Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

download Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

of 24

Transcript of Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    1/24

    Vorrede

    Das Problem einer Wissenschastheorie als Philosophie undNietzsches Frage nach der Grundlegung

    Wo Kant als Begrnder der modernen philosophischen Kritik die Absichthatte, die Grundlagen der Mglichkeit einer jeden knigen Metaphy-sik auzuzeigen, die als Wissenscha wrde aureten knnen, artikuliertNietzsches Kritik die Grundlegung r jede Wissenschastheorie, die alsPhilosophie aureten und Philosophie bleiben kann. Eine kritische, reek-tierte Wissenschastheorie zu etablieren, ist nur als Philosophie mglich,whrend das, was manPhilosophy of Science also deutsch: Wissenschas-

    theorie im traditionell analytischen Sinn genannt hat, tatschlich keinePhilosophie ist.Aber was knnte als kritische, reektierte Wissenschastheorie im

    Sinne einer genuinen Philosophie zhlen? Das Ideal eines kritischen,reektierten Diskurses ist immer noch eine quivoke Bestimmung. Denneinerseits mag Kritik nichts anderes bedeuten als die begrenzte Analyseirgendeines zugrundeliegenden Gegenstandes, die sich in den Grenzenvon dessen Gegenstndlichkeit bewegt. Doch andererseits, und das ist die

    weitergehende Annahme dieser Studie, wre es auch mglich, Kritik bzw.philosophische Analysesthetisch auzuassen, ohne die im Sinne Kantsrationalistischen, rein kognitiven Festlegungen. Eine solche phnomeno-logische Kritik wrde die Beschrnkungen einer partikular konstituiertenGegenstndlichkeit berschreiten und, so behaupte ich: nur in dieser Radi-kalitt kann eine Wissenschastheorie ihrem Namen gerecht werden.

    Nun ist es gerade die Pointe des Nietzscheschen Perspektivismus, dassweder die reektierende berschau noch der Gegenstand der Philosophie

    der Wissenscha (bzw. Wissenschastheorie) au die Wissenscha begrenztsein dren. Der Fragende muss an einem geeigneten Ausgangspunkt und

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    2/24

    2 Vorrede

    au einer angemessenen Grundlage beginnen, und diese Grundlage eror-

    dert, wie uns Heideggers Phnomenologie des Fragens lehrt, eine Betrach-tung des Wesens des Fragenden selbst. Im selbstkritischen Vorwort zurGeburt der Tragdie bekundet Nietzsche die Einsicht, dass das Problemder Wissenscha gerade nicht au dem Boden oder au der Grundlageder Wissenscha erkannt werden kann. Aus dieser Perspektive bestimmtNietzsche das Unternehmen, welches sein ganzes Leben lang andauernsollte, als eine Beragung des Wesens der Wissenscha unter der Optikder Kunst. Und wenn, noch jenseits der Frage nach dem Wesen der Wis-

    senscha unter der Optik der Kunst, Nietzsche sich gezwungen sieht,die Kunst unter der Optik des Lebens zu untersuchen, dann betont jeneweitergehende Bewegung den gebrochenen, reexiven Bezugscharakter, indem die tieere Bedeutung von Nietzsches Perspektivismus liegt.

    Der traditionellen und gegenwrtigen Wissenschastheorie ehlt einekritische, refektierte Ausrichtung an der Wissenscha, obwohl sie selbstdurch ihren Bezug zur Wissenscha defniert ist. Ich bin der Auassung,dass eine philosophische Herangehensweise zumindest kritische Reexi-

    vitt ordert. Fehlt eine solche Reexivitt, dann ehlt der Wissenschas-theorie genau jene philosophische Disposition. Entsprechend berrascht eskaum, dass wir die Wissenschastheorie ber Jahrzehnte hinweg in einemStadium derKrise erlebt haben, also im (noch ungeklrten) bergangzwischen alten, positivistischen, logisch-linguistischen, analytischen undneuen historischen, hermeneutischen Spielarten. Dies ist eine Krisis derSelbstidentifkation. Die Identittskrise in der Wissenschastheorie bestehtnicht etwa darin, dass man die Perspektive, aus der heraus Wissenschas-

