Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software...

31
Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ Katharina Mattes Abstract. Diese Seminararbeit stellt einen Überblick über Motivationstheorien und Anreizsysteme her und diskutiert das Zusammenwirken zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation. Um das Thema Motivation im Kontext Social Software einzuleiten, werden an Hand von Fallstudien aus den Bereichen Wissensnetzwerke, Wikisysteme und Social Software des Unternehmens 1&1 Möglichkeiten zur Motivation erläutert. Keywords: Motivationstheorien, Anreizsysteme, intrinsische Motivation, extrinsische Motivation, Social Software, Knowledge Management, Wissensnetzwerke

Transcript of Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software...

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social

Software Engineering“

Katharina Mattes

Abstract. Diese Seminararbeit stellt einen Überblick über Motivationstheorien und Anreizsysteme her und diskutiert das Zusammenwirken zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation. Um das Thema Motivation im Kontext Social Software einzuleiten, werden an Hand von Fallstudien aus den Bereichen Wissensnetzwerke, Wikisysteme und Social Software des Unternehmens 1&1 Möglichkeiten zur Motivation erläutert.

Keywords: Motivationstheorien, Anreizsysteme, intrinsische Motivation, extrinsische Motivation, Social Software, Knowledge Management, Wissensnetzwerke

2 Katharina Mattes

Inhalt

Inhalt ........................................................................................................................ 2 Abbildungsverzeichnis ............................................................................................. 3 1 Einleitung – Motivation zum Thema................................................................... 4 2 Grundlagen – Motivationstheorien...................................................................... 4

2.1 Definition Motivation..................................................................................... 4 2.2 Definition intrinsische und extrinsische Motivation ...................................... 5

2.2.1 Extrinsische Motivation .......................................................................... 5 2.2.2 Intrinsische Motivation ........................................................................... 5

2.3 Inhaltstheorien................................................................................................ 5 2.3.1 Abraham Maslow – die Bedürfnishierarchie........................................... 5 2.3.2 ERG-Theorie nach Adelfer ..................................................................... 6 2.3.3 Herzberg – Zwei-Faktoren-Theorie......................................................... 6 2.3.4 Bedürfnisarten - McClelland .................................................................. 7

2.4 Prozesstheorien .............................................................................................. 8 2.4.1 Locke – Zielsetzungstheorie.................................................................... 8 2.4.2 Erwartungstheorie Vroom/Valenzmodell.............................................. 10 2.4.3 Porter und Lawler – Rückkopplungsmodell .......................................... 11 2.4.4 Bemerkungen - Prozesstheorien ............................................................ 11

2.5 Aktionstheorien ............................................................................................ 12 2.5.1 Die Motivationsquellen - Comelli und von Rosenstiel.......................... 12 2.5.2 Flow-Theorie - Mihaly Csikszentmihalyi ............................................. 13

3 Anreize und Anreizsysteme .............................................................................. 13 3.1 Anreize ......................................................................................................... 14 3.2 Anreizsysteme .............................................................................................. 15 3.3 Effizienz von Anreizsystemen ..................................................................... 16

4 Zusammenhang zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation .............. 17 4.1 Crowding-Out Effekt.................................................................................... 18 4.2 Weitere Wirkungen zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation ... 18 4.3 Die Relevanz der extrinsischen Motivation ................................................. 19

5 Anwendung und Beispiele ................................................................................ 20 5.1 Das Job-Characteristic-Modell..................................................................... 20 5.2 Fallstudien zum Thema Motivation ............................................................. 22

5.2.1 Beispiel Wissensnetzwerke ................................................................... 22 5.2.2 Social Rewarding in Wiki-Systemen..................................................... 24 5.2.3 Motivation im Kontext Enterprise 2.0................................................... 25

5.3 Kritische Bemerkungen................................................................................ 28 6 Fazit................................................................................................................... 29 References.............................................................................................................. 30

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ 3

Abbildungsverzeichnis

Fig. 1. Die Kurve aufsuchender Leistungsmotivation im Risikowahlmodell modifiziert nach Atkinson (1957)................................................................................. 8

Fig. 2. Zusammenhang zwischen Motivation und Anreiz...................................... 14 Fig. 3. Anreize zur Motivierung von Führungskräften, Quelle: Petersen89,

Optimale Anreizsysteme, S.5 ..................................................................................... 15 Fig. 4. Anreizsysteme, Quelle: Kossbiel ................................................................ 16 Fig. 5. Das Job-Characteristic-Modell von Hackmann und Oldham, Quelle:

Pinder84, S.247........................................................................................................... 21

4 Katharina Mattes

1 Einleitung – Motivation zum Thema

Social Software, die in Unternehmen beispielsweise über Wikisysteme und Intranet eingesetzt wird, lebt von einem hohen Aktivitätslevel der Nutzer. Da diese aber nicht immer in direktem Kontext zur eigentlichen Aufgabe des Mitarbeiters stehen und auf freiwillige Beiträge aufbauen, müssen die Mitarbeiter durch gezielte Anreize zum regelmäßigen Beitragen motiviert werden.

Diese Arbeit biete eine Einführung in die Motivationstheorien und Anreizsysteme,

die in der Literatur diskutiert werden. Weiter wird die Problematik des Zusammenhangs zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation erläutert. Darauf aufbauend wird an Hand von Fallstudien die Umsetzung der Motivations- und Anreiztheorien in der Unternehmenswelt betrachtet und auf die Erfolgsfaktoren sowie Risiken eingegangen.

2 Grundlagen – Motivationstheorien

Dieses Kapitel widmet sich den gängigen Motivationstheorien. Ansätze zur Motivationstheorie stammen ursprünglich aus der Psychologie und

Soziologie, in dieser Arbeit wird aber vor allem aus dem Blickwinkel der Organisationstheorie auf die Theorien eingegangen.

Motivationstheorien unterteilen sich in Inhalts-, Prozess- und Organisationstheorien, wobei erstere statisch ist, hier werden die Motivstrukturen der Individuen erklärt. Die letzten beiden Theorien gehen auf das Zusammenwirken der unterschiedlichen Faktoren, die die Motivation hervorrufen, ein und sind somit dynamisch.

2.1 Definition Motivation

Das Wort Motivation stammt von dem lateinischen Wort movere1 ab. Der Begriff umfasst alle körperlichen und psychologischen Prozesse, die unsere Handlungen auslösen, steuern und aufrechterhalten. Durch Motivation wird man zum Handeln angeregt, man strengt sich an um spezielle Ziele zu erreichen ohne dabei abgelenkt zu werden. Dabei werden verschiedene Zustände erlebt; die des Angezogenseins, Gefesseltseins, Verlangens, Wollens, Drängens, der Spannung, Aktivation und Ruhelosigkeit. Außerdem bestimmt die Motivation über die Richtung, Intensität und Dauer unseres Handelns. Das Motivationsphänomen kann auch als „aktivierende Ausrichtung des momentanen Lebensvollzugs auf einen positiv bewerteten

1 movere (lat.) = etwas bewegen

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ 5

Zielzustand“ beschrieben werden [Rheinberg95, S.13]. Die Motivationstheorien erklären hierbei die unterschiedlichen Prozesse und Komponenten, die aufeinander wirken.

Motiviertes Verhalten kann auf zwei verschiedene Arten gesteuert werden, entweder angetrieben und gedrückt durch Triebe und Instinkte oder angezogen durch Anreize aus der Umwelt oder über Motive, wobei die Umwelt subjektiv betrachtet wird. Erwartungen haben dabei einen großen Einfluss, wie die Umwelt interpretiert wird [Comelli95, S.1], [Rheinberg95, S.12-15], [Zimbardo96, S.350].

2.2 Definition intrinsische und extrinsische Motivation

Um die nachfolgenden Kapitel verständlicher zu machen, werden hier kurz die Begriffe extrinsische sowie intrinsische Motivation erklärt. In Kapitel 4 wird detaillierter auf die Problematik eingegangen. Da Wissenschaftler unterschiedliche Trennungen zwischen den Begriffen extrinsischer und intrinsischer Motivation vornehmen und es keine eindeutige Trennung gibt, soll in dieser Arbeit vom zugrunde liegenden Anreizmechanismus ausgegangen werden.

2.2.1 Extrinsische Motivation Bei der extrinsischen Motivation liegt der Beweggrund außerhalb der eigentlichen Handlung, das Verhalten der Person wird von außen beeinflusst. Zur extrinsischen Motivation zählen neben den finanziellen Anreizen auch die Anerkennung, das Lob und die Reputation [Rheinberg95, S.137].

2.2.2 Intrinsische Motivation Die intrinsische Motivation entsteht hingegen aus der inneren Befriedigung mit der Aufgabe, beispielsweise weil die Aufgabe Freude bereitet oder man mit seiner Leistung zufrieden ist, da selbst gesetzte Ziele erreicht wurden. Die intrinsische Motivation stellt eine unmittelbare Bedürfnisbefriedigung dar [Rheinberg95, S.130], [Frey02, S.23-24].

2.3 Inhaltstheorien

Die Inhaltstheorien erklären, wie ein bestimmtes Verhalten zustande kommt. Sie zeigen die Existenz unterschiedlicher Motivstrukturen auf und gehen auf die Motive, die das menschliche Handeln beeinflussen, detaillierter ein.

2.3.1 Abraham Maslow – die Bedürfnishierarchie Die Bedürfnishierarchie von Maslow (1943, 1970, 1971) geht davon aus, dass der Mensch gewisse Grundbedürfnisse hat, die sich in fünf verschiedene Motive einordnen lassen. Diese sind hierarchisch geschichtet, erst wenn das vorhergehende Motiv erfüllt wird, wird das Motiv der folgenden Stufe ausgelöst. Sobald die Bedürfnisse erfüllt sind scheiden sie als Handlungsantrieb aus.

6 Katharina Mattes

Ausgehend von den physiologischen Bedürfnissen wie Hunger, Durst, Sexualität, Ruhe, Bewegung folgen die Sicherheitsbedürfnisse. Darunter versteht man das Streben nach Stabilität und Geborgenheit, z.B. die Absicherung gegen den Verlust des Arbeitsplatzes, aber auch Struktur, Ordnung und Schutz. Auf der dritten Ebene befindet sich das Zugehörigkeitsbedürfnis, dazu zählt neben der Integration und Akzeptanz in soziale Gruppen auch das Bedürfnis nach Zuneigung. Anschließend folgt das Wertschätzungsbedürfnis, die Beurteilung der eigenen Person durch andere aber auch durch sich selbst. Ersteres zeigt sich in Anerkennung, Status und Aufmerksamkeit, letzteres in Selbstvertrauen, Selbstständigkeit, Können und Wissen. Das letzte Bedürfnis ist das Selbstverwirklichungsbedürfnis, dem Wunsch nach Entfaltung der eigenen Persönlichkeit. Im Gegensatz zu den vier vorhergehenden Bedürfnissen handelt es sich hierbei nicht um die Erfüllung eines Mangels, sondern um ein Wachstumsmotiv.

