Ausgabe Simep¹ 2013

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EUROPA, WIR MACHEN MIT! Die Zukunft des Euro Europäischer Datenschutz EU-Außenpolitik im Mittelmeer 09. Dezember 2013 SIMEP 1 spezial Die Junge Europäische Bewegung Berlin-Brandenburg e.V. ist ein gemeinnütziger, unabhängiger, überparteilicher und politischer Jugendverband. Was uns besonders am Herzen liegt, ist der europäische Gedanke. Europa ist unsere Zukunft und da wollen wir mitreden und mitgestalten. Wir fordern zu kritischem Denken auf. Mit jugendlicher Energie bringen wir frischen Wind in europapolitische Debatten. Mit zahlreichen Veranstaltungen, und Projekten in Berlin und Brandenburg setzen wir uns für ein geeintes, demokratisches und solidarisches Europa ein. Junge Europäische Bewegung www.jeb-bb.de 1 move Magazin Simulation Europäisches Parlament 2013 www.move-magazin.eu

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EUROPA, WIR MACHEN MIT!

Die Zukunft des Euro

Europäischer Datenschutz

EU-Außenpolitik im Mittelmeer

09. Dezember 2013SIMEP1 spezial

Die Junge Europäische Bewegung Berlin-Brandenburg e.V. ist ein gemeinnütziger, unabhängiger, überparteilicher und politischer Jugendverband. Was uns besonders am Herzen liegt, ist der europäische Gedanke.

Europa ist unsere Zukunft und da wollen wir mitreden und mitgestalten. Wir fordern zu kritischem Denken auf. Mit jugendlicher Energie bringen wir frischen Wind in europapolitische Debatten. Mit zahlreichen Veranstaltungen, und Projekten in Berlin und Brandenburg setzen wir uns für ein geeintes, demokratisches und solidarisches Europa ein.

Junge Europäische Bewegung www.jeb-bb.de

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Simulation Europäisches Parlament 2013

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SIMEP spezial

“Europa, wir machen mit!” lautet das Motto der diesjährigen Simulation Europäisches Parlament (SIMEP). Und es ist kaum zu übersehen, dass Europas Jugend Lust hat, mitzubestimmen und mitzugestalten. Im 15. Jahr der SIMEP schlüpfen wieder 200 Schülerinnen und Schüler in die Rolle eines Abgeordneten des Europäischen Parlaments und nehmen dabei die Perspektiven verschiedener politischer Fraktionen und europäischer Länder ein, um über Themen zu diskutieren, die Europa bewegen: die Zukunft des Euro, Datenschutz der Europäischen Union und die EU-Außenpolitik im Mittelmeer.

Die vielen Anmeldungen haben gezeigt, dass junge Menschen in Berlin und in ganz Deutschland verstehen wollen, wie Politik in Europa funktioniert, um sich dann besser einmischen zu können. Dass Politiker des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und des Deutschen Bundestages

als Gastredner für die SIMEP zugesagt haben, zeigt, dass unsere Stimme wahr und ernst genommen wird. Die Verleihung des Europäischen Bürgerpreises in diesem Jahr gilt uns daher als ganz besondere Auszeichnung.

Dieses Magazin entstand aus den gemeinsamen Kräften der move-Redaktion und der Teilnehmer, die als Journalisten die Simep begleiten. Wir hoffen, dass die Berichte über die Simep und die Hintergrundberichte zu den diskutierten Themen Euch auch nach diesen zwei Tagen Inspiration und Motivation sein werden, Euch über politische Themen zu informieren, selbst eine Meinung zu bilden und in Europa mitzumachen.

Viel Spaß beim Lesen wünscht

Alexander SteinfeldtChefredakteur des move Magazins

Herausgeber: Junge Europäische Bewegung Berlin-Brandenburg e.V. Sophienstraße 28-29, D-10178 Berlin

Chefredakteur: Alexander Steinfeldt([email protected])

Redaktion: Sonja Albers, Jonas Botta, Carolin Hagenmaier, Esther Hemmens, Livian Knabe, Sonja Lauruhn, Nicolas Jim Nadolny, Julia Nauck, Florian Schötz, Alexandra Schubert, Zoe Schütte, Daniela Stoltenberg, Heinz Tönnies, Dennis Waltz, Tomer Yavor

Fotos ohne Kennzeichnung: Johannes Bock ([email protected])

Druck: Copy House/dbusiness.de GmbH

Impressum

Editorial

Die Redaktion im Europasaal.

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SIMEP spezial

Seinen Besuch bei der diesjäh-rigen Simep beendet Gregor Gysi indem er neben der Politik und Wirtschaft besonders die Liebe als wichtig erklärt. Dennoch in-teressieren sich die Abgeordne-ten der Simep vielmehr für seine Meinung rund um Bildungspoli-tik, den Koalitionsverhandlun-gen und EU-weiten Problemen. Die move-Redaktion erwischt Gysi auf dem Sprung zum näch-sten Termin und fragt genauer nach.

Was halten Sie von dem Bild der EU als fruchtloser Boden für Jugendliche, um zu gedeihen?Nein, das Bild ist überzogen, im Augenblick gedeiht der Boden jedoch wirklich nicht, aber ihr könnt wieder etwas daraus ma-chen und das wird auch höchste Zeit.

Also sind Veranstaltungen wie die Simep...… genau richtig.

..und bauen auf das Vertrauen in die EU auf?In die EU, wie sie jetzt ist, muss man nicht vertrauen, denn sie ist zur Zeit vollkommen falsch auf-gestellt, sie macht eine unsoziale, undemokratische, neoliberale Politik. Also müssen wir die EU verändern, aber nicht aufgeben.

Also ist die EU nun eher eine Last oder eine Chance für die nächste Generation?Beides. Auf der einen Seite ist es eine Last, weil jetzt eine falsche Politik gemacht wird. Auf der an-deren Seite aber auch eine Chance, weil wir Frieden haben zwischen den Mitgliedsländern der Eu-ropäischen Union.

Wenn man die EU-Politik in zwei Felder gliedern würde, mit dem wirtschaftlichen und dem sozi-alen Faktor, gewichtet welches momentan mehr?Im Augenblick spielt das Soziale gar keine Rolle. Wenn dann über-haupt das Ökonomische, aber das wird auch noch falsch gemacht.

