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Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „XIV-155a und XIV-155b Johannisthaler Chaussee/ Wildmeisterdamm“ im Bezirk Neukölln von Berlin Entwurf Stand Oktober 2015 mit Ergänzungen im November 2015

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Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „XIV-155a und XIV-155b Johannisthaler Chaussee/ Wildmeisterdamm“ im Bezirk Neukölln von Berlin

Entwurf

Stand Oktober 2015 mit Ergänzungen im November 2015

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Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „XIV-155a und XIV 155b Johannisthaler Chaussee/ Wildmeisterdamm“ im Bezirk Neukölln von Ber-lin

Entwurf

Auftraggeber: Erstellt von:

NCC Deutschland GmbH

vertreten durch Herrn Mantzke

Am Nordstern 1

15517 Fürstenwalde

Dr. Szamatolski + Partner GbR Brunnenstraße 181 Tel.: 030/280 81 44 10119 Berlin (Mitte) Fax: 030/283 27 67 E-Mail: [email protected] Dipl. Biol. Gretel Daub-Hofmann M. Eng. Marie-Juliane Lehmann

Arterhebungen: Silke Jabczynski (Fledermäuse, Zauneidech-sen, Vögel)

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Inhaltsverzeichnis

1 Anlass und Aufgabenstellung ......................................................................................... 6

2 Rechtliche Grundlagen................................................................................................... 8

3 Beschreibung von Vorhaben und Untersuchungsgebiet ................................................. 9

4 Vorkommen europäisch besonders geschützter Arten ..................................................11

4.1 Eignung des Untersuchungsraums als Lebensraum für europäisch besonders geschützte

Arten....................................................................................................................................... 11

4.2 Ergebnisse der Arterfassung.................................................................................................. 12

4.2.1 Vögel.............................................................................................................................. 12

4.2.2 Zauneidechse ................................................................................................................ 16

4.2.3 Fledermäuse.................................................................................................................. 17

5 Wirkfaktoren des Vorhabens .........................................................................................18

6 Betroffenheit nach Verbotstatbeständen und ggf. erforderliche Maßnahmen.................19

6.1 Vögel ...................................................................................................................................... 19

6.2 Fledermäuse .......................................................................................................................... 22

7 Voraussetzung zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen........................................23

8 Quellen..........................................................................................................................24

8.1 Rechtliche Grundlagen........................................................................................................... 24

8.2 Literatur .................................................................................................................................. 24

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Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum BP XIV-155a und XIV 155b, Berlin-Neukölln 5

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Vogelarten im Untersuchungsgebiet .....................................................................13

Tabelle 2 Einschätzung der Vogelarten nach Schutzstatus der Fortpflanzungsstätte und der Vorkommenshäufigkeit .........................................................................................................20

Tabelle 3 Zusammenfassung der Maßnahmen ....................................................................22

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Avifauna, Brutplätze, Reviere...........................................................................15

Abbildung 2: Weide mit 2 Spechthöhlen ...............................................................................16

Abbildung 3: Weide mit zwei Spechthöhlen..........................................................................16

Abkürzungsverzeichnis

Abs. Absatz

BArtSchV Bundesartenschutzverordnung

BauO Bln Bauordnung für Berlin

BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz

D Deutschland

FCS-Maßnahmen Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustandes ("Favourable Conservation Status")

FFH-RL Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie

i.S.d. im Sinne des

i.V.m. in Verbindung mit

NatSchGBln Berliner Naturschutzgesetz

RL Rote Liste

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6 Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum BP XIV-155a und XIV 155b, Berlin-Neukölln

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1 Anlass und Aufgabenstellung

Der Bezirk Neukölln plant im Bereich Johannisthaler Chaussee/ Wildmeisterdamm die Wei-terführung des Bebauungsplanverfahrens XIV-155. In dem durch die Johannisthaler Chaus-see im Norden, den Wildmeisterdamm im Süden und die Trasse der Neukölln-Mittenwalder Eisenbahn im Osten begrenzten Fläche soll ein Gewerbegebiet entlang der Johannisthaler Chaussee und ein Mischgebiet entlang dem Wildmeisterdamm festgesetzt werden. Entspre-chende Nutzungen sind im Plangebiet bereits überwiegend vorhanden und sollen planungs-rechtlich gesichert werden. Der Plan wird in zwei Teilplänen XIV-155a (östlicher Bereich) und XIV-155b (westlicher Bereich) aufgestellt.

Im östlichen Bereich des Gebietes (Planbereich Nr. XIV-155a) soll eine Verdichtung mit Wohn und Mischgebietsbebauung realisiert werden. Im Rahmen des Planverfahrens muss eine Prüfung im Hinblick auf mögliche, im Bauleitplanverfahren zu beachtende, artenschutz-rechtliche Belange erfolgen.

Im westlichen Teil des Gebietes (Planbereich XIV-155b) erfolgt mit dem Bebauungsplan überwiegend eine Bestandssicherung für die zur Johannisthaler Chaussee gelegenen Ge-werbeflächen und die zum Wildmeisterdamm gelegenen Mischgebietsflächen.

Im Rahmen des Planverfahrens ist der Artenschutz nach § 44 Abs. 1 Nrn. 1-4 Bundesnatur-schutzgesetz (BNatSchG) auch für diesen Bereich zu beachten. Für die zur Bebauung vor-gesehenen Flächen ist zu prüfen, ob beim Vollzug des Bebauungsplanes Verstöße gegen die artenschutzrechtlichen Verbote des § 44 Abs. 1 Nrn. 1-4 BNatSchG zu erwarten sind.

Dabei erfolgt aufgrund der vorkommenden Biotopstrukturen im Gebiet eine Differenzierung im Hinblick auf den Erhebungsumfang der möglichen relevanten Arten für den östlichen, zu verdichtenden Teilbereich sowie für den westlichen, im Wesentlichen bestandssichernden Bereich.

Im hier vorliegenden artenschutzrechtlichen Fachbeitrag wurden vorrangig die Flurstücke 218, 219, 222 und 224 im süd-östlichen Bereich des Geltungsbereichs betrachtet. Auf Anre-gung der Unteren Naturschutzbehörde des Bezirks wurde das Flurstück 217/2 zwischen Wildmeisterdamm und Johannisthaler Chaussee in die Betrachtungen einbezogen, da auf diesen, vorhandenen Bahnflächen das Vorkommen von Zauneidechsen nicht auszuschlie-ßen ist, die die Lebensraumstrukturen im angrenzenden Flurstück nutzen. Die nördlich an-grenzenden Flurstücke 221/2 und 223/2, die Teil des Bebauungsplans XIV-155a sind, und die von der Johannisthaler Chaussee aus erschlossen sind, sind vollständig versiegelt. Es finden sich keine Lebensraumpotenziale für Fledermäuse und Vögel in diesem Bereich.

Das Flurstück 224 war ursprünglich nicht in die zu verdichtenden Flächen einbezogen, die dort vorkommenden Arten wurden im Zuge der Begehungen der übrigen Flächen mit be-obachtet, es erfolgten auf dem Flurstück jedoch keine Kartierungen. Im Rahmen einer Nach-erhebung der möglichen Potenziale wurden im Herbst 2015 die vorhandenen Bäume auf Baumhöhlen untersucht. Es wurden keine Bäume mit Höhlungen aufgenommen. In einem Baum fand sich das verlassene Nest eines Freibrüters.

