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    MNCHENER STUDIENZUR HISTORISCHEN THEOLOGIEHerausgegeben

    in Verbindung mit den ProfessorenE. EICHMANN / M. GRABMANN

    UND E. WEIGLvonPROFESSOR G. PFEILSC H IFTERFortfhrungder ,,Verffentlichungen aus dem Kirchenhistorischen SeminarMnchen"

    Heft 2Die geheime Kirchenbuenach dem heiligen Augustin

    von Karl Adam

    *

    Verlag Josef Ksel & Friedrich Pustet, Komm. -Ges.Verlagsabteilung Kempten

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    APR 1 2 1960ZI880

    Imprimatur.Monachii, die 23. Maii 1921.

    Dr. Buchberger,Vic. gen.

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    VorwortDen in meiner Schrift: Die kirchliche Sndenvergebung

    nach dem hl. Augustin" (Paderborn 1917) u. a. unternom?menen Nachweis, da unter Augustins correptio secreta diekirchlich geleitete Privatbue zu verstehen sei, versuchteDr. Bernhard Poschmann, Professor der Theologie an derAkademie zu Braunsberg, in seiner Gegenschrift: Hat Augu?stinus die Privatbue eingefhrt?" (Braunsberg 1920) durcheine Reihe von Einwnden zu erschttern. Eine erneuteUntersuchung der Frage gab mir Gelegenheit, diese und jeneMngel meiner Beweisfhrung zu beheben und der Facta-*wissenschaft eine, wie mir dnkt, erschpfende Begrndungmeiner Aufstellung vorzulegen. Die geheime Kirchenbueist in Hippo derart eingewurzelt, da der Historiker sich hierund da geradezu versucht fhlt, auf eine breitere vor?augustinische Tradition zu schlieen. Diesen Eindruckbesttigt und vertieft die Studie von H. Brewer S. I.: Diekirchliche Privatbue im christlichen Altertum" (JThZ 1921,1 ff.). Anderseits vertrgt sich Brewers Urteil, Augustin seinicht einmal einer der hervorragendsten" in der Reihe derZeugen fr die kirchliche Privatbue (S. 5), weder mit mei?nen noch mit seinen Darlegungen. Wenn auch nicht derSchpfer, so war Augustin doch ohne Zweifel der Bahn?b r e c h e r der geheimen Kirchenbue in seinem Sprengel,und nicht blo hier, sondern im ganzen christlichen Abend?land. Wir wissen von keinem lateinischen Bischof oderTheologen der altchristlichen Zeit, der das Institut der gehei?men Kirchenbue so lebhaft als seelsorgerliches Problemempfunden, der es in spekulativer Hinsicht so umfassendunterbaut und in der pastoralen Praxis so nachdrcklichgefrdert htte wie der groe Bischof und Theologe vonHippo.

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    Mit Rcksicht auf meine langjhrigen Beziehungen zurUniversitt Mnchen im allgemeinen und zu ihrem kirchen*historischen Seminar im besonderen konnte meine Unter*suchung in den Mnchener Studien Aufnahme finden. DenHerren Herausgebern sei dafr auch an dieser Stelle besterDank gesagtl

    Tbingen, den 1. Juli 1921.

    Der Verfasser.

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    INHALTSBERSICHT.

    Vorwort ............ VInhalt VIIEinleitung 1

    I. Die brderliche Zurechtweisung 6II. Die correptio secreta 17III. Die Einteilung der Snden 72

    SCLnftz

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    Einleitung.

    Als ein wesentliches Ergebnis meiner Studie glaubte ichfeststellen zu drfen, da Augustin es vorbehalten war, imKampf gegen die donatistische berspannung der kirchlichenZuchtmittel und im reifen Verstndnis fr das, was sich inder ffentlichen Bue berlebt hatte, die grundstzlichenBedenken gegen eine Bue ohne Kirchenbann und ffent?liehe Rge zu beseitigen und nicht in der exeommunicatio,sondern in der communio den wahren Lebensnerv einerwirksamen Buzucht aufzudecken. So war theologischer?seits die Bahn fr eine als abgekrzte Nebenform der ffent?liehen Bue erscheinende innerkirchliche, vor dem ministerallein sich vollziehende Bue freigemacht. Indem sie Augustinfr alle ,geheimen', d. i. singulren crimina innerhalb seinesSprengeis zur praktischen Einfhrung brachte, trug er zuihrer Verwurzelung im abendlndisch?kirchlichen Bodenwesentlich bei. Augustins Verdienst wird es bleiben, diekirchlich geleitete Privatbue spekulativ begrndet und ihrerEinbrgerung in die abendlndische Kirche die Wege geebnetzu haben" (S. 163 f.).Meine Schrift ging also in erster Linie auf den Nachweisaus, da durch Augustin die theologischen Grund?lagen fr die Privatbue geschaffen wurden. Indem icheinerseits im Licht der augustinischen Darstellung des ffent?liehen Buwesens die Schwierigkeiten blolegte, welche frseine Zeit mit der Durchfhrung der ffentlichen Kirchen?zucht verbunden waren (S. 2275), andererseits die theologi?sehen Einsichten beleuchtete, welche der donatistische Streitfr die Beurteilung des ffentlichen Kirchenbanns brachte,und die durch die Praxis der einfachen, ohne ffentlicheBue erfolgenden suseeptio gewisser Konvertiten besttigtMnchener Studien zur histor. Theol. Heft 2 1

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    2 Einleitung

    wurden (S. 75119), konnte ich feststellen, da durch dieantidonatistische Polemik sowohl grundstzlich wie tatsch^lieh die Grundlagen des altchristlichen Buwesens verschonben wurden. Es war der Boden bereitet, auf dem Augustinin Theorie und Praxis eine Bue vor dem Priester allein, eineBue ohne Kirchenbann und ffentliche Rge, zu legitimierenvermochte" (S. 118).

    Erst auf der Basis dieses Grundstzlichen, demder Hauptteil meiner Arbeit (S. 1119) gewidmet war, gingich dazu ber, im letzten Kapitel den Nachweis zu unterneh-men, da Augustin tatschlich in seinem Sprengel dasgeheime Buverfahren zur Anwendung brachte. Ich betonteaber an der Hand der augustinischen Zeugnisse nachdrck;lieh, da es sich nur auf einen begrenzten Kreis vonschweren Snden bezog (S. 139 ff.), da daneben fr denGroteil der capitalia die ffentliche Bue als Normalinstitutweiterbestand, und da die geheime Bue in den Augen desKirchenvaters nicht als etwas Neues, sondern als abgekrzteNebenform der alten Bue erschien (S. 138). Die geheimeBue war insofern auch fr Augustin nicht die Regel, son*dem die Ausnahme.An der Hand der nachaugustinischen Entwicklung desBuwesens unterlie ich nicht zu bemerken (S. 158 ff.), dasich Augustins correptio secreta nur langsam in der West*kirche durchsetzte. Das Ansehen der alten ffentlichenKirchenbue war nicht blo in der Zeit Augustins, sondernauch in den folgenden Jahrhunderten derart berragend, dadie im Kampf gegen die Hresien des elften, zwlften unddreizehnten Jahrhunderts neu erwachende Buspekulationimmer noch einen scharfen Strich zwischen der ffentlichenund privaten Bue ziehen zu sollen glaubte" (S. 158 f.). Erstmit dem dreizehnten Jahrhundert hat sich die correptiosecreta des hl. Augustin nicht blo in der seelsorgerlichenPraxis, sondern auch in der theologischen Spekulation ihrenPlatz neben der paenitentia solemnis als ordentliches Sakra?ment des Sndennachlasses endgltig errungen" (S. 160).Wenn darum Poschmann seine Gegenschrift mit derFrage betitelt: Hat Augustinus die Privatbue einge*

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    4 EinleitungKapitels kommt zum Ergebnis, da Augustin nicht derwesentliche Begrnder der Privatbue" gewesen ist (S. 4)Unter den correptionum medicamenta, von denen der Kir*chenvater in serm. 82 sowie in de fid. et op. 26, 48 spricht, istnicht ein geheimes, vor dem Bischof allein sich vollziehendesVerfahren, sondern vielmehr das Vergebungsmittel der br-derlichen Zurechtweisung und Vershnung zu verstehen.Die brderliche Zurechtweisung als solche hat gegenbergewissen Vergehen sndentilgende Kraft" (S. 11). Die Mit*Wirkung der Kirche ist fr dieses Heilmittel zunchst nichterfordert" (S. 12). Diese Lehre von der sndenvergebendenKraft der privaten Zurechtweisung ist brigens nichts spezi*fisch Augustinisches, sondern Gemeingut der alten Kirche.Die Snden gegen den Menschen, die so vergeben werden,bilden den Gegensatz zu den Snden gegen Gott. Diese Sun*den gegen Gott sind nach alter Auffassung unvergebbar, dasheit ... sie knnen nicht schlechthin erlassen werden, son*dem der Snder mu sie durch bernahme der kirchlichenBue abben. Die Snden gegen die Menschen werdendaher das erfordert der Gegensatz nicht die kirch*liehe Bue verlangen, und damit stimmt berein, wenn mandie Verzeihung des Beleidigten als hinreichend fr ihre Ver*gebung ansieht. So ist diese zunchst befremdliche Lehregerade geeignet, einen der schwierigsten Begriffe der alt*christlichen Bulehre, das peccatum in Deum, zu beleuchten"(S. 13).

    Im System der Kirchenbue eignet der correptio eindoppelter Zweck: als Mittel, den Snder zur Bue zu be*wegen, ist sie natrlich nicht die Bue selbst, sondern gehtdieser voraus, gleichviel, ob sie heimlich oder, wo es sich umbesondere Hartnckigkeit handelt, auch ffentlich erfolgt.Wo sie dagegen nach bereits erfolgtem Eingestndnis undbei vorhandener Bubereitschaft nur zur Beseitigung desrgernisses gefordert wird, ist sie ein Bestandteil der satis*factio, die von dem Bischof unter Bercksichtigung allerUmstnde festgesetzt wird Ein konstitutives Stckder sakramentalen Bue ist sie weder in dem einen noch indem andern Fall. Deswegen ist es auch letzthin von unter*

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    Einleitung 5geordneter Bedeutung, von wem sie vorgenommen wird, obvon Vertretern der Kirche oder von privater Seite' 4 (S. 6).

    Folglich kennt Augustin fr qualifizierte Snden gegenGott nicht ein geheimes Verfahren vor dem Bischof allein,sondern nur die ffentliche Exkommunikationsbue. Diesergibt sich fr Poschmann auch positiv aus Augustins Auf?Zhlungen der verschiedenen Buarten (S. 14 ff.).Darnach bestimmt sich auch die Einteilung der Sn?den. Es ist nicht so, als ob der Kirchenvater die Kapitalsndenburechtlich unterschieden habe. Keine Dialektik vermagdie Gleichstellung der ffentlichen Snden mit der Gewohn?heitssnde, der vereinzelten Tatsnde mit der geheimenSnde glaubhaft zu machen. brig bleibt von der ganzenTheorie nur die Tatsache, da der Kirchenvater berhauptzwischen ffentlich bekannten und geheimen Snden bei demBuverfahren unterschieden hat" (S. 29).

    Die tragenden Pfeiler der Poschmannschen Polemik sinddarnach seine Theorie von der sndenvergebenden Kraftder privaten Zurechtweisung sowie die Bestimmung dercorreptio als bloer Burge und als eines nicht konstitutivenStckes der sakramentalen Bue. Seine Erklrung der augu?stinischen Sndeneinteilung, im besonderen seine Beurtei?lung der Gewohnheitssnde, ruht auf diesen beiden Pfeilern.Indem ich ihre Tragkraft untersuche, beschreibe ich zunchstim Licht der augustinischen Zeugnisse die Lehre des Kirchen?vaters ber die brderliche Zurechtweisung;weiterhin berprfe ich Augustins Aussagen ber die cor*r e p t i o im System der kirchlichen Bue. Daran schlietsich von selbst eine Wrdigung der augustinischen K 1 a s s i ?fizierung der Snden.

