AKVorrat: Von der Vorratsdatenspeicherung zum Polizeilichen Staatsschutzgesetz

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„Geheimdienste kontrolliert man am besten, indem man ihre Gründung verhindert“ Im Rahmen der Lehrveranstaltung von Anton Tantner "Die Anfänge der Kontrollgesellschaft: Aufschreibesysteme und Orte der Macht in der Geschichte der Neuzeit“ Uni Wien, am 19. Jänner 2016 Elena Koptschalijski Werner Reiter (@werquer)

Transcript of AKVorrat: Von der Vorratsdatenspeicherung zum Polizeilichen Staatsschutzgesetz

„Geheimdienste kontrolliert man am besten, indem man ihre Gründung verhindert“

Im Rahmen der Lehrveranstaltung von Anton Tantner

"Die Anfänge der Kontrollgesellschaft: Aufschreibesysteme und Orte der Macht in der Geschichte der Neuzeit“

Uni Wien, am 19. Jänner 2016

Elena Koptschalijski Werner Reiter (@werquer)

- Geschichte Teil 1 -

EU-Richtlinie zurVorratsdatenspeicherung

Terror-Anschläge in New York 11. Sept. 2001

Europäische Menschenrechtskonvention

Art. 8 EMRK: Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz

Wenn eine Behörde in dieses Recht ergreifen will: • müssen die zu treffenden Maßnahmen gesetzlich vorgesehen sein, • in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein und • der in der Konvention aufgeführten legitimen Ziele dienen.

Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (2006/24/EG) tritt am 15. März 2006 in Kraft

• Schnellstes Gesetzgebungsverfahren der EU-Geschichte • Auswirkungen auf die Bürgerrechte mit keiner anderen

Richtlinie vergleichbar. • Rein politische Beweggründe

Was Vorratsdaten über uns verraten – Reise durch Malte Spitz’ Leben

http://www.zeit.de/datenschutz/malte-spitz-vorratsdaten http://www.zeit.de/datenschutz/malte-spitz-vorratsdaten

About

https://www.youtube.com/watch?v=oJXuy9rMTds

2009 #unibrennt Audimax

- Geschichte Teil 2 -

Österreichische Umsetzungder EU-Richtlinie

CHRISTOF TSCHOHL: „Ceterum censeo data-retentionem esse delendam“

(Abwandlung von „Ceterum censeo Carthaginem esse delendam“ von Cato Censorius / röm. Staatsmann, auch Cato der Ältere genannt)

Seit 1. April 2012 sind Anbieter von Telekomdiensten in Österreich gesetzlich verpflichtet, die Kommunikationsdaten aller BürgerInnen mindestens sechs Monate lang "auf Vorrat" zu speichern: Wer, wann, wo, mit wem, wie lange per Telefonat, SMS und E-Mail kommuniziert. Die EU-Richtlinie der verdachtsunabhängigen Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten unter dem vorgeblichen Zweck "Bekämpfung von Terrorismus und schweren Straftaten" stellt alle BürgerInnen unter Generalverdacht und bedroht ihre Privatsphäre fundamental.

1. April 2012 : die österreichische Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung

(2006/24/EG) tritt in Kraft

Nach 1 Jahr VDS in Österreich: kein einziger Fall von Terrorismus oder organisierter Kriminalität

Es gab 326 Anfragen – davon 71 Fälle bei denen Vorrats- daten einen Beitrag zur Aufklärung geleistet haben.

