Appmusik: Das Instrument aus der Hosentasche

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 Schweizer Musikzeitung Nr. 12 / Dezember 2012 5 Mit geeigneten Apps werden Smartphones und Tablets zu Musikinstrumenten. Was gibt es bereits? Was sind vermutlich Holzwege? Und wohin könnte die Entwicklung gehen? Matthias Krebs Komponisten und Musiker haben bereits vor  Jahren b egonnen, Handys als Musikinstrumente einzusetzen, etwa Golan Levin in Dialtones: A Telesymphony (2001). Mit dem gleichen musika- lischen Material, Klingeltönen und Tastenge- räuschen, führten Lars Oberhaus und Marcus Zihn Klangexperimente in Schulprojekten durch. 1  Die dabei entstandenen Musikstücke hatten vorwiegend konzeptionellen Charakter. 2   Auch Forschun gsinstitutione n, allen voran das CCRMA (Center for Computer Research in Music and Acoustics) der Stanfor d University, widmeten sich früh den Mobilgeräten. In Kalifornien wur- de schliesslich eines der ersten Ensemble, das MoPhO (The Stanford Mobile Phone Orchestra, 2007-2010) gegründet, in dem Wissenschaftler und Studierende auf Smartphones musizierten. Smartphones werden durch Mobil-Prozessoren und grossformatige Displays zu computerähnli- chen Universalgeräten im Taschenformat. Integ- rierte Sensoren ermöglichen die Bedienung via Multi-Touch-Screen oder Mikrofon. Jeder dritte Deutsche besitzt heute bereits ein Smartphone. Spätestens in zwei Jahren dürften Handys ohne Bildschirmsteuerung weitgehend vom Markt  ver schwunde n sein, wie Mark t- studien aufzei- gen. Smartphones und Tablets bieten sich als Kommunikations-, Spiel- oder Lesegeräte und nicht zuletzt als Musikinstrumente an. Mit Händen greifbar ist schon jetzt die spe- zifische Dynamik zwischen den Beteiligten, die gemeinsam nach Möglichkeiten eines neuen kreativen Umgangs mit Musik suchen. Bis heute kommen Musik-Apps zwar vor allem im Hobby- bereich zur Anwendung. Eine Reihe von YouTu- be-Videos dokumentiert die Experimente von Laienmusikern mit einfachen Klavier-, Gitarren- oder Schlagzeug-Applikationen, die nur rudi- mentär ihre instrumentellen Vorbilder nachbil- den. Doch neuartige Konzepte und die stetige  Weitere ntwicklung der Instrumenten-Anwen- dungen wecken auch in zunehmendem Masse das Interesse von Profi-Musikern wie Jordan Ru- dess. Mit Smartphones und Tablets gespielte Musik-Apps sind mitunter auch auf der Bühne zu hören. Neben den etablierten Softwareschmieden und Herstellern von Musikinstrumenten (Yama- ha oder Korg) sind es in erster Linie Hobby-Pro- grammierer, die Musik-Apps entwickeln. Der  Vertrie b wird über App Stores von Apple (iOS), Google (Android) oder oder Microsoft (Windows 8) über das Internet abgewickelt. Interessenten steht ein grosses Instrumentarium zur Verfü- gung, für Apple-Geräte über 12 000, für andere Plattformen weit weniger, ungefähr 400 solcher Musik-Apps. Eine wichtige technische Grundlage, um mit Apps  wie mit einem Instrument zu musizieren, stellt der ver- zögerungsfreie Klang dar, den bisher nur iOS bieten kann. Für Android und Windows 8 sind entsprechende Voraussetzungen angekündigt, so dass auch für diese Plattformen ein erweiter- tes Angebot zu erwarten ist.  Was macht Apps so interessant? Die künstlerische Praxis mit Musik-Apps ist zwar noch jung, das Interesse an innovativen Anwen- dungen dagegen hoch, wie auch die Popularität einschlägiger Videos zeigt. Was aber fasziniert die Leute an Musik-Apps? Aufschluss hierüber geben vielfach kommentierte Blogbeiträge etwa auf Palm Sounds. 3  Im Folgenden beziehe ich mich auf die Kommentare zu den beiden Musik-  Apps TableDrum und Impakt or.  Mit der App TableDrum 4  kann jeder beliebi- ge Klang, ob Trommeln auf der Tischplatte oder Klopfen gegen ein Metallobjekt, mit dem digita- len Gerät synchronisiert und mit frei wählbaren Drum Sounds verlinkt werden. Auf diese Weise lässt sich ein virtuelles Drum Set spielen, ohne noch auf der Geräteoberfläche selbst herumtip- pen zu müssen. Das auf diese Weise gespielte Schlagzeug kann über Kopfhörer gehört werden. Dieses Prinzip der akustischen Steuerung von digitalen Samples wird in der App  Impakt or  um Syntheziser-Elemente erweitert. Die Möglichkeit, Klänge und Geräusche aufzunehmen und gesampelt einzusetzen, ver- spricht zusätzliches kreatives Poten- zial. In den Blog-Kommentaren bringen Nutzer vor allem ihre Lust am Experimentieren und ihre Freude, etwas Neues auszupro- bieren, zum Ausdruck. Selbst  wenn einige an der tatsächli- chen Spielgenauigkeit oder dem tatsächlichen Nutzen die- ser von Geräuschen gesteuer- ten Apps zweifeln, heben sie hervor, dass sie innovative Ideen unterstützen und In- teresse an ihrer Fortent-  wicklung haben. In Exper- tengesprächen werden auch Stärken und Schwä- chen von Table Drum und  Impaktor  diskutiert, Mu- sikstücke analysiert, Ver- gleiche zu früheren  Anwendungen ange- stellt und mögliche technische Alternati-  ven bes prochen.  Wie ein Leitprin- zip zieht sich durch alle  Auseinan dersetzun gen da s Elemen t des Erkundens und des Selbermachens. Die Musik entsteh t in Interaktion mit dem Medium. Nutzer  wollen sich musikalisch kreativ betätigen, mit beherrschbaren Herausforderungen konfron- Appmusik: Das Instrument aus der Hosentasche   Die Band auf dem Tablet: Mit der App «Rockmate» können  sich v ier Spiel er glei chzeiti g vergn ügen (S creensh ot)

