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Schadstoffe in Innenräumen

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Gesundheitliche Bewertung von Schadstoffen in Innenräumen

Bewertungsgrundlagen

Nach einer Definition des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen (1987) sind Innenräume Wohnungen Arbeitsräume ohne arbeitsschutzrechtliche Kontrolle auf

Luftschadstoffe Räume mit Publikumsverkehr Aufenthaltsräume in Kraftfahrzeugen und anderen Verkehrsmitteln.

In Innenräumen ist die Aufenthaltsdauer in der Regel lang; für manche Menschen kann sie bis zu 100 % des Tages erreichen. Eine "Erholungszeit" von einer Innenraumexposition wäre daher nur relativ kurz oder überhaupt nicht vorhanden. Im Vergleich mit Arbeitsplatzexposition, die tageszeitlich begrenzt ist, ist dies ein wesentlicher Unterschied. Der Verteilungsraum für freigesetzte Stoffe ist im Vergleich zur Außenluft stark begrenzt. Dieser Verteilungsraum hängt natürlich vom Raumvolumen ab und außerdem vom Luftwechsel, der aus Gründen der Heizenergieeinsparung im Allgemeinen deutlich reduziert ist. Hinzu kommt, dass die Exposition in Innenräumen durch eine Vielzahl von Stoffen verursacht wird. Der Kenntnisstand über die Wirkungen von Einzelsubstanzen ist schon mitunter gering, Kombinationswirkungen mehrerer Stoffe in der Regel noch weniger bekannt. Wechselnde Quellen führen zu zusätzlichen Wissenslücken über die möglichen Wirkungen von Innenraumluftverunreinigungen. Oft werden unspezifische Wirkungen mit der Innenraumluftqualität in Zusammenhang gebracht, deren Abklärung erhebliche Schwierigkeiten verursacht. Auch die Bedeutung des Inhalationspfads ist nicht immer klar. Oft kann eine orale oder dermale Aufnahme (z.B. mit Hausstaub) wichtiger sein als die inhalative Exposition. Generell muss zudem bedacht werden, dass zusätzlich auch physikalische, biologische und psych(olog)ische Faktoren (subjektive Empfindung der Luftqualität) das Befinden beeinflussen. Bewertungen können unter dreierlei Gesichtspunkten erfolgen:

juristisch deskriptiv (statistisch) toxikologisch.

Nur die juristisch verbindlichen Werte sollten als „Grenzwerte“ bezeichnet werden. Für Innenräume gibt es in Deutschland keine Grenzwerte. Eine Beurteilung kann auch rein deskriptiv erfolgen, wenn die Datenlage keine toxikologisch fundierte Bewertung erlaubt. Damit kann festgestellt werden, wie sich ein Messwert in die tatsächlich zu beobachtende Verteilung einordnen lässt, d. h. ob eine "übliche" oder eine "unübliche" Konzentration des betreffenden Stoffes in einem bestimmten Innenraum vorliegt. Auch aus einer unüblich hohen Konzentration (z. B. jenseits des 95. Perzentils) allein lässt sich keinerlei Rückschluss auf eine mögliche gesundheitliche Gefährdung ziehen. Jedoch kann damit die Quellensuche erfolgreicher betrieben werden.

Der Prozess der Richtwertfindung erfolgt in der Bundesrepublik Deutschland in einer Fachkommission, die ausschließlich toxikologische Grundlagen berücksichtigt. Interessen anderer gesellschaftlicher Gruppen und Wertesysteme finden dabei keine Berücksichtigung. Statistisch abgeleitete Bewertungssysteme, wie die AGÖF 1-Orientierungswerte für Inhaltsstoffe von Raumluft und Hausstaub, gehen folgenden Weg: Aus den Ergebnissen einer möglichst großen

1 Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute e.V. (AGÖF)

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Anzahl von Raumluft- und Hausstaubanalysen werden Perzentile errechnet, also Belastungswerte, die von einem bestimmten Anteil des betrachteten Datenkollektivs unterschritten werden. Die AGÖF bezeichnet den 10-Perzentilwert als „Hintergrundwert“. Er beschreibt definitionsgemäß den

Belastungszustand von Raumluft und Hausstaub, der durch konsequente Vermeidung von Emissionsquellen erreichbar ist.

der 50-Perzentilwert wird „Normalwert“ genannt. Er stellt die mittlere Belastungssituation dar.

Raumluft- und Hausstaubbelastungen im Bereich des 50-Perzentilwertes begründen normalerweise keinen Handlungsbedarf.

der 90-Perzentilwert, „Auffälligkeitswert“ genannt, beschreibt eine deutliche Überschreitung

der in Innenräumen üblichen Konzentrationen. Er begründet je nach Konzentration und Eigenschaft der Substanz Handlungsbedarf.

Toxikologisch begründet, aber rechtlich nicht verbindliche Werte sind z. B. die Luftgüteleitwerte der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Eine ad-hoc-Arbeitsgruppe aus Mitgliedern der Innenraumlufthygienekommission (IRK) des Umweltbundesamtes und der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) hat ein Basisschema zur Ableitung von toxikologisch begründeten Richtwerten für die Innenraumluft veröffentlicht: Der Richtwert II (RW II) „... stellt die Konzentration eines Stoffes dar, bei deren Erreichen bzw. Überschreiten unverzüglich Handlungsbedarf besteht, da diese geeignet ist, insbesondere für empfindliche Personen bei Daueraufenthalt in den Räumen eine gesundheitliche Gefährdung darzustellen." Wenn der RW II überschritten wird, soll unverzüglich eine Kontrollmessung unter üblichen Nutzungsbedingungen erfolgen und, soweit möglich und sinnvoll, auch das Human-Biomonitoring zur Anwendung kommen. Der Richtwert I (RW I) „...ist die Konzentration eines Stoffes in der Innenraumluft, bei der im Rahmen einer Einzelstoffbetrachtung nach gegenwärtigem Kenntnisstand auch bei lebenslanger Exposition keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten sind.“ Der RW I kann als Sanierungszielwert dienen. Er soll nicht „ausgeschöpft", sondern nach Möglichkeit unterschritten werden. Aus Vorsorgegründen besteht auch im Konzentrationsbereich zwischen RW I und RW II Handlungsbedarf.

