3.1 Biomembranen sind ein flüssiges Mosaik aus Lipiden und ... · Struktur und Funktion Als...

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Zellen 52 Biomembranen und Transportvorgänge 53 Biomembranen sind ein flüssiges Mosaik aus Lipiden und Proteinen 3.1 Manche integralen Proteine tauchen nur teilweise in die Lipid- doppelschicht ein. Membranproteine können Zellen miteinander verknüpfen. Manche Lipide (Glykolipide) tragen Kohlenhydratketten. Manche Proteine (Glykoproteine) tragen Kohlenhydratketten. Transmembranproteine überspannen als integrale Proteine mit ihren hydro- phoben Bereichen die gesamte Lipid- doppelschicht und ragen mit ihren hy- drophilen Bereichen auf beiden Seiten der Membran heraus. Periphere Proteine sind der Membran nur aufgelagert. Cholesterolmoleküle machen die Lipid- schicht flüssiger. Zellinnenraum äußeres Milieu Zellinnenraum 1 C O CH 2 H 2 C CH 2 H 2 C CH 2 H 2 C CH 2 H 2 C CH 2 H 2 C CH 2 H 2 C CH 2 H 2 C CH 2 H 2 C CH 2 H 2 C CH 3 O C O CH 2 H 2 C CH 2 H 2 C CH 2 H 2 C CH 2 HC HC CH 2 HC R O P O O HC CH 2 CH 2 H 2 C CH 3 H 2 C O O CH 2 CH H 2 C O wässriges Milieu R = polarer Rest Glycerol Die hydrophilen Kopf- gruppen der Membran- lipide wechselwirken mit Wassermolekülen und geladenen Molekülen. Hydrophobe Fettsäure- reste in der Lipiddoppel- schicht wechselwirken untereinander und mit hydrophoben Molekülen. 2 Komparti- mentierung Struktur und Funktion Als äußere Begrenzung von Zellen sorgen Bio- membranen dafür, dass Proteine und andere Biomo- leküle nicht einfach die Zellen verlassen oder Stoffe unkontrolliert von außen hereinkommen können. Aber auch innerhalb der Zelle ist es wichtig, verschiedene Reaktionsräume, die Kompartimente, voneinander zu trennen. In den Chloroplasten, Mitochondrien und Lysosomen, die Sie im Kapitel 2 kennengelernt haben, finden jeweils andere Stoffwechselvorgänge statt als in der Umgebung. Ihr Inhalt darf sich daher nicht mit der Umgebung vermischen. Deshalb sind alle diese Zellorganellen von Biomembranen umhüllt. Biomembranen bestehen nicht nur aus Lipiden. Ein weiterer wichtiger Bestandteil sind Proteine (Abb. 1). Wir unterscheiden nach ihrer Lage inte- grale Proteine von Transmembranproteinen oder peri- pheren Proteinen . Membranproteine üben vielfäl- tige Funktionen aus. Einige von ihnen sind sozusagen Türen in der Membran, die Molekülen die Passage er- lauben. Aber zumeist sind es „intelligente Türen“, die auswählen, welche Moleküle passieren dürfen, oder sie sogar aktiv auf die andere Membranseite beför- dern. Diese Funktion als Kanal- oder Transportproteine werden Sie noch näher kennenlernen (3.5). Andere Proteine befördern keine Moleküle, sondern melden sie der Zelle. Diese Proteine sind Membranrezeptoren. Wenn an ein solches Rezeptorprotein auf der einen Membranseite ein Molekül bindet, z. B. ein Hormon, dann ändert das Protein auf der anderen Membran- seite seine Struktur und löst damit Stoffwechselreakti- onen aus, zum Beispiel eine Hormonantwort (32.1). Ein dritter Bestandteil von Membranen sind Kohlenhydrate. Diese sind entweder an Membranpro- teine gebunden oder an Lipide; wir sprechen dann von Glykoproteinen bzw. Glykolipiden . Diese Kohlenhydrate finden sich häufig auf der Außenseite von Zellmembranen, also auf der Zelloberfläche, und sind notwendig für die Erkennung von Zellen unter- einander (3.2). Sie spielen auch eine wichtige Rol- le bei der Erkennung körperfremder Zellen durch das Immunsystem (16.1). Sie dürfen sich die Anordnung der Membran- lipide mit den eingelagerten Proteinen nicht starr wie eine Ziegelwand vorstellen. Die Lipidmoleküle sind seitwärts (lateral) in ihrer Lipidschicht frei be- weglich. Allerdings behält die Lipiddoppelschicht trotz der Beweglichkeit der einzelnen Lipidmoleküle ihre Dichtigkeit. Auch die Membranproteine können sich in ihrer Membran seitwärts frei bewegen, so wie Schiffe oder Eisberge im Wasser driften. Diese Beweg- lichkeit betont auch der Name des Membranmodells: Flüssig-Mosaik-Modell. „Seitenwechsel“ sind aber ausgeschlossen. Dadurch behält die Membran ihre Asymmetrie im Aufbau bei. Die beschriebene Dynamik von Membranlipiden hat viele Vorteile. Sie macht Biomembranen elastisch und damit widerstandsfähiger. Wenn durch mecha- nische Verletzung ein kleines Loch in eine Membran gerissen wird, fließen seitwärts Lipidmoleküle ein und verschließen es sofort wieder. Die frei beweglichen Proteine können sich bei ihren verschiedenen Aufga- ben in immer wieder neuen Kombinationen zusam- menlagern. Beispielsweise können sie so benachbarte Zellen punktgenau verknüpfen . Bei tiefen Temperaturen können Membranen er- starren, womit die Lipidmoleküle ihre Beweglichkeit verlieren. Das ist sehr ungünstig für die Zelle, da dann viele Membranproteine ihre verschiedenen Funktio- nen nicht mehr ausüben können. Pflanzen und viele Bakterien reagieren auf erniedrigte Temperaturen, in- dem sie die Fettsäuren in ihren Lipiden so verändern, dass die Membranen auch in der Kälte flüssig bleiben. Bei Tieren sorgt Cholesterol als Membranbestandteil dafür, dass die Membranen nicht so leicht erstarren. Biomembranen sind hauchdünn: 6 000 von ihnen müssten übereinandergelegt werden, um die Dicke dieser Buchseite zu erreichen! Wie ist es möglich, dass Biomembranen trotzdem so wirkungsvoll jede leben- de Zelle von ihrer Umgebung abgrenzen können? Grundbausteine aller Biomembranen sind die Membranlipide, z. B. Phospholipide ( Abb. 1, S. 34). Membranlipide bestehen aus einer hydrophilen, also gut mit Wasser benetzbaren Kopfgruppe und hydrophoben, also wasserabweisenden Fettsäure- resten ( Abb. 2). In wässriger Umgebung wechsel- wirken die hydrophoben Fettsäurereste stark mit- einander. Daher lagern sich Membranlipide zu einer Lipiddoppelschicht zusammen, in der die hydrophoben Bereiche innen liegen und durch die Kopfgruppen vom Wasser abgeschirmt sind. Der hydrophobe Kernbereich der Biomembran stellt eine wirkungsvolle Schranke für Wasser und alle hydrophilen Moleküle dar. Die Biomembran besteht nach dem Flüssig-Mosaik-Modell aus einer Lipiddoppelschicht sowie auf- und eingelagerten Proteinen. Sie ist eine dynamische Struktur, in der sich sowohl die Proteine als auch die Lipide seitwärts bewegen können. Phospholipide sind Bausteine der Lipiddoppelschicht der Biomembran.