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Mit geeigneten Apps werden Smartphones und Tablets zu Musikinstrumenten. Was gibt es bereits? Was sind vermutlich Holzwege? Und wohin könnte die Entwicklung gehen?Jeder dritte Deutsche besitzt heute bereits ein Smartphone. Spätestens in zwei Jahren dürften Handys ohne Bildschirmsteuerung weitgehend vom Markt verschwunden sein, wie Marktstudien aufzeigen. Smartphones und Tablets bieten sich als Kommunikations-, Spiel- oder Lesegeräte und nicht zuletzt als Musikinstrumente an.Der vollständige Artikel kann auf der Internetseite der Schweizer Musikzeitung gelesen werden: Appmusik: Das Instrument aus der Hosentasche (Link)Um den Zeitungsartikel außerdem einige illustrierende Videos hinzufügen, habe ich auch einen Blogartikel verfasst (Link).

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  • Schweizer Musikzeitung Nr. 12 / Dezember 2012 5

    Mit geeigneten Apps werden Smartphones und Tablets zu Musikinstrumenten. Was gibt es bereits? Was sind vermutlich Holzwege? Und wohin knnte die Entwicklung gehen?

    Matthias Krebs

    Komponisten und Musiker haben bereits vor Jahren begonnen, Handys als Musikinstrumente einzusetzen, etwa Golan Levin in Dialtones: A Telesymphony (2001). Mit dem gleichen musika-lischen Material, Klingeltnen und Tastenge-ruschen, fhrten Lars Oberhaus und Marcus Zihn Klangexperimente in Schulprojekten durch.1 Die dabei entstandenen Musikstcke hatten vorwiegend konzeptionellen Charakter.2 Auch Forschungsinstitutionen, allen voran das CCRMA (Center for Computer Research in Music and Acoustics) der Stanford University, widmeten sich frh den Mobilgerten. In Kalifornien wur-de schliesslich eines der ersten Ensemble, das MoPhO (The Stanford Mobile Phone Orchestra, 2007-2010) gegrndet, in dem Wissenschaftler und Studierende auf Smartphones musizierten.

    Smartphones werden durch Mobil-Prozessoren und grossformatige Displays zu computerhnli-chen Universalgerten im Taschenformat. Integ-rierte Sensoren ermglichen die Bedienung via Multi-Touch-Screen oder Mikrofon. Jeder dritte Deutsche besitzt heute bereits ein Smartphone. Sptestens in zwei Jahren drften Handys ohne Bildschirmsteuerung weitgehend vom Markt verschwunden sein, wie Mark t-studien aufzei-

    gen. Smartphones und Tablets bieten sich als Kommunikations-, Spiel- oder Lesegerte und nicht zuletzt als Musikinstrumente an.