Nach dem Basisschema geht die Ableitung, wenn die Datenlage dies ermöglicht, von Humandaten aus. Sofern keine verwendbaren Humandaten für einen LO(A)EL 2 vorliegen, wird vom LO(A)EL aus Tierversuchen mit einem Faktor (eigentlich ist es ein Divisor, aber die Bezeichnung „Faktor" hat sich weitgehend durchgesetzt) von 3 auf eine mögliche Wirkungsschwelle extrapoliert (Faktor 3 als geometrisches Mittel bei einem Faktor 10 zwischen LO(A)EL und NO(A)EL 3 unter der Annahme, dass sich in Tierversuchen die angewandten Dosierungen oft um einen Faktor 10 unterscheiden) und ein zusätzlicher Faktor von 10 zur Berücksichtigung von Interspeziesunterschieden angewandt. Ein weiterer Faktor von 10 soll Intraspeziesunterschiede berücksichtigen, um auch empfindlichere Personen zu schützen. Mit einem Faktor 5 wird gegebenenfalls von

2 LO(A)EL: Lowest observed (adverse) effect level 3 NO(A)EL: No (adverse) effect level

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Expositionszeiten, die den Bedingungen am Arbeitsplatz entsprechen, auf die in Innenräumen in Betracht zu ziehende Dauerexposition „umgerechnet". Da die aus physiologischen Gründen relativ intensivere Atmung von Kindern im Vergleich zu Erwachsenen zu einer höheren inhalativen Belastung führt, wird noch ein „Kinderfaktor" von 2 eingeführt.

Aus Überschreitungen der Referenzwerte resultieren zwangsläufig keine Gesundheitsgefährdungen. Unterschreitungen der Referenzwerte bedeuten nicht zwingend die Unbedenklichkeit der Schadstoffe. Referenzwerte und Richtwerte erfassen gleichermaßen nicht alle möglichen Schadstoffe in Gebäuden. In der Fachliteratur4 werden auch die Begriffe „Grundbelastung“ und „Hintergrundwerte “ verwendet, die den o. g. „üblichen“ Situationen gleichzusetzen sind.

Lediglich zur Vervollständigung der Darstellung möglicher Bewertungsgrundlagen für Schadstoffeinwirkungen auf Menschen wird deshalb erläutert:

Die maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK – nach Gefahrstoffverordnung vom 01.01.2005 Arbeitsplatzgrenzwert - AGW) ist die Konzentration eines Stoffes in der Luft am Arbeitsplatz, bei der im Allgemeinen die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht beeinträchtigt wird. MAK-Werte beziehen sich auf eine Arbeitszeit von 8 Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich. Die in der TRGS 900 aufgeführten AGW werden von der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft vorgeschlagen. Für krebserzeugende und erbgutverändernde Stoffe gab es keine MAK-Werte sondern ggf. TRK-Werte. Die Gefahrstoffverordnung vom 01.01.2005 kennt keine TRK-Werte sondern verwendet den Begriff Verfahrens- und stoffspezifische Kriterien (VSK).

Die technische Richtkonzentration (TRK) wurde vom Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) für krebserzeugende oder erbgutverändernde Stoffe der Kategorien 1 und 2 nach Anhang VI der Richtlinie 67/548/EWG ermittelt. Für die Festlegung der Höhe der Werte waren maßgebend

der derzeitige Stand der verfahrens- und lüftungstechnischen Maßnahmen unter Berücksichtigung des in naher Zukunft technisch Erreichbaren

die Berücksichtigung vorliegender arbeitsmedizinischer Erfahrungen oder toxikologischer Erkenntnisse

die Möglichkeit, die Stoffkonzentrationen im Bereich des Grenzwertes analytisch zu bestimmen

TRK-Werte bezogen sich auf eine Arbeitszeit von 8 Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich.

Bei der Überwachung der Arbeitsplätze gemäß § 18 der Gefahrstoffverordnung sind neben den Expositions-Grenzwerten für Gefahrstoffe in der Arbeitsplatzluft auch die Biologischen Arbeitsplatztoleranzwerte (BAT - nach Gefahrstoffverordnung vom 01.01.2005 biologischer Grenzwert – BGW) zu beachten.

4 Begriff „Grundbelastung“ in der Dokumentation „Gesunde Luft in Schulen. VOC- und Aldehydkonzentrationen in beschwerdefreien Klassenräumen. Unfallkasse Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf. August 2013“. Ostendorp, G.; Riemer, D.; Harmel, K.; Heinzow, B.: Aktuelle Hintergrundwerte zur VOC-Belastung in Schulen und Kindergärten in Schleswig-Holstein. Umweltmed Forsch Prax 14 (2009), S. 135-152

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BGW-Werte sind definiert als die beim Menschen höchstzulässige Quantität eines Gefahrstoffes bzw. eines Gefahrstoffmetaboliten oder die dadurch ausgelöste Abweichung eines biologischen Indikators von seiner Norm, die nach dem gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Kenntnis im Allgemeinen die Gesundheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigt. BGW-Werte können als Konzentrationen bzw. als Bildungs- oder Ausscheidungsraten (Menge/Zeiteinheit) definiert sein.

BGW-Werte beziehen sich wie Grenzwerte in der Luft auf eine Arbeitszeit von 8 Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich. Es liegt in der Natur der BGW-Werte, dass sie auch zur Bewertung der Schadstoffwirkungen außerhalb von exponierten Arbeitsplätzen wichtige Hinweise geben.

