4,– E DA SCHAU HER...Feuchtwiesen, die als Natura 2000 Ge-biete ausgewiesen sind und traditionell...

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1 DIE KULTURZEITSCHRIFT AUS ÖSTERREICHS MITTE DA SCHAU HER 4 | 2016 37. Jg. | Preis E 4,–

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D I E K U L T U R Z E I T S C H R I F T A U S Ö S T E R R E I C H S M I T T EDA SCHAU HER

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INHALT

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Impressumeigentümer, Herausgeber und Verleger:Verein Schloss Trautenfels8951 Stainach-Pürgg, Trautenfels 1Obmann: HR DI Karl Glawischnig, Rathausplatz 4, 8940 Liezenschriftleitung: Wolfgang Otte, Schloss Trautenfels, Universalmuseum Joanneum 8951 Stainach-Pürgg, Trautenfels 1redaktionsteam: Mag. Katharina Krenn, Wolfgang Otte, Mag. Astrid Perner, Mag. Elke ReiserbauerLektorat: Mag. Jörg Eipper-KaiserBestellung und Vertrieb: [email protected], www.schloss-trautenfels.atTel: 03682 22233, Fax: 03682 2223344Bankverbindung: Raiffeisenbank Gröbming, Bankstelle Trautenfels, IBAN: AT963811300002101111Verlagsort: TrautenfelsHersteller: Medien Manufaktur AdmontJOST Druck- und Medientechnik,Döllacher Straße 17, 8940 Liezenerscheinungstermin der 1. Ausgabe 2017: Februar 2017redaktionsschluss: 9. Jänner 2017Foto Titelseite: Eggen von Wildschwein-schäden im Wörschacher Moos | Foto: C. PlankZu dem Beitrag auf den Seiten 3 bis 6

DI renate mayer, Claudia plank Bsc, Ing. Franz Luidold, DI Josef meierlHBLFA Raumberg-Gumpenstein8952 Irdning-Donnersbachtal, Raumberg 38

DI Dr. Karin HocheggerAmt der Steiermärkischen LandesregierungBaubezirksleitung Liezen8940 Liezen, Hauptstraße 43

DI Karl steininger8911 Admont, Hall 389

Dr. Wilhelm Busch46485 Wesel, Am Alten Busch 22

Bertraud HableHofrichterhaus8911 Admont, Obere Bachgasse 78

univ.-Doz. Hon.-prof. univ.-prof. DI Dr. mont. Hubert J. m. preßlinger8784 Trieben, St. Lorenzen 45

univ.-prof. Dr. Clemens eibnerInstitut für Ur- und Frühgeschichte, Universität Heidelberg69117 Heidelberg, Deutschland

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Von der Tradition zur Innovation - Die Wiederbelebung des einsatzes von Arbeitspfer-den in Naturschutz, Land- und ForstwirtschaftVon Renate Mayer, Claudia Plank, Franz Luidold, Josef Meierl und Karin Hochegger

Johann steger, ein Bildhauer in AdmontVon Karl Steininger

„Welch ein herrliches medika-ment zum spottpreis!“ Auf den spuren der Geheim- und Quacksalbermedizin des 18. und 19. JahrhundertsVon Wilhelm Busch

Johann Baptist sorger – ein Bergverweserschicksal im frühen 19. JahrhundertVon Bertraud Hable

Benediktinerstift Admont – ein Zentrum der stahlerzeugung und der stahlverarbeitung im HochmittelalterVon Hubert Preßlinger und Clemens Eibner

KATHARINA KRENN RENATE MAyER, CLAUDIA PLANK, FRANZ LUIDOLD, JOSEF MEIERL UND KARIN HOCHEGGER

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Über lange Zeit galten Pferde in vielen Bereichen als wichtige Arbeitstiere und Helfer. Sie wurden für den Transport von Waren und Menschen eingesetzt und erleichterten so den Handel und die Kommunikation. Die land- und forst-wirtschaftliche Arbeit wurde gemeinsam von Mensch und Tier erledigt. Im 18. und 19. Jahrhundert sowie zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Pferde auf den Bauernhöfen noch unentbehrlich. In verschiedenen Ländern und Regionen der Erde wurden spezielle Pferderassen zur Bewältigung entsprechender Auf-gaben gezüchtet und eingesetzt. Das Voranschreiten der Industrialisierung im 19. Jahrhundert machte das Pferd in seiner Rolle als Arbeitstier und starker Helfer für den Menschen jedoch mehr und mehr überflüssig und löste es durch Maschinen ab. Heute werden Pferde in Mitteleuropa kaum noch als Arbeitstiere eingesetzt, sie dienen vorwiegend der Freizeitgestaltung des Menschen.Die Amish-Gemeinden in den USA setz-ten aus religiösen Gründen die Tradition der Pferdearbeit kontinuierlich fort. Seit Ende der 1980er und verstärkt seit den 1990er Jahren begannen sie, in eigenen Werkstätten bewährte Geräte nachzu-bauen und auch neue zu entwickeln. Mittlerweile ist in einigen US-Bundes-staaten eine regelrechte Pferdeindus-trie entstanden, die einen Markt von mehreren tausend landwirtschaftlichen

Pferdebetrieben mit dem notwendigen Equipment ausrüstet. Diese neue Tech-nologie “Made in USA” hat in den letzten Jahren auch in Europa neue Impulse und Anregungen für Eigenentwicklun-gen moderner Pferdezuggeräte gesetzt (Ester, P. 2005).Obwohl sich die Technologien der Land-nutzung ständig weiterentwickeln, gibt es Bereiche, in denen das Pferd den heutigen Maschinen auf die eine oder andere Weise überlegen sein kann. In einigen europäischen Ländern hat der Einsatz von Pferden als Arbeitstiere für die Land- und Forstwirtschaft wieder Interesse geweckt, denn neben forstwirt-schaftlichen Verwendungsmöglichkeiten und Transportleistungen steht vor allem die umweltschonende Pflege von Grün-land für den Erhalt der Kulturlandschaft im Vordergrund.

pferdemahd auf Feuchtwiesen im steirischen ennstal und AusseerlandVielfältige Einsatzmöglichkeiten von Arbeitspferden konnten in den letzten Jahren durch das internationale INTER-REG-Projekt „BE-NATUR: Transnationales Management von Natura 2000 Gebieten“ sowie das nationale LEADER-Projekt „Mahd von Naturschutzflächen mit Ar-beitspferden“ im Ausseerland und Ennstal umgesetzt werden. Vor- und Nachteile der Bewirtschaftungsmethoden wurden untersucht und abgewogen. Für das Pro-

gramm „Ländliche Entwicklung 14-20“ sind auch Fördermöglichkeiten für den Einsatz von Arbeitspferden in der Land-wirtschaft vorgesehen. Diese Projekte setzten die HBLFA Raumberg-Gumpen-stein, der Naturschutzbund Steiermark, Bezirksstelle Ennstal-Ausseerland und der Verein Pferdekurier gemeinsam um. Im Programm der „Ländlichen Entwicklung 14-20“ sind auch Fördermöglichkeiten für den Einsatz von Arbeitspferden in der Landwirtschaft vorgesehen.Die Region rund um das steirische Ennstal und Ausseerland ist reich an Feuchtwiesen, die als Natura 2000 Ge-biete ausgewiesen sind und traditionell bewirtschaftet werden. Diese artenrei-chen Ökosysteme sind wertvolle Lebens-räume und beherbergen seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Die Weiterbewirtschaftung der nassen Grün-landwiesen und Moorflächen, wie zum Beispiel die Ennswiesen bei Wörschach und Trautenfels oder im Ausseerland, ist aber auf Dauer nicht gesichert. Die zum Teil stark vernässten Flächen können mit herkömmlichen landwirtschaftlichen Ge-räten nur sehr eingeschränkt, teilweise nur händisch oder mit dem Motormäher gepflegt werden. Aufgrund des großen Arbeitsaufwandes werden daher immer mehr Feuchtwiesen aus der Bewirtschaf-tung genommen. Diese geschützten und gefährdeten Lebensräume sind jedoch regionale Identifikationsmerkmale, daher

In Memoriam Diether KramerHon. Prof. Dr. Diether Kramer (geb. 1942) ist am 1. September 2016 verstorben.

Der Prähistoriker wirkte von 1977 bis 2007 im Universalmuseum Joanneum. Seine Dissertation mit dem Titel „Vom Neolithikum bis zur römischen Kaiser-zeit. Untersuchungen zur ältesten Be-siedelungsgeschichte der Steiermark, mit besonderer Berücksichtigung der mittelsteirischen Höhensiedlungen“, führte bereits zu intensiven Arbeiten im Bezirk Liezen. Er verfasste die Leit-artikel der ersten beiden Ausgaben der Zeitschrift „Da schau her“ im Jahr 1980 und danach viele weitere, die sich mit der Ur- und Frühgeschichte des Bezirkes Liezen beschäftigen. Über viele Jahre hat Dr. Kramer in seiner Funktion als Kas-saprüfer wesentlich im Verein Schloss Trautenfels mitgewirkt.

Zahlreiche Sonderausstellungen und Publikationen hat Diether Kramer in Ko-operation mit der Abteilung für Ur- und Frühgeschichte, dem Landschaftsmuse-um und dem Verein Schloss Trautenfels in kompetenter und freundschaftlicher Zusammenarbeit mit Dr. Volker Hänsel konzipiert und begleitet. Viele Grabungen im Bezirk Liezen wurden unter seiner archäologischen Leitung ausgeführt, so z. B. die Ausgrabung des Gräberfeldes von Krungl, das zu den wichtigsten frühmittelalterlichen Fund-stellen in der Steiermark gehört. Die Gra-bungen zur Freilegung der Grundmauern

der „Evangelischen Kirche Neuhaus“ und bei der Glattjochkapelle in 1988 m See-höhe haben wichtige historische Kennt-nisse über den Bezirk Liezen erbracht. In den Publikationen von Forschungs-ergebnissen war es Dr. Kramer immer wichtig, historische Zusammenhänge herzustellen und die Ergebnisse auch in Vorträgen einer breiten Öffentlichkeit auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene zugänglich zu machen.

Sein Engagement, seine Kompetenz, seine Begeisterungsfähigkeit, seine Le-bensfreude und seinen Humor werden wir stets in wertschätzender, freund-schaftlicher und dankbarer Erinnerung behalten.

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Arbeit mit dem von Pferden gezogenen Mähwerk Die Wiederbelebung des Einsatzes von Arbeitspferden in Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft

Von der Tradition zur Innovation

Die Verfasserinnen und die Verfasser:

Foto: N. Lackner, UMJ

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ist für die Erhaltung der Biodiversität z.B. der Schwertlilienwiesen im Steirischen Ennstal eine Weiterführung der öko-logisch nachhaltigen Bewirtschaftung zwingend notwendig.Im Projekt wurden auf mehreren Standor-ten mit unterschiedlichem Vernässungs-grad Versuche zu einer Optimierung der Bewirtschaftung durch den Einsatz von pferdegezogenen Mähwerken durchge-führt. Das eingesetzte Doppelmesser-mähwerk mit einer Arbeitsbreite von 2,20 Meter wurde eigens entwickelt und laufend an die Herausforderungen vor Ort angepasst (Radauer, A., 2014).Bei den Pilotflächen handelt es sich vor-wiegend um Schutzgebiete, die schwer zu bewirtschaften sind oder deren Be-wirtschaftung mit speziellen Auflagen verbunden ist. Die Versuche wurden mit Norikern durchgeführt, einem mit-telschweren, trittsicheren, kräftigen und ausdauernden Gebirgskaltblutpferd. Eine erste Erprobung der Methode er-folgte im Frühjahr 2013 im Rahmen der Sanierung von Wildschweinschäden im Europaschutzgebiet „Wörschacher Moos und ennsnahe Bereiche“. Eine Wildschweinrotte zerstörte zu einem großen Teil die Grasnarbe und aufgrund der starken Durchfeuchtung des Bodens im Mai 2013 war eine Sanierung mit

Maschinen nicht möglich. Durch den Einsatz von Pferdekraft mit einer Egge konnte sich die Grasnarbe innerhalb kurzer Zeit wieder von selbst ohne Nach-saat schließen. Eine Feuchtwiesenbrache im Ausseer-land, welche in den letzten 20 bis 30 Jahren nicht gemäht wurde, konnte 2013 durch Pferdekraft wieder rekultiviert werden. Das Gras wurde zu Schwaden gerecht und das Material anschließend händisch abtransportiert. Auf einer Überschwemmungswiese im Europaschutzgebiet „Ödensee“ konnte die Mahd durch den hohen Vernässungs-grad der Fläche bislang nur jedes zwei-te Jahr durchgeführt werden. Mit dem Einsatz von Arbeitspferden wurde eine optimale Lösung für die Mahd gefunden. Auch das Naturschutzgebiet „Oberst Schmiedruhe“ im Ausseerland konnte durch Bewirtschaftung mit Pferden wie-der in seinen ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden. Im Naturschutz-gebiet „Naglmoos“ musste der Versuch abgebrochen werden. Das Gebiet ist seit 2002 durch Sperren eingestaut und zu nass für die Bewirtschaftung mit Pferden. Die Pilotversuche zeigen jedoch, dass mit dem Einsatz von Arbeitspferden die Mahd von Feuchtflächen je nach Standort nachhaltig und bodenschonend ermög-licht werden kann. Auch die Verwertung des von Feuchtwie-sen gewonnenen Heus stellt, speziell für Pferdehalter, einen großen Mehrwert dar. Dieses wird als Einstreu bzw. Pferdeheu regional verwertet und muss nicht aus anderen Nachbarländern importiert wer-den. Es entfallen lange Transportwege und so wird ein positiver Beitrag zum Umweltschutz geleistet. Pferdehalter können durch lokale Vermarktung des Heus auch eine zusätzliche Einkommens-quelle erschließen.

Forstwirtschaftliche einsatzmöglich-keiten von ArbeitspferdenDer Einsatz von Pferden ist auch in der Forstwirtschaft interessant und so lernen die Schülerinnen und Schüler der HBLFA Raumberg-Gumpenstein diese traditio-nelle Methode der Waldbewirtschaftung im Unterricht kennen. Die dabei einge-setzten Pferde sind zwei Haflingerstuten Chiara und Ramina mit einem Gewicht von ca. 530 Kilogramm. Der Vorteil der Holzrückung liegt in der Wendigkeit des Pferdes und der Möglich-keit, auch in Durchforstungsbeständen bodenschonend zu arbeiten. Durch ihre Beweglichkeit können die Pferde optimal bei der Erstdurchforstung eingesetzt werden. Eine erfolgreiche Arbeitsteilung in schwer zugänglichen Beständen ergibt sich durch das Vorliefern von Holz bis zu den Rückegassen, wo ein Forwarder oder ein Seilgerät die Rückung abschließen.Weitere Einsatzbereiche (Henning, B., 2014): • Nasse Böden, auf denen ein Maschi-

neneinsatz schwere Folgeschäden verursacht,

• Steillagen mit Felsblöcken, die für Ma-schinen unpassierbar sind,

• Wertholzbestände, wo Rückeschäden am wertvollen Erdbloch wirtschaftlich schwerwiegend sind.

