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Philippinen Auslandsjahr 2014/15 · Rotary Bielefeld Süd / Rotary Bacolod North · Tom Loose

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PhilippinenAuslandsjahr 2014/15 · Rotary Bielefeld Süd / Rotary Bacolod North · Tom Loose

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Warum die Philippinen? Die Philippinen waren mein Erstwunsch und ich binfroh, dass es auch mein Zielland geworden ist. Ichdachte, ich entscheide mich für ein Land, das nichtso viele wählen. Es gab einen Platz und ich war dereinzige Bewerber – Glück gehabt! Für die Entscheidung hatte ich mir im Vorfeld viel Zeitgenommen und intensiv recherchiert. Letztendlichwar es eine Liste mit „Für und Wider“, die mirhalfen eine Wahl zutreffen. Die Amtsspracheauf den Philippinen ist Englisch und da ich nichtso sprachbegabt bin, war es ein Aspekt fürdieses Land, dass ich keine vollkommen neueSprache lernen musste. Außerdem ist der Na-tionalsport Basketball, mein favorisierter Sport alslangjähriger Spieler und Trainer. Der größte Teil derPhilippinen sind Christen, sodass ich davon ausge-hen konnte, dass die Werte und Normen dendeutschen Werten ähnlich sind. Auch mit dem Essenhatte ich kein Problem: Ich liebe Reis. Zum Glück,denn der wurde während meines Auslandsaufen-thaltes ein täglicher Bestandteil unserer Mahlzeiten.Nicht zuletzt war es aber das Land an sich, mitseinen 7107 Inseln, der seltenen Tierwelt (ganzbesonders der Koboldmaki und der Philippine-nadler) und dem immer warmen Klima, was michfaszinierte. Mehrere Gespräche mit Menschen vonden Philippinen, die ich im Vorfeld in Bielefeld ken-

nengelernt hatte, bestärkten mein Interesse an einemAuslandsjahr auf den Philippinen dann noch einmal.Die Vorbereitungswochenenden, besonders dasSeminar in Heidelberg für alle Outbounds für asiatis-che Länder, bereiteten mich gut auf mein Austausch-jahr vor. Zum Beispiel schrieben wir Postkarten anuns selbst, die uns nach dem Jahr zugeschickt wur-den. Unsere Wünschen und Vorstellungen für den

Auslandsaufenthalt nach der Rückkehr zu lesen,war spannend. Alles, bis auf den Wunsch „aufeinem Elefanten zu reiten“, konnte ich auch tat-sächlich umsetzten. Trotzdem werden viele Re-bounds meine Erfahrung teilen, dass die erstenIdeen und Vorstellungen vom eigenen Ausland-

sjahr nicht unbedingt der Realität entsprechen –Vieles ist doch ganz anders. Diese Erfahrungen sel-ber machen zu können verdanke ich Rotary Interna-tional – herzlichen Dank dafür!

Erster KontaktIm Mai 2014 nahm die erste Gastfamilie Kontakt zumir auf. Nun wusste ich, dass Bacolod auf der InselNegros im nächsten Jahr meine Zuhause sein würde.Der gastgebende Club war Bacolod Nord im Distrikt3850. Die gemailten Fotos gaben mir einen erstenEindruck von meiner neuen Familie. Außerdemschrieb ich mit meiner Gastschwester Alexa. Wirkommunizierten in Englisch und ich muss an dieserStelle ehrlich zugeben, dass meine Englischkennt-nisse damals zu wünschen übrig ließen. Die Men-schen auf den Philippinen sprechen durchweg eingutes Englisch, denn der Unterricht in den Schulenwird auf Englisch gehalten - neben Filipino ist das dieAmtssprache. Ich selbst brauchte mehrere Monate,um gut mit ihnen kommunizieren zu können.

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AnkunftAm 25. Juli 2014 verabschiedete ich mich in Düssel-dorf von meiner Familie und bestieg zum ersten Malin meinem Leben ein Flugzeug. Die erste Heraus-forderung bestand darin in Manila vom Interna-tionalen Flughafen zum Inlandsflughafen zukommen. Vollkommen übermüdet und aufgeregt lan-dete ich nach 22 Stunden am 26. Juli um 20:55 Uhrin Bacolod. Am Flughafen wurde ich von meinemCounselor, meiner Gastfamilie und anderen Out-bounds (Noah aus der Schweiz und Soline ausFrankreich) herzlich empfangen. Nach einer kurzenStadtrundtour stand ein offizielles Festessen voneinem der einflussreichsten Geschäftsmänner aus Ba-colod auf dem Begrüßungsprogramm. Ich kann mirvorstellen, dass der erste Eindruck den ich hinter-lassen habe etwas seltsam war – ein leicht ver-wirrter, sehr ruhiger Junge aus Deutschland.