    geschichte geschrieben werden kann,alschidentifzierthtte dies wredie interpretatorische Frage einer exthermeneutik , und es geht auchnicht um das Wesen wissenschalicher Praxis dies wre die historischeFrage nach dem Experiment und seiner Relation zur Teorie. So wie sieinnerhalb der analytischen Tradition perzipiert und tradiert wird, ist das,

    was der Wissenschastheorie ehlt, eine eigentlicheIdentitt als Philosophie.Die Ausung dieses Problems zielt genau in das Zentrum der Trennungzwischen sogenannt kontinentaleuropischen und analytischen Erschei-

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    3/24

    Vorrede

    nungsorm der Philosophie.1 Denn ein kontinentaleuropischer, explizit

    historischer und hermeneutischer Zugang impliziert die philosophischeReexion ber Wesen und Handlungsweise der Wissenscha, weshalbein solcher Zugang eine korrigierende Artikulation einer eigentlichen undgenuinen Philosophie der Wissenscha bietet.

    Falls Nietzsches berzeugung zutreend ist und ich denke, sie istes , dann kann in Erweiterung dieses Gedankens das Problem der Wis-senschastheorie als Philosophie der Wissenscha genauso wenig au demBoden oder aus der Perspektive der Wissenschastheorie gesehen werden.

    Die Schieage, in die ein Studium von Nietzsches Reexionen ber dieWissenscha gert und die dem ersten Augenschein nach eine irrreduzibleBehinderung dar darstellt, dass das Problem der Wissenscha berhauptklar zum Ausdruck gebracht werden kann, mag somit au einen zweitenBlick einen Vorzug darstellen: da sie vielleicht den einzigen Zugang zur Wis-senschastheorie als Philosophie der Wissenscha ernet. Zu behaupten,dass ein indirekter oder kontextueller oder perspektivischer Zugang dervielleicht einzige Weg sei, eine Wissenschastheorie als Philosophie der

    Wissenscha zu verstehen, rechtertigt natrlich noch nicht die Behaup-tung, dieser Zugang konstituiere auch schon eine voll entwickelte Wissen-schastheorie. Worau im Geist der kritischen Philosophie nach Kant, imGeist einer Reexion au reektierendes Denken Anspruch erhoben wird,ist ja einzig, dass einZugangzum Problem der Wissenscha sich nur er-net, wenn er au dem Grund der Wissenscha sich artikuliert. Der Wertdes richtigen Beginnens ist so allbekannt und wird so hug betont, wiesein Ansatz selten ist. Und zum rechten Anang gehrt es, zu wissen, wo

    man anangen soll dies meint die alte philosophische Weisheit, dass Ant-worten zu erhalten nicht so wichtig ist wie die richtigen Fragen zu stellen.Aber wenn auch das Anangen bedeutsam ist, so ist es doch nicht alles. Manknnte irrigerweise solche epideiktischen Reexionen r die vorangegan-genen Betrachtungen r die Wissenschastheorie selbst halten. Diese epi-deiktischen Reexionen in Nietzsches Wissenschastheorie reprsentieren

    Siehe weiter, von der Ver., Politik und die analytisch-kontinentale rennung in derPhilosophie in: Babich, Eines Gottes Glck, voller Macht und Liebe, S. 0.

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    4/24

    4 Vorrede

    oder illuminieren gerade das Problem der Wissenscha als ein Problem.

    Wenn im wissenschasphilosophischen Betrieb solche Refexionen ange-stellt werden, so deswegen, weil das Problem, die Wissenschaf als einProblem zu denken oder auszudrcken, selbst eine Propdeutik darstelltr eine weitergehende und letzten Endes authentische Ausarbeitung derWissenschastheorie als Philosophie der Wissenscha als solche.