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    I.

    Die brderliche Zurechtweisung.1. Nach Poschmann hat die brderliche Zurechtweisung

    als solche gegenber gewissen Vergehen sndentilgendeKraft" (S. 10), und sie bezieht sich im Unterschied zu denSnden gegen Gott auf die Snden gegen den Menschen.Insofern, wie er voraussetzt, nur die Snden gegen Gott derkirchlichen Bupflicht unterstehen, werden die Sndengegen den Menschen das erfordert der Gegensatz nicht die kirchliche Bue verlangen" (S. 13). Nach Posch*mann ist es also Augustins Lehre, da die brderliche Zu*rechtweisung als das eigentliche Tilgungsmittel fr alle Sn*den gegen den Menschen anzusprechen ist. Ihre sndentil*gende Kraft findet er in sermo 82 klar ausgesprochen"(S. 10). Augustin kommentiert hier Mt. 18, 15. Darnach hatsich der Beleidiger durch die Schuld der Beleidigung eineschwere Wunde angetan. Und es ist Liebespflicht des Belei*digten, ihn davon zu heilen, intendens correctioni, parcenspudori. Verteidigt der Beleidiger sein Unrecht, so sind zweioder drei Zeugen beizuziehen. Hrt er sie nicht, so ist es andie Kirche" zu berichten. Hrt er auch die Kirche nicht,noli illum deputare jam in numero fratrum tuorum. Aberauch dann ist er noch nicht aufzugeben, wie denn auch derHerr an sein Verdikt unmittelbar (continuo) die Verheiungder Binde* und Lsegewalt knpft. Dadurch, da derwidersetzliche Bruder nunmehr zu den Heiden zhlt, ligaseum in terra. Cum autem correxeris et concordaveris cumfratre tuo, solvisti illum in terra; cum solveris in terra, solutusest et in coelo (4, 7). Die private Zurechtweisung vermagalso zu lsen und zu binden, je nachdem sich ihr der sndigeBruder unterwirft oder nicht.

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    Die brderliche Zurechtweisung 7Wie versteht Augustin nherhin diesen Zusammenhang

    der correptio zum solvere und ligare? Ist es so, da der cor?reptio als solcher eine sndentilgende Kraft" eigen ist?Oder da sie in Form einer moralischen Einwirkung lediglichdie Faktoren mitbereiten hilft, die durch sich selbst bindenund lsen?

    Augustin spricht sich hierber unzweideutig aus. Was dieschwere Snde der Beleidigung heilt", das ist nicht die Rgedes Beleidigten als solche, sondern die Vergebung des Be?leidigten einerseits, die Genugtuung des Beleidigers an?derseits. Denn die correptio darf nicht aus gekrnkter Eigen?liebe, sondern nur aus Liebe zum sndigenden Bruder (prop?ter illum fac, serm. 82, 2, 3) geschehen. Sie setzt also denVergebungswillen voraus. Und dieses Vergeben ist esim eigentlichen Sinn, was den Bruder lst": ut quod aliisetiam dimittimus, hoc est in terra solvimus,solvatur in coelo (in Jo. Ev. tr. 58, 5). Das solvere bestehtalso streng genommen im dimittere. Quomodo mundat?Ignoscendo (serm. 114, 4). Anderseits erfolgt die Lsung"durch den Beleidiger selbst, wenn er um Verzeihung bittet:at forte tu vis et ille nun vult? Sufficiat tibi. Habes, undeillum doleas. Te solvisti. Die, si vis concordare et illenon vult, die securus, dimitte nobis debita nostra sicut et nosdimittimus debitoribus nostris (serm. 211, 2). Peccasti infratrem. Fac satis et sanatus es. Cito fecisti mortiferamrem, sed remedium cito invenisti (serm. 82, 3, 5). Das sol?vere steht also genau gesehen sowohl beim Vergebungs?willen des Beleidigten wie beim Genugtuungswillen desBeleidigers.

    Daraus ergibt sich: Augustins uerung ber das solvereder brderlichen Zurechtweisung in serm. 82 darf nicht indem Sinn gepret werden, als ob der Kirchenvater der pri?vaten Zurechtweisung als solcher" gegenber gewissenVergehen sndentilgende Kraft zugeeignet htte, als ob sieein selbstndiges, aus eigener Kraft die Snden tilgendesHeilmittel" wre (Poschmann S. 12 Anm.). Dem Heiligenist es vielmehr nur darum zu tun, in mglichst knapper, ein?dringlicher Formulierung die Heilsmacht des dem privaten

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    corripere zugrundeliegenden Vergebens anschaulich zumachen.

    2. Nicht auf das private corripere, sondern auf dasdimittere legt denn auch die Bupredigt Augustins denTon. Gegenber der Masse der Texte, welche, wie an?schlieend gezeigt werden soll, die Heilsmacht des dimitterehervorheben, tritt das solvere der brderlichen Zurechtwei-sung vllig zurck. Sieht man von der spter eingehend zuuntersuchenden Stelle de fid. et op. 26, 48 ab, ist, soweit sichAugustins Schrifttum bersehen lt, in den sonst noch dieprivate Zurechtweisung nach Mt. 18, 15 bzw. Luk. 17, 3 erklrrenden Texten entweder nur von der correptio der praepositidie Rede (serm. 17,5,6; ep. 95,3; de corr. et gr. 16, 49) oderschlechtweg vom dimittere (serm. 83, 1; 114, 2; vgl. ep. 189, 8);oder Mt. 18, 15 dient lediglich als Beweis fr das Besteheneiner kirchlichen Disziplin im allgemeinen (de fid. et op. 3, 4;de civ. D. 15, 6; serm. 295, 3, 2). In dem serm. 82 angeschlos?senen serm. 83, der ausdrcklich auf den hesterna die gehal?tenen serm. 82 zurckverweist, beschreibt Augustin ausfhr?lieh nur die Pflicht der Vergebung und bemerkt, da dasan Mt. 18, 15 f. sich anschlieende Wort Jesu vom Vergebensiebzigmal siebenmal" adipsamrem pertinet (serm. 83, 1).Ebenso deutet er in serm. 114, 2 die Parallelstelle Lk. 17, 3,die doch auch von einem Verweisen des Bruders" spricht,ausschlielich auf das Vergeben: quid praeeepit? Dari fratrituo veniam. Tamquam diceret tibi: tu homo da hominiveniam, ut ego Deus ad te veniam.Warum betont Augustin gerade das dimittere so nach?drcklich? Wir stoen hier auf einen Kerngedanken seinerBulehre. Das brderliche Einanderverzeihen ist die unum?gngliche Voraussetzung einer jeden Snden?Vergebung vor Gott, die conditio sine qua non einerHeilsWirksamkeit der claves. Qui vult dicere efficaciter:dimitte nobis debita nostra, dicat veraciter: sicut et nosdimittimus debitoribus nostris (serm. 58, 6, 7). Gott hat mituns einen frmlichen Vertrag handschriftlich eingegangen(pactum et placitum firmumque chirographum), da wir nur

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    humilitatis adhibere; illius est exaudire ac nos abomni peccatorum contaminatione mundare per Christum etin Christo, ut quod aliis etiam dimittimus, hoc est in terrasolvimus, solvatur in coelo (in Jo. Ev. tr. 58, 5).

    Nach Augustins Bulehre (vgl. Adam, Die kirchlicheSndenvergebung nach dem hl. Augustin 1917, 43 ff.) knpftGott die Lsung des Reats an eine ausreichende per contriticordis sacrificium geleistete satisfactio. Es gengt nichtblo, mores in melius commutare et a factis malis recedere,nisi etiam de his, quae facta sunt, satisfiat Deo per paeniten?tiae dolorem (serm. 351, 5, 12). Die rechte satisfactio liegtalso in der rechten Bue des Snders. Diese Bue richtetsich in erster Linie in Art und Ma nach der Schwere derSchuld: fr die tglichen Snden gengt Beten, Fasten undAlmosen (vgl. Hnermann S. 25; Adam S. 16), fr die mor?tifera dagegen wird ein satisfactionis modus vom antistesauferlegt.

    Augustin erklrt nirgends, da diese allgemeinenNormen ber die gttliche Vergebung des Reats nur vonSnden gegen Gott" zu gelten htten; oder da es nebenden claves ecclesiae fr die crimina gegen Gott noch clavesridelium fr die crimina gegen die Menschen gebe. Wieder?holt mu er sich gegen eine Verengung des Sndenbegriffsund gegen eine Einschrnkung der Buverpflichtung wehren.Manche glauben, nur die Triassnden gehrten vor das B?gericht (vgl. de fid. et op. 19, 34); andere vermeinen, die Un?zuchtssnden aus dem Kreis der mortifera ausscheiden zudrfen (serm. 82, 8, 11); oder sie halten die Beleidigung desNchsten fr etwas Geringfgiges, als ob die Snde gegenden Bruder nicht auch eine Snde gegen Christus wre (vgl.serm. 82, 4). Andere vertreten gar die Theorie, da nur dieSnden gegen die Menschen als eigentliche Snden bezeich-net und gemaregelt werden drften. Cui quid japui? Cuiquid abstuli? Contra quem feci? Bene mihi sit volo, ex eo,quod Deus mihi dedit. Videtur iste innocens, quod quasinulli noceat (serm. 278, 8). Wiederholt mu dieser laxisti*sehen Meinung gegenber Augustin die Wahrheit verteidigen,da es nicht blo Snden gegen die Menschen,

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    sondern auch gegen Gott gebe, die nicht mindertdlich seien (serm. 278,8: serm. 9, 10, 14). Und gerade hierwird deutlich, da es vornehmlich ein polemischerGrund ist, der Augustin die biblische Unterscheidung vonSnden gegen Gott und gegen den Menschen (vgl. 1 Sam.2, 25) in Anlehnung an die Vter vor ihm aufnehmen lt. Esist ihm um den Nachweis zu tun, da nicht blo die facinoranocendi, sondern auch die flagitia gegen sich selbst wahrhafte,,Snden" gegen Gott seien (vgl. serm. 9, 10, 15). Nicht dieExistenz von Snden gegen die Menschen, sondern die Exi?stenz von Snden, die sich ausschlielich gegen Gottrichten, mu also der eifrige Buprediger von Hippo frlaxistische Gewissen erhrten. Die Unterscheidung von Sun*gen gegen Gott und gegen die Menschen diente der Lsungder Frage, ob es auch wahrhafte Snden gegen Gott alleingebe. Auf dem Grund dieser Fragestellung liegt die Voraus?setzung, da in den Augen gewisser Laxisten die Sndengegen die Menschen, die facinora nocendi, alsdieSndenschlechthin galten und somit als der eigentliche Kernjener Snden, fr welche die Kirche die Schlsselgewalt be?sitzt. Darber bestand kein ernsthafter Disput, da, wennvon Snden berhaupt zu reden sei, die Snden gegen denNchsten in erster Linie in Betracht kmen.

    3. Die Grundstze, welche Augustin ber die Snden?Vergebung im allgemeinen entwickelt, sind darum zumalauf die Snden gegen den Nchsten anzuwenden. Sowenig der Kirchenvater durch die Erklrung: vis, ut dimitta?tur tibi, dimitte. Brevis complexio est (serm. 114,5) behaup?ten will, da etwa auf Grund dieser brevis complexio alleschweren Snden gegen Gott nunmehr ohne weite?res, ohne jede besondere Bue, Vergebung finden sollen, sowenig will er durch den Satz, da die verzeihende Bruder?liebe jede Snde der Lieblosigkeit lse", von einer beson?deren Bubehandlung dieser Snden gegen den Bruder ab?sehen.