    Mit Hnden greifbar ist schon jetzt die spe-zifische Dynamik zwischen den Beteiligten, die gemeinsam nach Mglichkeiten eines neuen kreativen Umgangs mit Musik suchen. Bis heute kommen Musik-Apps zwar vor allem im Hobby-bereich zur Anwendung. Eine Reihe von YouTu-be-Videos dokumentiert die Experimente von Laienmusikern mit einfachen Klavier-, Gitarren- oder Schlagzeug-Applikationen, die nur rudi-mentr ihre instrumentellen Vorbilder nachbil-den. Doch neuartige Konzepte und die stetige Weiterentwicklung der Instrumenten-Anwen-dungen wecken auch in zunehmendem Masse das Interesse von Profi-Musikern wie Jordan Ru-dess. Mit Smartphones und Tablets gespielte Musik-Apps sind mitunter auch auf der Bhne zu hren.

    Neben den etablierten Softwareschmieden und Herstellern von Musikinstrumenten (Yama-ha oder Korg) sind es in erster Linie Hobby-Pro-grammierer, die Musik-Apps entwickeln. Der Vertrieb wird ber App Stores von Apple (iOS), Google (Android) oder oder Microsoft (Windows 8) ber das Internet abgewickelt. Interessenten steht ein grosses Instrumentarium zur Verf-gung, fr Apple-Gerte ber 12 000, fr andere Plattformen weit weniger, ungefhr 400 solcher Musik-Apps. Eine wichtige technische Grundlage, um mit Apps wie mit

    einem Instrument zu musizieren, stellt der ver-zgerungsfreie Klang dar, den bisher nur iOS bieten kann. Fr Android und Windows 8 sind entsprechende Voraussetzungen angekndigt, so dass auch fr diese Plattformen ein erweiter-tes Angebot zu erwarten ist.

    WasmachtAppssointeressant?

    Die knstlerische Praxis mit Musik-Apps ist zwar noch jung, das Interesse an innovativen Anwen-dungen dagegen hoch, wie auch die Popularitt einschlgiger Videos zeigt. Was aber fasziniert die Leute an Musik-Apps? Aufschluss hierber geben vielfach kommentierte Blogbeitrge etwa auf Palm Sounds.3 Im Folgenden beziehe ich mich auf die Kommentare zu den beiden Musik-Apps TableDrum und Impaktor.

    Mit der App TableDrum4 kann jeder beliebi-ge Klang, ob Trommeln auf der Tischplatte oder Klopfen gegen ein Metallobjekt, mit dem digita-len Gert synchronisiert und mit frei whlbaren Drum Sounds verlinkt werden. Auf diese Weise lsst sich ein virtuelles Drum Set spielen, ohne noch auf der Gerteoberflche selbst herumtip-pen zu mssen. Das auf diese Weise gespielte Schlagzeug kann ber Kopfhrer gehrt werden. Dieses Prinzip der akustischen Steuerung von digitalen Samples wird in der App Impaktor um Syntheziser-Elemente erweitert. Die Mglichkeit,

    Klnge und Gerusche aufzunehmen und gesampelt einzusetzen, ver-spricht zustzliches kreatives Poten-zial.

    In den Blog-Kommentaren bringen Nutzer vor allem ihre Lust am Experimentieren und ihre Freude, etwas Neues auszupro-bieren, zum Ausdruck. Selbst wenn einige an der tatschli-chen Spielgenauigkeit oder dem tatschlichen Nutzen die-ser von Geruschen gesteuer-ten Apps zweifeln, heben sie hervor, dass sie innovative Ideen untersttzen und In-teresse an ihrer Fortent-wicklung haben. In Exper-tengesprchen werden auch Strken und Schw-chen von Table Drum und Impaktor diskutiert, Mu-sikstcke analysiert, Ver-gleiche zu frheren Anwendungen ange-stellt und mgliche technische Alternati-ven besprochen. Wie ein Leitprin-

    zip zieht sich durch alle Auseinandersetzungen das Element des

    Erkundens und des Selbermachens. Die Musik entsteht in Interaktion mit dem Medium. Nutzer wollen sich musikalisch kreativ bettigen, mit beherrschbaren Herausforderungen konfron-