Maslows Modell wird jedoch kritisiert. So fehlen empirische Beweise, die die Reihenfolge der Bedürfnisse bestätigen, insgesamt wird es als unpräzise beurteilt [Schuler04, S.69-71], [Scholz00, S.878-881].

2.3.2 ERG-Theorie nach Adelfer Adelfer (1969) definiert in seiner Theorie die Existenz von drei Bedürfnissen, das Existenzsicherungs-, Beziehungs- und Wachstumsbedürfnis. Diese drei Bedürfnisarten stellt er in Beziehung zueinander. Im Gegensatz zu Maslow gibt es weder eine hierarchische Schichtung der Bedürfnisse noch eine vollständige Befriedigung der einzelnen Bedürfnisse. Der Kritikpunkt an seiner Theorie ist die fehlende Kausalität der Beziehungen. Insgesamt ist seine Theorie greifbarer als Maslows Ansatz, allerdings fehlt dem Modell eine konkrete Grundaussage [Scholz00, S.881f].

2.3.3 Herzberg – Zwei-Faktoren-Theorie Herzbergs Ansatz (1966) behandelt das Thema Arbeitsmotivation und –Zufriedenheit. Er geht davon aus, dass es zwei verschiedene Einflussfaktoren gibt, die Satisfaktoren (Motivatoren) sowie die Dissatisfaktoren (Hygienefaktoren). Dabei sind erstere für die Schaffung von Zufriedenheit verantwortlich sowie zur Erbringung von Leistungsanreizen. Letztere dienen zur Schaffung notwendiger Rahmenbedingungen um die Leistungserbringung zu fördern sowie zur Beseitigung von Arbeitsunzufriedenheit.

Zu den Satisfaktoren zählen unter anderem Leistung, Anerkennung der Leistung durch andere, Verantwortungsgefühl sowie die Arbeit selbst. Die Dissatisfaktoren lassen sich unter anderem in Überwachung, Unternehmenspolitik und Arbeitsbedingungen aufspalten.

Der essentielle Aussagegehalt dieser Theorie ist, dass neben der Arbeitstätigkeit auch die materielle und soziale Umgebung des Arbeitsplatzes zur Leistungssteigerung und Erlangung von Zufriedenheit beiträgt [Schuler04, S.71], [Scholz00, S.882-886].

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ 7

2.3.4 Bedürfnisarten - McClelland Das Streben nach Leistung, Macht, Zugehörigkeit und Vermeidung definiert laut McClelland (1951, 1975, 1985) das menschliche Verhalten. Seine Forschungsergebnisse wurden an Hand von Bildinterpretationen durch Probanden durchgeführt. McClellands Theorie der Leistungsmotivation basiert auf dem Ansatz von Henry A. Murray. Murray teilte die Bedürfnisse in primäre Bedürfnisse wie Hunger und Durst sowie sekundäre Bedürfnisse auf. Unter den sekundären Bedürfnissen werden unter anderem das Bedürfnis nach Leistung, Anschluss und Unabhängigkeit verstanden.

Die vier Bedürfnisarten McClellands können durch bestimmte Situationen, persönliche Erfahrungen sowie die Kultur beeinflusst werden. Außerdem können sich die Motive der Person langfristig gesehen verändern. [Scholz00, S.886-890]

2.3.4.1 Leistungsmotivationsforschungen

Auf die Leistungsmotivationsforschung (1957, 1958) von McClelland und Atkinson soll in dieser Arbeit detaillierter eingegangen werden.

Eine Person ist leistungsmotiviert, weil sie sich ein höheres Gehalt, eine höhere Position oder mehr Prestige und Einfluss erhofft. Hierbei wird das eigene Verhalten und Ergebnis mit einem Gütemaßstabs gemessen und dementsprechend beurteil, ob man erfolgreich war. Der Anreiz zur Zielerreichung besteht darin, dass man persönlich etwas Anspruchsvolles geschafft hat. Dabei wird die Zufriedenheit nur durch eigene Leistung und Fähigkeiten erreicht. Wird das Ergebnis durch Zufall oder Glück erzielt, stellt sich keine Zufriedenheit ein. Wichtig ist, dass die Aufgabe anspruchsvoll gestaltet ist um Engagement und Interesse hervorzurufen und es sich nicht um die Erledigung von Routinetätigkeiten handelt.

Ein weiteres Kriterium ist, dass dem Individuum genügend persönlicher Freiraum zur Erfüllung der Aufgabe gegeben wird und dass Entscheidungen selbstständig gefällt werden können. Ansonsten kann sich Unzufriedenheit einstellen.

Leistungsmotivierte Personen benötigen zudem mehr Feedback bezüglich der Performance ihrer erzielten Ergebnisse als andere Personen [Pinder84, S.60-70, Rheinberg95, S.58-78].

Zusammengefasst lässt sich die Leistung einer Person über drei Variablen

beeinflussen. Zum einen hat das Bedürfnis der Person, Leistung zu erbringen, Einfluss auf die getätigte Leistung. Aber auch der wahrgenommene Schwierigkeitsgrad der Aufgabe sowie das erwartete Ausmaß der intrinsischen Belohnung wirken sich auf die Leistung aus. [Pinder84, S.64]

Das Erleben von Erfolg und Misserfolg hängt vom zuvor gewählten Anspruchsniveau ab, nicht von der gemeisterten Aufgabe. Wird das gewählte Anspruchsniveau übertroffen, so stellt sich ein Erfolgserlebnis ein, ansonsten nicht. Das Anspruchsniveau wird sowohl durch das Schwierigkeitsniveaus der Aufgabe als auch durch die Erfolgswahrscheinlichkeit bestimmt. Dazu hat Atkinson (1957, 1958) das Risikowahl-Modell definiert, das die Leistungsmotivation abhängig vom Schwierigkeitsgrad sowie der erwarteten Erfolgswahrscheinlichkeit der Aufgabe grafisch erklärt.

8 Katharina Mattes

Fig. 1. Die Kurve aufsuchender Leistungsmotivation im Risikowahlmodell modifiziert nach Atkinson (1957), Quelle: Rheinberg95, S.71

Die maximale Motivation ergibt sich bei Aufgaben mit mittelschwerem Niveau, denn hier ist die Wahrscheinlichkeit zu scheitern gleich groß wie die, erfolgreich zu sein. Somit wird ein moderater Schwierigkeitsgrad bei Aufgaben bevorzugt.

Bei der Aufgabengestaltung gilt es zu beachten, dass der Schwierigkeitsgrad

abhängig vom jeweiligen Individuum unterschiedlich eingeschätzt wird. Dabei werden die Erwartungen des Individuums wiederum durch vorhergehende Tätigkeiten und Erfahrungen beeinflusst [Rheinberg95, S.68-78].

2.4 Prozesstheorien

Die Prozesstheorien erklären, wie ein bestimmtes Verhalten zustande kommt. Sie analysieren das Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren, die die Motivation hervorrufen.

In dieser Arbeit wird auf die Zielsetzungstheorie von Locke, das Erwartungsmodell von Vroom sowie auf das Rückkopplungsmodell von Porter und Lawler eingegangen.

2.4.1 Locke – Zielsetzungstheorie Locke (1968, 1990) definiert in seiner Zielsetzungstheorie drei Grundsätze. Der erste Grundsatz ist dass Streben nach Erlangung eines bestimmten Ziels, der das Verhalten

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ 9

der Menschen kennzeichnet. Grundsatz zwei erklärt, dass durch Ziele der Anstrengungsgrad der Individuen bestimmt werden. Laut Locke ergeben höher gesetzte Ziele somit eine größere Leistung als einfachere Ziele. Der dritte Grundsatz besagt, dass konkrete und spezifische Ziele eine größere Anstrengung auslösen als vage oder ungenau formulierte Ziele. Der letzte Grundsatz dieser Theorie betont, dass Anreize in Form von Geld, Feedback und Wettbewerb nur dann Einfluss auf das Handeln haben, wenn es sich dabei um die Gestaltung der Rahmenbedingung für die Erfüllung der speziellen Ziele handelt.

Wichtig hierbei ist, dass das Individuum ein Verständnis der Gesamtsituation hat, und dass es versteht, zu welchem Zweck dieses Ziel erreichen werden soll [Pinder84, S.160], [Scholz00, S.891].

2.4.1.1 Der Schwierigkeitsgrad zur Erlangung des Ziels

Die Abhängigkeit zwischen dem optimalen Schwierigkeitsgrad sowie der dazu benötigten Performance soll an Hand eines Beispiels erklärt werden. Zwei Personen wird die gleiche Aufgabe gegeben, die erfüllt werden soll. Einer der beiden erhält jedoch ein komplizierteres Ziel, beispielsweise muss die Aufgabe in der Hälfte der Zeit erfüllt werden. Laut Lockes Theorie wird die Person mit der kürzeren Zeit eine höhere Leistung erbringen, vorausgesetzt sie möchte das Ziel erreichen. Der Schwierigkeitsgrad zur Erreichung des Ziels – und nicht der der Aufgabe – wird hier als kritische Bestimmungsgröße des Anstrengungsniveaus gesehen. Diese Aussage wurde durch zahlreiche Feldversuche und Laboruntersuchungen bestätigt.

Die Theorie von Locke unterscheidet sich somit von der Theorie McClellands, bei

der ein moderater Schwierigkeitslevel zu maximaler Performance führt, sowie von Vrooms Erwartungstheorie (vgl. Kapitel 2.4.2), die das Maximum bei maximaler Erwartung erreicht [Pinder84, S.161f].