    Das recht verstandene Verzeihen schliet vielmehr d i eBuzucht nicht aus, sondern ein. Si autem vel

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    Die brderliche Zurechtweisung 13tunc ignoveris vel tunc ex corde dimiseris odium, odium dicodimittas ex corde, non disciplinam (serm. 56, 13, 17). So muman ja auch gegen zuchtlose Jungen, so bereitwillig man ihreStreiche verzeiht, verbis et si opus est, verberibus vorgehen,denn repressa disciplina saevit impunita nequitia (vgl. serm.5, 2). Gerade deshalb fgt Jesus der Drohung, der Vater imHimmel werde nicht vergeben, sofern nicht ein jeder seinemBruder von Herzen" verzeihe (Mt. 18, 35) das erklrende decordibus vestris hinzu, damit die Milde nicht aus dem Herzenweiche, si per caritatem imponitur disciplina (serm. 83, 7, 8).Ausfhrlich verbreitet sich Augustin ber diesen Zusammen?hang von Vergebung und Zucht in der Schrift c. adv. leg. etproph. 17, 36: das wiederholte Verzeihen non ad hoc valet,ut sit iniquitas impunita aut torpens et dormiens disciplina,quod potius obsit quam diligens vigilansque vindicta. Clavesquippe regni coelorum sie dedit Christus ecclesiae, ut nonsolum diceretur: quae solveritis super terram etc., verum etadjungeret: quae ligaveritis in terra, quia bona est et vindi?candi justitia.Im Rahmen der Bulehre Augustins kann also seineeigentliche Meinung in bezug auf die Behandlung der Bruder?snde nur die sein: Jene Snden gegen den Nchsten, welchecotidiana sind, werden durch die tgliche Bue des Gebets,Fastens und Almosengebens getilgt. Es ist ein Leitsatzseiner Bupredigt: exercete vos in misericordia, exercete vosin eleemosynis, in jejuniis, in orationibus. His enim purgan?tur cotidiana peccata, quae non possunt nisi subrepere inanimam propter fragilitatem humanam (serm. 9, 11, 17). Undes ist bezeichnend, da er in demselben Atemzug fortfhrt:illa dico cotidiana peccata, quae aut per linguam facile com*mittuntur, ut est verbum durum etc. Das liebloseWort gegen den Nchsten bedarf also inerster Linie der tglichen Bue.

    Neben den tglichen Versten gegen die Bruderliebegibt es aber in den Beziehungen zum Nchsten auch c r i *m i n a. Multum quippe aliud est, quando quisque irascensin aliquo verbi modum excedit, quod postea deleat paeni*tendo; et aliud est, servare insidias inclusas in corde. Von

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    Die brderliche Zurechtweisung 15Adam S. 24. Hnermann S. 6 ff.) vom Altare trennenund der auerordentlichen Buhilfe bedr?f e n. Eine hnliche Zusammenstellung des Hasses mit denbupflichtigen Kapitalsnden gibt serm. 9, 8, 10: sie avaritia,sie libido, sie o d i u m, coneupiscentia, luxuria, sie nugacitasspeetaculorum febres sunt animae tuae. In serm. 224, 1 wer*den Streitigkeiten" (jurgia) neben Ehebruch, Meineid etc.unter jenen Snden aufgezhlt, deren sich der Neophyt zuenthalten hat.

    Da Augustin die schweren Snden gegen den Nchstennicht anders behandelt haben will als die sonstigen Kapital*snden, folgt weiterhin daraus, da er zur Feststellung derbupflichtigen Snden die paulinischen Lasterkataloge be*ntzt, und zwar nicht blo 1 Kor. 6, 9 ff., sondern auch Gal.5, 19. 20. 21, der als Werke des Fleisches" neben Unzucht undAbgtterei Feindschaft, Hader, Eifersucht, Zorn, Rnke,Spaltung, Parteiung, Ha, Mord" aufzhlt. So c. lit. Pet. 2, 108,247. Rechnet brigens Poschmann Mord, Diebstahl, Raub, fal*sches Zeugnis, Betrug, die Augustin mit nackten Worten zujenen Snden zhlt, unde necesse sit praeeidi ab altari (vgl.serm. 56, 8, 12) zu den Snden gegen Gott" oder gegen denMenschen"? Ausdrcklich wehrt sich der Kirchenvater gegendie Einschrnkung der Bupflicht auf die Snden der Trias(vgl. Adam S. 24). Und darber hinaus erklrt er in serm.351, den Poschmann (S. 15) als echt anerkennt, da die ffent*liehe Bue sich auf smtliche schwere Vergehen gegenden Dekalog beziehe (pro illis peccatis subeunda est,quae legis decalogus continet, serm. 351, 4, 7). Sollte Augustindabei wirklich nur an Snden gegen Gott" gedacht haben?Wre ein Zweifel mglich, so wrde ihn serm. 278, 6 lsen.Hier unterscheidet der Heilige ausdrcklich die beiden Sun*denklassen: duo sunt genera peccatorum, unum quo in Deum,alterum quo in hominem peccatur. Die beiden Klassen ent*sprechen den zwei Hauptgeboten, an denen das ganze Gesetzund die Propheten hngen, der Gottes* und Nchstenliebe.Und diese beiden Hauptgebote sind nach ihm der eigent*liehe Inhalt des D e k a 1 o g s : et in his continetur etiamdecalogus praeeeptorum legis, ubi tria praeeepta pertinent ad

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    II.

    Die correptio secreta.1. serm. 8 2. Nachdem Augustin in serm. 82 in Anleh*nung an Mt. 18, 15 ff. Pflicht und Wert der privaten Vershnnung entwickelt hat, konfrontiert er die Schriftstelle mit

    Prov. 10, 10: qui arguit palam, pacem facit und mit 1 Tim.5, 20: peccantes coram omnibus argue, ut et ceteri timoremhabeant, um die Frage zu lsen: quando facio illud (6, 9). Ausdem inte peccavit schliet er, da nach Mt. 18, 15 zu ver*fahren ist, wenn eine geheime Snde vorliegt. So hatauch St. Joseph seinen Verdacht im Geheimen geprft: maritidolor non vindictam quaesivit (7, 10).Aus dem Zusammenhalt mit Prov. 10, 10 und 1 Tim. 5, 20ergibt sich somit das Prinzip: ergo ipsa corripienda suntcoram omnibus, quae peccantur coram omnibus; ipsa corri*pienda sunt secretius, quae peccantur secretius (7, 10). DasNeutrum corripienda verweist darauf, da Augustin nichtsowohl die Behandlung der Snder als der Snden imAuge hat.

    Das derart formulierte Prinzip gilt aber nicht blo frgeheime Beleidigungen, sondern fr alle geheimen Vergehenberhaupt. Sic agamus et sie agendum est, non solum,quando in nos peccatur, sed quando peccatur ab aliquo, utab altero nesciatur (8, 10). Er beschreibt es als die Normseiner eigenen Bupraxis: in secreto debemus corripere,in secreto arguere, ne volentes publice arguere prodamushominem (8, 11). Zwei Beispiele aus der kirchlichen Praxisdienen zur Beleuchtung: der Bischof wei einen Mrder. Egovolo publice corripere, at tu quaeris inscribere. Und um dieseAnzeige bei Gericht zu verhindern: corripio in secreto. Ahn*lieh verfhrt der Bischof im Fall eines geheimen Ehebruchs:in secreto arguimus; ubi contigit malum, ibi moriatur malum.

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    Die correptio secieta 23Bue, wie das Schlagen an die Brust, von dem Augustin so oftspricht. Die Einrichtung der Buzeiten" ist vielmehr des*halb gefordert, weil die alii ein Interesse daranhaben, da die Reue gerade fr ein bestimmtes schweresVergehen, eben fr jenen Fall, tibi tale commissum est, ut is,qui commisit, a Christi etiam corpore separetur, zu ueremAusdruck gelange. Nur dadurch, da sich die ffentlicheShne im Bewutsein der alii auf ein bestimm?t e s Vergehen bezieht, geschieht nicht blo Gott, sondernauch der Kirche 1 ' die hinreichende Shne. Eine Genugtuungvor Gott" wrde, wie Augustin sonst hervorhebt, durch dieBureue allein schon erfolgen. Quando ergo tundis pectus,irasceris cordi tuo, ut satisfacias Domino tuo (serm. 19, 2; vgl.351, 5, 12). Die Einrichtung der Buzeiten", d. h. derffentlichen Bue, hat auch die Genugtuung vor derKirche", d. h. die ffentliche Bekundung der Reue ber die derffentlichkeit bekannten, konkreten Vergehen zum Ziel. Siehat somit das Bekanntsein des Vergehens beiden alii zur Voraussetzung.Poschmann gibt diese Zweckbestimmung der ffent?liehen Bue in anderem Zusammenhang ausdrcklich zu(S. 16), dekretiert aber zu dieser Stelle doch: Auch dieserText spricht zunchst wieder aus, da die Bue mit Exkom*munikation durch die sittliche Qualitt des Frevels, nichtdurch sein Bekanntsein in der ffentlichkeit bedingt wird.Das ist die einzige natrliche Deutung des Satzes: ubi talecommissum est etc." (S. 19). Aber der Schlssel zum Ver*stndnis dieser Stelle liegt doch nicht in diesem Satz, son*dem in dem von Poschmann nur nebenbei angemerkten:verum quia plerumque dolor etc. Das quia besagt, daAugustin mit diesem Satz das ffentliche Buwesen be?grnden will. Die sittliche Qualitt" des Vergehens istgewi die Voraussetzung fr eine Bubehandlung. Alleindiese sittliche Qualitt wrde an sich nur ein satisfacereDomino verlangen. Da die Bubehandlung in derffentlichkeit, d. i. vor den alii, zu geschehen hat, liegtdaran, da die alii selbst an der Shnung des Vergehensinteressiert sind, da also die sittliche Qualitt des Frevels"

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    Die correptio secreta 25fahren seiner Natur nach nicht blo die Publizierungder Shne, sondern auch der Snde in sich geschlossenhtte, also ohne Denuntiation an den Staatsanwalt gar nichtmglich gewesen wre. Es widerstreitet demnach nicht blodem Augustinischen Sprachgebrauch von correptio publica,sondern auch der von Augustin festgehaltenenZweckbestimmung der ffentlichen Bue,mit Poschmann die Geheimhaltung, welche serm. 82 frgeheime Snden fordert, auf die mndliche Rge" zu be*schrnken (S. 8). Eine solche Geheimhaltung" wre demWesen des Instituts vllig zuwider gewesen, da das Bekannt*werden der Snde in der Natur der ffentlichen Shnelag. War es Augustin im Ernst um ein Verheimlichen desVergehens vor der ffentlichkeit zu tun, so mute er vonseinen eigenen Voraussetzungen aus nicht blo auf dieffentliche Rge, sondern auf die ffentlichkeit des Verfahrrens schlechtweg verzichten. Wenn Poschmann meint, mansei in der alten Kirche in bezug auf die Geheimhaltung nichtngstlich gewesen (S. 8), so bersieht er, da, wenn nicht dieKirche, so doch die Glubigen ngstlich waren und geradewegen dieser ngstlichkeit in den meisten Fllen" (plerum*que, enchir. 82, 22) der ffentlichen Bue aus dem Weggingen, und da Augustin als kluger Seelsorger auf diesengstlichkeit Rcksicht zu nehmen hatte. Eine ffentlicheBue setzte nach seinen eigenen Aussagen ein Bekanntwer*den des abzubenden crimen geradezu voraus, insofernsie in der Publizierung der Shne fr dieses bekannte Ver*gehen gipfelte. Eben deshalb wurde sie formell durcheine ffentliche Strafrge eingeleitet, in dernicht blo die Sndhaftigkeit des Bers im allgemeinen,sondern seine konkreten einzelnen Vergehen namhaftgemacht wurden. Augustin bringt in en. in ps. 61, 23 einbezeichnendes Beispiel fr eine solche Strafrge (Adam S. 63).Die Vergehen des Bers werden hier im einzelnen ange*fhrt, und das Volk wird aufgefordert, sein weiteres Gebarenzu berwachen und eventuelle Rckflle dem Bischof anzu-zeigen. Gerade in dieser ffentlichen Namhaftmachung derabzubenden Vergehen gelangte die Zweckbestimmung der

