ARC WHITE PAPER - w3.siemens.com · Autoren: Valentijn de Leeuw, Florian Güldner ARC WHITE PAPER...
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Autoren: Valentijn de Leeuw, Florian Güldner
ARC WHITE PAPER
OKTOBER 2012
“Best Practices“ im Anlageninformationsmanagement erhöhen die Verfügbarkeit und senken Betriebs- und
Sicherheitsrisiken
Zusammenfassung ..................................................................... 3
Analyse und Management von Prozess- und Betriebsrisiken .............. 5
Das Potenzial korrekter Anlageninformationen ................................ 9
Anwendungsbeispiel: Datenzentrischer Anlagenbetrieb ................... 10
Anwendungsbeispiel: Immersives Operator Training ....................... 16
Empfehlungen ........................................................................... 18
Literaturverzeichnis ................................................................... 19
VISION, EXPERIENCE, ANSWERS FOR INDUSTRY
ARC White Paper • Oktober 2012
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Anzahl von Großunfällen in der EU-15, 1996-2004 Nach Meldungen zum EU-Informationssystem für Großunfälle (MARS)
(Christou 2008)
Entwicklung der Schadenssummen bei Raffineriesachschäden weltweit in Millionen US-Dollar/Jahr (Schouwenaars 2008)
0
100
200
300
400
500
600
700
800
1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000
DAM
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Kosten von Unfällen und mangelnder technischer Zuverlässigkeit
Die Gesamtkosten von Unfällen, Vorfällen und mangelnder technischer Zuverlässigkeit (bzw. Betriebssicherheit) können eine Höhe von ein
bis drei Prozent vom jährlichen Umsatz ausmachen. Hinzu kommen
Schadenssummen im Bereich von 500 Millionen bis fünf Milliarden US-Dollar pro sogenannter Großkatastrophe. Zu einer
Großkatastrophe bei einem Ölriesen kommt es im Durchschnitt alle 20 Jahre.
Zusammenfassung
Der Erfolg eines Unternehmens in der Prozessindustrie wird in der Regel
anhand von Kriterien wie Umsatz und Gewinn gemessen. Neben solchen
Erfolgs- oder Leistungskriterien haben jüngst jedoch auch andere
Kennzahlen wie die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, Prozess- und
Arbeitssicherheit oder Nachhaltigkeit an Bedeutung gewonnen. Die
Beeinflussung dieser Indikatoren verursacht Kosten, eröffnet jedoch auch
Potenziale. Das vorliegende White Paper betrachtet den erhöhten
Maßnahmenbedarf im Bereich des Betriebs- und Sicherheitsmanagements
und untersucht hierzu den Zusammenhang zwischen korrekten und
aktuellen Anlageninformationen einerseits und der Senkung von Prozess-
und Betriebsrisiken andererseits. Im
Anschluss werden verfügbare Lösungen
diskutiert, die Potenzial zur Verbesserung
der aktuellen Branchenpraxis bieten.
Die Kosten für Maßnahmen zur
Instandhaltung und für Verbesserungen der
Prozesssicherheit sind bekannt. Allerdings
ist der Einfluss auf die technische
Zuverlässigkeit und Prozesssicherheit
schwierig zu ermitteln, weil die Maßnahmen
miteinander korrelieren und weil Unfälle
und Vorfälle relativ selten und in
unregelmäßigen Abständen auftreten.
Unfälle und Vorfälle werden als operative und Sicherheitsrisiken und somit
als unabhängige statistische Größe betrachtet. Wie im vorliegenden White
Paper dargestellt, können die Gesamtkosten von Unfällen, Vorfällen und
mangelnder technischer Zuverlässigkeit eine Höhe von ein bis drei Prozent
vom jährlichen Umsatz betragen. Hinzu kommen Schadenssummen im
Bereich von 500 Millionen bis fünf Milliarden US-Dollar pro
Großkatastrophe. Zu einer Großkatastrophe bei einem Ölriesen kommt es
im Durchschnitt alle 20 Jahre. Dabei liegt die Streuung je nach Sicherheits-
und Zuverlässigkeitsmaßnahmen in einem Wertebereich zwischen vier bis
100 Jahren.
Initiativen zur Verbesserung der Sicherheit und der Verfügbarkeit sind
stark positiv korreliert. Maßnahmen zur Verbesserung der
Arbeitssicherheit dagegen haben wenig Einfluss auf die Prozesssicherheit,
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Betriebs- und Prozesssicherheit setzen Anlageninformationsmanagement mit
korrekten Daten voraus
Wirksame Betriebs- und Prozesssicherheitsmaßnahmen müssen die
Aspekte des Anlagenmanagements sowie von Gesundheit, Arbeitsschutz und Umwelt (Health, Safety and Environment, HSE) mit den Fragen
der Zuverlässigkeit des menschlichen Verhaltens und der Prozessausführung
konzeptuell verbinden. Eine effektive, effiziente und auf Betriebssicherheit abzielende Planung
und Ausführung von Wartungsmaßnahmen setzt korrekte und aktuelle
Anlageninformationen voraus.
umgekehrt wirken sich jedoch Verbesserungen der Prozesssicherheit
positiv auf die Arbeitssicherheit aus. Da die Quelle der meisten Sicherheits-
und Betriebssicherheitsprobleme der menschliche Fehler ist, müssen
wirksame Betriebssicherheits- und Prozesssicherheitsmaßnahmen Aspekte
von Anlagenmanagement und HSE (Health, Safety and Environment) mit
der Zuverlässigkeit des menschlichen Verhaltens und der Prozessabläufe
verbinden. Eine effektive, effiziente Planung und Ausführung von
„Reliability Centered Maintenance“ bzw. auf Verfügbarkeit orientierte
Wartungsmaßnahmen setzen daher korrekte und aktuelle
Anlageninformationen voraus. Sämtliche Wartungsaktivitäten oder
Anlagenänderungen müssen dokumentiert
werden und für alle Mitarbeiter zugänglich
sein. So können sich Entscheidungsträger
auf die Problemanalyse konzentrieren – in
dem Wissen, dass sie bereits über korrekte
(As-Built- oder As-Maintained-) Daten
verfügen.