Meine FamilienIn meinem Auslandsjahr hatte ich zwei Gastfamilien.Jetzt im Nachhinein kann ich sagen, dass sie ganzunterschiedlich waren, sowohl in ihren Familienstruk-turen als auch ihrem Alltag – und es war toll beideErfahrungen machen zu können.Meine erste Gastfamilie lebt in Ayala North Point,einem abgesicherten Reichenviertel außerhalb vonBacolod. Mein Gastvater Dr. Reyes (so wird er vonallen, auch den Kindern und seiner Frau, genannt)stammt aus ärmeren Verhältnissen und hat viel dafürgetan, dass er Arzt werden konnte. Er war der ersteUrologe (Facharzt) in Bacolod und hat sich alsSpezialist einen Namen gemacht. Jetzt operiert er inmehreren Krankenhäusern und ist oft im Ausland aufinternationalen Kongressen. Einmal durfte ich ihn zueinem dieser Kongresse nach Manila begleiten, eswar meine erste Tour. Wir wohnten im teuersten undschönsten Hotel der Philippinen, haben einige Ten-nisprofispieler der Weltranglisten getroffen, supergegessen und die Sehenswürdigkeiten Manilas be-sucht. Im November 2014 war Dr. Reyes mit meiner Gast-mutter Sarah auf einem Kongress in Berlin. Sie kom-binierten diese Reise mit einem Besuch in Bielefeld,so dass ich ihnen Weihnachtsgeschenke für meineFamilie mitgeben konnte. An Weihnachten konnte

ich dann per Skype (in Bacolod war es mitten in derNacht) zusehen wie meine ganze Familie meineGeschenke auspackte – das war ein tolles Gefühl.Mein Eindruck war, dass sich meine Gasteltern undmeine Eltern sehr gut verstanden. Auf jeden Fallluden sie meine Eltern auch auf die Philippinen einund Sabine, meine Mutter, und meine großeSchwester Kim haben das Angebot tatsächlichangenommen. Durch Dr. Reyes Hilfe konnte Kim imMärz 2015 Famulatur in einem Krankenhaus in Ba-colod machen. Sabine kam mich in den Osterferienbesuchen. Die Zeit zum Reisen und für Un-ternehmungen nutzten wir hauptsächlich mit meinerersten Gastfamilie. Ich hatte vier Gastgeschwister, drei ältere Brüder(Ralph, Kevin und Laurence), die in Manila Medizinstudieren und eine jüngere Schwester (Alexa), dieeinen Monat nach meiner Ankunft für ein Jahr nachDeutschland (Oldenburg) ging, außerdem dreiHelferinnen und zwei Hunde. Im ersten Monat wares Alexa, die mir half mich einzuleben. Wir habenviel gemeinsam unternommen, auch mehrere Reisenzu den schönen Nachbarinseln. Alexa hatte bereitsein wenig Deutsch gelernt und fragte mich die ganzeZeit über Deutschland aus – denn sie war natürlichschon ganz aufgeregt.

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Nach ihrer Abreise war ich die meiste Zeit mit denHelferinnen allein zu Hause, denn Dr. Reyes arbeit-ete immer lange und Sarah betrieb in der Stadt dasphilippinische Restaurant Chic-Boy, eine Fran-chisekette aus Manila. Für mich war das richtig prak-tisch, weil das Restaurant direkt neben meiner Schulelag und ich sie mittags zum Essen und nach derSchule dort besuchen konnte. Nach der Schulenahm sie mich dann wieder mit zurück, denn öf-fentliche Verkehrsmittel nach Ayala gab es kaum. Mitden Helferinnen habe ich mich sehr gut verstanden,wir hatten immer viel Spaß. Üblicherweise bestehtzu den Helfern kein freundschaftliches Verhältnis, fürmich waren das aber die Menschen, mit denen ichdie meiste Zeit verbracht habe und insofern warensie mir sehr wichtig. Nachmittags machte ich meis-tens Sport im Clubhaus in Ayala. Dort gibt es eineeigene Clubanlage nur für die Anwohner, mit Poolan-lage, Tennisplätzen, einer Basketballhalle mit

Kraftraum und einem Gelände und Räumen für Ver-anstaltungen.

Im Januar fand dann der Familienwechsel statt. Wirwaren zwei Inbounds in meinem Club. Soline kamaus Frankreich und hatte über die andere Familienicht nur Positives erzählt. Als meine Gastfamilie erstnicht wechseln wollte, war ich mit dem Vorschlagzufrieden, denn ich fühlte mich sehr wohl bei ihnen.Dr. Martin, mein zweiter Gastvater, und Soline be-standen aber auf einen Wechsel. Im Nachhinein binich sehr froh darüber meine zweite Familie kennen-gelernt zu haben und den Eindruck von Soline kon-nte ich überhaupt nicht bestätigen. Das zeigt, wiewichtig es ist, sich ein eigens Bild zu machen und sichunvoreingenommen auf eine neue Familie einzu-lassen. Tatsächlich war der Alltag in meiner zweitenGastfamilie ein ganz anderer. Die Familie ist eine der einflussreichsten Zucker-rohrplantagenbesitzer auf Negros. Die Insel ist ähn-lich wie Südamerika stark vom Zuckerrohranbaugeprägt. Der größte Unterschied zu meiner erstenGastfamilie bestand in der Familienstruktur. Dr. Mar-tins Familie ist eine große Gemeinschaft, die sichjeden Sonntag zum Familienessen trifft. Dieses wirdimmer von einem anderen Familienmitglied aus-gerichtet. Der Mittelpunkt dieser großen Gemein-