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Auch für die Flächen im Bereich des Bebauungsplans XIV-155b erfolgte eine Potenzialein-schätzung.

Im Folgenden werden zunächst die rechtlichen Grundlagen für die artenschutzrechtliche Prü-fung dargelegt. Zunächst werden das Untersuchungsgebiet sowie das Vorhaben und dessen Auswirkungen, soweit zum aktuellen Planungsstand bekannt, vorgestellt. Auf der Grundlage einer Darstellung der Eignung des Untersuchungsraums für vorkommende geschützte Arten, bei denen artenschutzrechtliche Konflikte auftreten könnten (planungsrelevante Arten sind die europäischen Vogelarten sowie die Arten des Anhangs IV der FFH-RL), werden die Er-gebnisse der Arterfassung vorgestellt. Auf der Grundlage der im Plangebiet vorkommenden Arten und der ermittelten Wirkfaktoren erfolgen Aussagen zur Betroffenheit hinsichtlich der Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 1-3 BNatSchG. Für die möglicherweise betroffenen Arten werden soweit möglich Maßnahmen zur Abwendung von Verstößen gegen die Verbote benannt.

Werden trotz benannter Maßnahmen die Verbotstatbestände berührt, ist im Weiteren zu prü-fen, ob Ausnahmevoraussetzungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG erfüllt sind.

Geschützte Pflanzenarten nach § 44 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG sind im Plangebiet nicht vor-handen.

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2 Rechtliche Grundlagen

Die für den Artenschutz relevanten Sachverhalte sind im § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BNatSchG i.V.m. § 44 Abs. 5 BNatSchG geregelt. Die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sind zwingend zu beachten, sie sind einer Abwägung im Rahmen eines Bebauungsplanverfah-rens nicht zugänglich.

Gemäß § 44 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten,

1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten1 Arten nachzustellen, sie zu fan-

gen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu ent-

nehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Tötungsverbot),

2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten

während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wande-

rungszeiten erheblich zu stören (Störungsverbot),

3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders ge-

schützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Le-

bensstättenschutz) sowie

4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsfor-

men aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.

Gemäß § 44 Abs. 5 BNatSchG sind die Verbote Nr. 1 und 3 für Bauleitpläne nur relevant, wenn die ökologische Funktion der von einem Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten von streng geschützten Arten des Anhangs IV der Flora-Fauna-Habitat Richtli-nie (FFH-Richtlinie) oder der europäischen Vogelarten nicht erhalten bleibt.

Das Verbot Nr. 2 ist relevant, wenn sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer streng geschützten Art des Anhangs IV der FFH-Richtlinie oder einer europäischen Vogelart verschlechtert.

Ein Erhalt der ökologischen Funktionen kann gegebenenfalls auch mit der Durchführung von vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) oder Kompensationsmaßnahmen (FCS-Maßnahmen bei artenschutzrechtlichen Ausnahmen) gewährleistet werden.

Zur Beurteilung, ob Verstöße gegen die artenschutzrechtlichen Verbote vorliegen, sind die planungsrelevanten Tierartengruppen2 zu erfassen. Im Rahmen des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags sind die möglichen Konflikte der Planung zu den Verbotstatbeständen des § 44 Abs.1 i.V.m. § 44 Abs. 5 BNatSchG zu prüfen, zu beschreiben und ggf. Maßnahmen zur Vermeidung der Verbote, bzw. sofern dies nicht möglich ist, Möglichkeiten für Ausnahmen, aufzuzeigen.

1 Arten der Anhänge A und B der EG-Artenschutzverordnung 338/97, des Anhanges IV der FFH-Richtlinie, "europäische Vögel" im Sinne des Art. 1 der EG-Vogelschutzrichtlinie, Arten der Anlage 1 Spalte 2 der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV)

2 alle vorkommenden Vogelarten sowie Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie

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Ergeben sich keine Möglichkeiten der Vermeidung oder Abwendung eines Verbotstatbestan-des durch entsprechende Maßnahmen, ist die Möglichkeit einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG zu prüfen. Die Entscheidung, ob die Ausnahme erteilt werden kann, trifft die zu-ständige Naturschutzbehörde.

Eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verboten des § 44 BNatSchG ist nach § 45 Abs, 7 BNatSchG nur möglich, wenn nachfolgende Kriterien erfüllt werden:

• zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses liegen vor,

• zumutbare Alternativen zu der Planung/dem Standort sind nicht gegeben und

• der Erhaltungszustand der Population einer Art verschlechtert sich nicht.

3 Beschreibung von Vorhaben und Untersuchungsge-biet

Das Plangebiet liegt zwischen Johannisthaler Chaussee im Norden, dem Wildmeisterdamm im Süden und der Trasse der Neukölln-Mittenwalder Eisenbahn-Gesellschaft im Osten. Das Plangebiet für den Bebauungsplan XIV-155a umfasst die Flurstücke 218, 219, 222 und 224 die im südöstlichen Bereich des Geltungsbereichs gelegen sind, sowie für die Überprüfung der Zauneidechsen den Abschnitt der Bahnstrecke zwischen Wildmeisterdamm und Johan-nisthaler Chaussee. Für das Flurstück 224, den nördlichen Bereich des Plangebietes XIV-155a sowie für den Bereich des Plangebietes XIV-155 b, der sich westlich anschließt, erfolgt auf der Grundlage einer orientierenden Begehung eine Einschätzung der vorkommenden Lebensraumpotenziale.

Geplante Nutzung

Gemäß dem vorläufigen Planungskonzept für den Bereich Plangebiet XIV-155a sollen im Bereich der Flurstücke 218, 219 und 222 und 224 Mehrfamilienhäuser sowie Doppelhäuser entstehen. Das städtebauliche Konzept sieht eine Wohnbebauung mit acht Einzel- bzw. Doppelhäusern und drei Mehrfamilienhäusern vor. Es werden Mischgebiete (MI 1; MI 2 und MI 3) festgesetzt. Bei dem Mischgebiet MI 1 handelt es sich um die Flächen mit vorhande-nen gewerblichen Nutzungen, hier erfolgt die Festsetzung einer GRZ von 0,6 mit 3-geschossiger Bebauung. Die beiden anderen Mischgebietsflächen MI 2 und MI 3 werden mit einer GRZ von 0,4 festgesetzt, für MI 3 entlang des Wildmeisterdamms wird eine 3-geschossige Bebauung festgesetzt, MI 2 wird auf 2 Geschosse abgestuft. Die Erschließung erfolgt vom Wildmeisterdamm bzw. im nördlichen Teil von der Johannisthaler Chaussee aus.

Für den westlichen Bereich (Plangebiet XIV-155b) erfolgt in Übereinstimmung mit den Ge-gebenheiten vor Ort die Festsetzung eines Mischgebietes entlang des Wildmeisterdamms mit einer GRZ von 0,5 bei 2-geschossiger Bebauung sowie von 2 Gewerbegebieten mit einer GRZ von 0,6 und der Festsetzung von Gebäudehöhen als OK über einer festgesetzten Hö-he.