    Appmusik: Das Instrument aus der Hosentasche

    Die Band auf dem Tablet: Mit der App Rockmate knnen sich vier Spieler gleichzeitig vergngen (Screenshot)

  • 6 N12 / Dcembre 2012 Revue Musicale Suisse

    tiert sein und Erfolgserlebnisse verspren. Fr App-Entwickler liegt daher die Herausforderung vor allem darin, ihnen leicht zu bedienende In-strumente in die Hand zu geben. Das Klangre-sultat soll qualitativ gut und gleichzeitig unter-haltsam sein. Erfolgreiche Apps bieten darber hinaus die Mglichkeit, eigenes Klangmaterial zu integrieren und Musikproduktionen zu ex-portieren, um sie an Freunde zu verschicken oder im Internet zu verffentlichen.

    InnovationstattdigitalerNachahmung

    Die bisher erfolgreichste Musik-App ist Garage-Band fr iPad, von Apple zum Release des iPad 2 vorgestellt und seitdem gezielt zu Promotions-zwecken eingesetzt. Ausgestattet mit Musikins-trumenten wie Gitarre, Schlagzeug oder Key-board sowie Sampler, Sequenzer und Effektgert, zeichnet sich diese App vor allem durch ihre umfangreichen Funktionen aus. Durch die kon-zeptionelle Ausrichtung der gebotenen Instru-mente an den realen Vorbildern zeigen sich je-doch rasch Grenzen, beispielsweise in den ein-geschrnkten Spieloberflchen oder bei der Vi-sualisierung von mechanischen Ablufen wie dem Schwingen von Saiten, die haptisch nicht erfahrbar gemacht werden knnen. Bedauerliche Schlussfolgerung: Die App hnelt einem richti-gen Instrument, nur dass sie viel weniger kann. Statt innovative Konzepte zu entwickeln, die sich an den Gegebenheiten des digitalen Gertes ori-entieren, strebten die Programmierer dem Spiel und Klang der Originalinstrumente nach, ein Anspruch, der zwangslufig scheitern muss. Das Musikmachen mit Musik-Apps darf deshalb kei-nesfalls auf Erfahrungen mit der App Garage-Band fr iPad reduziert werden.

    Meiner Einschtzung nach stellen mobile Technologien wie Smartphones und Tablets fr die Musikpraxis einen radikalen Entwicklungs-schritt dar. Schwierigkeiten bei der Realisierung von przisen Klangvorstellungen sowie Hrden bei der Implementierung von vertrauten Instru-menten oder Spielweisen sollten als Aufruf ver-standen werden, andere Wege der Klangsteue-rung und neue Prinzipien der musikalischen Strukturierung zu finden. Wenn die Besonder-

    heiten und Strken eines neuen Mediums kon-sequent genutzt werden, entstehen Kunstformen, die mit herkmmlichen Mitteln nicht realisier-bar gewesen wren. Ein Trend ist, dass es sich beim Umgang mit Musik-Apps um individuell an die persnlichen Bedrfnisse und Fertigkeiten der Nutzer ausgerichtete musikalische Praxisfor-men handelt, die Smartphones zu Gebrauchs-instrumenten machen. Musik-Apps erffnen dem Nutzer durch flexible Kombination verschie-dener instrumentaler Konzepte eine Vielfalt spie-lerischer Anwendungen sowie kreativer Aus-drucksmglichkeiten.

    MusikalischerAusdruckdankSensoren

    Aus der Vielzahl an verfgbaren Musik-Apps er-laubt letztendlich nur ein kleiner Teil, gestalte-risch mit Musik umzugehen.5 Welche Apps aber machen Smartphones und Tablets zu digitalen Musikinstrumenten?

    Zur Beantwortung dieser Frage mchte ich hier den Aspekt der Krpererfahrung beim Spie-len eines Instrumentes nher betrachten. Die Krperbewegung kann beim Musizieren mit mobilen Digitalgerten mindestens eine ebenso grosse Rolle wie beim traditionellen Musizieren spielen. Hierfr werden digitale Sensoren ben-tigt. Das sind technische Bauteile, die bestimm-te physikalische Eigenschaften der Umgebung erfassen und in digitale Daten umwandeln. Je nach Programmierung knnen Musik-Apps die-se Daten unterschiedlich interpretieren und geben dem Nutzer ein Feedback in Form eines akustischen Ereignisses oder einer Klangmodu-lation.

