„Schwarze Wohnungen“ -- das Phänomen …K l e b e r 8 9 Wen trifft die Schuld am Phänomen...

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Das Problem der „Schwarzen Woh- nungen“ ist noch nicht endgültig gelöst, solange wir nicht wissen, welchen konkreten Entstehungsbei- trag • das Verhalten der Bewohner (Lüf- ten, Heizen, Gebrauch von Kerzen u. a.) • die Beschaffenheit des Gebäudes und • die Zusammensetzung der ver- wendeten Produkte letztlich haben. Solange die dort ablaufenden Ursa- che-Wirkungs-Prozesse noch nicht eindeutig entschlüsselt wurden, können wir nur vorbeugend tätig werden. Dieses bedeutet zum Beispiel: Verwendung schadstoffarmer Produkte, Beseitigung von Baumängeln und richtiges Heizen und Lüften. Erste Schritte wurden produktseitig bereits unternommen, um in der Raumluft das Auftreten von Stoffen, die das Phänomen begünstigen kön- nen, zu verringern: Verschiedene Farbenhersteller bieten seit einiger Zeit „lösemittel- und weichmacher- freie“ Produkte an. Dieses sollte künftig auch auf andere Produkte, die für Innenräume bestimmt sind und aus denen die genannten Pro- blemstoffe ausgasen können, aus- geweitet werden. Herausgeber: Umweltbundesamt Fachgebiet II 2.3, Innenraumhygiene Postfach 33 00 22, 14191 Berlin FAX: (030) 8903-2912 www.umweltbundesamt.de © 2003 Umweltbundesamt Ebenfalls in der Ratgeberreihe des Umweltbundesamtes erschienen: Hilfe! Schimmel im Haus, 16-seitige Broschüre, kostenlos beim Umweltbundesamt. Attacke des schwarzen Staubes - das Phänomen „Schwarze Wohnungen“ - Ursachen - Wirkungen - Abhilfe Attacke abgewehrt?

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Das Problem der „Schwarzen Woh-nungen“ ist noch nicht endgültiggelöst, solange wir nicht wissen,welchen konkreten Entstehungsbei-trag• das Verhalten der Bewohner (Lüf-

ten, Heizen, Gebrauch von Kerzenu. a.)

• die Beschaffenheit des Gebäudesund

• die Zusammensetzung der ver-wendeten Produkte

letztlich haben.

Solange die dort ablaufenden Ursa-che-Wirkungs-Prozesse noch nichteindeutig entschlüsselt wurden,können wir nur vorbeugend tätigwerden.

Dieses bedeutet zum Beispiel:• Verwendung schadstoffarmer

Produkte,• Beseitigung von Baumängeln und• richtiges Heizen und Lüften.

Erste Schritte wurden produktseitigbereits unternommen, um in derRaumluft das Auftreten von Stoffen,die das Phänomen begünstigen kön-nen, zu verringern: VerschiedeneFarbenhersteller bieten seit einigerZeit „lösemittel- und weichmacher-freie“ Produkte an. Dieses solltekünftig auch auf andere Produkte,die für Innenräume bestimmt sindund aus denen die genannten Pro-blemstoffe ausgasen können, aus-geweitet werden.

Herausgeber:Umweltbundesamt

Fachgebiet II 2.3, InnenraumhygienePostfach 33 00 22, 14191 Berlin

FAX: (030) 8903-2912www.umweltbundesamt.de© 2003 Umweltbundesamt

Ebenfalls in der Ratgeberreihe des Umweltbundesamtes erschienen:Hilfe! Schimmel im Haus, 16-seitige Broschüre,

kostenlos beim Umweltbundesamt.

Attacke desschwarzen Staubes

- das Phänomen„Schwarze Wohnungen“ -

Ursachen - Wirkungen - Abhilfe

Attacke abgewehrt?

