7493 ZEITSCHRIFT FrJR VERSICHERUNGSWESEN · 2015. 3. 23. · zeitschrift frjr versicherungswesen...

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ZEITSCHRIFT FrJR VERSICHERUNGSWESEN PROF. DR. PETER ALBRECHT I PROF. DR . HERMANN WEINMANN HELMUT KÜHL I DR . MARC SURMINSKI DR. BETIINA KÄHLER BURKHARD HEROLD UWE MUNZINGER I MICHAEL MAYR c 7493 ALLGEMEINER FACHVERLAG DR. ROLF MATHERN GMBH, HAMBURG 05 15

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ZEITSCHRIFT FrJR VERSICHERUNGSWESEN

PROF. DR. PETER ALBRECHT I PROF. DR . HERMANN WEINMANN

HELMUT KÜHL I DR. MARC SURMINSKI

DR. BETIINA KÄHLER

BURKHARD HEROLD

UWE MUNZINGER I MICHAEL MAYR

c 7493

ALLGEMEINER FACHVERLAG DR. ROLF MATHERN GMBH, HAMBURG 05 15

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MARKETING

"Unabhängig von der

Marke besteht die

eigentlich zentrale

Herausforderung

darin, die sehr

abstrakten Ver­

sprechen der

Versicherer im

Erfahrungsalltag der

Menschen tatsächlich

positiv erlebbar zu

machen"

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Uwe Munzinger I Michael Mayr

Versicherungsmarken erlebbar machen eine große Chance im "Connected Life" Versicherer bieten Produkte an, die weder anfassbar noch von besonderer Emotionalität geprägt

sind. Sie sindtrotzaller Bemühungen zur Differenzierung in weiten Teilen vergleichbar, aber für

den Verbraucher trotzdem intransparent. Der Kunde spürt den Nutzen erst im Schadenfall und

erlebt ihn dort nicht immer zu seiner Zufriedenheit. Der Wunsch der Branche, den Verbraucher

stärker über Markenbotschaften anzusprechen, ist daher deutlich sichtbar. Die Umsetzung in ein

positives Markenerlebnis steckt indes noch in den Kinderschuhen. Große Chancen für Versiche­

rungsmarken, die Erlebbarkeit zu verbessern, die Produkte zu emotionalisieren und greifbarer

sowie transparenter zu machen, stecken im Ausbau des Geschäftsmodells hin zum Lebensbe­

gleiter und Problemlöser des Kunden. Das Internet der Dinge wird in den nächsten Jahren viele

Lebensbereiche massiv verändern. Insbesondere die Nutzung der neuen Möglichkeiten im

Connected Life stellt dabei eine große Chance dar, das Markenversprechen des Versicherers er­

lebbar zu machen.

Die Bedeutung der Marke ist im traditio­nell vertriebsgesteuerten Versicherungs­markt in den IetztenJahren zunehmend er­kannt worden. Neben den ganz Großen der Branche wie der Allianz, die schon seit vie­len Jahren ganz bewusst in den Aufbau der Marke investiert, haben mittlerweile auch kleinere Anbieter erkannt, dass eine starke Marke in einem sich schnell wandelnden Marktumfeld einen dauerhaften Wettbe­werbsvorteil darstellt. Dieser Vorteil trägt zur Differenzierung vom Wettbewerb bei, erleichtert die Arbeit des Vertriebs massiv und hilft somit, Kosten zu optimieren und gleichzeitig profitables Wachstum zu gene­neren.

Einen radikalen Schritt ist dabei vor al­lem die Ergo Versicherung gegangen, die das Kundenversprechen "Versichern heißt verstehen" seit einigen Jahren in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellt. Ergo hat in den letzten] ahren Institutionen wie den Kundenbeirat, die K undenwerkstatt

tag der Menschen tatsächlich positiv erleb­bar zu machen.