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    26 Die correitio secretaffentlichen Bue zu unverhlltestem Ausdruck, insofernerst dadurch der Zusammenhang von Snde und Shne frdas ffentliche Gewissen deutlich wurde. Vom Begriffeiner ffentlichen Bue" war darum dereiner ffentlichen Strafrge" gar nicht zutrennen. Htte Augustin den geheimen Mrder und Ehe*brecher zu einer ffentlichen Bue verurteilt, ohne eine insEinzelne gehende Aufzhlung seiner Vergehen vorauszu*schicken, so htte das notwendig das peinlichste Aufsehenerregen und die Aufmerksamkeit erst recht auf den Berlenken mssen. Augustin erzhlt nun allerdings von einemderartigen Kopfschtteln der Glubigen. Unde aliquandohomines reprehendunt nos, quod quasi non corripiamus.Aut putant nos scire, quod nescimus; aut putant nos tacere,quod scimus (serm. 82, 8, 11). Aber gerade seine Verteildigung: aut putant etc. beweist, da sich der Tadel der Glu*bigen nicht gegen das Unterlassen der Strafrge fr sichallein, sondern gegen das Unterlassen der ffentlichen Bueberhaupt richtete. Denn die Bemerkung aut putantnos scire quod nescimus setzt voraus, da jede ffentlicheBubettigung des Snders, den die Glubigen im Auge hat*ten, unterblieb. Sonst htte ja Augustin nicht sagen knnen,da er von dem Vergehen nicht wisse". Dieselbe Folgerungergibt sich aus dem anderen disjunktiven Glied: aut putantnos tacere, quod scimus. Eine solche Meinung der Glu*bigen, da der Bischof geflissentlich ber die Snde des Drit*ten hinwegsehe, konnte doch nur dann aufkommen, wennder Bischof in keiner Weise ffentlich gegen den Sndervorgegangen war. Htte er ihn im Fall einer wirksamen cor*reptio mit der Exkommunikation belegt und der Ber?gemeinde einverleibt, so wre ein derartiger Argwohn deiGlubigen schlechtweg unbegreiflich. Poschmann meint(S. 7): Der Bischof konnte ja niemand ohne weiteres zurbernahme der Bue zwingen; seine geheimen Ermahnungenkonnten alle an der Hartnckigkeit des Snders abprallen,so da die Bemhungen des Bischofs ganz unbekannt blie*ben." Allein wenn die Glubigen, wie Augustin hier voraus*setzt, bereits ber den Snder munkeln, war dann der Bischof

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    Die correptio secrela 29ffentliche oder geheime Burge, sondern ffentliche odergeheime vindicta. Das Wort des Herrn corripe eum inter teet ipsum solum (Mt. 18, 15) zieht er ausdrcklich ebenso wieim serm. 82 an. Aber es macht ihn nicht darauf aufmerksam,da er in gewissen Fllen des Sndertrotzes sich mit einergeheimen Rge bescheiden msse, sondern darauf, da er beiBestimmung der vindicta des Bers nicht blo auf die Zahlund Schwere seiner Snden, sondern auf seine seelischenKrfte (vires animorum), auf sein Knnen und Wollen sowieauf seine Abneigungen zu achten habe. Er bezieht es alsoauf die gesamte Bubehandlung. Es verwehrt ihm jedesgestrenge, nur den Rechtsstandpunkt wahrende Vorgehen.Und darum kommentiert er es mit dem andern Bibelwort:Richtet nicht vor der Zeit, auf da ihr nicht gerichtet wer?det." Wer bist du, da du einen fremden Knecht richtest?Seinem Herrn steht oder fllt er. Er wird aber stehen, dennGott hat die Macht, ihn aufrecht zu halten." A u s M t. 18, 15liest er also die Pflicht des Bischofs herauszu milder Behutsamkeit in der Handhabungder B u z u c h t. Anderseits macht ihm 1 Tim. 5, 20 dasarguere coram omnibus zur Pflicht, und aus 1 Kor. 5, 12. 13hrt er die Mahnung: Entfernt den Bsen aus eurer Mitte." Der Konflikt besteht also fr Augustin genau gesehendarin, ob er im einzelnen Fall aus Rcksicht auf das ffent*liehe Gewissen strenge Gerechtigkeit ben und die Exkom?munikation verhngen solle, oder ob er in Wahrungder individuellen Bedrfnisse des Bers von einer Exkom*munikation abzusehen und diskret schonend zu verfahrren habe. Der Schutz des ffentlichen Gewissens fordert denAusschlu vom Altar, die Sorge fr die Einzelseele heischtein nach den individuellen Besonderheiten abgestuftes Zch*tigen, eine vindicta non solum pro qualitate et quantitateeulparum, verum etiam pro quibusdam viribus animorum,quid quisque sufferat, quid recuset.Der Gegensatz zwischen dem corripe eum inter te unddem auferte malum ex vobis fordert, da die Rcksichtnahmeauf das individuelle Knnen und Wollen des Bers geradedarin besteht, da keine Exkommunikation ver*

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    30 Die correptio secretahngt wird,1) da also auch, insoferne die Exkommunikationdem ffentlichen B verfahren zugrunde?liegt, von jeder ffentlichkeit des Verfahrens abgesehenwerde. Ep. 95, 3 bietet somit einen lehrreichen Kommentarzum Begriff der correptio secreta von serm. 82, insoferne ein-mal darin der exakte Nachweis erbracht ist, da die ge*heime Zurechtweisung" sich nicht auf ein geheimes Zuredenzur Bue beschrnkt, sondern auch die individuell abge?stufte Bustrafe selbst, also die geheime Buzucht inihrem gesamten Umfang bedeutet; und insofern darin weiter?hin als das We sentliche des geheimen Verfahrens derVerzicht auf die Exkommunikation angemerkt ist.

    3. sermo 351. Eine besondere Bedeutung in derBulehre Augustins beanspruchen serm. 351. 352, insofern sieallein zum Unterschied von den brigen Darlegungen desKirchenlehrers sich ex professo ber die Kirchenbue ver?breiten. Da sich serm. 352 in parnetisch allegorische Be*trachtungen verliert und gegenber serm. 351 nichts Neueszu bieten hat, gengt die Untersuchung von serm. 351. Inmeiner Schrift (S. 7 f.) glaube ich die Echtheitsfrage hin?reichend vorsichtig abgewogen zu haben.

    Von c. 4, 7 an bespricht die Predigt ausfhrlich dietertia actio paenitentiae, d. h. die Kirchenbue. Nachdemsie von der Notwendigkeit der inneren Einkehr und der un?abweislichen Pflicht, sich der kirchlichen Bue zu unterwer?fen (4, 7. 8. 9), gehandelt, beschreibt sie c. 4, 9 das Ver?fahren, das der reuige Ber einzuhalten hat. Dabei ent?wickelt sie folgenden Gedankengang: Der erste Schritt aufdem Weg der Bekehrung ist die reuige Selbsteinkehr und derEntschlu zur Kirchenbue. Der Ber selbst mu sich zurAnwendung der strengen, aber heilsamen Medizin verurteillen" und zu den Vorstehern der Bue kommen (cum ipse in

    ') Der Ausdruck quid recuset deutet zunchst auf das Widerstreben des Glu-bigen gegen die Verhngung der Exkommunikation hin, im Zusammenhang damitaber auf die Ablehnung der durch die Exkommunikation eingeleiteten ffent-lichen Bue. Vgl. hiezu serm. 351, 4, 9: in notitia multorum vel etiam totiusplebis agere paenitentiam non recuset. non resistat.

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    32 Die correptio secretaaliorum est), und wenn der antistes dafr hlt, da es demNutzen der Kirche frderlich sei (atque hoc expedire utilitatiecclesiae videtur antistiti), nicht weigern, unter Kenntnis vonvielen, ja selbst des ganzen Volkes Bue zu tun (in notitiamultorum vel etiam totius plebis agere paenitentiam nonrecuset).

    Es war ntig, den Zusammenhang der Stelle derart aus*fhrlich vorzulegen, um die Basis fr die folgenden Feststel*lungen zu sichern. 1) Es handelt sich um das Bekenntniseiner schweren Tatsnde gegen den Dekalog. Denn die tag*liehen aus der mortalitas carnis stammenden Snden werdendurch die in c. 3 behandelte altera paenitentia der Lebensbue,wie sie sich zumal in der fnften Vaterunserbitte ausspricht(c. 3, 6), getilgt. Da zu diesen peccata quotidiana auch dieschweren Gedankensnden zhlen, habe ich in meiner SchriftS. 19 f. nachgewiesen. Es kommen also nur schwere Tat*snden in Frage. 2) Die Shne kann unter Voraussetzungder Zerknirschung des Snders nur durch den antistes auf*erlegt werden. Das Bekenntnis vor ihm ist also wesent*lieh. 3) Es steht beim Ermessen der praepositi sacramento*rum, d. h. der kirchlichen Buleiter, die Art der Shne zu be*stimmen. Sie haben dabei nach ep. 95, 3 nicht nur pro quali*tte vel quantitate eulparum, sondern auch pro quibusdamviribus animorum zu entscheiden. 4) Die Shne mu unterUmstnden vor einer beschrnkten oder vollen ffentlich*keit erfolgen. Hiefr mssen aber zwei Bedin*gungen gegeben sein: einmal die, da die Sndeeinen gewissen Grad des rgernisses fr andere erreicht hat(s i peccatum ejus... in tanto scandalo aliorum est); zumzweiten die, da der antistes die Publizierung aus Rcksichtauf das Wohl der Glubigen fr ntig hlt (atque hoc expe*dire utilitati ecclesiae videtur antistiti). Augustin vergitnicht, diesen letzteren Punkt besonders zu betonen, weil erim antidonatistischen Streit wiederholt die disziplinare Regelzu verteidigen hatte, da man selbst im Fall eines offenkun*digen, rgerniserregenden Vergehens von einer kirchlichenMaregelung absehen drfe, falls der Kirchenfriede dadurchbedroht sei, da also ein Ausschlu nur erfolgen drfe salvo

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    36 Die correptio secretagens fehlt nicht jeder Hinweis auf eine geheime Bekehrung.Augustin erwidert nmlich: multi enim corriguntur ut Petrus;multi tolerantur ut Judas; multi nesciuntur, donec veniatDominus. Nur die letztere Gruppe der unwrdig konvmunizierenden Snder bleibt also den Burichtern verborgen(nesciuntur), und zwar deshalb, weil sie, wie Augustin weiterbemerkt, ihnen von den Mitwissern nicht angezeigt werden,sei es um die eigenen Vergehen damit zu beschnigen, sei esaus Mangel an einwandfreien Beweisen. Um die beidenersten Gruppen, d. i. um die geheim" in der Weise des hl.Petrus Bekehrten und um die, welche aus Rcksicht auf denKirchenfrieden toleriert werden mssen, wei also die B*leitung. Somit gibt es unter denen, die nach Meinung derGlubigen als Schuldige zur Eucharistie gehen, nach demWissen der Buleiter doch multi, die wie Petrusim Verborgenen sich bekehrt und Vergebung erlangt haben,ohne eine ffentliche Bue vor den Glubigen zu leisten.Oder mchte Poschmann die geheime correctio dieser multiauf auersakramentalem Weg erklrt wissen? Wie konntendann aber die judices ecclesiastici davon erfahren?

