Angstvermeidungsverhalten

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Auswirkungen von Angstvermeidungsverhalten bei Rɒckenschmerzpatienten 1 Effects of Fear-Avoidance Behaviour in Back Pain Patients Autor C. Keller-Eberle Schlɒsselwçrter l " Rɒckenschmerzen l " Behinderung l " Angstvermeidungsverhalten l " psychosoziale Faktoren Key words l " back pain l " disability l " fear avoidance behaviour l " psychosocial factors eingereicht 24.7.2007 akzeptiert 18.9.2007 Bibliografie DOI 10.1055/s-2008-1027564 Manuelle Therapie 2008; 12: 103 – 112 # Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 1433-2671 Korrespondenzadresse Catherine Keller-Eberle Schachenstr. 3 6006 Luzern, Schweiz [email protected] Einleitung ! In der westlichen Gesellschaft leiden die meis- ten Menschen einmal im Leben an einer Episode lumbaler Beschwerden [37]. Der grçßte Teil der Patienten erholt sich nach einer akuten Rɒcken- schmerzepisode wieder vollstȨndig, wȨhrend manche Patienten lȨnger anhaltende Schmerzen mit der Tendenz zu ChronizitȨt aufweisen. Da- bei stellt sich die Frage, welche Mechanismen dazu fɒhren, dass sich ein Teil der Patienten vollstȨndig erholt, wȨhrend andere fortwȨhren- de Schmerzen und EinschrȨnkungen bei tȨgli- chen Aufgaben erfahren. So kamen Cedraschi und Allaz [5] zu dem Schluss, dass psychosoziale Risikofaktoren die Wahr- scheinlichkeit erhçhen, dass akute Schmerzpa- tienten chronisch werden bzw. eine chronische Behinderung aufgrund von Schmerzen entwi- ckeln. Das Interesse der Autorin fɒr dieses Thema ent- wickelte sich wȨhrend der tȨglichen Arbeit. Viele Patienten leiden an lumbalen Schmerzen. Wie er- wȨhnt, erholt sich ein Teil wieder vollstȨndig. Bei denjenigen, die auch nach abgeschlossener Phy- siotherapie weiterhin Schmerzen haben, stellt sich die Frage nach den auslçsenden Mechanis- men. HȨufig haben sich Patienten mit anhalten- den Schmerzen ein Angstvermeidungsverhalten angewçhnt, das sich im Vermeiden gewisser Be- wegungen und AktivitȨten Ȩußert. Diese Beob- achtung gab den Ausschlag, mehr ɒber dieses Thema zu erfahren. Ein Ziel dieser Literaturstudie besteht darin, ei- nen Ƞberblick ɒber die Auswirkung von Angst auf Schmerz und das Bewegungsverhalten zu gewinnen. Außerdem wird untersucht, wie das Angstvermeidungsverhalten Patienten mit einer Episode akuter lumbaler Beschwerden sowie chronischen Schmerzpatienten beein- flusst. Abschließend wird ergrɒndet, warum bei bestimmten Patienten nach Ablauf der Wundheilungszeit immer noch Schmerzen und AktivitȨtseinschrȨnkungen mit der Ten- denz zu ChronizitȨt auftreten. Zusammenfassung ! Immer mehr Menschen leiden unter Rɒcken- schmerzen. WȨhrend viele Patienten nach einer Episode akuter Rɒckenschmerzen wieder voll- stȨndig genesen, halten bei anderen die lumba- len Schmerzen dauerhaft an. HȨufig entwickeln sich dabei psychosoziale Risikofaktoren, wie z. B. Angstvermeidungsverhalten. Die Literaturstudie geht den Fragen nach, wa- rum gewisse Patienten nach Ablauf der Wund- heilungszeit immer noch Schmerzen und Akti- vitȨtseinschrȨnkungen aufweisen und wie das Angstvermeidungsverhalten Patienten mit lum- balen Beschwerden beeinflusst. Abstract ! A growing number of people suffer from lower back pain. While many patients recover com- pletely after an episode of acute back pain, in others lumbar pain persists permanently. In this process psychosocial risk factors such as fear- avoidance behaviour often develop. This literature review explores the questions why certain patients still have pain and activity restrictions after wound healing and how fear avoidance behaviour influences patients with lumbar complaints. 1 Die Arbeit wurde als Bestandteil der SVOMP-OMT-Aus- bildung 2004 – 2006 verfasst. Keller-Eberle C. Auswirkungen von Angstvermeidungsverhalten… Manuelle Therapie 2008; 12: 103– 112 Literaturstudie 103 Heruntergeladen von: FH Campus Wien. Urheberrechtlich geschützt.

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Page 1: Angstvermeidungsverhalten

Auswirkungen von Angstvermeidungsverhaltenbei R�ckenschmerzpatienten1

Effects of Fear-Avoidance Behaviour in Back Pain Patients

Autor C. Keller-Eberle

Schl�sselwçrterl" R�ckenschmerzenl" Behinderungl" Angstvermeidungsverhaltenl" psychosoziale Faktoren

Key wordsl" back painl" disabilityl" fear avoidance behaviourl" psychosocial factors

eingereicht 24.7.2007akzeptiert 18.9.2007

BibliografieDOI 10.1055/s-2008-1027564Manuelle Therapie 2008; 12:103 – 112 � Georg ThiemeVerlag KG Stuttgart · New York ·ISSN 1433-2671

KorrespondenzadresseCatherine Keller-EberleSchachenstr. 36006 Luzern, [email protected]

Einleitung!

In der westlichen Gesellschaft leiden die meis-ten Menschen einmal im Leben an einer Episodelumbaler Beschwerden [37]. Der grçßte Teil derPatienten erholt sich nach einer akuten R�cken-schmerzepisode wieder vollst�ndig, w�hrendmanche Patienten l�nger anhaltende Schmerzenmit der Tendenz zu Chronizit�t aufweisen. Da-bei stellt sich die Frage, welche Mechanismendazu f�hren, dass sich ein Teil der Patientenvollst�ndig erholt, w�hrend andere fortw�hren-de Schmerzen und Einschr�nkungen bei t�gli-chen Aufgaben erfahren.So kamen Cedraschi und Allaz [5] zu dem Schluss,dass psychosoziale Risikofaktoren die Wahr-scheinlichkeit erhçhen, dass akute Schmerzpa-tienten chronisch werden bzw. eine chronischeBehinderung aufgrund von Schmerzen entwi-ckeln.Das Interesse der Autorin f�r dieses Thema ent-wickelte sich w�hrend der t�glichen Arbeit. Viele

Patienten leiden an lumbalen Schmerzen. Wie er-w�hnt, erholt sich ein Teil wieder vollst�ndig. Beidenjenigen, die auch nach abgeschlossener Phy-siotherapie weiterhin Schmerzen haben, stelltsich die Frage nach den auslçsenden Mechanis-men. H�ufig haben sich Patienten mit anhalten-den Schmerzen ein Angstvermeidungsverhaltenangewçhnt, das sich im Vermeiden gewisser Be-wegungen und Aktivit�ten �ußert. Diese Beob-achtung gab den Ausschlag, mehr �ber diesesThema zu erfahren.Ein Ziel dieser Literaturstudie besteht darin, ei-nen �berblick �ber die Auswirkung von Angstauf Schmerz und das Bewegungsverhalten zugewinnen. Außerdem wird untersucht, wiedas Angstvermeidungsverhalten Patienten miteiner Episode akuter lumbaler Beschwerdensowie chronischen Schmerzpatienten beein-flusst. Abschließend wird ergr�ndet, warumbei bestimmten Patienten nach Ablauf derWundheilungszeit immer noch Schmerzenund Aktivit�tseinschr�nkungen mit der Ten-denz zu Chronizit�t auftreten.