    Wenn hier Nietzsches eigenem Beispiel olgend das Problem der Wis-senscha als solcher so augeat wird, dass die Grundlage des Problemsder Wissenschaf von der Wissenschaf zur Kunst hin verlegt ist und dann,

    jenseits der Frage nach der Kunst, au die Frage nach dem Leben verschobenwird, dann kann die vorliegende Studie ber Nietzsches Wissenschafs-theorie weder von der Basis der Wissenschaf her bestimmt noch audiese hin artikuliert (und auch nicht au die Frage nach der Wissenschabeschrnkt) werden. Vielmehr versucht die vorliegende Unternehmung,die Fragestellung in zwei Richtungen zu orientieren nach der Wissen-scha unter der Optik der Kunst und nach der Kunst unter der Optik desLebens geragt wird. Damit wird Nietzsches Philosophie der Wissenschaf,

    wie sie in dieser Studie untersucht werden soll, als eine Philosophie vonKunst (Kunstertigkeit und echnik, aber auch Kultur und Kreativitt)und Leben entwickelt.

    bersicht ber den Aubau des Abhandlung

    In diesem Buch geht es mir diesem Auri gem um die Philosophie Nietz-sches, betrachtet aus der Perspektive seiner theoretischen Interpretation derWissenscha. Doch keinesalls stelle ich Nietzsche so dar, als bte er einevollstndige Wissenschastheorie oder Philosophie der Wissenscha imheutigen, analytischen Sinne. In meiner Argumentation geht es eher umdie philosophische Relevanz von Nietzsches Denken r die Wissenschafs-

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    5/24

    Vorrede

    theorie berhaupt.2 Dies schliet nachdrcklich eine Tese hinsichtlich

    dessen ein, was verehlt ist an der Art, wie Wissenschastheorie innerhalbder ast ausschlielich analytischen Selbstbeschrnkung ihrer traditonellenRezeption gegenwrtig betrieben wird. Somit gehen in einem Ma, das rdie Notwendigkeit dieses Buches zeugen mag, die tieeren Probleme einerWissenschastheorie als Philosophie der Wissenscha sogar noch ber dieFragen hinaus, die sich bei einer Betrachtung von Nietzsches Reexionenber Erkenntnistheorie und wissenschaliche Methode stellen (Wahrheit,Wissen und die Philosophie der wissenschalichen Kultur) und die in den

    olgenden Kapiteln behandelt werden.

    Kapitel 1. Nietzsches musikalische Stilistik

    Nietzsche als Musiker oder Nietzsches concinnitas alskompositorisches Stilmittel

    Das erste Kapitel hat einhrenden Charakter, und es wre deshalb mglich,dieses Buch zu lesen ohne jene grundstzliche (und grundlegende) Stildis-kussion, indem man mit dem zweiten Kapitel beginnt. Aber da NietzschesDarstellungs- und Konzeptionslogik sich so stark von den erwartetenSchemata des gewohnten philosophischen Diskurses unterscheidet, stellterst eine Errterung von Nietzsches Stil den wesentlichen Kontext r dasVerstndnis seines philosophischen Unternehmens bereit.3

    Das Tema von Nietzsches Stil ist hier sowohl als Frage nach dem

    Wesen jenes Stils von Bedeutung, wie auch als Frage danach, was er in phi-losophischer und nicht einach in sthetischer oder literarischer Hinsichterreicht hat. Ich benutze zur Kennzeichnung den erminus concinnitas,eine musikalische Metapher, um den tnenden Imperativ in Nietzsches

    Siehe dazu von der Ver., Continental Philosophy o Science, S. ., sowie Politikund die analytisch-kontinentale rennung in der Philosophie. Vgl. die Beitrge zuGutting, Hg., Continental Philosophy of Science sowie Frings und Marx, Hg.Erzhlen,Erklren, Verstehen .

    Vgl. Babich, Zu Nietzsches Stil.