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Dem Problem auf der Spur Seite 4

„Schwarze Wohnungen“ –ein Problem derUmweltschutzgeneration? Seite 6

Übeltäter„Schwerflüchtigeorganische Verbindungen“? Seite 7

Wen trifftdie Schuld am Phänomen„Schwarze Wohnungen“? Seite 9

Besteht eineGesundheitsgefahr? Seite 12

Beseitigung der Schäden Seite 13

An wen können sichBetroffene wenden? Seite 15

Attacke abgewehrt? Seite 16

Inhalt

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Mitte der neunziger Jahre erreichtendas Umweltbundesamt erstmaligInformationen über plötzliche schwar-ze Staubablagerungen in Wohnungen.Wände, Decken und Einrichtungsge-genstände waren – manchmal inner-halb von Tagen, zumeist innerhalbweniger Wochen - mit einem rußähn-lichen Schmierfilm überzogen. Seltenwar ein Raum, meist waren mehrereRäume der Wohnung betroffen. DieSchäden reichten von einzelnenFlecken bis zu größeren Verschmut-zungen, die aussahen, als hätten inder Wohnung Schwelbrände stattge-funden.

Zunächst wurde möglichen Quellenfür Rußablagerungen innerhalb undaußerhalb der Wohnungen nachge-gangen. Schornstein- und Heizungs-anlagen wurden überprüft – ohneErgebnis. Einflüsse von außerhalbder Wohnung schieden ebenfalls aus.Auch andere Ursachen konnten zu-

nächst nicht entdeckt werden. DieSache war höchst mysteriös. Auffälligwar lediglich, dass die Ablagerungenfast ausschließlich während der Heiz-periode in Erscheinung traten.

Dem Umweltbundesamt sind bis An-fang 2003 an die Tausend Fälleplötzlicher Schwarzstaubablagerun-gen in Wohnungen - manchmal auchals Phänomen „Schwarze Woh-nungen“ oder „Fogging-Effekt“ be-kannt geworden. Die Fälle verteilensich auf alle Bundesländer.

Die Dunkelziffer dürfte hoch sein,da nach wie vor Unsicherheit bei denBetroffenen besteht, wie sie mit demProblem umgehen sollen und an wensie sich zwecks Hilfestellung wendenkönnen. In einigen Fällen wird dasProblem „hingenommen“, ohne dassSchritte zur Ursachenermittlung oderzur Beseitigung ergriffen werden.

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Dem Problem auf der Spur

Das Umweltbundesamt führte Endeder neunziger Jahre zwei Fragebo-genaktionen durch, mit denen Ge-meinsamkeiten und Unterschiedevon plötzlichen Schwarzstaubabla-gerungen in Wohnungen festgestelltwerden sollten. Bis Ende 2001 wur-den insgesamt 287 Fälle ausgewer-tet; hier die wichtigsten Ergebnisse:

• Die Ablagerungen wurden von den Befragten überwiegend als „ölig-schmierig“ und „schwarz-grau“ bezeichnet. Sie traten na-hezu ausschließlich während derHeizperiode auf.

• Die Ablagerungen traten grund-sätzlich in allen Räumen auf,

wobei das Wohnzimmer oftmalsam stärksten betroffen war.

• Grundsätzlich konnten alle Flächenin der Wohnung betroffen sein. Der schwarze Staub setzte sich jedoch hauptsächlich oberhalb vonHeizkörpern, an Gardinen und Vorhängen, auf Fensterrahmen, Kunststoffflächen, an elektrischenGeräten sowie auf der Innenseitevon Außenwänden ab.

Die Wohnungen waren in aller Regelmit modernen Heizungsanlagenausgestattet. Kohleöfen, Kamineund Kerosinheizgeräte spielten kei-ne Rolle. Die meisten Räume ent-hielten Teppichböden und Raufaser-tapeten. Der überwiegende Teil derbetroffenen Wohnungen wurde vordem Auftreten des Phänomens re-noviert (68 Prozent) oder neu ge-baut (24 Prozent). Bei 67 Prozentder Haushalte wurden Maler- undLackierarbeiten durchgeführt. Dabeikamen meistens umweltfreundlichewasserlösliche Farben und Lackezum Einsatz. In knapp der Hälfteder untersuchten Fälle wurde derFußboden erneuert, meistens durchVerlegung eines neuen Teppichbo-dens. In einem Drittel der Wohnungenerfolgten größere bauliche Eingriffe.Dabei wurden insbesondere moderneHeizungsanlagen installiert, neueFenster eingebaut oder Dämmungeninnen oder außen am Haus ange-bracht.