Zusammenfassung!

Immer mehr Menschen leiden unter R�cken-schmerzen. W�hrend viele Patienten nach einerEpisode akuter R�ckenschmerzen wieder voll-st�ndig genesen, halten bei anderen die lumba-len Schmerzen dauerhaft an. H�ufig entwickelnsich dabei psychosoziale Risikofaktoren, wiez.B. Angstvermeidungsverhalten.Die Literaturstudie geht den Fragen nach, wa-rum gewisse Patienten nach Ablauf der Wund-heilungszeit immer noch Schmerzen und Akti-vit�tseinschr�nkungen aufweisen und wie dasAngstvermeidungsverhalten Patienten mit lum-balen Beschwerden beeinflusst.

Abstract!

A growing number of people suffer from lowerback pain. While many patients recover com-pletely after an episode of acute back pain, inothers lumbar pain persists permanently. In thisprocess psychosocial risk factors such as fear-avoidance behaviour often develop.This literature review explores the questionswhy certain patients still have pain and activityrestrictions after wound healing and how fearavoidance behaviour influences patients withlumbar complaints.

1 Die Arbeit wurde als Bestandteil der SVOMP-OMT-Aus-bildung 2004 – 2006 verfasst.

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BegriffsdefinitionenPsychosoziale RisikofaktorenFolgende psychosoziale Risikofaktoren (Yellow flags) spielen beieinem Chronifizierungsprozess eine wichtige Rolle [12, 37]:E Angstvermeidungsverhalten;E Beliefs/Katastrophisierung (z.B. Glaube, dass Schmerz sch�d-

lich oder behindernd sein kann oder Angst, der Patient kanndurch den Schmerz gewisse Bewegungen nicht mehr aus-�ben);

E Soziales Umfeld: �bervorsorgliches Verhalten oder Ignoranzvon Partner, Familie oder Bekannten gegen�ber der Schmerz-situation des Patienten;

E Negative Gef�hlsempfindungen wie Depression, Niederge-schlagenheit, Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit;

E Arbeitssituation: Unzufriedenheit bei der Arbeit, Angst vorArbeitsverlust;

E Falsche Erwartungen in Bezug auf Prognose und Behandlung;E Passive Coping-Strategien.Im Folgenden wird ausschließlich auf den Risikofaktor Angst-vermeidungsverhalten eingegangen. Mehrere Studien haben ge-zeigt, dass beim Auftreten einer neuen Episode lumbaler Be-schwerden h�ufig Angstvermeidungsverhalten vorliegt [8, 13,16, 29, 31, 36]. Zudem konnte nachgewiesen werden, dass beider Entstehung von R�ckenschmerzen ein Zusammenhang zwi-schen Angst vor Schmerz und dem daraus folgenden Vermei-dungsverhalten besteht [3, 31, 35].

Schmerz und BehinderungE Schmerz: „Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Ge-

f�hlserlebnis, das mit aktueller oder potenzieller Gewebs-sch�digung verkn�pft ist oder mit Begriffen einer solchenSch�digung beschrieben wird“ [4].

E Behinderung wird als Bewegungsdysfunktion definiert [37].Die von der WHO entwickelte Klassifizierung InternationalClassification of Functioning, Disability and Health (ICF) diffe-renziert Funktions- und Aktivit�tsstçrung sowie Partizipati-onseinschr�nkung [38].

Obwohl die beiden Begriffe in der Praxis h�ufig als gleichbe-deutend verwendet werden, ist es wichtig, sie voneinander zuunterscheiden [10, 11, 36, 37]. Beispiel: Ein Patient kann zwarSchmerzen haben, sich aber in seinen Aktivit�ten nicht einge-schr�nkt f�hlen. Die klinische Erfahrung zeigt n�mlich, dassR�ckenschmerzen nicht immer auch zu einer Einschr�nkung

der Aktivit�ten und somit zu einer Behinderung f�hren m�s-sen [37]. Die Patienten jedoch, welche aufgrund ihrer Schmer-zen ein Angstvermeidungsverhalten entwickeln, sind deutlichin ihren Aktivit�ten eingeschr�nkt und somit behindert.

Akut versus chronischAufgrund der unterschiedlichen Behandlungsans�tze m�ssenakute von chronischen Schmerzen differenziert werden. Bei aku-tem Schmerz kommt es im Verlauf des Heilungsprozesses zu ei-ner kontinuierlichen Verbesserung der Symptome (adaptive Re-aktion [21]). Dauert der Schmerz jedoch l�nger als die normaleWundheilungszeit an, handelt es sich um chronischen Schmerz[35, 36]. Das Auftreten psychosozialer Risikofaktoren kann zu ei-ner Beeintr�chtigung von Bewegungen und Aktivit�ten f�hren,was den Chronifizierungsprozess fçrdert (maladaptive Reakti-on). l" Abb. 1 zeigt einen Vergleich zwischen akutem und chro-nischem Schmerzverhalten.

Methode!

LiteratursucheDie Literatursuche erfolgte vorwiegend in den DatenbankenPubmed und PEDro. Die außerdem in Psyc Articles gefundeneLiteratur wurde f�r diese Studie nicht weiterverwendet, da siezu wenig Bezug zur Physiotherapie hatte.Aufgrund der Komplexit�t des Themas fand die Literatursuchein mehreren Schritten statt: Suchwçrterabfrage, Definition vonAusschlusskriterien, Bildung thematischer Gruppen und Refe-renzsuche.

SuchwçrterabfrageIm 1. Schritt wurden folgende Suchwortkombinationen verwen-det:E Fear avoidance AND low back pain;E Fear avoidance AND chronic disability;E Fear avoidance AND intervention.Eine zeitliche Limitierung nach dem Alter der Artikel erfolgtenicht, da es zun�chst darum ging, eine mçglichst breite Palet-te an Informationen zu erhalten und sich nicht nur auf k�rz-lich publizierte Artikel einzuschr�nken.Anhand der Suchwçrter fanden sich 212 Artikel.

akuter Schmerz

GewebeschädigungNozizeption

Nozizeption

sensorisch

sensorisch

kognitiv

affektiv

akutesKrankheitsverhalten

chronischerSchmerz(Gewebeschädigung)

körperlicheBehinderung

chronischesKrankheitsverhalten

kognitiv

affektiv

Abb. 1 Vergleich der biopsychosozialen Elementevon akuten und chronischen R�ckenschmerzen so-wie Krankheitsverhalten.

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AusschlusskriterienBei der im 2. Schritt durchgef�hrten Selektion entfielen folgen-de Artikel:E In einer anderen Sprache als Englisch verfasste Arbeiten;E Studien, die sich nicht ausschliesslich mit lumbalen R�cken-

schmerzpatienten befassten;E Artikel, die eine zus�tzliche Krankheit (z. B. Fibromyalgie,

Bandscheibendegeneration, Lungenerkrankung) oder einerR�ckenoperation behandelten.