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    6/24

    Vorrede

    Schreiben hervorzuheben. Die concinnitas Nietzsches ist das Stilmittel

    eines Komponisten oder um es zwar nicht eleganter, aber einach sugge-stiver auszudrcken der Stil einesDirigenten. Denn so wie ein Dirigentleitet und hrt Nietzsches Stil die Textlektre des Lesers.4

    In solcher Art eines dirigierenden, hrenden oder den Leser stilisie-renden Stils hat die concinnitas auch eine metaphorische Bedeutung, diein den Bereich der Architektur verweist. Sie bezeichnet den wohlgeord-neten und klaren, gut-passenden Entwur. Die concinnitas erordert, dassder Leser, wie der Snger in einem Chor, selber ein Teil von Nietzsches

    widerhallendem musikalischen Unternehmen wird. Eine solche Anorde-rung, die Nietzsches spezieller Stil der philosophischen Komposition demLeser auerlegt, kann nur durch die dem Leser eigene interpretatorischeAnitt beantwortet werden, obwohl es eben so zutrif, dass dieser Stileben diese Afnitt auch selbst zeigt und dadurch als Resonanz hervor-ru. Nietzsches Zarathustra meint dies und kann nichts anderes meinen,wenn er seine Geolgsleute/Leser einldt, ihren eigenen Weg zu nden.Die hermeneutische Musik der concinnitas erinnert an Nietzsches eigene

    Beschreibung seines Schreibens als einer musikalischen Komposition undan seinen Sinn dar, dass er r die Ohren schreibt, in der Erwartungmusikalisch gestimmter Leser. In diesem Sinne knnte man sagen, dasseine Lektre, die Nietzsches Text gerecht wird, zumindest wie Nietzscheselbst es sah, eine respondierende oder wiedertnende Lektre sein soll.5Und dies wiederum bedeutet, dass nicht nur Nietzsches Text wie er vomGeist seines ersten Buches sagt singen und eben nicht sprechen sollte,sondern dass auch der Leser in dieser musikalischen Weise augeruen ist,

    einzustimmen in die phnomenologische Interpretation oder die selbst-dekonstruktive Ausdrucksweise des sich entaltenden Textes.

    Siehe weiter noch, Babich, Hren und Lesen, Musik und Wissenscha. Siehe dazu, Hdl, Die Stile Nietzsches und der Stil der Interpretation in ders.,Der

    letzte Jnger des Philosophen Dionysos, S. 101.

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    7/24

    Vorrede

    Kapitel 2. Wissenschaf als Interpretation

    Unterwegs zu einer Nietzscheanischen Kritik der Wissenscha

    Das zweite Kapitel, welches mit der eigentlichen und konzentrierten Dis-kussion der Philosophie der Wissenscha bei Nietzsche beginnt, versuchtdie undamentale Frage nach Nietzsches Relevanz r die Wissenschas-theorie auzuweren im Nachhall des Scheiterns des Positivismus, der vonder Wissenscha bernommenen Sicht, des Fehlens einer klaren Identitt

    und des Projekts der Moderne als solchem, soweit diese Probleme die Wis-senschastheorie angehen. Wo gt Nietzsche sich ein? Wenn man vonNietzsches Wissenschafstheorie spricht, so ist der damit berhrte Aspektvielleicht, aber nicht notwendigerweise, von Interesse r Nietzsche-For-scher und r Spezialisten. Und von derRelevanz von Nietzsches Denkenr die Wissenschastheorie zu sprechen, ist noch einmal etwas ganz ande-res. Vielleicht knnte man behaupten, wie ich es schon nahegelegt habe, dassdie Wissenschastheorie in ihrer derzeitigen analytischen Ausdrucksorm

    eine Erweiterung um die sogenannten kontinental-europischen Stile derPhilosophie erahren msste. Wobei allerdings, selbst wenn dieser Forde-rung zugestimmt wrde, dass eine traditionell analytische Disziplin wiedie Wissenschastheorie den sie verbreiternden Zuuss von verschiedenenkontinental-europischen Strmungen ntightte, etwa von Phnomenolo-gie oder Hermeneutik,man nichtsdestoweniger noch nicht bereit wre, dieRelevanz einer perspektivischen sthetik der Wahrheit zuzugeben undnoch viel weniger die einer hermeneutischen sthetik der Wissenscha.