Eines der bei der Simep diskuti-erten Themen ist die Euro-Krise, wo Soziales auf Wirtschaft trifft: Können Sie dem Jugendlichen von heute die Angst nehmen, ewig in Schulden zu leben?Nein, das wäre aber auch nicht weiter schlimm. Wichtig ist nur, wofür die Schulden ausgegeben werden: Wenn zum Beispiel aus den Schulden eine Schule gebaut wird, ist das okay. Wenn aus den Schulden jedoch laufende Aus-gaben bezahlt werden, ist das völlig falsch. Man muss immer den Gegenwert sehen. Schulden klingen an sich schlimm, sind aber etwas Normales, sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik. Man darf sie lediglich nicht überz-

iehen. Das heißt, der Jugend keine Zinslast aufdrücken, welche nicht zu bewältigen ist. Aber wenn wir euch große Werte hinterlassen, ist das okay.

Ein Thema, welches die Sozial-politik zumindesten ein wenig streift, ist der Datenschutz: Warum erkennt die Politik erst jetzt, dass die Regelungen von 1995 überholt sind?Ich denke, das haben bestimmte Leute auch schon früher erkannt, aber sie wollten es nicht wah-rhaben. Das Problem ist, dass es jemanden wie Snowden braucht, damit das Ganze im Ausmaß bekannt wird. Und wenn es dann „auf einmal“ publik ist, erschreck-en sich viele Leute und öffentli-cher Druck entsteht. Zumal jede Woche etwas neues herauskommt. Wobei mir niemand erklären kann, wozu wir ein halbes Jahr alle Daten von Handys, etc. notieren müssen. Wie man damit Terroris-mus bekämpft, ist mir rätselhaft.

Zum Schluss wüsste ich gern, ob Sie sich auf die Politik von mor-gen freuen oder eher angstvoll in die Zukunft blicken?Ich bin vom Grunde her eher ein Optimist. Letztlich glaube ich immer an die Vernunft der Men-schen, aber da bin ich auch schon häufig enttäuscht worden. (lacht)

Wir danken für das Gespräch.

Gregor Gysi: “Schulden sind okay.”Ein Interview von

Zoe Schütte

Foto: Sonja Lauruhn

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Die Zukunft des Euro

Foto: Max Pf. www.jugendfotos.de

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SIMEP spezial

Der Euro: Das Element der Eu-ropäischen Integration, gleichze-itig ein Thema, das seit Jahren im Europäischen Parlament debattiert wird. Die Simep-Teil-nehmer haben sich gefragt: Was muss getan werden, um die Krise hinter sich zu lassen? Wo soll der Fokus liegen? Sparpolitik oder Wachstumsimpulse? Ist der Euro noch zu retten?

Ein Großteil der Simep scheint an den Euro zu glauben. Nur einer aller Befragten antwortete, nach der Zukunftsfähigkeit der Ge-meinschaftswährung gefragt, mit einem entschlossenen „Nein!“. Insgesamt zeigten sich die befrag-ten Abgeordneten solidarisch in der europäischen Gemeinschaft. “Die Probleme unserer Währung sollten in der EU geregelt werden und nicht durch Ausschluss von Ländern. Das geht uns alle etwas an”, sagte Audrey MacLean vertre-tend für die ALDE Spanien. Und sie fand Unterstützung.

“Ich sehe den Ausweg so, dass die Staaten durch den ESM [Eu-ropäischen Stabilitätsmechanis-mus] finanzielle Unterstützung erhalten, sich dafür aber an bestimmte Regeln halten müssen. Besonders das Beispiel Spanien hat bewiesen, dass es funktioniert”, bezeugt Nastasja Bührmann für die EVP Slowakei. “Ich unterstütze die Sparpolitik. Es bringt nichts, wenn die Krisenstaaten sich auf irgendeine Art und Weise noch weiterverschulden.”

Simep-Abgeordnete pro Ret-tungsschirme

Die Rettungsmaßnahmen EFSF und ESM werden generell unter-stützt. Auch wenn sie “kritisch betrachtet werden sollten”, wie Toralf Ließneck der S&D Spaniens beteuert.

“Eine gute europäische Finanz-politik ist aber nicht unmöglich, wenn man eine Fiskalunion einführt und den Beamtenapperat der Krisenländer kontrollieren kann und keine Misswirtschaft betreibt.” Anstatt ein Land aus-zuschließen, schlägt Ließneck eine zweigeteilte Währung vor. So sollten Länder temporär ab-gewertet werden können. Später sollen die betroffenen Länder wieder in den Euro einsteigen können.

Stärker als die meisten Abgeord-neten unterstützt Benno Strau-mann aus der S&D die Sparpoli-tik: “Sie setzt zwar Länder wie Griechenland unter Druck, aber

Griechenland hat ja auch ges-chummelt und jetzt müssen sie dafür zahlen.” Eine weitere mögli-che Lösung, die Schuldenüber-nahme durch Dritte, unterstützt er, wie auch Paula Budde von der EVP, nicht. “Das müssen die selber ausbaden.” Straumanns Reaktion auf die Finanztransaktionssteuer als zusätzliche Rettungsmaß-nahme: “Ja, find ich gut.”

Weg mit dem Euro? Eine Min-derheitenmeinung

Doch auch noch stärker polari-sierende Meinungen gibt es unter den Abgeordneten: “Ja” antwortet ein Abgeordneter der EVP Polen auf die Frage, ob Länder, die wie-derholt vorsätzlich gegen Regeln verstoßen, ausgeschlossen werden sollten. Und “Nein” auf die Frage, ob der Euro noch zu retten sei. Seine Lösung: “Ganz einfach. Euro abschaffen. Schuldenschnitt. Dann sind die Schulden weg.”

Generell setzt die Eurorettung voraus, dass die EU-Wirtschafts-regierung gemeinsame Ziele setzt. Der Fokus liegt auf der Sparpolitik und schnellem Schuldenabbau der Krisenstaaten. Eurobonds, aber auch Finanztransaktionssteuer werden in Betracht gezogen. Eine Umschreibung unserer Simep hin-sichtlich der Eurokrise: hart aber fair. Hört man den Diskussionen der Abgeordneten zu, merkt man: Auch die Jugend setzt sich mit Problemen wie der Eurokrise aus-einander und findet Lösungswege.

Was denkt die SIMEP zur Zukunft des Euro?Von Alexandra Schubert

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In Europa wird wieder öfter durchgeatmet. Wirtschaftswach-stum und eine abschwächende Krisenstimmung scheinen v den Akteuren Erfolg in ihrer Strat-egie zu bescheinigen. Doch noch beeinflusst die Krise das poli-tische Tagesgeschehen und so-ziale Missstände werden in ganz Europa sichtbar. Ein Weg aus der Krise sollte daher sozialer und europäischer sein.