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Aktuelle Nutzung/ Vorhandene Biotopstruktur

Derzeit sind die Flurstücke 219 und 222 und 224 als Wohn- und Gartengrundstücke genutzt. Im nördlichen Teil des Grundstücks 219 befindet sich ein zweigeschossiges Wohnhaus mit einer nach Süden ausgerichteten Terrasse. Im Bereich des Flurstücks 219 sind auf Höhe des Wohnhauses Schuppen und ein Gartenhaus vorhanden. Östlich grenzen an das Wohn-haus weitere Gartenhäuser und Schuppen sowie Reste eines Gewächshauses an. Nach Süden erstreckt sich ein größerer Garten, der aus einer gehölzbewachsenen Rasenfläche besteht. Der Zugang vom Wildmeisterdamm aus verläuft über einen unbefestigten Weg der die Fläche in 2 unterschiedliche Biotopstrukturen teilt. Im westlichen Teil, westlich des We-ges befinden sich südlich der Baustrukturen vorrangig Obstgehölze, östlich des Weges kommen auch verschiedene Laubgehölze, Birken, Buchen etc. hinzu. Die vorhandenen Ge-bäude werden im westlichen Teil von Bäumen (Eichen und Weiden) beschattet. Die rückwär-tige Grenze hinter dem Wohngebäude wird von einer Haselhecke markiert. Auch zum Wild-meisterdamm hin grenzen dichte Gehölzstrukturen, teilweise mit Großbäumen die Fläche ab. Das Grundstück 218 stellt sich als ein unbebautes, ruderalisiertes Grundstück mit Gehölz-aufwuchs aus Birken, Ahorn, Buchen und Robinien und einer eher lichten Strauch- und Krautschicht dar. Einzelne Fichten weisen auf eine ehemalige Gartennutzung hin. Östlich an dieses Grundstück schließt die Fläche der Neukölln-Mittenwalder Eisenbahn an, die hier erhöht auf einem Damm geführt wird und beidseitig durch Gehölze gesäumt ist.

Auch das westlich gelegene Grundstück (Flurstück 224) ist durch gärtnerische Nutzung ge-prägt. Neben einzelnen älteren Bäumen kommen derzeit im Bereich der Gartenflächen Ge-hölze auf. Im nördlichen Teil des Flurstücks befindet sich ein Wohnhaus. Im Rahmen einer Begehung im November 2015 wurden die vorkommenden Bäume auf Höhlungen überprüft. Bäume mit Höhlungen sind auf dem Grundstück nicht vorhanden. In einer Birke im süd-östlichen Grundstücksbereich fand sich ein verlassenes Nest eines Freibrüters.

Der Bereich des Plangebiets XIV-155b ist zur Johannisthaler Chaussee hin durch gewerbli-che Nutzungen geprägt. Die Flächen sind überwiegend bebaut und versiegelt. Zum Wild-meisterdamm hin finden sich Mischstrukturen aus Wohnnutzung und gewerblicher Nutzung. Einzelne Grundstücke weisen noch kleinere Ziergärten mit Rasenflächen und Zierbeeten auf. Der Anteil an Nadelgehölzen ist in diesem Bereich höher.

Die Karte „Biotoptypen“ aus dem Umweltatlas (SenStadt 2012) stellt einen Teil des Plange-biets, das Flurstück 218, als Grün- und Freifläche (Code 10101: Parkanlage, Grünanlage) dar. Die gesamte Fläche des Geltungsbereiches wird als Biotop der Industrie, Gewerbe- Handels- und Dienstleistungsflächen (Code 12301) eingestuft. Laut der Karte im Umweltatlas „Gesetzlich geschützte Biotope“ (SenStadt 2012) befindet sich südlich des Plangebiets, auf der anderen Seite des Wildmeisterdamms, eine Gehölzstruktur (Code 071921: Gehölzsaum an Gewässern, Bäume, mit überwiegend heimischen Arten) um eine Wasserfläche (Code 02132: temporäres Kleingewässer, naturnah und beschattet). Der Gehölzsaum ist ein nach § 30 BNatSchG i.V.m. § 28 Berliner Naturschutzgesetz (NatSchGBln) geschütztes Biotop.

Diese Biotoptypenzuordnung lässt sich für den Bereich des Untersuchungsgebietes weiter aufgliedern.

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Die Flurstücke 219, 222 und 224 sind den Biotopen der Einzelhausbebauung zuzuordnen (Code 12261 und 12262). Das Flurstück 218 wird aufgrund des vorhandenen Gehölzbestan-des dem Biotoptyp Pionierwälder (Code 08900) zugeordnet. Die angrenzende Bahnfläche wird den Biotopen der Bahnanlagen (Code 126612) zugeordnet.

Das Plangebiet wird begrenzt nach Westen von Biotopen der Einzelhausbebauung (Code 12260), nach Süden und Norden von Biotopen der Straßen (Code 12610) gesäumt von einer Allee (Code 07140). Der nördliche Bereich des Plangebietes XIV-155a sowie die Flächen im Bereich des Plangebiets XIV-155b sind als Biotope der Gewerbeflächen und Parkplätze (Code 12300 und 12640) einzustufen.

Die vorkommenden Biotope sind überwiegend den anthropogen geprägten Biotopen bzw. bebauten Flächen zuzuordnen. Geschützte Biotope sind im Plangebiet nicht vorhanden.

Im näheren Umfeld des Plangebietes befinden sich keine Natura 2000-, Landschafts- und Naturschutzgebiete.

Im Flächennutzungsplan Berlin von 2015 ist die Fläche als gemischte Baufläche M2 („Berei-che mit mittlerer Nutzungsintensität und -dichte sowie überwiegendem Mischgebietscharak-ter“) dargestellt.

4 Vorkommen europäisch besonders geschützter Arten

Eine Stellungnahme des Naturschutz- und Umweltamtes Berlin-Neukölln vom 30.09.2014 weist auf ein mögliches Vorkommen von relevanten Arten der Brutvögel, Fledermäuse und Zauneidechsen hin. Nach Rücksprache mit Frau Foemer (Bezirksamt Neukölln) am 10.12.2014 ist mit dem Vorkommen weiterer relevanter, europäisch geschützter Arten im Plangebiet nach derzeitigem Kenntnisstand nicht zu rechnen.

4.1 Eignung des Untersuchungsraums als Lebensraum für eu-ropäisch besonders geschützte Arten

Aufgrund der vorhandenen Biotopstrukturen ist die derzeit überwiegend gärtnerisch genutzte Fläche (süd-östlicher Bereich des Plangebietes XIV-155a) vor allem als Lebensraum für Brutvögel von Bedeutung. Das Vorkommen von Fledermäusen ist nicht von vornherein aus-zuschließen. Mangels Kleingewässern im Planbereich ist das Vorkommen von Amphibien eher unwahrscheinlich. Reptilien könnten vor allem im Randbereich zur Schienentrasse vor-kommen.