2.4.1.2 Teilnahme des Mitarbeiter bei der Zielsetzung

Höhere Motivation - und folglich auch eine höhere Leistung - können erreicht werden, wenn die Mitarbeiter beim Setzen der Ziele miteinbezogen werden. Dafür gibt es drei verschiedene Gründe. Erstens können Ziele bei gemeinsamer Definition genauer festgelegt werden. Zweitens fühlen sich die Mitarbeiter zu einem größeren Anteil verantwortlich für die Ziele, da sie in den Prozess der Entwicklung mit involviert wurden. Drittens ist das Gesamtverständnis für die Situation besser nachvollziehbar. Bisher gibt es jedoch keine wissenschaftlichen Beweise, die diese Gründe fundiert nachweisen [Pinder84, S.164f].

2.4.1.3 Feedback im Kontext Zielsetzung

Feedback spielt bei der Zielsetzungstheorie eine wichtige Rolle, erklärt es doch dem Individuum, inwiefern das Ziel erreich wurde [Pinder84, S.165, S.214]. Feedback ist daher eine Möglichkeit im Rahmen der gesetzten Ziele das Verhalten der Mitarbeiter zu beeinflussen.

Ein großer Vorteil von Feedback ist, dass es die günstigste zu realisierende Maßnahme zur Leistungsverbesserung ist, zudem ist es sehr einfach einzusetzen.

10 Katharina Mattes

Positives Feedback hat außerdem eine größere Wirkung als Bestrafung und Disziplin zur Steuerung des Verhaltend der Mitarbeiter [Pinder84, S.214f].

Feedback kann entweder öffentlich oder privat übermittelt werden. Hierbei sollte

man privates Feedback bevorzugen, wenn die Leistung der Person eher schlecht ausfällt, der Vorgesetzte fähig ist, das Feedback persönlich zu kommunizieren, die Zeit dafür vorhanden ist, die Arbeit in engem Kontakt zu der des Vorgesetzten steht und es einen Vergleichswerte als Benchmark zur Messung der Leistung gibt. Als Benchmark kann entweder die Leistung, die von der Person zuvor erbracht wurde oder von anderen Mitarbeitern erbracht wird, genutzt werden oder allgemein definierte Standards.

Die Feedbackübermittlung kann entweder in schriftlicher Form, mündlich,

automatisch oder durch persönliches Nachfragen erfolgen. Die Vorteile schriftlichen Feedbacks liegen in der Möglichkeit der Aufzeichnung für zukünftige Entwicklungen begründet, mündliches Feedback ist äußerst kostengünstig und schnell. Zudem gibt es noch Selbst-Monitoring, indem das Individuum die eigene Leistung selbst evaluiert.

Bei der Feedbackübermittlung ist es wichtig, dass der optimale Zeitpunkt dafür

gewählt wird. Ideal ist hierbei, dass Feedback so schnell wie möglich weiterzugeben, insbesondere wenn es sich um komplexe Aufgabenstellungen handelt oder die Aufgabe zum ersten Mal durchgeführt wird. Für die Übermittlung des Feedbacks ist es außerdem wichtig, dass die Person vertrauenswürdig ist, Erfahrung hat und aufrichtig ist. Zudem ist die Art der persönlichen Beziehung zwischen dem Feedbackübermittler und Feedbackempfänger von großer Bedeutung [Pinder84, S.214-216].

2.4.2 Erwartungstheorie Vroom/Valenzmodell Die Erwartungstheorie - auch VIE-Theorie2 genannt - erklärt, wie Leistung zustande kommt, warum bestimmte Handlungsalternativen gewählt werden und zu welchem Grad Vorhersagen zum Leistungsverhalten möglich sind.

Das Verhalten der Person wird dabei von zwei Fragen geleitet. Zum einen spielt der Wert, den sich eine Person vom Ergebnis verspricht, eine wichtige Rolle, zum anderen die dabei die erwartete Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Ergebnis eintritt. Diese beiden Kriterien beeinflussen den Grad der Anstrengung, die umso größer ausfällt, je positiver die beiden Kriterien gewertet werden.

Die beiden Kriterien hängen von den Präferenzen der Personen ab und sind somit subjektiv. Bei der Anreizsetzung zur Lenkung des Verhaltens der Personen bedeutet dies, dass man bei der Verwendung von standardisierten Vorgaben nicht zum optimalen Ergebnis kommt.

Unter anderem hat sich bei der Auswahl der Anreize gezeigt, dass soziale Anreize in gewissen Fällen wichtiger sind als finanzielle (vgl. Kapitel 3 und 4).

2 VIE-Theorie = Valenz-Instrumentalitäts-Erwartungstheorie

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ 11

Weitere Merkmale der VIE-Theorie sind, dass die Person versucht, unangenehme Situationen zu minimieren und die Freude zu maximieren. Außerdem wird der Bezug immer zum erwarteten Ergebnis hergestellt und nicht zum tatsächlich eintreffenden Ergebnis [Scholz00, S.895-898], [Pinder84 S.133], [Schuler04, S.71-74]

2.4.3 Porter und Lawler – Rückkopplungsmodell Das Rückkopplungsmodell von Porter und Lawler erklärt, dass die Anstrengung eines Individuums durch zwei Faktoren und deren Beziehung zueinander bestimmt wird. Einerseits ist dies die Erwartung, dass ein bestimmtes Ergebnis erzielt und belohnt wird, andererseits ist es die Art der Belohnung. Die Bewertung der Belohung ist abhängig von den persönlichen Präferenzen der Person. Wenn die Wahrscheinlichkeit, dass die Belohnung eintritt, sehr groß ist und der individuelle Wert der Belohnung ebenso, so wird das Anstrengungsniveau steigen.

Zu beachten ist hier, dass die Leistung nicht allein von der Motivation bzw.

Anstrengung abhängt, sondern dass auch weitere kritische Faktoren, wie die Fähigkeiten und Charakteristiken der Person großen Einfluss haben. Die Leistung, die erzielt wird, hat wiederum Auswirkungen auf die Belohnung und auf die Tatsache, ob diese für das Individuum als fair betrachtet wird. D.h. die Person erwartet eine höhere Belohung, wenn sie glaubt, dass sie eine sehr gute Performance abgeliefert hat, als wenn das nicht der Fall ist.

Belohnungen können entweder extrinsischer oder intrinsischer Natur sein. Die

Möglichkeiten der extrinsische Belohnung sind beispielsweise eine Gehaltserhöhung oder Anerkennung durch Vorgesetzte und Mitarbeiter. Die intrinsische Belohnung zeigt sich in der persönlichen Zufriedenheit mit der Aufgabe. Dabei ist die intrinsische Belohnung viel enger mit einer guten Leistung verbunden als die extrinsische, denn erstere ist das Ergebnis der Leistung selbst, wohingegen letztere durch äußere Einflüsse entsteht.

Weiterhin sei erwähnt, dass vorhergehende Belohnungen und Erfahrungen zukünftige Handlungen und somit auch das zukünftige Leistungsniveau entscheidend beeinflussen. Diese Theorie wurde im Rahmen eines Konzepts zur Bezahlung von Angestellten erstellt. Dennoch ist sie sehr flexibel und kann auf einen anderen Kontext angepasst werden [Pinder84, S.140-143], [Schuler04, S. 74-75], [Scholz00, S. 900-901].

2.4.4 Bemerkungen - Prozesstheorien Abschließend soll noch bemerkt werden, dass neben den drei Prozesstheorien von

Locke, Vroom und Porter & Lawler weitere Theorien existieren, wie die Gerechtigkeitstheorie von Adams und das Weg-Ziel-Modell von House & Evans.

12 Katharina Mattes

2.5 Aktionstheorien

Die Aktionstheorien, als letzter Bestandteil der Motivationstheorien, beschäftigen sich mit dem Gedanken, dass Motivation durch Handlung entsteht. Auch hier existieren verschiedene Theorien, in diesem Kapitel soll jedoch nur auf die Motivationsquellen von Comelli und von Rosenstiel sowie auf die Flow-Theorie von Mihaly Csikszentmihalyi eingegangen werden.

2.5.1 Die Motivationsquellen - Comelli und von Rosenstiel

Der Ansatz Comellis und von Rosenstiels orientiert sich an drei Fragen. Was soll erreicht werden soll? Wie ist der Zusammenhang zwischen Leistungsbereitschaft und Arbeitszufriedenheit darzustellen? Welche Maßnahmen steigern die Leistungsbereitschaft und Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter?

Dabei gehen sie davon aus, dass die Menschen durch sechs verschiedene

Motivationsquellen angeregt werden, die Motivation aus dem Ich, der Führung, der Gruppe, der Aufgabe, der Organisation sowie aus der Gesellschaft. In den folgenden Abschnitten sollen die Motivationsquellen Führung, Organisation und Aufgabe genauer beleuchtet werden [Scholz00, S. 903-904].

2.5.1.1 Motivation durch Führung

Die Motivation durch Führung begründet sich in der Tatsache, dass durch Zielsetzung und Zielvereinbarung auf den Mitarbeiter Einfluss genommen werden kann. Dadurch versteht der Mitarbeiter besser, was erreicht werden soll. Er wird motiviert, indem das Ziel zur Herausforderung wird, dass es durch aktives Handeln zu bewältigen gilt.

Weiterhin soll beachtet werden, dass Ziele präzise und eindeutig zu formulieren sind, messbar sein müssen, einander nicht widersprechen dürfen sowie schwierig, aber erreichbar sein sollen. Außerdem soll die Aufgabe des Einzelnen einen deutlichen Teil der Gesamtaufgabe darstellen.

Ferner müssen die Ziele für die auszuführende Person akzeptabel sein, Raum für Eigengestaltung geben sowie Feedback zur Leistung gegeben werden. Insgesamt soll das erreichte Ziel ein Erfolgserlebnis darstellen und das Wissen über die eigene Kompetenz steigern, was sich wiederum auf zukünftige Handlungen auswirkt.

Die Anerkennungs- und Kritikgespräche, die der Vorgesetzte mit dem Mitarbeiter führt, sollten informativ sein und Lernchancen aufzeigen. Wichtig ist, dass Anerkennung offen ausgesprochen wird und die Leistung beachtet sowie beurteilt wird. Weiterhin sollen sie das Selbstbild formen, d.h. die Aussage muss angemessen und konkret formuliert sein sowie gegebenenfalls konstruktive Kritik enthalten. Außerdem sollte das Feedbackgespräch möglichst zeitnah erfolgen.

Weiterhin sollte der Führende eine Vorbildfunktion für seine Mitarbeiter darstellen [Comelli95, S.75-96].