schaft sind die Großeltern. Mein Großvater war Ar-chitekt und ist ein sehr interessanter Mann, ich wargern mit ihm zusammen. Mein Gastvater ist im Un-terschied zu Dr. Reyes selber Rotarier und meinOnkel war mein Counselor. Zu ihm hatte ich allerd-ings erst ab dieser Zeit Kontakt. Erst später erkannteich, dass das Verhältnis zwischen meinen beidenGastfamilien nicht besonders gut war. So riss derKontakt zu meiner ersten Gastfamilie nach und nachab. Meine zweiten Gasteltern sind von Beruf beideZahnarzt. Dr. Martin hat seine Praxis in Bacolod undseine Frau Ferlinda ihre Praxis in Manila. Sie habendrei Mädchen. Die älteste Nya studiert in Manila,die zweite Eny war mit Rotary in Frankreich und diejüngste Martina (sie war erst 11 Jahre alt) geht inManila zur Schule. Das heißt ich war die meiste Zeitmit meinem Gastvater allein zu Hause. Das Hausliegt direkt in der Stadt, ganz in der Nähe meinerSchule. Es ist ebenfalls ein umzäuntes Areal, indemauch meine Tante mit ihrer Familie wohnt. Das Hausist sehr speziell, die Wohnräume sind offen und bloßdurch Metallgitter gesichert, nur die Schlafräumeund Bäder sind gemauert und haben Fenster-scheiben. Das heißt, es gab einige unerwünschteTiere wie Kakerlaken und Ratten im Haus. Ich be-wohnte das Gäste-/Spielzimmer mit eigenem Bad. Dr. Martin hat zwei Helferinnen, eine Nany für

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meine Schwester Martina und Aini – sie ist klasse.Dr. Martin finanziert ihre Ausbildung. Morgens be-suchte sie das College, wo sie während meinesAufenthaltes ihren Abschluss machte, und in der übri-gen Zeit kümmerte sie sich im Gegenzug um denHaushalt und die Wäsche. Die Familien haben keineWaschmaschinen, stattdessen waschen die Helferin-nen die Wäsche. Dr. Martin war selten zu Hauseund ich wusste meistens gar nicht wo er sich aufhielt.Deshalb hatte ich auch in dieser Familie den inten-sivsten Kontakt zu den Helferinnen. Beide Familienhatten total fitte Helferinnen, die auch Englischsprachen und im Grunde genommen den ganzenHaushalt managten. Bei Dr. Reyes war das Carmen,sie ist der Boss im Haus, hat die Kinder groß gezo-gen, das Chic-Boy gemanagt und gleichzeitig alsSekretärin in Dr. Reyes Klinik gearbeitet. Die meistenHelferinnen sind allerdings sehr jung, sprechen kaum

Englisch und haben spezielle Aufgaben wie denGarten pflegen, auf den Märkten einkaufen,Mahlzeiten zubereiten, das Haus sauber halten oderals Chauffeur die Familienmitglieder fahren. In meiner zweiten Familie hatte ich viel freie Zeit, weilich zum einen direkt an der Schule wohnte, sodassdie Fahrzeiten wegfielen und zum anderen ab Märzbereits keine Schule mehr hatte. Ich habe viel mitdem Sohn des Fahrers gespielt oder mit Martina,wenn sie in Bacolod war. Außerdem hatte ichendlich den Hund, den ich mir schon immer gewün-scht hatte. „DoggieDoggie“ war mein ständiger Be-gleiter, der auch mit in meinem Zimmer schlief undsich immer freute und mich begrüßte, wenn ich nachHause kam. Ihn habe ich nach meiner Rückkehr nachDeutschland besonders vermisst.Ich bin froh, dass ich in meine zweite Gastfamilie erstkam, nachdem ich bereits viele Freunde gefundenhatte und mich schon in Bacolod auskannte. So kon-nte ich die Freiräume nutzen und meine Tage selbstplanen. Ich wurde dort versorgt, war aber nicht wirk-lich ein Familienmitglied und wurde auch nichtregelmäßig zu Familienfeiern mitgenommen. Reisenwurden immer ohne mich geplant. Das änderte sichschlagartig, als ich Scott und Jean, Dr. Martins Groß-cousine, kennenlernte. Sie hat lange in Amerikagelebt und ist mit Scott (einem Amerikaner) ver-