    Smartphones und Tablets verfgen, vergli-chen mit Laptops oder Computern, ber eine grosse Zahl von eingebauten Sensoren. Zum Mu-sizieren eignen sich, neben der Bildschirmsteu-

    Il y a longtemps que des compositeurs sint-ressent aux tlphones portables pour faire de la musique. Golan Levin a cr Dialtones : A Telesymphony en 2001 dj, mais les possi-bilits techniques taient alors limites aux sonneries basiques des appareils de lpoque. Aujourdhui, les smartphones sont des ordi-nateurs. Leur puissance de calcul est suffi-sante pour des applications rellement mu-sicales et leur cran tactile permet une vraie interaction avec lutilisateur.

    Il existe aujourdhui 12 000 applications de musique pour Apple iOS (iPhone et iPad), et environ 400 pour les autres systmes (An-droid et Windows 8). Apple est en avance dans ce domaine car ses appareils sont les seuls capables de gnrer un son sans dlai. Hormis quelques fabricants dinstruments qui se sont lancs dans la programmation dapplications pour smartphones (Korg, Yamaha), la majo-rit des dveloppeurs de ce genre doutils sont des amateurs.

    GarageBand est probablement lapplica-tion musicale la plus complte pour iPad. Elle permet dimiter plusieurs instruments exis-

    tants : claviers, guitares, batterie. Mais aucune de ces imitations nest aussi versatile que les instruments originaux. Ds lors, le plus int-ressant est dinventer des applications qui mettent profit les caractristiques des smart-phones et tablettes, pour crer une musique irralisable sur dautres instruments.

    On peut pour cela profiter des diffrents senseurs installs dans ces appareils : la ca-mra permet de jouer dun instrument virtuel (comme le fait lapp Air Guitar) ; les dtecteurs de mouvement peuvent dclencher des sons, souvent de batterie (Samplodica) ; le gyroscope peut modifier des paramtres sonores en fonc-tion de la position de lappareil (GyroSynth) ; le micro peut fonctionner comme un dtec-teur de souffle et imiter la trompette ou le saxophone (Wivi Band) ; la boussole peut tre utilise pour piloter les sons en fonction de leur orientation spatiale (Sound Wand).

    En combinant plusieurs de ces dtecteurs, on peut imaginer des applications rellement nouvelles et de plus en plus musicales, gale-ment accessibles de non musiciens.

    Rsum : Jean-Damien Humair

    Le smartphone, un instrument de poche

    Orchester ohne Holz und Blech: DigiEnsemble Berlin Foto: Sven Ratzel

  • Schweizer Musikzeitung Nr. 12 / Dezember 2012 7

    erung per Touch, das Mikrofon, ein Beschleuni-gungssensor in allen drei Achsen, ein digitaler Kompass, die Digitalkamera und ein Gyroskop, das die Lage des Gertes im Raum erfasst. Da-durch ist es mglich, Hr- und Seherfahrungen sowie taktile oder gestische Aktivitten einzubeziehen. Um die Funktionalitt ein-zelner Sensoren zu verdeut-lichen, sei hier eine Auswahl an spezialisierten Musik-Apps (fr iOS) vorgestellt: Das Multi-Touch-Display findet eine anspruchsvolle Anwendung in der App Pitch Painter. Mit dem Finger kann man grafische Partituren erstellen und diese an-schliessend erklingen lassen.

    Die integrierte Kamera ermglicht, virtuelle Musikinstrumente zu steuern, was in der App AirGuitar ausgenutzt wird. Man kann Luftgi-tarre spielen und diverse Akkorde greifen.

    Der Erschtterungssensor kommt hufig in Schlagzeug-Apps zum Einsatz. In Samplodica lassen sich ausgewhlte Samples durch Scht-telbewegungen steuern.

    Das Gyroskop misst die Lage des Smartphones. Die App GyroSynth verwandelt das Smartpho-ne in eine Art Klanghandschuh, indem die Ortsvernderung zur Klangmodulation ge-nutzt wird. So knnen musikalische Parameter wie Lautstrke, Tonhhe oder Filtereinstellun-gen durch Dreh- und Kippbewegungen kont-rolliert werden.