2.5.1.2 Motivation durch die Aufgabe

Eine Aufgabe ist motivierend, wenn sie der Selbstverwirklichung dient. Dies soll durch genügend Handlungsspielraum, der Möglichkeit der freien Zeiteinteilung sowie

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ 13

der Möglichkeit zu Lernen via Schulungen und Job Rotation gegeben werden [Comelli95, S.125-142].

2.5.1.3 Motivation durch die Organisation

Durch die Gestaltung der Organisationsstruktur soll eine Umgebung für die Individuen geschaffen werden, die das Lernen sowie die persönliche Entfaltung fördert. Dabei sollen neben der Verwirklichung der Ziele der Organisation auch persönliche Ziele umgesetzt werden. Außerdem sollte eine Identifikation mit den Organisationszielen ermöglicht werden. Die Arbeit sollte sinnvoll sein und genügend Freiraum zur Gestaltung bieten [Comelli95, S.253-263]

2.5.2 Flow-Theorie - Mihaly Csikszentmihalyi Die Flow-Theorie von Mihaly Csikszentmihalyi beschreibt das Flow-Erlebnis als „Zustand des reflexionsfreien gänzlichen Aufgehens in einer glatt laufenden Tätigkeit“ [Rheinberg95, S.141]. Der Unterschied zu den vorhergehenden Theorien zeigt sich darin, dass das Individuum nicht durch das Ergebnis gesteuert wird, also zweckgesteuert, sondern durch die Tätigkeit selbst. Das Ergebnis ist dabei gleichgültig, manchmal sogar nicht einmal erwünscht.

Bei der Flow-Theorie geht das Bewusstsein vollkommen in der Tätigkeit auf, man vergisst seine Umwelt und verliert das Zeitbewusstsein. Die Person erlebt eine quasi automatische Konzentration, dabei wird die Tätigkeit durch Erregung, Abenteuer und Nervenkitzel stimuliert. Das Flow-Erlebnis kann als eine Art intrinsische Belohnung angesehen werden.

Diese Tätigkeiten werden autotelische Aktivitäten genannt (auto = selbst, telos = Ziel), wie beispielsweise Skifahren, Klettern, Computerspielen und Schach. Die Zustände, die bei der Ausführung der Tätigkeiten erlebt werden, werden positiv bzw. freudvoll erlebt, dabei kann es sich sowohl um berufliche als auch private Tätigkeiten handeln.

Ein Kriterium für die Wahrnehmung des Flow-Erlebnis ist die Ausgewogenheit zwischen den empfundenen Anforderungen sowie den wahrgenommenen Fähigkeiten. Wird dieses Gleichgewicht nicht erreicht, so erlebt das Individuum entweder Angstgefühle oder Langeweile. Dieser schmale Grad des Empfindens für Flow-Erlebnis ist somit mit der Leistungsmotivation vergleichbar, die auch ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Fähigkeiten und Anforderungen fordert.

Zusätzlich soll die Tätigkeit möglichst unterbrechungsfrei ablaufen, da ansonsten die Aufmerksamkeit anderen Dingen zugewandt wird und ein Flow-Erlebnis nicht möglich ist [Rheinberg95, S.130-147].

3 Anreize und Anreizsysteme

Wurde im vorangehenden Kapitel erklärt, welche Bedürfnisse Menschen haben, wie bestimmte Verhaltensweisen entstehen und weshalb sie motiviert werden, so soll hier

14 Katharina Mattes

auf die Möglichkeiten der Anreize sowie das Thema Anreizsysteme und ihre Effizienz eingegangen werden.

Der Zusammenhang zwischen Motivation und Anreizen stellt sich folgendermaßen dar:

Motiv MotivationAnreiz

Fig. 2. Zusammenhang zwischen Motivation und Anreiz

Die oben gezeigte Grafik erläutert, dass beispielsweise eine Organisation ein spezielles Motiv bzw. eine Absicht hat. Über den Anreiz soll dieses Motiv aktiviert und instrumentalisiert werden und schlussendlich zur Motivation des Mitarbeiters beitragen.

3.1 Anreize

Über geeignete Anreize kann das Verhalten der Individuen gelenkt werden, so dass diese Entscheidungen im Sinne der Organisation treffen. Dies ist notwendig, da jede Person persönliche Präferenzen hat, die von den Zielen der Organisation abweichen können. Durch Anreize werden somit die persönlichen Präferenzen mit den Zielen der Organisation synchronisiert und Zielkonflikte vermieden. Gleichzeitig kann bereits zielgerichtetes Engagement verstärkt werden.

Anreize können entweder intrinsisch oder extrinsisch erfolgen, dabei liegt bei

intrinsischen Anreizen der Anreiz im Bereich der Arbeitsaufgabe, bei extrinsischen im organisatorischen Umfeld. Diese spalten sich wiederum auf in materielle und immaterielle Anreize. Zur ersten Kategorie zählen unter anderem Geld und Sachleistungen, zur zweiten beispielsweise die Beförderung oder neue Aufgabenfelder [Petersen89, S. 1-10].

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ 15

Anreize zur Motivierung

Materieller Art:

• fixes Entgelt

• Variables Entgelt,

Ergebnisbeteiligung,

Erfolgsprämien

• Sachliche und soziale Zusatzleistungen

• Kapitalbeteiligung

(Dauer/Zeit)

• Weiterbildungs-

möglichkeiten

Immaterieller Art:

• Beförderung,

Anerkennung

• innerbetriebliche

Fördermaßnahmen

•Aufgabenfeld und –entwicklung

• Entscheidungsraum

• Identifikations-

möglichkeit

• sozialer

Status/Einbindung

Fig. 3. Anreize zur Motivierung von Führungskräften, Quelle: Petersen89, Optimale Anreizsysteme, S.5

Weitere Unterscheidungskriterien sind Leistungsanreize, Partizipationsanreize,

Individualanreize, Gruppenanreize, Belohnung und Bestrafung. Während Belohnungen weiter anspornen, haben Bestrafungen den Nebeneffekt, dass sie Vermeidungsaktivitäten hervorrufen, also ineffizienter sind. Aus diesem Grund sollten Bestrafungen möglichst vermieden werden.

In der Zielsetzungstheorie werden zwei verschiedene Arten von Anreizen erwähnt,

die das Handeln der Individuen entscheidend beeinflussen. Dies ist zum einen der Wettbewerb, zum anderen zeitliche Fristen.

Dabei begründet sich der Anreiz durch Wettbewerb durch zwei verschiedenen Kriterien. Er steigert den persönlichen Einsatz zur Erfüllung der Aufgabe. Ebenso wird das Erlangen des Ziels erschwert, was wiederum laut der Zielsetzungstheorie die Motivation steigert.

Deadlines verursachen ebenso eine Steigerung des Schwierigkeitsgrades der Zielerreichung und sind somit ein weiterer Anreiz um die Leistung des Individuums zu erhöhen.

Finanziellen Anreizen wirken bei der Leistungssteigerung nur, wenn die Person diese als gerecht empfindet [Pinder, S.163-164].

3.2 Anreizsysteme

Anreizsysteme bestehen aus einer Menge von Anreizen, wie im obigen Abschnitt bereits erwähnt, und einer Menge von Bezugsobjekten, also gewissen Kriterien, die als Bemessungsgrundlage dienen. Diese beiden Mengen sind über Kriteriums-Anreiz-Relationen miteinander verbunden, die die Struktur dieses Systems definiert. Die Verbindung zeigt dabei den zeitlichen Zusammenhang zwischen den Anreizen und

16 Katharina Mattes

Menge der Kriterien

Menge der Anreize

Kriteriums-Anreiz-

Relationen

Menge der Kriterien

Menge der Anreize

Kriteriums-Anreiz-

Relationen

den Kriterien auf, die Zuordnung kann dabei ein- oder mehrdeutig sein. Wichtig ist, dass Anreizsysteme ein spezielles Ziel oder einen Zweck verfolgen [Kossbiel94, S. 75-78]. Dazu wird in Kapitel 5.2.1.2 auf Anreizsysteme im Bereich Wissensnetzwerke eingegangen.

Fig. 4. Anreizsysteme, Quelle: Kossbiel

3.3 Effizienz von Anreizsystemen

Anreizsysteme werden als effizient beurteilt, wenn die folgenden vier Kriterien gelten. Die Ziele, die zu Beginn gesetzt werden, müssen mindestens erreicht werden. Dies gilt sowohl aus ex post und ex ante Sicht. Weiterhin müssen die Vorteile, die dieses System bietet, die Nachteile überwiegen. Zudem darf kein anderes Anreizsystem existieren, dass mit geringerem Aufwand die gleichen Anreize bietet oder bei gleichem Anreiz einen höheren Level an Leistung erfüllt. Das letzte Kriterium besagt, dass Anreizsysteme bezüglich ihres Nutzens pareto-optimal sein müssen.

Weiter gelten gewisse Prämissen für die Anreizsysteme, damit diese das

Effizienzkriterium erfüllen. Diese werden im Folgenden erläutert. Die Kriterien müssen durch das Individuum maßgeblich beeinflussbar und

zuverlässig feststellbar sein. Wenn die Möglichkeit der Beeinflussbarkeit nicht gegeben ist, so kann der

Anreizempfänger durch seine Handlungen die Situation nicht, höchstens sehr eingeschränkt verändern.

Fehlt die Feststellbarkeit, so ist die Person vollkommen hilflos der Situation ausgeliefert, d.h. es ist nicht wahrnehmbar, wie die Situation durch eigenes Handeln verändert werden kann. Hier sei aber zu beachten, dass nur eine gewisse Leitlinie zur Orientierung gegeben werden sollte. Wird zu strikt vorgegeben, was erreicht werden soll, so wirkt dies ebenso kontraproduktiv.

Für die Anreize müssen ebenfalls zwei Prämissen erfüllt werden. Dies ist zum

einen die Vorstellbarkeit und zum anderen die Verfügbarkeit. Die Vorstellbarkeitsprämisse impliziert, dass der Anreiz antizipierbar sein muss. Es gilt jedoch auch hier, dass ein konkret ausformulierter Anreiz nicht notwendig ist. Im Gegensatz, es ist sogar wünschenswert Möglichkeiten zur Entwicklung der Phantasie zu geben. Die Verfügbarkeit zeigt sich in der Tatsache, ob die Erfüllung des Anreizes

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ 17

der Person, die den Anreiz auslöst, überhaupt zugetraut wird. „Leere Versprechungen“ wirken als Anreiz eher destruktiv.

Außerdem muss die Kriterien-Anreiz-Relation die folgenden drei Merkmale erfüllen, sie muss eine Größenperspektive, eine Zeitperspektive sowie eine Wahrscheinlichkeitsperspektive aufweisen.