Die als Datendrehscheibe für Engineering,
Betrieb und Instandhaltung fungierende
Software COMOS von Siemens bietet einen
solchen Echtzeit-Informationszugriff auf
den Anlagenzustand. Dass aktuelle
Anlageninformationen verfügbar sind, ist
ebenfalls von herausragender Bedeutung
für die Entscheidungsfindung in Notfällen
und die Eingrenzung potenzieller Schäden. In COMOS werden die
vorhandenen 3D-Modelle der sich in Betrieb befindlichen Anlage stets
aktuell gehalten und können bei immersiven und realistischen Operator
Trainings in einer sicheren Umgebung verwendet werden. COMOS
reduziert den Zeit- und Kostenaufwand für Schulungen und ermöglicht so,
dass die Anlage früher bereit zur wirtschaftlichen Nutzung ist. Daneben
unterstützt die 3D-Darstellung Wartungsarbeiten und den laufenden
Betrieb. Zu den betriebswirtschaftlichen Vorteilen gehören ein verringertes
Prozess- und Betriebsrisiko, eine gesteigerte Produktivität von Engineering,
Instandhaltung und Betrieb, eine schnellere und höhere Verfügbarkeit von
Anlagen- und Betriebspersonal sowie eine verbesserte Einhaltung
gesetzlicher Vorschriften. Zur Veranschaulichung wird im Folgenden eine
Analyse vorgestellt, die anhand zweier Anwendungsbeispiele die Kosten
und das Management von Prozess- und Betriebsrisiken aufzeigt.
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Korrelation von Finanzergebnis, Risiko, Sicherheit und Anlagenverfügbarkeit
• Die Anlagenverfügbarkeit und die Prozesssicherheit beeinflussen das Finanzergebnis wesentlich.
• Die durchschnittlichen finanziellen Auswirkungen schwerer Industrieunfälle werden erheblich unterbewertet.
• Das Risiko schwerer Industrieunfälle lässt sich durch Wartung und die Schaffung einer Sicherheitskultur deutlich verringern.
• Sicherer und zuverlässiger Betrieb sind mit wirksamem Kostenmanagement vereinbar.
• Die Verbesserung der Arbeitssicherheit wirkt sich deutlich auf Personenschäden und Todesfälle, jedoch nicht auf schwere Unfälle aus. D. h., über die Arbeitssicherheit hinaus müssen auch Aspekte der Prozesssicherheit aktiv beeinflusst werden.
• Wirksam kann nur ein integrierter Ansatz sein, der sowohl Sicherheit als auch die Anlagenverfügbarkeit und menschliches Verhalten umfasst.
• Beispielhaft für solche Maßnahmen sind aktuelle Anlageninformationen als Basis für operative Entscheidungen, Instandhaltungsentscheidungen und Operator Trainings.
Analyse und Management von Prozess- und Betriebsrisiken
Viele moderne Unternehmen nutzen neben den reinen Finanzkennzahlen
für die Betriebsführung auch Indikatoren wie die Einhaltung gesetzlicher
Vorschriften, die Prozess- und Arbeitssicherheit oder Nachhaltigkeit und
Umweltauswirkungen. Die Beeinflussung letzterer Indikatoren verursacht
Kosten, eröffnet jedoch auch Potenziale.
So ermöglichen z.B. die Vorteile
verbesserter Energieeffizienz im
Rahmen von Nachhaltigkeitsinitiativen
oft eine schnelle Amortisation des
eingesetzten Kapitals (Farrell and
Remes 2008). Kosten und Nutzen
verbesserter Nachhaltigkeit und die
entsprechenden Indikatoren sind relativ
stabil über mehrere Jahre und lassen
sich gut vorhersagen.
Prozesssicherheit und
Anlagenverfügbarkeit wirken sich
unmittelbar günstig auf den Umsatz
aus. Vorfälle, Unfälle und ungewollte
Abschaltungen dagegen haben den
umgekehrten Effekt und führen im
schlimmsten Fall zu Personenschäden,
Todesfällen und zu Schäden an Umwelt
und Anlagen einschließlich der damit
verbundenen Kosten und negativen
Auswirkungen auf die Marke. Unfälle
und Vorfälle treten nicht häufig und
zudem nur unregelmäßig auf. Sie gelten
als Prozess- und Betriebsrisiken, die man zwar durch gutes Management
reduzieren, aber nicht völlig ausschließen kann.