2009 schwappte die weltweite Finanzkrise auch nach Europa und breitete sich wie ein Lauf-feuer aus. Kleinere und größere Volkswirtschaften, wie die Griech-enlands, Spaniens, Irlands und der baltischen Staaten, gerieten ins Wanken und vor allem Ratlo-sigkeit und Panik kennzeichneten das Handeln der europäischen Akteure. Anfangs wägte Bundes-kanzlerin Merkel noch ab, doch dann wurde ersichtlich, dass schnelles Eingreifen der einzige Ausweg aus der brenzligen Lage war. Schnell beschloss man Ret-

tungspakete und Rettungsschirme, hielt mit umfangreichen Krediten abstürzende Staaten und auch Banken notdürftig über Wasser.

In ganz Europa, vor allem aber im größten Geberland Deutschland, wurden die Auseinandersetzun-gen über das Krisenmanagement hitzig und hart geführt. Die da-mals getroffenen Entscheidungen sind bis heute umstritten. Doch

auch als man einsah, dass die Ret-tungspolitik in der EU nicht zum Ende der Krise führte und weitere Maßnahmen notwendig waren, fand man keinen Königsweg in eine krisenfreie Zukunft.

Der Euro als Sündenbock

Besonders das Image des Euro, der gemeinsamen Währung von bereits 17 Staaten in der Eu-ropäischen Union, litt unter der Krise. Fehlende währungs- und finanzpolitische Möglichkeiten verschlimmerten die Lage in

Griechenland und anderen Län-dern der Eurozone. Deswegen bemühte man sich, Lösungen abseits dieser Möglichkeiten zu finden. Die Troika, ein aus der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungs-fonds bestehendes Gremium, kon-trollierte die Einhaltung der an die Hilfskredite geknüpften Spar- und Reformmaßnahmen.

Auch hier machten sich die europäischen Institutionen nicht sehr beliebt bei den Menschen in den Krisenstaaten. Die an-gesetzten Reformen und sozialen Einschnitte seien für die sowieso geschwächten Länder kaum zu verkraften und deswegen mit spe-zieller Entwicklungsförderung zu begleiten, forderte unter anderen Frankreich. Nun, vier Jahre nach Ausbruch der Eurokrise, haben viele der Volkswirtschaften ihr Vorkrisenniveau wieder erreicht.

Licht am Ende des Krisentunnels

Irland und Spanien haben vor kurzem den Europäischen Ret-tungsschirm verlassen, die Staaten im Baltikum haben deutliche Wachstumsraten und Lettland und Litauen werden in den näch-sten Jahren den Euro einführen. Das Vertrauen kehrt also auf vielen Ebenen zurück. Die Ge-meinschaftswährung hat ihre An-ziehungskraft, zumindest bei den kleineren Ländern, nicht einge-büßt und Anleger sind bereit, in die südeuropäischen Länder zu investieren. Dies liegt aber auch daran, dass neben der akuten Ret-tungspolitik der EU Reformen in der Währungs- und Wirtschafts-politik angegangen wurden. Banken müssen ihre Einlagen, also

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Europäisch aus der Krise Von Alexander Steinfeldt

Jessica Bastian jugendfotos.de

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SIMEP spezial

Kapitalpolster, aufstocken, und die europäische Finanzaufsicht wurde gestärkt. Die Europäische Zentral-bank vergibt Kredite zu niedri-gen Zinsen, um die Liquidität in der Eurozone zu erhalten. In den meisten EU-Staaten wurden Sozialreformen umgesetzt und die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt.

Die Auswirkungen dieser Maß-nahmen sind aber nicht eindeu-tig vorauszusehen. So ist zwar tatsächlich eine Aufhellung des Wirtschaftsklimas zu verzeichnen, trotzdem herrscht nach wie vor eine Rekordarbeitslosigkeit nicht nur innerhalb der Eurozone, was besonders die Jugend Europas zu spüren bekommt. Auch stieg die Armut und Demonstrationen in den Krisenländern zeigen die Unzufriedenheit und Ungeduld der Menschen, die von der Krise betroffen sind.

Europäische Lösungen gesucht

Hier hat man noch keine brauch-baren Antworten in der EU oder den Mitgliedstaaten gefunden. Auch im designierten Koali-tionsvertrag von Schwarz-Rot in Deutschland sucht man verge-blich nach konkreten Vorschlägen für einen europäischen Weg zu Stabilität und Krisenfestigkeit. Zwar öffnete die Eurokrise vielen Menschen und Regierungen in Europa die Augen, dass eu-ropäische Lösungen notwendig sind, um europäische Missstände aufzuheben. Doch viel zu selten wird im öffentlichen Diskurs eine Vertiefung der europäischen Wirtschafts- und Währungspolitik gefordert. So könnten Diskus-sionen über weitergehende Durch-griffsrechte der Europäischen Kommission bei schlechter nationalstaatlicher Haushalts-

führung, eine europäische Fi-nanztransaktionssteuer oder eine europäische Arbeitslosenversi-cherung den Verhandlungsprozess in Europa beleben.

Dabei ist es unwesentlich, ob solche Forderungen realistisch oder politisch umsetzbar sind. Die einmalige Situation kooperieren-der Staaten in Europa mit ge-meinsamer Wirtschaftspolitik und Gemeinschaftswährung erfordert auch neue, kreative Lösungen. Diese sollten dann auch nicht na-tionalstaatlichen Ursprungs sein, sondern auf europäischer Ebene umgesetzt werden.

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Europäischer Datenschutz

Karikatur:Carolin Hagenmaier

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Safe New World – der europäische Grundrechtsschutz am Scheideweg Von Jonas Botta und Nicolas Jim Nadolny

Seit Jahren wird über die Einführung einer umfassen-den Vorratsdatenspeicherung erbittert gestritten. Dem Bestreben nach nationaler Sicherheit stehen mögliche Grundrechtsverletzungen ge-genüber. Nun nimmt sich der Europäische Gerichtshof in Straßburg dieser Thematik an. Grund genug, die Debatte noch einmal aufzugreifen.