heiratet. Scott war bei einer Spezialeinheit und istnach 20 Jahren Militärdienst in den Ruhestandgegangen. Seither leben beide auf den Philippinen.Durch sie lernte ich in den letzten sechs Wochennoch einmal ganz andere Menschen und Lebensver-hältnisse kennen. Ich war fast täglich mit ihnenzusammen, begleitete sie einmal die Woche zu einerBibelstunde und unternahm Reisen. Scott und Jeanhaben mich wie ihren eigenen Sohn aufgenommen.Wir haben abgesprochen, dass ich nach meiner Aus-bildung in Deutschland in Bacolod den Pilotenscheinmache und bei ihnen wohnen werde. Mit Scott habeich mir die Schule bereits angeschaut, den Aufnah-metest gemacht und die Zugangsberechtigung schonbekommen.In diesem einen Jahr habe ich ganz unterschiedlicheFamilien kennengelernt. Und auch wenn man lieberan gewohnten Verhältnissen festhalten möchte, ist einFamilienwechsel eine tolle Chance neue Menschenund Lebensverhältnisse kennenzulernen. Erstdadurch konnte ich mir ein eigenes, umfangreichesBild von dem Leben auf den Philippinen machen.Bacolod den Pilotenschein zu machen und bei ihnenzu wohnen. Mit Scott habe ich mir die Schuleangeschaut, den Aufnahmetest gemacht und die Zu-gangsberechtigung bereits bekommen.

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Feste und GebräucheAuf den Philippinen leben viele ethnische Gruppen.Allerdings sind 90 Prozent der Philippinos, geprägtdurch die Spanische Kolonialherrschaft, Christen.Auch meine Gastfamilien sind Christen. Weih-nachten wird dort wie in Amerika gefeiert: Die Wei-hnachtsgeschenke lagen erst morgens am 25.12.unter dem riesigen, künstlichen Tannenbaum. DerTag davor war eigentlich ein ganz normaler Tag.Vormittags machte ich Sport, danach aßen wir sehrgut und gingen dann um 1 Uhr in der Nacht in dieKirche. Dort wurde das Krippenspiel aufgeführt,allerdings trugen sie ein echtes Baby herein, welchesvom Pastor geküsst und in die Krippe gelegt wurde.Wir haben nur im engen Familienkreis gefeiert,Großeltern oder die Geschwister meiner Gastelternwaren nicht dabei. Die Helfer waren auch an Weih-nachten im Haus und Carmen bereitete wie immerdas Essen vor. Sie selbst saß nie mit am Tisch, son-

dern aß später mit den anderen die Reste in derKüche – ich habe mich oft zu ihnen gesetzt, weil ichmich in ihrer Gesellschaft wohl gefühlt habe. Zu Wei-hnachten hatte ich den 25 Helferinnen und Sicher-heitsleuten kleine Geschenke gemacht. Sie warenetwas überrascht, haben sich aber sehr über dieseAufmerksamkeit gefreut. Dr. Reyes dagegen fand dieGeste seltsam – es ist einfach nicht üblich Angestell-ten etwas zu schenken. Ich hatte mich dafür entsch-ieden, weil mir diese Menschen sehr wichtig warenund ich ihnen das zeigen wollte. Ich verbrachte vielmehr Zeit mit ihnen als mit meiner Gastfamilie. Allesin allem kam bei mir schon durch die Hitze keinrichtiges Weihnachts- oder Silvesterfeeling auf. Geburtstage werden auf den Philippinen sehr großgefeiert und ich durfte einige miterleben. Kinderge-burtstage, sowie runde Geburtstage wurden immermit der ganzen Familie gefeiert. Frauen feiern ihren18. Geburtstag und die Männer den 21. ganz groß.Einen 21. Geburtstag habe ich leider nicht miterlebt,aber dafür mehrere 18. Geburtstage. Das Geburt-stagskind musste sich 18 Jungs aussuchen, die jew-eils für zwei Minuten mit ihr tanzten und im Anschlusseine kurze Rede hielten. Dabei benennen Sie wasdas Besondere an dieser jungen Frau ist und gebenihr viele gute Wünsche mit auf den weiterenLebensweg.

SchuleDie Schule, die ich während meiner Zeit auf denPhilippinen besuchte, ist die University of St. La Salle.La Salle ist High-School und College zusammen unddementsprechend groß. Wie die Philippinen an sich,ist auch das Schulsystem sehr amerikanisch geprägt.Beispielsweise wird der gesamte Sport über dieSchulen organisiert. Was der American Football anamerikanischen High-Schools ist, ist auf den Philip-pinen Basketball und Badminton. An meiner Schule,einer Privatschule, die sich nur sehr wohlhabendeFamilien leisten können, gibt es sehr gute Teamsdieser beiden Hauptsportarten. Ein weiterer Schw-erpunkt ist das Tanzen - ich habe viele begeisterteHip-Hop-Tänzer und Cheerleader getroffen.Eigentlich sollte ich in meinem Auslandsjahr das Col-lege besuchen, also unter Gleichaltrigen sein. Dasswir Inbounds dann auf die Highschool geschickt wur-den, machte mir persönlich nichts aus. Zu Beginn desSchuljahres schrieben wir fünf Austauschschüler alleeinen Einstufungstest, der entschied, welche Kursewir belegen sollten. In meiner ersten Klasse lernte ichNoah kennen. Anfangs wusste ich nicht, dass er ausder Schweiz kommt und als ich das irgendwann her-ausfand, sprachen wir natürlich viel Deutschmiteinander. Für den Einstieg in einem fremden Landwar das praktisch. Besonders weil mein Englisch