Vorteile ergeben sich durch die Verringe-rung von Schäden an Bäumen und Wur-zeln, eine Minimierung der Bodenver-dichtung, welche v.a. bei unbefahrenen Waldböden mit schweren Maschinen zu großen Problemen führen kann und die geringe Umweltbelastung.Die Pferde werden dabei mit einer ent-sprechend langen Fahrleine (mind. 6 m lang) im Bestand geführt. Diese kann entweder doppelt oder als Stoßzügel ausgeführt sein. Unterstützt wird das Führen des Pferdes mit kräftigen Kom-mandos, welche von Gegend zu Gegend verschieden sind:• Wüah: Ziehen• Diwo: rechts• Wist: links• Hoo: HaltBeim Zug ist es am besten, wenn man sich ca. ein bis zwei Meter hinter dem Tier auf Höhe des Waagscheits (Zug-scheit/Drittel) befindet. Dabei ist unbe-dingt zu beachten, dass die Leine nie aus der Hand gelegt und diese auch nie um das Handgelenk gewickelt werden darf.Einsatzgrenzen bei einer Hangneigung größer als 50 %, bei weiten Entfernungen und großen Lasten (eingeschränkte Zugkraft) müssen berücksichtigt wer-den. Ein Pferd soll im Durchschnitt etwa 20 - 30 % seines Körpergewichtes an

Zugleistung haben (entspricht bei ei-nem Noriker mit ca. 700 kg etwa 180 kg. Kurzfristig ist ein Pferd in der Lage, mindestens das eigene Körpergewicht zu ziehen – entspricht ca. einem Fest-meter). So können Leistungen von ca. 10 bis 15 Festmeter pro Tag erreicht werden.Die Ausstattung des Pferdes für die Waldarbeit umfasst die Trense oder Kan-tare mit Kinnkette, Kummet mit Kum-metkissen (Leib), welches als Schutz des Halses vor dem Druck des Kummets dient, dem Geschirr oder Überwurf, das am Kummet befestigt wird und die Verbindung zum Arbeitswerkzeug bildet. Die Arbeitswerkzeuge umfassen das Waagscheit/Drittel (wird am Überwurf befestigt), die Streifenhaken oder Zott-ler, die Würgeketten, den Rückewagen, Schlitten, Wagen,…

Weitere Vorteile für den einsatz von pferden in der Land- und Forstwirtschaft Der nicht sachgemäße Einsatz von zum Teil überdimensionierten landwirtschaft-lichen Maschinen verursacht Schäden durch Spurrillen und Bodenverdichtung. Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Pferd mindestens acht Mal dieselbe Fläche begehen muss, bevor überhaupt eine flächenhafte Verdichtung der ein-zelnen Hufabdrücke beginnt (Fleischer, M., Süß, D. 2002). Die Verdichtungen durch Traktoren und Maschinen sind dagegen stets flächenhaft. Die Fahrspu-ren bilden an der Bodenoberfläche eine geschlossene Fläche und setzen sich in den Boden wie zwei parallel verlaufende Mauern fort. Diese Form der Verdich-tung hat vor allem auf den Bodengas- und Bodenwasserhaushalt negative Auswirkungen. Die Holzrückung mit Pferden ist wesentlich bodenschonen-

der als mit schweren Maschinen und in der Erstdurchforstung auch konkur-renzlos effizient (Radauer, A., 2016).

Transport- und Kurierdienstleistungen mit landwirtschaftlicher pferdekraftRudolf Seebacher, Landwirtschaftsmeis-ter und Pferdehalter in Bad Mitterndorf hat im Bereich Personentransporte mit Pferden langfristige Erfahrungen gesam-melt und eine entsprechende Infrastruktur aufgebaut. Durch sein Interesse für neue Transport- und Kurierdienstleistungen mit landwirtschaftlicher Pferdekraft wird eine Wiederbelebung der Nutzung landwirtschaftlicher Pferdekraft forciert und bringt einen vielfältigen Nutzen für die Region. Dabei spielt auch der Erfah-rungsaustausch mit nationalen und in-ternationalen Vereinen, Praktikern und Technikern eine wichtige Rolle für die Weiterentwicklung der Innovationen. So wird in der unmittelbaren Region rund um den Grimming wieder ein Transport- und Kurierservice mit landwirtschaftlicher Pferdekraft umgesetzt. Die Entleerung der gelben Plastiksäcke in Bad Mitterndorf mit dem Pferdekurier hat mittlerweile schon internationalen Kultstatus. Auch Ackerflächen werden in traditioneller Weise mit Hilfe von Pferdekraft gepflügt,

Im Steirischen Ennstal und Ausseerland wurden die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Arbeitspferden untersucht | Foto: Interreg Projekt BE-NATUR

Schülergruppe mit Haflingerstuten beim Unterreicht | Foto: F. Luidold

Für die Erstdurchforstung des Waldes sind Arbeitspferde aufgrund ihrer Wendigkeit gut geeignet | Foto: R. Mayer

Bei den Mähversuchen wurde ein Doppelmes-sermähwerk aus Amerika verwendet, welches vor Ort an die Gegebenheiten adaptiert wurde | Foto: Interreg Projekt BE-NATUR

Auch für den Abtransport des Heus kann Pferdekraft optimal genutzt werden | Foto: Naturschutzbund, Bezirksstelle Ennstal-Ausseerland

Ausbildungskurs Holzrückung in Pichl| Foto: F. Luidold

Bodenverdichtung – Vergleich Traktorspuren und Hufabdrücke der Pferde. | Foto: Naturschutz-bund, Bezirksstelle Ennstal-Ausseerland

Das Heu wurde gewendet, zu Schwaden gerecht und anschließend händisch abtransportiert | Foto. K. Hochegger

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Gefördert aus Mitteln der

LTser plattform eisenwurzen sozio-Ökologische Langzeitforschung in der region

das Unkraut beseitigt, Kartoffel eingelegt und mit Hilfe von Pferdekraft geerntet.

resümee In gewissen Randbereichen, wo eine ma-schinelle Bearbeitung nur sehr schwer bis gar nicht möglich ist, kann Pferdekraft sehr nützlich sein. Umweltschonende Grünflächenpflege mit landwirtschaftli-cher Pferdekraft ist im Besonderen für ökologisch sensible Flächen wie klein-räumige Naturschutzflächen besonders geeignet. Feuchtwiesen mit anstehendem Grundwasser, die nicht mehr oder nur sehr aufwändig händisch bewirtschaftet werden, können auf diese Weise wieder in die Bewirtschaftung genommen werden. Für die Erhaltung der Offenlandschaft und der Biodiversität dieser Flächen bedeutet das einen großen Gewinn. Eine entspre-chende Ausbildung ist notwendig, um mit dem Pferd gut arbeiten zu können. In der Tabelle werden die Vor- und Nach-teile des Einsatzes von Arbeitspferden gegenübergestellt.

Der Einsatz von Pferden in der Land- und Forstwirtschaft hängt in der Zukunft insbe-sondere von der positiven Einstellung der Grundbesitzer und Landbewirtschafter zur Methode, dem Umweltbewusstsein und der Unterstützung der örtlichen Pferde-halter sowie von betriebswirtschaftlichen Überlegungen ab.Pferde bieten in Kombination mit mo-derner Technik eine Alternative für die nachhaltige ökologische Bewirtschaf-tung, insbesondere in Schutzgebieten und schwer zugänglichen Flächen. Die Wiederbelebung der Pferdekraft mit innovativer Technik bringt einen viel-fältigen Nutzen für ländliche Regionen. Pferdekraft ersetzt motorisierte Trans-portleistungen, fördert ökologische Nachhaltigkeit, sie schafft zusätzliche Wertschöpfungsmöglichkeiten für Pfer-dehalter und leistet einen Beitrag zur Stärkung der ländlichen Wirtschaft sowie zur Erhaltung der Kulturlandschaft und Stärkung des traditionellen Bezuges zu landwirtschaftlichen Praktiken.

Literatur: Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung 13C Naturschutz (2009): Ma-nagementplan Natura 2000 Europaschutzgebie-te im Ennstal zwischen Pruggern und Selzthal.Ester, P (2005): Die Amish People, DüsseldorfFleischer, M., Süß, D. (2002): Die Beanspru-chung des Bodens beim Pferderücken. Starke Pferde 24: 11-13.Henning, B. (2014): Pferderückung: Holzernte für Ökofreaks? Der Fortschrittliche Landwirt, 7/ 2014Hochegger, K., Mayer, R., Plank, C., Bohner, A., Schaumberger, J. (2013): Utilization History of Alkaline Fens in the Natura 2000 Area Ödensee Salzkammergut New Strategies for Future Management, 5th Symposium for Research in Protected Areas, 10-12 June 2013, Mittersill, 299-306.Hochegger, K., Mayer, R. (2014): Mowing wet meadows with horses; Posterpräsentation im Rahmen der internationalen Konferenz: Biodiversity and Leader, 3. April 2014, Wien.Köberl, A., Luidold, F., Mayer, R. (2014): Mög-lichkeiten und Grenzen von Pferdemahd auf Feucht-Naturschutzflächen, vorwissenschaft-liche Maturaarbeit an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein, Irdning.Kendell, C. (2005): Economics of Horse Far-ming; Zeitschrift Rural Heritage, 3/2005, Mi-chigan State UniversityMayer, R., Plank, C., Plank, B. (2012): BE-NATUR: Transnational Management of Natura 2000 sites, in: Open Access book project: „Protected Area Management“ Protected Area Manage-ment, Book edited by: Dr.sc. Barbara Sladonja, in progress Institute of Agriculture and Tourism Poreč, Croatia, Chapter 8, S. 149-182, ISBN 978-953-51-0697-5.Mayer, R., Plank, C., Bohner, A. (2014): BE-NATUR – Concrete implementation of the strategy and improvement of knowledge of human capital. Final Report of Workpackage 4.Mayer, R., Plank, C., Hochegger, K. (2015): Management of wetland areas – Tradition & innovation for sustainable land use and network between rural and urban areas, in: Book of Abstracts, RAMIRAN 2015 – 16th International Conference, 8-10 September 2015 in Hamburg, p. 163, ISBN: 978-3-941492-95-0. HamburgRadauer, A. (2016): FORSTWERK; www.forst-werk.at; Salzburg Regiowood INTERREG IV A: Handbuch für den Forstwirtschaftlichen Einsatz des Pferdezugs beim Holzrücken; unter: www.regiowood.euSchlechter, P., (2014): Arbeitspferde, eine Alternative mit Zukunft, 10 Jahre FECTU (Fer-deration Européenne du Cheval de Trait pour la promotion de son Utilisation); Hrsg. FECTU asbl; Luxemburg

Weitere Informationen zum Thema: Interessengemeinschaft Zugpferde, AKLandwirtschaft, [email protected]://www.pferdekraft.at/Pferdezuchtverband Österreich: www.pferde-zucht-austria.atIGZ Deutschland: www.ig-zugpferde.deFSZ - Verein Freunde schwerer Zugpferde Schweiz: www.zugpferde.chFECTU: www.fectu.org/Deutsch/index2%20Deutsch.htm; www.draughtanimals.org

Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile des einsatzes von Arbeitspferden

schwächen•Arbeitspferdehabenteilweiseeine

geringere Flächenleistung und be-nötigen Pausen.

•Zur Arbeitmit Pferden gehörenentsprechendes Fachwissen und Erfahrung, welche erst erworben werden müssen.

•ImGeländemitmehrals30%Stei-gung ist der Einsatz von Mähwerken mit Pferd nicht mehr möglich.

•EineDistanzvonmehralsvierKi-lometer zum nächsten Arbeitsort ist aus wirtschaftlichen Gründen zu überdenken, weitere Versuche hinsichtlich mehrfache Einsatzmög-lichkeiten laufen.

•DieArbeitmitPferdenerfordertei-nen hohen persönlichen Einsatz und Interesse im Umgang mit Tieren.

stärken •Arbeitspferdeverbrauchenkeine

erneuerbaren Energien.

•AufstarkvernässtenFlächenundauch in Durchforstungsbeständen arbeiten sie bodenschonender als Traktoren.

•Pferdearbeiten leise.Durchdaslangsamere Arbeiten ermöglichen sie vielen Tierarten die Flucht.

•PferdesindwendigeralsgroßeMa-schinen und eignen sich für klein-räumige Flächenbewirtschaftung.

•EinPferdegespannistgünstigerinder Anschaffung und den Haltungs-kosten als ein neuer Traktor.

•DasPferdistkeindirekterFutter-konkurrent zum Rind.

•UmweltschonendeBewirtschaftungund Pfege von Schutzgebieten z. b. Feuchtwiesen

KARL STEININGER

Johann Steger, ein Bildhauer in AdmontWurde hier im vergangenen Jahr zum 250. Todestag an den Barockbildhauer Josef Stammel erinnert, so war es für einen alten Admonter ein Gedanken-sprung, sich eines bescheidenen, doch interessanten Epigonen des Meisters zu erinnern, der 200 Jahre später hier gewirkt hat. Er war ein Nachbar und soll nicht vergessen sein.Johann Steger wurde am 12. Juni 1875 als Sohn der Maria Theresia Steger in Liezen 12 geboren und verbrachte sei-ne Kindheit bei seinem Vater Andreas Bamacher in Hall im ehemaligen Haus vulgo Maurermeister, heute Nr. 59. Der Vater war Maurer und sorgte dafür, dass sein Hans nach dem Schulabschluss das Handwerk des Vaters zu erlernen be-gann. Die wahren Neigungen des jungen Mannes, der durch seine Intelligenz und sein einnehmendes Wesen aufgefallen war, wurden vom Pfarrer erkannt und zur Förderung empfohlen. Und so kam es, dass sich Zeno Müller, der Abt des Stiftes Admont, und die adelige Herrschaft im Haller Jagdschloss für eine profunde Schulung zum Bildhauer einsetzten.Von 1892 bis 1896 fand Steger seine Ausbildung in der Abteilung für Holz-schnitzerei in der k.k. Fachschule für Holzindustrie in Hallein, einem heute noch international renommierten Ins-titut, in dem Holzfachleute und Instru-mentenbauer ihre Ausbildung erhalten. Wie sehr Stammel für ihn das Vorbild war, zeigt seine Kopie von der Geburt

Christi aus den Rosenkranzmedaillons am Frauenaltar zu Admont, die er 1897 nach Wien als Referenzarbeit mitnahm.In Wien absolvierte Hans Steger von 1897 bis 1898 das Studium der Holz-schnitzerei in der Kunstgewerbeschule des k.k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie, der heutigen Hoch-schule für angewandte Kunst, mit vor-züglichem Erfolg. Vor seinem Abschluss sandte er als „Kunstgewerbeschüler“ am 3. Juni 1898 seinen herzlichsten Dank an den damaligen Abt Kajetan Hoffmann.Gleich nach dem Studium in Wien erhielt Hans Steger vom Stift Admont den Auf-trag, drei Räume des Stiftskellers „im altdeutschen Charakter“ zu gestalten. Von dieser Arbeit ist noch das „Präla-tenstüberl“ erhalten, dessen Vertäfe-

lung er mit reizenden Brandmalereien verzierte. „Alle diese Arbeiten hat Herr Stöger mit besonderem Fleisse zu unse-rer vollsten Zufriedenheit ausgeführt“, wie der Abt am 5. August 1899 in sein Zeugnis schrieb.Von 1900 bis 1906 war der Künstler als Zeichner und Modelleur in der Tonwa-renfabrik Rudolf Sommerhuber in Steyr engagiert, nachdem er noch in München sein Wissen in der keramischen Verar-beitung ergänzt hatte.1900 heiratete er Maria Josefa Müller aus Admont, die ihm zwei Söhne und zwei Töchter schenkte. 1906 kam er wieder nach Admont zurück und bezog die Wohnung im Haus Nr. 134 über dem stiftischen Fischkalter, wo er bis ans Lebensende sein Zuhause fand. Sein