Im Jahr 2005 versetzte eine Reihe terroristischer Anschläge im Londoner Nahverkehr nicht nur Großbritannien in Angst und Schrecken. Auch auf europäischer Ebene wuchs die Besorgnis derart, dass binnen kurzer Zeit der Ruf nach einer Verschärfung der ge-meinsamen Sicherheitspolitik laut wurde. Mit der Richtlinie 2006/24/EG reagierte der europäische Gesetzgeber. So sollten fortan

schwere Straftaten, organisierte Kriminalität und Terrorismus effektiver bekämpft werden können. Dazu wurde die soge-nannte Vorratsdatenspeicherung ins Leben gerufen: Ein Instrument, das geeignet er-schien, mit der Speicherung von Telekommunikationsdaten in ei-nem Zeitraum von sechs Monaten bis zu zwei Jahren eine wirksame Strafverfolgung zu vereinfachen.

Kontroverse Debatte

Seither wird die öffentliche Debatte um Für und Wider der Vorratsdatenspeicherung kontro-vers geführt und findet zunehm-end Einzug in die Gerichtssäle der EU-Mitgliedsstaaten. In Deutschland führte eine Verfassungsbeschwerde gegen die nationale Umsetzung der Richtlinie zum vorläufigen Ende der Vorratsdatenspeicherung.

Wie man dem aktuellen Entwurf des Koalitionsvertrags von Union und SPD entnehmen kann, ist das Thema auch weiterhin politisch brisant.Da auch in Österreich und Irland Verfahren von den na-tionalen Verfassungsgerichten anhängig sind, wurde nunmehr der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Straßburg um Vorabentscheidung angerufen.

Freiheit vs. Sicherheit?

Dem Ziel der Terrorismusbekämpfung halten Gegner der Vorratsdaten-speicherung die massive Grundrechtsbeeinträchtigung der Bürger der Europäischen Union entgegen. Insbesondere würden durch die verdachtsun-abhängige Datenerhebung das Recht auf Datenschutz und Privatsphäre des Einzelnen

Innenansicht des Großen Sitzungssaal.

Quelle: G. Fessy, Gerichtshof der

Europäischen Union

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SIMEP spezial

verletzt. Jeder Bürger stehe un-ter einem Generalverdacht, der durch tatsächliche, strafrech-tliche Erfolge nicht begründet werden könne. Fakt ist, dass selbst Befürworter der Richtlinie sich bisher zumindest schwer-tun, tatsächliche Erfolge der Vorratsdatenspeicherung nach-zuweisen, wie eine Studie des Max-Planck-Instituts für aus-ländisches und internationales Strafrecht ergab. Dennoch über-wiegt für das Institut – man-gels geeigneter Alternativen – die Vorratsdatenspeicherung als sinnvolles Instrument zur Kriminalitätsbekämpfung in Zeiten globalen Terrorismus. Dass die Daten da-bei häufig von privaten Telekommunikationsdienstleistern gespeichert werden, sei da-bei unerheblich, da ledi-glich auf bereits bestehende Speichersysteme zurückgegriffen werde. Zudem würden bei der Vorratsdatenspeicherung nur sogenannte Randdaten erfasst, die nicht den Inhalt der Nachrichten aufzeichnen. Diesem Argument begegnen die Kritiker mit der Maßnahme, dass auch aus der Erhebung von Randdaten persön-liche Kommunikationsmuster erstellt werden können. So lässt

beispielsweise die E-Mail an einen befreundeten Psychologen – auch ohne den Inhalt zu kennen – Rückschlüsse auf den Bedarf einer psychologischen Behandlung zu. Ähnliche Probleme ergeben sich zum Beispiel bei Rechtsanwälten, Banken, Ärzten etc.

Historisches Urteil aus Straßburg erwartet

Nun liegt es am Europäischen Gerichtshof, ein Grundsatzurteil zur Zukunft des europäischen Datenverkehrs zu sprechen. Die 28 Richter müssen dabei vor al-lem die Balance zwischen einem europäischen Bürgerrechtsschutz und dem Bedarf nach umset-zungsfähigen und dennoch effi-zienten Sicherheitsvorkehrungen finden. In diesem Verfahren wird erstmals auf europäischer Ebene darüber entschieden, in welchem Verhältnis individuelle Freiheit und allgemeine Sicherheit zueinander stehen. Sollte die Vorratsdatenspeicherung nicht grundrechtskonform sein, hätte dies mittelbar eine immense Stärkung des europäischen Grundrechtsschutzes zur Folge. Diese würde auch die nation-alen Gesetzgeber dazu zwin-gen, den Datenschutz künftig

stärker zu gewichten. Die eu-ropäische Gemeinschaft müsste sich in der Folge einen neuen Schwerpunkt in ihrer gemeinsa-men Sicherheitspolitik suchen und dabei insbesondere alternative Verfahrensweisen wie die in den USA angewandte „Quick-Freeze-Methode“ in Erwägung ziehen, die eine nur kurzzeitige Speicherung der Daten vorsieht.

Bestätigt der EuGH hinge-gen die Richtlinie in ihrer Verhältnismäßigkeit und folgt somit der Argumentation der Europäischen Kommission und der Richtlinienunterstützer, so würde dies die zukünftige Sicherheitspolitik neu definieren. Der Schutz vor Terrorismus und schweren Straftaten würde somit zum Universalargument, wann immer eine neue Beschneidung individueller Rechte und Freiheiten diskutiert würde.

Noch ist unklar, welchen Weg der Europäische Gerichtshof ein-schlagen wird. In den Ländern der Union wird das Urteil mit Spannung erwartet. Ob der Streit um die Vorratsdatenspeicherung damit endgültig beendet sein wird, sei dahingestellt.

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SIMEP spezial

Ohne es zu wissen, geben wir dem Internet tagtäglich un-zählige Informationen von uns preis. Doch wer schützt uns eigentlich vor dem Missbrauch unserer Daten?

“Ich sehe was, was du nicht siehst.” Ein Spiel, das ich früher gerne als Kind auf langen Zugreisen zusam-men mit meinem Bruder gespielt habe. Wendet man dieses Prinzip auf mich als Suchobjekt an und gibt dem Internet die Aufgabe, mich zu finden, würde wohl eine pri-vate Information der zum Erfolg führende Hinweis sein. Bei allein über einer Milliarde Facebook-Nutzer grenzt diese Aufgabe nur scheinbar an eine Unmöglich-keit, denn es gibt nicht nur einen einzelnen Tipp über mich im Netz, sondern tausende: Wenn ich beispielsweise wegen der Kälte nicht im Geschäft, sondern mal wieder online shoppen gehe. Klicke ich anschließend auf eine werbefinanzierte Seite, finde ich gleich nochmal das Angebot des Online-Shops mit genau den Ar-tikeln, die ich mir eben angeguckt habe. Natürlich zwingt mich das nicht gleich zum Kauf, aber ich werde nun ein zweites Mal mit der überteuerten Jacke konfrontiert, gegen die ich mich doch eben schmerzlichst entschieden hatte. Kaufe ich sie vielleicht doch?