Profil als aktiver Sicherheitsbegleiter

Einen anderen und beispielhaften Weg ist die Baloise Versicherung mit ihrem Ver­sprechen "Wir machen Sie sicherer" gegan­gen und positioniert sich damit als aktiver Sicherheitsbegleiter. Über alltägliche Kon­taktpunkte, die nichts mit einem Schaden­fall zu tun haben, wird konsistent positives Markenerleben geschaffen. Zwei Beispiele: Freitag den 13. hat die Baloise zum Sicher­heitstag deklariert. Vom Pförtner bis zum CEO gehen die Mitarbeiter auf die Straße, beziehungsweise in die Städte, um Men­schen kostenlos sicherer zu machen, bei­spielsweise durch Hautkrebsprävention im Sommer oder Kontrolle der Profiltiefe der Reifen im Winter. Auch bekommt der Kun­de eine Sicherheitsbox geschenkt, in der sich Gegenstände wie Rauchmelder befin­den und das Leben der Menschen erkenn-

oder den K undenanwalt ins Leben geru- bar sicherer machen sollen. fen, um den Anspruch des "Verstehens" zu beweisen, und hierfür auch viele Preise Der Fokus auf aktive Sicherheit zieht sich gewonnen. Das klingt zunächst gut und ist wie ein roter Faden durch alle internen wie sicherlich auch für viele Menschen rele-vant.

Allerdings sind solche Maßnahmen, ob­wohl gut gemeint, nur begrenzt breiten­wirksam, weil sie entweder Beteiligung und Engagement der Kunden voraussetzen oder erst in einem Schadenfall erlebbar werden. Unabhängig von der Marke be­steht die eigentlich zentrale Herausforde­rung aber darin, die sehr abstrakten Ver­sprechen der Versicherer im Erfahrungsall-

Gründer und Geschäftsführer der Markenberatung Sasserath

Munzin ger Plus GmbH in Berlin und Autor der Bücher "Marken

erleben im digitalen Zeitalter" und "Ma rkenkommunikation­

wie Marken Zielgruppen erreichen und Begehren auslösen".

Geschäftsführender Partner der Unternehmensberatung iic

solutions GmbH, die Versicherern und Energieversargem

Chancen und Potenziale der Digita lisierun g und insbesondere

des Internet der Dinge aufzeigt.

Zeitschrift für Versicherun gswesen 0512015

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externen Aktivitäten der Baloise. Der Versi­cherer hat z.B. eine Sicherhcits-App, Wer­bung rund um das Thema aktive Sicherheit, entsprechende Recruiting-Prozesse der Mitarbeiter, Forschungslehrstühle und so­gar eigene Sicherheitslabors eingerichtet.

Die Baloise hat es geschafft, ein spezifi­sches Versprechen für die Marke zu kreie­ren, das grundsätzlich erlebbar gemacht werden kann. Damit ist sie den meisten Ver­sicherern ein großes Stück voraus . Viele C laims sind oftmals so abstrakt und inhalts­leer, dass es eine Herausforderung sein dürf­te , die Versprechen wirksam erlebbar zu machen. Auch finanziell zahlt sich die Stra­tegie der Baloise, basierend auf der ge­schickten Kombination von Versicherun­gen und innovativer Sicherheitslösungen, offenbar aus. Sie konnte 2013 sowohl den höchsten Gewinn seit fünfjahren verzeich­nen sowie ihr Wachstum stetig steigern.

Insbesondere in einem Zeitalter, das von neuen Tedmologien geprägt ist und in dem die täglichen Dinge des Lebens immer mehr mit dem Internet verbunden werden, bedarf es solch neuer, innovativer Metho­den und Wege, das Markenversprechen er­lebbar zu machen. Die klassischen Produk­te allein werden nicht ausreichen, um den Kunden mit seinem Versicherer in einen Dialog treten zu lassen und ihn als Partner in einem kontinuierlichen Austausch zu se­hen. Dies geht erst, wenn dem Kunden An­gebote gemacht werden, mit denen er sich beschäftigen möchte und mit denen wieder­um das Markenversprechen erlebbar ge­macht wird.