Die als Gewerbegebiet festgesetzten Flächen im Plangebiet XIV-155 b sind zum überwie-genden Teil bebaut bzw. versiegelt. Lebensraumstrukturen für Brutvögel und Fledermäuse sind mit Ausnahme einzelner Gehölze (Nadelbäume, Birken) im südlichen, am Wildmeister-damm gelegenen Teil des Gewerbegebietes nicht vorhanden. In diesem Bereich finden sich jedoch keine Höhlenbäume. Es sind auch kaum Fassadenverkleidungen oder Dachnischen festzustellen, die als Brutplätze von Vögeln oder als Sommerquartiere von Fledermäusen genutzt werden könnten.

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Aufgrund der vorgefundenen Habitatbedingungen im Untersuchungsgebiet kann das Vor-kommen der übrigen, dem Schutzstatus des § 44 Abs. 1-3 BNatSchG unterliegenden Arten des Anhang IV der FFH-Richtlinie ausgeschlossen werden.

4.2 Ergebnisse der Arterfassung

Die Ergebnisse der Arterfassungen beziehen sich aufgrund der vorgefundenen Lebensraum-strukturen auf die südlichen Teilflächen im Plangebiet XIV-155a. Das Flurstück 224 ist in diese Flächen einzubeziehen, hier wurden Lebensraumstrukturen im Rahmen einer Potenzi-alüberprüfung im November 2015 ermittelt.

In den übrigen Flächen sind artenschutzrelevante Strukturen derzeit nicht vorhanden.

4.2.1 Vögel

Methode

Als Methode für die Erfassung der Brutvögel kam die Revierkartierung zur Anwendung. Im Untersuchungsgebiet erfolgten sechs Begehungen im Zeitraum von Anfang April bis Anfang Juli. Bei windarmen und trockenen Witterungsverhältnissen wurden vier Begehungen in den frühen Morgenstunden und zwei Begehungen in der Abenddämmerung absolviert. Die Be-gehungen in der Morgendämmerung waren am 10.04., 25.04., 09.05. und 22.05.2015. Die Begehungen in der Abenddämmerung fanden am 19.06. und 01.07.2015 statt.

Alle Beobachtungen hör- und sichtbarer Vögel, insbesondere revieranzeigende Merkmale (singende Männchen, Warnrufe, nistmaterial- und futtertragende Altvögel, etc.), wurden no-tiert und in eine Arbeitskarte eingetragen.

Die Auswertung der Ergebnisse aller Begehungen folgt der Anleitung von SÜDBECK et al. 2005 „Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands“. Nach dem Ende der Kartierungen werden für die nachgewiesenen Brutvogelarten sogenannte „Papierreviere“ gebildet. Bewegen sich die revieranzeigenden Merkmale innerhalb der angegebenen artspe-zifischen Zeiträume, handelt es sich um ein abzugrenzendes Revier. Im Falle des Auffindens eines Brutplatzes kann der genaue Standort bestimmt werden. Ausschließlich außerhalb der Zeiträume liegende Merkmale weisen auf Durchzügler hin. Die festgestellten Reviere und Brutplätze werden in einer Karte (siehe Anhang) dargestellt.

Im Zuge der Nachuntersuchungen wurde auf dem Flurstück 224 ein im November verlasse-nes Freibrüternest ermittelt.

Ergebnisse

In der folgenden Tabelle sind die im Untersuchungsgebiet nachgewiesenen europäischen Vogelarten nach Art. 1 der Vogelschutzrichtlinie aufgelistet.

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Tabelle 1 Vogelarten im Untersuchungsgebiet

Rote Liste Deutscher Name

Wissenschaftlicher Name Berlin D

BArtSchVO Status und

Anzahl

Amsel Turdus merula § R (2)

Blaumeise Cyanistes caeruleus § R (1)

Buntspecht Dendrocopos major § R (1)

Gartenrotschwanz Phoenicurus phoenicurus § R (1)

Kohlmeise Parus major § B (1)

Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla § R (1)

Ringeltaube Columba palumbus § R (1)

Rotkehlchen Erithacus rubecula § R (1)

Star Sturnus vulgaris § B (2)

Zaunkönig Troglodytes troglodytes § R (2)

Zilpzalp Phylloscopus collybita § R (1)

Gelbspötter Hippolais icterina § N

Grünfink Carduelis chloris § N

Nachtigall Luscinia megarhynchos § N

Erläuterungen (Potenzielle Brutvögel sind fett gedruckt): Rote Liste Berrlin, Rote Liste Deutschland: SÜDBECK ET AL. (2007) 1 vom Aussterben bedroht; 2 stark gefährdet; 3 gefährdet; R Arten mit geografischer Restriktion; V Art der Vorwarnliste BArtSchVO: Bundesartenschutzverordnung (2005); §: besonders geschützt, §§:streng geschützt Status: B - Brutpaar; N - Nahrungsgast; R – Revier

Im Untersuchungsgebiet konnten elf Brutvogelarten festgestellt werden. Bei den nachgewie-senen Brutvogelarten handelt es sich weitgehend um verbreitete und ungefährdete Arten im Land Berlin. Der Gartenrotschwanz wurde in Berlin 2003 noch in der Vorwarnliste der Roten Liste Berlins geführt, wurde aber 2013 dort nicht mehr aufgeführt, er steht in der Vorwarnliste des Landes Brandenburg. Eine ähnliche Bestandssituation weist der Gelbspötter auf, auch er wird 2013 nicht mehr in der Berliner Vorwarnliste geführt.

Blaumeise, Kohlmeise und Star sind Höhlenbrüter, die unterschiedlich gestaltete Höhlungen in Bäumen und Gebäuden als Brutplatz nutzen. Der Buntspecht zimmert sich die von ihm bewohnten Baumhöhlen selbst. Der Gartenrotschwanz ist ein Halbhöhlenbrüter, der vor al-lem in Bäumen und Nistkästen brütet. Bei Amsel, Mönchsgrasmücke, Ringeltaube und Zaunkönig handelt es sich um Freibrüter. Das Nest der Amsel befindet sich in Bäumen und

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Sträuchern sowie unter anderem auch in und an Gebäuden. Die Mönchsgrasmücke baut ihr Nest niedrig in dichtem Gebüsch. Die Ringeltaube errichtet ihre Niststätten in Laub- und Na-delbäumen. Das auf dem Flurstück 224 aufgefundene Nest könnte ein Nest der Ringeltaube sein. Das Nest des Zaunkönigs ist ein geschlossener Bau mit ovalem Flugloch, das an viel-fältigen Standorten, zum Beispiel zwischen Rankenpflanzen oder in Gebäuden, zu finden ist. Rotkelchen und Zilpzalp sind Bodenbrüter.

Im Untersuchungszeitraum konnten bei zwei Vogelarten Brutplätze festgestellt werden, und zwar bei Kohlmeise und Star. Die Brutplätze befinden sich in Höhlungen von zwei Bäumen auf dem Grundstück. Eine Weide (Salix spec.) mit zwei Spechthöhlen und ein Obstbaum mit einer Spechthöhle dienen den Vögeln als Brutplatz (Abb. 2 und 3).

