AG im Arbeitsrecht (SPB 2) Betriebsverfassungsrecht 1. Termin.

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AG im Arbeitsrecht (SPB 2) Betriebsverfassungsrecht 1. Termin

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AG im Arbeitsrecht (SPB 2)

Betriebsverfassungsrecht1. Termin

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Literatur?

• Hromadka/Maschmann, Arbeitsrecht Band 2, 6. Auflage (Springer), 2014

• Edenfeld, BetrVR, 3. Auflage (C. F. Müller) 2010

• Fallbücher– Z. B. Stoffels– Boemke/Luke/Ulrich– Heckelmann

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§ 1: GRUNDLAGEN

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Grundlagen

• Kollektive Mitbestimmung– Recht der Mitbestimmung der Arbeitnehmer im

Bereich von Wirtschaft und Arbeit– Betriebsräte, Personalvertretungen, Aufsichtsräte

mit Arbeitnehmervertretern als Repräsentativorgane für die Mitarbeiter

• Fokus hier auf: BetrVG

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Betriebliche Mitbestimmung

Vorteile• Entscheidungen durch

Arbgeber überlegter, Einschränkung Alleinentscheidungsbefugnis

• Motivation durch Mitwirkung• Demokratisierung des

Arbeitslebens• Stärkung des sozialen

Friedens

Nachteile• Planungsabläufe werden

durch Entscheidungszeit verzögert

• Kosten • Persönliche Differenzen

wirken sich auf Zusammenarbeit aus „Machtkampf“

• Interessen d. Kollektivs sind mit Interessen d. einzelnen ANers nicht immer konform

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BetrVG

Organisation, Mitbestimmung, Sonstiges,§§ 1-73 §§ 74-113 §§ 114-132

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§ 2 GRUNDBEGRIFFE

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Grundbegriffe

• Betrieb– § 1 BetrVG: keine Def., wird vorausgesetzt– „organisatorische Einheit, innerhalb derer der

Arbeitgeber allein oder zusammen mit seinen Arbeitnehmern mithilfe sächlicher u. immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt“

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Grundbegriffe

• Gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen– Einheitlicher Leitungsapparat in personellen und

sozialen Angelegenheiten– Ausdrückliche/konkludente Vereinbarung

• Vermutung bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 1 Abs. 2 BetrVG

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Beispiel (nach Edenfeld, Betriebsverfassungsrecht, 3. Aufl. 2010, S. 23)

• Bsp.:– 2 GmbHs produzieren in demselben Gewerbegebiet,

Grundstücke nebeneinander– Produkte verschieden, Gesellschafter beider

Unternehmen identisch– Lohnabrechnungen, Buchhaltung und EDV aus

Kostengründen gemeinsam erledigt• 1. Wie viele Betriebsräte sind zu wählen?

(BAG, Urteil vom 17.1.1978 – 1 ABR 71/76 – BAGE 30, 12-23)

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Grundbegriffe

• Betriebsteil: § 4 BetrVG– In gewisser Weise selbstständig, aber kein eigener

Leitungsapparat– Grds. ein BR für Betrieb und seine Teile→§ 4 Abs.

2 BetrVG, Betriebsteil wird Hauptbetrieb zugeordnet

– Betriebsteil kann als selbstständiger Betrieb gelten: § 4 Abs. 1 BetrVG

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Beispiel (nach Edenfeld, Betriebsverfassungsrecht, 3. Aufl. 2010, S. 24)

• Unternehmer betreibt mehrere Sinfonieorchester und Chöre

• Einzelnes Sinfonieorchester kann gem. § 4 Abs. 1 BetrVG als Betrieb gelten, wenn es eigenständigen künstlerischen Aufgabenbereich hat und die wesentlichen mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten des Arbeitgebers nur von dem nur für das Orchester zuständigen Orchestervorstand und -direktor wahrgenommen werden

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Welche Möglichkeiten der kollektivrechtlichen Repräsentanz bestehen, wenn ein Betriebsteil gem. § 4 Abs. 1 BetrVG als

Betrieb gilt?

• 1.: Betriebsteil kann eigenen BR wählen• 2.: Betriebsteil wählt keinen BR, bleibt dann

betriebsratslos• →in beiden Fällen bleibt Fiktion eines

selbstständigen Betriebs bestehen• 3.: Teilnahme an der Wahl des BR im

Hauptbetrieb, § 4 Abs. 1 S. 2-4 BetrVG, Rechtsfolge? Dazu:

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Fall 1 (nach BAG, Beschluss vom 17.9.2013 – 1 ABR 21/12 – NZA 2014, 96-99)

• Die Arbeitgeberin bietet bundesweit Finanzdienstleistungen an. Neben ihrem Sitz in München unterhält sie Geschäftsstellen an verschiedenen Standorten im Inland.

• An der Wahl des BR für den Betrieb in München nahmen auch die 16 ANer der bis dahin betriebsratslosen Geschäftsstelle Mannheim teil. Diese hatten zuvor beschlossen, sich an der für den Betrieb in München durchgeführten Wahl zu beteiligen.