Für Wohnungen gelten die höchsten Ansprüche, weil der Mensch sich in ihnen ohne gesundheitliche Kontrolle und ohne raumüberwachende chemische Analytik aufhält. In erster Näherung kann für diejenigen Fällen, in denen keine Richtwerte für Einzelsubstanzen vorliegen, 1/20 des AGW-Wertes als ersatzweiser Richtwert für die zutreffenden Einzelsubstanz angesetzt werden. Für Öffentliche Gebäude 5 (Behörden, Kinos, Theater usw.), Schulen, Kinderbetreuungs-einrichtungen, Krankenhäuser, Seniorenheime, andere Wohnheime, öffentlich zugängliche Gebäude (Supermärkte, Verkaufseinrichtungen usw.), Hotel und Erholungsanlagen, Sporträume und andere vergleichbare Gebäude gelten die für Wohnungen höchsten Ansprüche. Büroräume gelten als Arbeitsräume ohne arbeitsschutzrechtliche Kontrolle auf Luftschadstoffe. Büroräume sind im Prinzip den Wohnräumen gleichzusetzen. Damit sind bei Büroräumen weder AGW, noch BGW, noch VSK-Werte anzuwenden. Entsprechend der Arbeitsstättenverordnung soll die Luft an Arbeitsplätzen in der Regel die Qualität der Außenluft aufweisen. Sinngemäß gilt die Bewertung von Büroräumen auch für andere öffentlichen Gebäude, z. B. Schulen und Kindergärten. Als praxisnahes Hilfsmittel für die Bewertung von Schadstoffen für Innenraumarbeitsplätze wurden, insbesondere für die Fälle, in denen es keine Richtwerte gibt, durch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung im Jahr 2004 die Referenzwerte zur Beurteilung der Luftqualität von Innenraumarbeitsplätzen (Innenraumarbeitsplatz-Referenzwerte, IRW) veröffentlicht. Sie basieren auf aktuellen Messdaten, tragen deskriptiven Charakter und entsprechen an ehesten der o.g. Klassifizierung in "übliche" oder eine "unübliche" Konzentration. Diese Referenzwerte wurden im Jahr 2011 aktualisiert. Zwischenzeitlich gibt es für einige weitere Schadstoffe Richtwerte, so dass Referenzwerte und Richtwerte nebeneinander stehen. Literaturquellen [1] Bundesgesundheitsamt: Bewertung der Luftqualität in Innenräumen. Bundesgesundhbl. 36 (1993) 117-118. [2] Bundesumweltministerium: Konzeption der Bundesregierung zur Verbesserung der Luftqualität in

Innenräumen. Referat Öffentlichkeitsarbeit, Bonn, 1992. [3] World Health Organization, Regional Office for Europe: Air Quality Guidelines for Europe. WHO Regional

Publications, European Series No. 23, Kopenhagen, 1987 und aktuellere Fassungen.

5 Bezüglich Innenraumluft gelten im rechtlichen Sinne in diesen Räumen keine Arbeitsplatzgrenzwerte.

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Schadstoffe in Innenräumen - Bewertung und Richtwerte Die nach dem Basisschema 1 der Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Innenraumlufthygiene-Kommission (IRK), einer Kommission des Umweltbundesamtes (UBA) und der Obersten Landesgesundheitsbehörden AOLG abgeleiteten Richtwerte sind als Einzelstoffbetrachtung zu sehen und beinhalten keine Aussage über mögliche Kombinationswirkungen verschiedener Substanzen. Gemäß Beschluss der AOLG vom 10. März 2015 wurde die Ad-hoc-Arbeitsgruppe in "Ausschuss für Innenraumrichtwerte" umbenannt. Die Geschäftsstelle der Ad-hoc-Arbeitsgruppe ist beim Umweltbundesamt angesiedelt.

Richtwert II (RW II) ist ein wirkungsbezogener, begründeter Wert, der sich auf die gegenwärtigen toxikologischen und epidemiologischen Kenntnisse zur Wirkungsschwelle eines Stoffes unter Einführung von Unsicherheitsfaktoren stützt. Er stellt die Konzentration eines Stoffes dar, bei deren Erreichen bzw. Überschreiten unverzüglich Handlungsbedarf besteht, da diese Konzentration geeignet ist, insbesondere für empfindliche Personen bei Daueraufenthalt in den Räumen eine gesundheitliche Gefährdung darzustellen. Je nach Wirkungsweise des betrachteten Stoffes kann der Richtwert II als Kurzzeitwert (RW II K) oder Langzeitwert (RW II L) definiert sein.

Der Handlungsbedarf ist als unverzüglicher Prüfbedarf zu verstehen, z.B. im Hinblick auf Sanierungsentscheidungen zur Verringerung der Exposition.

Richtwert I (RW I) ist die Konzentration eines Stoffes in der Innenraumluft, bei der im Rahmen einer Einzelstoffbetrachtung nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch bei lebenslanger Exposition keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Eine Überschreitung ist mit einer über das übliche Maß hinausgehenden, hygienisch unerwünschten Belastung verbunden. Aus Vorsorgegründen besteht auch im Konzentrationsbereich zwischen RW I und RW II Handlungsbedarf. Der RW I wird vom RW II durch Einführen eines zusätzlichen Faktors (in der Regel 10) abgeleitet. Dieser Faktor ist eine Konvention.

Der RW I kann als Sanierungszielwert dienen. Er soll nicht ausgeschöpft, sondern nach Möglichkeit unterschritten werden.

1 Ad-hoc Arbeitsgruppe "Innenraumrichtwerte" der Innenraumlufthygiene-Kommission (IRK) des Umweltbundesamtes und der Obersten Landesgesundheitsbehörden. Richtwerte für die Innenraumluft: erste Fortschreibung des Basisschemas. Bundesgesundheitsbl 55(2012) S 279–290. Ad-hoc-Arbeitsgruppe aus Mitgliedern der Innenraumlufthygiene-Kommission (IRK) des Umweltbundesamtes und des Ausschusses für Umwelthygiene der AGLMB. Richtwerte für die Innenraumluft: Basisschema . Bundesgesundheitsblatt 39 (1996) S. 422-425 Ad-hoc Arbeitsgruppe aus Mitgliedern der Innenraumlufthygienekommission (IRK) des Umweltbundesamtes sowie der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) Beurteilung von Innenraumluftkontaminationen mittels Referenz- und Richtwerten. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz 50 (2007) S 990-1005

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Es sind folgende Richtwerte durch den Ausschuss für Innenraumrichtwerte (früherer Name bis 2015: Ad-hoc AG IRK/AOLG) festgelegt worden:

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Es sind weitere zu der Tabelle hier nicht mitgeteilte Fußnoten aus den Originalveröffentlichungen zu berücksichtigen.