Das Internet der Dinge als Chance, um sich zu positionieren

Das Internet der Dinge bietet dabei gera­de Versicherungsunternehmen die Chance, sich durch Mehrwertdienste über die klassi­schen Produkte hinaus zu positionieren. Ein Anwendungsbereich für die Versicherer ist dabei die Vernetzung des Autos für mehr Si­cherheit beim Fahren durch automatisiertes Absetzen von (Not)Rufen bei Unfällen und Pannen (eCall bzw. bCall) oder durch die zuletzt auch in Deutschland viel diskutier­ten Usage Based Insurances (UBI), also Pro­dukte und Tarife, welche basierend auf dem tatsächlichen Fahrverhalten einen Score er­rechnen. Je höher der Score, desto risikoär­mer das Fahrverhalten und umso höher der Rabatt auf die Versicherungsprämie . Durch das Feedback zum individuellen Fahrverhalten kann der Versicherer auch

Zeitschrift für Versicherungswesen 0512015

"Versicherer können

ihr Leistungs­

versprechen vom

reinen Risiko­

absicherer hin zum

proaktiven Lebens­

begleiter entwickeln"

gleichzeitig eine positive Wahrnehmung bei seinen Kunden erreichen.

Ein weiteres spannendes Feld für die Ver­sicherer ist Smart Horne. Die Versicherten dabei zu unterstützen, ihr Zuhause durch neue Technologien wie moderne Rauch­melder und Sicherheitsanlagen intelligen­ter, von überall erreichbar und vor allem si­cherer zu machen, bietet der Branche nicht nur ein neues Geschäftsfeld, sondern lässt auch ihr Ansehen beim Kunden steigen.

Im Bereich eHealth wird die zentrale Herausforderung sein, den Menschen indi­viduell, zielgerichtet, bedürfnisorientiert und gleichzeitig effizient zu ermöglichen, Eigenverantwortung für ihre Gesundheit zu tragen. Lebensstil-Änderungen hinsichtlich Ernährung, Bewegung, Schlaf und Ent­spannung haben große Bedeutung für die Gesundheit, die funktionale Kapazität und nicht zuletzt für die Lebenserwartung.

Eine von der iic solutions durchgeführ­te Studie zeigt, dass die Gesundheit den Menschen erwartungsgemäß zwar sehr wichtig ist, sie aber Schwierigkeiten dabei haben, etwas dafür zu tun . Die meisten

MARKETING

Befragten wissen auch nicht, was die wis­senschaftli chen Empfehlungen hinsicht­lich Bewegung, Sport, Schlaf und Ernährung sind. Es zeigt sich also deut­lich , dass die aktuellen Angebote des Ge­sundheitswesens , die sich gezielt an Sensi­bilisierung, Motivation und Prävention richten, für eine eigenverantwortliche, ef­fiziente Änderung des Lebensstils nicht ausreichend sind. Bei der Erweiterung dieser Angebote bieten die digitalen Trends ganz neue Möglichkeiten.

Positionieren sich Versicherer in diesen A.nwendungsbereichen, so können sie ihr Leistungsversprechen vom reinen Risikoab­sicherer hin zum proaktiven Lebensbeglei­ter entwickeln. Ausgangspunkt sollte dabei immer, wie bei der Baloise, eine langfristig orientierte, differenzierende strategische Markenidee sein. Die neuen Technologien bieten dann die Möglichkeit, als Anbieter geschätzt und als vertrauensvoller Lebens­begleiter wahrgenommen zu werden, der die Ur-Bedürfnisse nach Sicherheit und Ge­sundheit anspricht und absichert.

Versicherungen hätten die Chance, sich weg von Commodity-Anbietern und hin zu "Compagnions Through Life" zu ent­wickeln und Versprechen "Wir machen Sie gestirrder und sicherer" nachhaltig und wirklich erlebbar zu machen. Zusammen mit ihren Assistance-Dienstleistern sind sie diejenigen, welche die Kompetenz und die organisatorische Stärke haben, diese Aufga­be zu bewerkstelligen.

Ergebnis einer Umfrage der GMK Markenberatung und des Assekuranz Marketing Circle

Schwache Marken

., Nur in 27% der deutschen Versicherungsunternehmen sind die Markenverantwortlichen der

Ansicht, dass die Kunden ein einheitliches Bild davon haben , wofür die eigene Marke steht.

Dies ist nicht verwunderlich , da die Befragten gleichzeitig davon ausgehen , dass auch nur

33% der Mitarbeiter ein einheitliches Bild von der eigenen Marke haben. "

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