Da mit den dokumentierten Suchwortabfragen einige Artikeldoppelt erschienen, reduzierte sich die Anzahl der verbleiben-den Artikel auf 52.

Bildung thematischer GruppenF�r eine gezieltere Analyse der gefundenen Artikel wurden im3. Schritt die 52 Artikel in folgende 3 Untergruppen aufgeteilt:E Wie wirkt sich das Angstvermeidungsverhalten bei Patienten

mit chronischen R�ckenschmerzen auf das Schmerzempfin-den und die Behinderung aus? (9 Artikel)

E Welche Auswirkung hat Angstvermeidungsverhalten beiPatienten mit einer Episode akuter lumbaler Beschwerden?(6 Artikel)

E Arbeiten mit mehr globalen Fragestellungen, wie z.B. Thera-pieans�tze, Einfluss auf die Arbeit (37 Artikel).

F�r die weitere Analyse wurden ausschließlich die 15 Artikel derersten beiden Gruppen verwendet, weil sie einen direkteren Zu-sammenhang mit dem Ziel dieser Literaturstudie aufweisen.

Erg�nzende ReferenzensucheIn einem 4. und letzten Schritt wurde die Literaturliste um die inden nach Schritt 2 gefundenen Studien am h�ufigsten zitiertenArtikel erg�nzt. Damit kamen 9 weitere Artikel hinzu, die auchStudien zu Kopfschmerzpatienten [22, 23] und zum Zeitpunktder Studie schmerzlosen Probanden ber�cksichtigten [16]. Diesezus�tzlichen Artikel sollten zu einem tieferen Verst�ndnis die-ses komplexen Themas verhelfen.

Verwendete ArtikelZusammen mit den 15 Artikeln aus der thematischen Gruppen-bildung und den 9 Studien der erg�nzenden Referenzensucheverwendete diese Literaturstudie insgesamt 24 Arbeiten, vondenen 6 rein beschreibender Natur waren. Die anderen 18 Arti-kel wurden den unter Ergebnissen genannten Punkten gem�ßmiteinander verglichen.

Ergebnisse!

Entwicklung von akuten zu chronischen Schmerzenbzw. BehinderungUm die Entwicklung von akuten zu chronischen Schmerzen zuerkl�ren, wurden verschiedene Modelle entwickelt, wie z. B. dasFear-Avoidance Model von Lethem et al. ([15]; l" Abb. 2) oder dasCognitive Model of Fear of Movement/(Re) Injury von Vlaeyen etal. ([32]; l" Abb. 3).Der Kernpunkt der beiden Modelle ist die Angst vor Schmerz, diesich entweder in Konfrontations- oder Vermeidungsverhaltenzeigt. Konfrontation f�hrt zu einer Angstverminderung (adapti-ves Verhalten), Vermeidung hingegen zur Zunahme der Angstbzw. dem Vermeiden kçrperlicher und sozialer Aktivit�ten [22,23] und somit maladaptivem Verhalten. Im Modell von Vlaeyenet al. [32] geht es zus�tzlich um den Zusammenhang zwischen

Angst vor Bewegung und einer (Wieder) Verletzung sowie demVerhalten des Patienten.Beim �bergang von akutem zu chronischem R�ckenschmerzscheint der Einfluss psychosozialer Faktoren sehr wichtig zusein [13, 32, 33]. Verschiedene Autoren unterst�tzen die The-orie, das Angstvermeidungsverhalten sei der wichtigste kogni-tive f�r die Entwicklung vom akuten Problem zur chronischenBehinderung verantwortliche Risikofaktor [6, 8, 22].Die Studie von Klenerman et al. [13] zeigte, dass sich Patientenmit einer erstmaligen Episode akuter R�ckenschmerzen entwe-der innerhalb von hçchstens 2 Monaten erholen oder andern-falls zur Chronizit�t tendieren. Daraus l�sst sich schließen, dassin Bezug auf die Entstehung chronischer Schmerzen die ersten2 Monate am kritischsten sind.Auch laut Sieben et al. [25] erholen sich die meisten Patientennach einer akuten R�ckenschmerzepisode innerhalb von eini-gen Wochen und die anderen weisen ein erhçhtes Risiko auf,chronisch zu werden.

Angst vorSchmerz

Ereignisse

Persönlichkeit

psychosozialerKontext

persönlicheSchmerzgeschichte

Strategien desSchmerz-Copings

Konfrontation

starkes Verlangen.wieder an den Arbeitsplatzund zu anderenAktivitätenzurückzukehren

Mobilisierung,Übungen undKonfrontationmit persönlicherSchmerzgrenze

zunehmendeKonfrontation mitSchmerzerfahrung:Kalibrierung derSchmerzerfahrunggegen dasSchmerzempfinden

wirksameRehabilitation

Vermeidung

zunehmende Angstvor Schmerz undVermeiden körperlicher undsozialer Aktivitäten

körperlicheAuswirkungen:z.B. Verlust derWirbelsäulenmobilitätund der Muskelkraft,Gewichtszunahme

psychologischeAuswirkungen:mangelndes Aussetzender Schmerzerfahrung,fehlende adäquateKalibrierung, vermindertesVerhaltensrepertoire undzunehmende Empfindlichkeitgegenüber positiver undnegativer Verstärkungdes Invaliditätsstatus

übertriebenesSchmerzempfinden(Desynchrony)

Abb. 2 Fear-avoidance Model des �bertriebenen Schmerzempfindens.

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Therapeuten m�ssen sich der zentralen Rolle des Angstver-meidungsverhaltens bei der Entwicklung von chronischer Be-hinderung und Arbeitsverlust bewusst sein. Um Chronizit�t zuverhindern, muss das Angstvermeidungsverhalten im akutenStadium der R�ckenschmerzepisode erkannt und behandeltwerden (Waddell et al. 1993).

AngstPatienten mit einer akuten R�ckenschmerzepisode haben h�ufigAngst. Es verunsichert sie, nicht zu wissen, woher der Schmerzkommt, was ihn ausgelçst hat und was sie dagegen unterneh-men kçnnen [37]. Dabei kann es um Angst vor Schmerz, der Aus-f�hrung einer Bewegung, sozialem Verlust, Arbeitsplatzverlustoder Behinderung handeln.

Angst vor SchmerzVerschiedene Autoren beschrieben, dass Angst vor Schmerzund schmerzhaften Erlebnissen und Aktivit�ten behindernderist als der Schmerz selber [3, 6, 36]. Patienten entwickeln oftschon in einem fr�hen Stadium lumbaler Beschwerden Angstvor Schmerz, die ihren Gesundheitszustand bez�glich Behin-derung und Arbeitsf�higkeit bestimmt [31]. Sieben et al. [25]konnten in ihrer Studie best�tigen, dass innerhalb der ersten2 Wochen nach einer akuten Schmerzepisode eine verst�rkteAngst vor Schmerz festzustellen ist.Bei chronischen R�ckenschmerzpatienten ist die Angst vorSchmerz mit verst�rkter Behinderung [2, 6, 33] und vermin-derter kçrperlicher Leistungsf�higkeit verkn�pft [1, 6, 32].Vlaeyen und Linton [35] sowie Asmundson et al. [3] zeigtenzudem, dass bei chronischen R�ckenschmerzpatienten dieAngst vor Schmerz ein Vermeidungsverhalten auslçst, das dieEntwicklung und Beibehaltung behindernder R�ckenschmer-zen unterst�tzt. Linton et al. [16] fanden auch bei schmerz-freien Personen Anzeichen schmerzbedingter Angst.