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Zu Naphthalin und Naphthalinähnlichen zählt die Ad-hoc-Arbeitsgruppe die bizyklischen Methyl- und Dimethylnaphthaline sowie die trizyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe Acenaphthen, Acenaphthylen, Fluoren, Anthracen und Phenanthren. Naphthalin kann als Indikatorsubstanz für diese Stoffgruppe angesehen werden. Das TVOC-Konzept bewertet nicht Einzelsubstanzen, sondern Summen von Schadstoffen:

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Bewertung von Gerüchen

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Bewertung von Gerüchen Vielfach fallen Chemikalien in Innenräumen durch ihre Gerüche auf, weshalb zunächst hierzu Erläuterungen gegeben werden. Geruchsstoffe 1 sind chemische Verbindungen, die den Geruchssinn ansprechen und Geruchsempfindungen auslösen. Dazu zählen mehrere zehntausend Einzelsubstanzen. Bislang ist jedoch nicht geklärt, welche Strukturmerkmale die geruchstragenden Eigenschaften bedingen. Der erfahrene Gutachter kann bestimmte Gerüche mit bestimmten Chemikalien in Beziehung zu bringen. Es gibt jedoch einige grundlegende Eigenschaften von Geruchsstoffen. Die Stoffe müssen möglichst leicht flüchtig sein, um in die Nase zu gelangen, auch schwerer flüchtige Chemikalien können Gerüche verursachen. Sehr viele Geruchsstoffe sind organische Verbindungen. Auch anorganische Substanzen können riechen. Für die Freisetzung von Geruchsstoffen ist ein Gleichgewicht zwischen dem Dampfdruck der Stoffquelle und dem Atmosphärendruck der Umgebungsluft maßgeblich. Ändern sich die Umgebungsbedingungen, ändert sich auch die Dampfdruckdifferenz und damit die Freisetzungsrate des Geruchsstoffes. In welcher Menge Geruchsstoffe emittiert werden, hängt sehr stark von der Umgebungstemperatur, vom Stoffübergangskoeffizienten und von den Strömungs- bzw. Luftaustauschgeschwindigkeiten ab. Emissionen 2 erhöhen sich proportional zur Austauschfläche. Eine realitätsnahe Vorhersage, ab welchen Schadstoffgehalten im Baustoff eine Innenraumluftbelastung durch die flüchtigen Schadstoffe resultiert und wie hoch diese Belastung sein könnte, wird nach derzeitigen Wissensstand als nicht möglich bewertet. Gerüche setzen sich oft aus einer Vielzahl von Komponenten zusammen, die sich überlagern oder gegenseitig beeinflussen und die Geruchswirkung stark verändern (aufheben bis verstärken) können. Geruchsstoffe können sich mit der Zeit verändern, wenn sie z. B. durch Luftsauerstoff oder Lichteinwirkung chemisch umgewandelt werden, wodurch sich die Geruchswirkung eines Stoffgemisches ändern kann. Die Geruchswahrnehmungen des Menschen sind physiologische (Lebens)prozesse, die großen individuellen Schwankungen zwischen einzelnen Menschen unterliegen. Die meisten Menschen haben eine mittlere Geruchssensibilität. Personen unterschiedlichen Alters und Geschlechts oder auch ein und dieselbe Person und Personen unter unterschiedlichen Lebensbedingungen nehmen Chemikalien unterschiedlich geruchlich wahr. Die Geruchsbeschwerden der Verbraucher müssen immer ernst genommen werden. Die menschliche Nase ist sehr individuell und jeder hat eine persönliche subjektive Wahrnehmung, die nicht als richtig oder falsch bewertet werden kann. Die Bestimmung der Geruchsintensität ist dennoch ein Maßstab für eine Objektivierung der Bewertung von Geruchsemissionen. Die Behörden gehen davon aus, dass bezüglich der Geruchsreklamationen eine große Dunkelziffer realistisch ist. Die Vertreter der Industrie betonen, dass im Falle von Geruchsbeschwerden, die Identifikation der Quelle sehr schwierig sei, da selten nur ein Produkt als Quelle in Frage kommt. Gerüche würden häufig durch die Kombination im Raum und Feuchte oder Sekundärkontaminationen verursacht.

1Der Geruch (olfaktorische Wahrnehmung) ist die Interpretation der Sinnes-Erregungen, die von den Chemorezeptoren (für Chemikalien empfindliche Sinneszellen) der Nase oder anderer Geruchsorgane an das Gehirn eines Lebewesens geliefert werden. Geruchstoffe sind Ursache von Gerüchen. 2Emission: Austrag oder Ausstoß, bedeutet allgemein Aussendung (Ausdampfen, Elution = Ausgewaschen werden, Staubentwicklung von Chemikalien in ein Umweltmedium, z. B. Luft, Boden, Wasser). Die Quelle wird Emittent genannt. Jede Emission hat eine Immission, also einen Eintrag in ein Umweltmedium zur Folge.