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Zellen

52

Biomembranen und Transportvorgänge

53

Biomembranen sind ein flüssiges Mosaik aus Lipiden und Proteinen3.1

Manche integralen Proteine tauchen nur teilweise in die Lipid-doppelschicht ein.

Membranproteine können Zellen miteinander verknüpfen.

Manche Lipide (Glykolipide) tragen Kohlenhydratketten.

Manche Proteine (Glykoproteine) tragen Kohlenhydratketten.

Transmembranproteine überspannen als integrale Proteine mit ihren hydro-phoben Bereichen die gesamte Lipid-doppelschicht und ragen mit ihren hy-drophilen Bereichen auf beiden Seiten der Membran heraus.

Periphere Proteine sind der Membran nur aufgelagert.

Cholesterolmoleküle machen die Lipid-schicht flüssiger.

Zellinnenraum

äußeres Milieu

Zellinnenraum

1

O

CO

CH2

H2C

CH2

H2C

CH2

H2C

CH2

H2C

CH2

H2C

CH2

H2C

CH2

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O

CO

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H2C

CH2

H2C

CH2

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HC

CH2

HC

CH2CHH2C

R

O

O

PO– O

HC

CH2

CH2

H2C

CH3

H2C

O O

CH2CHH2C

O

wässrigesMilieu

R = polarer Rest

Glycerol

Die hydrophilen Kopf-gruppen der Membran-lipide wechselwirken mit Wassermolekülen und geladenen Molekülen.

Hydrophobe Fettsäure-reste in der Lipiddoppel-schicht wechselwirken untereinander und mit hydrophoben Molekülen.

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Komparti-mentierung

Struktur und Funktion

Als äußere Begrenzung von Zellen sorgen Bio-membranendafür,dassProteineundandereBiomo-lekülenichteinfachdieZellenverlassenoderStoffeunkontrolliertvonaußenhereinkommenkönnen.AberauchinnerhalbderZelleisteswichtig,verschiedeneReaktionsräume, die Kompartimente, voneinanderzutrennen.•IndenChloroplasten,MitochondrienundLysosomen,dieSieimKapitel2kennengelernthaben,findenjeweilsandereStoffwechselvorgängestattalsinderUmgebung.IhrInhaltdarfsichdahernichtmitder Umgebung vermischen. Deshalb sind alle dieseZellorganellenvonBiomembranenumhüllt.