    Das Mikrofon erfllt in einigen Musik-Apps die Funktion eines Blas-Sensors. ber die Lautstr-ke der Atemluft am Mikrofon wird der Ton gesteuert. Die App Wivi Band verfgt ber 15 modulierte Blasinstrumente wie Trompete, Saxofon oder Klarinette.

    Der digitale Kompass wird in der App Sound Wand dazu verwendet, ber die rumliche Orientierung die Tonhhe zu steuern.

    Einige Musik-Apps wie ThumbJam kombinieren verschiedene Sensoren miteinander. Je mehr Sensoren dazu verwendet werden, Klnge be-wusst zu steuern, umso musikalischer wird letzt-endlich die Anwendung.

    Die intuitive Steuerung von Musikinterfaces durch Sensoren steigert das Musikerlebnis. Da-rber hinaus wird Musizieren auch fr neue Zielgruppen verfgbar gemacht, insbesondere fr Menschen ohne musikpraktischen Hinter-grund oder mit krperlichen Einschrnkungen.

    BereicherungnichtKonkurrenz

    Mobile Digitaltechnologien eignen sich zu weit mehr als nur zur Alltagskommunikation und

    zum Medienkonsum, wenn man sie als kreativ-sthetische Werksttten betrachtet. Gleichzeitig stehen wir erst am Anfang einer technologischen Entwicklung, die den Umgang mit Musik grund-legend verndern kann. Das Musizieren mit

    mobilen sensorgesteuerten Digitalgerten und den spe-ziellen Interfaces von Musik-Apps unterwandert keines-wegs traditionelle Musikkul-turen, sondern stellt eine Erweiterung der herkmm-lichen Musikpraxis dar.

    Smartphones und Tablets verdrngen nicht akus-tische Musikinstrumente mit ihren ureigenen, digital kaum reproduzierbaren Klang- und Spiel-eigenschaften. An Bedeutung verlieren werden vielmehr andere digitale Klangerzeuger, Effekt-gerte und Controller. Gleichzeitig bilden sich musikalische Umgangsweisen heraus, welche die Qualitten der Digitalisierung zu nutzen verstehen und damit die knstlerischen Aus-drucksmglichkeiten um Komplexitt, Kontrol-le, Qualitt, Flexibilitt, Mobilitt und Zugng-lichkeit erweitern.

    Besonders charakteristisch fr das Musizie-ren mit Musik-Apps ist, dass Nutzer sich solche

    Anwendungen autonom aneignen, je nach Be-drfnissen und Fhigkeiten, und dass dieser Prozess der spieltechnischen Aneignung sowie der musikalische Entstehungsprozess gegenber dem abgeschlossenen Musikprodukt an Bedeu-tung gewinnt. Die Vernderungen durch Digi-talisierung mgen irritieren, ich begreife diese als Teil einer normalen Medienevolution. Betei-ligte Nutzer, ob Profi- oder Laien-Musiker, schaf-fen mit Medien kreative Freirume und entde-cken neue Wege fr den knstlerischen Aus-druck. Damit wird Musikkultur am Leben er-halten.

    Anmerkungen 1 Lars Oberhaus/Marcus Zihn: Wann klingelts end-

    lich?!, in: Musik und Bildung 2004/01, S. 8 ff.2 Eine musikwissenschaftliche Aufarbeitung der The-

    matik bietet Frauke Behrendt in der Monographie

    Handymusik: Klangkunst und mobile devices

    (Epos, Osnabrck 2005).3 www. palmsounds.net4 siehe: www.appmusik.de/sensorapps5 Fr eine Klassifizierung verschiedener Musik-Apps

    nach musikalischen Anwendungsweisen siehe:

    Matthias Krebs: Appmusik Musizieren mit Smart-

    phones, in: MusikForum 01/2012, S. 14 ff.

    Sensorgesteuert: Matthias Krebs spielt iPhone-Ocarina. Fotos: Sven Ratzel

    Matthias Krebs

    ist Diplom-Musikpdagoge und Opernsnger und leitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter den Zertifi-katskurs DigiMediaL_musik am UdK Berlin Career College. Er ist Lehrbeauftragter an mehreren Musik-hochschulen und hat 2010 das Smartphone-Orchester DigiEnsemble Berlin gegrndet.

    Weiter im NetzIllustrierende Videos und weitere Informationen zu den in diesem Artikel vorgestellten Apps finden Sie unter:> www.appmusik.de/sensorapps