Angst vor Bewegungsausf�hrungH�ufig f�hrt Schmerz auch zu Angst vor der Bewegungsausf�h-rung bzw. (Wieder) Verletzung [32]. Vlaeyen et al. [32] fandenheraus, dass Patienten mit einer akuten R�ckenschmerzepisodebestimmte Aktivit�ten nicht l�nger ausf�hren, weil diese Akti-vit�ten den Schmerz und das Leiden verst�rken. In ihrer Studieheben sie den starken Einfluss der Angst vor Bewegungsausf�h-rung bzw. (Wieder) Verletzung hervor. Sie testeten, wie groß

die Angst bei Patienten war, die ein Gewicht hochheben muss-ten und stuften diese als sehr stark ein [32].�hnliche Resultate beschrieben auch Crombez et al. [6]. Al-Obai-di et al. [1] kamen zur Ansicht, Patienten mit R�ckenschmerzenglaubten normalerweise, kçrperliche Aktivit�t oder die Verrich-tung ihrer Arbeit werde den Schmerz verst�rken.

Angst vor sozialem VerlustLaut Philips und Jahanshahi [22] ist sozialer R�ckzug die st�rks-te Auswirkung von Vermeidungsverhalten, gefolgt vom Vermei-den von Haushaltaktivit�ten, allt�glichen Bewegungen/Aktivi-t�ten und t�glichen �bungen. Philips [23] stellte fest, dass dasVermeiden von Arbeit, �bungen und Aktivit�ten im sozialenLeben aufgrund chronischer Schmerzen eine schlechte und in-ad�quate Coping-Strategie darstellt und somit den Chronifizie-rungsprozess weiter unterst�tzt.

Angst vor ArbeitsplatzverlustIm Zusammenhang mit lumbalen Beschwerden kommt auch dieAngst vor der momentanen Arbeitssituation zur Sprache. Fritz etal. [8] und Waddell et al. [36] beschrieben die Beziehung zwi-schen der Arbeitssituation und dem Angstvermeidungsverhal-ten in Bezug auf Arbeit. Waddell [37] fand, dass die Patienten,die nach 1 Monat immer noch nicht zu ihrer Arbeit zur�ckkehr-ten, ein 20%iges Risiko hatten, chronisch zu werden und ihre Ar-beit nicht wieder aufnehmen konnten.Gem�ß Sieben et al. [26] haben Patienten mit geringer Arbeits-zufriedenheit grçßere Angst vor Schmerz haben als diejenigen,die mit ihrer Arbeit zufrieden sind.

Einfluss von Angst auf Behinderung�bereinstimmend mit den Studien von Vlaeyen et al. [33, 35]zeigten Swinkels et al. [30], dass Angst eine wichtige Rolle beider initialen Entwicklung einer Behinderung spielt. Außerdembesteht ein Zusammenhang zwischen Angst und kçrperlicherLeistungsbeeintr�chtigung [1, 6, 32] und verst�rkter Behinde-rung ([2, 6, 9, 33, 36]; l" Abb. 4).Angst vor Schmerz ist sowohl bei akuten als auch chronischenR�ckenschmerzen der Auslçser f�r eine Behinderung [6, 13, 25,29, 33, 36]. Sowohl Swinkels et al. [31] als auch Sieben et al.[26] stellten einen starken Zusammenhang zwischen Schmerz-intensit�t und Behinderung fest. Somit ist es nicht verwunder-lich, dass ein Patient mit akuten R�ckenschmerzen zu Beginn

Verletzung

VermeidungUnfähigkeitNichtgebrauchDepression

Schmerzerfahrungen

Katastrophieren

Angst vorBewegung/erneuter Verletzung

Genesung

Konfrontation

Nichtkatastrophieren

Abb. 3 Kognitives Verhaltensmodell der Angstvor Bewegung/(Wieder-)Verletzung.

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einer Episode Angst vor Schmerzen hat und versucht, Aktivit�-ten zu vermeiden. Eine kontinuierliche Zunahme der allt�gli-chen und sozialen Aktivit�ten f�hrt zu einer Reduktion der Be-hinderung [29, 31].

Wirkung von Katastrophisierung auf dasAngstvermeidungsverhaltenIn dem von Vlaeyen et al. [32] entwickelten kognitiven Modellvon Angst und Bewegung spielen Angst vor Schmerz sowie Ka-tastrophisierung eine zentrale Rolle. Dies �ußert sich entwederin einem Konfrontations- oder Vermeidungsverhalten.Auch Crombez et al. [6] untersuchten die Parameter Schmerz-katastrophisierung und Angst vor Schmerz. Swinkels et al. [30]fanden zudem heraus, dass Angst vor Schmerz und Katastro-phisierung wichtige Faktoren f�r die Entstehung einer Behin-derung darstellen.

Allgemeine Auswirkungen von Angstvermeidungs-verhaltenVerschiedene Autoren [1 – 3, 5, 6, 8, 9, 12, 13, 15 – 18, 20, 25 –35]befassten sich mit der Frage nach den Auswirkungen von Angst-vermeidungsverhalten auf lumbale R�ckenschmerzen bzw. wieAngstvermeidungsverhalten entsteht [16].Angstvermeidungsverhalten spielt sowohl bei der Entstehungund Aufrechterhaltung lumbaler R�ckenschmerzen [8, 13, 16,36] als auch bei der Entwicklung einer chronischen Behinderungeine wichtige Rolle [32]. In der akuten Phase ist ein Vermeidungs-verhalten, das sich in Ruhe, Entspannung und unterst�tzendenMaßnahmen �ußert, f�r die Senkung der Schmerzempfindlich-keit sinnvoll [32]. Der Langzeiteffekt ist jedoch negativ und ver-st�rkt die Chronifizierung [22]. Wenn das Vermeidungsverhaltenbei chronischen Schmerzpatienten anh�lt, obwohl die Gewebe-heilung schon lange abgeschlossen ist, handelt es sich um einemaladaptive Reaktion [3, 23]. Diese Patienten verbringen einengroßen Teil ihrer Zeit damit, den Schmerz zu kontrollieren. Mitihrem Verhalten vermeiden sie jede Situation, die den Schmerzeventuell provozieren kçnnte. Dieses Vermeidungsverhalten isthier – anders als bei akuten Schmerzpatienten – nicht effektiv[23]. Sieben et al. [26] erw�hnen zudem, dass Patienten, die we-gen ihrer R�ckenschmerzen Bettruhe bevorzugen, ein st�rkeresAngstvermeidungsverhalten zeigen als diejenigen ohne Bettruhe.Nach Philips [23] Meinung ist ein Grund f�r anhaltendes Ver-meidungsverhalten das Vorhandensein bestimmter Beliefs und

Erwartungen und Vermeiden die st�rkste Komponente vonSchmerzverhalten. Vermeiden wird durch verschiedene Beliefsbeeinflusst [23].