Relief Admonttal mit Haller Mauern | Foto: K. Steininger

Der Meister im Alter von 60 Jahren | Foto: Archiv Benediktinerstift Admont

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geräumiges Atelier war im danebenlie-genden Haus Nr. 87, dem sogenannten „Hühnerspital“. Die Auftragslage war gut, da er für das Stift und Adelshäuser in nah und fern interessante Arbeiten zu erledigen bekam. Leider brach dann der Weltkrieg aus, der ihn von 1914 bis 1916 im Feldjägerbataillon Nr. 9 an verschie-dene Kriegsschauplätze führte. Selbst verwundet, wurde er bis zum Frühjahr 1919 für die gestalterische Beschäftigung von Schwerstinvaliden eingesetzt.1919 kam er zurück nach Admont und arbeitete wieder viel für das Stift. Auch als Zeichenlehrer im Gymnasium und als Leiter öffentlicher Kurse verstand er es, das Interesse für die Kunst zu fördern. Als dann 1938 die Benediktiner vom NS-Regime vertrieben wurden, fiel sein wichtigster Auftraggeber weg. So musste er sich bis 1945 als Sekretär in der Gemeinde Krumau verdingen. Diese Nachbargemeinde wurde 1947 in Admont eingegliedert.Auch im Alter griff er immer wieder zum Schnitzwerkzeug, um seinem Schaffens-drang nachzukommen, wobei er von den Benediktinern die eine oder andere Arbeit übertragen bekam.1954 stolperte er über die Fleckerltep-piche, die seine Wohnung zum Fisch-kalter darunter isolieren sollten und brach sich beide Oberarme. Im Spital zu Kalwang war er schon wieder zur Heimreise gerüstet, bekam aber eine Embolie und starb am 3. November. Die Trauerrede am Grabe hielt sein Gönner, DDr. P. Adalbert Krause OSB, und ließ den Lebensweg des Verstorbenen vor-

beiziehen. Zum Schluss nahm er Bezug zu einem der letzten Aufträge von Abt Bonifaz Zölss, nämlich dem hl. Huber-tus und hl. Leonhard für die renovierte Kapelle im Jagdschloss Kaiserau: Der Namenstag des Jagdheiligen wurde zu seinem Todestag, und der Namenstag des Heiligen der Tiere wurde zum Tag seiner Bestattung.Zwei Werke, zum Beginn und zum Ende seines Wirkens, wurden bereits genannt. Wenn man weiß, wo sie sind, kann man heute noch Arbeiten des Meisters sehen. •DieKapelleneinrichtungvonSchlossRöthelstein. Geschmückte Schränke für die Admonter Sakristei sowie ein Schrank für Silbergeschirr mit Intarsien von der hl. Hemma und dem hl. Hubert.•DiekünstlerischeGestaltungfürdieKapelle im Park des Jagdhauses Hall bekam er von Erzherzogin Marie Theres 1907 übertragen: Die Kreuzwegstationen im Flachrelief mit Figuren von dynami-scher Bewegung, die Vollfiguren der hl. Hemma und des hl. Josef am Altar sowie die gesamte restliche Ausstattung der Kapelle samt einem Hubertusrelief über dem Eingang. •DerThronfolgerFranzFerdinandbeauf-tragte ihn mit dem Kapellenschmuck des Jagdschlosses Blühnbach bei Werfen. Daraus ist über die Entwürfe hinaus nichts geworden. Sein Auftraggeber wurde ermordet, und der Erste Weltkrieg brach aus.• Ein großes Werk gab Abt OswinSchlamadinger noch 1914 in Auftrag: das Portal zur Admonter Prälatur. Nach ersten Entwürfen musste Steger zum

Militärdienst. Erst 1919 konnte er die Arbeit wieder aufnehmen und 1922 fertigstellen.In wertvoller Einlegearbeit werden geschichtliche Glanzpunkte der Abtei gezeigt: außen die Äbte Heinrich II. und Engelbert, innen die Stifterin Hemma, Gräfin von Friesach und Zeltschach, und der Gründer Erzbischof Gebhard von Salzburg. Mit mannigfachem Ge-simse und Schnitzwerk im Stil der Hochrenaissance werden außen auch mit Reliefdarstellungen Schwerpunkte des stiftischen Wirkens dargestellt: die Armenpflege und das Bildungswesen, in dem Stegers Söhne Erich und Robert als Schüler verewigt sind. Die Forst- und Landwirtschaft, wobei die Hochebene der Kaiserau mit Schloss und Kalbling zu sehen sind.•DieGestaltungenderKriegerdenkmä-ler in den Kirchen von Weng, Selzthal, Kammern und Altenmarkt stammen von Steger. Das Vorbild des schreienden Adlers an den Denkmälern in Admont und Hall ist im Admonter Naturhistori-schen Museum heute noch zu sehen. Steger verfertigte 1923 die Holzplastik, dessen Modell die Baufirma Poitzi in Beton gegossen hat.•VondenKopierarbeitenseidasEnsem-ble des Kalvarienbergs erwähnt, dessen gotisches Original schwer beschädigt von Mitterndorf nach Admont gekom-men war und restauriert in einer Nische der Josefskapelle in der Stiftskirche ihren Platz fand. Die Steger-Kopie wurde als Ersatz nach Mitterndorf gebracht.•DerEntwurfunddieSchnitzarbeiten

der gediegenen Umrandung für die baro-cken Wandstickereien im Presbyterium zu Admont stammen von Steger. •FürdasJagdhausaufderBuchauver-fertigte Steger im Auftrag des damaligen Besitzers Dr. Julius Finze, eines Indus-triellen aus Graz, einen lebensgroßen Hirsch, der in Bronze gegossen im Park aufgestellt wurde. • Kopiert und ergänzt wurde auchder Korpus des Kruzifixes vom Haller Kreuzhaus für den Konvent. Der original gotische Torso ist als erschütterndes Kunstwerk in der Alten Galerie in Graz zu sehen. •BödenangroßenWeinfässernziertenReliefarbeiten von Hans Steger. Sie sind nach dem Zweiten Weltkrieg leider ver-schwunden.•VondiversenanderenArbeitensinddie Kleinplastiken der Heiligen Martin und Georg zu erwähnen.•ZuBeginnder1930erJahreerwarbenAdmonter Bürger Holzluster, verziert mit köstlichen Miniaturen im Hoch- und Flachrelief: der Kaufmann Franz Lo-renzoni mit den vier Jahreszeiten, der Tierarzt Otto Straub mit sechs Episoden zu Landwirtschaft und Folklore , der Arzt Hans Rupar mit sechs Stationen seiner Ausbildung bzw. Episoden zu Heilung und Krankenpflege, der Gastwirt August Plappert mit sechs Episoden aus dem Leben des Steirischen Prinzen, der Kaufmann Kassegger mit sechs Szenen aus dem Schisport, samt „Stern“. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es für Hans Steger vorerst eine Fülle von Reparaturarbeiten im Stift und dann weitere Aufträge.•Kruzifixewarenzuergänzenundaus-zubessern.•FüreinStammel-KruzifixgabeseinenKopier-Auftrag.•AnderberühmtenStammelkrippemussten z. B. an Figuren Finger ergänzt

und die kämpfenden Ziegenböcke wieder in Form gebracht werden.•DerAltarsamtReliefvomhl.JudasThaddäus für die Parkkapelle des Schlos-ses Eybesfeld wurde erstellt und ge-liefert. •SeineallerletzteArbeit,eingroßflä-chiges Relief mit interessanten Einzel-heiten von Admont und Hall zu Füßen der dominierenden Gebirgskette, voll-endete er als Geschenk an seinen Sohn Robert. Stegers Enkeltöchter Ulrike und Elisabeth haben darin schelmisch auch einige „Schnitzer“ gemacht.In vielen seiner Arbeiten für das Kloster stand ihm der stiftische Tischlermeister Viktor Waldhuber zur Seite, der bei Grundkonstruktionen, Verkleidungen, Rahmenarbeiten und Podesten ein zu-verlässiger Handwerker war. Von den Schwierigkeiten in einer be-sonderen Zeit zeugen die Rechnungen Stegers an das Stift: Wurden 1921 für die Arbeitsstunde schon 110 Kronen in Rechnung gestellt, waren es 1924 bereits 15.000 Kronen, um nach der Währungsreform auf 2 Schilling pro Stunde zu fallen. Im Gegensatz zu sei-nem großen Vorbild Josef Stammel konnte Hans Steger in der schweren Zeit seiner zweiten Lebenshälfte nur mit Müh und Not als freier Künstler für sich und die Seinen sorgen. Doch die Seinen trugen den Künstler in all den Jahren. Hans Steger war auch in der Gemeinde ein geschätzter Bürger, der für seine gesamte Familie bereits 1918 das Heimatrecht zugesprochen bekam. Er war auch Gründungsmitglied in der Volkssitten- und Trachten-Erhal-

tungsgesellschaft „Gemütlichkeit“, in der ihm verschiedene Ehrungen zuteil wurden.Liebe Besucher aus dem Kloster und aus Adelskreisen kamen in sein Ate-lier – so war auch einmal die spätere Kaiserin Zita unerkannt zu Besuch –, um den Fortschritt seiner Arbeiten zu begutachten und im Kunstgespräch zu verweilen. Auch ein lebhafter fachli-cher Austausch mit Künstlerkollegen, wie mit dem Maler Augustin Maria Kurtz-Gallenstein, war Abwechslung in seinem Alltag. Schließlich machte die Zufriedenheit der unterschiedlichsten Auftraggeber, die alle eine bodenstän-dige Kunst schätzten, den Reichtum des Lebens eines bescheidenen und stets freundlichen Musensohnes aus. Fünf Äbten hat Hans Steger gedient: Zeno Müller und Guido Schenzl als Ministrant, Kajetan Hoffmann, Oswin Schlamadinger und Bonifaz Zölss als Künstler.

QuellenAdmont, Ein heimatgeschichtliches Le-sebuch. Gröbming 1993Archiv des Benediktinerstiftes AdmontAuskünfte der NachkommenDer Ennstaler, 5. Januar 1934, 12. Juni 1953, 12. November 1954Erinnerungen der NachbarschaftHubert Walter, Hall, ein Dorf erzählt seine Geschichte. Liezen 1991Nachlass im Besitz der NachkommenRudolf List, Stift Admont 1074–1974. Ried i.I. 1974

Wir weisen darauf hin, das die poli-tische Gesinnung von Johann Steger vor, während und nach dem Zeiten Weltkrieg für diesen Beitrag nicht re-cherchiert wurde.

Die Redaktion

Seiner Kleider beraubt, Kreuzwegstation in der Kapelle des Jagdhauses Hall | Foto: E. Reichenfelser

Hl. Josef in der Kapelle des Jagdhauses Hall| Foto: E. Reichenfelser

Portal zur Prälatur im Benediktinerstift Admont | Foto: Imagno, Brandstätter

Jairus Töchterlein, Reliefszene aus dem „Arzt-Luster“ | Foto: K. Steininger

Schreiender Adler, Kriegerdenkmal Hall | Foto: K. Steininger

Kirchfahrt, Reliefschnitzerei aus dem „Sport-Luster“ | Foto: K. Steininger

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„Schönes Sammelgut“ | Alle Fotos: D. Dünnhaupt

WILHELM BUSCH

„Welch ein herrliches Medikament zum Spottpreis!“Auf den spuren der Geheim- und Quacksalber-medizin des 18. und 19. JahrhundertsGlas und Keramik aus vergangener Zeit sind vielfach erhalten geblieben – als geschätzte Antiquitäten oder auch als scherben im Boden mit Nutzen für Kulturgeschichte und archäologische Zeitrechnung. Von den zahllosen Arten und Formen der Glasgefäße nimmt das Arznei-

glas eine besondere stellung ein, erreichte es doch mit dem darin enthaltenen medikament nahezu alle menschen.Im Folgenden werden „Abgabegläser“ steirischer Apotheker, besonders aber auch die Gläser mit der „Wundermedi-zin“ der Quacksalber aus der Zeit von

ca. 1750–1900 vorgestellt. Zur zeitlichen Betrachtung gilt, dass die Fertigung von „Geheimmitteln“ im vorindustriellen 17. Jahrhundert eine Blütezeit hatte. Später führte die Herstellung von „Arzneispe-zialitäten“ zu annähernd standardisier-ter, meist glasverpackter Ware. Diese wurde über den Zwischenhandel oder vom Hersteller direkt an den Verbrau-cher gebracht und hatte zunehmende Erfolge noch im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts.Die in dem folgenden Beitrag exem-plarisch vorgestellten Glasobjekte ka-men in der Zeit von 1972–2015 durch Zufallsfunde, Schenkung und Kauf in den Besitz des Autors. Sie stammen sämtlich aus dem Landschaftsraum um Bad Mitterndorf (Hinterberger Tal) im Bezirk Liezen.Die ehrwürdige Geschichte der eigent-lichen Medizin und des schon früh staatlich regulierten Apothekerstands wurde über Jahrhunderte begleitet von Praktiken medizinischer Scharlatane, teils mit Merkmalen von Magie und Aberglauben. Bewährte „Heiler“ mit Naturmedizin, einfacher Chirurgie und Psychologie waren dabei die positive Ausnahme.Es ist ein Merkmal der Quacksalberei, Heilversprechen zu machen, wenn die Schulmedizin sich in einer angeblich ausweglosen Situation befindet. Es werden angeblich „universell“ wirken-de Mittel eingesetzt bei Krankheiten, die eigentlich unabhängig voneinander bestehen.Nachvollziehbare Kontrollen oder Stu-dien zum Präparat gibt es in der Regel nicht. Kennzeichnend ist auch, dass die Produkte von einzelnen Erfindern

(„entrepreneurs“) oder Institutionen zu meist hohen Preisen auf den Markt gebracht werden.

marktgeltung im In- und Ausland sowie in Übersee:Die Augsburger LebensessenzVier Arzneifläschchen, die in unseren Be-sitz kamen, geben in Reliefschrift ihren Inhalt als „Augsburger Lebensessenz“ an. Somit war schon zu vermuten, dass es sich um eine Universal- (Wunder-, Pa-tent-)Medizin vergangener Zeit handeln könnte. Die Literaturdurchsicht brachte dann zutage, dass die Augsburger Le-bensessenz tatsächlich lange Zeit ein in Europa weitverbreitetes, erfolgreiches und immer umstrittenes (!) Präparat war. Auch die glastechnische Forschung hat sich bereits mit seiner besonderen gläsernen Verpackung beschäftigt. Der Erfinder der Lebensessenz war Johann Georg Kiesow (1718–86), der zunächst Militärarzt gewesen war. Er brachte sein Produkt um 1762 in Augs-burg auf den Markt – gegen den heftigen Widerstand der örtlichen Apotheker.Siehe Foto unten: Zur Beschriftung und Markierung der Fläschchen 1– 4 (Höhe 86–100 mm), Boden quadratisch, nur 1–3 abgebildet.Bei 1 und 2 lautet der originale Text im Glas einer Flaschenseite: „Lebens-Essenz verfertigt in Augsburg von J.G. Kiesow Churbayr. Rath u. Dr. mit Röm. Kaiserl. Majestät allergnädigstem Privi-legio exclusivo“.Bei 1 fällt zunächst die grobe Ausfüh-rung der Flasche und die schwere Les-barkeit der Beschriftung auf. Es fehlt das oben beschriebene Kiesow‘sche Siegel (bei 2 vorhanden).