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Die Geruchswahrnehmung hängt auch davon ab, ob ein Geruchsstoff ausdrücklich wahrgenommen werden soll (z. B. in einer Laboruntersuchung zur Ermittlung der Geruchswahrnehmungsschwelle) oder ob er zufällig wahrgenommen wird. Es konnte empirisch gezeigt werden, dass die Geruchswahrnehmungsschwelle in einem Probandenversuch zur Ermittlung der Geruchswahrnehmungsschwelle etwa um einen Faktor 4 niedriger liegt als die Konzentration eines Geruchsstoffes, der zufällig in einem Test mit einer anderen Zielstellung wahrgenommen wird.3 Die Geruchsschwelle (Wahrnehmungsschwelle) ist die Konzentration eines Geruchsstoffes, die eine eben merkliche Geruchsempfindung auslöst. Nach der Konvention ist dies die Konzentration, bei der ein Proband für die Hälfte aller Proben eine Geruchsempfindung angibt. Die Geruchsschwelle (Wahrnehmungsschwelle) liegt meist um den Faktor 2 bis 3 niedriger als die Schwelle, ab der er erkannt werden kann (Erkennungsschwelle). Geruchsschwellen können nur für Einzelstoffe angegeben werden. Die Geruchsschwellenwerte können über mehrere Zehnerpotenzen schwanken4. In der wissenschaftlichen Literatur verfügbare Geruchsschwellenwerte differieren demnach in einem so erheblichen Umfang, dass daraus einfache Schlussfolgerungen nicht ohne weiteres gezogen werden können. Die wahrgenommene Geruchsintensität nimmt i. d. R. mit zunehmender Konzentration des Geruchsstoffes zu. Das ist jedoch nicht in allen Konzentrationsbereichen gleich stark ausgeprägt: Bei geringeren Konzentrationen genügt eine geringere Zunahme als bei höheren Konzentrationen, um z. B. eine Verdopplung der Intensität zu bewirken. Außerdem nimmt die Intensität bei verschiedenen Geruchsstoffen unterschiedlich stark zu. Daher sind Überschreitungen der Geruchsschwelle nicht ausschließlich nach der Konzentration zu bewerten, vielmehr muss immer auch die wahrgenommene Intensität (Wirkungsseite) berücksichtigt werden. Bei andauernder Exposition nimmt die Geruchsstärke-Empfindung ab (Adaption 5), man gewöhnt sich an den Geruch. Diese Adaption geht wieder zurück, wenn der Geruch nachlässt. Es gibt Chemikalien, die bei geringen Konzentrationen in der Luft riechen und bei denen der Geruchssinn mit steigender Konzentration verloren geht. Solange man diese Chemikalien riecht, ist ihre geringe Konzentration gesundheitlich unbedeutend; riecht man sie nicht mehr, ist die Konzentration gesundheitsschädlich hoch, z. B. bei Blausäure oder Schwefelwasserstoff dann kurzfristig tödlich. Andere Chemikalien haben ein grundlegend anderes Geruchsverhalten. Geruchsqualität, Hedonik Gerüche werden als angenehm oder unangenehm bewertet, was sehr stark von subjektiven Faktoren beeinflusst wird. Diese gefühlsspezifische Wirkung bezeichnet man als Geruchsqualität oder Hedonik.

3Ad-hoc-Arbeitsgruppe. Gesundheitlich-hygienische Beurteilung von Geruchsstoffen in der Innenraumluft mithilfe von Geruchsleitwerten. Entwurf der Ad-hoc-Arbeitsgruppe Innenraumrichtwerte der Kommission Innenraumlufthygiene und der Obersten Landesgesundheitsbehörden zur öffentlichen Diskussion bis Ende Dezember 2015. Bundesgesundheitsbl 2014 (57). 148-153 4Amoore JE (2005) The perception of hydrogen sulfide odour in relation to setting an ambient standard. California Air Resources Board. Contract A4-046-33. Zitiert in: Ruijten MWMM, Doorn, R. van, Harreveld AP van. Asessment of oudour annoyance in chemival emergency management. RIVM Report 609200001, Bilthoven 2009 5Anpassung oder Adaptation, auch Adaption, Adaptierung, Adaptivität, Adaptabilität u. ä.: -Verhaltensänderung von Lebewesen oder Gesellschaften bei unterschiedlichen äußeren Umständen (Anpassungsfähigkeit). - Reaktion von Zellen oder Gewebe auf veränderte Umweltbedingungen oder Schädigungen (Anpassungsreaktion). - generationenübergreifende Anpassung von Lebewesen an eine veränderte Umwelt (evolutionäre Anpassung). - Einstellen der Sinnessysteme an die jeweiligen Reizgrößen bei Augen und Gehör.

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Persönliche Erfahrungen, das persönliche Werturteil (z. B. „Gestank“ bis „gesunde Landluft“) und Erinnerungen prägen sehr stark die Bewertung von Gerüchen. Die Bewertung von Gerüchen kann sich im Lauf der Lebenszeit verändern. Auch angenehme, z. B. aromatische Gerüche werden manchmal mit der Zeit lästig. Die gesundheitliche, physische und psychische Verfassung haben erhebliche Auswirkung auf die Geruchswahrnehmung und –bewertung. Die Geruchsqualität kann auch von der Geruchsstoffkonzentration abhängen. So werden manche Geruchsstoffe in geringer Dosis 6 als angenehm, bei hohen Konzentrationen 7 jedoch als unangenehme Belästigung empfunden.

Es gibt eine Vielzahl an Klassifizierungssystemen für Gerüche. Eines der am häufigsten verwendeten unterscheidet sieben Grundgerüche (Tabelle). Alle anderen Gerüche bestehen aus Mischungen dieser Grundgerüche.

Tabelle 1: Grundgerüche nach AMOORE

Grundgeruch Geruchsstoff Beispiel Kampferähnlich Kampfer Mottengift Moschusartig Pentadekanolaceton Engelwurz Blumenduftartig Phenylethylmethylethylkarbinol Rosenduft Mentholartig Menthone Minze Ätherisch Ethylendichlorid Trockenreinigungsmittel Beißend Ameisensäure Weinessig Faul Buthylmercaptan Faules Ei

Werden Gerüche als Signale der Bedrohung aufgefasst, können sie Sorge, Angst oder Aggression auslösen. Dann kann eine ernst zu nehmende Gesundheits-gefährdung entstehen. Bei den sog. Toxikopien entwickeln die Patienten Krankheitsbilder oder pathologische Symptome, die für eine Vergiftung typisch sind, ohne dass der entsprechende Giftstoff vorhanden ist. Die Patienten interpretieren Gerüche als Anzeichen einer drohenden Vergiftung und reagieren darauf z. B. mit Erbrechen, z. T. aber auch mit spezifischeren Reaktionen. Gerüche können insofern tatsächlich gesundheitsbeeinträchtigende Wirkung haben, ohne toxisch zu sein). Es gilt als gesichertes medizinisches Grundwissen, dass selbst nicht unmittelbar gesundheits-beeinträchtigende Gerüche langfristig das Wohlbefinden des Menschen negativ beeinflussen.