Mçgliche Therapieans�tzeAuf mçgliche Therapieans�tze wird hier nur kurz eingegan-gen. Die bisher erw�hnten Artikel nennen vor allem globaleZiele, wie den Menschen zu helfen, wieder ihre t�glichen Ak-tivit�ten aufzunehmen [31], die Belastbarkeit zu verbessernund das Vermeidungsverhalten zu verringern [23].Laut Klenerman et al. [13] ist es enorm wichtig, chronischeSchmerzpatienten mit einem interdisziplin�ren Therapiepro-gramm zu behandeln. Eine weitere Studie mit chronischen Pa-tienten zeigte zudem, dass eine stufenweise Belastungssteigerung(Graded exposure) gewisser Angst auslçsender Bewegungen dienegative Einstellung des Patienten verringern kann und zu einerVerbesserung der funktionellen Aktivit�ten und verbesserter Ak-tivit�tstoleranz f�hrt [6]. Vlaeyen und Crombez [34] kamen zumselben Ergebnis.

Diskussion!

LiteratursucheAufgrund der Komplexit�t des Themas erfolgte die Literatursu-che in 5 verschiedenen Schritten. Mit diesem Vorgehen ergabsich eine ausreichende Artikelsammlung. Die meisten Studienwaren cross-sectional oder prospektiv. Im Gegensatz zu anderenStudientypen, wie z. B. Randomized clinical trials (RCT), geht esbei dieser Literaturstudie nicht um den Vergleich verschiedenerTherapieformen, sondern vielmehr um eine Verhaltensanalysebez�glich Angst vor Schmerz und Angstvermeidung bei R�cken-schmerzpatienten. Aus diesem Grund war es nicht mçglich, dieStudien mit einer Skala wie der Pedro Scale zu bewerten, son-dern fand auf deskriptivem Weg statt.

Vergleichbarkeit der Gruppen: Akute und chronischePatientenDie Patienten der 18 verglichenen wiesen entweder akute, chro-nische oder gemischte (akute und chronische) Schmerzen oderkeine aktuellen Schmerzen [16] auf.Bei Patienten mit akuten Schmerzen [8, 13, 26, 27, 29 –31] ver-besserte eine fr�hzeitige Verminderung der Angst vor Schmerzund des Angstvermeidens den Aktivit�tslevel. Dies f�hrt zur Ab-nahme der Behinderung und Verbesserung der Partizipation beit�glichen und sozialen Aktivit�ten. Klenerman et al. [13] stelltenzudem fest, dass die Personen mit erstmaliger Episode akuterR�ckenschmerzen entweder innerhalb von 2 Monaten schmerz-frei wurden oder sich zu chronischen Schmerzpatienten entwi-ckelten. Als st�rkster Einflussfaktor auf das Ergebnis erwies sichdas Angstvermeidungsverhalten.Von den Studien, die chronische Patientengruppen untersuchten[1, 2, 6, 17, 22, 32, 33] best�tigten Crombez et al. [6] einen Zu-sammenhang zwischen Schmerzintensit�t, Angst vor Schmerzund negativen Emotionen. Die Parameter wurden beim Ausf�h-ren eines Bewegungstests noch verst�rkt. Vlaeyen et al. [32, 33]zeigten, dass Angst vor Bewegung die Hauptursache f�r Katas-trophisierung ist. Bei Philips und Jahanshahi [22] war der sozialeR�ckzug die gravierendste Auswirkung von Angstvermeidungs-verhalten.Grotle et al. [9] stellten sowohl bei akuten als auch chroni-schen R�ckenschmerzpatienten fest, dass Angstvermeidungs-

SchmerzCoping-

Strategien

psychologische Probleme,

Krankheitsverhalten

Angstvermeidungs-vorstellungen

körperlicheBehinderung

Arbeitsplatzverlustwegen

Berufsunfähigkeit

Abb. 4 Kognitive, affektive und verhaltensm�ßige Zusammenh�ngezwischen R�ckenschmerz und Berufsunf�higkeit.

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verhalten und Leiden die Behinderung beeinflusst. Waddell etal. [36] untersuchten anhand des Fear-avoidance Beliefs Ques-tionnaire (FABQ) akute und chronische Patienten. Bei ihnenstand das Angstvermeidungsverhalten im Zusammenhang mitchronischer Behinderung bei Aktivit�ten des t�glichen Lebensund der Arbeit.Bei den von Linton et al. [16] untersuchten bereits bei schmerz-freien Menschen war ein Angstvermeiden zu beobachten. DieAngst vor Schmerz erhçhte das Risiko f�r eine sp�tere Episodelumbaler Schmerzen. Die Autoren gingen der Frage nach, wieAngstvermeidungsverhalten entsteht. Ihre Erkenntnis, dass sichdas Verhalten schmerzfreier Menschen nicht von dem akuteroder chronischer Patienten unterscheidet, legt die Vermutungnahe, dass nicht erst der Beginn einer neuen Schmerzepisodeder Auslçser von Angst vor Schmerz ist [16]. Es w�re interessant,in weiteren Studien mehr dar�ber zu erfahren.

StudienergebnisseDiese Literaturstudie untersuchte einerseits, wie sich Angst vorSchmerz und der Ausf�hrung von Bewegungen und Aktivit�tenauf R�ckenschmerzpatienten auswirkt, und andererseits, ob dasdaraus folgende Angstvermeidungsverhalten ein Grund daf�rsein kçnnte, dass gewisse Patienten eine Chronizit�t bzw. Be-hinderung entwickeln.

Auswirkungen von Angst vor Schmerz und der Ausf�hrungvon Bewegungen und Aktivit�tenAngst vor Schmerz und Angstvermeiden verschlechtert den Ak-tivit�tslevel. Dies bewirkt eine Zunahme Behinderung und eineVerschlechterung der Partizipation bei t�glichen und sozialenAktivit�ten [1, 2, 6, 8, 13, 16, 22, 23, 31, 32, 36]. Außerdem f�hrtAngstvermeidungsverhalten auch zu Angst vor der Arbeit [1, 8,37].

Einfluss von Angstvermeidungsverhalten auf Chronifizie-rung und BehinderungAngstvermeidungsverhalten ist der wichtigste kognitive Risiko-faktor f�r die Entwicklung eines akuten Problems zu einer chro-nischen Behinderung [6, 8, 22]. Anhaltender Schmerz lçst jedochnicht nur Angstvermeidungsverhalten, sondern auch Katastro-phisierung aus, die ebenso wie Angst vor Schmerz einen wichti-gen Faktor f�r die Entstehung einer Behinderung darstellt [30].Laut Vlaeyen et al. [32] �ußert sich das Katastrophisieren ent-weder in einem Konfrontations- oder Vermeidungsverhalten.Konfrontation ist eine adaptive Reaktion auf den Schmerz, w�h-rend es sich beim Vermeiden um eine maladaptive Reaktionhandelt, die den Patienten veranlasst, bestimmte Schmerz aus-lçsende Aktivit�ten zu unterlassen [8]. Dies f�hrt wiederum zuverminderten kçrperlichen und sozialen Aktivit�ten, Verst�r-kung der Angst, gesteigerten Vermeidungsverhalten und ver-st�rkter Behinderung [32]. Einzig Sieben et al. [27] sehen Angstvor Schmerz nicht als relevanten Faktor f�r die Entwicklung ei-ner Behinderung.Die Resultate der untersuchten Studien legen nahe, dass diepsychosozialen Risikofaktoren Angstvermeidungsverhalten undKatastrophisierung daf�r verantwortlich sind, dass gewisse Pa-tienten nach Ablauf der Wundheilungszeit immer noch Schmer-zen und Aktivit�tseinschr�nkungen aufweisen. Zudem kçnnteAngstvermeidungsverhalten ein Grund f�r die Entwicklung ei-ner Chronizit�t bzw. Behinderung sein.