3 und 4 zeigen nur den Namen des Medi-kaments in Reliefschrift. Als Ergebnis sind die Fläschchen 1, 3, 4, als Fälschungen des erfolgreichen Präparats anzusehen. Solche waren am Markt häufig vertreten und schon sehr früh ein Problem für den Erfinder und seine späteren Erben. Diese führten das Geschäft bei immer wiederkehrenden Schwierigkeiten, aber insgesamt erfolgreich, über lange Zeit weiter.So wehrte man sich um 1850 oder schon früher in einem „Avertissement“: „Denen Pfuschern dient zur Nachricht, dass ihnen das fernere Nachpfuschen und Verkaufen dieser Lebensessenz, kraft des obigen Privilegi, bey Straf 20 löthigen Goldes, von Ihro Röm. Kaiserl. Allergnädigst aufs schärfeste inhibiert und verbotten ist.“Die altertümliche Schreibweise gilt als vorsätzlich und sollte wohl die langzei-tige Bewährung des „unvergleichlichen Medikaments“ unterstreichen.

VermarktungsmethodenNach heutigem Verständnis war das Kiesow‘sche Vertriebssystem teils be-fremdlich. Für Standorte in Amsterdam, Salzburg und Prag beispielsweise heißt es in der Liste der Depotbetreiber: Im türckischen Kaufhaus, bei Herrn Michl (Capellmeister), bei Samuel Vitigill, Ju-bilierer, beim Gastgeber zum Goldenen Hirschen.“Daneben sind „Handelsmänner“ benannt, die vermutlich auch als Wanderhändler die Essenz landauf, landab feilboten.

Medizingeschichtlich ist von Interesse, dass jeder Flasche der „Universalmedi-zin“ schon vor 1806 eine kleine Schrift beigefügt war als „Unterricht von de-nen Wirkungen und dem Gebrauch der kostbaren, und durch unzählige Proben bewährten Lebens-Essenz zum Besten des Publici“.In der Fachwelt wird diese Textbeilage als ein Vorläufer des heutigen Bei-packzettels gewertet. Es gilt hier aber auch die Einschätzung, dass absichtlich umfängliche Anwendungsvorschriften einer Quacksalbermedizin dem Herstel-ler bei oft ausbleibendem Heilerfolg die Möglichkeit boten, dem Käufer eine falsche Anwendung zu unterstellen. Frühe Diskussion um Inhaltsstoffe und Wirkung der Augsburger LebensessenzDas auffällige Produkt traf zu allen Zei-ten auch auf Kritiker. Deren Diskussion führte 1834 zu einem vorübergehenden Einfuhrverbot der Lebensessenz nach Österreich, nachdem die „medicini-sche Fakultät in Wien geprüft, und als gesundheitsschädlich erkannt hatte“. Auch nahmen sich Autoritäten wie das „Pharmaceutische Central-Blatt“ des Themas an. Eine 16 Seiten lange Lobpreisung des „unschätzbaren Medikaments“ durch einen „unpartheiischen Beobachter“ in Deutschland zitiert im Gegensatz dazu begeisterte Referenzen aus den Jahren 1853–54 und spricht von Wirksamkeit selbst gegen Cholera. Die Besprechung gipfelt im Bericht über „eine vornehme Dame,... von so vielen und wunderlichen Zuständen vier ganzer Jahre geplagt, dass viele der vornehmsten Medizi aus

Röhren- und phiolenartige Gläser, maximale Höhe: 11 cm, schwer datierbar 3 Flaschen der „Augsburger Lebens-Essenz“ „Glas-Stilleben“ mit Feder

Alle Bevölkerungsteile waren Zielgruppe der Geheimmittel- und Spezialitätenhersteller (Collage).

Zylindrische Flaschen, in die Form mundgeblasen und durch Drehen geglättet, Größenklassen erkennbar, keine Volumenangabe (Pottascheglas=Waldglas, um 1850?)

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ihrer Krankheit nicht klug werden konn-ten ... bis endlich ein fremder Medicus gerufen wurde, welcher durch Hilfe dieser herrlichen Lebens-Essenz die Frau Patientin in Zeit von wenigen Mona-ten dermaßen wieder hergestellt, dass alle beschwerlichen und schmerzlichen Zufälle sich verloren, und sie wieder ausgehen konnte ... Auch verlor sich die blaßgelbe Farbe, und ist nunmehr eine der schönsten Damen.“ Zu etwa gleicher Zeit widerspricht ein Kritiker mit Hinweis auf mögliche Fol-gen, heute Nebenwirkungen genannt: „Mittel dieser Art, wie die ,Augsburger Lebensessenz‘ enthalten nicht bloß bittere Ingredienzen, um den Magen zu stärken, sondern auch drastische, höchst schädliche Purgiermittel, als z.B. Aloe, betäubende Mittel, als Safran, Therick, Fliegenschwamm ... als wahre Gifte, weshalb vor diesen Mitteln als vor Haus- und Universalmedizin nicht ein-dringlich genug gewarnt werden kann.“Bei solcher Vorgeschichte ist ein Wei-terbestehen der Marktpräsenz der Augsburger Lebensessenz bis in unsere jüngste Gegenwart erstaunlich: Ein Pro-dukt mit diesem Namen wird noch im 21. Jahrhundert im süddeutschen und vielleicht auch österreichischen Gebiet von Apotheken vertrieben – wohl mit vertretbaren Inhaltsstoffen und nach den Prüfvorschriften unserer Zeit.

Das „elsa-Fluid“ aus KroatienNach der wechselhaften Geschichte der Augsburger Lebensessenz ist es nicht überraschend, dass noch 1901 ein anderes Mittel, nämlich „Fellers

weltbekannte Zubereitung Elsa-Fluid“ in fast ganz Europa verbreitet war und nach Ägypten, China und Japan expor-tiert wurde.Eugen Feller war Apotheker in Stubica/Kroatien und vertrieb sein fabrikmäßig hergestelltes Produkt in der Donau-monarchie und in alle Welt. Dass das Fluid auch in Amerika während des Alkoholverbots (Prohibition) gerade wegen seines hohen Alkoholgehalts besonders erfolgreich gewesen sein soll, möchte man eher als Legende werten. Ein Verzeichnis der Zeit beschreibt das Fluid schlicht als alkoholische Lösung einiger allgemein bekannter pflanzlicher Stoffe. Ein reißerischer Werbetext für das uni-verselle Elsa-Fluid in der Tagespres-se 1904 zielt auf einen umfassenden Kundenkreis: Elsa-Fluid sei „besonders gelobt von Touristen, Briefträgern, Sol-daten, Jägern, Arbeitern, und Personen, die am Felde, in Bergwerken und sonst viel arbeiten“.Erwähnt sei schließlich, dass die zeitty-pischen kolonialen Bestrebungen einiger Länder zugleich neue Absatzmärkte für Universalmedizin jeder Art eröffneten.

WirtschaftsgeschichteVon den wenigen alten Abgabegläsern, die wir mit erhaltenem Papieretikett an-trafen, zeigt eine röhrenförmige Phiole die Aufschrift Rosenbuschbalsam (siehe Absatz über P. Rosegger), jedoch keinen Apothekennamen. Wenn vorhanden, verweisen solche Herkunftsbezeichnun-gen auf Apotheken der näheren Umge-bung von Mitterndorf (Adler Apotheke Bad Aussee, Löwen Apotheke Liezen seit 1829), oder auch auf Plätze wie Graz, Linz, Scheibbs, Wien.

Häufiger angetroffenes, grob gefertig-tes Pressglas (Achtkantflasche Größe „3“, Volumen um 140 ml) war kein Arzneiglas, sondern enthielt eine in der Donaumonarchie ab 1892 verbreitete Lederpflege mit Referenzen von Mili-tärs und „allerhöchsten Majestäten“ in der Laibacher Zeitung, Slowenien.Die Reliefschrift auf einer flachen achteckigen Pressglasflasche, 13 cm hoch und aus hellgrünem Glas, lautet „Franz Joh. Kwizda Kreisapo-theke Korneuburg“. Dies ist ein Hin-weis auf den Gründer (1853) einer der ersten Produktionsstätten von Veterinärmedizin in der Donaumo-narchie. Der Werbespruch „Durchs Pferd aufs Pferd“ begleitete das k. u. k. privilegierte „Restitutionsfluid für Pferde“ von Anfang an. Das auch im Ausland bekannte Produkt gehört noch heute zum Sortiment des großen österreichischen Pharmaziehändlers. In Pressglas verpackt wurden auch recht bekannte Produkte wie „Diana Franzbranntwein“ (seit 1897), „Lyso-form“ (seit 1900) und, in Braunglas, die Erzeugnisse der „Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation Berlin S.O.“ (1867).

mozarts „markgrafenpulver“Autoren zur Medizingeschichte haben sich mit dem Phänomen der Geheim-mittel und mit den „Spezialitäten“ der Apotheken ausführlich beschäftigt (Schneider 1969). Auffallend ist, dass sehr häufig die schon im Mittelalter (und früher) praktizierte Naturmedizin der Heilkräuter stets weitergeführt wurde und so durchaus für positive Wir-

kungen sorgen konnte. Jedoch machte das Hinzufügen der oft merkwürdigen und manchmal kritischen Substanzen wohl den geschäftlichen Erfolg eines Präparats aus. Eine derartige Rezeptur, die schon Mitte des 17. Jahrhunderts nachweisbar ist, wurde als beliebtes und fast „universelles“ Medikament der Familie Mozart bekannt: Das „Mark-grafenpulver“, verzeichnet in einem österreichischen „Dispensatorium“, bestand aus Pfingstrosenwurzel und Eichenmistel, gebranntem Elfenbein, Elenklaue, Hirschhornspitzen, Pulver aus Flussmuscheln, weißen Korallen und Goldblättchen.

peter rosegger und die VolksmedizinIn den Schriften Peter Roseggers (1843–1918) und hier vor allem in „Waldheimat, Erinnerungen aus der Jugendzeit (1877)“ finden sich erwartungsgemäß Angaben zu schlichter Volksmedizin, die offenbar auch in der Apotheke zur Verfügung stand. So geht es in der Geschichte „Als ich um Hasenöl geschickt wurde“ um Zahnschmerzen: „ Alles haben wir schon angewendet: heiße Tücher aufge-legt, kaltes Wasser in den Mund getan, mit Rosenbuschbalsam ausgewaschen, Kalmusgeist hineingetropft ...“. Und in „Als wir unschuldiges Blut vergossen ha-ben“: „Der Schröpf und der Aderlaß, das waren dazumal neben Lebensessenz und Rosenbuschbalsam die Universalmittel gegen alle Krankheiten“.In „Die Älpler“ heißt es: „In den Fläsch-chen ist Tannenpech, Ameisenöl, Arni-kawasser, Rosenbuschbalsam“.

Dem Alkohol, als Getränk in kleiner Menge genossen, wird wohl auch eine mögliche gesundheitsfördernde Wir-kung zugeschrieben. Rosegger, sonst in der von ihm geleiteten Zeitschrift „Heimgarten“ Streiter für Lebensre-form durch Naturnähe, Mäßigkeit und Bewegungskultur, ist hierzu vorsichti-ger Fürsprecher: „Seit etwa 35 Jahren trinke ich Wein, leichter Tiroler, täglich zwei Achtel“.

Der Volksarzt im Hinterberger TalIm 19. Jahrhundert, als noch geschäfts-tüchtige Händler „Universalmedizin“ mit überzogenem Heilversprechen im Land verbreiteten, wirkte in Mitterndorf ein Arzt als tatsächlicher Wohltäter der Menschen im Dorf und in der weiten Region. Bis heute ist hier der „Bader Heinrich“, der wirkliche Dr. Heinrich Lobenstock (1821–1902), in guter Er-innerung. Seine Familie hatte schon in vorangegangenen Zeiten mehre-re Ärzte hervorgebracht, die alle am gleichen Ort wirkten. Seine Patienten stammten aus höchsten Kreisen, zu großen Teilen aber auch aus der ar-men Bevölkerung, bei der er sich als wahrer Menschenfreund erwies. Armen Leuten stellte er nie eine Rechnung. Sie sollen gar Speis und Trank und oft auch ein Geldgeschenk von ihm erhalten haben. Es steht dies im Ge-gensatz zum allgemeinen Aufschwung des Unternehmertums im 19. Jahrhun-dert. An dieser Entwicklung hatte der Verkauf von Universalmedizin an eine eher arme Landbevölkerung und die

Industriearbeiterschaft – sie konnten sich regelmäßige ärztliche Dienste nicht leisten – einen unrühmlichen Anteil. Am 1. Mai 1892 ehrte man den Doktor mit dem allerhöchsten Golde-nen Verdienstkreuz mit Krone für seine hochgeschätzte Berufsarbeit und viel-fältiges Wirken im öffentlichen Leben. Lobenstock nutzte auch die Heilkraft duftender und würziger Kräuter und gab entsprechende Zubereitungen aus seiner eigenen „Apotheke“ ab. Dazu sind seine Worte überliefert: „Ich bin zufrieden, wenn ihr für mich etwas be-tet und mir die leeren Flascherln sau-ber zurückbringt“. Einige Teile seines ärztlichen Arbeitsgeräts (siehe Foto) werden im Heimatmuseum der Familie Strick in Bad Mitterndorf aufbewahrt. Es handelt sich unter anderem um zylin-drische Abgabeflaschen, kleine Tiegel aus Keramik und Standgefäße, wie sie in ärztlichen Apotheken üblich waren.

Quellen:Höger-Kunze S. : Form-geblasene Fläschchen für Quackmedizin. Press-glas-Korrespondenz 2013-2Pressglas-Korrespondenz 1998–2007Schneider W.: Lexikon zur Arzneimit-telgeschichte Bd. 4. Frankfurt 1969.SG: Zur Augsburger „Lebens-Essenz“ von Johann Georg KiesowStopfer E., Geiselberger S. : „In eine Form festgeblasen“. Eine wichtige technische Grundlage bei Pressglas. Pressglas-Korrespondenz 2000-1„Elsa-Fluid“ (Feller, Stubica Kroatien), verbreitet

bis in Übersee

Glas und Keramik des Dr. Lobenstock

Glas, dekorativ: Maiglöckchen

Kein Arzneiglas, aber gutes Beispiel für grob gefertigtes Pressglas aus Metallform. Die „Le-derpflege für Militär und Jagdschuhzeug“ wurde in St. Valentin, NÖ, hergestellt.