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nicht war gerade gut war, aber der gesamte Unter-richt in der Schule auf Englisch gehalten wurde. AufDeutsch konnten wir uns viel leichter verständigen.In dieser Zeit kamen die anderen bei unserenSpäßen oft nicht mit, denn sie verstanden nicht waswir sagten. Andersherum war das so, wenn meineMitschüler Philippinisch untereinander sprachen unduns damit ein Stück weit ausgrenzten. Deshalbbeschlossen Noah und ich nach zwei Monaten,dass wir nur noch auf Englisch miteinander sprechenwollten. An diese Abmachung hielten wir uns dannauch. Gleichzeitig wechselte ich in eine Klasse, inder ich der einzige Austauschschüler war. Für dieMenschen um uns herum war das viel angenehmerund mein Englisch verbesserte sich plötzlich sehrschnell.Ein wichtiger Bestandteil des Schulalltages ist derchristliche Glaube. So startet jeder neue Tag miteinem morgendlichen Gebet. Pünktlich um 7.30schließt die Schule ihre Tore und es wird für 20

Minuten gebetet. Alle stehen dann der philippinis-chen Flagge zugewandt und keiner macht ein lautesGeräusch, jeder betet für sich allein. Auch die erstenund letzten fünf Minuten jeder Unterrichtseinheit sindfür ein kurzes Gebet reserviert. Das Gleiche imSchulsport und vor dem Essen. Natürlich gab esauch ein paar Muslime, aber geprägt ist die philip-pinische Kultur durch den katholischen Glauben.Mit meiner Klasse oder manchmal der ganze Schulemachten wir Schülerinnen und Schüler ab und zukleinere Projekte. Neben Ausflügen in Museenwaren das auch allgemeinnützige Aktionen, wieKinderheime zu besuchen, wo wir dann Kleidungund Essen verteilten. Die Schule war für mich der ideale Ort, um Kontaktezu knüpfen. Ich lernte viele tolle Menschen kennen.Leider liegt das Haus meiner ersten Gastfamilieetwas außerhalb von Bacolod, weshalb ich an denNachmittagen nicht so viel mit meinen Schulkamer-aden unternehmen konnte. Meine zweite Gastfamilielebte dafür ganz in der Näher der Schule. Dadurchwurde mein Schulweg viel kürzer, aber weil sichmein Jahrgang im Februar auf die Abschlussprüfun-gen vorbereitete und im März schon Ferien waren,konnten wir am Ende auch nicht so viel gemeinsamunternehmen.

Rotary, Rotaract und RotexMein gastgebender Club war der Rotary Club Ba-colod Nord im District 3850. Soline und ich warendie einzigen Inbounds dieses Clubs. Jeden Mittwochfand ein Rotary-Treffen statt, wir nahmen aber nichtregelmäßig daran teil, sondern wurden spezielldazu eingeladen. Zu Beginn jedes Treffen wurdeimmer erst gebetet. Ein weiteres Ritual war, dassimmer ein Mitglied des Clubs ein Lied mitbringen undvorsingen musste. Ich war natürlich auch einmal dranund sollte ein deutsches Lied vorsingen. MeinePräsentation über Deutschland hielt ich bereits im er-sten Monat und bekam von einem Rotarier aus derSchweiz viele Fragen über die NS-Zeit gestellt. Aberviele Antworten wusste er sogar besser als ich.Rotex oder Rotaract gab es in meinem Distrikt nichtbzw. sie waren nicht aktiv. Deshalb fanden auchkeine Reisen oder gemeinsame Wochenenden statt.Wir Inbounds haben aber gemeinsam mit unserenGasteltern eine zehntägige Reise zu einigen Se-henswürdigkeiten auf den Philippinen organisiert.Dabei wurden wir von einer Reiseführerin begleitet,die uns viel zeigte und erzählte.

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Das Highlight für die Rotarier war die dreitägige Dis-triktkonferenz im März mit Gary C.K. Huang, demPräsident von Rotary International aus Taiwan. JederTag stand unter einem anderen Motto und alle Teil-nehmer_innen mussten sich zum Dinner de-mentsprechend verkleiden. Mexico lautete das erstMotto, am zweiten Tag sollten wir Masken tragenund der dritte Tag war als Verabschiedung demPräsidenten meines Distriktes gewidmet. Während meines Aufenthaltes fanden auch einigesoziale Projekte statt. Allerdings nicht, wie ich mir dasin Deutschland vorgestellt hatte, in den vom Taifunzerstörten Landstrichen. Nur einmal brachten wir einWochenende lang an einer wieder aufgebautenSchule Solarpatten an. Ansonsten fuhren wir oft stun-denlang irgendwo hin, um kurze Aktion wie Bäumezu pflanzen, dann einige Fotos zu machen und eine