Die Spechthöhlen in der Weide wurden jeweils von einem Brutpaar der Kohlmeise und ei-nem des Stars genutzt. In der Spechthöhle des Obstbaumes befand sich der zweite Brut-platz des Stars auf dem Grundstück. Im Untersuchungszeitraum konnten die fütternden Alt-vögel beobachtet werden.

Die Brutplätze von Kohlmeise und Star werden wiederkehrend in der nächsten Brutsaison aufgesucht und genutzt. Die Fortpflanzungsstätten sind gemäß § 44 Absatz 1 Satz 3 Bun-desnaturschutzgesetz („…Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der be-sonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, …“) geschützt.

Für die übrigen 9 Arten wurden Reviere festgelegt.

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Abbildung 1: Avifauna, Brutplätze, Reviere

Hinweis zur Abbildung: Der erst im November aufgefundene Neststandort auf dem Flurstück

224 ist nicht in die Karte eingetragen, da keine sichere Artzuordnung möglich ist.

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16 Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum BP XIV-155a und XIV 155b, Berlin-Neukölln

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Abb. 2: Weide mit zwei Spechthöhlen

Abb. 3: Obstbaum mit einer Spechthöhle

4.2.2 Zauneidechse

Methode

Die Erfassung der Reptilien erfolgte im Rahmen von drei Begehungen am 10.04., 09.05. und am 31.07.2015. Bei den Begehungen wurde bei geeigneter Witterung gezielt nach Reptilien gesucht. Die Erfassung der Reptilien wurde insbesondere im Bereich der angrenzenden Gleisanlage zwischen Wildmeisterdamm und Johannisthaler Chaussee durchgeführt.

Ergebnisse

Bei den Begehungen konnten keine Reptilien im Bereich der Gleisanlage erfasst werden. Die untersuchte Gleisanlage eignet sich in einem mittleren Maße für eine Besiedlung durch die streng geschützte Zauneidechse (Lacerta agilis). Ein Großteil der Gleisanlage ist durch an-grenzenden Baumbestand zu sehr beschattet und bietet somit nicht genügend Sonnenplätze für die Zauneidechse. Optimale Eiablageplätze waren im Umfeld der Gleisanlage nicht vor-handen. Es ist von einem mittleren Besiedlungspotenzial für die Zauneidechse auszugehen.

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4.2.3 Fledermäuse

Methode

Die Erfassung der Fledermausfauna erfolgte im Rahmen von drei Begehungen am 19.06., 01.07. und am 28.08.2015. Bei den Detektorbegehungen wurden der Gebäude- und Baum-bestand auf einen Ausflug von Fledermäusen kontrolliert. Der Baum- und Gebäudebestand wurde zudem auf Spuren von Fledermäusen untersucht. Das Sommer- und Winterquartier-potenzial wurde begleitend eingeschätzt.

Ergebnisse

Fledermaussommerquartiere konnten innerhalb des Gebietes nicht nachgewiesen werden. Relevante Spuren einer vorangegangenen Quartiersnutzung konnten ebenfalls nicht festge-stellt werden. Innerhalb des Baumbestandes gibt es drei Höhlenbäume. Eine Weide und ein Obstbaum verfügen insgesamt über drei Spechthöhlen. Ein weiterer Obstbaum weist eine Stammhöhlung auf. Diese drei Bäume haben ein hohes Sommerquartierpotenzial für Fle-dermäuse. Der restliche Baumbestand eignet sich nicht für eine Besiedlung durch Fleder-mäuse.

Auf dem Grundstück stehen ein Wohngebäude sowie mehrere kleine Nebengebäude. An den Gebäuden sind Holzverkleidungen und vereinzelt Fensterläden vorhanden, es ist von einem mittleren Sommerquartierpotenzial für Fledermäuse auszugehen. Die niedrigen Dach-böden weisen ebenfalls ein mittleres Fledermaussommerquartierpotenzial auf. Auf dem Grundstück befindet sich außerdem ein altes Gewächshaus mit einem halb unterirdischen Raum. Dieser Raum eignet sich nicht für eine Überwinterung von Fledermäusen. Es besteht kein Winterquartierpotenzial für Fledermäuse.

Bei den Detektorbegehungen konnte mehrere Exemplare der Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) jagend festgestellt werden. Die Jagdaktivitäten konzentrierten sich vor allem im Bereich der Obstbäume und über dem Wohngebäude. Das Untersuchungsgebiet wurde re-gelmäßig von den Zwergfledermäusen als Jagdhabitat genutzt.

Als Jagdhabitat kommt dem Gebiet eine mittlere Bedeutung zu. Die Zwergfledermaus ist im Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführt und streng geschützt. In der Roten Liste von Deutschland ist sie als ungefährdete Art eingestuft. Die Zwergfledermaus ist eine äußerst anpassungsfähige Art, die in unterschiedlichsten Lebensraumtypen vorkommt. Sie ist in Siedlungen ebenso wie in geschlossenen Waldgebieten anzutreffen. Bei der Wahl der Som-merquartiere sind Zwergfledermäuse sehr variabel. Es handelt sich immer um Spaltenquar-tiere, die Bauch- und Rückenkontakt ermöglichen. An Gebäuden sind die Quartiere hinter Fensterläden, losen Putzflächen und Firmenschildern. In Gebäuden werden Spalten in der Dachkonstruktion und zwischen Dämmmaterialien aufgesucht. An Bäumen werden Stamm-risse bevorzugt als Quartier gewählt. Zwergfledermäuse jagen in schnellem und wendigem Flug um Bäume und Büsche, entlang der Häuserfassaden, über Gewässern und an Licht-quellen.

Nahrungs- und Jagdhabitate unterliegen nicht den Schutzbestimmungen des § 44 Abs. 1 Nr. 1-3 BNatSchG.

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5 Wirkfaktoren des Vorhabens

Im Folgenden werden die von der Überplanung ausgehenden, möglichen, direkten und indi-rekten Auswirkungen auf die zu untersuchenden Arten dargestellt. Wirkfaktoren sind Ursa-chen, die geeignet sind, Auswirkungen, ggf. Beeinträchtigungen und damit Funktionsverän-derungen auszulösen. Diese können sowohl baubedingt, d.h. vorrangig in Verbindung mit der Bauphase auftreten, als auch anlagenbedingt, d.h. im Zusammenhang mit den künftigen Bauwerken stehen oder betriebsbedingt, d.h. durch die geplante dauerhafte Nutzung auftre-ten.

Baubedingte Faktoren

Mit der geplanten Umsetzung des Vorhabens ist von einer großflächigen Überbauung des Areals mit dem Verlust des Großteils der vorhandenen Freifläche, der Höhlenbäume und der Gebäude auszugehen. Ein Randstreifen (Breite 5 m) zur Schienentrasse wird voraussichtlich in seiner jetzigen Ausprägung erhalten bleiben. Damit kommt es zum dauerhaften Verlust eines Großteils der Lebensräume im Plangebiet.