„Aktenzeich„Aktenzeichen FOG 624“en FOG 624“

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halten: Gelüftet wurde im Allgemei-nen täglich, zum Teil mehrmalstäglich, hauptsächlich durch Stoß-lüftung - ansonsten zumindest durchhäufige Kippstellung der Fenster.

Da Schadstoffmessungen in den be-troffenen Wohnungen nur in Einzel-fällen, mit uneinheitlichen Vorgehens-weisen und Methoden durchgeführtwurden, waren die ermittelten Mess-ergebnisse kaum miteinander ver-gleichbar. Das Umweltbundesamtnahm dies zum Anlass, in einemumfangreichen Messprogramm ver-schiedene Einflussparameter in be-troffenen Wohnungen in Berlin, Ham-burg und Braunschweig unter nor-malen Lebens- und Wohnverhältnis-sen genauer zu untersuchen.

In mehr als der Hälfte der befragtenHaushalte wurden zeitweise Kerzenabgebrannt. Die Zahl der Kerzenschwankte zwischen wenigen Ker-zen - in der Adventszeit - und täg-licher Kerzennutzung im Winter.Der Anteil der Raucher- und Nicht-raucherhaushalte bei den erfasstenWohnungen hielt sich in etwa dieWaage. In 28 Fällen waren Öllämp-chen verwendet worden, in dreiFällen war ein offener Kamin be-nutzt worden. In einem Fall standein Kohleofen in der Wohnung.

Raumlufttemperaturen und Raum-luftfeuchtigkeit wiesen gegenübernicht betroffenen Wohnungen keineAuffälligkeiten auf. Dasselbe giltfür die Angaben zum Lüftungsver-

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„Schwarze Wohnungen“ –ein Problem der Umweltschutzgeneration?

Das Phänomen „Schwarze Woh-nungen„ tritt gehäuft erst seit den90er-Jahren auf. In der Literaturvereinzelt zu findende frühere Dar-stellungen haben in der Regel einenanderen Entstehungshintergrund -wie Verrußungen, Verbrennung vonTeppichflusen und ähnliches. Dadas Problem in aller Regel im Zusam-menhang mit der erfolgten Durch-führung von Bau- und Renovierungs-arbeiten in Erscheinung tritt, müssenhierin die Hauptgründe liegen.

Viele Hersteller von Bau- und Reno-vierungsprodukten sowie Einrich-tungsgegenständen sind seit einigenJahren bestrebt, anstelle leichtflüch-tiger organischer Verbindungen (VOC)vermehrt schwerflüchtige organischeVerbindungen (SVOC) als Lösemitteloder Additive einzusetzen. DieseStoffe sind meist nicht zu riechen, inder Regel weniger gesundheitsbedenk-lich und müssen außerdem nicht alsLösemittel deklariert werden. Dennorganische Verbindungen, die ober-halb von etwa 200oC sieden, geltennicht als „Lösemittel“. Produkte, diesolche Verbindungen enthalten, kön-nen somit als „lösemittelfrei“ ange-boten werden und das Prädikat „löse-mittelfrei“ gilt heute als ein wichtigesWerbe- und Verkaufsargument.

Ein weiterer Umstand ist, dass ausGründen des Umweltschutzes undder Energieeinsparung seit der Wär-meschutzverordnung von 1995 (seit1.2.2002 abgelöst durch die Energie-einsparverordnung) verstärkt daraufgeachtet wird, dass die Gebäudehüllebesser gedämmt und abgedichtetwird, um Wärmeverluste soweit wiemöglich zu vermeiden. Leider deuteteiniges darauf hin, dass der einge-schränkte Luftaustausch in abgedich-teten Gebäuden im Zusammenwirkenmit vermehrt in die Innenraumluftabgegebenen schwerflüchtigen orga-nischen Verbindungen zum Phäno-men der „Schwarzen Wohnungen“beitragen kann.

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Übeltäter „Schwerflüchtigeorganische Verbindungen“?

mer erfolgt sind, erst in den dar-auffolgenden Übergangs- und Win-termonaten, wenn geheizt und we-niger oft gelüftet wird, die Konzen-trationen der schwerflüchtigen or-ganischen Verbindungen in derRaumluft merklich ansteigen unddann - im Zusammenwirken mitanderen Faktoren - zu den plötzli-chen Schwarzstaubablagerungenführen können.