BiomembranenbestehennichtnurausLipiden.Ein weiterer wichtiger Bestandteil sind Proteine( Abb.1).WirunterscheidennachihrerLageinte­graleProteine vonTransmembranproteinen oderperi­pherenProteinen .Membranproteineübenvielfäl-

tigeFunktionenaus.EinigevonihnensindsozusagenTüreninderMembran,dieMolekülendiePassageer-lauben.Aberzumeistsindes„intelligenteTüren“,dieauswählen, welche Moleküle passieren dürfen, odersie sogar aktiv auf die andere Membranseite beför-dern.DieseFunktionalsKanal-oderTransportproteinewerdenSienochnäherkennenlernen( 3.5).AndereProteinebefördernkeineMoleküle, sondernmeldensiederZelle.DieseProteinesindMembranrezeptoren.Wenn an ein solches Rezeptorprotein auf der einenMembranseite ein Molekül bindet, z.B. ein Hormon,dannändertdasProteinaufderanderenMembran-seiteseineStrukturundlöstdamitStoffwechselreakti-onenaus,zumBeispieleineHormonantwort( 32.1).

Ein dritter Bestandteil von Membranen sindKohlenhydrate.DiesesindentwederanMembranpro-teine gebunden oder an Lipide; wir sprechen dannvon Glykoproteinen bzw. Glykolipiden . DieseKohlenhydratefindensichhäufigaufderAußenseitevonZellmembranen,alsoaufderZelloberfläche,undsindnotwendig fürdieErkennungvonZellenunter-einander( 3.2).SiespielenaucheinewichtigeRol-lebeiderErkennungkörperfremderZellendurchdasImmunsystem( 16.1).

Sie dürfen sich die Anordnung der Membran-lipide mit den eingelagerten Proteinen nicht starrwie eine Ziegelwand vorstellen. Die Lipidmolekülesind seitwärts (lateral) in ihrer Lipidschicht frei be-weglich. Allerdings behält die LipiddoppelschichttrotzderBeweglichkeitdereinzelnenLipidmoleküleihre Dichtigkeit. Auch die Membranproteine könnensichinihrerMembranseitwärtsfreibewegen,sowieSchiffeoderEisbergeimWasserdriften.DieseBeweg-lichkeitbetontauchderNamedesMembranmodells:Flüssig-Mosaik-Modell. „Seitenwechsel“ sind aberausgeschlossen. Dadurch behält die Membran ihreAsymmetrieimAufbaubei.

DiebeschriebeneDynamikvonMembranlipidenhatvieleVorteile.SiemachtBiomembranenelastischund damit widerstandsfähiger. Wenn durch mecha-nischeVerletzungeinkleinesLoch ineineMembrangerissenwird,fließenseitwärtsLipidmoleküleeinundverschließen es sofort wieder. Die frei beweglichenProteinekönnensichbeiihrenverschiedenenAufga-ben in immer wieder neuen Kombinationen zusam-menlagern.BeispielsweisekönnensiesobenachbarteZellenpunktgenauverknüpfen .

BeitiefenTemperaturenkönnenMembranener-starren,womitdieLipidmoleküle ihreBeweglichkeitverlieren.DasistsehrungünstigfürdieZelle,dadannviele Membranproteine ihre verschiedenen Funktio-nennichtmehrausübenkönnen.PflanzenundvieleBakterienreagierenauferniedrigteTemperaturen,in-demsiedieFettsäureninihrenLipidensoverändern,dassdieMembranenauchinderKälteflüssigbleiben.BeiTierensorgtCholesterol alsMembranbestandteildafür,dassdieMembranennichtsoleichterstarren.

Biomembranen sind hauchdünn: 6000 von ihnenmüssten übereinandergelegt werden, um die DickedieserBuchseitezuerreichen!Wieistesmöglich,dassBiomembranentrotzdemsowirkungsvolljedeleben-deZellevonihrerUmgebungabgrenzenkönnen?

Grundbausteine aller Biomembranen sind dieMem b ran lipide,z.B.Phospholipide(Abb.1,S.34).Membranlipide bestehen aus einer hydrophilen,also gut mit Wasser benetzbaren Kopfgruppe undhydrophoben, also wasserabweisenden Fettsäure-resten (Abb. 2). In wässriger Umgebung wechsel-wirken die hydrophoben Fettsäurereste stark mit-einander.Daher lagernsichMembranlipidezueinerLipid doppelschichtzusammen,inderdiehydrophobenBereicheinnenliegenunddurchdieKopfgruppenvomWasserabgeschirmtsind.DerhydrophobeKernbereichder Biomembran stellt eine wirkungsvolle SchrankefürWasserundallehydrophilenMoleküledar.•

Die Biomembran besteht nach dem Flüssig-Mosaik-Modell aus einer Lipiddoppelschicht sowie auf- und eingelagerten Proteinen. Sie ist eine dynamische Struktur, in der sich sowohl die Proteine als auch die Lipide seitwärts bewegen können.

Phospholipide sind Bausteine der Lipiddoppelschicht der Biomembran.