Was ich damit sagen will: Ich fühle mich manipuliert und ausgenutzt. Meine persönlichen Informa-tionen werden hier gegen mich verwendet. Natürlich kann ich mir Foren über Internetsicherheit durchlesen, wo Computergenies untereinander Fachjargon aus-tauschen. Doch spätestens nach-dem ich genauere Definitionen von Mousetracking-Verfahren und Webserver-Logfiles nachlesen musste, war klar, dass ich mich als Bürger der EU auf meine Persön-lichkeitsrechte berufen werde und jemand anderen den Schutz meiner Privatsphäre überlasse.

Zwar sichert mir Artikel 8 der Grundrechtecharta genau das zu, doch scheint er nicht annähernd so strikt umgesetzt, wie formu-liert: „Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person (…) verarbe-itet werden.“

Wenn meine Anmeldung bei Facebook gleichzeitig ein Freibrief auf meine Daten ist und zur Fundgrube für Unternehmen wird, müsste mir dies doch mit-geteilt werden. Während ich also auf eine verständliche Aufzählung aller Daten, die an Drittpersonen weitergegeben werden, warte, er-halte ich (und alle anderen auch) die AGB, deren Inhalt mit der Verständlichkeit einer Doktorar-beit zu vergleichen ist. So sehe ich meine Rechte nicht vertreten.

Doof ist nur, dass Facebook meine Rechte gar nicht verstehen muss, da es amerikanischer Herkunft ist.

Selbst ein Sitz in Irland schränkt den Internetriesen nicht ein. Hier gilt ein anderer Umgang mit persönlichen Daten. Es wird nämlich als Komfort angesehen, wenn Namen die reservierten Plätze in Zügen betiteln, so dass man seinen Nachbarn kennt, ohne nachfragen zu müssen. Was dann noch an Informationen fehlt, guckt man dann wiederum bei Facebook nach.

Also, obwohl Irland Teil der EU ist, gelten keine einheitlichen Datenschutzgesetze? Ob diese überhaupt zielführend im Kampf gegen „Datendiebe“ sind, bleibt dabei noch offen. Denn wenn die gesamte EU, 28 Staaten umfas-send, einen Konsens finden soll, kommt oftmals nur ein Mittelweg heraus, der in diesem Fall nicht die Probleme beheben kann. Es müssten also die höchsten Stan-dards gefordert werden. Das bedarf Geduld in einem Zeitalter der Schnelllebigkeit, in dem sich von heute auf morgen alles ändern kann.

Es sieht was, was du nicht siehst. Von Zoe Schütte

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Spanien im Jahr 1944. Der Bürgerkrieg ist lange vorbei und das Land unterliegt der Franco-Diktatur. Nur im Norden befinden sich noch einige Partisanen, doch gegen diese will der Hauptmann Vidal vorgehen, während er von seinem Hauptquartier aus die Bürger der umliegenden Dörfer mit Lebensmitteln versorgt.

Die zwölfjährige Ofelia und ihr hochschwangere Mutter Carmen sind auf den Weg zur alten Mühle, wo sich das Hauptquartier befindet, um ein neues Leben zu beginnen. Vidal ist der neue Ehemann von Carmen, Stiefvater von Ofelia und Vater des ungeborenen Kindes.

Ofelia fühlt sich unwohl in ihrer neuen Umgebung und flüchtet sich in eine andere Welt, indem sie Märchen liest. Eines Nachts wird sie von einer Fee in ein Labyrinth geführt, wo ein Pan auf sie wartet und ihr eröffnet, dass sie die wiedergeborene Prinzessin einer unterirdischen Welt sei und nun zurückkommen sollte. Allerdings muss sie erst drei Prüfungen bestehen, bevor sie in die andere Welt kann, um zu beweisen, dass sie nicht zu sehr den Menschen ähnelt.

Der Film ist eine Mischung aus düsterem Märchen und Nachkriegsdrama, faszinierend und schockierend. In einem Moment denkt man, dass vielleicht doch alles gut wird und im nächsten erkennt man, dass es bereits zu spät dafür ist.

Auch die Schauspieler sind überzeugend, vor allem Sergi López, der als Hauptmann Vidal wohl den unsympathischsten Charakter spielt und die damals elfjährige Ivana Baquero als Ofelia, die trotz ihres jungen Alters glaubhaft ist.Ich empfehle den Film jedem, der einigermaßen starke Nerven hat, denn einige Szenen sind ziemlich schmerzhaft. Es ist definitiv kein kitschiger Feel-Good-Movie, was von Guillermo del Toro allerdings auch nicht anders zu erwarten ist.

Pans Labyrinth von Guillermo del Toro Filmbesprechung von Sonja Albers

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Der Film „We feed the World“ zeigt uns die Herausforderungen, die mit einer globalisierten Wertschöpfungskette einhergehen: die Massenver-nichtung von Brot, das Überfischen der Meere und nicht zuletzt sogar der Verlust des Geschmacks von Lebensmitteln. Der Stil des Films ist sachlich und beobachtend. Wagenhuber verzichtet auf eine poli-tisch klare Wertung, zu der sich sonst andere Doku-mentarfilmer vielfach hinreißen lassen. Selbiges gilt für den sparsamen Gebrauch an Dramatisierungen. Dies lässt sich auf die vielen kritischen und viel-schichtigen Interviews zurückführen, in denen er verschiedene Gesichtspunkte beachtet.

Thematisiert wird die Überfischung der Meere und das Leben der Fischer, die die Kleinhändler bzw. den „einfachen Mann“ repräsentieren. Die europäische Fischerei-Industrie sieht vor, die einzelnen kleinen Fischer durch Trawler zu ersetzen. Diese Planung hat den Gedanken, dass ein Trawler das fünffache an Fisch fangen könnte und somit günstiger und effizienter wäre. Doch diese industrielle Fischerei bedeutet nicht nur den Verlust des Lebensunterhalts vieler Fischer, sondern auch einen Verlust der Fisch-bestände und der Frische der Nahrungsmittel.