Für am Rande liegende Reviere z.B. von Brutvögeln sowie für die Fledermäuse gehen die Lebensraumbestandteile (Nahrungsgrundlagen) innerhalb des Plangebietes weitgehend ver-loren. Zur Baufeldfreimachung und während der Bauphase kann es zu Verlusten von Einzel-tieren und ihren Lebensstätten aufgrund von Transport- und Fahrbewegungen (Kollision, Überfahren), vor allem für kriechende bzw. am Boden lebende Tiere kommen. Der Tierver-lust durch KFZ ist i.d.R kein Tatbestand des § 44 Abs. 1 BNatSchG (EU-Kommission 2007). Durch Zulieferverkehr kommt es während der Bauphase und anschließend auch betriebsbe-dingt zu Lärmbelastungen und ggf. auch Scheuchwirkungen durch Licht oder Erschütterun-gen. Hinsichtlich der Immissionen von Schad- und Nährstoffen, die während der Bauphase und während des Betriebes auftreten können, und die Veränderungen auch angrenzender Strukturen bewirken können, werden die möglichen Beeinträchtigungen bei Beachtung gän-giger Bauvorschriften als nicht erheblich eingestuft.

Anlagebedingte Faktoren

Die anlagenbedingte Neuversiegelung führt zu Lebensraum- und Revierverlusten. Die Wir-kungsintensität ist von der konkreten Art der Flächeninanspruchnahme, z.B. dem Versiege-lungsgrad abhängig. Weiterhin wird die bisherige Biotopstruktur und somit der bisherige Le-bensraum verändert. Hinsichtlich der Verschattung und Silhouettenwirkung durch die Ge-bäude sind keine erheblichen Auswirkungen zu erwarten.

Betriebsbedingte Faktoren

Die Verlärmung ist als betriebsbedingter Wirkfaktor bei den meisten Tierarten, gerade im siedlungsgeprägten Raum, zu vernachlässigen. Erhebliche Schadstoffeinträge sind durch die geplante Nutzung nicht zu erwarten. Aufgrund der Bebauung kommt es zu einer Verände-rung der Durchlüftung der Fläche. Durch Beleuchtung der Flächen wird sich die Helligkeit der Fläche gerade in den Abend- und Nachstunden geringfügig erhöhen. Ein Einfluss auf das Verhalten der Vögel ist gerade im siedlungsgeprägten Raum nicht zu erwarten.

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6 Betroffenheit nach Verbotstatbeständen und ggf. er-forderliche Maßnahmen

6.1 Vögel

Bei den europäischen Vogelarten ist in der Regel das Brutrevier als Fortpflanzungs- und Ru-hestätte zu betrachten. Reine Nahrungs- oder Jagdhabitate sowie Flugrouten oder Wander-korridore sind keine Fortpflanzungs- und Ruhestätten im Sinne des § 44 BNatSchG.

Ein Verstoß gegen das Verbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG liegt vor, wenn wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten verletzt oder getötet werden. Die Tötung von Indivi-duen oder die Zerstörung von Eiern/ Gelegen können durch eine Baufeldfreimachung und Durchführung der Bauarbeiten außerhalb der Brutzeit (März bis September) grundsätzlich vermieden werden. Betriebsbedingte Verletzungen oder Tötungen von Tieren können durch Kollisionen mit Kfz auftreten. Gemäß Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des BNatSchG vom 12.12.2007 erfüllen sozialadäquate Risiken wie unab-wendbare Tierkollisionen im Verkehr allerdings nicht die Tatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG. Auch die Kommission geht im EU-Leitfaden Artenschutz (Nr. II 3.6. Rn. 83) da-von aus, dass "das Überfahren von Tieren" im Allgemeinen nicht unter den Verbotstatbe-stand fällt.

Eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, d.h. das Verbot beinhaltet eine "Erheblichkeits-schwelle". Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population ist insbe-sondere dann anzunehmen, wenn die Überlebenschancen, der Bruterfolg oder die Repro-duktionsfähigkeit vermindert werden, wobei dies artspezifisch für den jeweiligen Einzelfall untersucht und beurteilt werden muss. Für eine Beurteilung, ob die "Erheblichkeitsschwelle" hinsichtlich der Störung überschritten wird, müssen die für die betroffenen Arten relevanten aktuellen Bestandsdaten zur Population herangezogen werden.

Grundsätzlich gilt, dass bei einem ungünstigen Erhaltungszustand auch eine geringfügige Beeinträchtigung zu einer signifikanten Verschlechterung desselben führen kann, während bei einem günstigen Erhaltungszustand (intakte, individuenreiche lokale Population) die „Er-heblichkeitsschwelle“ höher anzusetzen ist.

Ein Verstoß gegen das Verbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG liegt nicht vor, wenn die Maßnahmen außerhalb der Fortpflanzungs- und Ruhezeiten erfolgen. Für die aufgeführten Vogelarten ist aufgrund der Bestandssituation der überwiegend ubiquitären Arten nicht von einer Verschlechterung der lokalen Population auszugehen.

Durch den Lebensraumverlust können die Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG betroffen sein. Hier ist der Schutzstatus der jeweiligen Fortpflanzungsstätte und der Status der Arten im Hinblick auf ihre Population zu prüfen. Um die Funktionalität der Le-bensstätten zu gewährleisten, können auch vorgezogene Maßnahmen vorgesehen werden.

Die Beurteilung des Verbotstatbestandes § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG – Beschädigung, Zer-störung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten erfolgt in Anlehnung an den Erlass des Minis-

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teriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburgs zum Vollzug des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG vom Januar 2011.

Die nachfolgende Tabelle gibt die potenziell vorkommenden Brutvogelarten und eine Ein-schätzung des Schutzstatus der Fortpflanzungs- und Ruhestätten wieder (Erlass zum Voll-zug des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, MUGV Brandenburg 2011). Nahrungsgäste unterlie-gen nicht den Schutzbestimmungen des § 44 Abs. 1 BNatSchG und werden in der Liste nicht mehr aufgeführt.

Tabelle 2 Einschätzung der Vogelarten nach Schutzstatus der Fortpflanzungsstätte und der

Vorkommenshäufigkeit

Deutscher Name Wissenschaftlicher Name

Fortpflan-zungsstät-te ge-schützt

erneute Nutzung nächste Brutperio-de

Schutz erlischt

Brutzeit Vorkommen und Trend Berlin

Amsel Turdus merula 1 1 A02-E08 h zuneh-mend

Blaumeise Parus caerulus 2a x 3 M03-A08 h zuneh-mend

Buntspecht Dondrocopus major 2a 3 E02-A08 h stabil

Gartenrotschwanz Phoenicurus phoenicurus 1 1 M04-E08 h rückläufig

Kohlmeise Parus major 2a x 3 M03-A08 h zunehmend

Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla 1 1 E03-A09 h zunehmend

Ringeltaube Columba palumbus 1 1 E02-E11 h, zunehmend

Rotkehlchen Erithacus rubecula 1 1 E03-A09 h, stabil

Star Sturnus vulgaris 2a x 3 E02-A08 h, stabil

Zaunkönig Troglodytes troglodytes 1 1 E03-A08 h, stabil

Zilpzalp Phylloscopus collybita 1 1 A04-M08 h, stabil

Erläuterungen als Fortpflanzungsstätte nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG geschützt: 1: Nest oder Nistplatz; 2a System mehrerer i.d.R. jährlich abwechselnd genutzter Nester/Nistplätze, Beeinträchtigungen eines oder mehrerer Einzelnester außerhalb der Brutzeit führt nicht zur Beeinträchtigung der Fortpflanzungsstätte i.d.R. erneute Nutzung der Fortpflanzungsstätte in der nächsten Brutperiode Schutz der Fortpflanzungsstätte nach $ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG erlischt: 1: nach Beendigung der Brutperiode; 3: mit Aufgabe des Reviers Brutzeit: A-Anfang M-Mitte E-Ende Vorkommen in Berlin (Trendangaben, Berlin langfristiger Trend): h-häufig

Für die Arten, für die ein Brutstatus im Gebiet festgestellt wurden, sind Neststandorte als Fortpflanzungsstätte geschützt (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG). Bei Prüfung des Verbotstatbe-stands des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist zwischen den unterschiedlichen Schutzstatus der Fortpflanzungsstätten der Arten zu differenzieren.