Standgefäß „Baldriantinktur“

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Johann Baptist Sorger – ein Bergverweserschicksal im frühen 19. Jahrhundert

BERTRAUD HABLE

In einem der letzten Hefte (DSH 4/2015, S. 19–23) berichtete die Autorin über zwei schwere Naturkatastrophen und deren Folgen für die Hammerwerksan-lagen in der Klamm bei Rottenmann. Für den raschen Wiederaufbau und die Sicherstellung des Werkbetriebes war Johann Baptist Sorger verantwortlich.Er stand 20 Jahre als Bergverweser in bathyanischen Diensten im Bergwerk in der Walchen bei Öblarn, in dem bereits sein Vater als Verweser beim Grafen Stampfer tätig war. Er hatte aufgrund seines persönlichen Einsatzes und sei-ner Umsichtigkeit einen angemessenen Verdienst und die Anwartschaft auf eine Pension von 844 Gulden und 44 Kreuzer. Trotz dieser guten Vertrags-bedingungen löste er seinen Kontrakt, um in die Dienste des Stiftes Admont zu treten.Am 1. Mai 1813 unterzeichnete er den Pachtvertrag über die Nutzung des Hammerwerkes in der Klamm bei Rot-tenmann mit dem Stift Admont und vereinbarte eine Laufzeit von 10 Jahren. Freilich konnte er nicht ahnen, wie schwerwiegend diese Entscheidung für ihn und seine Familie sein würde und welch einschneidende Folgen am

Ende der Pachtzeit damit verbunden sein würden.Voller Zuversicht übernahm er diese Aufgabe und setzte das eigene Kapital ein, um eine gute wirtschaftliche Grund-lage für die erfolgreiche Führung des Großbetriebes zu schaffen. So errich-tete er aus Eigenmitteln eine dringend notwendige Eisenkram (Eisenlager), um den Betrieb mit genügend Rohei-sen stets voll einsatzfähig zu halten, wollte er doch für das Stift Admont sowie für sich und seine Hammerleute gewinnbringend produzieren

Der pachtvertrag1.) Seine Exellenz, der hochwürdige Herr Abt Gotthard und der löbliche Kon-vent überlassen Herrn Johann Baptist Sorger das Hammerwerk in der Klamm mit allen Rechten und Gerechtigkeiten, Wald-und Holzrechten in einem Pacht-genuss, beginnend mit 1.1.1814, auf 10 Jahre. Inbegriffen natürlich sind die Nutzung sämtlicher Gebäude, Grün-de, Wiesen und Wälder, so wie es das löbliche Stift selbst genießen würde.2.) Herr Johann Baptist Sorger ver-spricht dagegen dem löblichen Stift Admont auf Anweisung seiner Exellenz

Herrn Prälaten, von der Netto geschla-genen Eisenware, welche innerhalb eines Jahres erzeugt wird, statt des Bestandzinses, den 8% Teil der Ware (Mock und grober Kaufstahl) vom Werk an das Stift zu liefern. Die Lieferungen haben jeweils am 1. Juli mit 150 Zent-ner jedes Jahres zu erfolgen und den jeweiligen Abgang am Ende des Jahres, wenn die Erzeugung geschlossen ist, durchgeführt zu werden.3.) Alle vorrätigen Materialien, so wie Naturalien hat der neu eintretende Pächter seinem Vorgänger finanziell aus eigener Tasche abzulösen, und zu versprechen das Stellungsinventar in natura zu übernehmen und zu benüt-zen. Aber nach Ablauf der gegenwärti-gen Pachtzeit dem löblichen Stift alles was laut Inventar zum Werk gehört, zusätzlich aber auch Holz, Kohle, Na-turalien nach unparteiischer Schätzung zur Zeit des Abtritt des Pächter zu ersetzen. Das löbliche Stift ersetzt die allenfalls vorrätigen Eisenwaren nicht.4.) Was die Kohlparteien betrifft, so hat der Herr Pächter, die alten Ausstän-de (Schulden) nicht abzulösen, aber zu sorgen, dass diese nach und nach beglichen werden. Darüber verlangt

Seine Exzellenz der Herr Abt, dass ihm in regelmäßigem Halbjahresabstand die jeweiligen Beläge vorgelegt werden. So hätte das löbliche Stift beim Austritt des Herrn Pächters, nur dessen Außen-stände des letzten halben Jahres an den nachfolgenden Pächter oder Verweser zu verrechnen und die eingebrachte Kohle zu bezahlen. Jeden Teil dieses Pachtvertrages ist es vorbehalten die jeweiligen Rechnungen gegenseitig zu überprüfen.5.) Was die Benutzung des Werkes seit 9.8.1813 bis Ende Dezember an-belangt, so wird für diese Zeit, weil „kein vortheilshafter Umtrieb möglich war“ die Nutzungsentschädigung erlassen, wenn der Herr Pächter die Hälfte des Wasserschadens trägt, welches dass Hammerwerk Klamm am 11. und 12. Feber 1813 erlitten hat. Hier über liegt ein Kostenvoranschlag der Gebäude-schäden vor. Dieser wurde vom Werks-zimmermeister Veit Pacher erstellt. In Zukunft haftet der Herr Pächter dafür, dass wenigstens 300 Zentner Rohei-sen aufgearbeitet werden, wenn nicht Elementar- oder Kriegsereignisse es verhindern. Aber in all dieser Zeit sind von diesen 300 Zentner 8 % Teil dem Stift abzuliefern. Zur Kontrolle über die Erzeugung sollte der Oberbeamte der Herrschaft Strechau bestimmt sein, oder wenn es Seine Exellenz anders verfügt.6.) Dem löblichen Stift verspricht der Herr Pächter einerseits die Gebäude und Grundstücke vorsorglich zu benut-zen und andererseits die Kohlelieferun-gen von den stiftseigenen Wäldern zu beziehen und jene Rechte zu genießen so wie das Stift diese gegenwärtig zu

genießen berechtigt wäre. Weiters ist das Roheisen vom eigenen Floßofen in Admont zu beziehen. Wenn dieser aber außer Umtrieb steht, dann um einen vorteilhaften Betrieb des Werkes gewährleisten, dann „durch Vertrag er-haltene Eisenflossen in Preise Eisenerz“ kommen zu lassen.7.) Der Herr Pächter hat aber alle Be-triebskosten, welche durch die Benüt-zung der Werksanlagen entstehen zu tragen, weiters die Steuern abzuführen, die Naturallieferungen, welche vom Staat abverlangt werden zu begleichen, und die Wälder forstmässig zu pflegen.8.) Die finanziellen Lasten welche hin-sichtlich zur Erhaltung der Hauptgebäu-de dienen, beziehungsweise Schäden welche durch Elementarereignisse zu-rück zuführen sind, und eine Höhe von 100 Gulden überschreiten, werden vom Stift getragen.9.) Der Pachtvertrag ist von Stift Admont oder vom Herrn Pächter ein halbes Jahr vor dem Auslaufen des Vertrages aufzu-kündigen. Im widrigen Fall wird dieser für weitere fünf Jahre fortgesetzt.10.) Sollte die Pachtung beendet wer-den und Herr Johann Baptist Sorger aufhören Pächter zu sein, so hat das löbliche Stift dafür zu sorgen, dass er Sorger bei einem anderen stiftseige-nem Werke den selben Dienst eines Oberbeamten zugeteilt werden, damit seine zukünftige Existenz gesichert ist. Natürlich unter der Voraussetzung, dass er während der Pachtzeit sich keine Verletzung der Rechte des Stiftes noch durch offenbare Nachlässigkeit welche einen Schaden beim Werk zu Folge hatte, sich zuschulden kommen ließ.

So lautet der Vertrag welcher von dem Abt Gotthard Kugelmayr des Benedik-tinerstiftes Admont, so wie von Pater Andreas Rainer, Pater Franz Tiefenba-cher und Johann Baptist Sorger am 1. Mai 1813 unterzeichnet wurde.

Die motivation der HammerleuteDie Übernahme der Hammerwerke in der Klamm gestaltete sich nicht ein-fach, denn durch die Wasserschäden vom Februar 1813 befanden sich die Werksanlagen in einem sehr schlechten Zustand, der keinen Betrieb ermöglich-te. Es war also eine äußerst schwierige Ausgangssituation, in der sich Johann Baptist Sorger am Beginn der Pachtzeit befand. Er musste – wie im Vertrag festgelegt – aus Eigenmitteln 50 % der Baukosten für den Wiederaufbau der Werksanlagen aufbringen. Nun galt es vor allem, die Hammerleute zu beson-deren Leistungen zu motivieren.Hier greift Johann Baptist Sorger eine sehr interessante Methode auf, die be-reits in früheren Jahrhunderten vor allem im Bergbau angewendet wurde, um das arbeitende Personal zu Höchstleistun-gen zu motivieren. „Jede Mehrerzeugung oder Kohlübertheuerung ist bekannter massen nicht Eigenthum der Hammer-gewerken sondern nur Eigenthum der oder des Meisters, gegen den sie auch den Abgang zu ersetzen schuldig sind. Damit aber diese Mehrerzeugnisse kei-ne Gelegenheit zu einem gefährlichen Schleichhandel geben kann, so sind die Hammerleute verpflichtet die Meh-rerzeugung dem Hammergewerken zu überlassen. Diese lediglich vom Fleiße und Geschicklichkeit der Hammerleu-te abhängende Mehrerzeugung als ein

Abt Gotthard Kugelmayr (1788-1818) | Foto: Stiftsarchiv Admont

Forstdirektion Flick. Große Gebiete der Klamm sind im Privatbesitz der Familie Flick | Foto: B. Hable

Ehemaliges Verweserhaus der Hammerwerke in der Klamm, heute trägt es den Vulgonamen „Ebenhammerschmied“ | Foto: B. Hable Alter Stadl im Dorf Strechau | Foto: B. Hable

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1716

fremdes Eigenthum kann demnach von keinem Gewerken verpachtet werden, weil man fremden Fleiß und Geschick-lichkeit zu verpachten nicht berechtigt ist“. Diese Form des Entgelts existierte im 18. Jahrhundert auch bei den „Arbeits-gedingen“ in der Eisenproduktion, wobei die Mehrleistungen der Hammerleute ihnen meist als „Mischentlohnung“ ab-gegolten wurden. Diese bestand meist aus einem Teilbetrag in Geld und einem restlichen Betrag in Naturalleistungen. Dies war für die Stiftsadministration in der damaligen Zeit wohl eine eher unge-wöhnliche wirtschaftliche Ansicht eines Hammerwerkspächters gegenüber den Arbeitern und seinem Pachtgeber. Johann Baptist Sorgers Einstellung war es, dass er auch bei Verlusten, z. B. mangelnder Produktion des Werkes – egal aus wel-chen Gründen diese entstanden sind –, von den armen Hammerleuten keinen Regress einfordern wollte.Kehren wir in die Anfangsjahre der Pachtzeit von 1814 und 1815 zurück. Der Verweser hatte laut Pachtvertrag einen Teil des Wasserschadens aus dem Jahre 1813 aus privater Kasse zu über-nehmen. Zusätzlich errichtete er 1814 eine hölzerne Eisenkram (Eisenlager), um genügend Roheisen einlagern zu können. Doch das Schicksal meinte es nicht gut. Zwei Naturkatastrophen beschädigten im Sommer 1815 die Werksanlagen schwer. Um einen längeren Produkti-onsausfall zu verhindern, war ein rascher Wiederaufbau dringend vonnöten. Abt Gotthard Kugelmayr erteilte nach ei-nem Lokalaugenschein, an dem auch der Stiftszimmermeister Veit Pacher als Schätzmeister für die angerichteten Schäden teilnahm, dem Pächter Johann Baptist Sorger schriftlich die Vollmacht,

einen Kredit von 10–11.000 Gulden bei befreundeten Geschäftsleuten mit mög-lichst geringen Zinsen aufzunehmen. Die Rückzahlung dieser großen Geldsumme sollte durch produzierte Eisenwaren er-folgen. Die Haftung für diesen Kredit übernahm das Stift. So war die finanzielle Grundlage für den Wiederaufbau gesi-chert, um in möglichst kurzer Zeit wieder in Produktion gehen zu können. Trotz großer Schwierigkeiten gelang es ihm, das Soll von 300 Zentnern an Eisenwaren zu erzeugen. Johann Bapstist Sorger musste eine Verzinsung von 12 % für das aufgenommene Kapital in Kauf nehmen. Weiters kam es in diesen Jahren zu einem enormen Preisanstieg der Waren des täglichen Lebens und der industriellen Waren (z. B. Holzkohle). Dies machte sich bei der wirtschaftlichen Führung des eisenverarbeitenden Großbetriebes mehrfach bemerkbar. Oft klagte der Pächter in seinen Berichten an das Stift, einerseits dass die „Kohlpartheyen“ zu wenig Holzkohle liefern würden und er diese teuer zukaufen müsse, um den Be-trieb aufrecht zu halten, und andererseits über die hohen Lebensmittelpreise. Die Arbeiter seines Werkes erhielten einen Teil ihres Lohnes in Form von Naturalien wie Korn, Weizen, Hafer, Gerste, Speck und Schmalz (Butterschmalz) ausbezahlt. Aber auch die wirtschaftliche Situation des Stiftes änderte sich.

Die Zeit der stiftsadministrationenUnter Abt Gotthard Kugelmayr konnte der Pächter einige der sich ergebenden Probleme in Vieraugengesprächen lö-sen, manche Aufträge wurden dabei nur mündlich ausgehandelt und nicht schriftlich festgelegt. Diese vertrau-ensvolle Art, in der der Pächter des

Hammerwerkes Klamm und der Prälat Gotthard die Verwaltung des Werkes organisierten, sollte in späteren Jahren dem Johann Baptist Sorger noch viele Schwierigkeiten einbringen. Die neue Administration legte strenge Richtlinien oft auch rückwirkend vor, sodass viele Verträge in Abrede gestellt wurden, weil keine schriftlichen Aufzeichnungen auf-gelegen sind und daher als unglaubhaft dargestellt wurden.Johann Baptist Sorger leitete seine Werksanlagen gewissenhaft, was auch in Leoben bekannt war. 1819 suchte die Stadt Leoben für das Radwerk in Vordernberg einen Verweser. Man trat an Sorger heran, um ihm mit guten Angeboten dieses Amt schmackhaft zu machen. Er bekam 1000 Gulden CM. als jährliches Gehalt angeboten und zusätzlich noch diverse Natural-leistungen, weiters nach Beendigung des Vertragsverhältnisses eine Pension. Das Angebot als Radwerksverweser der Stadt Leoben war nicht nur vom Anse-hen des Amtes, sondern auch finanziell äußerst lukrativ, da nach Beendigung dieses Postens auch eine Pension für den Lebensabend zugesichert wurde. Sorger ist allerdings noch 5 Jahre an den Pachtvertrag des Stiftes Admont gebunden. In einem Schreiben vom 3. April 1819 teilt er der Stiftsadminist-ration mit, dass man ihm anbietet, als Radwerksverweser in Vordernberg nach Leoben zu wechseln. Bescheiden fragt er an, ob er den Pachtkontrakt vorzeitig lösen könne, um dieses Angebot anzu-nehmen, und ob die Stiftsadministration wirklich nach den noch verbleibenden 5 Jahren den Pachtvertrag verlängern würde. Und sollte dies nicht der Fall sein, ob die schriftliche Zusicherung

im § 10 des Pachtvertrages, ihm die Stelle eines Oberbeamten mit Pensi-onsanspruch zu gewähren, noch zu-teilwerde. Im Antwortschreiben des Stiftes vom 14. April 1819, in dem er ohne seinen Namen zu nennen nur als Bittsteller bezeichnet wird, wird ihm schriftlich bestätigt, dass dies nach § 10 des Pachtvertrages der Richtigkeit entspricht. Außer „daß er sich während der Pachtzeit weder eine Verletzung der Stiftsrechte, noch offenbare Nachläs-sigkeit die einen wesentlichen Scha-den beym Werke zur Folge gehabt habe zu Last kommen lasse“. Trotz diesem sehr trockenen und hart formulierten Antwortschreiben blieb Johann Baptist Sorger Pächter im Hammerwerk Klamm und lehnte das lukrative Angebot, als Radwerksverweser der Stadt Leoben nach Vordernberg zu wechseln, ab. Ob es die persönliche Bindung zum Stift oder andere, vielleicht private Gründe waren, warum Sorger blieb, ist aus den Archivalien des Stiftes Admont nicht ersichtlich.1822 kam es nach dem Tod des Admi-nistrators Abunt Kuntschak, dem Abt von Stift Rein bei Graz, zu einem Wech-sel in der Administration des Stiftes Admont. Benno Krail, Prior des Stiftes Admont, wurde 1823 zum Administrator bestellt. Da die wirtschaftliche Situation des Stiftes schwierig war, versuchte man mit allen Mitteln einen Sparkurs durchzuziehen.Unter den reichhaltig vorhandenen Fas-zikeln über das Hammerwerk Klamm, die im Archiv des Stiftes Admonts er-halten sind, befindet sich auch jenes Protokoll, das bei der Beendigung des Pachtverhältnisses und der dabei er-folgten Übergabe der Werksanlagen

vom scheidenden Pächter Johann Bap-tist Sorger an den Benediktinerpater Hochwürden Gotthard Wisiak des Stif-tes Admont aufgezeichnet wurde. Die Administration des Stiftes übernahm für die kommenden Jahre das Werk in Eigenregie.Johann Nepomuk Wisiak wurde am 9. Dezember 1783 in Radkersburg als Sohn des Josef Franz Wisiak, dem Verwal-ter der admontischen Weingärten in Radkersburg, geboren. Als Neffe des Abtes Gotthard Kugelmayr des Stiftes Admont erhielt er seine Ausbildung im Stift. Am 6. November 1801 trat er in den Benediktinerorden ein und erhielt den Namen Gotthard. Seine Tätigkeiten als Physikprofessor und als Rentmeister des Stiftes Admont waren geeignete Voraussetzungen, um das zweitgrößte Hammerwerk der Steiermark produktiv zu leiten.