Auf eine weitere Nahrungsmittelverschwendung in Europa geht der Film mit der jährlichen Verbren-nung von unzähligen Tonnen Brot ein. Während Supermärkte unförmige Lebensmittel aussortieren, ja, sogar für den Genuss vernichten, leiden vielerorts Menschen Hunger – u.a. in den europäischen An-rainerstaaten in Afrika und im Nahen und Mittleren Osten.

Was hat das mit der Simep oder Europa zu tun? Wie wir wissen, verfügt Europa über eine sehr große Macht. Somit liegt auch bei uns Europäern ein Teil dieser Macht und wir tragen Mitschuld daran, wenn etwas schiefläuft auf der Welt – umso mehr, wenn wir die Welt auf ihrem Irrweg auch noch unterstüt-zen. Teil dieses Irrwegs ist der Glaube, man könne die Ursachen der Flüchtlingsproblematik hin-reichend bewältigen, indem man verschärft an den

Grenzen vorgehe. Ursachen für diese Flüchtling-sproblematik finden sich u.a. in Hunger, Armut und Perspektivlosigkeit. Diesen Hunger könnte man mit den überschüssigen Lebensmitteln stillen, anstatt sie zu vernichten. Hierin zeigt sich das große Gestaltungspotenzial der EU. Denn ebenso, wie sie Hunger verursacht, könnte sie selbigen stillen.

Und genau dieses Gestaltungspotenzial zu er-spüren, darin liegt eine Stärke der Simep. Die Simep ist nicht nur eine Simulation, sondern hat das Ziel ein Bewusstsein für Europa zu schaffen. Wir wollen uns Wissen aneignen, um uns zu beteiligen, oder zumindest die Umstände, unter denen wir leben, nachzuvollziehen. Europa soll nicht mehr ein fremdes, surreales Konstrukt sein, mit dem man sich nicht identifizieren möchte, sondern: Europa sollen wir mit Herz und Hand gestalten wollen. Die Zielsetzung der Simep liegt somit darin, jedem Einzelnen Europa näherzu-bringen, z.B. mit einem Blick auf jene Lebensmit-tel, die wir in unseren Supermärkten verschwen-den, die ihrerseits aber den Hunger bei unseren Nachbarn stillen könnten.

Resümierend lässt sich also sagen, dass der Film „We feed the World“ und die Simep uns lehren: Ein Gemeinschaftsgefühl verpflichtet uns zur Teil-habe und Engagement für eine bessere Zukunft.

We Feed the World von Erwin WagenhuberFilmbesprechung von Tomer Yavor

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Die Außenpolitik der Europäischen Union

Karikatur:Esther Hemmens

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Das Europäische Parlament, mit Sitz in Straßburg, ist eines der wichtigsten Institutionen in Europa. Doch es ist nicht nur eine wichtige, sondern auch eine sehr komplexe Institution. Und um Schülern in Deutschland diese Institution näher zu brin-gen, hat die Junge Europäische Bewegung (JEB) eine Idee ent-wickelt. Seit einigen Jahren, findet nun die Veranstaltung „Simulation Europäische Parla-ment“ (SIMEP) statt.

In diesem Jahr standen im Deutschen Bundestag die The-men „Zukunft des Euro“, „EU-Außenpolitik im Mittelmeerraum“ und „Europäischer Datenschutz“ auf der Tagesordnung. Besonders belebt waren dabei die Debatten um den Syrien-Konflikt und die Flüchtlingspolitik.

Nach der Eröffnung, den ersten kleineren Beratungen und der Mittagspause kam es um 13:45 Uhr zu der ersten Plenarsitzung. Hierbei legten die „geladenen“ Abgeordneten aus den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU ihre Meinung zu den politisch aktuel-len Themen. Dabei wurde relativ schnell deutlich, dass die poli-tischen Meinungen der verschie-denen Mitgliedsstaaten sehr weit auseinander gehen können. Neben verschiedenen Meinungen, gab es aber leider auch Länder, die sich zu diesem Thema nicht äußerten. Dagegen gab es, von den Ländern die sich dieser Themenstellung annahmen, sehr konstruktive Beiträge.

In Bezug auf das Thema der Flüchtlingspolitik gab es Beiträge, die in unterschiedliche Richtun-gen gingen. Eine große Anzahl an Mitgliedsstaaten forderte

hierbei, dass eine gleichmäßige Verteilung der Flüchtlinge auf alle Länder geschehe. Mit dem einher ging die Forderung nach mehr Zusammenarbeit innerhalb der EU. Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) soll also verstärkt werden. Solche Forderungen kamen vor allem von Mitgliedsstaaten, die nah an nicht-europäischem Land liegen. Allerdings gab es auch Beispiele von Ländern, die komplett in eine andere Richtung denken. Eines dieser Länder ist Irland. Der irische Staat ist nämlich der Ansi-cht, dass Europa so gut wie keine oder nur sehr wenig Regulierung im Bereich der Außenpolitik be-treiben sollte. Ein Musterbeispiel in Sachen positiver Flüchtling-saufnahme stellt Schweden dar. Schweden praktiziert es seit dem Syrien-Krieg nämlich so, dass sie jeden syrischen Flüchtling in ihrem Land aufnehmen.

Damit einhergehend kommt man zu dem zweiten wichtigen Punkt der heutigen Agenda. Dem Syrien-Konflikt. Auch hier stehen sich wieder Länder mit unterschiedli-chen politischen Ideen gegenüber. Auf der einen Seite sind da die Franzosen und die Briten, die die Ausrichtung verfolgen, dass das Problem in Syrien nur mit Mil-itärschlägen gelöst werden kann. Unterstützung finden die beiden Staaten in den USA. In Europa jedoch wird diese Unterstützung vergeblich gesucht. Denn andere Mitgliedsstaaten wie Rumänien oder Finnland üben deutliche

Kritik an Kriegseinsätzen. Des Weiteren sind sie der Ansicht, dass das Problem nur friedlich gelöst werden kann. Auch Zypern geht mit der Ausrichtung Finn-lands und Rumäniens konform und fordert außerdem, dass es in Zukunft vermieden wird, mit wirtschaftlichen Sanktionen zu drohen und diese anzuwenden, da sie ihren Zweck verfehlen würden.

Ihre ganz eigene Darstellung zum Thema der Flüchtlingspolitik ha-ben währenddessen, die Abgeord-neten der Deutschen: „Wir dulden alle politischen Flüchtlinge – auch die der FDP!“

Die Flüchtlingsfrage bei der Simep Von Florian Schötz

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Macht Europa die Schotten dicht? Die EU ist schon seit Jahren bestrebt, den zunehmen-den Wellen an Flüchtlingen Herr zu werden. Tatsache ist auch, dass immer mehr Menschen aus verschiedensten Gründen ihre Heimat verlassen, um in das vermeintliche Paradies Europa zu kommen.

