AKTUELLE PROBLEME DES PRIVATRECHTS MASTERMODUL ZIVILRECHT

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AKTUELLE PROBLEME DES PRIVATRECHTS MASTERMODUL ZIVILRECHT Dr. Martin Otto Rechtswissenschaftliche Fakultät FernUniversität in Hagen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Privatrechtsgeschichte sowie Handels- und Gesellschaftsrecht Prof. Dr. Andreas Bergmann

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AKTUELLE PROBLEME DES PRIVATRECHTSMASTERMODUL ZIVILRECHT

Dr. Martin OttoRechtswissenschaftliche Fakultät

FernUniversität in HagenLehrstuhl für Bürgerliches Recht, Privatrechtsgeschichte sowie Handels-

und GesellschaftsrechtProf. Dr. Andreas Bergmann

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BundesgerichtshofEntscheidung vom 21. Dezember 2011

• VIII ZR 70/08

• „Fliesenfall“

• Fundstellen: unter anderem NJW 2012, 1073-1080; JZ 2012, 468-473.

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„Richtlinienkonforme Auslegung“

EuGH:• Erstmals wird ausdrücklich

1984 eine Rechtspflicht zur „richtlinienkonformen Auslegung“ in einem Urteil erwähnt (von Colson, Kamann ./. Nordrhein-Westfalen“).

• Anerkannt ist dieser gemeinschaftsrechtliche Grundsatz schon viel länger

BGH:• Erstmals ausdrücklich so

bezeichnete „richtlinienkonforme Auslegung“ bereits 1974 (BGHZ 63, 261; Fall aus dem Gesellschaftsrecht)

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§ 439 BGB (Nacherfüllung)

• Käufer kann bei Leistung einer mangelhaften Kaufsache wahlweise Beseitigung des Mangels (Alternative 1) oder Lieferung einer neuen Sache (Alternative 2) verlangen (§ 439 Absatz 1 BGB)

• Verkäufer kann gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, soweit mit „unverhältnismäßigen Kosten“ verbunden (§ 439 Absatz 3 Satz 1 BGB)

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Ausgangsfall: Kaufvertrag über BodenfliesenKäufer ist Verbraucher

Bodenfliesen fachmännisch verlegt„Polierfehler“ (Schleifspuren) auf Bodenfliesen

beeinträchtigen optische Wahrnehmung

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Verfahrensgang

• LG Kassel (4 O 1248/06):• Verkäufer (Beklagter)

zur Zahlung von 273, 10 € aus Minderung verurteilt (Klage nur teilweise stattgegeben)

• Kläger (Käufer) legt Berufung bei OLG ein

• OLG Frankfurt am Main (15 U 5/07):

• Verkäufer zur Lieferung neuer Fliesen sowie Ausbaukosten in Höhe von 2122, 37 € verurteilt

• Verkäufer (Beklagter) legt Revision bei BGH ein

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Revision bei BGH

Vorlagebschluß an den EUGH• Umfaßt Ersatzlieferung auch

Ausbaukosten der mangelhaften Sache?

• Ist die Einrede des § 439 Absatz 3 BGB (absolute Unverhältnismäßigkeit) mit Gemeinschaftsrecht vereinbar?

Urteil des EuGH vom 16. Juni 2011• Kann vertragsmäßiger

Zustand nur durch Ersatzlieferung hergestellt werden, ist Verkäufer zu Vornahme Aus- und Einbau verpflichtet (oder Kostentragung)

• Wenn Ersatzlieferung einzig mögliche Form der Abhilfe, darf sie nicht wegen Kosten verweigert werden

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URTEIL DES BGH VOM 21. DEZEMBER 2011

Revision des Beklagten bezüglich erstinstanzlichen Urteils (273, 10 €) verworfen.Im Übrigen Urteil des OLG Frankfurt am Main bezüglich Zahlung von mehr als 326, 90 € aufgehoben.

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Entscheidungsgründe

• § 439 Absatz 1 Alt 2 BGB ist richtlinienkonform auszulegen: „Lieferung einer mangelfreien Sache“ umfaßt auch Ausbau und Abtransport der mangelhaften Kaufsache

• § 439 Absatz 3 Satz 3 BGB (Einrede wegen absoluter Unverhältnismäßigkiet) ist mit Verbrauchsgüterkaufrichtlinie unvereinbar: Verkäufer kann Käufer lediglich auf „Kostenerstattung in angemessener Höhe“ veweisen

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Teleologische Reduktion(teleologisch: zielgerichtet)

Aufgrund einer „planwidrigen Lücke“ wird eine Rechtsnorm enger als nach

dem Wortlaut ausgelegt

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Kritik

• Keine Entscheidung zu Einbaukosten (nicht Gegenstand der Revision)

• Verbauchsgüterkaufrichtlinie nicht auf Verbraucher (§ 13 BGB) beschränkt

• Folgen für Verbraucher: steigende Preise wegen Kalkulation der Ausbaukosten