6 Die Dosis (Plural Dosen; Verabreichen einer Dosis: Dosierung) ist hier die Menge eines Stoffes, die dem Organismus zugeführt wird (angegeben in z. B. mg/m³ Atemluft oder mg/kg Körpermasse). 7 Auf eine Bezugsgröße (pro Volumen Umgebungsluft oder pro kg Lebensmittel oder kg Bausubstanz) bezogene Chemikalienmenge. Im Gegensatz dazu ist die Dosis auf die den Organismus bezogen.

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Eine Geruchsbelästigung kann auch krankmachen, was vielfach früher irrtümlich verharmlosend als „nur“ psychische 8 Beeinträchtigung betrachtet wurde. Heute weiß man um die Gesundheitsrelevanz physischer Beeinträchtigungen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Gesundheit nicht nur als Abwesenheit von Krankheiten und Schwäche, sondern als einen Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens. Dabei spielt der Wohn- und z. B. Bürobereich eine wichtige Rolle. Dagegen wurde bislang keine unmittelbar krankmachende Wirkung von Gerüchen nachgewiesen. Geruchswahrnehmungen sind folglich nicht mit möglichen Gesundheitsbeeinträchtigungen gleichzusetzen. Es gibt Chemikalien die stark riechen, ggf. auch unangenehm riechen, die wenig gesundheitsgefährdend sind. Andere Chemikalien riechen sehr schwach oder gar nicht und sind unter Umständen stark gesundheitsbeeinträchtigend. In der Praxis geht es um eine Abgrenzung der geruchlichen Lästigkeit (im Sinne geringer geruchlicher Belästigung) von einer unzumutbaren, erheblichen geruchlichen Belästigung. Die ist jedoch keine primär gesundheitliche Problemstellung sondern allenfalls eine geruchliche Belästigung im Sinne des Baurechts und Arbeits(schutz)rechts.

8 Mit Psyche wird die „subjektive“ oder „innere“ Erlebensseite bezeichnet, die auch Handeln und sonstiges Reagieren einschließt. Traditionell wird „dem Psychischen“ der „physische“ Leib oder „somatische“ Körper gegenübergestellt. Als „psychosomatisch“ werden dann solche „leib-seelischen“ Vorgänge bezeichnet, bei denen die bewussten und unbewussten psychischen Aktivitäten mit solchen Vorgängen im Menschen in Zusammenhang stehen, die nur physiologisch, biochemisch oder anderweitig festgestellt und beobachtet werden können. In erster Linie handelt es sich dabei um Veränderungen von vegetativ gesteuerten und hormonell vermittelten Vitalfunktionen wie Muskeltonus, Atmung, Herzschlag, Blutdruck oder Verdauung u.a.

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Kennblätter Gefahrstoffe in Gebäuden PAK Vorkommen mit Naphthalin/Naphthalinähnlichen Seite 1

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Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe (Abk.: PAK)

Vorkommen mit Naphthalin/Naphthalinähnlichen

Andere Bezeichnungen PAH (englisch: Hydrocarbons; mitunter „eingedeutscht“ gebraucht) Polycyclen (umgangssprachlich) Schreibweise polyzyklisch und polycyclisch ist gleichbedeutend

Schreibweise der Chemikaliennamen mit Endung „in“ ist gleichbedeutend mit der Schreibweise „en“. Im Englischen nur „en“.

Chemische Struktur mehrringige Aromaten mit mindestens 2 Ringen; zumeist sind Ringe mit 5 und/oder 6 Kohlenstoffatomen ohne Fremdatome (wie Schwefel, Stickstoff, Sauerstoff) in den Ringen gemeint 1, bei denen 2 Ringe zumindest 2 gemeinsame C-Atome aufweisen. Ringe mit Heteroatomen wie Schwefel, Stickstoff, Sauerstoff zählen zu den Heterocyclen und werden mit der üblichen PAK-Analyse nicht erfasst. Bei Innenraumluft-Belastungen werden Naphthalin und Naphthalin-ähnliche (trizyklische aromatische Kohlenwasserstoffe wie Acenaphthen, Acenaphthylen, Anthracen, Fluoren und Phenanthren) gemeinsam als Schadstoffgruppe bewertet.

Beispiel chemische Formel (gleichberechtigte Darstellungen)

Benzo[a]pyren

Benzo[a]pyren

(linkes und mittiges Formelbild sind gleichbedeutende (nur)

unterschiedliche Darstellungsweisen)

Naphthalin

Leitsubstanz(en) 2 Für PAK: Benzo[a]pyren (umgangssprachlich: Benzpyren 3); Abk. BaP oder B[a]P Für Naphthalin/naphthalinähnliche: Naphthalin

Zeitbezug Baudatum ist kein verlässlicher Hinweis! Früher verwendete Produkte können, müssen aber nicht hohe Gehalte an PAK und/oder Naphthalin enthalten. Deren Gehalt ist sehr zufällig, weil man früher darauf nicht geachtet hat und erst in jüngerer Vergangenheit auf die Herstellung und Verwendung PAK-armer Produkte achtet. Es sind immer Analysen erforderlich, da die geruchliche Identifizierung nicht einfach und oft unsicher ist.

Herkunft

Waren früher Abfallprodukte, später genutzte Nebenprodukte, der Gasherstellung (Kohleveredlung). Deshalb vielfältig anzutreffen. Heute noch in mit geringen Gehalten in speziell PAK-arm hergestellten Baustoffen.

1 Unterschied zu den Heterocyclen 2 Für eine Chemikaliengruppe wird mitunter eine „Leitsubstanz“ festgelegt. Dies ist der Einzelvertreter mit für die gesamte Gruppe besonders typischen Eigenschaften. 3 Zu beachten: Es gibt mehrere Chemikalien mit dem Namen Benzpyren, gemeint ist hier speziell das Benzo[a]pyren. Das [a] charakterisiert die Anordnung der Ringe.