Der Schmelztiegel Mittel-meer sorgt immer wieder für Schlagzeilen von gesunkenen Flüchtlingsbooten: hoffnungslos überfüllt und oft kaum seetaug-lich. Vor allem die Katastrophen vor Lampedusa haben dabei besonders empört und betroffen gemacht. Sicher, das Treiben von Schlepperbanden, die die Notlage der Betroffenen ausnutzen, ist höchst verwerflich und als Ver-brechen an der Menschlichkeit anzusehen. Doch ist es längst bekannt, dass kriminelle Machen-schaften nicht die einzige Ursache für Todesfälle sind.

In dem Zusammenhang ist Fron-tex, die Europäische Agentur für operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, oft in aller Munde. Errichtet 2005 und mit einem Budget ausgestattet, das inzwischen gegen hundert Millionen Euro jährlich geht. Ihre Aufgabe besteht darin, die Mit-gliedstaaten beim Grenzschutz

zu unterstützen. Dabei erweist sie sich mittlerweile vielmehr als autonome Grenzarmee. Berühmt-berüchtigt ist sie insbesondere dafür, Flüchtlinge am Übersch-reiten der EU-Außengrenzen zu hindern. Dass dabei auch einmal ein Schiff in Seenot zur Rückkehr gezwungen wird, bringt die EU-Politiker allerdings nicht dazu, die Grenzsicherung durch Frontex zu überdenken.

Ein weiteres Problem in die-sem Zusammenhang ist die so genannte Drittstaatenregelung. Ein Asylbewerber muss in dem ersten Land, das laut EU als sicher

gilt, um Asyl werben. Nun gibt es aber Länder, wie zum Beispiel Griechenland, die aufgrund ihrer geographischen Lage viel größere Flüchtlingsströme zu bewältigen haben als andere. Dass Griechen-land damit überfordert ist, ist an-hand der schwachen wirtschaftli-chen Lage wohl einzusehen. Und doch bittet vor allem die deutsche Regierung darum, die Grenz-sicherung zu verstärken. Die seit neuestem diskutierte Lösung: die Flüchtlingsquote. Die Flüchtlinge sollen also solidarisch verteilt werden, was in einer Soli-dargemeinschaft, die die EU nun mal ist, nur logisch klingt. Doch ein Durchbruch dazu ist noch nicht gelungen. Abschottung um jeden Preis, wie es zur Zeit betrieben wird, scheint allerdings keine Lösung zu sein. Und dennoch ist vor allem Deutschland ein großer Befür-worter von Frontex. Fest steht: Keiner will die Flüchtlinge, jedem sind sie zu teuer. Und wer kein Problem mit ihnen hat, möchte das auch in Zukunft nicht haben. Vor allen ihnen erscheint eine externe Organisation, die sich darum kümmert, schon aus-gesprochen bequem.

4 move Magazin16

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Festung EuropaVon Esther Hemmens

Page 17: Ausgabe Simep¹ 2013

move Magazin 17

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Anlässlich der sich an der südlichen Außengrenze der Eu-ropäischen Union abspielenden Flüchtlingsdramen mit Hunder-ten von Toten wurde unlängst ein zwiespältiges Kapitel der europäischen Außenpolitik medienwirksam. Dass hier bisher keine großartigen Verän-derungen eingetreten sind, wirft ein fragwürdiges Licht auf die europapolitischen Institutionen. Handlungsbedarf besteht. Davon ist die Öffentlichkeit überzeugt und somit steht auch die Politik unter Zugzwang.

Doch worin besteht eigentlich die Verpflichtung der EU? Liegt die Verantwortung in erster Linie bei ihr oder doch bei den betrof-fenen Grenzstaaten? Diese und weitere Fragen zur europäischen Außenpolitik beschäftigten die Abgeordneten in den Sitzungen ihrer Ländergruppen. Selbstver-ständlich variierten die Antworten je nach Herkunftsland.

Größtenteils herrschte Überein-stimmung, dass die EU zumind-est eine koordinierende Rolle übernehmen müsse. Es über-rascht nicht, dass besonders die Mittelmeer-Anrainerstaaten, die alltäglich mit Flüchtlingsanstür-men konfrontiert sind, die tat-kräftige Unterstützung der EU fordern. Aus ihrer Sicht liegt keine nationale, sondern vielmehr eine supranationale Angelegen-heit vor. Schließlich ziehe es die Mehrzahl der Flüchtlinge nicht vordergründig in die Ankunftssta-aten. Stattdessen drängen sie über Malta, Zypern oder Italien ins In-nere Europas. Laut Hanna Marlen Perkans, die in der S&D-Fraktion Malta vertritt, fühlen sich diese Länder schlichtweg überfordert.

Unterstützung gibt es bereits von anderen Mitgliedstaaten: Deutsch-land beispielsweise nimmt jährlich einen Teil der Ankömmlinge auf. Es sei allerdings nicht die Absicht, ein „Flüchtlingsparadies Deutsch-land“ zu schaffen, meint Michael Kruse, deutscher EVP-Vertreter. Im Gegenteil müssten den Im-migranten Anreize geschaffen werden, in die Heimat zurück-zukehren. Zu diesem Zweck solle die EU einen Beitrag dazu leisten, Krisenländer wieder lebenswert zu machen. Kruses Vorschlag beinhaltet zudem die Bereitstel-lung von Geldern auf Anfrage der betroffenen Mittelmeerländer, um den Flüchtlingsandrang zu bewältigen. Die eigentliche Ve-rantwortung liege aber bei den einzelnen Nationalstaaten.

Die Vertreter Maltas und Italiens sehen das anders. Europa müsse Verantwortung tragen, fordert Celia Birle von der italienischen ALDE. Maltas Gesandte Lukas Schramm und Hanna Marlen Perkans differenzieren: Es läge eine beidseitige Verpflichtung vor. Zwar sei in erster Linie das je-weils betroffene Grenzland für die Aufnahme und Weiterleitung der Ankömmlinge zuständig. Sollten dessen Kapazitäten jedoch nicht genügen, müsse die Europäische Gemeinschaft unterstützend auftreten.