16 Diebstahl 12 Suchtmittel 12 Stalking 07 Betrug 07 Raub

https://www.youtube.com/watch?v=jBLohy22bag

8 April 2014: EuGH erklärt die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig

Historisches Urteil: erstmals wurde in Europa eine Richtlinie

komplett aufgehoben

Sensationeller Sieg für die Bürgerrechte

„Verfassungsklage“ 11.141 Mitkläger*innen

Österreichische Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung

- Erster Akt -

Was wir für 2015 vorhatten

Überwachungsgesamtrechnung Ineinandergreifen der Überwachungsmaßnahmen – Summe aller Eingriffe

1. Auflistung aller Überwachungsgesetze in Österreich, kombiniert mit relevanter Judikatur

2. Erhebung der durch Sicherheitsbehörden tatsächlich eingesetzten Technologien sowie einer grobenTechnikfolgenabschätzung

–> Kriterien zur Evaluierung von Überwachungsgesetzen

• Militärbefugnisgesetz (MBG) • Wirtschaftstreuhändergesetz (WTG) • Bankwesengesetz (BWG) • Strafprozessordnung (StPO) • Sicherheitspolizeigesetz (SPG) • Telekommunikationsgesetz (TKG) • Strafgesetzbuch (StGB) • Finanzstrafgesetz (FinStrG) • E-Commerce Gesetz (ECG) • Internationale Abkommen

Gesetze

• IMSI Catcher • Funkzellenabfrage • stille SMS • Automatisierte

Nummerntafelerkennung • Digitale Automatisierte

Nachrichtenanalyse DIANA

• DIANGO

Überwachungsmaßnahmen• Exploit • iObserve & iObserve NG • Keylogger Software • Keylogger Hardware • Lawful-Intercept • OSINT • Peilsender (GPS Tracker) • Passanger Name Record (PNR) • u.v.m

- Zweiter Akt -

Charlie Hebdo

Vorratsdatenspeicherung!

- Dritter Akt -

Staatsschutzgesetz

• Österreich bekommt einen unkontrollierbaren Inlandsgeheimdienst

• Überwachung ohne richterliche Kontrolle

• Mangelhafte Definition eines "verfassungsgefährdenden Angriffs"

• Uneingeschränkte Internetüberwachung

• Einführung eines bezahlten Spitzelwesens

• Gesetz wurde ohne vorhergehende Evaluation bestehender Überwachungsinstrumente verfasst

Kriti

k

Gefährderdatenbank

‣ AKVorrat

‣ Richtervereinigung

‣ Gewerkschaften

‣ Bischofskonferenz

‣ Volksanwaltschaft

‣ Rechnungshof

‣ Internet-Provider

‣ Datenschutzrat

‣ Wirtschaftskammer

‣ Arbeiterkammer

‣ Anwaltskammer

‣ Ärztekammer

‣ Netzwerk kritische Rechtswissenschaften

‣ Rechtsanwalt Ortner

‣ Datenschutzexperte Eike Wolf

‣ Evangelische Kirche

‣ Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes

‣ Amnesty InternationalDie

List

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hhttps://www.youtube.com/watch?v=JOeD4dOw4mM

- Vierter Akt -

Kampagne

www.staatsschutz.at act.staatsschutz.at

- Fünfter Akt -

Sommerferien

- Sechster Akt -

Lippenbekenntnisse

- Siebenter Akt -

Paris Attacks

- Achter Akt -

Taschenspielertricks

weltanschaulich

ideologisch

„Senat mit richterlichem Einschlag“ (Rechtsschutzbeauftragter mit zwei

Stellvertreter*innen)

Heute  

Epilog

Die rote Linie

Kontroll- und Transparentmechanismen: Richtervorbehalt, parlamentarische Kontrolle,…

Gefährderdatenbank: Kürzere Gesamtspeichersdauer, Einschränkung Speicherzweck, nur für konkrete Gefährdungen (nicht für „wahrscheinliche“)

Gruppierungen: Beschränkung auf notwendigsten Rahmen (Verdächtige)

Verfassungsgefährdender Angriff: eng eingeschränkter Deliktekatalog, klare Legaldefinition

V-Leute: Streichung oder zumindest deutlich höhere Hürden in der Strafprozessordnung

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)

„Fall Tretter u.a. gegen Österreich“ Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)

„Geheimdienste kontrolliert man am besten, indem man ihre Gründung verhindert“

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