Das Übergabeprotokoll vom 31. Dezember 1823Aus diesem Protokoll geht hervor, dass nach dem Austritt des Herrn Pächters Johann Baptist Sorger, dessen genauere Lebensgeschichte anhand von Archi-valien leider nicht nach vollziehbar ist, die Übernahme des Hammerwerkes Klamm durch den Benediktinerpater Gotthard Wisiak aus dem Stifte Admont erfolgte. Die Auflistung der einzelnen Gerätschaften, Vorräte und Einrich-tungsgegenstände der Werksanlagen wurde in Anwesenheit zweier Zeugen penibel durchgeführt. Bei dieser Überga-be des eisenverarbeitenden Betriebes in der Klamm an den zukünftigen Verwalter wurde vor allem der Augenschein auf die finanzielle Gebarung des Werkes gelegt. Hierbei wurden die Steuerbücher der zu

dem Hammerwerk gehörenden Realitä-ten sowie die vom austretenden Pächter Johann Baptist Sorger genau geführten Kontobücher überprüft und als „liquid“ (ordnungsgemäß) angenommen.Hier ein kurzer, sehr interessanter Aus-schnitt aus dem Übergabeprotokoll: Aus aufgenohmenen Stellungsinventar über die vom austretenden Pächter bey sei-nem Eintritte übernohmenen und wieder in quarto et quali zu übergebenden dem Stifte gehörigen Vorräthe und Fahrnissen sub B gezeiget einen von den austr. Werk H[errn] Pächter für abgängige in selben verzeichneten Gegenstände noch an das Stift Admont zu leistenden Ersatz pr 100 Gulden 5 Kreuzer. Dagegen wei-set das über vom Stifte Admont dem H[errn] Pächter abzulösenden Vorräthe Werkzeuge und sonstige übernommenen Fahrnissen, aufgenohmenes Schätzungs-Inventar sub C eine dem Letzteren vor-ersten zu bezahlende Schätzungssumme aus pr 14.465 Gulden 53 Kreuzer.So zeiget sich noch ein reiner Theil vom Stift Admont des H[errn] Pächter Sor-ger zu bezahlenden Ablösungsbetrag pr 14.365 Gulden 48 Kreuzer.“ Tatsache ist, dass der Pächter Johann Baptist Sorger bei der Niederschreibung des Protokolls nicht auf einen verbindlich festgelegten Termin zur Zahlung dieses Betrages gedrängt hat. Hingegen hat das Stift die Klausel schriftlich festgelegt, dass das Geld an den Herrn gewesenen Pächter erst dann ausbezahlt wird, wenn er nach Annahme des Stiftes keine Rechte ver-letzt hat und das Hammerwerk Klamm nicht zu Schaden kam. Dies, obwohl das Übergabeprotokoll bezeugt, dass Johann Baptist Sorger das Werk zur Zufriedenheit der Übergabekommission und in gutem Betriebszustand übergibt.

Burg Strechau | Foto: B. HableDas Dorf Strechau, welches sich unter der Burg befindet | Foto: B. Hable

Mächtige Geschiebesperren schützen heute das kleine Tal der Klamm vor Hochwasser und Vermurung | Foto: B. Hable

Der unverbaute Strechauer Bach | Foto: B. Hable

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1918

Warum Sorger keine Sicherheitsklausel für die Rückzahlung seines eingesetz-ten Vermögens einfügen lässt, die das Stift zwingend verpflichtet hätte, den Betrag auszuzahlen, ist uns leider nicht bekannt. So unterschreibt er dieses Protokoll im vollsten Vertrauen.Die Niederschrift dieses Protokolls wird am 31. Dezember 1823 erstellt und von folgenden Personen unterzeichnet und gesiegelt:Als Übergabekommisär vonseiten der Administration des Stiftes Admont fun-gierte Pater Ehrenfried Sirk, Liquida-tionskomisionär Anton Stary war als Pfleger und Ortsrichter von Strechau anwesend. Weiters unterzeichneten als Actuar Ignatz Egger, der austretende Pächter Johann Baptist Sorger sowie der neue, vom Stift Admont bestellte Hammerwerksverwalter Pater Gotthard Wisiak mit ihrer Unterschrift.Als weitere anwesende Zeugen der bei-den Parteien bestätigten Herr Melchior Leobner, Hammerwerksverwalter in der Gulling (bei Liezen), und Franz Weilhar-ter, Hammerverwalter in Grubegg, sowie als verantwortlicher Sachverständiger vonseiten der Stiftsadministration der Zimmermeister Veit Pacher die Richtig-keit des Protokolls.Nach der Unterzeichnung des Überga-beprotokolls und der Übernahme der Hammerwerkes Klamm durch das Stift hofft Johann Baptist Sorger auf eine weitere Anstellung als Oberbeamter in einem der Hammerwerke des Stiftes Admont, so wie es ihm laut Pachtvertrag zugesichert wurde und auf die Auszah-lung seines Guthabens.

stiftsinterne AufzeichnungenUnter den reichhaltigen Akten im Archiv des Stiftes befindet sich ein Faszikel mit drei unterschiedlichen Datierungen und der Bezeichnung „Vorläufige Bemerkun-gen“. Am Beginn des Textes befindet sich eine Doppeldatierung mit Rotten-mann, 31. August 1823 und 19. Oktober des laufenden Jahres. Unterzeichnet ist dieses mehrseitige Dokument mit 6. Juni 1824 vom Administrator des Stiftes, Benno Krail. Also bereits Monate vor der Niederschrift des Protokolls über die ordnungsgemäß durchgeführte Übergabe des Hammerwerkes in der Klamm begann man mit dem Aufzeich-nen von angeblichen „Mängelposten“, um dies in „Vorläufigen Bemerkungen“ schriftlich festzuhalten. In dem Protokoll über die Werksrückgabe an das Stift Admont wird dem Johann Baptist Sorger eine Abschlagszahlung für Vorräte und Werkzeug im Hammerwerk in der Höhe von 14.365 Gulden und 48 Kreuzer als Guthaben schriftlich bestätigt. In die-sen oben genannten „Mängelposten“ allerdings wirft man dem ausgetretenen Pächter schwerwiegendes Fehlverhalten gegenüber dem Stift Admont während der 10-jährigen Pachtzeit vor.Tatsache ist, dass sich in diesen 10 Jahren bei der Verwaltung des Stiftes vieles verändert hat. 1818 tritt Abt Gott-hard Kugelmayr zurück. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage wird für die Leitung des Stiftes Admont Ab-und Kuntschak, Abt des Stiftes Rein bei Graz, als Administrator berufen. Nach dessen Tod 1822 übernimmt 1823 Benno Krail die Leitung des Konventes und der wirtschaftlichen Betrieben des Stiftes.In diesem oben genannten „Mängelpos-ten“ kritisiert man in einem Vorbericht, dass viele Verrechnungspunkte, die im Zeitraum1814 bis 1818 von Abt Gott-hard nur mit dessen Unterschrift für die vorgelegten Rechnungen als ord-nungsgemäß bestätigt wurden, ohne diese extra zu adjustieren. Zusätzlich macht man dem Pächter den Vorwurf, dass manche Aufträge nur mündlich als sogenanntes „Privatgespräch“ ohne schriftliche Aufzeichnung erteilt wurden.Auch bei den Abrechnungen aus den Jahren von 1820 bis 1823 setzt man Johann Baptist Sorger schwerer Kritik aus. So wird die Nichtverrechnung der von den Hammerleuten mehr erzeugten Eisenwaren, die er ihnen vermutlich in Form eines Mischlohnes auszahlte, ohne davon die 8 % Abgabe an das Stift

abzuliefern, beanstandet. Er förderte dadurch die Arbeitsmoral der Mitar-beiter, schürte aber damit das Miss-trauen der Administration des Stiftes Admont. Gerade im Jahr 1815, in dem der Pächter die Schäden der schweren Naturkatastrophen zu bewältigen hatte, gelang es ihm durch äußerst motivierte Hammerleute, die Produktion – wenn auch eingeschränkt – weiterzuführen. Dies, obwohl die Werksanlagen durch die Wasserschäden großteils zerstört waren und neu aufgebaut werden mussten. Hier stützte er sich auf eine schriftliche Zusi-cherung von Abt Gotthard Kugelmayer, dass er einen Betrag von 10.000–12.000 Gulden bei Handelsfreunden aufnehmen dürfe. Da Johann Baptist Sorger keine eigenen Realitäten als Rückversicherung besaß, war er gezwungen, den sehr ho-hen Zinssatz von 12 % zu akzeptieren. Die Administration des Stiftes hielt dies für eine unverantwortliche Handlung vonseiten des Pächters, denn 6 % wären nach ihrer Ansicht das Limit gewesen. Zusätzlich beanstandete man, dass er dem Stift für das Jahr1816 zu hohe Baukosten verrechnet habe, ohne zu beachten, dass noch Schäden an den Gebäuden aus dem Jahre 1815 zu be-seitigen waren. Immer wieder stieß sich die Administration an der menschlichen Führung, mit der der Verweser seine Hammerleute zu guter Arbeitsleistung motivierte. Man stellte in Rechnung, dass er zu hohe Proviantkosten für sei-ne Mitarbeiter, vor allem gegenüber Kindern, aufliste. Ab 1819 schien als zusätzlicher Kritikpunkt der regelmäßige Rechnungsposten für die medizinische

Versorgung seiner Mitarbeiter auf. Die weiteren Vorwürfe betrafen angebliche Nichtbezahlung von Steuern und Militär-abgaben. Die Stiftsadministration ver-wies mit ihren Vorwürfen immer wieder auf die Paragrafen des Pachtvertrages und der Hammerwerksordnung, um so Sorger das ihm rechtens zustehende Guthaben von 14.365 Gulden und 48 Kreuzer nicht auszahlen zu müssen.

Das weitere Leben der Familie sorger Nach Beendigung des Pachtvertrages verließ Johann Baptist Sorger mit seiner Familie das Verweserhaus in der Klamm und zog nach Rottenmann. Er war voller Hoffnung, bald einen neuen Oberbe-amtenposten bei einem stiftseigenen Hammerwerk zu erhalten sowie sein finanzielles Guthaben vom Stift Admont ausbezahlt zu bekommen. Noch ahnte er nicht, welch schwierige Zeiten auf ihn und seine große Familie zukommen würden.Am 24. Februar 1824 verständigte der Prior des Stiftes, Leo Kaltenegger, im Auftrag des Administrators Benno Krail das Präsidium der K.K. Hauptgewerk-schaft in Eisenerz, um „den Fall des gewesenen Pächters Johann Baptist Sorger“ vorzustellen. Doch hier zögerte man und setzte auf Zeit. Da die Bear-beitung der Akten „Sorger“ langwierige Überprüfungen erforderten, bat man das Stift Admont um Geduld. Erst im Jänner 1825 wurde der Administration vorgeschlagen, „man möge doch mit dem gewesenen Pächter Johann Baptist Sorger einen Vergleich treffen, denn dies wäre der billigere Weg, als einen langwierigen Prozess, der durch mehrere Instanzen läuft, zu riskieren“.In der Zwischenzeit stellte Sorger im-mer wieder Ansuchen an das Stift, um die Auszahlung seines Guthabens zu erwirken. Am 31. Jänner 1825 sandte er eine mehrseitige, penibel aufgelistete und scharf formulierte Gegendarstellung an das Stift Admont und drohte mit der Klage. 1826 klagte er das Stift beim Oberbergamt und Berggericht Leoben auf die Nichtauszahlung seines Gut-habens, worauf die Gegenklage des Stiftes wegen Verletzung der Rechte des Stiftes und der Nichteinhaltung des Pachtvertrages erfolgte.In einem undatierten Schreiben, ver-mutlich einem Gutachten, wurde dem abgetretenen Pächter Johann Baptist Sorger bestätigt: „Da derselbe während

der Pachtzeit weder eine Verletzung der Rechte des Stiftes, noch sonst eine of-fenbare Vernachlässigkeit, die einen we-sentlichen Schaden beim Werke zu Folge gehabt hätte, zu Schulden kommen ließ“.Wie schwierig die Situation für Sorgers Familie war, zeigt ein Schreiben vom 4. November 1829, also knapp 5 Jahre nach Beendigung des Pachtvertrages. Er stand ohne Einkommen da und versuchte seine große Familie notdürftig zu versorgen, indem er sich immer wieder Geld aus-borgte. Er hoffte, diese Schulden durch sein vorenthaltenes Guthaben einmal begleichen zu können. Das zeigt uns ein Ausschnitt aus einem sehr verzwei-felten Brief, den Johann Baptist Sorger an einen ungenannten Freund sandte. Es ist dies die letzte handschriftliche Mitteilung, die von ihm im Archiv des Stiftes Admont aufliegt: „Ich habe heute, in der grösten Noth zu erfrieren und zu verhungern P.T. Herrn Administrator ad Personam gebethen mir die angesuchte Abschlagszahlung doch zu verabfolgen; können sie zur Efectierung [sein unge-nannter Freund] etwas beitragen, so rechne ich auf Ihre Freundschaft; denn ich bin ärmer als ein Strassenbettler und dulde samt Weib und Kindern wahrhaft unverdientes Loos, das ich meinem ärgs-ten Feind nicht wünsche“.Johann Baptist Sorger verstarb am 19.4.1830 57-jährig in Kalwang an Lungenbrand. Die tief trauernde Witwe Theres Sorger bat nach dem Tode ihres Mannes noch drei Mal um 40 Gulden finanzielle Unterstützung für sich und ihre sechs unmündigen noch lebenden Kinder, die auf Abrechnung des Gutha-bens gewährt wurden.Die schriftlichen Aufzeichnungen des Archives über die Gerichtsverhandlun-gen mit Johann Baptist Sorger reichen

bis in das Jahr 1833. Ein Gerichtsakt vom 26. September 1832 behandelt einen Konkursvergleich zwischen dem Stift Admont und den Gläubigern, bei denen Johann Baptist Sorger Geld zum Überleben für sich und seine Familie aufgenommen hatte. In diesem Ver-gleich wurde die Administration des Stiftes zur Zahlung von 1000 Gulden CM an eine Disponentenkasse verplichtet und verzichtete auf weitere finanzielle Forderungen gegen die Sorger’sche Kon-kursmasse, wobei die weiteren Gläubiger ihre Ansprüche zurückzogen und dies mit ihrer Unterschrift bestätigten.Knapp 10 Jahre nach Beendigung des Pachtkontraktes, den Johann Baptist Sorger mit dem Stift Admont geschlos-sen hatte, schließen sich die Akten über den Bergverweser, der die Hammer-werke in der Klamm bei Rottenmann 10 Jahre geleitet und für die damalige Zeit eine moderne, vor allem soziale Führung von Mitarbeitern in diesem Werk eingeführt hatte.Das Stift Admont betrieb die Hammer-werksanlagen in der Klamm unter der Leitung von Pater Gotthard Wisiak und später unter Pater Ignaz Sommerauer in Eigenregie weiter. So hoffte die Stiftad-ministration, das Hammerwerk erfolg-reich in die Zukunft führen zu können.