• Die GS Mannheim wurde im Laufe des Jahres 2010 geschlossen.• Der BR ist der Ansicht, die GS Mannheim und der Betrieb München

seien mitbestimmungsrechtlich selbstständige Betriebe, sodass die Schließung der GS Mannheim eine sozialplanpflichtige Betriebsänderung ( § 111 BetrVG) darstelle. Zu Recht?

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Lösung Teil I:

• § 111 S. 1, S. 3 Nr. 1 BetrVG: Stilllegung eines ganzen Betriebs?

• Ist GS Mannheim ein Betrieb?• GS=Betriebsteil• Fiktion gem. § 4 Abs. 1 S. 1 BetrVG– Voraussetzungen § 1 Abs. 1 BetrVG (+), 16 ANer– Räumliche Entfernung (+)– Durch Aufgabenbereich und Organisation

eigenständig (+)

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Lösung Teil 2:

• Anderes Ergebnis dadurch, dass ANer aus Mannheim an BRwahl des Betriebs in München teilgenommen haben?– § 4 Abs. 1 S. 2-4 BetrVG: ANer eines Betriebsteils können

beschließen, an der Wahl für den BR des Hauptbetriebs teilzunehmen

– Hier (+)• Rechtsfolge?– Zuordnung zum Hauptbetrieb oder:– Eigenständigkeit durch Fiktion des § 4 Abs. 1 S. 1 BetrVG

bleibt erhalten

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Lösung Teil 3:

• Im Gesetz keine Regelung• BAG: „Die…Fiktion als Betrieb…ist durch den

Beschluss der Belegschaft der GS Mannheim über die Teilnahme an der BRwahl für den Betrieb in München beendet worden. Ab dem Zeitpunkt der Einleitung des gemeinsamen Wahlverfahrens war die GS Mannheim betriebsverfassungsrechtlich dem Hauptbetrieb in München zugeordnet.“

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Lösung Teil 4:

• Gründe:– BR in München kann nicht für 2 Betriebe (München +

Mannheim) zuständig sein, solch eine Doppelrepräsentanz sieht BetrVG grundsätzlich nicht vor

– Ausnahme nur in § 21 a BetrVG– Entstehungsgeschichte: Abstimmungsergebnis als

„Zuordnungsbeschluss“ bezeichnet, „Die getroffene Zuordnung zum Hauptbetrieb gilt so lange, bis sie von den ANern widerrufen wird“ (BT Drucks. 14/5741 S. 35)

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Lösung Teil 4:

• ZWE: keine Stilllegung eines Betriebs• Stilllegung eines wesentlichen Betriebsteils?• BAG: dazu nichts vorgetragen• Ergebnis: Betriebsänderung i.S.d. § 111

BetrVG (-), die Ansicht des BR ist nicht zutreffend

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Grundbegriffe

• Unternehmen– Rechtlich-wirtschaftliche Einheit, mit der

Unternehmer wirtschaftliche oder ideelle Zwecke verfolgt (Hromadka/Maschmann, § 16 Rn. 63)

– Hat ein Unternehmen mehrere Betriebe mit BRen, so ist ein GesamtBR zu bilden, § 47 BetrVG: durch Entsendung, keine Wahl

– Zuständigkeit, § 50 BetrVG: Angelegenheiten, die GesamtU oder mehrere Betriebe betreffen u. nicht durch einzelne BRe geregelt werden können

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Beispiel zum Gesamtbetriebsrat (nach BAG, Beschluss vom 17.1.2012-1 ABR 45/10)

• Arbeitgeberin ist Fluggesellschaft• Gesamtes Bodenpersonal soll neue,

einheitliche Dienstkleidung erhalten• MBR aus § 87 I Nr. 1 BetrVG• Wer ist zuständig, GesamtBR oder einzelne

BRe?

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Lösung

• § 50 I 1 BetrVG• BAG: „ Der Gesamtbetriebsrat ist für die Regelung einer

einheitlichen Dienstkleidung im Unternehmen der Arbeitgeberin gem. § 50 Absatz I 1 BetrVG zuständig.

• Das folgt aus dem Zweck der Bekleidungsvorschrift. Diese soll dazu dienen, das Bodenpersonal der Arbeitgeberin auf den von ihr angeflogenen Flughäfen in Deutschland gegenüber den Fluggästen besonders kenntlich zu machen und es von dem Personal anderer Fluggesellschaften zu unterscheiden.

• Dieses Ziel kann nur durch eine unternehmenseinheitliche Regelung erreicht werden.“

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Grundbegriffe

• Konzern– Zusammenfassung von mind. 2 rechtlich

selbstständigen Unternehmen unter einheitlicher Leitung (§18 I AktG, Hromadka/Maschmann, § 16 Rn. 64 f.), gemeint ist Unterordnungskonzern

– § 54 I 1 BetrVG: es kann ein KonzernBR gebildet werden

– Zuständigkeit, § 58 I 1 BetrVG