Fragestellungen f�r weitere StudienDie Angst zu Beginn einer Schmerzepisode d�rfte in der Unsi-cherheit begr�ndet sein, die bei an lumbalen Schmerzen lei-denden Patienten entsteht. Sie kann in der Intensit�t und inder L�nge variieren und verschiedene Faktoren daf�r verant-wortlich sein:E Hatte der Patient bereits eine fr�here Episode von R�cken-

schmerzen oder leidet er das erste Mal an lumbalen Schmer-zen?

E Wie ist der Allgemeinzustand des Patienten? Ist er gesundoder hat er weitere Krankheiten?

E Wie sieht die Arbeitssituation des Patienten aus?E In was f�r ein soziales Umfeld ist der Patient eingebettet?E Wie steht der Schmerz im Verh�ltnis zur Kultur und Religion

des Patienten?E Welche Beliefs bzw. �ngste hat der Patient bez�glich lumba-

ler Beschwerden?E Weitere Forschung ist nçtig, um herauszufinden, im welchem

Zusammenhang Schmerz zur Kultur und Religion, zum Allge-meinzustand und zu weiteren Beliefs des Patienten steht.

Schlussfolgerungen!

Die Schmerzverarbeitung von Patienten mit einer Episode lum-baler Beschwerden kann 2 Wege einschlagen kann. Entwederkommt es im Verlauf der Wundheilungszeit zur Verbesserungder Symptome, Abnahme der Schmerzen und Verringerung deranf�nglichen Angst und des Vermeidungsverhaltens (adaptivesVerhalten) oder die Beschwerden und der Schmerz bleiben be-stehen (maladaptives Verhalten). Die andauernden Schmerzenund die Angst vor Schmerz verst�rken das Angstvermeidungs-verhalten. Dies �ußert sich im Vermeiden von Bewegungsaus-f�hrung, sozialem R�ckzug und Angst vor der Ausf�hrung t�g-licher Aktivit�ten sowie der Arbeit.Therapeuten m�ssen sich der zentralen Rolle von Angstvermei-dungsverhalten bei einer chronischen Behinderung bewusst sein.Um die Chronizit�t zu verhindern, gilt es, das Angstvermeidungs-verhalten bereits im akuten Stadium einer R�ckenschmerzepiso-de zu erkennen und zu behandeln [36]. Eine stufenweise Belas-tungssteigerung (Graded exposure) innerhalb der ersten Tagennach einer akuten R�ckenschmerzepisode f�hrt zu einer Verbes-serung der t�glichen Aktivit�ten. Durch das fr�hzeitige Erlernenvon Selbstbehandlungsstrategien kann der Patient den Schmerzselbst beeinflussen und ist ihm nicht hilflos ausgeliefert.Zur Umsetzung der oben erw�hnten Maßnahmen sind die Com-pliance und die Motivation des Patienten von großer Bedeutung.Der Therapieerfolg wird zus�tzlich optimiert, wenn der Patientin ein interdisziplin�res Behandlungsprogramm integriert wer-den kann. Bei der allt�glichen therapeutischen Arbeit ist es je-doch nicht immer einfach oder realistisch, eine interdisziplin�reBehandlung zu gew�hrleisten. Gerade in einer Praxis, in der nichtdieselbe umfassende Infrastruktur wie in station�ren Behand-lungszentren zur Verf�gung steht, ist die Durchf�hrung eines in-terdisziplin�ren Behandlungsprogramms nicht mçglich.Um gezielt auf die Beschwerden der Patienten eingehen zu kçn-ne, sollten sich Therapeuten im Praxisalltag gen�gend Zeit neh-men, um herauszufinden, was deren Angstvermeidungsverhal-ten auslçst und welche Faktoren die Angst und das Vermeidennegativ beeinflussen,

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Tab. 1 Artikel�bersicht

Autor Ziele der Arbeit Art der Studie Anzahl Probanden Ergebnis

Swinkelset al. [31]

– Vergleich der Struktur des Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire (FABQ)von Waddell et al. [36] mit der Version von Pfingsten et al. [20] bei Pa-tienten mit akuten R�ckenschmerzen

– �berpr�fung, ob bei akuten R�ckenschmerzpatienten eine Beziehungzwischen Angstvermeidungsverhalten, wahrgenommener Behinde-rung und Partizipation besteht

cross-sectionalstudy

615 akute R�ckenschmerz-patienten

– der FABQ von Waddell et al. [36] schnitt gegen�ber der Version vonPfingsten et al. [20] besser ab

– durch die Verminderung von Angst und Angstvermeiden verbessertesich der Aktivit�tslevel, was zur Abnahme der Behinderung und Ver-besserung der Partizipation der t�glichen und sozialen Aktivit�tenf�hrte

Siebenet al. [26]

Besteht eine Verkn�pfung zwischen Schmerzintensit�t, Angst vorSchmerz, Vermeiden und Behinderung zu Beginn einer akuten R�cken-schmerzepisode im Vergleich zu chronischen Patienten?

prospectivestudy

247 Patienten mit akutenR�ckenschmerzen

– bereits in einem akuten Stadium von lumbalen Schmerzen fand sichein Zusammenhang zwischen Schmerzintensit�t, Angst vor Schmerz,Vermeidungsverhalten und Behinderung

– deutlichste Korrelation bestand zwischen Schmerz und Behinderung.

Siebenet al. [27]

– Messung der Validit�t des Fear-avoidance Model von Vlaeyen und Lin-ton [35]

– Kçnnte Angst vor Schmerz eine mçgliche Ursache von sp�tererBehinderung sein?

prospectivestudy

222 akute R�ckenschmerz-patienten

– Validit�t des Fear-avoidance Models konnte nicht best�tigt werden– Angst vor Schmerz scheint kein relevanter Faktor f�r die Entwicklung

von Behinderung zu sein.