Quellen:Stiftsarchiv Admont: AT AABA H-310-1-3-4-5-6-7H-310-2-1-2-3-4-5-6Grünfelder P. Gebhard, Professbuch des Stiftes Admont, Seite 282 und 292, 2012.htttps://de.wikisource.org/wiki/BLKÖ;Wisiak,-Gotthard,24.8.2016Diözesanarchiv Graz, Pfarre Kal-wang, Sterbebuch IV, Seite147.Landsteiner Erich, E-Mail an die Autorin, 8.8.2016.Hochsteger Ernst E. P.,E-Mail an die Autorin,13.8.2016.Jagersberger Reinhard, Herrenhäu-ser der Hammerherrn, Radmeister, Eisenverleger, in der Steiermark, Seite 100, 2015.Pribas Gerald, Familienblatt für Jo-hann Sorger, erstellt am 29.8.2015.Hable Bertraud,Schwere Naturka-tastrophen zerstörten im Sommer 1815 die Hammerwerke in der Klamm. In Da Schau Her, die Kul-turzeitschrift aus Österreichs Mitte, Heft 4/2015, Seite 19-23.

Administrator Benno Krail des Stiftes Ad-mont (1823-1839, Abt 1839 - 1861) | Foto: Stiftsarchiv Admont

Kreuz an der Außenmauer der ehemaligen Kapelle in der kleinen Siedlung in der Klamm | Foto: B. Hable

Administrator Abunt Kuntschak des Stiftes Admont (1818-1822) | Foto: Stiftsarchiv Admont

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HUBERT PRESSLINGER UND CLEMENS EIBNER

Benediktinerstift Admont –ein Zentrum der Stahlerzeugung und der Stahlverarbeitung im Hochmittelalter

1 Sprandel, R.: Die Zisterzienser und das mittelalterliche Eisengewerbe. Stahl und Eisen 93 (1973), Nr. 1; S. 19–23.

2 Mitchell, J.: Monastic Guest Quarters and Workshops – The Example of San Vincenzo al Volturno. – In: Wohn- und Wirtschaftsbauten Früh-mittelalterlicher Klöster. – Hrsg.: Sennhauser, H. R.; Hochschulverlag AG an der ETH Zürich (1996), S. 127–155.

3 Gilomen, H.-J.: Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters. Verlag C.H.Beck München 2014; S. 50.

4 Popplow, M.: Technik im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 2010; S, 19.

5 Ilg, P.: Eisen gießen nach uralten Rezepten. Stahl und Eisen 125 (2005), Nr. 9; S. 99–111.

6 Lugschitz, R.: Die Kapitalisten Gottes. PM (2008), Heft 10; S. 46–52.7 Preßlinger, H.: Schmelz- und Schlackenplätze im Enns- und Paltental.

BHM 124 (1979), Heft 11; S. 565–566.8 v. Muchar, A.: Die Eisenbergwerke im Enns-, Palten- Admont- und im

Johnsbachthale, und der Eisenhandel auf der Enns nach Oesterreich.

Steyermärkische Zeitschrift, Grätz 1833; Heft XI; S. 38–56.9 Pirchegger, H.: Das steirische Eisenwesen bis 1564. Leykam-Verlag,

Graz 1937; S. 23–25. 10 Hiessleitner, G.: Zur Geologie der Erz führenden Grauwackenzone

zwischen Admont – Selztal – Liezen. Jahrbuch der geologischen Bun-desanstalt (1958), Band 101; S. 35–78.

11 Hammer, W.: Die Grauwackenzone zwischen Enns- und Paltental (Steiermark). Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt, Wien 1932; Band LXXXII; S. 127–161.

12 v. Miller-Hauenfels, A.: Der Bergbau des Landes (Steiermark). In: Ein treues Bild des Herzogthums Steiermark; Hrsg.: Hlubek, F. H.: Graz 1860; S. 237.

13 Göth, G.: Das Herzogthum Steiermark – geographisch-statistisch-topographisch dargestellt. Gratz 1843; 3. Band.

14 v. Miller-Hauenfels, A.: Die steirischen Bergbaue als Grundlage des prov. Wohlstandes. Wien 1859; S. 11.

15 Sperl, G.; Preßlinger, H.: Frühes Berg- und Hüttenwesen rund ums Gesäuse. In: Berg-Hütte-Energie (1980) S. 151–157.

16 Preßlinger, H.; Gahm, H.; Eibner, C.: Die Eisenerzverhüttung im steiri-schen Ennstal zu Beginn des 12. Jahrhunderts. BHM 128 (1983), Heft 5; S. 163–168.

17 Eibner, C.; Preßlinger, H.: Archäologische Zeugnisse des Eisenerzberg-baues und der Verhüttung im 12. Jahrhundert. Beiträge zur Mittelalte-rarchäologie in Österreich 6 (1990), S. 43–63.

18 Preßlinger, H.; Eibner, C.: Mittelalterliches Montanwesen im Bezirk Lie-zen. In.: Bergbau und Hüttenwesen im Bezirk Liezen. Hrsg.: Preßlinger, H.; Köstler, H. J.: Kleine Schriften der Abteilung Schloss Trautenfels am Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum (1993), Heft 24; S. 37–44.

19 Preßlinger, H.; Eibner, C.: Die Eisenhütte des Abtes Wolfhold von Ad-mont auf dem Dürrnschöberl. Da schau her (1982), Heft 5; S. 15–17.

20 Preßlinger, H.; Köstler, H. J.: Zur Geschichte des Eisenerzbergbaues am Blahberg bei Admont. res montanarum (2002), Heft 28; S. 21–26.

21 Felber, H.: Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Radiumforschung und Kernphysik. Schriftliche Mitteilung vom 11.4.1985; VRI – 932.

22 Felgenhauer-Schmiedt, S.: Aspekte der Mittelalterarchäologie zur Wirtschaftsgeschichte am Beispiel der früh- und hochmittelalterlichen

Graphittonkeramik. Mitt. d. österr. Arb. Gem. f. Ur-. und Frühgeschich-te, XXX, 1980, S. 91–104. Für die freundliche Beurteilung danken wir herzlich!

23 Preßlinger, H.; Walach, G.; Eibner, C.: Montanarchäologische Erkun-dung ur- bis frühgeschichtlicher Verhüttungsplätze auf Kupfer und Eisen sowie deren Lagerstätten in der nördlichen Grauwackenzone der Ostalpen, Raum Paltental – Johnsbach – Radmer (Steiermark). Endbericht Forschungsprojekt P 4766 des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Leoben 1986.

24 Von einem Stuckofen spricht man, wenn der Blasebalg mit einem Wasserrad betrieben wurde und dessen Ofenschacht mannshoch oder höher war. Fehlt der Einsatz eines Wasserrades zur Windpressung, wie am Schmelzplatz Dürrnschöberl, spricht man von einem Rennofen.

25 Schmid, W.: Norisches Eisen. In: Beiträge zur Geschichte des österrei-chischen Eisenwesen, Wien-Berlin-Düsseldorf 1932; S. 169–226.

26 Pittioni, R.: Der mittelalterliche Eisenhüttenplatz in Kitzbühel-Seebichl, Tirol. In: Studien zur Industrie-Archäologie, Verlag der Österreichische Akademie der Wissenschaften Wien 1985; 181. Band.

27 Sperl, G.: Die Entwicklung des steirischen Eisenhüttenwesens vor der Einführung des Hochofens. In: Erz und Eisen in der Grünen Mark; Hrsg.: Roth, P. W.; Beitragsband zur steirischen Landesaustellung 1984; S. 83–94.

1. einleitungFür das Früh- und Hochmittelalter sind montanarchäologische Grabungsergeb-nisse, die metallurgische Schmelzöfen sowie die Schmelztechnologie betreffen, äußerst spärlich. Man weiß wohl aus Publikationen1,2,3,4,5,6, dass die Klöster in der Herstellung von Metallprodukten im Hochmittelalter Selbstversorger waren. Dazu haben die Mönche Kupfer-, Bronze- und Stahlprodukte von Laienbrüdern für den Eigenbedarf auf ihren Besitzungen produzieren lassen. Zeugen für den mit-telalterlichen Bergbau und für die mit-telalterliche Verhüttung von Eisen- und Kupfererzen der Admonter Benediktiner sind die zahlreichen Schlackenplätze 7,8,9,10,11,12,13,14 auf der rechten Seite der Enns vom Blahberg/KG Aigen/OG Admont bis zum Paradies/KG Admont/OG Admont.Für die Montanarchäologen bedeuten diese Hinweise, dass erfolgverspre-chende Untersuchungen zum Thema

„mittelalterliche Metallherstellung und -verarbeitung“ innerhalb von Klöstern oder auf deren Besitzungen durchgeführt werden sollten. Als diesbezügliches Bei-

spiel für die Aufnahme von Zeugnissen der hochmittelalterlichen Stahlgewin-nung sind die montanarchäologischen Grabungen am Dürrnschöberl/KG Ai-

gen/OG Admont anzuführen.15,16,17,18,19,20 Außer Lauf- und Zapfenschlacken sowie dem Fragment einer Stahlluppe konn-ten dort Reste eines Schachtofens zur Rohstahlherstellung aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts erfolgreich freigelegt werden.21,22 Die montanar-chäologischen Zeugnisse am Dürrn-schöberl sind allerdings zu spärlich, um den Ablauf des mittelalterlichen Schmelzprozesses zur direkten Stahler-zeugung aus der Sicht des Schmelzme-tallurgen lückenlos zu erklären. In den folgenden Kapiteln werden zunächst verfahrenstechnische Erkenntnisse und danach Untersuchungsergebnisse der archäometallurgischen Funde aus dem Gebiet Admont vorgestellt.

2. montanarchäologische untersu-chungsergebnisse am Verhüttungs-platz „Dürrnschöberl“Durch Geländebegehungen konnten am Dürrnschöberl/KG Aigen/OG Admont mehrere Schmelzplätze aufgefunden werden. Der als Schmelzplatz „Dürrn-schöberl“ bezeichnete Eisenerzverhüt-tungsplatz liegt auf einer Seehöhe von 1100 m in der Nähe des Knappengrabens. Nach einer geomagnetischen Vermes-sung des Verhüttungsplatzes durch Ge-org Walach, bei der die mögliche Lage der Schmelzöfen geortet werden konnte, wurde in zwei Grabungskampagnen eine Eisenerz-Verhüttungsanlage freigelegt.23

Die Ergebnisse der Ausgrabung lassen erkennen, dass die Mönche des Bene-diktinerklosters Admont eine für das 12. Jahrhundert wohl bedeutsame Eisen-erzverhüttung betrieben haben. In sehr steilem Gelände wurde in eine Etage eines alten, im 12. Jahrhundert bereits still gelegten Eisenerzbergbaues eine rd. 20 x 10 m große Terrasse für eine Eisenhütte angelegt. Im anstehenden felsigen Boden wurden bis zu 90 cm tiefe Pfostenlöcher als kreisrunde Gruben

ausgehoben. Die Schmelzhütte ruhte auf der Bergseite auf einer Trockenmauer aus Bruchsteinen und war eine Holz-konstruktion mit massivem Holzdach, wobei das Hüttengebäude etwa 9,5 x 7 m groß war.Für die Erzeugung der Eisenluppe wurde ein Schachtofen (Rennofen24) mit einem ovalen Grundriss von 60 x 45 cm und einem bis zu 10 cm dicken Lehmmantel sowie zwei Vorherden benutzt. Die ur-sprüngliche Höhe des Schachtofens war sicherlich größer als 90 cm. Die beiden Vorherde hatten einen Durchmesser von 30 cm und je 45 cm lange Rinnen, welche 45o aus der Achse des Ofens auswichen, sodass der für die Winder-zeugung benötigte Blasebalg dazwischen Platz hatte. Der Schacht des Rennofens war nicht mit Ofensteinen gemauert, wie in der Fachliteratur25,26,27 für das Hochmittelalter beschrieben, sondern bestand aus einem Lehmmantel, der auf einem innenliegenden Rutengeflecht als Gerüst aufgezogen wurde. Funde von verziegeltem Lehm von der Schachtofen-wand bezeugen diese Ofenzustelltechnik.Ein besonderes verfahrenstechnisches Detail sind wegen des Lehmmantels des Rennofenschachtes die gefunde-nen Winddüsen. Sie sind eine aus zwei unterschiedlichen Tonqualitäten ge-formte Keramik. Die äußere Düse aus minderwertiger Qualität war mit dem Ofenschacht fest verbunden. Die innere Düse aus hochwertigem Ton, mit einem Innendurchmesser von 26 mm am Dü-senmund, wurde bei deren Anwendung in die äußere Düsenform hineingesteckt. Bei dieser Ausführung war die innere Düse gegen eine Verschlackung ge-

Reste eines Schachtofens zur Rohstahlherstellung am Verhüttungsplatz Dürrnschöberl/KG Aigen/OG Admont, datiert frühes 12. Jahrhundert n. Chr.; A – Ofensohle, B – Ofenwand mit Schlackenabstichloch und Zapfenschlacke, C – Vorherd mit Laufschlacke | alle Fotos: H. Preßlinger

Freigelegte Röstgrube mit Holzkohle und Schla-ckenstangen; Verhüttungsplatz Dürrnschöberl/KG Aigen/OG Admont

Grundriss des freigelegten Verhüttungsplatzes Dürrnschöberl/KG Aigen/OG Admont

Landschaft Hochfuchs, Admont, eine Region mittelalterlichen Bergbaus und der Eisenverhüttung | Foto: E. Kren

Page 12: 4,– E DA SCHAU HER...Feuchtwiesen, die als Natura 2000 Ge-biete ausgewiesen sind und traditionell bewirtschaftet werden. Diese artenrei-chen Ökosysteme sind wertvolle Lebens - räume

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schützt, konnte je nach Ofengang in die notwendige Position (örtliche Wind-zuführung) gebracht oder, ohne am Schacht des Rennofens Schäden zu verursachen, rasch gewechselt werden.Eine weitere technologische Beson-derheit am Schmelzplatz Dürrnschö-berl sind die zahlreichen geformten Rinnen im Lehmboden des Vorplatzes vor dem Rennofen zum Abgießen von Schlackenstangen sowie die Röstgruben zum Rösten der abgegossenen Schla-ckenstangen. Die bei der montanar-chäologischen Grabung freigelegten Röstgruben mit im Kreuzstoßverband beschickten Schlackenstangen bezeu-gen, dass das Abgießen von Laufschla-cken in ein mit Rinnen vorbereitetes Gießbett und das anschließende Rösten der Schlackenstangen eine gezielte Verfahrenstechnik zur Gewinnung eines Schlackensekundärproduktes war. Die Schlackensekundärprodukte wurden im Rennofen zur Schlackenbildung und zur gezielten schmelzmetallurgischen Schlackenführung eingesetzt.