Menschliches Versagen und Sicherheit Nach Schätzungen des ASM Consortium sind ungeplante
Anlagenabschaltungen in der Prozessindustrie zu ca. 40 Prozent auf Fehler
von Apparaten und Anlagen zurückzuführen, zu 20 Prozent durch die
Nichteinhaltung vorgeschriebener Prozesse bedingt und zu ca. 40 Prozent
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resultierend aus menschlichem Versagen (ASM Consortium, zitiert nach
O’Brien 2010). Untersuchungen von Total zum Einfluss menschlichen
Verhaltens auf die Prozesssicherheit, verglichen mit Best Practices aus der
Nuklearindustrie und von Fluggesellschaften haben gezeigt, dass das
Risiko menschlichen Versagens durch die Implementierung von Regeln
und Prinzipien (Van Roost 2010) und die Schaffung einer Sicherheitskultur
(Ghosh and Woll 2007) um mindestens den Faktor 100 reduziert werden
kann. Ihre Analysen zu den Ursachen einer Reihe von Industrieunfällen
und Beinahe-Unfällen lässt auch erkennen, dass menschliches Versagen
häufig mitursächlich ist.
Die Bemühungen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit haben in den
letzten Jahren zu einer deutlichen Verminderung der Personenschäden und
Todesfälle geführt, sich jedoch nur gering auf die Anzahl der schweren
Industrieunfälle ausgewirkt, die im Zeitverlauf nur sehr langsam
zurückgeht (Schouwenaars 2008, Haesle et al. 2009). Diese Befunde
bestätigen die Ergebnisse von Total und anderen, wonach die Verbesserung
von Arbeits- und Prozesssicherheit gesonderte Maßnahmen erfordert.
Nach Zahlen der EU kommt es jährlich zu durchschnittlich etwa drei
Großunfällen pro 1000 Industriebetriebe (Christou 2008) mit mindestens
einem Todesopfer und einer Schadenssumme über 2,5 Millionen Euro.
Großkatastrophen wie die Explosionen von Toulouse, in einer Ölraffinerie
in Texas oder des Öllagers in Buncefield liegen in einer anderen
Größenordnung: Hier beträgt die durchschnittliche Schadenssumme 2
Milliarden US-Dollar und bewegt sich zwischen 500
Millionen und 5 Milliarden US-Dollar, wobei die
Höchstmarke mit mindestens 40 Milliarden US-Dollar
Schaden durch den Ölaustritt unter der Plattform
Deepwater Horizon im Golf von Mexiko erreicht
wurde. Bei einem durchschnittlichen Ölriesen mit
einem Umsatz im Bereich von 300 Milliarden US-Dollar
und einer Umsatzrendite von 8 Prozent oder 24
Milliarden US-Dollar liegt die wahrscheinliche
Häufigkeit eines Großunfalls nach Definition der EU bei
etwa drei Unfällen innerhalb von zwei Jahren.
Großkatastrophen sind weit weniger häufig und treten nach Schätzungen
der ARC vielleicht einmal in 20 Jahren auf. Bei einem Unternehmen der
genannten Größe belaufen sich die umgerechneten jährlichen Kosten auf ca.
100 Millionen US-Dollar oder einige Prozent vom Gewinn. Die Häufigkeit
Ursachen für Anlagenstillstand/-drosselung
40%
20%
40%
Equipment Failure
Not Following Processes
Human Error
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von Großunfällen und -katastrophen schwankt um mindestens den Faktor
fünf je nach unternehmensspezifischer Sicherheitskultur und
Betriebssicherheitspraxis und kann im Höchstfall bei einem Großunfall alle
zwei Monate und einer Großkatastrophe alle vier Jahre liegen. Ein
typischer Ölriese würde in einem Worst-Case-Szenario, wie etwa BP im
Jahr 2010, Geld verlieren. Dasselbe Szenario würde jedoch für ein kleineres
Ölunternehmen einen Verlust bedeuten, den es vermutlich nicht verkraften
würde.
Prozesse und Anlagenverfügbarkeit Da die Korrelation zwischen Instandhaltungsaufwand und verringerten
Unfallzahlen nicht auf der Hand liegt, besteht die Versuchung, Wartungs-
und Inspektionskosten zu reduzieren, um die Rentabilität zu optimieren.
Nach einer McKinsey-Studie (Laurens and Van Der Molen 2009) arbeitet
die erste Riege der globalen Öl- und Gasproduzenten mit einer 95- bis 98-
prozentigen Anlagenverfügbarkeit auch bei älteren Anlagen. Diese
Unternehmen betreiben zugleich Kostensenkungen mit den richtigen
Schwerpunkten und vermeiden eine Abwärtsspirale im Bereich der
Anlagenverfügbarkeit. Die Studie von McKinsey hat ergeben, dass die
weltweite Spitzengruppe der Unternehmen vorbeugende und
zustandsabhängige Wartung sowie eine fehlerfreie Umsetzung von Plänen
und Prozessen praktiziert. Nach Williams (2001) sind hier realistische
Verbesserungen der Anlagenverfügbarkeit in der Größenordnung von ein
bis drei Prozent, bei einer Senkung der Wartungskosten um 20 bis 30
Prozent erreichbar. Dies entspricht einem bis drei Prozent vom Umsatz auf
Märkten mit Nachfrageüberhang.
Korrelation der Ursachen erfordert eine Integration der Maßnahmen Maßnahmen zur Verbesserung der Anlagenverfügbarkeit und
Prozesssicherheit wirken sich jeweils signifikant auf das finanzielle
Ergebnis und Risiko eines Unternehmens aus. Maßnahmen zur
Verbesserung der Sicherheit und der Verfügbarkeit sind stark positiv
korreliert. Da die Probleme der Sicherheit und technischen Zuverlässigkeit
(bzw. Betriebssicherheit) größtenteils auf den Menschen zurückzuführen
sind, müssen wirksame Maßnahmen im Bereich der Sicherheit und
Zuverlässigkeit Aspekte des Anlagenmanagements, HSE (Health, Safety
and Environment) und menschlichen Verhaltens miteinander integrieren.
