CA, USA). Triparentale Kreuzung, Transformation und Regeneration der Pflanzen wurden wie beschriebenl'. *I durchgefiihrt. Die sich entwickelnden Sprosse wurden auf 100 pg mL- ' Kanamycin selektioniert.

Fiinfzehn Kanamycin-resistente Pflanzen wurden auf Cy- anamid-Hydratase-Aktivitit getestet. In allen Pflanzen wurde Enzymaktivitlt gefunden, wobei der Spiegel der Expression von 0.03 bis 0.79 Enzymeinheiten pro mg Protein im Zell- extrakt reichte. Der hochste Wert entspricht etwa einem Fiinftel der spezifischen Aktivitat, die in Extrakten BUS indu- ziertem Myrothecium verrucariu gefunden wird. Obgleich die spezifische Aktivitat in den Wurzeln am hochsten war, war die Gesamtaktivitit des Enzyms pro Gramm Frischgewicht in den Blittern deutlich hoher als in den anderen Teilen der Pflanzen (Tdbek 1). Keine Aktivitat wurde in Pflanzen ge- funden, die fur cah- transgen waren.

Die Wurzelbildung von Wildtyp oder cuK-transgenen Ta- baksprossen wird durch 1.2 mM Cyanamid im Medium voll- kommen verhindert. Im Gegensatz hierzu wurde Wurzelbil- dung bei call+-transgenen axillaren Sprossen selbst in Ge- genwart von 12 mM Cyanamid im Wachstumsmedium beob- achtet. Die Toleranz fur Cyanamid, bezogen auf die Wurzel-

['I Prof. Dr. G. R. Hartrnann. Dr. U . H. Maier-Greiner. Dip1.-Chem. C. B. A. Klaus. DipLChem. L. M. Esfermaier Institut fur Biochemie der Universitit Karlstrdk 23. W-8000 Miinchen 2

["I Wir danken Dr. Rrinhard T6pfer. Max-Planck-lnstifuf fur Zuchfungs- forschung. Koln. fur den Plasrnidvekfor pRT 101. Diese Arbeit wurde von der SKW Trosfberg und dem Fonds der Chernischen lndustrie gefordert.