Dies erklärt sich folgendermaßen: ist beispielsweise die zeitliche Distanz zwischen Erfüllung des Kriteriums und Erfüllung des Anreizes groß, so verringert sich der Anreiz für das Individuum, diese Aufgabe zu erledigen.

Die Wahrscheinlichkeitsperspektive zeigt sich zum einen in der Festgelegtheit der Relation zwischen Kriterium und Anreiz.

Bei eindeutigem Zusammenhang ist der Anreiz genau definiert. Besteht ein mehrdeutiger Zusammenhang, so ist entweder der Eintritt eines Anreizes nicht garantiert, weil die Erfüllung des Kriteriums nicht wahrgenommen wird oder ein Ermessenspielraum bezüglich Art, Umfang und Zeit der Anreizverfügung existiert. Dafür können dem Anreizempfänger jedoch Wahlmöglichkeiten bezüglich des Anreizes geboten werden. Wenn das Individuum die Option zur Wahl zwischen verschiedenen Anreizen hat, so wird dies Cafeteria-System genannt. Das Individuum kann somit entsprechend seiner persönlichen Präferenzen wählen, die Leistung wird folglich verstärkt, da der Anreiz nun größer ist.

Nicht zu vergessen ist, dass bei der Gestaltung der Anreize die Orientierung an den

Interessen der Anreizempfänger gegeben sein sollte. So kann beispielsweise über die Erfüllung von unbefriedigten Bedürfnissen die Leistung des Individuums verstärkt werden. Daneben sei zu beachten, dass Anreize keinen Wert an sich haben, sonder die Verwertbarkeit und der Nutzen des Anreizes entscheidet darüber, ob die Motivation der Person steigt. Anreize müssen somit einen Mehrwert bieten und mit den Motiven, Wünschen und Zielvorstellungen der Mitarbeiter korrespondieren. Aus diesen Gründen ist es sinnvoll, die oben erwähnten Cafeteria-Systeme einzuführen und das Individuum selbst entscheiden zu lassen, welche Bedürfnisse es mit welchen Anreizen befriedigen möchte [Kossbiel94, S.79-93].

4 Zusammenhang zwischen intrinsischer und extrinsischer

Motivation

Nachdem in den vorherigen Kapiteln die Begriffe intrinsische und extrinsische Motivation verschiedentlich angesprochen wurden, widmet sich dieses Kapitel konkret diesen beiden Typen der Motivation und erläutert den Zusammenhang sowie ihre Wirkung aufeinander auf.

Wichtig ist hier, dass sich die intrinsische Motivation nicht immer unabhängig von der extrinsischen Motivation erreichen lässt. Genauso wenig wirken die beiden Motivationsarten unabhängig voneinander, wie ursprünglich einmal angenommen. Das Risiko dabei ist, dass die intrinsische Motivation durch die extrinsische Motivation reduziert werden kann, wenn das Erreichen eines Ziels nur als Mittel zur Ermöglichung anderer Ziele gesehen wird.

18 Katharina Mattes

4.1 Crowding-Out Effekt

Der Crowding-Out-Effekt wird auch Verdrängungseffekt genannt. Dabei wird eine Tätigkeit, die bisher nur durch intrinsische Motivation beeinflusst wurde, zusätzlich durch finanzielle extrinsische Anreize stimuliert. Das Resultat dabei ist, dass die Motivation nicht etwa gesteigert wird, sondern die intrinsische Motivation wird durch den negativen Zusammenhang zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation reduziert. Dies geschieht beispielsweise bei Beziehungen, die zuvor auf einer persönlichen, freiwilligen Basis begründet waren aber nun durch finanzielle Mittel zu einer geschäftlichen Beziehung werden. Ein weiterer Begriff für diesen Zusammenhang ist der Korrumpierungseffekt.

Dieses Phänomen kann an Hand von zwei Ansätzen erklärt werden. Zum einen

wird dies durch die verminderte Selbstbestimmung hervorgerufen, denn die extrinsische Belohnung wird als Kontrollmechanismus empfunden. D.h. die Ergebnisse, die erzielt werden, werden nicht mehr an der Zufriedenheit und an dem Grad des eigenen Engagements gemessen sondern der Kontrolle zugeschrieben.

Der zweite Ansatz wird als psychologischer oder relationaler Vertrag bezeichnet, der neben dem transaktionalen Vertrag3 existiert. Dabei handelt es sich um die Würdigung einer Leistung, gleichzeitig beruht die Ausführung der Leistung auf Freiwilligkeit. [Frey02, S.24-35], [Frey97, S.24-34].

4.2 Weitere Wirkungen zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation

Neben dem Crowding-Out-Effekt, soll dieser Abschnitt generell die Auswirkungen der extrinsischen Motivation auf die intrinsische aufzeigen. Staw hat hierzu 1976 fünf Faktoren definiert, die Einfluss auf diesen Zusammenhang haben.

1. Die Belohung wird für eine einmalige, besondere Leistung gezahlt. 2. Die Belohnung für die erreichte Leistung ist angemessen. 3. Der existierende Grad an Engagement. 4. Es gibt eine Wahl, die Aufgabe auszuführen oder nicht. 5. Es existieren potentielle negative Konsequenzen. Falls der erste Fall eintritt, so wird die intrinsische Motivation reduziert, da die

Belohnung eindeutig der erreichten Leistung zugeschrieben wird. Dabei wird die intrinsische Motivation umso mehr reduziert, umso exklusiver die Belohung ausfällt. Bei Eintreten des zweiten Falls wird die intrinsische Motivation nicht reduziert, wenn die Belohung für Tätigkeiten gezahlt wird, die in unserem Kulturkreis generell entlohnt werden. Dies ist beispielsweise die Entlohnung von Arbeit. Der dritte Faktor

3 Transaktionaler Vertrag = Arbeitsanstrengung gegen Geld

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ 19

besagt, dass Personen, die bereits eine ausgeprägte Verpflichtung gegenüber der auszuführenden Aufgabe haben, gegen extrinsische Anreize immun sind und somit weiterhin intrinsisch motiviert bleiben.

Wenn die Aufgabe als Zwang angesehen wird, so wird die intrinsische Motivation reduziert - falls diese überhaupt vorherrscht. Weiter wird die Person kaum motiviert sein, wenn sie negative Konsequenzen, wie beispielsweise destruktive Kritik, fürchtet [Pinder84, S.65-67], [Frey97, S.24-34].

Deci4, der die kognitive Evaluationstheorie entwickelt hat, behauptet in diesem

Kontext, dass die Belohnung mindestens zwei Merkmalsausprägungen für den Empfänger hat. Zum einen handelt es sich um Feedback, dass die Leistung beurteilt, zum anderen um die Kontrollwahrnehmung, warum diese Tätigkeit ausgeführt wird. Abhängig davon, welches dieser beiden Merkmale einen größeren Einfluss auf die Person hat, wird die intrinsische Motivation entweder gesteigert oder reduziert.

Empfindet das Individuum vor allem die Kontrollwahrnehmung, so wird die intrinsische Motivation reduziert und die Handlung findet nur auf Grund der extrinsischen Anreize statt, da sich die Person von außen beeinflusst fühlt.

Anders bei Feedback. Laut Deci kann hier entweder eine Steigerung oder eine Verringerung der intrinsischen Motivation stattfinden, anhängig von der geleisteten Performance. Bei positivem Feedback wird das Kompetenzgefühl vergrößert, die Person empfindet intrinsische Motivation. Wird jedoch ein negatives Feedback gegeben, so reduziert sich das Kompetenzgefühl der Person und zukünftige Handlungen können nur über extrinsische Motivation stimuliert werden [Pinder84, S.67-69]

4.3 Die Relevanz der extrinsischen Motivation

Obwohl es nach den vorhergehenden Abschnitten so scheint, als ob die extrinsische Motivation nicht wünschenswert wäre, da diese die intrinsische Motivation reduziert, ist sie dennoch nicht zu vernachlässigen.

Bei der Motivation von Mitarbeitern ist daher zu beachten, dass dabei die Ziele der Organisation umgesetzt werden. Dies kann einerseits durch intrinsische Motivation geschehen, weil die Aufgabe interessant und herausfordernd gestaltet ist. Bei Aufgaben, die jedoch als uninteressant gelten, können finanzielle Anreize das Interesse zwar nicht steigern, aber dafür die Zufriedenheit des Mitarbeiters. Weiterhin führt extrinsische Motivation dazu, dass Emotionen, die durch die intrinsische Motivation hervorgerufen werden können, ausgeglichen werden können.

Schlussendlich können extrinsische Belohnungsmaßnahmen bewirken, dass Aufgaben erledigt werden, die zuvor wegen Unkenntnis nicht bearbeitet wurden. Durch das Verständnis der Aufgabe und die Bildung neuer Fähigkeiten, kann sich ein Kompetenzerlebnis einstellen, das wiederum die intrinsische Motivation steigert [Frey02, S.37-40].

4 Edward L. Deci, Professor für Psyhologie an der Universität Rochester, USA

20 Katharina Mattes

5 Anwendung und Beispiele

In den vorhergehenden Kapiteln wurden vor allem die Theorien, die die Motivation und Anreize näher betrachten, erläutert. Doch wie sieht das Ganze in der Praxis aus? Um diese Frage zu beantworten wird in diesem Kapitel ein Bezug zur Umsetzung in der Unternehmenswelt hergestellt. Ausgehend von der Job-Characteristics-Theorie, die aufzeigt, wie die Arbeit strukturiert sein sollte um die intrinsische Motivation zu steigern, wird später der Bezug zu drei Fallstudien hergestellt. Diese behandeln das Thema Anreize und Motivation in interorganisatorischen Wissensnetzwerken, die Möglichkeiten der Belohnung in Wiki-Systemen sowie das Thema Social Software am Beispiel des Unternehmens 1&1.

5.1 Das Job-Characteristic-Modell

Das Job-Characteristcs-Model wurde von Richard Hackman und Greg Oldham entwickelt. Es erklärt, wie Aufgaben gestaltet sein sollen, um die auszuführende Person intrinsisch zu motivieren.

Vorweg soll hier erwähnt werden, dass Aufgaben, die Erregung und Aktivierung

bei den auszuführenden Individuen hervorrufen, durch eine ausgewogene Mischung der folgenden Merkmale gestaltet sind. Zu diesen Merkmalen zählt die Intensität, Abwechslung, Varietät, Komplexität, Unsicherheit, Neuartigkeit und die Bedeutsamkeit von Objekten und Situationen.