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Maßnahmen zur Risikoreduzierung und Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit Obwohl Statistiken über Vorfälle, Unfälle und Abschaltungen problemlos
verfügbar sind, scheint der Eintritt solcher Ereignisse dennoch immer
überraschend zu sein. Das menschliche Bewusstsein ist wohl fähig, Risiken
einzuschätzen, neigt jedoch bei intuitiven Risiko-Abschätzungen und -
Entscheidungen zu Fehlern (Kahnemann
2011, Tversky and Kahneman 1974).
Das Management kann aber die richtigen
Entscheidungen treffen: Das Risiko und
die einschüchternden
Kostendimensionen von Unfällen und
ungeplanten Stillständen lassen sich mit
relativ kleinen Aufwand und
Investitionen deutlich verringern. Total
konnte bei einer vergleichenden
Untersuchung mit der Luftfahrtindustrie
aufzeigen, dass das Risiko menschlicher
Fehler durch relativ einfache
Maßnahmen wie die Aufteilung der
Verantwortung auf zwei Personen und die doppelte Prüfung von
Entscheidungen signifikant reduziert werden kann. Auch ein korrektes
Bild der Anlagen und ihres Zustands ermöglicht eine signifikante
Eingrenzung von Prozess- und Betriebsrisiken.
Aktuelle Anlageninformationen sind wesentliche Voraussetzungen, um
richtige Entscheidungen bei der Instandhaltung der Anlagen zu treffen.
Genauso wichtig sind sie für das Training von Mitarbeitern im Bereich der
Prozesse und des Verhaltens. Eine alles entscheidende Bedeutung kommt
schließlich dem angemessenem Verhalten und den aktuellsten
Informationen zu dem Zustand der Anlage bei Entscheidungen in
Notfällen zu.
Standort, Jahr
Geschätzte Kosten in
Milliarden US-Dollar
Piper Alpha 1988 3.4
Enschede 2000 0.5
Toulouse 2001 1.8
Skikda 2004 >3.0
Buncefield 2005 2.0
Texas City 2005 1.5
Deepwater Horizon 2010 40,0
Kosten industrieller Großkatastrophen
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Vorteile von integriertem Anlagenengineerings und -betrieb
Der Einsatz einer einzigen, konsistenten und stets aktuellen Datendrehscheibe für Design,
Engineering, Bau, Übergabe, Betrieb und Instandhaltung , in Verbindung mit einer 3D-
Anlagenvisualisierung senkt das operative Risiko, steigert die Produktivität, sorgt für eine schnellere Betriebsbereitschaft und verbessert
die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften.
Das Potenzial korrekter Anlageninformationen
Die Nutzung einer einzigen, konsistenten und globalen Datendrehscheibe
wie COMOS, die jederzeit und von allen beteiligten Fachdisziplinen up-to-
date gehalten wird, ermöglicht umfassende und vollständige
Informationstransparenz für alle Anlagenobjekte und Beteiligten. Die
unterschiedlichen Fachdisziplinen können mittels konfigurierbarer
Workflows in einem strukturierten Prozess zusammenarbeiten. Dies
schafft u.a. folgende Vorteile:
• Anlagen-Engineering und Anlagenbau sind von höherer Qualität, die
Zeit bis zur Betriebsbereitschaft wird deutlich verkürzt.
• Die bei der Übergabe bereitgestellte Dokumentation entspricht einer
aktuellen "As-built"-Datenbasis, die im Verlauf der weiteren Pflege zur
"As-maintained"-Datenbasis wird. Da die Ingenieure weniger Zeit zum
Eingeben und Auffinden von Informationen benötigen, sind
wesentliche Produktivitätssteigerungen möglich.
• Die gesetzliche Pflicht zur aktuellen Dokumentation der Anlage wird
jederzeit erfüllt.
• In dringenden Fällen können anhand aktueller Anlageninformationen
belastbare Entscheidungen getroffen werden. Durch schnellere und
angemessene Maßnahmen sinken die operativen Risiken erheblich.
Mit dem 3D Virtual Reality Viewer COMOS Walkinside können die in den
Engineering-Phasen erzeugten 3D-Daten in allen Lebenszyklusphasen der
Anlage, wie Betrieb, Wartungsplanung,
Simulation und Workforce Training
wiederverwendet werden. Als spezielles
Tool für den operativen Einsatz bietet
COMOS Anlagenbetreibern und
Ingenieuren eine einfache Bedienbarkeit
verbunden mit einer schnellen und
realistischen Darstellung komplexer
Modelle, die den Eindruck vermitteln,
physisch vor Ort zu sein. Zu den typischen
Anwendungsbeispielen gehören
Projektfortschrittskontrollen,
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Problemlösungssitzungen, immersive Off-Site-Trainings, Bereitstellung von
räumlichem Kontext für Engineering- und Instandhaltungsaufgaben sowie
Entscheidungsunterstützung in Notfällen.
Immersives Operator Training mit COMOS Walkinside
Das immersive Erlebnis beim Training bewirkt eine deutliche Verstärkung
der Erinnerung der Lerninhalte, spart Aufwand für herkömmliche Vor-Ort-
Schulungen ein und verbessert nachweislich die Einsatzbereitschaft der
Workforce in der Anlage.