Schwerflüchtige organische Verbin-dungen können aus Produkten, diebei Renovierung oder Neubau vonWohnungen zum Einsatz kommen,in die Raumluft gelangen. Insbeson-dere Weichmacherverbindungen(„Phthalate“), langkettige Alkane,Alkohole, Fettsäuren und Fettsäu-reester spielen hierbei eine Rolle.

Diese schwerflüchtigen organischenVerbindungen können unter ande-rem in• Farben (auch in als „lösemittelfrei“

bezeichneten Farben) und Lacken,• Fußbodenklebern,• PVC-Bodenbelägen,• Vinyltapeten,• Kunststoff-Dekorplatten und• Holzimitat-Paneelenenthalten sein.

Auch Kunststoffoberflächen zumBeispiel von Möbeln können Weich-macher enthalten, die an die Raum-luft abgegeben werden können.

Physikalisch gesehen haben schwer-flüchtige organische Verbindungendie Eigenschaft, weniger stark alsdie früher verwendeten leichtflüch-tigen organischen Verbindungen indie Raumluft auszugasen. Dafürtun sie dies aber oft über längereZeit - in Einzelfällen sogar bis zuzwei Jahren oder länger.

Dies führt dazu, dass nach Reno-vierungsarbeiten, die z.B. im Som-

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Kleber

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Wen trifft die Schuldam Phänomen „Schwarze Wohnungen“?

den, dass nicht solche „klassischenUrsachen“ in Frage kommen. DieSachstandsermittlung sollte nurdurch geeignete Personen (mit dem„Fogging“-Problem vertraute Innen-raumhygieniker und Sachverstän-digenbüros) erfolgen. Fehleinschät-zungen der Sachlage sind ansonstennicht auszuschließen.

Handelt es sich eindeutig um dasPhänomen „Schwarze Wohnungen“,beginnt die eigentliche Ursachensu-che. Erschwert wird diese oft da-durch, dass der Sachverständigeerst dann in die Wohnung gerufenwird, wenn das Problem bereitseinige Zeit (zum Beispiel bereitsaus der vorherigen Heizperiode)vorhanden ist. Dann können in denAblagerungen bereits weitere Stoffe(Sekundärverschmutzungen) ent-halten sein, die das Analysenergeb-nis verfälschen. Wichtig ist deshalb

Das Auftreten des Phänomens„Schwarze Wohnungen“ ist nicht nurein hygienisches, sondern leider oftauch ein rechtliches Problem. ImRahmen von Mietrechtsprozessenhaben Gerichte im Einzelfall zu klä-ren, wer das Phänomen „SchwarzeWohnungen“ zu vertreten hat. Be-troffene Mieter beklagen einen„Mangel des Mietobjektes“ und seheneinen Grund für Mietminderung undSchadenersatz. Vermieter versuchenEinflüsse des Gebäudes auszuschlie-ßen und dies mit Bausachverständi-gen-Gutachten zu belegen.

Bei dem Phänomen „SchwarzeWohnungen“ handelt es sich, wiebeschrieben, um einen Vorgang, beidem unterschiedliche Einflussfak-toren zusammen kommen. Diesmacht es sowohl dem Hygienikerals auch dem Juristen gleicherma-ßen schwer, eindeutige Ursachenzu finden und – im Einzelfall - dieVerantwortlichen zu ermitteln.

Die schwarzen Beläge entstehennach Renovierungsarbeiten oderErstbezug von Wohnungen in neuerrichteten Gebäuden. Da aberschwarze Beläge im Wohnbereichauch durch andere Vorgänge, wieetwa Verbrennungsprozesse („Ver-rußung“) oder Schimmelpilzbefall(der ebenfalls schwarz aussehenkann) entstehen können, muss zu-nächst bei einer Besichtigung undBegutachtung ausgeschlossen wer-

Die schwerflüchtigen organischenVerbindungen können sich offen-sichtlich unter bestimmten Bedin-gungen mit den im Raum vorhan-denen Schwebstaubpartikeln zugrößeren Teilchen verbinden undsich dann als schmierige Beläge inder Wohnung absetzen. Fachleutesprechen hier von einem „Fogging-Effekt“ (Fog = englisch Nebel).Schmierige Beläge können aberauch beim Vorbeiströmen des luft-getragenen Staubes auf weichma-cherhaltigen Oberflächen auftreten.In diesem Fall spricht man vom„Klebefilm-Effekt“.