Page 15: Anlage 5 - teltow.de fileEine Beurteilung kann auch rein deskriptiv erfolgen, wenn die Datenlage keine toxikologisch fundierte Bewertung erlaubt. Damit kann festgestellt werden, wie

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Zusammenhang Teer - Pech -

Bitumen -

Asphalt (Mischung aus dem Bindemittel Bitumen und

Gesteinskörnungen) 4

Gussasphalt (beim Einbau gieß- und streichbar) 5

Anwendungsverbote

Nutzungsbegrenzungen

Im bestimmten Artikeln (z. B. Kinderspielzeug) im Gehalt gesetzlich begrenzt. Heute werden PAK-arme bis -nahezu freie Baustoffe (in jedem Fall ohne Naphthalin/Naphthalinähnliche) bevorzugt und über den VOC-Gehalt kontrolliert.

Chemische Analytik Da es sich um einige hundert bis tausend Einzelsubstanzen handelt hat die USamerikanische Umweltbehörde EPA für Analysen eine Auswahl von 16 Einzelvertretern vorgegeben (PAK16), die in der BRD nach Vorschriften der EN-DIN-ISO-Reihe standardmäßig von Labors analysiert werden. In Wasserproben werden mitunter nur 6 PAK analysiert. Extraktion nach genormtem Analysenverfahren dauert mindestens 24 Stunden. Dann Gaschromatographie (GC 6) oder Hochdruckflüssigchromatographie (HPLC). Kostenschätzung eine Analyse ohne Probenahme: in neuen Bundesländern 18-70 €, in alten Bundesländern bis >120 €. Korrekte Analysenbefunde frühestens nach 2 bis 3 Tagen. Es gibt auch noch andere PAK aus der Gruppe der Isocyclen und die Heterocyclen, die mit der üblichen PAK16-Analytik nicht erfasst werden.

Eigenschaften PAK sind nicht schwarz, sondern weiß bis gelblich-grüne Feststoffe, die unter üblichen Umgebungstemperaturen (bis ca. 50oC) bei Abwesenheit von Naphthalin/Naphthalinähnlichen praktisch nicht verdampfen. Deshalb sind für Menschen PAK ohne Naphthalin geruchlos 7. PAK sind in Wasser grundsätzlich löslich (geringe Spuren sind umweltgefährdend und gesundheitsschädlich), aber schwerlöslich. Naphthalin ist als Ausnahme relativ gut wasserlöslich. Naphthalin/Naphthalinähnliche verdampfen und sind grundsätzlich geruchlich wahrnehmbar.

Gesundheitliche und umweltrelevante Wirkungen

Alle PAK haben chronische 8 Wirkungen (Langzeitwirkungen: hier speziell krebserzeugend; Fachbegriff karzinogen 9). Spezialwissen: Nicht alle PAK gelten gleichermaßen stark karzinogen. Es gibt mehrere Umrechnungsmethoden zur Berechnung von Toxizitätsäquivalenten, deren Anwendung dem Spezialisten vorbehalten sind. Sinngemäß gelten BaP-arme bzw. -freie PAK als wenig(er) karzinogen. Naphthalin/Naphthalinähnliche haben zusätzlich akute Wirkungen

4 Sind je nach Produkt PAK-ärmer - Analysen erforderlich! 5 Sind je nach Produkt PAK-ärmer - Analysen erforderlich! 6 Gaschromatographie/Massenspektroskopie (GC/MS) als ergänzende Bestätigung und/oder Screening 7 Achtung: Bei Vorkommen von Naphthalin wird dessen Geruch wahrgenommen, weil Naphthalin bei üblichen Umgebungstemperaturen verdampfen kann. 8 Langzeit-Wirkung, im Gegensatz zu „akut (Kurzzeitwirkung)“ 9 Sinngleich: carcinogen, kanzerogen, cancerogen, krebserzeugend, krebserregend. In der Praxis wird auch ein Verdacht dieser Wirkung gleichgesetzt.

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(Kurzzeitwirkungen: hier Kopfschmerzen, Schleimhautreizungen, z. B. Augentränen)

Spezielle Gefahren für Gebäudenutzer

Aufnahme von Abriebstaub (Parkett) und Hautkontakt offen zugänglicher PAK. Wenn Naphthalin/Naphthalinähnliche vorhanden, zusätzlich Ausdampfen in die Innenraumluft, u.U. mit typischer Geruchsbelästigung.

Indizien (Erkennungsmöglichkeiten) für

das Vorkommen von PAK

1. Wo Schwarzfärbungen (zumeist durch Kohlenstoff verursacht) vorkommen, kommen häufig PAK vor. Aber auch an hell gefärbten Stellen können folglich PAK vorkommen - Analysen erforderlich!

2. typische Baustoffe (Teere, Teerpappen, Anstriche), typische Bauelemente (siehe unten) lassen PAK vermuten - Analysen erforderlich!

3. Geruch/Abwesenheit von Geruch sind nur Indiz, aber kein sicherer Hinweis/Ausschluss 10

Ubiquitäres 11 Vorkommen PAK gehören zu den Chemikalien, die in geringen Konzentrationen in allen Teilen der Umwelt vorkommen. Kontamination liegen über der üblichen Grundbelastung (Hintergrundwert). Der Hintergrundwert für die Einzelstoffe der PAK-Gruppe liegt in Feststoffen in der Regel im Bereich <1 bis wenigen mg/kg.

Beispiele typischen Vorkommens

Teerkork Dichtanstriche

Parkett Pohlmann-Decke (Rahmenzellendecke, Thermorahmendecke)

Dach- und Dichtpappen, alle Schwarzanstriche an Bauwerken, Dichtanstriche (auch verbaute nicht sichtbare Zwischenschichten)

10 Bei Naphthalin sehr unterschiedliche Geruchswahrnehmung beim Menschen. Naphthalinfreie PAK riechen nicht nach Naphthalin (stechend mitunter individuell als angenehm empfundener aromatischer Geruch), oft aber nach Phenol/Kresolen (muffig/ekliger Geruch). 11 überall, allgegenwärtig, überall verbreitet. Man findet diese Chemikalien in praktisch allen Analysen.