Anwendungsbeispiel: Datenzentrischer Anlagenbetrieb
Modernes Anlagenmanagement in Betriebs- und Instandhaltungsphasen
Das Anlagenmanagement in der Prozessindustrie erfährt eine zunehmende
Bedeutung bei der Bestimmung der Strategie für die Instandhaltung und
Modernisierung von Anlagen. Ziel ist hierbei, sicherzustellen, dass die
Anlagen die benötigten Produktionskapazitäten zur Verfügung stellen,
aber gleichzeitig die Gesamtkosten über den Anlagenlebenszyklus zu
senken. Das Anlagenmanagement verbessert die Performance, etwa durch
Koordination von Engpassbehebungs- und Wartungsmaßnahmen sowie
durch Berücksichtigung von Wechselwirkungen zwischen Anlagen bzw.
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COMOS
COMOS ist die Siemens-Softwarelösung für Engineering, Betrieb und Instandhaltung von Anlagen
in den verfahrenstechnischen Industrien von der Prozessplanung bis zur Stilllegung. COMOS unterstützt das verfahrenstechnische Engineering, die Erstellung von Rohrleitungs- und Instrumentierungsschemata sowie das 3D-, Elektrik-, Instrumentierungs- und
Steuerungs-Engineering. Außerdem unterstützt COMOS den effizienten Anlagenbetrieb z.B. durch
Dokumentenmanagement einschließlich Workflow- und Freigabeprozessen oder, bei einer risikobasierten
Wartungsstrategie, das Wartungsmanagement mit Risikobewertungen. Durch seinen Objektorientierten
Ansatz und die einheitliche Datenbasis über alle Lebenszyklusphasen und Fachdisziplinen bietet COMOS
allen Beteiligten sofortige und vollständige Informationstransparenz in Bezug auf ein
Anlagenobjekt. Konfigurierbare Workflows ermöglichen unterschiedlichen Disziplinen und Gewerken, im Rahmen von Engineering- und
Betriebsprozessen strukturiert zusammenzuarbeiten.
Basierend auf diesen Möglichkeiten:
• haben Ingenieure direkten Zugriff auf Informationen, die Kollegen anderer Disziplinen geändert haben. Damit ist ein effektives, paralleles Engineering möglich.
• ermöglicht die Objektorientierung modulares Engineering. Bei Anwendung im gesamten Unternehmen erhöht dies eine zeit- und kostensparende Standardisierung, erleichtert die Zusammenarbeit und erlaubt einen flexibleren Personaleinsatz.
• wird die Zeit zur Informationssuche deutlich verkürzt, wodurch die Produktivität steigt.
• lässt sich der Zeitpunkt der Betriebsbereitschaft zuverlässiger vorhersagen.
• wird die gesetzliche Pflicht zum stets aktuellen Dokumentationsstand der Anlage zu jedem Zeitpunkt erfüllt.
• lassen sich in dringenden Fällen anhand von Online-Anlageninformationen belastbare Entscheidungen treffen. Durch schnellere und tatsachengerechtere Maßnahmen sinken die operativen Risiken erheblich.
Teilen einer Anlage. Eine Anlagenmanagement-Lösung kann
beispielsweise eine Entscheidung unterstützen, einen Wärmetauscher, der
im Sommer die Produktion einschränkt, statt turnusmäßig im Herbst erst
im darauffolgenden Frühjahr zu
reinigen und so die entsprechende
Ausgabe zu verschieben. Ein
anderes Beispiel wäre, dass der
Austausch, eines Regelventils erst
im Anschluss an ein APC-
(Advanced Process Control)-Projekt
die wirtschaftlichen Vorteile des
APC zunichtemachen würde.
Zu den wichtigsten Funktionen des
Anlagenmanagements gehört es,
dem Anwender korrekte und
kontextgestützte Informationen zur
Verfügung zu stellen. Ein
Anlagenmanagement-System nutzt
eine Vielzahl von Datenquellen und
Tools, wie z. B. vorhandene
Maschinendokumentationen,
Engineering-Daten,
Wartungsprotokolle, Echtzeitdaten,
Werkzeuge zur Root-Cause-Analyse
und zuverlässigkeitsorientierten
Wartung, Arbeitspläne und Daten
zur Ersatzteilverfügbarkeit.
Die für den Anlagenbetrieb
Verantwortlichen müssen
Entscheidungen in Echtzeit treffen,
um die Anlage optimal zu betreiben
und den Produktionsplan zu
erfüllen. Für die richtigen
Entscheidungen brauchen sie
Zugriff auf Informationen zum
Status und Zustand von Teilen und
Anlagenkomponenten. Sie müssen
wissen, ob eine Pumpe ausgetauscht
wurde oder nicht, und falls ja, ob sie
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deshalb den Anlagendurchsatz (und bis zu welchem Niveau) erhöhen
können. Sie müssen wissen, welche Teile der Anlage wegen
Wartungsarbeiten gesperrt sind. Bei Störungen oder Notfällen müssen sie
belastbare Entscheidungen treffen können, um Schäden oder
Produktionsverlusten vorzubeugen. Die Instandhaltung als Teilprozess
des Anlagenmanagements zielt darauf ab, den voll gebrauchsfähigen
Zustands einer Anlage wiederherzustellen.
Die häufigste Anwendung: Dokumentenmanagement EPC-Unternehmen (Engineering, Procurement and Construction) erledigen
sämtliche Engineering-Arbeiten mithilfe von Computer Aided Software.
Dasselbe gilt für ihre Subunternehmer. Bei Inbetriebnahme einer Anlage
wird jedoch die Dokumentation in den meisten Fällen in Papierform
übergeben. Manchmal werden auch elektronische Versionen der
Dokumente bereitgestellt. Die Eigentümer/Betreiber der Anlage profitiert
dabei jedoch nicht von den Möglichkeiten des vom EPC eingesetzten
Engineering-Systems.