    Sei dem wie immer: jedenfalls wird von dieser Frageunser Hauptergebnis nicht berhrt, da serm. 351 die Buevor dem antistes allein nicht blo kennt, sondern auch als deneigentlichen Wesenskern der Kirchenbue hinstellt.Von hier aus gewinnt auch die bekannte Stelle de d i v.quaest. 83 c. 26 ihre Beleuchtung. Augustin unterscheidethier drei Arten von Snden: peccata infirmitatis, imperitiae,malitiae. Die infirmitas ist Gegensatz zur virtus, die irnpe^ritia steht der sapientia und die malitia der bonitas gegenber.Quisquis igitur novit, quid sit virtus et sapientia Dei, potestexistimare, quae sint peccata venialia. Et quisquis novit, quidsit bonitas Dei, potest existimare, quibus peccatis certa poenadebeatur et hie et in futuro saeculo. Quibus bene traetatisprobabiliter judicari potest, qui non sint cogendi ad paeni?tentiam luctuosam et lamentabilem, quamvis peccata fateamtur, et quibus nulla omnino speranda sit salus, nisi sacrificiumobtulerint Deo spiritum contribulatum per paenitentiam.Poschmann meint, die Antwort Augustins auf die Frage,

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    Die correptio secreta 394. d e f i d. et o p. 2 6, 4 8. Nach wie vor finde ich in

    dieser Stelle den klassischen Beweis fr die Existenz einergeheimen Kirchenbue in Hippo. Nisi essent quaedam itagravia, ut etiam excommunicatione plectenda sint, non dice?ret apostolus: congregatis vobis et meo spiritu trdere ejus*modi satanae in interitum carnis (1 Kor. 5, 4. 5). . . . Itemnisi essent quaedam non ea humilitate paenitentiae sananda,qualis in ecclesia datur eis, qui proprie paenitentes vocantur,sed quibusdam correptionum medicamentis, non diceret ipseDominus: corripe eum inter te et ipsum solum et si te audierit,lucratus es fratrem tuum. Postremo nisi essent quaedam,sine quibus haec vita non agitur, non quotidianam medelamponeret in oratione, quam docuit, ut dicamus: dimitte nobisdebita nostra, sicut et nos dimittimus debitoribus nostris.

    ber die erste und dritte Gruppe dieser Snden kannkein Zweifel bestehen. Zur ersten Gruppe gehren alle jene,welche mit der Exkommunikation bestraft werden; zur drit*ten die tglichen" Snden, fr welche die quotidiana medelades Vaterunsergebets eingesetzt ist.Welche Snden gehren zur zweiten Gruppe? Offen?sichtlich nehmen sie eine Mittelstellung ein: einerseitswerden sie nicht der ffentlichen Buzucht der proprie paeni?tentes zugewiesen, anderseits sind sie aber auch durchausnicht venialia, sonst wre ihre Unterscheidung von der drit*ten Gruppe zwecklos. Wir haben also in der zweiten GruppeSnden vor uns, die einerseits keine venialia, folglich,criminasind, anderseits doch nicht der Exkommunikationsbueunterstellt werden, sondern quibusdam correptionum medica*mentis zu heilen sind.Was versteht Augustin unter diesen gewissen Heilmit*teln der Zurechtweisung"? Weil er sich fr das Bestehendieser Sndenklasse auf Mt. 18, 15 beruft (corripe eum interte et ipsum solum), glaubt Poschmann an die brderliche Zu*rechtweisung denken zu sollen: Die brderliche Zurecht?Weisung als solche hat gegenber gewissen Vergehen sndentibgende Kraft. Gerade in serm. 82 ist das klar ausgesprochen"(S. 10). Indem Poschmann serm. 82, 3, 5 zitiert, wo Augustinnicht wie in serm. 82, 8, 11 von der correptio des Bischofs

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    40 Di correptio secretagegen den geheimen Snder, sondern von der rein privatten Zurechtweisung des irrenden Bruders und ihren Wir;kungen spricht, kommt er zum Ergebnis: Im Licht dieserAusfhrungen erklren sich die correptionum medica?menta . . . ganz ungezwungen. . . . Neben der eigentlichen'Bue gibt es fr gewisse Snden, nmlich die Snden gegendie Bruderliebe, noch ein anderes Vergebungsmittel in derbrderlichen Zurechtweisung und Vershnung. Die Mit*Wirkung der Kirche ist fr dieses Heilmittel zunchst nichterfordert" (S. 12).Gegen diese Erklrung ist folgendes festzustellen1) Nach Augustin gehren die Snden gegen die Bruderliebe,soweit sie nicht in Ha ausarten, zu den peccata venialia, diedurch die medicina quotidiana des Gebets Heilung finden.Sie gehren also zu den Snden der drittenGruppe. Unzhligemale betont dies der Kirchenvater.Htte sich Poschmann nicht ausschlielich in die Exegese vonserm. 82, 3, 5 verrannt, sondern auch andere augustinischeTexte herangezogen, htte er das nicht bersehen knnen.Es scheint ihm auch entgangen zu sein, da selbst serm. 351,den er in anderem Zusammenhang wiederholt anzieht, dasdelictum der gegenseitigen Streitigkeiten als ein Objekt dertglichen Bue anmerkt, das durch die VaterunserbitteHeilung findet (3, 5. 6; ebenso enchir. 78, 21). Wie oben aus?fhrlich nachgewiesen, ist gerade das Vergeben der Bruder?snde die Voraussetzung fr die Vergebung einer jeden an=deren Snde und darum mit dem tglichen Vater;unser gebet unlsbar und auf das innigsteverknpft. Quotidie ergo dicamus et corde vero dicamuset quod dicimus, faciamus: dimitte nobis debita nostra etc.Sponsionem facimus cum Deo, pactum et placitum. Hoc tibidicit Dominus Deus tuus: Dimitte et dimitto (serm. 56,9, 13).Scitis, quo accessuri sumus, quid prius Deo dicturi sumus?Dimitte nobis debita nostra etc. Agite, ut dimittatis, agite(serm. 50, 8). Ergo quotidie petimus . . . quotidie nos proster;nimus et dicimus: dimitte nobis etc. Quae delicta tua?Omnia an aliquam partem? Omnia. Sic ergo et tu debitorinostro. Hanc ergo regulam ponis, hanc conditionem loqueris;

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    46 Die correptio secretaZurechtweisung. Ist doch der Bischof in erster Linie zurcorreptio berufen (vgl. serm. 17, 2; 387, 1; de civ. D. 1, 9, 3;c. ep. Parm. 2, 21, 43; 3, 1, 2 etc.). Soweit die kirchlicheDisziplin in Frage kommt, eignet dem Zuspruch der gewhn?liehen Glubigen nur eine ergnzende, sekundre Bedeu?tung. Nur zu dem Zweck sollen z. B. die Laien den b?fertigen Mathematiker berwachen, da der Bischof sich aufihr Zeugnis sttzen kann (en. in ps. 61, 23). Die aufrhre?rischen Donatisten sollen sie dem Bischof corripiendosinstruendosque zufhren (ep. 88, 9). Die kirchliche Disziplinverfgt denn auch im Unterschied zur privaten Zurechtwei?sung ber eine Reihe von Mitteln, um die Marege?lung der Snder wirksam zu machen. So oft Augustin voncorreptio n e s spricht, denkt er deshalb an kirchliche Ma?regelungen. An Abstufungen der disziplinaren Mittel unter?scheidet er ausdrcklich das docere und admonere vomob j urgare und corripere (plerumque enim ab eis docendis,admonendis, aliquando etiam objurgandis et corri?piendis male dissimulatur, de civ. D. 1, 9, 1). Ausfhrlichbeschreibt er die besondere Funktion des monere und objur?gare in ep. 63, 2. Schon seinem Wortsinn nach liegt ja imobjurgare ein ber das bloe Mahnen" hinausgehendesSchelten*', Verweisen", und im corripere ein Anpacken,Herunterreien", das dem gewhnlichen Glubigen nichtohne weiteres zusteht. Augustin gibt wiederholt eine ArtSkala des kirchlichen Rge? und Strafverfahrens: sane, sijudex es . . . ecclesiastica regula . . . coerce, corripe, exeommu?nica, degrada (serm. 164, 8, 11). Corripiantur itaque a prae?positis suis subditi fratres correptionibus de caritate venien?tibus pro eulparum diversitate diversis vel minoribus velamplioribus. Quia et ipsa, quae damnatio nominatur, quamfacit episcopale Judicium, qua poena in ecclesia nulla maiorest, potest, si Deus voluerit, in correptionem saluberrimamcedere (de corr. et gr. 15, 46). Arguimus, increpamus et detes?tamur, quosdam clam, quosdam palam, sicut diversitas perso?narum videtur posse reeipere medicinam. Aliquando etiam,si magis curanda non impedit, saneti altaris communioneprivamus (ep. 153, 6, 21).

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    Die correptio secreta 47Unter correptiones versteht darnach Augustin dieGesamtheit der disziplinaren Manahmen des Kirchenregi?ments von der einfachen admonitio an bis zur schrfstenForm der damnatio. Nirgends ist eine Stelle aufzutreiben,

    die von rein privaten correptiones gegenber Sn?dem reden wrde. Htte Poschmann serm. 82 im Lichtedieses augustinischen Sprachgebrauchs gewrdigt, htte ernicht die sonderbare Meinung vertreten mgen, es sei letzt?lieh von untergeordneter Bedeutung, von wem die correptiovorgenommen wird, ob von Vertretern der Kirche oder vonprivater Seite" (S. 6).

    Als Mittel der Disziplin ist die correptio eine Strafe(poena, vindieta), die den Sndern auferlegt wird. Patianturergo homines se corripi, quando peccant . . . quia et peccatijusta poena debetur et ad ipsam pertinet justa correptio, quaemedicinaliter adhibetur, etiamsi salus aegrotantis incerta est;ut si is, qui corripitur, ad praedestinatorum numerum per?tinet, sit ei correptio salubre medicamentum (de corr. et gr.14, 43). Gegenber den Mnchen von Adrumet, welche inMideutung der augustinischen Gnadenlehre den praepositiwohl ein Recht, zu mahnen", nicht aber das Recht, began?gene Fehler zu rgen", zusprachen (non autem nos corripiantet arguant, si non fecerimus), verfate Augustin eigens dieSchrift de corr. et gr., um die Vereinbarkeit der Strafrge mitder gttlichen Prdestination nachzuweisen (de corr. et gr.4, 6). In ep. 95, 3 deutet Augustin das corripere von Mt. 18, 15auf den vom Bischof zu bestimmenden vindicandi modus undfordert in derselben Weise dessen Abstufung pro qualitatevel quantitate eulparum bzw. pro quibusdam viribus animo?rum, wie er in de corr. et gr. 15, 46 eine Abstufung der correp?tiones pro eulparum diversitate heischt.

    Mit dem Ausdruck correptiones ist also fr Augustinnicht blo der Begriff der kirchlichen Mahnung und War?nung, etwa im Sinn des persuadeo paenitentiam von serm. 82,sondern auch der kirchlichen Strafe und Ahn?dng verbunden. Dadurch, da sich ihr der Snder bereit?willig unterwirft, wirkt sie heilend und shnend.

    So gelangt Augustin zum Begriff des medicamen?

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    Die correptio secreta 51von fornicarii, avari, raptores, idolis servientes handelt. VonPoschmanns Snden gegen den Menschen" findet sich keineSpur.