Hackman und Oldham zeigen in ihrem Modell speziell auf, dass drei verschiedene

psychische Empfindungen der Person ausgelöst werden müssen. Dies ist zum einen Bedeutsamkeit der Aufgabe, es muss deutlich werden, dass die Aufgabe zum Gesamtergebnis beiträgt. Weiter zählt hierzu das Gefühl der Verantwortlichkeit bezüglich des erzielten Ergebnisses sowohl qualitativ als auch quantitativ. Außerdem soll der Person bewusst werden, was sie geleistet hat.

Um die Bedeutsamkeit der Aufgabe zu realisieren, muss die Aufgabe drei Kriterien

erfüllen. Dies ist erstens die Vielfalt der Fähigkeiten, die angesprochen wird. Aufgaben, die die Nutzung vieler Talente erfordern, haben einen höheren Grad an Bedeutung für das Individuum. Dadurch wird die Person intensiver stimuliert und sie erlebt folglich eine größere intrinsische Motivation.

Zudem muss die Aufgabe eine gewisse Identität beinhalten. D.h. sie sollte vollständig sein, einen Anfang und ein Ende enthalten. Der Zusammenhang zwischen der eigenen Aufgabe sowie der Aufgaben der anderen sollte ersichtlich sein, so dass die Person ein Verständnis der Gesamtsituation erhält.

Der dritte Faktor ist die Aufgabensignifikanz. Diese bezieht sich auf den Grad, inwieweit die Aufgabe Auswirkungen auf die Arbeit und das Leben anderer Personen hat.

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ 21

Zusammengefasst soll die Aufgabe eine komplexe, wichtige, in sich geschlossene Fragestellung sein, die die Nutzung verschiedener Fähigkeiten und Fertigkeiten anspricht.

Die Verantwortlichkeit für eine Aufgabe wird erfüllt, indem die Person die

Möglichkeit hat autonom zu handeln. Hier ist es offensichtlich, dass Individuen, die persönlich für ihre Ergebnisse verantwortlich sind, mehr Engagement zeigen, als jene, die die Verantwortlichkeit teilen.

Der dritte psychische Faktor ist das Wissen über die erzielten Ergebnisse. Dabei

gibt es zwei verschiedene Arten von Feedback, die der Person aufzeigen, wie gut sie die Aufgabe erfüllt hat. So generiert zum einen das Ergebnis der Aufgabe selbst Feedback, indem es sich als funktionstüchtig herausstellt oder eben nicht. Weiter geben andere Mitmenschen, wie beispielsweise Vorgesetzte, Feedback über die Leistung. Hier sei zu erwähnen, dass das Feedback, das durch die Aufgabe selbst generiert wird, wünschenswerter ist als persönliches Feedback und in regelmäßigen Abständen erfolgen sollte. Gründe hierfür sind, dass das Feedback meist klar verständlich, direkt und unpersönlich ist und unmittelbar nach der Aufgabenerfüllung eintritt, als wenn das Feedback von einer externen Quelle kommt. Bei externem Feedback spielt meist die persönliche Beziehung zwischen dem Feedbackübermittler und dem Feedbackempfänger mit ein, die die Wahrnehmung verfälschen kann. Die Gründe, warum Feedback die intrinsische Motivation steigert, wurden bereits in Kapitel 4.2 aufgezeigt.

Die Abbildung fünf zeigt den Zusammenhang zwischen den verschiedenen

Kriterien grafisch auf.

Core Job

Dimensons

Personal &

work

outcome

Critical

Psychological

States

Skill variety

Task identity

Task significance

Autonomy

Experienced

meaningfulness

of the work High internal work motivation

Experienced

responsibility for

outcome of the

work

Knowledge of the

actual results of

work activitiesFeedback

High quality work performance

High satisfaction with the work

Low absenteeism and turnover

Employee growth

need strength

Fig. 5. Das Job-Characteristic-Modell von Hackman und Oldham, Quelle: Pinder84, S.247

22 Katharina Mattes

Abschließend sollte hier kurz erwähnt werden, dass Hackman und Oldham neben der Job-Characterstics-Theorie ein Tool zur Messung des Motivationspotentials einer Aufgabe entwickelt haben, die Job Diagnostic Survey (JDS). Mit Hilfe dieses Tools kann analysiert werden, in wieweit eine Aufgabe bei Individuen die intrinsische Motivation stimuliert [Pinder84, S.247-249].

5.2 Fallstudien zum Thema Motivation

In diesem Teil des Kapitels soll an Hand von Fallstudien aufgezeigt werden, wie Individuen im Rahmen unterschiedlicher Situationen motiviert werden.

5.2.1 Beispiel Wissensnetzwerke Andreas Liebrich zeigt in seiner Dissertation „Ziele, Anreize und Erfolg in interorganisatorischen Wissensnetzwerken – das Beispiel CEMS5“ an Hand einer Fallstudie auf, aus welchen Gründen Individuen motiviert sind, ihr Wissen innerhalb eines Wissensnetzwerks auszutauschen. Weiter wird generell auf die existierenden Anreize in Wissensnetzwerken eingegangen.

5.2.1.1 Fallstudie im Bereich Wissensnetzwerke

Im Rahmen eines institutionenübergreifenden Projekts zur Erstellung eines Messinstruments zur Errechnung der Kosten-Nutzen-Bilanz von Sportgroßveranstaltungen, dass vom KTI6 gefördert wurde, wurden die Anreizmöglichkeiten der beteiligten Individuen beobachtet.

Dabei wurde ersichtlich, dass Personen nicht nur die Ziele der Organisation

verfolgen, sondern auch ihre individuellen persönlichen Ziele. Weiter sollen nur die Personen betrachtet werden, die aus freiwilligen Gründen an diesem Projekt mitgewirkt haben. Hier muss beachtet werden, dass in diesem Fall unterschiedliche Anreizstrukturen existieren.

Zum einen existieren materielle Anreize, da es sich um ein finanziertes Projekt

handelte, und somit der Aufwand vergütet wurde. Allerdings gab es keine Bonuszahlungen für außerordentliche Leistungen. Es sei hier weiterhin erwähnt, dass der finanzielle Anreiz einen geringeren Stellenwert einnimmt.

Einen hohen Stellenwert für die Wissenschaftler hat die Anerkennung durch die Fachwelt, was durch Publikationen, Präsentationen und Beiträgen in Fachzeitschriften realisiert wird. Dadurch wird die Leistung durch externe Personen anerkannt, was zu zukünftigen Forschungsaufträgen führen kann. Bei Großprojekten, die in der Öffentlichkeit bekannt werden, steigt außerdem die Beachtung und das Prestige. Ebenso wird die Reputation der wissenschaftlichen Organisation in der wissenschaftlichen Gemeinschaft gesteigert.

5 CEMS = Community of European Management Schools 6 KTI = Schweizer Förderagentur für Innovationen

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ 23

Die Beteiligten haben sich vorwiegend für dieses Projekt beworben, da sie sich eine spannende Aufgabe in einem eventuell zukünftigen Tätigkeitsfeld versprochen haben. Besonders für jüngere Wissenschaftler zählte der Netzwerkfaktor, die Vernetzung mit anderen Wissenschaftlern anderer Organisationen, die den Zugang zu anderen Institutionen erleichtern. Sie erwarteten sich somit einen individuellen Nutzen für zukünftige Stellenwechsel.

Genauso wichtig ist aber auch die intrinsische Motivation, die für diese Tätigkeit bereits existieren muss. Diese besteht, da die Personen ihres Berufs wegen die Ziele des Projekts umsetzen wollen und sich durch die Kooperation mit anderen Wissenschaftlern Vorteile versprechen. Die Vorteile zeigten sich unter anderem in der Teilnahme an Workshops die dazu dienten, gemeinsam sowie voneinander zu lernen.

Weiter bestand großes Interesse an der zu erarbeitende Methodik, außerdem erhofften sie sich durch die Teilnahme zu neuen Erkenntnissen zu kommen, was durch die Zusammenarbeit mit exzellenten Wissenschaftlern ermöglicht wurde.

Nicht zu vernachlässigen sind außerdem die sozialen Anreize wie die Anerkennung der Kollegen und Vorgesetzten.

Kritisch gesehen wurden die Faktoren kultureller Hintergrund sowie die Nutzung

des Wissens. Dabei muss der kulturelle Hintergrund aus zwei unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden. Zum einen existiert ein Interessenskonflikt zwischen privatwirtschaftlichen und akademischen Institutionen, zum anderen können Unverträglichkeiten auf Grund geografischer, kultureller Gegebenheiten entstehen. Die Nutzung des Wissens sollte von vornherein vertraglich festgelegt werden, da jede Interessensgruppe unterschiedliche Vorstellungen bezüglich der Wissensweitergabe hat und es zu unerwünschten Spillover-Effekten kommen kann. Werden diese zwei Faktoren nicht beachtet, so kann dies folglich zu Problemen führen.

Ferner muss die Ressource Zeit zur Verfügung stehen, damit Wissensnetzwerke generiert werden können. Diese ist besonders zu Beginn notwendig, da als Grundlage zum Informationsaustausch zuerst persönliche Bindungen aufgebaut werden müssen [Liebrich06, S.91-115].

5.2.1.2 Anreizsysteme in Wissensnetzwerken

Wie in Kapitel 3 bereits angesprochen müssen Anreizsysteme transparent sein und die dort genannten Effizienzkriterien erfüllen. Probleme können entweder durch Manipulierbarkeit der Informationen oder durch falsche Interpretation richtiger Informationen entstehen. Dies macht eine erhebliche Gestaltungsschwierigkeit aus. Zudem wird durch das Netzwerk die Inkonsistenz von Anreizen gefördert, da die Teilnehmer auf Grund unterschiedlicher Herkunft eine heterogene Gruppe darstellen. Die Harmonisierung der Anreize ist daher nicht immer leicht zu realisieren.

Weiter muss bei Wissensnetzwerken beachtet werden, dass hier die intrinsische

Motivation von großer Bedeutung ist, da Wissen ein persönliches Gut ist. Folglich ist die Gestaltung von Anreizen nicht immer einfach.