Welche physikalischen und chemi-schen Wechselwirkungen hierbeiexakt ablaufen und welche Rolledie schwerflüchtigen organischen

Verbindungen bei der Entstehungvon Schwarzstaubablagerungen imEinzelfall spielen, ist derzeit nochunklar. Viele Beispiele belegen näm-lich, dass in neu errichteten oderrenovierten Mietshäusern, bei de-nen in den Wohnungen identischeBauprodukte und Baumaterialienzum Einsatz kamen, Schwarzstaub-ablagerungen später nur in einigenwenigen Wohnungen auftraten. Dar-aus folgt, dass schwerflüchtige or-ganische Verbindungen allein nochnicht zu Schwarzstaubablagerun-gen führen, sondern dass noch an-dere auslösende Faktoren hinzukommen müssen.

Über die Einflussfaktoren für„Schwarze Wohnungen“ informiertSie unsere Übersicht auf Seite 10.

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Einflussfaktoren für „Schwarze Wohnungen“(Wichtig: Es müssen nicht alle Faktoren gleichzeitig vorliegen.)

• Renovierungseinflüsse: Einträge schwerflüchtiger organischer Verbindungen über „Fogging-„ und/oder „Klebefilmeffekte“.

• Bauliche Gegebenheiten: Wärmebrücken, „kalte“ Wandflächen, ungünstige strömungstechnische Einflüsse, intensive Abdichtungder Gebäudehülle und damit Verringerung des natürlichen Luft-austauschs.

• Raumausstattung: Materialien, die zusätzlich Weichmacher abge-ben, wie PVC-haltige Dekorplatten, Weichmacher enthaltende Möbeletc.

• Raumnutzung: Entstehung schwerflüchtiger organischer Verbin-dungen durch brennende Öllämpchen und/oder rußende Kerzen in Verbindung mit nur periodischem Heizen, unzureichendem Lüften (bei stark abgedichteten Gebäuden von Bedeutung) und/odererhöhten Staubkonzentrationen in der Raumluft.

• Raumklimatische- und Witterungseinflüsse: zu geringe Luftfeuch-tigkeit, erhöhte Elektrostatik der Luft.

rechtzeitiges Handeln aller Beteilig-ten. Besser auswertbar sind Fälle,bei denen der Sachverständige dieWohnung besichtigt, unmittelbarnachdem die Ablagerungen entstan-den sind.

Es gibt Einflussfaktoren, die imGebäude selbst zu suchen sind. Eshandelt sich hierbei in erster Linieum bauliche Mängel, wie klassischeWärmebrücken. An kalten Außen-wänden setzen sich schmierige Be-läge bevorzugt ab. Der baulicheMangel führt im Einzelfall dazu,dass die Beläge überhaupt erstsichtbar werden oder deren Erschei-nungsbild verstärkt wird. Aber

nicht immer müssen bauliche Män-gel zum Entstehen der schwarzenBeläge beitragen. Meist kann erstdurch ein Gutachten geklärt wer-den, ob Baumängel vorliegen undob Baumängel zu den Ablagerungenbeigetragen haben.

Auch das Verhalten der Bewohnerist zu betrachten. Dazu gehört bei-spielsweise der Gebrauch vonÖllämpchen oder rußenden Kerzen.Obwohl dies, für sich betrachtet,nicht zu dem beschriebenen Phäno-men führt (eine rußende Kerze zumBeispiel erzeugt einen Rußfleck ander Decke, aber keine massivenVerfärbungen in der ganzen Woh-

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nung), so können Öllämpchen oderKerzen bei Vorliegen weiterer Fakto-ren die Entstehung schwarzer Abla-gerungen beschleunigen oder inten-sivieren.

Ähnliches gilt für das Heiz- undLüftungsverhalten. UnzureichendesLüften oder falsches Heizen alleinführt nicht zu den schwarzen Abla-gerungen. Die vollständige Drosselungder Heizkörperthermostaten währendder Abwesenheit der Bewohnerrinnenund Bewohner und das Wiederauf-drehen der Thermostaten währendder Anwesenheit (gemeint ist nichtdie allgemein übliche Tag-/Nacht-absenkung des zentralen Heizkessels)kann die schwarzen Stäube begün-stigen.