    In die Nhe von c. 26, 48 fhrt auch eine weitere Stellederselben Schrift c. 3, 4. Augustin konfrontiert hier wiederwie so oft 1 Tim. 5, 20: peccantes coram omnibus argue mitdem Jesuwort Mt. 18, 15: corripe eum inter te et ipsum.Beide widersprechen sich nicht. Utrumque enim faciendumest, sicut infirmitatis diversitas admonet eorum, quos utiquenon perdendos, sed corrigendos curandosque suscepimus etalius sie, alius autem sie sanandus est. Auch hier denktAugustin nicht im entferntesten daran, im Sinne PoschmannsMt. 18, 15 auf die brderliche Zurechtweisung zu beziehen.Es schwebt ihm vielmehr dem ganzen Zusammenhang nachdie kirchliche Maregelung der Snder vor. Genau sowie er in ep. 95, 3 fordert, da man pro quibusdam viribusanimorum die vindieta verhnge, verlangt er auch hier dieBercksichtigung der infirmitatis diversitas, d. h. der seeli*sehen Schwche der Glubigen. Und hier wie dort betonter, da das Ziel aller Kirchendisziplin das curare, nicht dasperdere sei. Daraus ergibt sich fr ihn die Folgerung, dieeinen so, die anderen so zu heilen", d. h. die Heilung dereinen soll in ffentlichem, die der andern im geheimen Ver*fahren erfolgen. Ist auch hier nicht unmittelbar deutlich, daes sich nicht blo um die Heimlichkeit der Strafrge im enge*ren Sinn, sondern auch um die Unterlassung der Exkommuni*kation handle, so ist doch zum mindesten Poschmanns Argu*ment, wonach de fid. et op. 26, 48 gerade wegen des Zitatsvon Mt. 18, 15 auf die Snden gegen die Menschen gedeutetwerden msse (S. 10), als unhaltbar erwiesen. Denn nichtum den Gegensatz von Snden gegen Gott und gegen denMenschen handelt es sich hier, sondern ausschlielich umden Gegensatz einer milden und strengen Behandlung derschweren Snden berhaupt.

    5) Die Grundlage der ffentlichen Bueist das praeeidi ab altari, das separari a pane quotidiano(vgl. serm. 56, 8, 12). Insofern diese Exkommunikation dieuerste, schrfste Form der kirchlichen correptio darstellt,

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    52 Die correptio secretaist die Exkommunikationsbue die machtvollste uerungder severitas disciplinae, eine wahrhafte paenitentia luctuosaet lamentabilis. Es lag im Interesse einer gedeihlichen Kirchen?zucht, da von diesem uersten Mittel mglichst sparsamGebrauch gemacht wurde. Seelsorgerliche Klugheit hat daraufzu achten, ne ipso flagello peior fiat, qui caeditur (serm. 17,3, 3), und da die Exkommunikation nur dort verhngt wird,ubi periculum schismatis nulluni est (c. ep. Parm. 3, 2, 13). DieExkommunikationsbue darf deshalb nicht wiederholt auf?erlegt werden, ne medicina vilis minus utilis esset aegrotis(ep. 153, 3, 7). Es ist ja nicht so, wie Augustin den Donatistengegenber immer wieder hervorheben mu (vgl. AdamS. 92 ff.), da die Exkommunikation schlechthin notwen?d i g sei, um die Glubigen vor Befleckung zu schtzen. Sievermgen sich ja auch durch persnliche Wachsamkeit vorAnsteckung zu bewahren und durch innerkirchliche B?hilfen von geringeren Befleckungen zu reinigen. Nicht diemali, sondern die boni, spiritales, sancti sind die Trger derkirchlichen Wesenheit, und nicht die Scheidung von denboni, sondern der mglichst innige Anschlu an sie ver?brgt den Sndennachla. Der Exkommunikation ist des?halb grundstzlich nur ein bedingter Wert zuzusprechen,insofern sie die schrfste Reaktion und die wirksamste Waffeder ecclesia sine macula ac ruga gegen ein sich breit machen?des Laster ist und bleibt.

    Dieser behutsamen Bestimmung und Umgrenzung derExkommunikation entspricht es, wenn das kirchliche Diszi?plinarrecht genauestens die Bedingungen umschreibt,unter denen die Verhngung der Exkommunikation erlaubtist. Wiederholt erinnert der Kirchenvater daran, da zurEinleitung des Exkommunikationsverfahrens in all jenenFllen, in denen keine Selbstanzeige erfolgt und diese Fllewaren zweifellos die hufigsten, da man ja meist" (ple?rumque, enchir. 82, 22) der Bue aus dem Wege ging , diebloe Denuntiation durch die Glubigen n i c h t gengte.Nam si nominatio sufficit, multi damnandi sunt innocentes,quia saepe falso in quoquam crimine nominantur (serm. 351,4, 10). Der Schuldige mu vielmehr in aliquo sive saeculari

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    54 Die correptio secretaEinleitung des ffentlichen Buverfahrens solange zuwarten,bis er seine berzeugung vor einem ffentlichen Gerichtveris documentis testibusque hinlnglich zu beglaubigen ver*mochte. Ausdrcklich besttigt dieses von serm. 351 be?zeugte geltende Recht can. 5. 6 des karthagischen Konzilsvom Jahre 419. 1) Es ist eine nicht geringe Bekrftigung derEchtheit des bugeschichtlich so wichtigen serm. 351, dadieser von Augustin mit unterfertigte Konzilsentscheid dasgleiche Disziplinarrecht vertritt. Die Synode erklrt einenBischof fr solange exkommuniziert, als er die Exkommuni*kation eines Glubigen aufrecht erhlt, der sich vor ihm einesgeheimen Vergehens angeklagt hatte, nachher aber, als derBischof auf Bue drngte, die Schuld leugnete. Die Begrn*dng des Synodalbeschlusses deckt sich nahezu wrtlich mitserm. 351: ut magis caveat episcopus, ne dicat in quemquam,quod aliis documentis convincere non potest. Auch die per*snliche berzeugung von der Schuld eines Glubigen be*rechtigt also den Bischof nicht, das ffentliche Verfahrengegen ihn anzustrengen.

    Poschmann versucht, auch diese Kanones fr seine Auf*fassung zu verwerten. Dem Bischof bleibe nach diesemSynodalbeschlu nur brig, die freiwillige bernahme derExkommunikation und der Bue anzuraten. Sie darf nichteinfach vom kirchlichen Richter verhngt werden, aber siewird auch nicht etwa durch ein geheimes Buverfahrenersetzt" (S. 7 Anm. 2). In Wirklichkeit uert sich dieSynode mit keiner Silbe darber, ob dem Bischof fr denFall, da der Snder nicht hartnckig weiterleugnete, sondernsein Vergehen neuerdings, aber nur unter dem Siegel derVerschwiegenheit eingestand, nur die Vornahme der gehei*men Rge und sonst nichts weiter brig geblieben wre.Die Synode spricht gar nicht von der Kirchenbue, sondernvon der rechten Handhabung der kirchlichen Zensur, vonden rechtlichen Voraussetzungen der Exkommunikation. Ihr

    ') Genau gesehen, ist es nicht der 5. und 6. Kanon des Konzils berhaupt,sondern seiner zweiten Sitzung am 30. Mai 419. In der ersten Sitzung vom25. Mai hatte es bereits fnf eigene Kanones publiziert.

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    Die correptio secreta 57ffentliches Gericht einwandfrei nachgewiesen sein. Irgend?eine, wenn auch beschrnkte Publizierung des Vergehens liesich also nicht vermeiden, weder bei seiner Feststellung nochbei seiner Verbung. Die Gefahr einer Denuntiation an dieweltliche Gewalt war also in Hippo immer gegeben, unddarum mute aus Grnden der Caritas ein geheimes B?verfahren in Anwendung kommen, sollte auf die Bekehrungder vom Staatsanwalt bedrohten, geheimen, schweren Sndernicht grundstzlich Verzicht geleistet werden.Da es ein solches geheim verlaufendes Bverfahrenin der Kirche Augustins tatschlich gegeben hat, glaube ichhinreichend erwiesen zu haben.Da die durch die Strafrge angestrebte augenblicklicheBesserung (correctio) nicht notwendig auch die sofortige solu?tio des reatus der Snde seitens Gottes mittels der clavesecclesiae einschlo (S. 10), so mchte ich die in meinerSchrift vertretene Meinung, da fr Augustin mit der gehei?men correptio auch die satisfactio und reconciliatio i neinen Akt zusammengeschlossen waren" (S. 134 f.), nichtmehr fr gesichert halten. Es liee sich vielmehr denken, daje nach der Schwere der Schuld und entsprechend den see?lischen Krften" der Ber die geheime correptio in einerlngere Zeit whrenden Disziplinierung bestand.Fr diese Zeit mute sich natrlich der Ber freiwillig vonder Eucharistie fernhalten. Es ist auch mglich, jawahrscheinlich, da der antistes ihm fr die Buzeit diesesFernbleiben zur Auflage machte. Aber dieses Fernbleibenwurde nicht durch den ffentlichen Akt der Exkommu?nikation eigens verfgt und hatte darum nicht den Charaktereiner kirchlichen Strafe. Es fehlte ihm somit jenes Be?schmende, Diffamierende, das mit einer ffentlichen Ma?regelung notwendig verknpft ist. Das bloe Fernbleibenvon der Eucharistie war um so weniger beschmend, als sichja nicht wenige Glubige aus Grnden der Andacht oderBue freiwillig der Eucharistie enthielten, ohne deshalb zuden kirchlichen Bern zu zhlen. So sehr Augustin auf einetgliche Kommunion der Glubigen drngt, so wenig willer die Praxis jener beanstanden, welche die Eucharistie nicht

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    00 Die correptio secretadarf sie nicht knstlich zur correptio secreta Poschmannszurechtgestutzt werden.Wenn nun Ambrosius einerseits, wie aus seiner B?schrift erhellt, die occulta crimina ffentlich diszipliniertwissen will, anderseits aber nach dem geschichtlich einwand*freien Zeugnis des Paulinus die causas criminum durchprivate intercessio bei Gott erledigt, so ist der Wider*spruch nur ein scheinbarer. Paulinus macht nmlich die be?zeichnende Bemerkung, Ambrosius habe dadurch den sp?teren Priestern ein gutes Beispiel gegeben, ut intercessoresapud Deum magis sint quam accusatores apud homines. Dieprivate Beicht lie Ambrosius also deshalb zu, um sein Beicht?kind nicht anzuklagen", d. h. nicht an den Staatsanwalt zuverraten. Es ist dieselbe Rcksicht, die Augustin zu seinemgeheimen Buverfahren vornehmlich bestimmt: quia curarevolo, non accusare (serm. 82, 8, 11). Darnach unterliegennach Ambrosius nur jene geheimen Flle dem ffentlichenBugericht, welche ihrer Natur nach nicht dazu angetan sind,das Einschreiten des staatlichen Gerichts zu veranlassen.Alle geheimen causae criminum hingegen, die im Fall ihrerVerffentlichung eine gerichtliche Ahndung nachsich ziehen wrden, werden im geheimen Verfahrendiszipliniert. Es ist hier ganz deutlich, wie von der griechi?sehen Mnchsbeichte eine Linie ber Ambrosius zu Augustinfhrt.Ob Augustin nur derart qualifizierte geheime Ver?gehen der geheimen Bue unterstellte, oder ob er ber Am?brosius hinaus alle singulren geheimen Vergehen geheimbehandelt wissen wollte, wird im nchsten Abschnitt zuuntersuchen sein.

    Jedenfalls konnte Augustins Praxis an Ambrosiusanknpfen. Ein weiterer Anknpfungspunkt war die vonalters her in der Kirche bestehende Beichte auf dem Kran?kenbette bzw. die Kirchenbue unmittelbar vor demTode (in periculo). Nach can. 30 des Konzils von Hippo393 durfte im Notfall jeder Priester ohne ausdrcklichebischfliche Erlaubnis Schwerkranke rekonziliieren und ihnendie Wegzehrung spenden. Seit Papst Siricius (f 399) durfte

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    Die correptio secreta \selbst Rckflligen die Wegzehrung nicht verwehrt werden.Augustin spricht denn auch wiederholt von dieser ugen?blicklichen Rekonziliation der Schwerkranken (vgl. zumalde conj. adult. 1, 28, 35). Nach ep. 228, 8 wird sie aber auchohne weiteres gewhrt, wenn Gefahr auf Verzug ist.Gegenber dem drohenden Einfall der Vandalen rufen allenach dem Trost" der Sakramente: die einen fordern dieTaufe, die anderen die Rekonziliation und Dritte die Einlei?tung des Buverfahrens selbst (etiam paenitentiae ipsiusactionem). Unter denen, welche die Rekonziliation heischen,sind offenbar jene Ber zu verstehen, welche bereits dieffentliche Bue begonnen haben. Der letzteren Gruppegehren also alle brigen buwilligen Snder zu. Was siewnschen und erlangen, ist eine der drngenden Not ent?sprechende kurzeDisziplinierung mit unmittel?bar anschlieender reconciliatio, also ein ab*gekrztes, von jeder Exkommunikation absehendes Buver?fahren (vgl. Adam S. 155 f.).