In der Praxis stützten sich die Eigentümer/Betreiber bei Betrieb und
Instandhaltung der Anlage oft auf Dokumente. Änderungen werden als
handschriftliche Korrekturen in gedruckten Dokumenten erfasst.
Günstigstenfalls werden die elektronischen Dokumente anschließend
aktualisiert. Dieser Prozess ist zeitaufwendig und fehlerträchtig.
Informationen sind regelmäßig veraltet und die Wechselwirkungen
zwischen den Disziplinen führen zu unnötigen Wiederholungen. Viele
Engineering-Datenbanken verfügen nicht über die Funktionalitäten zur
Unterstützung von Anlagenbetrieb und -instandhaltung. Daher muss das
Wartungsmanagement-System zunächst, um arbeitsfähig zu sein, mit "As-
built"-Informationen aus den Übergabedokumenten befüllt werden. Wenn
der Anlageneigentümer dann eine Engpass- oder Fehlerbehebung bzw. ein
Modernisierungs- oder Optimierungsprojekt in Angriff nehmen will,
beginnt die Suche nach As-built- oder As-maintained-Daten mit dem
Eingeben von Daten in die Engineering-Systeme. Der damit verbundene
Zeitaufwand und das Datenverlustrisiko lassen sich leicht vorstellen.
Der seltener beschrittene Weg: Datenzentrischer Anlagenbetrieb Mit einem globalen Datenzentrum wie COMOS lassen sich aktuelle
Anlagendaten für Betriebs- und Instandhaltungszwecke jederzeit jedem
Anwender zur Verfügung stellen. Voraussetzung ist ein Prozess, der die
permanente Aktualität der Daten gewährleistet. Bei Einhaltung
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entsprechender IT-Sicherheitsvorkehrungen können in diesem Fall
Generalunternehmer, Maschinen- und andere Anbieter das aktuelle As-
built und As-maintained Datenabbild der Anlage sicher gemeinsam nutzen
– ob nun vor oder während der Errichtung, vor oder nach der Übergabe der
Anlage, während der Betriebsphasen. Statt die Papierdokumentation zu
pflegen, aktualisieren die verschiedenen Akteure nun Datensätze, was den
Prozess beträchtlich vereinfacht und beschleunigt.
Effektive Zusammenarbeit von Eigentümern/Betreibern und EPC-Unternehmen durch Nutzung identischer, durchgängiger
Anlageninformationen
Anlagenbetreiber wie Petrobras haben die Vorteile erkannt, die ein
durchgängiges und modulares Engineering für die Gesamtheit ihrer
Raffinerien bedeutet. Petrobas hat deshalb Investitionen in Infrastruktur,
Software, die Einrichtung eines unternehmensübergreifenden Workflows
und die Definition von Engineering-Modulen getätigt. Um die Aktualität
der Anlagendaten sicherzustellen ist jeder Auftragnehmer von Petrobras
dazu verpflichtet, COMOS einzusetzen und den Petrobras-Workflow
einzuhalten. Das Datenmodell der Anlage wird nach der Übergabe durch
das Betriebs- und Wartungspersonal aktuell gehalten. Für
Instandhaltungszwecke ist ein einziges System, das sowohl über
Instandhaltungsfunktionen als auch die Engineering-Daten verfügt,
komfortabel und einfach zu handhaben.
Vor allem solche EPC-Unternehmen, die spezialisierte und komplexe
Engineering-Aufgaben übernehmen, haben ebenfalls die Vorteile einer
einzigen, durchgängigen und aktuellen Engineering Datenbasis erkannt,
die den Einsatz vorgefertigter Engineering-Module erlaubt. Sie erläutern
Ihren Kunden die Vorteile solcher Systeme. Falls der Kunde ein anderes
Format für seine Engineering-Daten wünscht, kann das EPC-Unternehmen
die COMOS-Daten in die meisten anderen gängigen Datenformate
umwandeln, ohne bei der Wahl des Engineering-Tools Kompromisse
eingehen zu müssen.
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ARC-Lösungsmatrix für das Anlageninformationsmanagement
Datenzentrischer Anlagenbetrieb mit Kontext aus einem 3D-Anlagenmodell Eine 3D-Ansicht von Maschinen und Komponenten in ihrer Umgebung
innerhalb der Anlage ist in Verbindung mit Tabellen-, Text- oder 2D-
Informationen von immensem Wert. Mit COMOS Walkinside kann sich
das Instandhaltungspersonal einen visuellen Eindruck von einer
Anlagenkomponente verschaffen und z. B. erkennen, ob sie vom Boden aus
zugänglich ist oder ein Gerüst oder Kran benötigt wird. Umgekehrt kann
der Ingenieur aufgrund der Verknüpfung mit COMOS durch einfachen
Klick auf die Anlagenkomponente in der 3D-Ansicht direkt auf die
Merkmale der Anlagenkomponente, den Wartungsverlauf und die
Dokumentation zugreifen. Falls der Ingenieur wiederum mit der
Engineering- und Instandhaltungsdatenbasis arbeitet, kann er hier per
Mausklick die 3D-Ansicht der Anlagenkomponente und deren räumlichen
Kontext aufrufen.
Um die Produktivität zu steigern wird in Branchen wie der Öl- und
Gasindustrie und anderen Prozessindustrien versucht, manuelle Eingriffe
in den Anlagenbetrieb zu reduzieren und den unbemannten Anteil zu
erhöhen. Für Personal, das nur selten vor Ort ist, sind 3D-Ansichten der
Anlage hilfreich, um sich ein Bild von der Position einer Komponente und
ihren Anschlüssen zu machen. Dadurch können die Mitarbeiter Eingriffe
bereits vor dem Eintreffen vor Ort planen und vorbereiten.