Liebrich teilt die immateriellen Anreize (vgl. Kapitel 3) nach den Kriterien sozial,

organisatorisch und wissensorientiert auf. Dabei zählen zu den sozialen Anreizen Anerkennung, Kommunikation, Informationspolitik, Führungsstil, Partizipation und

24 Katharina Mattes

soziale Beziehungen. Den organisatorischen Anreizen wird die Unternehmenskultur, Arbeitszeitsysteme, Karriereanreize, Personalentwicklung und Personaleinsatz zugeordnet, den wissensorientierten Anreizen Kooperations-Know-how sowie Ideen.

Zudem gilt zu beachten, dass Wissensnetzwerke nicht auf einem formellen

hierarchischen System aufbauen, die Teilnehmenden müssen sich selbst entsprechend ihrer Neigungen einsetzen und motivieren. Hierbei wird durch Selbstinitiative, eine Ausprägung der intrinsischen Motivation, das Wissen erlangt. Der Anreiz ist die Neugierde, mehr als nur aufgabenbezogenes Wissen zu erlangen.

Zusätzlich wird durch die breite Wissensperspektive, die durch Wissensnetzwerke geboten wird, die intrinsische und extrinsische Motivation angeregt.

Neben den Anreizen, die die Teilnahme an Wissensnetzwerken stärken, gibt es

jedoch auch Negativanreize, die die Tätigkeit behindern. Diese zeigen sich sowohl auf der Inputseite als auch auf der Outputseite.

Die Inputseite kann durch die verminderte Teilnahme behindert werden, da bei der Wissensteilung nicht kontrollierbar ist, wie viel jemand weiß und folglich weitergeben kann. Das Problem hierbei ist, dass implizites Wissen nicht zu explizitem Wissen umgewandelt wird. Das Phänomen der suboptimalen Teilnahme wird auch shirking oder social loafing genannt.

Auf der Outputseite kann es, wie in Kapitel 5.2.1.1 bereits angesprochen, zu unerwünschten Spillover-Effekten kommen.

Außerdem haben Anreizsysteme gewisse Grenzen. Bei finanziellen Anreizen kann

es zum Crowding-Out-Effekt kommen (vgl. Kapitel 4), die immateriellen Anreizsysteme haben auf Grund ihrer mangelnden Objektivität sowie den unterschiedlichen Präferenzen der Teilnehmer eine beschränkte Einsatzfähigkeit [Liebrich06, S.116-124].

5.2.2 Social Rewarding in Wiki-Systemen Die Problematik bei Wikisystemen liegt darin begründet, dass die Beiträge für die Mitglieder „Kosten“ verursachen, unter anderem Zeit. Dementsprechend muss der Nutzen gesteigert werden um die Mitglieder weiterhin als aktive Nutzer beizubehalten und die Beitragsquote hoch zu halten.

Der Nutzer kann gemäß der Motivationstheorien durch herausfordernde und

spezifisch definierte Ziele motiviert werden. Weiterhin steigt die Anzahl der Beiträge, wenn die Einzigartigkeit des Individuums unterstrichen wird.

Hoisl et al. schlagen deshalb vor, dass die Belohnung durch das Hervorheben der

aktivsten Nutzer stattfinden soll, da finanzielle Anreize in diesem Kontext nicht realisierbar sind. Die Motivatoren sind in diesem Fall Status, Macht, Ehre oder Ruhm. Es sei hier aber zu beachten, dass die vorgeschlagene Methodik nur wirkt, wenn die Nutzer bereits über eine intrinsische Motivation verfügen. Mit Hilfe dieser Techniken kann die Motivation nur extrinsisch stimuliert werden.

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ 25

Für die Umsetzung schlagen sie vor, dass auf Basis der Anzahl der Referenzen, des Ratings des Artikels sowie der Anzahl der Besucher der Seite eine Rankingliste der Autoren erstellt werden soll. Die Auswertung soll an Hand verschiedener Kriterien erfolgen, um somit einerseits ein glaubwürdigeres Ergebnis zu erzielen und andererseits die Möglichkeit des Hintergehens zu verringern.

Um die Ergebnisse des Rankings zu präsentieren können entweder Sterne oder

Sparklines7 verwendet werden. Sterne sind zu empfehlen, wenn die Gesamtaktivität des Nutzers innerhalb der Community präsentiert werden soll, da sie auf Basis aller Beiträge generiert werden. Sparklines hingegen präsentieren die Entwicklung der Aktivität des Nutzers über eine gewisse Zeitperiode hinweg.

In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass die Ergebnisse

nur einer vorläufigen Studie zugrunde liegen und nicht empirisch nachgewiesen sind [Hoisl07].

5.2.3 Motivation im Kontext Enterprise 2.0 Im Rahmen der Seminarreihe „Social Software Engineering“ wurde mit dem Unternehmen 1&1 in Karlsruhe ein Vortrag zum Thema „Intranet @ 1&18“ veranstaltet. An Hand dieses Vortrags soll analysiert werden, wie die Mitarbeiter motiviert werden, das Intranet aktiv zu nutzen und welche Probleme dabei gesehen werden.

5.2.3.1 Intranetnutzung bei 1&1

Die Motivation zur Nutzung liegt vor allem in der Kombination von Arbeit und privaten Aspekten. So gibt es neben dem Wikisystem eine Mitarbeiterseite, einen Marktplatz, eine Pinnwand, ein Spaßarchiv sowie ein Brainstorming-Tool zur Präsentation neuer Ideen.

Die Voraussetzungen sind hierbei freies Denken sowie die Integration des Faktors „Spaß“ um einerseits Kreativität und Innovationen zu fördern sowie die Rate der aktiven Nutzer zu steigern.

Das Mitarbeiterprofil ist von seiner Nutzung her ähnlich wie Profile bei facebook.

Der Mitarbeiter kann selektieren, welche Informationen er über sich preisgibt, dabei hat er unter anderem die Möglichkeit, sich den Projekten zuzuordnen, an denen er mitgearbeitet hat. Somit kann er sich aus seiner Arbeit heraus präsentieren, was die intrinsische Motivation des Nutzers steigert. Zudem wird auf der Profilseite

7 Sparklines = small, high-resolution graphics embedded in a context of words, numbers,

images. Sparklines are data-intense, design simple, word-sized graphics. Sparklines have obvious applications for financial and economic data, by tracking changes over time, showing overall trend as well as local detail. Quelle: Tufte, Edward R.

8 Intranet @ 1&1 – Über Wikis, Spaßbilder, Jobs, Projekte und die Schwierigkeit, der „wir haben keine Zeit“-Mentalität entgegenzuwirken

26 Katharina Mattes

angegeben, wo sich dieser Mitarbeiter gerade befindet. Dadurch wird gefördert, dass andere Mitarbeiter diese Seiten nutzen.

Feedback von Seiten 1&1 war, dass die Mitarbeiter ihre Profile sehr rege nutzen und gerne über sich schreiben.

Die weiteren Applikationen wie der Marktplatz, die Pinnwand und das Spaßarchiv

ersparen unnötige Emailverkehr – der oft als Spam betrachtet wird - und ermöglichen so, dass die Informationen selektiv jedem, der Interesse daran hat, zur Verfügung stehen. Gleichzeitig wird über die Besucheranzahl der Seite der Person, die die Information zur Verfügung gestellt hat, Feedback darüber gegeben, wie interessant diese für andere Mitarbeiter ist.

Diese Applikationen sind im Übrigen so gestaltet, dass sie einfach nutzbar sind und somit jedem die Nutzung ermöglichen. Weiter sei hier zu erwähnen, dass es sich ausschließlich um user generated content handelt.

Die Pilotversion des Brainstorming-Tools bei 1&1 wurde implementiert, um

Innovationen zur Prozessverbesserung voranzutreiben. Jeder Mitarbeiter kann hier im Intranet seine Ideen veröffentlichen, diese können auch von anderen Mitarbeitern kommentiert und bewertet werden. Dadurch soll die Motivation der Mitarbeiter gesteigert werden, da diese aktiv an der Unternehmensentwicklung und an Verbesserungsprozessen mitwirken können.

Die Kommentare und Ideen können nicht anonym und nur unter dem persönlichen Namen veröffentlicht werden. Dadurch versucht man das Verhalten der Mitarbeiter in die Richtung zu lenken, dass nur konstruktive Kritik und sinnvolle Kommentare geschrieben werden können.

Überdies gibt es keine finanzielle Belohnung für die Veröffentlichung der Ideen, die Mitarbeiter sollen alleine durch die persönliche Bestätigung intrinsisch motiviert werden.

Problematisch ist es, die Mitarbeiter zur Nutzung der Wikisysteme zu motivieren.

Zum einen kostet es Zeit, die Artikel zu verfassen, zum anderen werden sie kaum gelesen, wenn die Dokumentation sehr umfangreich ist. Dieses wiederum demotiviert den Nutzer, weiterhin Artikel zu veröffentlichen. Als Handlungsalternativen, um die Motivation zu steigern, empfiehlt es sich hier, den Mehrwert der Dokumentation zu forcieren, ebenso wie klare und eindeutig strukturierte Artikel.

5.2.3.2 Weitere Möglichkeiten der Motivation mit Bezug zu den existierenden

Motivationstheorien

Mit Hilfe von Mitarbeitprofilen wird die soziale Präsenz der Mitarbeiter gesteigert, was wiederum das Bedürfnis nach sozialer Anerkennung sowie das Wahrgenommenwerden innerhalb der Community befriedigt. Weiter wird durch das Ranking von Artikeln, die Wichtigkeit des Beitrags und somit auch die Wert des Beitragenden innerhalb der Gruppe unterstrichen. Zudem erhält der Nutzer mehr Aufmerksamkeit, was die Motivation für zukünftige Handlungen steigert.

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ 27

Neben den oben erwähnten Praktiken kann durch Punktevergabe ein Anreizsystem auf Basis der Nutzungsrate entwickelt werden. Dabei wird, abhängig von der Art der Nutzung, eine gewisse Punkteanzahl vergeben. Passive Nutzung, wie das reine Lesen wird hierbei geringer bewertet als die aktive Nutzung, wie beispielsweise das Veröffentlichen von Beiträgen. Das Anreizsystem basiert hier auf dem Spieltrieb der Nutzer. Gleichzeitig soll auch weniger aktiven Nutzern durch Punktevergabe für das Lesen ein Anreiz gegeben werden und das Zugehörigkeitsgefühl steigern [Koch, S.110-116].