Hühnersuppe mit Reis zu essen. Das Ganze war alsoeher eine Geste, als dass es die Menschen unter-stützt hätte. Anders war es bei einem medizinischenEinsatz im Landesinneren. Dr. Reyes versorgtengemeinsam mit anderen Kollegen die Menschen, dieansonsten keine Möglichkeit hatten zu einem Arzt zugehen. Meistens mussten Entzündungen behandeltund kleine Operationen durchgeführt werden. Zusehen, dass nicht weit von Bacolod entfernt, die Men-schen in totaler Armut und ohne medizinische Ver-sorgung leben und von dort auch niemalswegkommen, war sehr erschreckend für mich. Zu meinem Counselor hatte ich erst Kontakt als ichin meiner zweiten Gastfamilie gewohnt habe. Zu derZeit hat er mich mehrfach auf seine Zuckerrohrplan-tage mitgenommen. Mit ihm war ich auch bei Hah-nenkämpfen, die eine große Tradition auf denPhilippinen haben. Man wettet auf den Gewinner-hahn wie bei uns auf Pferde. Die Hähne sind sehrwertvoll und werden extra dafür gezüchtet. DieHähne werden wie Hunde angeleint und haben jew-eils eine eigene kleine Hütte in einem großen Ab-stand zueinander. Manchmal sieht man Felder mitmindestens 50 Hühnerhäusern.

Bei Problemen waren immer meine Gastväter meineersten Ansprechpersonen, nicht mein Counselor. Erwar eher für die finanziellen Belange zuständig, wiedie Kosten für die Visaverlängerungen und die Über-nahme meines verspäteten Rückfluges. Ich war miteinem Touristenvisum eingereist, das laut Aussageund mit detaillierten Instruktionshinweisen derBotschaft in Berlin, in Bacolod in ein Jahresvisumumgewandelt werden musste. Das wurde allerdingsnicht so umgesetzt und ich musste alle zwei Monatezum Immigration Office und ein neues Touristenvisumbeantragen. Das nahm nicht nur immer einenganzen Tag in Anspruch, sondern kostete auch vielGeld. Durch Dr. Reyes Einsatz übernahm zum Glückder Club die Kosten dafür. Dieses Touristenvisum warauch der Grund, warum ich am Ende meines Aus-landsjahres nicht ausreisen durfte und eine Wochein Manila festsaß, bis ich alle notwendigen Papierebekommen hatte. Das war ein weniger schönes Er-lebnis, aber ich habe es gemeistert und nach dieserWoche auch keine Angst mehr vor unvorhergese-henen Situationen.

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SportVor meinem Auslandsaufenthalt war ich in Deutsch-land sportlich sehr aktiv. Natürlich wollte ich das aufden Philippinen unbedingt weitermachen und hattedas Glück, dass es in Ayala, dem Viertel meiner er-sten Gastfamilie und in den benachbarten Reichen-vierteln je ein Clubhaus mit Poolanlagen undTennisplätzen gab. Dort war ich fünfmal in derWoche Schwimmen oder spielte mit Noah Bad-minton. Außerdem hatten die Einwohner des Viertelsein Basketballteam gebildet und trainiertenregelmäßig auf der Anlage. Sie alle konnten gut Bas-ketball spielen und ich trainierte jeden Tag mit ihnen,unter ihnen waren auch einige Ärzte, ehemalige Col-lege- und Bundesligaspieler. Leider durfte ich bei denTurnieren nicht mitspielen, weil sie das Bild im Kopfhatten, dass ich aufgrund meiner hellen HautfarbeAmerikaner sei und dementsprechend ein Basketball-profi. Außerdem schloss ich mich dem Schulteam derHighschool an, mit dem ich in den ersten Wochenauf den Philippinen intensiv trainierte. Auch hierdurfte ich das Team bei Turnieren undMannschaftsspielen nicht unterstützen - dazu mussman die Schule schon für ein Jahr besuchen. MeineLust ließ deshalb nach einigen Monaten nach, ich

wollte nicht nur trainieren. Stattdessen schaute ichmich nach einem Tennisverein um und durfte sogarmit den 10 besten Tennisspielern meiner Altersklassetrainieren. Nach einiger Zeit wurde mir das aber zuteuer, denn auf den Philippinen muss man viel dafürbezahlen, wenn man in einem Verein spielt. Nor-malerweise wird der Sport nämlich über die Schuleorganisiert.Dann habe ich meine Gastfamilie gewechselt undnah an der Schule, aber weit weg von dem Hausmeiner ersten Familie gewohnt. Das Clubhaus konnteich dann natürlich nicht mehr so einfach nutzen.Stattdessen begann ich viel zu reisen und entdeckteneue, tolle Möglichkeiten. Mein Eindruck war, dassdiese Möglichkeiten von den Menschen kaumgenutzt werden, entweder weil sie diese nicht ken-nen oder die Ärmeren sie sich nicht leisten können.So erfuhren Noah und ich erst nach einem halbenJahr von der Wasserskianlage in der Nähe. Da-raufhin packten wir uns häufig etwas zu Essen einund verbrachten den halben Tag bei der Anlage. Dass ich nicht von den Philippinen komme fiel schondurch meine helle Hautfarbe und meine mäßigen En-glischkenntnisse auf. Gerade in einer Stadt wie Ba-colod, in die es nur wenige Touristen verschlägt, istein ausländischer Jugendlicher eine Seltenheit.Dadurch wurde ich oft angestarrt oder einfach so