Die an der Entstehung der schwarzenBeläge beteiligten Stoffe gelangenaus unterschiedlichen Produkten indie Wohnräume. Diese Produkte wur-den meistens von verschiedenenPersonen (Wohnraumnutzer, Gebäu-debetreiber, Handwerker) in die Räu-me gebracht. In aller Regel kannman diesen Personen gar kein schuld-haftes Verhalten unterstellen, dadiese nicht wissen, dass die Produktean der Entstehung der schwarzenBeläge beteiligt sein können.

Auf Herstellerseite gibt es bis heutewenige Anbieter, die auf ihren Pro-dukten Problemstoffe - wie z.B. Weich-macher - kennzeichnen. Da vermut-lich nicht jedes weichmacherhaltigeProdukt die Entstehung schwarzerBeläge begünstigt, sehen die meistenHersteller jedoch keine Notwendigkeit,den Inhalt ihrer Produkte - z.B. aufden Weichmachergehalt hin - zukennzeichnen.

Aber es gibt auch positive Beispiele:Einige namhafte Wandfarbenherstel-ler haben seit einiger Zeit Farben imAngebot, die eindeutig als „löse-mittel- und weichmacherfrei“ ge-kennzeichnet sind.

Auch das Umweltzeichen „BlauerEngel“

ist ein wichtiger Hinweis für denVerbraucher zur gezielten Produkt-auswahl.

Insbesondere dann, wenn man schoneinmal ein Problem mit Schwarz-staubablagerungen in der Wohnunghatte, sollte man beim erneutenRenovieren darauf achten, nur pro-blemstoffarme Produkte zu verwen-den. Obwohl dies allein noch keineGewähr dafür bietet, dass die schwar-zen Ablagerungen nicht erneut auf-treten können (wegen des komplexenEntstehungshergangs), so zeigt dochdie Erfahrung, dass das Problem miteiner gezielten Produktauswahl beimRenovieren und intensiver Lüftungüber mehrere Wochen nach Ab-schluss der Renovierungsarbeitenmeistens nicht noch einmal auftritt.

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Trotzdem empfiehlt sich aus Vor-sorgegründen – ganz zu Schweigenvom „ästhetischen“ Problem derunansehnlichen Wohnung – die Ur-sachen zu klären und die Ablage-rungen zu beseitigen.

Weisen die Ablagerungen jedocherhöhte Konzentrationen an poly-zyklischen aromatischen Kohlen-wasserstoffen („PAK“) oder vonRuß auf (beides entsteht bei Ver-brennungsvorgängen), kann einGesundheitsrisiko gegeben sein.

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Besteht eineGesundheitsgefahr?

Von Schwarzstaubablagerungen gehtnach gegenwärtigem Kenntnisstandkeine unmittelbare Gesundheitsge-fahr aus. Die Konzentrationen anProblemstoffen - schwerflüchtigeorganische Verbindungen, wie Weich-macher - sind in den betroffenenWohnungen nur geringfügig gegen-über nicht betroffenen Wohnungenerhöht. Die Konzentrationen liegennach bisherigem Kenntnisstanddeutlich unterhalb der Schwelleeiner möglichen akuten Gesund-heitsgefahr.

Beseitigung der Schäden

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Bevor man damit beginnt, die Abla-gerungen durch Reinigen zu entfer-nen oder durch erneutes Renovierenzu „beseitigen“, sollte man den Ur-sachen der Verschmutzung auf denGrund gehen. Dabei muss man nichtunbedingt alle Einflussfaktoren, dieim Einzelfall zum Entstehen beige-tragen haben, eliminieren. In derRegel genügt es, einzelne Faktoren„abzustellen“. Beispielsweise kannman beim erneuten Renovieren eineWandfarbe wählen, die lösemittel-und weichmacherfrei ist. In Einzel-fällen kann auch eine Änderung desHeizverhaltens helfen. Die Beseiti-gung baulicher Mängel (Wärme-brücken) trägt dazu bei, dass sichdie Beläge nicht mehr an solchenStellen bevorzugt absetzen können.Auch der sparsame Gebrauch vonKerzen und Öllämpchen kann dasProblem entschärfen.