Swinkelset al. [30]

Welche Faktoren spielen bei Patienten mit einer Episode akuter R�cken-schmerzen in Bezug auf kçrperliche Leistungsf�higkeit zusammen undwelche sind f�r die Entwicklung einer Behinderung verantwortlich?

cross-sectionalstudy

96 akute R�ckenschmerz-patienten

Angst vor Schmerz ist ein wichtiger Faktor bei der Beeinflussung derkçrperlichen Leistungsf�higkeit und einer sp�teren Behinderung

Grotle et al.[9]

– Vergleich von Angstvermeidungsverhalten und Leiden bei akuten undchronischen Patienten

– Besteht bei akuten und chronischen R�ckenschmerzpatienten eine Be-ziehung zwischen Angstvermeidungsverhalten, Leiden und Behinde-rung?

cross-sectionalstudy

123 akute Patienten und233 chronische Patienten

– Angstvermeidungsverhalten und Leiden beeinflussen sowohl bei aku-ten als auch chronischen R�ckenschmerzpatienten die Behinderung

– Resultate stimmen mit denen anderer Studien �berein, die sich nur mitchronischen R�ckenschmerzpatienten befassten [2, 5, 31, 35]

Swinkelset al. [29]

– Untersuchung der Tampa Scale for Kinesiophobia (TSK)– Besteht bei akuten R�ckenschmerzpatienten ein Zusammenhang zwi-

schen schmerzbedingter Angst, Behinderung und Partizipation?

cross-sectionalstudy

555 akute R�ckenschmerz-patienten

– beim TSK wurden 4 Modelle getestet, die jedoch ungen�gende Resul-tate zeigten. Erst durch eine zus�tzliche Analyse wurde eines der4 Modelle als geeignet betrachtet

– eine fr�hzeitige Verminderung von Angst vor Schmerz und Behinde-rung verbessert die Partizipation bei Aktivit�ten des t�glichen Lebens

Siebenet al. [25]

– Kann innerhalb der ersten 2 Wochen nach einer akuten Schmerzepiso-de eine verst�rkte Angst vor Schmerz festgestellt werden?

– Wie ver�nderte sich das Verhalten der Patienten nach 3 und 12 Mona-ten in Bezug auf die Behinderung?

prospectivecase seriesdesign

44 akute R�ckenschmerz-patienten

– in den ersten 2 Wochen wurde eindeutig eine Verst�rkung der Angstvor Schmerz festgestellt

– nach 1 Jahr war die Behinderung deutlich verst�rkt

Fritz et al.[8]

– Ist Angstvermeidungsverhalten ein Auslçser beim �bergang von einemakuten zu einem chronischen Problem?

– Besteht eine Beziehung zwischen der Behinderung und dem Angstver-meidungsverhalten in Bezug auf die Arbeit

clinical trial 78 akute Patienten, dieaufgrund ihrer Arbeit unterR�ckenschmerzen litten

– Angstvermeidungsverhalten kçnnte beim �bergang von einem akutenzu einem chronischen Problem ein wichtiger Auslçser sein

– Angstvermeidungsverhalten in Beug auf die Arbeit war f�r eineBehinderung verantwortlich

Al-Obaidiet al. [1]

– Bestimmung der maximalen isometrischen Drehkraft der spinalenMuskulatur bei Patienten mit chronischen R�ckenschmerzen

– Inwiefern kçnnen Unterschiede in der spinalen isometrischen Kraft aufSchmerzantizipation, Schmerzwahrnehmung, Angst vor funktionalerBehinderung und Angstvermeidungsverhalten zur�ckgef�hrt werden?

correlativedesign

63 chronische R�cken-schmerzpatienten

– bei chronischen R�ckenschmerzpatienten besteht ein starker Zusam-menhang zwischen dem im Vergleich zu gesunden Menschen nach-weisbaren Kraftdefizit der spinalen Muskulatur, Schmerzwahrneh-mung, Schmerzantizipation und Angstvermeidungsverhalten

– Schmerzantizipation spielt dabei eine st�rkere Rolle als das Angstver-meidungsverhalten in Bezug auf kçrperliche Aktivit�ten

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Tab. 1 (Fortsetzung)

Autor Ziele der Arbeit Art der Studie Anzahl Probanden Ergebnis

Linton et al.[16]

Untersuchung der zu Beginn einer zuk�nftigen R�ckenschmerzepisodezu erwartenden Auswirkungen von Angstvermeidungsverhalten und Ka-tastrophisierung bei gesunden und momentan schmerzfreien Probanden

prospectivedesign

415 Personen ohne aktuelleSchmerzen

– bereits schmerzfreie Menschen weisen Angstvermeiden auf– Angst vor Schmerz erhçht das Risiko einer sp�teren Episode von lum-

balen Schmerzen– Katastrophisierung scheint hingegen kein Risikofaktor f�r eine sp�tere

R�ckenschmerzepisode zu sein

Crombezet al. [6]

Anhand von 3 Studien wurden die Fragebogen FABQ, TSK und PainAnxiety Symptoms Scale (PASS):– 1. Studie: Zusammenhang zwischen Schmerzintensit�t, Angst vor

Schmerz und negativen Emotionen anhand des FABQ und des TSK–2. Studie: Messung von Schmerzintensit�t, Angst vor Schmerz,

Schmerzerwartung und negative Emotionen mit einem Bewegungs-test anhand des FABQ und des TSK

– 3. Studie: Sind Schmerzintensit�t, Angst vor Schmerz und negativeEmotionen f�r die Entstehung von Behinderung (TSK und PASS) ver-antwortlich?

systematicreview

– 1. Studie: 35 chronischePatienten mit lumbalenSchmerzen

– 2. Studie: 38 Patienten– 3. Studie: 31 Patienten

– 1. Studie: Es fand sich ein Zusammenhang zwischen Schmerzintensi-t�t, Angst vor Schmerz und negativen Emotionen

– 2. Studie: deutliche Korrelation zwischen Schmerzintensit�t, Angstvor Schmerz, Schmerzerwartung und negativen Emotionen beimAusf�hren des Bewegungstests

– 3. Studie: Im Gegensatz zu PASS konnte �ber den TSK best�tigt wer-den, dass ein Zusammenhang der verschiedenen Schmerzparame-ter und der Behinderung besteht

Asmund-son et al.[2]

– 1. Studie: Unterscheiden sich mit der Multidimensional-Pain-Invento-ry-Klassifikation (MPI) gebildeten 3 Untergruppen von chronischenSchmerzpatienten in Bezug auf Angst, Angstvermeidungsverhaltenund nicht schmerzhafte Angstsituationen?

– 2. Studie: Eignen sich schmerzspezifische Angst und Angstvermeidenzur MPI-Klassifikation?

systematicreview

– 1. Studie: 200 chronischeR�ckenschmerzpatien-ten

– 2. Studie: 55 chronischeR�ckenschmerz-patienten

– 1. Studie: die 3 Untergruppen von chronischen Schmerzpatienten un-terscheiden sich zwar in Bezug auf schmerzspezifische Angst undVermeidungsverhalten, nicht aber hinsichtlich andere untersuchteArten von Angst

– 2. Studie: die verschiedenen Maße von Angst und Angstvermeidungs-verhalten eignen sich zur Unterscheidung bestimmter Untergrup-pen von chronischen Schmerzpatienten

McCrackenet al. [18]

Welche Messparameter von Angst korrelieren mit Schmerzintensit�t,Angstvermeiden oder Behinderung (anhand von FABQ, Fear of PainQuestionnaire (FPQ), PASS, Spielberger Trait Anxiety Inventory (STAI)?

cross-sectionalstudy

45 chronische Schmerz-patienten

– FABQ korreliert mit Behinderung und Angstvermeidungsverhalten,FABQ-Work mit Hilfesucheverhalten

– PASS korreliert mit Schmerzintensit�t, Behinderung und Vermei-dungsverhalten

– FPQ korreliert mit Schmerz und Behinderung– STAI korreliert mit Schmerzintensit�t und Behinderung

Klenermanet al. [13]

Besteht bei Patienten mit einer akuten Episode von R�ckenschmerzenein Zusammenhang zwischen Angstvermeidungsverhalten und Chronifi-zierung?