Bei den Arten Amsel, Gartenrotschwanz, Mönchsgrasmücke, Ringeltaube, Rotkehlchen, Zaunkönig und Zilpzalp erlischt der Schutz der Fortpflanzungsstätte nach Beendigung der Brutperiode. Ab diesem Zeitpunkt endet der Schutz der Fortpflanzungsstätte vor Zugriffen gem. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. Demnach kann der Verbotstatbestand bei Durchführung der Bauarbeiten außerhalb der Brutperiode vermieden werden. Durch den Erhalt von Bäu-

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men und Grünbereichen (Gärten, Grünstreifen zur Bahn) bleibt die ökologische Funktion in Teilen im räumlichen Zusammenhang erhalten.

Bei den Arten Blaumeise, Buntspecht, Kohlmeise und Star erlischt der Schutz der Fortpflan-zungsstätte erst mit Aufgabe des Brutplatzes oder des Reviers, wobei der Verlust eines Nes-tes bei allen genannten Arten nicht zur Beeinträchtigung der Fortpflanzungsstätte führt. Nach § 44 Abs. 5 BNatSchG liegt kein Verbot gegen den § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG vor, wenn die ökologische Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammen-hang weiterhin erfüllt wird.

Zur Abwendung von Verstößen gegen die Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG sind da-her die folgende Vorgaben zu beachten und als Hinweise in den Bebauungsplan bzw. alter-nativ in den städtebaulichen Vertrag zu übernehmen:

• Zur Vermeidung von Beeinträchtigungen (Tötung, Störung sowie auch Lebensraum-verlust) sind Baufeldfreimachungen und Baumfällungen nur außerhalb der Brutzeiten der ermittelten Vogelarten zulässig. Rodungen von Bäumen sind zwischen 1. März und 30. September auszuschließen.

Für die Arten Blaumeise, Kohlmeise und Star, die ihre Brutplätze wiederholt nutzen, kann der Erhalt der ökologischen Funktion der vom Eingriff betroffenen Fortpflanzungsstätten gesi-chert werden, indem für die verlorengehenden Brutplätze Brutkästen als vorzeitig kompen-sierende, populationsstützende Maßnahme im Gebiet angebracht werden.

• Im Falle einer Beseitigung der beiden Höhlenbäume mit wiederkehrend genutzten Fortpflanzungsstätten sind für Kohlmeise und Star geeignete Ersatzquartiere zu schaffen. Für die Kohlmeise sind zwei Höhlenbrüterkästen (Einflugloch-Durchmesser 32 mm) an zwei Bäumen auf dem Grundstück in mindestens 2,5 m Höhe und mit öst-licher Ausrichtung anzubringen (Verhältnis 1:2). Zwischen den Einzelkästen ist ein revierbedingter Abstand von etwa 10 m einzuhalten. Für den Star sind je Brutplatz zwei Höhlenbrüterkästen ebenfalls an Bäumen auf dem Grundstück zu befestigen (Verhältnis 1:2). Die Einflugöffnungen der Starenhöhlen sollten in östliche Richtung weisen. Die Anbringungshöhe sollte mindestens 2,5 m betragen.

Weiterhin fällt durch die geplante Überbauung das Revier der höhlenbrütenden Blaumeise weg. Da ihre Bestände in Berlin stabil sind, sind Ersatzquartiere als artspezifische Nistkästen im einfachen Verhältnis, d.h. ein Höhlenbrüterkasten zu schaffen.

• Im Falle des Revierverlustes der Blaumeise ist ein geeignetes Ersatzquartier zu schaffen. Für die Blaumeise ist ein Höhlenbrüterkasten (Einflugloch-Durchmesser 32 mm) auf dem Grundstück mit östlicher Ausrichtung anzubringen. Die Anbringungshö-he sollte mindestens 2,5 m betragen.

Der Buntspecht nutzt keine Brutkästen, er weicht auf Bäume in der Umgebung aus. Durch den Erhalt von Bäumen und Grünbereichen (Gärten, Grünstreifen zur Bahn) bleibt die ökolo-gische Funktion in Teilen im räumlichen Zusammenhang erhalten.

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Insgesamt sind so mit Umsetzung der Planung mindestens sieben Nistkästen anzubringen. Mindestens die Hälfte (vier) der Nisthilfen ist vor Beeinträchtigung bzw. Beseitigung der vor-handenen Niststätte herzustellen. Die Nisthilfen sind dauerhaft zu erhalten und bei Verlust zu ersetzen. Mit Durchführung der Maßnahmen zur Schaffung von Ersatzquartieren für Höhlen-brüter (CEF-Maßnahmen) kann der Verbotstatbestand nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG für Vögel vermieden werden, die ihre Brutplätze wiederkehrend nutzen. Mit Realisierung der Ersatzniststätten vor Beginn der Maßnahme greift die Legalausnahme nach § 44 Abs. 5 BNatSchG. Ein gesonderter Ausnahmeantrag wird nach Rücksprache mit der zuständigen Naturschutzbehörde in diesem Fall nicht erforderlich

Die Maßnahmen sind vor Baubeginn abzuschließen und entsprechend zu dokumentieren. Die Besiedlung der entwickelten Lebensräume ist im Rahmen eines Monitorings zu überwa-chen.

Zur Abwendung von Verbotstatbeständen in beiden Planbereichen sind vor Beginn von Fäll-arbeiten von Bäumen sowie baulichen Veränderungen an Fassaden und Dächern (ein-schließlich Sanierungsmaßnahmen) diese auf das Vorkommen von Brut- und Fortpflan-zungsstätten der nach § 44 Abs.1 BNatSchG geschützten Arten zu überprüfen.

6.2 Fledermäuse

Im Bebauungsplangebiet sind drei Bäume mit Höhlungen und einem damit verbundenen hohen Quartierpotenzial für Fledermäuse vorhanden. Im Untersuchungszeitraum konnte eine Besiedlung durch Fledermäuse nicht nachgewiesen werden, allerdings ist eine zukünftige Nutzung der Höhlungen von Fledermäusen nicht vollständig auszuschließen. Daher sind Baumfällungen im Gebiet, um eine Tötung von Tieren zu vermeiden, außerhalb der Som-merquartierszeit der Fledermäuse im Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 28. Februar durchzu-führen. Neben der Beachtung der Bauzeitenregelung sind sämtliche Höhlenbäume im Gebiet vor der Fällung auf die Anwesenheit von Fledermäusen zu überprüfen. Fledermäuse nutzen Baumhöhlen auch im Winterhalbjahr als Quartierstandort. Die Durchführung von Baumfäl-lungen im Winterhalbjahr (Bauzeitenregelung) und eine vorherige Prüfung der Höhlenbäume auf eine aktuelle Besiedlung durch Fledermäuse kann eine Tötung von Tieren verhindern. Der Tatbestand des § 44 Absatz 1 Satz 1 und 2 BNatSchG ist damit nicht erfüllt.