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Räumliche Ansicht von zwei Pumpen in COMOS Walkinside
Eine 3D-Ansicht erleichtert dem Betreiber die räumliche Visualisierung
eines Arbeitsortes, für den Arbeitserlaubnisscheine erforderlich sind, sowie
die Beurteilung von Risikofaktoren dieser Orte, etwa bei Vorhandensein
von Gefahrstoffen, heißen Oberflächen oder Interaktionen mit dem Prozess.
Wenn das Personal mit RFID-Chips ausgestattet ist, kann es in Notfällen in
einer 3D-Ansicht sofort geortet und an einen sicheren Ort geleitet werden.
2D-Prozessfließbild mit zwei Pumpen (cyanfarben)
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COMOS Walkinside
Die Firma VRcontext, eine kürzlich von Siemens akquirierte, ehemalige GDF-Suez-Ausgründung, hat die Herausforderung angenommen, einen Viewer für besonders große 3D-Modelle, wie z.B. von Prozessanlagen zu entwickeln, der eine realistische Darstellung mit schneller Navigation für Nichtfachleute wie z. B. Betriebs- und Instandhaltungspersonal verbindet. Diese Performance erreicht COMOS Walkinside, indem es 3D-Modelle aus gängiger 3D-Engineeringssoftware in ein geeignetes Viewer-Format konvertiert. Es leistet u. a.:
• Realistische Visualisierung und Navigation in Modellen mit mehreren Millionen Objekten.
• Automatische Modellkonvertierung. Bereinigung der Modelle von temporären Engineeringobjekten kann automatisiert durchgeführt werden.
• Mithilfe des Software Development Kit (SDK) können Anwender oder Systemintegratoren Plug-ins für beliebige Anwendungen erstellen.
COMOS Walkinside umfasst u. a. folgende Anwendungen:
• Review von EPC-Designentwürfen gemeinsam mit dem oder durch den Anlagenbetreiber ohne komplexe 3D-CAD-Werkzeuge. Frühere Erkennung und Lösung von Problemen und somit schnellere Betriebsbereitschaft dank engerer Zusammenarbeit zwischen Anlagenbetreiber und EPC-Unternehmen.
• Immersives virtuelles Training für Betriebs- oder Instandhaltungspersonal mit Avataren, die Benutzern ein realitätsnahes Erleben der Anlage bieten. Dies bedeutet Zeitersparnis und Effektivitätssteigerung.
• 3D-Anzeige von Anlagen(-komponenten) im Rahmen von Anlagenmanagement- oder operativen Aufgaben. Hierzu bietet COMOS Walkinside Zugriff auf Daten für Engineering, Betrieb, Instandhaltung und Business Planung
Anwendungsbeispiel: Immersives Operator Training
Die sogenannte Immersion in einer virtuelle Umgebung (Virtual
Environment, VE) hat in vielen Ausprägungen in modernen
Trainingstechniken Einzug gehalten, weil sie nachweislich die Lernzeit
verkürzt und das
Erinnerungsvermögen stärkt. Im
Zusammenhang mit digital
erzeugten Bildern ist statt von VE
von Immersive Virtual Reality (IVE)
die Rede, wenn der Benutzer oder
Gamer den Avatar direkt steuern
kann und den Eindruck hat, selbst
Teil der Umgebung zu sein
(Bailenson 2008). Beim Training
von Operatoren und
Instandhaltungspersonal von
Industrieanlagen hat sich gezeigt,
dass wenn man ihnen 3D-
Simulationsumgebungen zur
Verfügung stellt, in denen sich die
Akteure “frei“ bewegen, auf ihrem
Weg Entscheidungen treffen und
mit Anlagenkomponenten
interagieren können, diese deutlich
effektiver und wirkungsvoller sind
als vorgeführte Filme.
Ein Global Player im Upstream
Sektor hat sich dazu entschieden,
seine Operatoren für ein neues
FPSO-Schiff (Floating Production
Storage and Offloading) zu schulen.
Diese Schiffe beherbergen sowohl
Förder- als auch
Verarbeitungstechnik für Rohöl und
dienen als Lager für die erzeugten
Kohlenwasserstoffprodukte. Der
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Betreiber hat für Schulungszwecke den COMOS Walkinside Immersive
Training Simulator (ITS) eingesetzt.
Über einen Zeitraum von fünf Wochen "begingen" die Operatoren des
Schiffes täglich acht Stunden lang ein 3D-Grafikmodell, das detailliert und
farbgetreu genug war, um einen realen Eindruck zu vermitteln. Primäres
Lernziel war es, die Operatoren mit ihrer künftigen Arbeitsumgebung
vertraut zu machen: ihrem Arbeitsort an Bord, den verschiedenen
Standorten von Maschinen und Komponenten und den effizientesten
Möglichkeiten um dorthin zu gelangen. Sekundäres Lernziel war es, sie in
der Bedienung von Maschinen zu unterweisen und sie bestimmte
Standardarbeitsabläufe (Standard Operating Procedures, SOP) ausführen
zu lassen. Die Operatoren bekamen dabei echte SOP-Aufgaben, z. B. ein
Gerät an Deck zu lokalisieren, dahin zu gehen, seinen Status festzustellen
und entsprechende Maßnahmen durchzuführen. Beispiel: "Gehen Sie zu
Ventil V112, prüfen Sie die Ventilstellung und schließen Sie das Ventil". Bei
richtiger Ausführung der Aufgaben erhielten die Operatoren Punkte. Es
war auch möglich, ihnen bei falschen Maßnahmen Strafpunkte zuzuweisen.