angesprochen. Zum Beispiel kam ich mit den Mitar-beitern eines Ladens für Mountainbikes insGespräch. Am Ende durfte ich mir ein nagelneuesRad von ihnen leihen und wir waren mehrmalszusammen mountainbiken. Bei einer dieser Tourenwurden wir unterwegs vom Militär angehalten undkontrolliert. Der bewaffnete Trupp war auf der Suchenach einem geflüchteten Gefangenen und durch-suchte uns alle. Anfangs fühlte ich mich angesichtsder Maschinengewehre sehr unwohl. Die Soldatenwaren aber locker und wollten dann sogar nochFotos mit mir machen. Eine Sache, die ich mittler-weile aus Bacolod gewohnt war. Pro Tag wurde ichbestimmt 15 mal gefragt, ob jemand ein Selfie mitmir machen könnte. In der ersten Zeit war das eingutes Gefühl, aber irgendwann nervte es mich nurnoch an.Abgesehen vom Mountainbiken, Wasserski fahrenund vereinzeltem Basketballtraining machte ich beimeiner zweiten Gastfamilie sehr wenig Sport. Ichmerkte, wie sehr mir die Bewegung als Ausgleichfehlte. Scott nahm mich deshalb einen Monat langin ein Fitnessstudio mit und trainierte sehr hart mit mir.In der übrigen Zeit kompensierte ich den Sportindem ich viel unterwegs war, mehr als zu Beginnmeines Auslandsaufenthalts - denn mittlerweile kan-nte ich mich in Bacolod gut aus.

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ReisenMeine erste Reise machte ich gemeinsam mit NoahsGastfamilie. Wir wohnten direkt am Strand vonSipalay und hatten ein sehr schönes Ferienhaus. Eswar ein Traum für Noah und mich, weil wir noch nieso warmes, klares Wasser und so wunderschöne Fis-che gesehen hatten. Oft fuhren wir mit dem Boot rausaufs Wasser, schauten uns die kleinen Inseln an odergingen tauchen. Zurück in Bacolod wollte ich unbe-dingt mehr von den Philippinen sehen, leider ist esdir als Inbound nicht erlaubt allein umherzureisen.Darum begann ich erst einmal die Stadt zu erkundenum bei Hilfsprojekten mitzumachen. Ich verbrachteaber auch schöne Strandtage in Iloilo auf der InselPanay, die eine Stunde Bootsfahrt entfernt lag. In denzwei Wochen Schulferien fuhren wir Aus-tauschschülern nach Boracay, die Partyinsel derPhilippinen. Dort genossen wir das warme Wasser,gingen feiern, tauchen und machten eine Wan-derung zum höchsten Punkt der Insel.

Kurz vor Weihnachten flog ich mit meinen erstenGasteltern nach Manila. Ich wollte unbedingt dieHauptstadt der Philippinen kennenlernen und meinVater hatte dort eine Konferenz, zu der wir ihn be-gleiten durften. Zur gleich Zeit fand in der Stadt einTennisshowmatch statt und ich lernte einige Tennis-profispieler kennen, die im selben Hotel wie wir un-tergebracht waren. In Manila gibt es vieleSehenswürdigkeiten und ich hatte sehr viel Zeit mirdie Stadt anzuschauen, weil wir auf dem Weg dor-thin sehr häufig im Stau standen. Nachdem ich meine Gastfamilie gewechselt hatte,reiste ich dann viel öfter umher. Mit den anderenAustauschschülern fuhren wir nochmal nach Siplalayund auf eine Privatinsel, auf der es keinen Strom gab.Wir schliefen Mitten im Wald in Hängematten undkonnten abends den vielen Tierstimmen um unsherum lauschen. Noah und ich machten einegemeinsame Kanutour einmal um die Insel. Dabeisahen wir Tiere, die man sonst nur aus Büchern kennt- gigantische Schlangen und gefährlichen Affen,aber auch riesige Fledermäuse und große Spinnen,vor denen wir ziemliche Angst hatten.Mit einem Rotarier machten wir dann einige Tagespäter eine große Reise zu den Sehenswürdigkeitender Philippinen. Zuerst flogen wir nach Cebu, wo wirmit Walen schwammen und dann ging es weiter

nach Bohol, uns die bekannten Schokoladenhügelanschauen. Außerdem konnten wir Mitten auf demoffenen Meer Delphine beobachten und auf Coroneinen großen Wasserfall und heiße Wasserbeckenbestaunen. Von dieser Tour ist mir besonders diebunte Unterwasserwelt in Erinnerung geblieben.Jede Insel hat ihre eigenen Spezialitäten und wir kon-nten verschiedene Früchte und Speisen testen.Kurz vor Ende meines Auslandsjahres nahmen michScott und Jean mit nach Palawan. Dort fuhren wir zudem Undergroundriver, der als eines der siebenWeltwunder gilt. Außerdem besuchten wir eineKrokodilfarm und ein Gefängnis, was auf einergroßen Insel lag. Den Gefangenen vieler ver-schiedener Inseln stand ein sehr großes Gelände zurVerfügung, auf dem sie sich frei bewegen durften.Während ihrer Haft sind sie in verschiedenen Ar-beitsgruppen organisiert. Beispielsweise im Zucker-rohranbau, bei Tanzgruppenaufführungen oder siestellten Hüte und T-shirts her. Zehn Prozent des Er-trages dürfen sie dann selbst behalten und nachdemsie ihre Zeit abgesessen haben können sie sogar einStückchen Land auf dieser Insel bekommen.Diese Reisen trugen auf jeden Fall dazu bei, dass ichdie Vielfalt der philippinischen Kultur und Natur undauch Menschen aus ärmeren Verhältnissen samtihrer Lebensweise kennenlernte.