Zur Beseitigung der Ablagerungenist oftmals eine intensive nasse Rei-nigung mit Spülmittelzusätzen, Kunst-stoffreinigern und ähnlichem erfor-derlich. Bloßes Überstreichen hilftgegen die schmierigen Beläge meistnicht. Bei den Reinigungsvorgängenkönnen zum Beispiel betroffene Ta-peten derart in Mitleidenschaft gezo-gen werden, dass diese vollständigentfernt werden müssen. In Einzel-fällen müssen auch Bodenbelägeentfernt oder größere bauliche Ein-griffe (Reduzierung von Wärme-brücken) vorgenommen werden.

Allerdings sollten solche umfang-reichen Maßnahmen erst erwogenwerden, wenn die „einfachen“ Re-novierungsschritte (Einsatz lösemit-tel- und weichmacherfreier Farben,intensive Lüftung nach dem Reno-vieren, Vermeidung von rußendenKerzen etc.) keinen Erfolg hatten.

Zur Klärung im Einzelfall werdenneben der Ortsbegehung durch sach-kundige Personen und der Fragebo-genauswertung auch chemischeAnalysen in den betroffenen Woh-

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nungen in Betracht gezogen. SolcheAnalysen sind aber unseres Erach-tens nur dann sinnvoll, wenn sichbereits durch die Ortsbesichtigungder Verdacht auf ein „Fogging“-Phänomen erhärtet hat und dasEntstehen der Ablagerungen noch

nicht sehr lange zurückliegt. EineAnalyse empfiehlt sich immer auchdann, wenn nicht klar ist, ob essich um Schwarzstaubablagerungenoder um Rußrückstände aus Ver-brennungsprozessen (oder um bei-des) handelt.

1. Ortsbegehung- Sichtung (Aussehen und Art der Beläge, Orte der Ablagerung,

Intensität)- Fingerprobe (schmierig?)- Zustand des Hauses (außen + innen)- Baulicher Zustand der betroffenen und ggf. benachbarter Wohnungen- Quellen in der Wohnung? (Öfen, Öllampen, Kerzen etc.)- Rußeinträge von außerhalb der Wohnung?

2. Hintergrundinformationen sammeln- Fragebogenerhebung- Ggf. weitere Hintergrundinformationen (Problem wie und wann

entstanden?, Art der Renovierung etc.)- Produktinformationen (für Produkte bei Renovierung)

3. Messungen- Analyse der Ablagerungen (Wischproben: SVOC, PAK, ggf. Ruß)- Raumluftanalyse (Schwebstaub, Korngrößenverteilung, „Fogging“-

Messung, PAK-Messung)- Außenluftmessung (Schwebstaub)- Mikrobiologische Messungen (nur bei Verdacht auf Schimmelpilzbefall)- Temperatur- und Feuchtemessung im Raum

4. Stellungnahme/Gutachten- Auswertung der Fragebögen und Analysenbefunde- Bauliche Gegebenheiten- Nutzerverhalten- ggf. „gerichtsfeste“ Stellungnahme- Empfehlungen/Minimierungsmaßnahmen

Vorgehensweise zur Erfassung und Beurteilungdes Phänomens „Schwarze Wohnungen“

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An wen können sich Betroffene wenden?

Von plötzlichen Schwarzstaubabla-gerungen betroffene Bewohner soll-ten zunächst Kontakt mit den ört-lichen Gesundheits- und Umwelt-ämtern aufnehmen. Viele Ämtersind – nicht zuletzt durch die Auf-klärungsarbeit des Umweltbundes-amtes – über dieses Problem infor-miert und können Tipps für dasweitere Vorgehen geben. Kann manvon dort selbst nicht weiterhelfen,wird man in der Regel den Betrof-fenen Adressen von Umweltanaly-

senlabors in der Nähe mitteilenkönnen, die Innenraummessungenund speziell „Fogging“-Messungenund -beurteilungen vornehmen kön-nen. Adressen von Sachverständi-gen und Analysenlabors könnenzudem über örtliche Industrie- undHandelskammern erfragt werden.Auch örtliche Verbraucherzentralenkönnen nützliche Auskünfte geben.Natürlich steht auch das Umwelt-bundesamt für weitere Auskünftezur Verfügung.