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entfernte Teerpappe unter Estrich (Sekundärkontamination); an Wänden aufgekantete Teerpappen beachten

Alte Unterputz-Isolieranstriche (Feuchträume) Vergussmassen (Fugen und flächig), Spachtelmassen Hauptsächlich Innenbeläge von Schornsteinen und Füchsen; gebrauchte Schamotte (feuerfeste Steine und Ausmauerungen); alles oft vom Ziegel nicht trennbar; Inneres von Kachelöfen. manche Aschen und Schlacken (z. B. Deckenschüttungen) Bahnschwellen (auch zu anderen Zwecken wiederverwendete); behandeltes Bauholz (z. B. Zäune, Dachstühle, Masten); Abfälle und andere

Grenzwerte oder Vergleichbares

Sanierungszielwert bei Brandschadensanierung (VdS 2357): < 100 mg PAK/m² (Wischprobe!) Gefährlicher Abfall gemäß AVV 12: > 100 mg PAK16/kg bzw. >50 mg BaP/kg ( „Vollzugshilfe… Spiegeleintrag“ oder vergleichbares ? 13) LAGA-Richtlinie Bauschutt (1997 14): 75(100) mg/kg (Tab. II.1.4.-4: vor Aufbereitung); Recyclingbaustoffe (Tab. II.1.4-5) Z0: 1 mg/kg; Z1.1: 5 (20) mg/kg; Z1.2: 15 (50) mg/kg; Z 2: 75 (100) mg/kg. Handlungsbedarf bei Hausstaubkonzentrationen >100 mg BaP/kg Frischstaub 15

Sanierungserfordernisse Bestandsschutz gilt nur, wenn durch Dämpfe von Naphthalin/Naphthalinähnlichen keine gesundheitliche Gefährdung und keine Belästigung (Befindlichkeitsstörungen) auftreten. Dürfen überbaut werden, wenn keine Gesundheitsgefährdung besteht. Handlungsbedarf bei nachweislicher Gesundheitsgefährdung (Parkett: bei Hautkontakt oder Staubbildung; ist fast immer bei Vorkommen von Naphthalin/Naphthalinähnlichen gesundheitsgefährdend; dann in der Regel Quellenausbau notwendig, weil Einkapseln erfahrungsgemäß nicht nachhaltig. Überbauung von ausdampfenden Baustoffen ist nicht sinnvoll, weil meist nicht nachhaltig.

Geforderte Fachkunde/Sachkunde -

Nachweise

Sachkunde DGUV Regel 101-004 (bisher BGR 128) Fachkunde TRGS 524 Vorgaben der VdS 2357 (d. s. Fachkunde TRGS 524/Sachkunde BGR128)

Sonstige spezielle Anforderungen

Arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge für Arbeitnehmer Überwachung mittels „Biomonitoring 16“ mit Arbeitsmediziner absprechen, jedoch nur bei hoher Exposition sinnvoll 17

12 Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (Abfallverzeichnis-Verordnung -AVV). "Abfallverzeichnis-Verordnung vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3379), zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 22 G v. 24.2.2012 I 212. 13 Brandenburg/Berlin: Vollzugshinweise zur Zuordnung von Abfällen zu den Abfallarten eines Spiegeleintrages in der Abfallverzeichnis-Verordnung vom 07.03.2012 14 Die Mitteilung der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) 20: Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen – Technische Regeln – vom 6. November 1997. Nur für den Teil Bauschutt/Straßenaufbruch noch immer gültig. 15 Hinweise für die Bewertung und Maßnahmen zur Verminderung der PAK-Belastung durch Parkettböden mit Teerklebstoffen in Gebäuden (PAK-Hinweise) - Fassung April 2000 - Projektgruppe Schadstoffe der Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz - Konferenz der für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Minister und Senatoren der Länder (ARGEBAU). Bayerisches Staatsministerium des Innern/Oberste Baubehörde, München

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Sanierungsanforderungen Wenn Naphthalin/Naphthalinähnliche vorhanden sind nur nachhaltige

Verfahren (vorzugsweise Quellenausbau) sinnvoll. Alle Verfahren, die Staub sicher beseitigen (HEPA-Filter: H- oder M-Maschinen) und/oder Bildung PAK-haltiger Stäube nachhaltig verhindern und Hautkontakt mit den PAK-haltigen Baustoffen unterbinden.

Sanierungstechnik Einkapseln bei Belastung durch Naphthalin/Naphthalinähnliche meist nicht sinnvoll, weil nicht nachhaltig. Grundsätzlich staubarme Technologien. Sanierungsvarianten 1, 3, 4, 9 (siehe Tabelle Sanierungsverfahren).

Entsorgungserfordernisse nach AVV, oft „gefährliche Abfälle“ Brandrückstände in Brandenburg/Berlin, obwohl Naphthalin/naphthalinähnliche nicht enthalten, gemäß „Merkblatt zur Entsorgung von Brandabfällen“ der SBB mbH gefährliche Abfälle, solange nicht der analytische Gegenbeweis vorliegt.

Besonderer technischer Arbeitsschutz

staubarme Technologien, Atemschutz gegen Naphthalin kann sich aus gefährdungsbeurteilung ergeben, dann u.U. Atemschutzfilter A-braun zusätzlich zu Staub- und Hautschutz

Besonderer persönlicher Arbeitsschutz

mindestens staubdichte Anzüge (Kategorie 3, Typ 5 - partikeldicht); ggf. Feuchtarbeit beachten; Chemikalienschutzhandschuhe; Atemschutzvollmaske; vorzugsweise Partikelfilter P3 und A-Filter; Pflichtvorsorge (s.o.)

Betriebsanweisung Muster im Handordner Betriebsanweisungen Handlungsanleitungen

Technische Regelwerke TRGS

Vertiefung geeignete Literatur

(Internetpräsentationen)

16 Regelmäßige Untersuchungen von Blut und/oder Urin; beginnend vor Aufnahme des Umgangs mit PAK 17 Ausgesetztsein (und dadurch Aufnahmemöglichkeiten in den menschlichen Körper)