    Dieselbe abgekrzte Bue hat Augustin gegenber demfrommen, zur Hinrichtung verurteilten Marzellin im Auge,als er ihn solus cum solo fragt, ne quid esset, unde maiore etinsigniore paenitentia Deum sibi placare deberet (ep. 151,9).Htte sich Marzellin nicht schuldlos gefhlt, wrde ihn Augu?stin zweifellos im Gefngnis selbst, ohne ein Exkommunika?tionsverfahren formell einzuleiten, sogleich diszipliniertund rekonziliiert haben. Das abgekrzte Verfahren bestandalso bereits in der kirchlichen Praxis zum mindesten fralle Flle der Not. Und es ist bezeichnend, da Augu?stin auch diese abgekrzte kirchliche Bue als major etinsignior paenitentia anspricht. Wie schon bei Untersuchungvon serm. 351 festzustellen war, erblickte eben Augustin dasWesentliche der Kirchenbue durchaus nicht in derExkommunikation, sondern in der Disziplinierung durch denkirchlichen antistes. Die Tatsache dieser Disziplinierungallein macht jede Bue zur paenitentia maior. Da dieseDisziplinierung in besonderen Fllen durch formellen Aus?Schlu ab altari erfolgen msse, ist ein zur paenitentia maiorerst hinzutretendes sekundres Moment. Selbst Posch?

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    62 Die correptio secretamann sieht sich angesichts der Privatbue der Sterbenden zudem Gestndnis gentigt: Nur das Eine geht aus der Bueder Sterbenden hervor, da das ffentliche Verfahren ein*schlielich der Exkommunikation nicht das eigentlicheWesen der kirchlichen Bue ausmachen, sondern blo Sacheder Disziplin sein kann" (S. 21). War aber die Exkommuni?kation fr Augustin wirklich nur Sache der Disziplin", sokonnte fr seinen Seelsorgseifer der Schritt nicht mehr sobedeutend sein, berall da auf die Exkommunikation unddamit auf das ffentliche Verfahren zu verzichten, wo seinesorgsame Beachtung dessen, quid quisque sufferat, quid recu*set (ep. 95, 3) ihn voraussehen lie, da die Anwendung desffentlichen Verfahrens dem Bekehrungswilligen nichtntzen, sondern schaden werde.

    Einen dritten und letzten Anknpfungspunkt fr seingeheimes Buverfahren konnte Augustin in der gemeinkirch;liehen Praxis der einfachen suseeptio finden, die er gegenberden donatistischen Anwrfen immer wieder zu verteidigenhatte. Sie bestand in der sine paenitentia (serm. 296, 11, 12;ep. 93, 13, 53), d. h. ohne ffentliche Bue erfolgenden Wieder;aufnhme jener Hretiker, die von Kindheit an der Hresiezugehrt hatten. Von ihnen wurde lediglich gefordert, dasie ihren Irrtum abschwrten (de bapt. c. Don. 2, 7, 11). DieVergebung ihrer Schuld erfolgte solo ipso reditu propter cari?tatem, quae cooperit multitudinem peccatorum (2, 18, 23).Wie nirgends, so vermochte Augustin an dieser Konvertiten-be den Hauptsatz seiner antidonatistischen Polemik zu ent?wickeln und zu begrnden, da das rechte Scheidemittelzwischen Guten und Bsen nicht die exeommunicatio sei,wie die Donatisten wieder und wieder betonten, sondern dermglichst innige Anschlu an die communio und ihre snden*vergebende Caritas (vgl. Adam S. 110 ff.). Von diesem Prinzipaus mute fr seine Betrachtungsweise die Exkommunikationnotwendig etwas Sekundres und Peripherisches im Akt derkirchlichen Sndenvergebung werden, so zwar, da sie ber*all da entbehrlich schien, wo sie nicht ad corrigendum,sondern ad eradicandum diente (vgl. c. ep. Parm. 3, 2, 13).

    Fr Augustin war also die geheime Kirchenbue nicht

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    Die correptio secreta 63etwas schlechthin Neues: in leisen Linien mochte er siebei seinem Lehrer und Meister Ambrosius entdecken; involler Aufmachung fand er sie fr gewisse Ausnahmefllebereits in der Gesamtkirche vor, und die donatistische Ver*deutung der excommunicatio zu einem unentbehrlichenScheidemittel zwischen Guten und Bsen machte sein theolo?gisches Denken geneigt, nicht auf die excommunicatio, son*dem auf die communio allen Ton zu legen und in der Ent*bindung der innerkirchlichen Heilskrfte den eigentlichenSinn und das Wesen der kirchlichen Buhilfe zu erkennen.Kann es von da aus wirklich verwunderlich sein, wenn er, demdas curare und nicht das accusare Herzenssache war, in allden Fllen, wo die Segensmacht der ffentlichen Bue voraus*sichtlich versagte, und wo nicht hhere Rcksichten auf dasWohl der Glubigen im Wege standen, zum Mittel einergeheimen Kirchenbue griff? In der Form der geheimenKirchenbue vermochte er das Ideal zu verwirklichen, dasin der Buseelsorge vor seiner Seele stand: nihil autem sieprobat spiritalem virum quam peccati alieni traetatio, cumliberationem eius potius quam insultationem potiusque auxi*lia quam convicia meditatur et quantum facultas tribuitur,suseipit (exp. ep. ad Gal. 56).

    7) Die Tatsache, da Augustin die geheime Kirchenbueinnerhalb seines Sprengeis gekannt und vollzogen hat, kannnicht durch die andere Tatsache umgestoen werden, da derKirchenvater nicht selten nur von drei Arten derBue spricht: von der Bue vor der Taufe, von der tag*liehen Bue und von der ffentlichen Exkommunikations-be (serm. 351. 352; de symb. ad cat. 8, 15; ep. 265, 7. 8;enchir. 65; serm. 278, 12; 392). Poschmann erblickt in dieserAufzhlung den positiven" Beweis, da Augustin nur eineArt der kirchlichen Bue kannte und somit auch fr diegeheimen Snden die paenitentia major et humilior mit Ver*hngung der Exkommunikation verlangte" (S. 13). Alleiner bersieht auch hier, da Augustin nirgends ein Systemder Kirchenbue geben will, da also seine Aufzhlungendurchaus nicht erschpfend sein wollen. Ex professo sprichter ber die Bue nur in serm. 351, und gerade diese Predigt

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    (54 Die correptio secreta

    enthlt, wie oben dargelegt wurde, den klaren Hinweis aufdie geheime Kirchenbue und die deutliche Feststellung, dadas Wesentliche der Kirchenbue in der Disziplinierungdurch den antistes bestand, da die Disziplinierung in Formder Exkommunikation und des ffentlichen Verfahrens nuretwas Bedingtes, Sekundres war. Die von Poschmann an*gerufene Stelle de symb. ad cat. 8, 15 wendet sich an dieKatechumenen mit der deutlichen Absicht, die Taufe alsdas einzige und eigentliche Sakrament der Sndenvergebunghinzustellen, neben dem fr den Glubigen nur mehr die tag?liehe Bue in Betracht komme. Cum baptizati fueritis, tenetevitam bonam in praeeeptis Dei, ut baptismum custodiatisusque in finem. Non vobis dico, quia sine peccato hie vivetis,sed sunt v e n i a 1 i a, sine quibus vita non est. Propter omniapeccata baptismus inventus est; propter levia, sine quibusesse non possumus, oratio inventa . . . semel abluimur baptis?mate, quotidie abluimur oratione. Neben diesen ordent*liehen Vergebungsmitteln gelangt die ffentliche Kirchen?be nur mehr fr entartete Christen in Anwendung:nolite illa committere, pro quibus necesse est, ut a Christicorpore separemini, quod absit a vobis. Die Tendenz desKatecheten ist also hier, seine Katechumenen vor der ffent?liehen Bue zu warnen, sie als ein Ausnahmeinstitut darzu^stellen, das fr den Normalchristen nicht in Betracht kom?men darf. Innerhalb dieser parnetischen Tendenz wre derAusblick auf ein geheimes Buverfahren vllig u n a n g e *bracht gewesen. Augustin mute vielmehr vor allem darangelegen sein, das Abschreckende gerade der ffentlichen Buegrell zu zeichnen: illi enim, quos videtis agere paenitentiam,scelera commiserunt aut adulteria aut aliqua facta immania.inde agunt paenitentiam. Wie htte Augustin in diesemZusammenhang von der Mglichkeit einer geheimenKirchenbue reden drfen? Wenn Poschmann meint, dieparnetische Absicht reiche zur Erklrung nicht aus, weilnach den tatschlichen Verhltnissen die schwere Snde keinAusnahmefall, sondern unter den Glubigen sehr verbreitetgewesen sei (S. 14), so ist wiederum daran zu erinnern, daes bei Erklrung von Texten nicht auf die tatschlichen Ver?

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    66 Die correptio seoretaLehrreich" rindet Poschmann (S. 19) auch enchir. 65, wo

    Augustin ebenfalls zwischen der Sndenvergebung der Taufe,dem Nachla der tglichen Snden und der Vergebung dercrimina unterscheidet und fr letztere nur die Exkommu*nikationsbue erwhnt. Htte Poschmann mit der von ihmgeforderten minutisen Akribie" den Text eingesehen,wrde sein Urteil vorsichtiger lauten. Denn gerade diese Stellesetzt, wie oben (S. 22) gezeigt, voraus, da nur jene Sndender Exkommunikationsbue unterliegen, die den anderen"Glubigen bekannt sind und deshalb eine Bekundung desReueschmerzes im Angesicht dieser anderen" fordern, utfiat satis etiam ecclesiae. Es handelt sich hier ausschlielichum handgreifliche Vergehen im Sinne von ep. 153, 3, 6 undserm. 351. Nach enchir. 65 sind nicht alle crimina derarthandgreiflich. Augustin deutet dies hinreichend dadurch an,da er nach Erwhnung der tglichen Snden zunchstvon den crimina im allgemeinen spricht und ihre individuelleBehandlung hervorhebt: sed neque de ipsis criminibus quam*libet magnis remittendis in sancta ecclesia Dei misericordiadesperanda est agentibus paenitentiam secundum modum suicuiusque peccati. Von diesen individuell zu behandelndencrimina grenzt die Konjunktion autem durch einen merk;baren Trennungsstrich die der ffentlichen Bueunterliegenden, besonders qualifizierten Vergehen ab: inactione autem paenitentiae, ubi tale commissum est, ut is, quicommisit, a Christi etiam corpore separetur etc. Die Stellebietet also durchaus kein einwandfreies Zeugnis fr Posch;manns Theorie. Sie ist nur insofern lehrreich", als sie einenneuen Beleg dafr bringt, da man vereinzelte uerungenAugustins nur im Licht seiner Gesamtanschauung ber dieBue wrdigen darf. Dasselbe gilt von serm. 278, 12. Wennhier Augustin von quaedam gravia et mortifera spricht, dienur durch das Mittel uerster Bubeschwerden getilgt wer*den, so ist das quaedam nicht zu bersehen. Nicht alleschweren Snden verfallen dieser harten Bue, sondern nurgewisse", d. h. die handgreiflichen groben Vergehen. Esbleibt also Raum fr jene crimina, die eine mildere Form derShnung erfahren.