Cohort study 300 akute R�ckenschmerz-patienten wurden am An-fang, nach 2 und 12 Monatenbefragt

– Probanden mit erstmaliger Episode von akuten R�ckenschmerzenwerden entweder innerhalb von 2 Monaten schmerzfrei oder entwi-ckeln sich zu chronischen Schmerzpatienten

– st�rkster Einflussfaktor auf das Ergebnis nach 2 und 12 Monaten ist dasAngstvermeidungsverhalten

Vlaeyenet al. [32]

Untersuchung des Einflusses von Angst vor Bewegung/(Wieder)Verletzung auf kçrperliche Aktivit�t anhand von 2 Studien:– 1. Studie: Welcher Zusammenhang besteht zwischen Angst vor

Bewegung/(Wieder) Verletzung in Bezug auf persçnliche (Alter,Geschlecht und Dauer der Beschwerden), auf schmerzbezogene(Schmerzintensit�t und Coping) sowie auf leidensbedingte Daten(Angst und Depression)?

– 2. Studie: Besteht ein Zusammenhang zwischen Angst vor Bewegung/(Wieder) Verletzung und einem Bewegungstest?

– 1. Studie: ran-domizedclinical trial

– 2. Studie: ex-perimentalstudy

– 1. Studie: 103 chronischeR�ckenschmerzpatien-ten

– 2. Studie: 33 chronischeR�ckenschmerz-patienten

– 1. Studie: Angst vor Bewegung/(Wieder) Verletzung steht in Zusam-menhang mit Katastrophisierung und allgemeiner depressiverStimmung

– 2. Studie: Patienten mit Angst vor Bewegung/(Wieder) Verletzungmieden den Bewegungstest h�ufiger als diejenigen ohne Angstver-meidungsverhalten

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Page 9: Angstvermeidungsverhalten

Danksagung!

Herzlicher Dank geb�hrt Elly Hengeveld f�r ihre Betreuung w�h-rend der Arbeit und ihre wertvollen Anregungen sowie BernhardKeller f�r seine Hilfe bei Korrektur und Layout.

Literatur1 Al-Obaidi SM, Nelson RM, Al-Awadhi S et al. The role of anticipation and

fear of pain in the persistence of avoidance behavior in patients withchronic low back pain. Spine 2000; 25: 1126–1131

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3 Asmundson GJG, Norton PJ, Norton GR. Beyond pain: the role of fearand avoidance in chronicity. Clin Psychol Rev 1999; 19: 97–119

4 Van den Berg F. Angewandte Physiologie. Bd. 4: Schmerzen verstehenund beeinflussen. (Kap. 1: Weiss T, Schaible HG. Physiologie desSchmerzes und der Nozizeption). Stuttgart: Thieme, 2003

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6 Crombez G, Vlaeyen JWS, Heuts PH et al. Pain-related fear is more dis-abling than pain itself: evidence on the role of pain-related fear inchronic back pain disability. Pain 1999; 80: 329–339

7 Fairbank J, Davies JB, Couper J et al. The Oswestry Low Back Pain Dis-ability Questionnaire. Pysiotherapy 1980; 66: 271–273

8 Fritz JM, George SZ, Delitto A. The role of fear-avoidance beliefs in acutelow back pain: relationships with current and future disability andwork status. Pain 2001; 94: 7–15

9 Grotle M, Vollestad NK, Veierod MB et al. Fear-avoidance beliefs anddistress in relation to disability in acute and chronic low back pain.Pain 2004; 112: 343–352

10 Hengeveld E. Gedanken zum Indikationsbereich der Manuellen Thera-pie. Manuelle Therapie 1998; 2: 176–181

11 Hengeveld E. Biopsychosoziales Modell. In: Van den Berg F (Hrsg). An-gewandte Physiologie. Bd.4: Schmerzen verstehen und beeinflussen.Stuttgart: Thieme, 2003

12 Kendall NAS, Linton SJ, Main CJ. Guide to Assessing Psycho-Social Yel-low Flags in Acute Low Back Pain: Risk Factors for Long-Term Disabil-ity and Work Loss. Wellington: Accident Compensation Corporationand the New Zealand Guidelines Group, 1997

13 Klenerman L, Slade PD, Stanley IM et al. The prediction of chronicity inpatients with an acute attack of low back pain in a general practicesetting. Spine 1995; 20: 478–484

14 Kori SH, Miller RP, Todd DD. Kinisophobia: a new view of chronic painbehavior. Pain Management 1990; 3: 35–43

15 Lethem J, Slade PD, Troup JDG et al. Outline of a fear-avoidance modelof exaggerated pain perception. Behav Res Thr 1983; 21: 401–408

16 Linton SJ, Buer N, Vlaeyen JWS et al. Are fear-avoidance beliefs relatedto the inception of an episode of back pain? A prospective study. Psy-chol Health 2000; 14: 1051–1059

17 McCracken LM, Zayfert C, Gross RT. The Pain Anxiety Symptoms Scale:development and validation of a scale to measure fear of pain. Pain1992; 50: 67–73

18 McCracken LM, Gross RT, Aikens J et al. The assessment of anxiety andfear in persons with chronic pain: a comparison of instruments. BehavRes Ther 1996; 34: 927–933

19 Melzack R. The McGill Pain Questionnaire: major properties and scor-ing methods. Pain 1975; 1: 277–299

20 Pfingsten M, Kroner-Herwig B, Leibing E et al. Validation of the Germanversion of the Fear-Avoidance Beliefs Questionnaire (FABQ). Eur J Pain2000; 4: 259–266

21 Pfund R, Zahnd F. Leitsymptom Schmerz. 1: Differenzierende manual-therapeutische Untersuchung und Therapie bei Bewegungsstçrungen.Stuttgart: Thieme, 2001

22 Philips C, Jahanshahi M. The components of pain behaviour report. Be-hav Res Ther 1986; 24: 117–125

23 Philips C. Avoidance behaviour and its role in sustaining chronic pain.Behav Res Ther 1987; 25: 273–279

24 Roland M, Morris R. A study of the natural history of back pain. Part 1 &2: Roland-Morris Disability Questionnaire. Spine 1983; 8: 141–150

25 Sieben JM, Vlaeyen JWS, Tuerlinckx S et al. Pain-related fear in acutelow back pain: the first two weeks of a new episode. Eur J Pain 2002;6: 229–237

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Page 10: Angstvermeidungsverhalten

26 Sieben JM, Portegijs PJM, Vlaeyen JWS et al. Pain-related fear at the startof a new low back pain episode. Eur J Pain 2005; 9: 635–641

27 Sieben JM, Vlaeyen JWS, Portegijs PJM et al. A longitudinal study on thepredictive validity of the fear-avoidance model in low back pain. Pain2005; 117: 162–170

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