Bei der Gestaltung der Arbeitszeit ist es wichtig, dass Freiräume existieren, um den

Mitarbeitern Zeit für die Nutzung der Social Software zu geben. Dabei sollte der Grad dieses Freiraums so gewählt sein, dass dem Mitarbeiter keine Vorgaben gemacht werden sollten, mit welchen Aufgaben er diesen Freiraum füllen soll. Damit soll der Community Möglichkeiten zur eigenständigen Entwicklung gegeben werden und nicht eine strikte und straffe Struktur, was exakt getan werden muss. Das Ziel hierbei ist die Entwicklung von Kreativität und Eigendynamik [Koch, S. 116], [Wenger, S.49-54].

5.2.3.3 Misserfolge

Ein Misserfolg von 1&1 war die Einführung eines schwarzen Bretts als Online-Tool. Die geringe Verwendung ist zu einem auf die schlechte technische Nutzbarkeit zurückzuführen, zum anderen gab es überhaupt keine formellen Vorgaben, zu was es genutzt werden sollte. Die Mitarbeiter waren somit überfordert, da sie keinerlei Richtlinien hatten, an denen sie sich orientieren konnten und nicht wussten, wie sie dieses Tool nutzen sollten.

5.2.3.4 Erfolgsfaktoren

Während des Vortrags von 1&1 wurde durch den Referenten betont, dass der Spaßfaktor eine wichtige Komponente ist, die Motivation und Aktivität der Nutzer hochzuhalten.

Weiterhin sollte die Führungsperson das Nutzungsverhalten vorleben. Auch der persönliche Kontakt ist nicht zu vernachlässigen. Dieser generiert zum einem das Gefühl der Zusammengehörigkeit, zudem können Schlüsselpersonen motiviert werden, die wiederum als Multiplikator wirken.

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Schaffung von Überzeugung anstatt Zwang und Pflichten anzuwenden, dies steigert die intrinsische Motivation.

Auf Regelung sollte weitestgehend verzichtet werden. Die bisherige Aktivität hat gezeigt, dass es erstes ohne Regelung funktioniert, zweitens steigert das Vertrauen die Motivation.

5.2.3.5 Risiken

Bei Communities gilt es zu beachten, dass diese eine heterogene Gruppe bezüglich ihres kulturellen Hintergrunds darstellen können. Die kulturellen Hintergründe

28 Katharina Mattes

können sowohl von unterschiedlichen Nationalitäten herrühren als auch von unterschiedlichen Standorten. Dadurch werden Anreize unterschiedlich wahrgenommen und die Mentalität der Nutzer ist unterschiedlich ausgeprägt. Die Akzeptanz und Aktivitätsrate kann dementsprechend schwanken.

Weiter können negative Anreize bestehen, wenn der Mitarbeiter befürchtet, dass

ihm Vorwürfe wegen zu starker Fokussierung auf die Verwendung der Social Software drohen und die tägliche Arbeit darunter leiden würde. Daher muss der Mehrwert sowie der Stellenwert der Social Software innerhalb des Unternehmens klar kommuniziert werden.

Zudem besteht ein Trade-Off bei der Gestaltung des Freiraums. Wie durch den

Misserfolg ersichtlich wird, müssen gewisse Formalitäten bestehen, um den Nutzer eine Richtung zu zeigen, wie dieses Tool genutzt werden kann.

5.2.3.6 Bemerkungen

Da 1&1 erst seit 1988 existiert ist es, verglichen mit anderen Unternehmen, noch ein recht junges Unternehmen mit einer jungen Unternehmenskultur, die wenig durch langjährige Traditionen geprägt ist. Von daher sind die Ergebnisse bezüglich der Motivation und dem Nutzungsgrad der Social Software nur eingeschränkt auf andere Unternehmen übertragbar.

5.3 Kritische Bemerkungen

Die oben genannten Fallstudien geben nur einen begrenzten Überblick, wie und aus welchen Gründen Individuen motiviert werden können und sind daher nicht allgemeingültig für jede andere Situation übertragbar.

So ist die Fallstudie zum Thema Wissensnetzwerke darauf beschränkt, dass hier

Personen interagieren, die sich freiwillig für dieses Projekt beworben haben. Der Wille, das eigene Wissen mit anderen zu teilen sowie die intrinsische Motivation dafür ist bereits gegeben. Dennoch ist es interessant zu betrachten, durch welche Motive sie gesteuert werden.

Die hohe Akzeptanz und erstaunlich gute Anwendung des Intranets bei 1&1

resultiert aus der jungen und offenen Unternehmenskultur. Andere Unternehmen, werden auf Grund ihrer langjährigen Traditionen oder auch strikteren Hierarchieebenen wesentlich größere Akzeptanzprobleme haben.

Für Social Software bedeutet dies, dass der Mehrwert von den Führungspersonen vorgelebt werden muss, die Nutzung fest in der Unternehmenskultur integriert sein muss und als Folge keine negativen Konsequenzen für die Mitarbeiter entstehen. Die negativen Konsequenzen können entweder Vorwürfe wie ungerechtfertigter Zeitaufwand für die Nutzung der Social Software sein oder destruktive Kritik und misstrauische Beurteilung der Person auf Grund von Beiträgen der Mitarbeiter.

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ 29

Die Person muss auf alle Fälle bereits intrinsisch motiviert sein um Social Software aktiv zu nutzen. Diese kann durch das Arbeitsumfeld, wie eine spannende und herausfordernde Aufgabe ausgelöst werden, und durch extrinsische Motivationsfaktoren verstärkt werden.

Das Risiko der Übernutzung der Social Software für rein private Zwecke wird durch herausfordernde Ziele und Aufgaben im Rahmen gehalten.

Für die Umsetzung von Feedback im Kontext Social Software werden in dem

Beispiel Social Rewarding in Wikisystemen Möglichkeiten zur Anwendung angegeben. Bezüglich der Strukturierung von Zielen sei darauf hingewiesen, dass gewisse Leitlinien vorgegeben werden können, aber genügend Freiraum bestehen muss, damit die Individuen Kreativität entwickeln können.

Aus diesem Kapitel wird deutlich, das Motivationstheorien nicht direkt für jede

beliebige Situation angewandt werden können, sondern entsprechend angepasst werden müssen oder als Orientierungshilfen bei der Gestaltung der Unternehmenskultur sowie der Social Software genutzt werden können.

6 Fazit

Zu Beginn wurde ein Überblick über Motivationstheorien und Anreizsysteme im Allgemeinen gegeben. Auf die Thematik intrinsische und extrinsische Motivation sowie ihr Zusammenwirken wurde detaillierter eingegangen. Anschließend wurden an Hand von Beispielen aufgezeigt, wie die Umsetzung der Motivationstheorien in Unternehmen ablaufen kann. Hier wurde deutlich, dass vor allem die intrinsische Motivation eine große Rolle spielt, die durch die Unternehmenskultur entscheidend beeinflusst werden kann.

Um die Beteiligten der Social Software zu motivieren, müssen die möglichen

Risiken beachtet werden. Hierzu zählt, dass Individuen Anreize unterschiedlich wahrnehmen, sowohl von Individuum zu Individuum als auch als Gruppe, geprägt durch die Unternehmensmentalität oder den kulturellen Hintergrund. Dadurch entstehen Konsequenzen bezüglich der intrinsischen Motivation des Nutzers sowie seinem Willen und Interesse, die Social Software zu nutzen.

Erfolgreiche Motivation kann nur entstehen, wenn das Unternehmensumfeld so gestaltet ist, dass die Nutzung der Social Software von allen Beteiligten als Mehrwert empfunden wird und ihre Bedürfnisse befriedigt werden. Der Nutzer sollte keine negativen Konsequenzen erwarten, die Anwendung sollte von den Führungspersonen vorgelebt werden, um eine Verbundenheit und „Verpflichtung“ gegenüber der Social Software zu schaffen. Der Nutzen muss für den Anwender klar ersichtlich sein und den Aufwand überwiegen, außerdem sollte die Software so gestaltet sein, dass jeder fähig ist, sie zu verwenden.

30 Katharina Mattes

References

[Comelli95] Comelli, Gerhard, von Rosenstiel, Lutz; Führung durch Motivation,

Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München, 1995, ISBN 3-406-39405-1

[Frey97] Frey, Bruno S.; Not just for the money, Edward Elgar, Cheltenham

(UK), 1997, ISBN 1 85898 509 9 [Frey02] Frey, Bruno S., Osterloh, Margit; Managing Motivation, Gabler,

Wiesbaden, 2. Auflage, 2002, ISBN 3-409-21631-6

[Hoisl07] Hoisl, Bernhard, Aigner, Wolfgang, Miksch, Silvia; Social Rewarding in Wiki Systems, Vienna University of Technology, 2007

[Koch07] Koch, Michael, Richter, Alexander; Enterprise 2.0, Oldenburg,

2007, ISBN 978-3-486-58578-0

[Kossbiel94] Kossbiel, H.; Überlegungen zur Effizienz betrieblicher Anreizsysteme. Die Betriebswirtschaft 54., 1994, S.75-93

[Liebrich06] Liebrich, Andreas; Ziele, Anreize und Erfolg in interkulturellen,

interorganisatorischen Wissensnetzwerken – Das Beispiel CEMS (Dissertation), Universität St. Gallen, 2006

[Petersen89] Petersen, Thomas; Optimale Anreizsysteme, Gabler, Wiesbaden,

1989, ISBN 3-409-13406-9

[Pinder84] Pinder, Craig C.; Work Motivation, Harper Collins, 1984, ISBN 0-673-15799-7

[Rheinberg95] Rheinberg, Falko; Motivation – Grundriss der Psychologie,

Kohlhammer, Stuttgart, 1995, ISBN 3-17-010683-X [Scholz00] Scholz, Christian; Personalmanagement, Vahlen, München, 5.

Auflage, 2000, Kap. 9.4, S.877-965, ISBN 3-8006-2182-7 [Schuler04] Schuler, Heinz; Lehrbuch Organisationspsychologie, Hans Huber

Verlag, Bern, 2004, 3. Auflage, ISBN 3-456-84019-5 [Wenger02] Wenger, Etienne, McDermott, Richard, Snyder, William M.;

Cultivating Communities of Practice, Harvard Business School Press, Boston, Massachusetts, 2002, ISBN 1-57851-330-8

Anreiz und Motivationstheorien - Seminar „Social Software Engineering“ 31

[Zimbardo96] Zimbardo, P.G., Gerrif, R.J.; Psychologie, Springer Verlag, 1996, 7. Auflage, ISBN 3-8273-7056-6