3. metallografische Bewertung hoch-mittelalterlicher schmelzmetallurgi-scher rohprodukte aus dem Gebiet um Admont Neben den Resten der Verhüttungsan-lage am Dürnschöberl wurden zahlrei-che Laufschlackenstücke, Schlacken-stangen, Zapfenschlacken und ein Stahlluppenfragment28 bei der monta-

narchäologischen Grabung 1981 am Ver-hüttungsplatz Dürrnschöberl geborgen. Ein weiteres Verhüttungszentrum von Eisenerzen im Hochmittelalter war das Gebiet Rinnegger/KG Aigen/OG Admont. Zahlreiche Laufschlacken in den Gerinnen Wolfsbachgraben und Strohsackgraben geben ein Zeugnis von den Produktionsstätten. Durch eine von Georg Walach29 durchgeführte geo-physikalische Prospektion konnte auch einer der mittelalterlichen Ofenstand-orte lokalisiert werden.Die archäometallurgischen Fundstücke wurden am Lehrstuhl für Eisen- und Stahlmetallurgie für eine archäome-tallurgische Begutachtung präpariert. Die angefertigten Schlacken- und Stahl-schliffe wurden im Lichtmikroskop und am Rasterelektronenmikroskop (REM) bewertet.

Archäometallurgische untersuchung der LaufschlackenFür die schlackenkundliche Untersu-chung standen Laufschlacken von den hochmittelalterlichen Eisenerzverhüt-tungsplätzen Dürrnschöberl und Rinn-egger zur Verfügung. Makroskopisch zeigen die Laufschlacken aus der Stahl-erzeugung im Schachtofen (Rennofen) an der Schlackenoberfläche mäander-förmige Fließfiguren. Die Bruchfläche der Laufschlacken zeigen blasenförmige Hohlräume, die durch das Freiwerden ge-löster Gase beim Erstarren der Schlacke

entstanden sind. Die Laufschlackenstü-cke sind von grauer Farbe und zeigen keine sichtbaren Verwitterungsspuren.Die Rennfeuerschlacken (Laufschlacken) sind Eisensilikatschlacken mit einer mitt-leren chemischen Zusammensetzung von 58 Masse-% FeOn, 29 Masse-% SiO2, 6 Masse-% MnO, 3 Masse-% Al2O3, 2 Masse-% CaO und 1 Masse-% MgO. Der hohe FeOn-Gehalt von 58 Masse-% der Laufschlacke bezeugt, dass im Rennofen Eisenerze mit einem FeOn-Gehalt >75 Masse-% verhüttet wurden.Das Gefüge der Laufschlacken besteht aus primär erstarrten Wüstitdendriten (hellgrau), tafeligen Olivinmischkristal-len (mittelgrau) und der heterogenen mehrphasigen eutektisch erstarrten Schlackenrestschmelze. Nach der me-tallografischen Beurteilung besteht kein wesentlicher Unterschied in der Phasenausbildung und der Phasenver-teilung in den Gefügen zwischen den Laufschlacken vom Dürrnschöberl und vom Rinnegger.

Archäometallurgische untersuchun-gen der stahlluppenWerkstoffkundliche Untersuchungen von mittelalterlichen Fertigprodukten aus Stahl, vor allem von Schwertern, sind in den letzten Jahren in der Litera-tur30,31,32 mehrfach beschrieben worden. Von Rohprodukten der Stahlerzeugung, d. h. von Stahlluppen aus dem Mittelal-ter, gibt es nur wenige Berichte. Daher

sollen metallkundliche Bewertungen aus lichtmikroskopischen Untersuchungen an zwei mittelalterlichen Stahlluppen aus dem Gebiet um Admont kurz vorgestellt werden.Vom Verhüttungsplatz Rinnegger stand eine Stahlluppe von 1,32 kg zur Verfü-gung. Nach der Schliffbeurteilung besteht die Stahlluppe aus reinem Ferrit mit zahl-reichen globularen Schlackeneinschlüs-sen. Die Schlackeneinschlüsse bestehen aus primär gebildeten leistenförmigen Olivinmischkristallen und der eutektisch erstarrten Schlackenrestschmelze.Das bei der montanarchäologischen Grabung am Dürrnschöberl geborgene Stahlluppenfragment hat ein Gewicht von 0,13 kg. Das Gefüge der Stahlluppe vom Dürrnschöberl ist stark heterogen zusammengesetzt. Neben Bereichen von reinem Ferrit gibt es auch ein ferrit-/perlitisches Gefüge in Widmannstät-tenausbildung. Dieses Widmannstät-tengefüge (Stahlgussgefüge) besitzt ein außerordentlich grobes Korn, erkennbar an den Ferritbändern ehemaliger Aus-tenitkorngrenzen und den sich unter bestimmten Winkeln schneidenden gro-ben Ferritnadeln, die in der perlitischen Matrix eingebettet sind33,34,35. Beide me-tallografische Befunde der Stahlluppen-untersuchung geben ein Zeugnis, dass der Stahl im Rennofen flüssig war. Die Bildung der festen Stahlluppe erfolgte durch langsames Abkühlen im Rennofen.

4. schlackenkundliche Grundlagen der hochmittelalterlichen stahler-zeugung im rennofenDer Schmelzmetallurge arbeitete im Hochmittelalter mit silikatischen Schla-

cken. Die Hauptkomponenten der sili-katischen Schlacken sind FeOn, SiO2 und CaO. Nach dem Dreistoffsystem CaO – FeOn – SiO2 wäre die ideale Zu-sammensetzung der metallurgischen Schlacken, um bei Temperaturen ab etwa 1200° C erfolgreich metallurgische Arbeiten im Schachtofen durchführen zu können, 50 Masse-% FeOn, 40 Mas-se-% SiO2 und 10 Masse-% CaO. Bei dieser chemischen Zusammensetzung befindet man sich im Dreistoffsystem in einer binäreutektischen Rinne mit einem Schmelzpunkt um 1100° C. Bei Zunahme an in der flüssigen Schlacke gelöstem SiO2, wobei eine geringe Zu-nahme von 5 Masse-% SiO2 genügt, steigt der Schmelzpunkt steil von 1100° C auf 1400° C an.Bewegt man sich im Dreistoffsystem CaO – FeOn – SiO2 zur FeOn-Ecke hin, d. h. wird der FeOn- Anteil größer, scheiden sich Fayalitkristalle (Olivinmischkristal-le) in der flüssigen Schlacke aus, d. h. die flüssige Schlacke wird heterogen. Für eine gute metallurgische Arbeit bleibt dem Schmelzmetallurgen nach dem Dreistoffsystem CaO – FeOn – SiO2 nur ein schmaler Bereich, in dem mit gut flüssigen Schlacken bei Temperaturen um 1400° C im Schachtofen gearbei-tet werden kann, nämlich der Bereich zwischen den beiden binäreutektischen Rinnen, ohne dass eine Vernetzung der in der flüssigen Schlacke vorhandenen Tetraeder oder Oktaeder eintritt. Bei der Rohstahlerzeugung im Schacht-ofen (Unterofen) musste man sich in Richtung der Wüstite bewegen, um unter Ausnutzung der Mischungslücke im Zweistoffsystem Fe–O flüssigen Roh-

stahl nach den Gleichungen 1 bis 3 zu produzieren. Damit die chemische Reaktion nach Gleichung 1 von links nach rechts bevorzugt abläuft, ist es notwendig, dass die O2- Ionen durch Kohlenstoff nach den Gleichungen 2 und 3 zu CO2 abgebunden werden. Das CO2 entweicht als gasförmiges Reakti-onsprodukt vom Reaktionsort über die Gicht aus dem Schachtofen.

FeO Fe2+ + O2- Gleichung 1O2- + C4+ CO2+ Gleichung 2CO2+ + O2- CO2 Gleichung 3

resümeeDie zahlreichen Schlackenfundplätze der hochmittelalterlichen Rohstahler-zeugung rund um Admont geben ein Zeugnis von der von den Benediktinern als Unternehmer betriebenen Eisenerz-verhüttung. Das Montanwesen war im Hochmittelalter neben der Agrarwirt-schaft ein bedeutender Wirtschafts-faktor der Benediktiner von Admont.Die montanarchäologischen Unter-suchungsergebnisse ergeben neuere Erkenntnisse über den Rennofenbau und die Wiederverwertung der Lauf-schlacken als Recyclingprodukt für die hochmittelalterliche Ofenführung. Die im Rahmen dieser Untersuchung bewerteten Rohprodukte, die Stahl-luppen, weisen je nach Ofenführung Kohlenstoffgehalte von 0,05 bis 0,5 Masse-% auf. Die metallografischen Be-funde der Gefüge der Stahlluppen geben ein Zeugnis darüber ab, dass der Stahl im Rennofen flüssig war. Die Bildung der festen Stahlluppe erfolgte durch langsame Abkühlung im Rennofen.

Laufschlackenfragment mit mäanderförmigen Fließfiguren an der Laufschlackenoberfläche; Verhüttungsplatz Dürrnschöberl/KG Aigen/OG Admont

Gefüge einer Laufschlacke vom Verhüttungs-platz Dürrnschöberl/KG Aigen/OG Admont; weiß Wüstitdendriten, grau tafelige Olivinmisch-kristalle (Fayalitmischkristalle), dunkelgrau heterogene eutektisch erstarrte Restschla-ckenschmelze; Vergrößerung: 200x

Stahlluppe vom mittelalterlichen Verhüttungs-platz Rinnegger/KG Aigen/OG Admont | Foto E. Reichenfelser

Ferritisches Gefüge in der Stahlluppe vom mit-telalterlichen Verhüttungsplatz Rinnegger/ KG Aigen/ OG Admont; Nital-Ätzung

Gefüge der Schlackeneinschlüsse in der Stahl-luppe vom mittelalterlichen Verhüttungsplatz Rinnegger/KG Aigen/OG Admont

Stahlluppenfragment vom Verhüttungsplatz Dürrnschöberl/KG Aigen/OG Admont mit Stelle des entnommenen Bohrkerns für die metallo-grafische Beurteilung der Stahlluppe | Foto: E. Reichenfelser

28 Mit Stahl wird nach der Norm EN 10020 ein Werkstoff bezeichnet, dessen Massenanteil an Eisen größer ist als der jedes anderen Elementes, dessen Kohlenstoffgehalt im Allgemeinen kleiner als 2 Masse-% ist und der andere Elemente enthält. Eine begrenzte Anzahl an Chromstählen kann mehr als 2 Masse-% Kohlenstoff enthalten, aber 2 Masse-% Kohlenstoff ist die übliche Grenze zwischen Stahl und Gusseisen.

29 Preßlinger, H.: Systematische Erforschung der ur- bis frühgeschicht-lichen Kupfergewinnung in der nördlichen Grauwackenzone der Ost-alpen – Raum Obersteiermark (Ennstal-Paltental-Gesäuse). Projekt P 6130 E - Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung,

Zwischenbericht 1987. 30 Preßlinger, H.; Ruprechtsberger, E. M.: Metallkundliche Untersu-

chungsergebnisse eines Schwertes aus der Kreuzritterzeit. BHM 156 (2011), Heft 5; S. 180–184.

31 Preßlinger, H.; Ruprechtsberger, E. M.; Commenda, C.: Metallkundliche Untersuchung eines mittelalterlichen Schwertes aus Linz/Ebelsberg. BHM 159 (2014), Heft 3; S. 135–138.

32 Preßlinger, H.; Ruprechtsberger, E. M.; Commenda; C.: Metallkundliche Untersuchungen eines spät frühmittelalterlichen Schwertes aus OG Pupping/Oberösterreich. BHM 160 (2015), Heft 3; S. 123–127.

33 Schumann, H.: Metallographie. VEB Deutscher Verlag für Grundstoff-industrie; Leipzig 1974.

34 Cech, B.; Preßlinger, H.; Walach, G. K.: Interdisziplinäre Untersuchun-gen zum Ferrum Noricum am Hüttenberger Erzberg – ein Vorbericht. res montanarum (2005), Heft 35; S. 72–78.

35 Cech, B.; Preßlinger, H.; Walach, G.; Walach, G. K.: Interdisziplinäre Untersuchung eines mittelalterlichen Eisenschmelzplatzes auf der Kreuztratte auf dem Hüttenberger Erzberg, Kärnten. Archaeologia Austriaca (2004), Band 88; S. 183–204.

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rückblick | einblick | Ausblick

Wir freuen uns immer über interessante Beiträge aus den Bereichen Kultur und Natur im Bezirk Liezen und angrenzenden Gebieten. Nehmen Sie bitte mit uns Kontakt auf oder senden Sie Ihren Bericht an den Verein Schloss Trautenfels, Email: [email protected], oder direkt an Wolfgang

Otte, Email: [email protected]. Die Berichte sollten einen Umfang von vier A4-Seiten Text inklusive Fotos nicht überschreiten.

In der „Langen Nacht der Museen“ besuchten 415 Menschen das Schloss Trautenfels, um sich am abwechslungsreichen Programm zu erfreuen.Hauptanziehungspunkte für „jung und alt“ waren die von Gerhard Otte in 2000 Arbeitsstunden gestaltete und für das Museum aufgebaute „KLEINBAHN“ Modelleisenbahn aus den 1960er Jahren und die KLEINBAHN Blecheisenbahn von Peter von Ridder, 1949. In bewärter Kooperation sorgten die Schülerinnen und Schüler der HBLFA Raumberg-Gumpenstein für kulinarische Köstlichkeiten. Passend zur Sonderausstellung „Landschaft ist Bewegung“ bauten 65 Kinder im Workshop aus kristallinen Gesteinen und Kalken, Kieseln und Sand ihre eigenen Land-schaften und nahmen diese nach Hause mit. Das Gröbminger Gesangquartett „just 4 friends“ begeisterte im Marmorsaal und beschloss den abwechslungsreichen Abend.

Am 8. Oktober fand die letzte von drei geologischen Ex-kursionen im Rahmenprogramm der Sonderausstellung „Landschaft ist Bewegung“ statt. Mit einem eindrucksvol-len Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Kurt Stüwe mit dem Titel „Geologie der Alpen aus der Luft“ wurde der Tag eröffnet. Nach einer interessanten Führung von Dr. Ingomar Fritz durch die Sonderausstellung startete die Exkursion ins Großsölktal, um die alten Talniveaus und die postglaziale Form des Tales augenscheinlich zu erklären. Nach einem Halt beim Speicher Großsölk ging es ins Kleinsölktal zum

Sölker Marmorwerk und weiter zur Breitlahnhütte, wo die Veränderung der Landschaft durch Massenbewegungen diskutiert wurde. Herzlicher Dank gilt dem Naturpark Sölktäler für die Koope-ration und der Sölker Marmor Bergbau GmbH für die Mög-lichkeit einer Führung durch die Welt des Sölker Marmors.

Stimmungsvolle Lange Nacht der Museen im Schloss Trautenfels

Landschaft ist Bewegung

Gendergerechtes Schreiben erfordert Kompromisse: Alle in der Zeitschrift verwendeten Bezeichnungen beziehen sich ungeachtet ihrer grammatikalischen Form in gleicher Weise auf Frauen und Männer.

Die Exkursionsgruppe mit den Kuratoren und Vortragenden (hockend) v. l. n. r.: Thomas Untersweg, Ingomar Fritz, Wolfgang Otte, Birgit Strohmeier und Kurt Stüwe im Marmorsaal | Foto: K. Krenn

Großes Interesse beim Fahrbetrieb der KLEINBAHN | Foto E. Reichenfelser