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    Die correptio secreta 69sen vor sittlichem Laxismus. Htte Augustin die Blicke derGlubigen allzuhufig von diesem Institut weg auf das ge?heime Buverfahren gelenkt, so wrde er damit die Grund?lagen der ffentlichen Bue angetastet und die ffentlicheMoral gefhrdet haben. Wenn und solange die ffentlicheBue als das Normalinstitut galt, konnte die geheime Buefr die Masse der Glubigen nur als Milderung und Ab?Schwchung der severitas disciplinae erscheinen, und s o *lange bestand Gefahr, da sie ihren Buernst nichtfrderte, sondern dmpfte. Augustin hatte in Hinsicht aufdie geheime Bue eine analoge Situation vor sich, wie Her?mas und Tertullian zu ihrer Zeit in Hinsicht auf die ffent?liehe Bue. Wie diesen letzten Auslufern einer heroischen,enthusiastischen Zeit die ffentliche Bue im Vergleichzur Taufe nur als ein Ausnahmeinstitut galt, das mitRcksicht auf die baldigst eintretende Endzeit nur aus beson?derem gndigen Entgegenkommen Gottes einmal" nochgewhrt wurde, so mute zu Augustins Zeit die geheimeKirchenbue im Vergleich zur ff entlichenBue in analoger Wreise als Ausnahme, als ein Institutbesonderer gndiger Nachsicht gegen die seelischen Schw?chen" einzelner erscheinen. Und wie damals Hermas (Mand.4, 1; Sim. 9, 26) und Tertullian (de paen. 7) besorgten, schonder bloe Ausblick auf eine zweite Bue knnte in denAugen der Glubigen die Einschtzung der Taufe beein?trchtigen und ein Anla zum Sndigen nach der Taufe sein,so hatte auch der Bischof von Hippo allen Grund, von demHinweis auf die Mglichkeit einer geheimen Bue eine Be?eintrchtigung des ffentlichen Buinstituts und des B?ernstes der Massen zu befrchten. Darum war es Augustinein Anliegen, immer wieder warnend und drohend an dieNotwendigkeit der Exkommunikationsbue zu erinnern. Sieblieb auch fr Hippo nach wie vor das Institut der Bue.Das geheime Verfahren sollte ja nicht regelmig, sondernnur von Fall zu Fall in Anwendung kommen, je nach derGre und Art der Schuld und je nach der seelischen Eigen?art des einzelnen Glubigen. In den brigen SprengeinAfrikas bestand das geheime Verfahren wohl berhaupt nicht

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    Die Einteilung der Snden 73So ergibt sich: der geheimen Bue drfen grundstzlich

    jene Snder zugefhrt werden, von deren Vergehen nur derengere Familienkreis wei. Da solche Snder aus*schlielich der geheimen Bue unterstnden oder dasie gar einen Anspruch auf das geheime Verfahren hat*ten, ist hier nicht gesagt. Wie noch festzustellen sein wird,kommt es hiebei stets auf die besondere Lagerung desFalles an.

    Einen weiteren Einblick in Augustins Grundstze bezg*lieh der Verwaltung der Kirchenbue verschafft de div.quaest. 83 c. 26. Wie unsere Untersuchung der Stelle dar;legte (S. 37), kann der Buleiter mit einiger Wahrscheinliche-keit (probabiliter) aus der Art der Snde erschlieen,wer zur paenitentia luctuosa et lamentabilis zu zwingen istund wer nicht. Nur jenes Vergehen, das den Charaktereiner m a 1 i t i a hat, mu durch Exkommunikation bestraftwerden. WTann liegt nach Augustin ein peccatum malitiaevor? Den Begriff des malus hatte er im donatistischen Streitzu bestimmen. Fr die donatistische Theologie ist jederSnder ein malus, der ein peccatum inexpiabile in SpiritumSanctum begangen hat. Als unvergebbare Snden gegen denHl. Geist gelten: apostasia und ihre Spielart, die traditio,weiterhin persecutio und haeresis. Weil unvergebbar, hei^sehen diese Snden mit Notwendigkeit den dauerndenAusschlu aus der kirchlichen Gemeinschaft, ihre Duldungwrde auch die brigen Glieder beflecken (vgl. Adam S. 81 ff.).Augustin wehrt sich gegen diese Auslegung des Begriffesmalus. Sie ist einerseits zu eng, insofern dadurch nichtwenige Vergehen als parva et parvi aestimanda erscheinenmten, die nach der Hl. Schrift crimina sind (vgl. c. ep. Farm.3, 2, 9; c. lit. Pet. 2, 23, 54; de un. bapt. c. Pet. 14, 24). Undsie ist anderseits zu weit, insofern es keine Snden gibt, dienicht Vergebung erhoffen drften, solange der Snder nochlebt (serm. 71, 13, 22; ep. 185, 11, 50). Nicht auf das Objektder Snde kommt es an, sondern vielmehr auf die Gesin*n u n g, mit der sie vollzogen wird. Die wahre Bosheitssndegegen den Hl. Geist ist nichts anderes nisi perseverantia innequitia et in malignitate cum desperatione indulgentiae Dei

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    76 Die Einteilung der Sndennicht blo um diese Flle. Die Forderung einer Rcksicht*nhme auf die individuellen Bedrfnisse des Bers begrn*det ja Augustin, wie wir sahen, gerade durch die Berufungauf jenes Wort Jesu bei Mt. 18, 15, in welchem seiner Auffas*sung nach fr geheime Flle ein geheimes Verfahren zurPflicht gemacht wird. Die individuelle Buleitung bewhrtsich also zumeist in der diskreten Behandlung geheimer Ver*gehen schlechthin.

    Zusammenfassend knnen wir an Grundstziischem hinsichtlich der Berbehandlung feststellen: Pflicht?gem ist die ffentliche Bue fr jene crimina, welcheschweres rgernis erregt haben; weiterhin fr all jene, dienach dem Urteil des antistes eine malitia, ein eigensinnigesVerharren im Bsen verraten. Welche Snden sonst nochzur ffentlichen Bue heranzuziehen sind, darber entscheiddet das Ermessen des Buleiters unter besonderer Berck*sichtigung der konkreten Lagerung des Falles, tieferhin derseelischen Eigenart des Bers. Im allgemeinen heischt dieindividuelle Buseelsorge in geheimen Fllen ein geheimesVerfahren.

    2. Wie zu sehen, ist dem subjektiven Ermessen desBischofs in der Buseelsorge eine nicht geringe Bedeutungzugeeignet. Darum darf man von vornherein bei Augustineine burechtliche Einteilung der Snden nicht in dem Sinnbehaupten, als ob diese Einteilung fr die Praxis bindendeNorm gewesen sei. Es ist vor allem nicht so, wie ich inmeiner Schrift (S. 143) in allzu enger Anlehnung an serm. 82festhalten zu sollen glaubte, als ob alle geheimen Vergehenauch geheim abgebt werden muten. Es kam vielmehrstets auf die Besonderheit des Falles an und auf dessen Wr*digung durch den Bischof. Immer blieb dabei fr AugustinsPraxis die ffentliche Bue die Regel und die geheime dieAusnahme.

    Wenn darum im folgenden die Snden im einzelnen b*rechtlich klassifiziert werden, so ist das nur in demSinn zu verstehen, da im Licht der obigen grundstzlichenuerungen Augustins jene Sndengruppen angemerkt wer*

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    Die Einteilung der Snden 79In der Gewohnheitssnde treffen also nach Augustin jenebeiden Merkmale zusammen, die seinen Grundstzen ge?ma ein crimen der Exkommunikationsbue zu*weisen. 1)Und darum ist es nicht zufllig oder aus dem bloen

    Bedrfnis der Allegorese verstndlich, da Augustin nichtblo das eine oder anderemal, sondern in eherner Regel*migkeit jedesmal, so oft er die Gewohnheitssnde inihrem Unterschied zur geheimen Tatsnde oder zur schwerenGedankensnde behandelt, mit der Gewohnheits*snde allein den Hinweis auf die besondere Funktiondes solvere seitens der ministri, also auf die ffentliche Kir*chenbue verknpft (vgl. serm. 98, 5. 6; 67, 2; 295, 3, 2; inJo. Ev. tr. 49, 24; 22, 7). Wir haben hier einen konstantenSprachgebrauch des Heiligen vor uns. Das erklrt sich nicht,wie Poschmann meint, sehr einfach" daraus, da er bei derAuferweckung des Lazarus . . . den Anknpfungspunkt frdie Betonung der kirchlichen Lsegewalt findet" (S. 25).Nicht ein rein uerlicher literarischer, sondern der inneresachliche Grund ist fr Augustin magebend, da in derGewohnheitssnde nicht nur das Merkmal der pessima fama,sondern auch das der malitia gegeben war. Gerade weil erin der Geschichte vom Lazarus sepultus et putens diese bei*den Merkmale so glcklich symbolisiert sah, nahm er sie her,um an ihr das Wesen der Gewohnheitssnde und die beson*dere Art und Weise ihrer Heilung zu veranschaulichen. Nichtum das Spiel einer geistreichen Allegorese etwa in der Weisedes Ambrosius ist es ihm zu tun, sondern um die Veranschau*lichung seines fhrenden Gedankens, da die Gewohnheits*snde eine spezifische Art von Snde sei und darumauch einer besonderen Gnadenanstrengung und b e *

    ') Poschmann findet einen Widerspruch darin, da ich S. 141 bemeike,Augustin habe fr den Gewohnheitssnder ausnahmslos die Einleitung des ffent-lichen Buverfahreus gefordert, da ich dagegen S. 143 die ffentliche Buzuchtauf die Gewohoheitssnden beschrnke, insofern sie bekannt sindu . Fr Augu-stin waren eben die Gewohnheitssnder ausnahmslos 1,1 solche, welche zugleichpessima fama hatten. Bei einigem guten Willen htte brigens Poschmann beideuerungen im Zusammenhang meiner Ausfhrungen leicht zu vereinbaren ver-mocht.

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    Die Einteilung der Sndeu glSowohl der erweckte Gedankensnder als auch der erweckteeinfache Tatsnder kann sofort nach der suscitatiogehen", weil eben seine Snde nur singulr war und nochkeine Verstocktheit in die Snde gebracht hatte. Die Ge*wohnheitssnder hingegen bleiben trotz ihres neuen Willenszur Besserung noch weiter zum Sndigen geneigt, sie ver*mgen nicht einfach im neu erkannten Guten tapfer weiter*zuschreiten, und darum tut gerade bei ihnen noch eine weistere kirchliche Hilfe not, eine methodisch geleitete, lange undbeschwerliche, d. i. ffentliche Bue. Mit dem Vermerkambulare non possunt deutet Augustin auf die f f e n t *liehe Buverpflichtung hin, an die der Gewhn*heitssnder wegen der besonderen Verstricktheit seiner Seelein die Snde auch nach der gottgewirkten suscitatio nochgebunden bleibt. Die Buleistung selbst ist eine liga?tura, die wie ein Verbandmittel auf die Wunde gelegt wird(ber den Sprachgebrauch von ligatura, ligamenta vgl. AdamS. 46). Ihre definitive Entfernung durch die ministri schaffterst die Lsung von den vineula ipsius reatus. Die Folge ist,da der Erweckte nunmehr auch wirklich gehen" kann, d. h.seine vllige Wiederherstellung erlangt hat (solvatur et irepermittatur, serm. 98, 6).Aus dem Zusammenhang ergibt sich: es liegt nach Augu*stin gerade im Wesen der Gewohnheitssnde, da keinesofortige gnzliche Wiederherstellung wie bei den bri*gen Snden mglich ist, sondern da der Snder aus psycho?logischen Grnden noch eine lange und beschwer