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Meine ErfahrungenIn einem Auslandsjahr gibt es natürlich Höhen undTiefen. Zu meinen Herausforderungen gehörten zumeinem der Aufenthalt im Krankenhaus nur zweiWochen nach meiner Ankunft. Ich hatte 42°Fieberund wurde eine Woche lang von den Ärzten unter-sucht, die Ursache fanden sie aber nicht heraus. InDeutschland war ich noch nie für längere Zeit ineinem Krankenhaus gewesen, deshalb war ich froh,dass der Bruder meines ersten Gastvaters rund umdie Uhr auf mich aufpasste. Komischerweise bekamich häufig Besuch von fremden Leuten - Ärzte undPfleger von anderen Stationen und Menschen, dieeinen kurzen Blick auf den hellhäutigen Jugendlichenwerfen wollten. Durch meine Hautfarbe fiel ich tat-sächlich auf und wurde auch anders behandelt alsein normaler philippinischer Jugendlicher. Auf der anderen Seite war das Ende meines Aus-landsjahres, die Erfahrung nicht in das Flugzeugsteigen zu dürfen, sehr prägend für mich. Ein weiteres einprägsames Erlebnis war der Boxwet-tkampf im Schwergewicht zwischen den Philippinenund den USA. Er wurde auf den Philippinen ausge-tragen und alle Philippinos verfolgten diesen Kampflive im Fernseher. Während dieser Zeit war keinMensch auf der Straße zu sehen und auch danach

war die Stadt mehrere Stunden lang wie leer gefegt.Das lag an der Niederlage des philippinischen Box-ers, welche die Menschen auf den Philippinen sotraurig machte, dass sie erst einmal keine Lust hattenzu arbeiten - und das bei Menschen, die ich sonstimmer nur glücklich erlebt habe!Während meines Auslandsaufenthaltes ermöglichtemir der freundschaftliche Kontakt zu der Security inAyala, den Helferinnen und Helfern in meinen Gast-familien und auch zu meinen Mitschülerinnen undMitschülern die tolle Möglichkeit, einen Einblick indas alltägliche Leben der Menschen auf den Philip-pinen zu bekommen. Menschen, die nicht zu denwenigen reichen Familien dort gehören. Der Unter-schied ist sehr deutlich und viele Wohlhabenderelegen viel Wert auf diesen Unterschied. So stammtDr. Reyes eben nicht aus einer angesehenen Familieund musste stark kämpfen, um einen Platz und dasentsprechende Ansehen in der gehobenenGesellschaft zu bekommen. Ich habe viele unterschiedliche Menschen kennen-gelernt und am liebsten verbrachte ich meine Zeit mitden Leuten, die ehrlich und echt waren und aus sichheraus Zeit mit mir verbringen wollten. Menschenwie Scott, die Freude an meiner Gesellschaft hatten.Für ihn war ich nicht nur wegen meiner Hautfarbe in-

teressant oder weil er sich verpflichtet fühlte, sich ummich zu kümmern. Er ist einer der Menschen, diemein Auslandsjahr nachhaltig geprägt haben. Im Vorfeld des Auslandsjahres hatte ich bereits vielüber das Land recherchiert um eine Vorstellung vonden Philippinen zu bekommen und mich auf die Er-fahrung vorzubereiten. Die ersten tatsächlichenBilder waren trotzdem erschreckend für mich. Soviele Menschen, der krasse Verkehr und der extremeUnterschied zwischen Arm und Reich – so wie eswar hatte ich mir das nicht vorgestellt. Meine ersteGastfamilie gab mir einen geschützten Rahmen, indem ich mich zunächst eingewöhnen konnte. Ayalabot mir die Möglichkeit, mich von dem turbulentenAlltag in der Stadt und dem Schulleben zurück-ziehen, Sport zu treiben und mich zu sortieren. In derzweiten Gastfamilie hatte ich mich dann bereits guteingewöhnt, kannte mich in der Stadt aus und hattekeine Angst vor neuen Situationen. Im Nachhineinmuss ich sagen, dass ich sehr viel Glück hatte undaus jeder Situation das Beste gemacht habe.

Page 12: Auslandsjahr 2014/15 · Rotary Bielefeld Süd / Rotary ... · PDF fileEindruck von meiner neuen Familie. ... Schwester Kim haben das Angebot tatsächlich ... Haushalt und die Wäsche.

Salamat!