Die zuvor genannten Abgeord-neten sind sich mindestens über Folgendes einig: Die EU dürfe ihre Grenzen nicht abschotten. Für die Aufnahme und Integration von Exilanten instabiler Herkunfts-länder würden die Kapazitäten Europas allerdings ebenso wenig ausreichen. Deswegen solle die EU verstärkt Alternativen ausfindig machen und statt Waffen Frieden-shilfe in Krisengebiete liefern.

„Für das Mittelmeer haben wir keine Mittel mehr.“ – So hat es der Sprecher der slowenischen Vertreter formuliert. Dies bringt die Problematik der überfüllten Flüchtlingslager auf den Punkt. Zumindest aus der Perspektive überlasteter südeuropäischer Sta-aten. Die Europäische Union als Ganzes jedoch kann sich so ein-fach nicht aus der Affäre ziehen. Denn woran es den einzelnen Sta-aten mangelt, kann die Gemein-schaft wettmachen. Solidarität ist schließlich einer der Grundgedan-ken der EU.

“Für das Mittelmeer haben wir keine Mittel mehr.” Von Sonja Lauruhn

Page 18: Ausgabe Simep¹ 2013

Haben Sie, liebe Abgeordnete, sich einmal in Ihren Reihen umgesehen? Bestimmt fiel Ih-nen schnell auf, dass viele Kol-legen großen Wert auf das Tragen seriöser Kleidung legen. Alle, die es wirklich ernst meinen, tragen Blazer oder zum Anzug noch wahlweise Schlips oder Fliege.Schnell fiel der Entschluss, die-sem Phänomen auf den Grund zu gehen und, mit Stift und Papier bewaffnet, vor allem die Herren Abgeordneten in der Mittagspause mit der Frage zu konfrontieren: „Du trägst einen Anzug, was er-hoffst du dir davon?“

Die Antworten fielen verschie-den aus: „Kann ich nicht sagen, aber interessante Frage“, war die

erste ermutigende Antwort eines überraschten Anzugträgers. „Den trage ich immer“, bekannte sein Tischnachbar. Abgeordnete der ultrakonservativen EKR wählten ihre Kleidung aber auch mit Bedacht, verwiesen auf das Partei-image und die alten guten Werte.

Doch auch bei Abgeordneten an-derer Fraktionen hat das Anzug-tragen viel mit der Identifikation mit der eingenommenen Rolle zu tun. Die wohl häufigste Antwort verwies auf die seriöse Wirkung und eine gewisse Professionalität, die ein Anzug ausstrahle – was in uns die Frage aufwarf, ob es einen Zusammenhang zwischen der Kleidung und dem politischen Erfolg auf der SIMEP gibt.

Da wir diese These leider nur schwer überprüfen können, haben wir die Abgeordneten in der zweiten Runde mit einem bekannten Sprichwort konfron-tiert: „Kleider machen Leute“. Stimmt’s? Die Großzahl der Befragten bejahte diese Aussage entschlossen. Nur eine Minderheit widersprach dem. In dem Zusam-menhang fiel auch die Abwand-lung „Anzug macht Politiker“.Professioneller sieht es ohne Frage aus. Zwar ist dieses Auftreten eher unter den männlichen Abgeord-neten beliebt, aber auch einige der jungen Frauen bekannten sich zum Blazer, wenn auch eher aus Modebewusstsein.

Aber um auf obige These zurückzukommen: Wir konnten tatsächlich beobachten, dass die Redeführer und Fraktionsvorsit-zenden oft diejenigen im Anzug bzw. im Blazer sind. Der Schein bestimmt also offenbar doch das Sein – oder: wer etwas auf sich hält, trägt Anzug.

4 move Magazin18

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Kleider machen Leute - Der Dresscode der Simep Von Esther Hemmens und Tomer Yavor

Der Twitter-ReporterVon Livian Knabe

Page 19: Ausgabe Simep¹ 2013

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Ich bin durch die Ländergrup-pen gewandert und habe vermehrt Debatten über Flüchtlingspolitik mitverfolgen können. Dabei ging es von Grenzpolitik oder gemein-samer Flüchtlingsaufnahme bis hin zu philosophischen Erläuter-ungen vom Wesen des Flüchtlings. Dabei wurden häufig Ausflüge in die Welt der Ausländerfeindlich-keit unternommen.Beispielhaft dafür ist der Satz, man könne einen Moslem nicht motivieren zu arbeiten, wenn die Betriebskan-tine Schweinefleisch anbiete. Mich verwunderte die Überzeugung, mit der von einem allgemeinen Moslem gesprochen wurde.

Die Logik der These besagt dann wohl auch, dass ein Christ nicht ein Hamam besuchen könnte, da

die Männer dort beschnitten sind. Oder ein Christ keinen polytheist-ischen Arbeitgeber haben könnte, wenn dieser Götzenbilder aufhän-gt. Und was ist mit allen Veganern und Vegetariern? Die würden wir nicht integrieren können bzw. zum Arbeiten bewegen, wegen des Essens in unseren Kantinen.Das Denken, dass Arbeitslosig-keit kulturell bedingt ist, spricht gegen unsere europäischen und deutschen Werte. Die EU ist eine Wertegemeinschaft, welche De-mokratie und Toleranz als zentrale Werte besitzt. Da die Grenz-übergänge innerhalb der EU offen sind, könnte man nicht auch den Anspruch setzen die Köpfe offen zu lassen? Bereit zu sein vorur-teilslos in Kontakt zu treten?In vielen Diskussionen über Flüchtlingspolitik werden die In-

formationen des Schubladenden-kens abgerufen, anstatt sich ein differenziertes Bild zu machen.Bevor man also von fehlender Arbeitsbereitschaft der Migranten spricht sollte man sich bewusst machen auf was für Fakten oder Bilder man sich stützt. Sobald man also Pauschalaussagen trifft und zu dem nicht fundierte bzw. nicht rationale Argumente her-vorbringt, verstößt man gegen die europäischen Werte und das Grundgesetz.

Pauschalaussagen sind keinesfalls verbotene Wahrheiten, sondern Weltvereinfachungen, die durch Faulheit entstehen. Nach Kant führt diese Faulheit zur „selbst verschuldeten Unmündigkeit“. Der Appell „Habe Mut, dich deines eignen Verstandes zu bedi-enen!“ wird wohl ewig von Nöten sein.

Ein Kommentar zu Vorurteilen. Von Tomer Yavor

Page 20: Ausgabe Simep¹ 2013

Die Junge Europäische Bewegung Berlin-Brandenburg und die move-Redaktion bedanken sich bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Simulation Europäisches Parlament und wünschen frohe Weihnachten!

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