Um ein positives Lernumfeld zu
schaffen, lag jedoch der
Schwerpunkt stärker auf einer
stimulierenden Lernumgebung als
auf der Bestrafung von Fehlern.
Alle Operatoren, die bereits vorher
PCs bedient hatten, waren nach
einer halbtägigen Einführung in
COMOS Walkinside in der Lage, das
FPSO-Schiff virtuell zu "begehen".
Die Operatoren nahmen das Tool
sehr gut an und bezeichneten die
Schulung als "praktisch" im
Gegensatz zu "theoretisch". Freilich
sind sowohl Theorie als auch Praxis
notwendig, um den Operatoren ein
vollständiges Bild von Inhalt und
Bedeutung ihrer Aufgaben zu
vermitteln.
Der Instruktor hat während dem Training jederzeit die Möglichkeit, den
Teilnehmern in Echtzeit über die Schulter zu schauen. Dabei erstellt er für
FPSO-Schiff (schwimmende Förder- und Lagereinheit)
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die Operatoren Aufgaben, die durch Eingabeaufforderungen strukturiert
sind. Diese Struktur ermöglicht das selbständige, schrittweise Abarbeiten
einer Maßnahmenliste durch den Operator. In der Multi-User-Umgebung
kann der Instruktor Szenarien kreieren, die das koordinierte Handeln
mehrerer, jeweils durch Avatare dargestellter Operatoren, erfordern.
Der Betreiber sagte anschließend, dass sich das immersive Training im
Vergleich zu traditionellen Schulungen deutlich nachhaltiger auswirkt. Um
die Operatoren von FPSO-Schiffen einzuweisen, ist es üblich, sie für einige
Monate auf die Werft zu entsenden, in der das Schiff gebaut wird. Dies hat
den Nachteil, dass sich das Schiff und seine technischen Komponenten
noch im Bau befinden, sodass Letztere zum Teil fehlen können oder
unzugänglich sind oder dass zusätzliche, jedoch für die spätere Arbeit
irrelevante Einbauten vorhanden sind. In der Regel befinden sich die
Schiffswerften in anderen Teilen der Welt, sodass Reise- und
Aufenthaltskosten anfallen. Durch Einsatz des Immersive Training
Simulators konnte Trainingszeit eingespart und eine höhere Effektivität des
Trainings erreicht werden. Die Operatoren waren anschließend in höherem
Maße einsatzbereit als nach einer klassischen Schulung. Dies konnte sich z.
B. in Form einer höherer Auslastbarkeit und niedrigerer Fehlerfrequenz des
Operators mit den entsprechenden wirtschaftlichen und ökologischen
Folgen zeigen. Da in diesem Fall das betreffende FPSO-Schiff einen Monat
vor dem geplanten Zeitpunkt ausgeliefert wurde und die
Operatorschulung kürzer als üblich ausfiel, entstand keine Verzögerung bei
der Inbetriebnahme des Schiffs. Unter dem Strich standen somit eine
kürzere Time-to-Production und ein erhöhter Cashflow.
Empfehlungen
Basierend auf den für dieses White Paper durchgeführten Untersuchungen
empfiehlt die ARC Advisory Group Folgendes:
• Es sollten Risikoanalysen durchgeführt werden, die mechanische,
verfahrenstechnische und automatisierungsbedingte Risiken sowie
Risiken bei der Umsetzung von Anweisungen und richtigem Verhalten
betrachten. Schutzstufen sollten definiert werden, die Maßnahmen im
technischen Bereich, im Bereich menschlichen Verhaltens und der
Organisation beinhalten.
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• Entscheidungen für Betrieb und Instandhaltung sollten auf aktuelle
Informationen gestützt werden; die Korrektheit dieser Informationen
sollte durch ein datenzentrisches IT-Konzept und geeignete Prozesse in
jenen Disziplinen sichergestellt werden, die auf der Basis von
Anlagendaten agieren.
• Betriebs- und Instandhaltungspersonal sollte in einer sicheren
virtuellen Umgebung trainiert werden, die auf aktuellen Anlagendaten
basiert. Diese Schulung sollte durch Prozesssimulationen und
automatisierungsrelevante Simulationen ergänzt werden.
• Der Einsatz von Benchmarks zur Messung des Exzellenzniveaus und
des Verbesserungspotenzials in den Bereichen Wartung, technische
Zuverlässigkeit und Prozesssicherheit sollte institutionell verankert
werden.
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Analyse: Valentijn de Leeuw, Florian Güldner
Herausgeber: David Humphrey
Erläuterungen der Akronyme Eine vollständige Liste einschlägiger Branchenakronyme finden Sie auf unserer Webseite www.arcweb.com/Research/IndustryTerms/
2D Zweidimensional 3D Dreidimensional AIM Asset Information Management APC Advanced Process Control EPC Engineering Procurement and
Construction, dtsch.: Ingenieurleistungen, Beschaffung und Bau; Bezeichnung für Unternehmen, die bes. im Anlagenbau die genannten Projektleistungen als Generalunternehmer erbringen
FPSO Floating Production Storage and Offloading; Schiffstyp, der in der Ölindustrie als schwimmende Produktions- und Lagereinheit dient
IT Informationstechnologie IVE Immersive Virtual Environment PC Personal Computer ROA Return on Assets (Kapitalrendite) RFID Radio Frequency Identification SOP Standard Operating Procedures
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