In den nachfolgenden Tabellen sind die bereits genannten Vermeidungs- und Ersatzmaß-nahmen noch einmal zusammengefasst:

Tabelle 3 Zusammenfassung der Maßnahmen

Vermeidungsmaßnahmen Bemerkung

Bauzeitenregelung Bodenbewegungen, wie Bodenabtrag haben zum Schutz der auf dem Boden und in den Gehölzstrukturen der Fläche brütenden Vogelarten außerhalb der Brutzeit, d.h. von Ende September bis Ende Februar zu erfolgen.

Schaffung neuer Niststät-ten/ Habitate bzw. Quartie-re

Schaffung neuer Niststätten an Gebäuden und Bäumen durch Anbrin-gen von künstlichen Nisthilfen (mind. sieben Stück).

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Vermeidungsmaßnahmen Bemerkung

Überprüfung bei Rodungen und Gebäudesanierung

Überprüfung von Bäumen und Gebäuden bei Sanierungsarbeiten auf das Vorkommen von Brut- und Fortpflanzungstellen

7 Voraussetzung zur Erteilung von Ausnahmegenehmi-gungen

Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung kann erfolgen, wenn zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art vorliegen, zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert. Der Nachweis über das Zutreffen dieser Aus-nahmetatbestände ist bei Erfordernis einer Ausnahme zu erbringen.

Obwohl keine Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 BNatSchG (aufgrund der Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen) erfüllt sind, werden im Folgenden vorsorglich die naturschutzfachlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme gem. § 45 Abs. 7 BNatSchG geprüft.

Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses

Die Gründe müssen zwingend sein und gegenüber den Belangen des europäischen Arten-schutzes überwiegen. Auf Grund des sehr kurzen Zeitfensters ohne Brutaktivitäten, das nur die Wintermonate von Ende September bis Ende Februar umfasst, kann bei einer möglichen Ausdehnung der zulässigen Bauzeit eine Ausnahmeregelung erforderlich werden. Da die Entwicklung eines Wohngebietes in diesem Bereich städtebauliches Ziel des Bezirkes ist, ist ein öffentliches Interesse gegeben. Da die betroffenen Vogelarten überwiegend ubiquitär vorkommen und die Bestände der Arten als häufig bis sehr häufig klassifiziert sind, überwie-gen diese Gründe gegenüber den Belangen des Artenschutzes.

Keine zumutbare Alternativen gegeben

Die Prüfung zumutbarer Alternativen bezieht sich auf räumliche und auf zeitliche Alternati-ven. Zeitliche Alternativen sind ggf. auf Grund der kurzen störungsfreien Zeiträume nicht gegeben. Mit Umsetzung des Vorhabens werden Flächen überbaut, die bereits baulich ge-nutzt waren. Räumliche Alternativen bestehen nicht.

Keine Verschlechterung des Erhaltungszustandes

Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Populationen betroffener Vogelarten ist durch die geplanten Maßnahmen nicht zu befürchten, zum einen Grünstrukturen im Plange-biet in geringem Umfang erhalten bleiben, ein Grünstreifen zur Bahnanlage gesichert wird und in der unmittelbaren Umgebung ausreichende Ersatzlebensraumstrukturen für die indivi-duenreiche Population der Arten vorhanden sind. Entsprechende Festsetzungen sind im Rahmen der Bauleitplanung zu treffen.

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8 Quellen

8.1 Rechtliche Grundlagen

ArtSchAusnV Bln (Verordnung über die Ausnahmen von Schutzvorschriften für besonders geschützte

Tier- und Pflanzenarten des Landes Berlin) Vom 3. September 2014

BArtSchV (Bundesartenschutzverordnung) Verordnung zum Schutz wildlebender Tier- und Pflanzen-

arten in der Fassung vom 16. Februar 2005 (BGBl. I S. 258), zuletzt geändert durch Arti-

kel 10 des Gesetzes vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 95).

BNatSchG (Bundesnaturschutzgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 2009 (BGBl.

I S. 2542), zuletzt geändert durch Artikel 4 Absatz 100 des Gesetzes vom 7. August 2013

(BGBl. I S. 3154).

FNP Berlin in der Fassung vom 1. Juli 1994, Neubekanntmachung vom 5. Januar 2015 (ABl. Nr. 2)

einschl. aller Änderungen/ Berichtigungen bis Dezember 2014. Online unter:

http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/fnp/de/fnp/ (Stand: 23.09.2015

MUGV (Ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz) (2011): Erlass zum Vollzug des

§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. Online unter:

http://www.mugv.brandenburg.de/sixcms/media.php/4055/tak_anl4.pdf.

Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 02. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten

(Vogelschutz-Richtlinie - V-RL).

Richtlinie 92/43/EWG DES RATES vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume

sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Fauna-Flora-Habitatrichtlinie – FFH-RL) (ABI.

L 206 vom 22.7.1992, S. 7); geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Eu-

ropäischen Parlamentes und des Rates vom 29. September 2003 (Abl. EU Nr. L284 S. 1).

8.2 Literatur

Bezirksamt Neukölln von Berlin (2011): Bezirksamtsvorlage Nr. 07/11 zur Beschlussfassung für die

Sitzung am 18.1.2011

EU-Kommission (2007): Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem

Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG“; dt. Übersetzung „Guidance

document on the strict protection of animal species of community interest provided by the

Habitats Directive 92/43/EEC (endgültige Fassung, Febr. 2007)

Garniel & Mierwald (2010): Arbeitshilfe Vögel im Straßenverkehr, Ergebnis des Forschungs- und Ent-

wicklungsvorhabens FE 02.286/2007/LRB „Entwicklung eines Handlungsleitfadens für

Vermeidung und Kompensation verkehrsbedingter Wirkungen auf die Avifauna“ der Bun-

desanstalt für Straßenwesen.

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Jabczynski, Silke (2015): Artenschutzfachliche Ergebnisse für den Bebauungsplan XIV-155 ein-

schließlich der angrenzenden Gleisanlage, Wildmeisterdamm, 12353 Berlin

LUA (2002): Katalog der natürlichen Lebensräume und Arten der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie

in Brandenburg, Landesumweltamt, Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg,

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Meinig, H., P. Boye, R. Hutterer (2009): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia)

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Schneeweiß, N. et al (2014): Zauneidechsen im Vorhabensgebiet - was ist bei Eingriffen und Vorha-

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Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (2012): Umweltatlas Berlin, Karte 05.08 Biotopty-

pen. Online unter: http://fbinter.stadt-berlin.de/fb/index.jsp?Szenario=fbinter_jsc (Stand:

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