    Doch erst die letztere ist es, die die Nietzschesche Herangehensweise andie Wissenschastheorie ausmacht.

    Eine eigentlich Nietzschesche und nicht eine schockierende oderkonventionell perspektivistische Herangehensweise an die Wissenschas-theorie bertre alle anderen Zugnge. Dies ist auch dann wahr, wennwir die Vorzge einer kontinental-europischen Artikulation der Wissen-schastheorie im voraus annehmen6 und damit den Anstrengungen von

    Siehe weiter, Babich, Continental Philosophy o Science.

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    8/24

    8 Vorrede

    Patrick Heelan, Joseph Kockelmanns und Teodore Kisiel im Blick au ein

    solches Unternehmen olgen,7 oder, wenngleich in einer abweichenden,noch analytischen Weise, Ian Hacking, der sich tatschlich namentlichau Nietzsche bezieht, obwohl sich sein ausdrcklicher Bezug eher auFoucault richtet.

    Mit dem Perspektivismus ernet Nietzsche dem Wissen einen unend-lichen Bereich, aber ein solcher Perspektivismus ernet den Wissens-Suchenden keine innite, keine sichere Methode und keine Wahrheit. Umdiese Behauptung zu erlutern, ist es wichtig, den Unterschied zwischen

    Perspektivismus und Relativismus zu entwickeln.Ich kontrastiere den experimentellen Charakter des Perspektivismusmit dem (implizit) absolutistischen Charakter des Relativismus.1 Andersals der Perspektivismus olgt der grte eil der heutigen Wissenschas-theorie der Begrndungsorm der Wissenscha in der entlichkeit, die Wissenscha wird gesehen entsprechend den Spezifkationen desWissenschalers oder dem jeweiligen kulturell geprgten Bild der Wis-senscha. Ich stelle zur Diskussion, ob der gelehrte Falsikationismus, der

    durch die heutigen Wissenschaler exempliziert und durch die entlicheKonzeption der Objektivitt beglaubigt wird, eine prominente Rolle inder Bewegung hin zum Absolutismus spielt, die gleichermaen auch denRelativismus charakterisiert. Somit erheben die Wissenscha und ihreTeorie durch immer noch akkuratere Approximation den Anspruch auabsolutes Wissen oder au Wahrheit, entlang eines Umwegs, einer Finte,die die Zielgerichtetheit, welche ihr Projekt eigentlich antreibt, verbirgt.Wenn die Methode der Wissenscha noch nicht zur Wahrheit hrt, so

    afrmiert die Pointe dieses unlauteren noch, dass die Wissenscha auihrem Weg zu keinem anderen Ziel als eben der Wahrheit ist.

    Siehe hier die entsprechenden Beitrge in: Babich, Hg., Hermeneutic Philosophyof Science, Van Goghs Eyes, and Godsowie Kockelmans,Ideas for a HermeneuticPhenomenology of the Natural Sciences und Ginev, Te Context of Constitution.

    8 Siehe: Hacking, Te aming of Chance.9 Siehe dazu die Beitrge in: Gebhard, Hg.,Friedrich Nietzsche. Perspektivitt und

    iefe sowie Gerhardt und Herold, Hg.,Perspektiven des Perspektivismus.0 Vgl. Simon,Philosophie des Zeichens, S. 35.

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    9/24

    Vorrede 9

    Kapitel 3. ber die kophysiologische Grundlegung des Wissens

    Nietzsches Physio-kologie

    Das dritte Kapitel diskutiert Nietzsches Epistemologie als eine physio-kologische Teorie, das heit als ein Produkt von Leib und Welt. Wissenmuss r Nietzsche in Begrien seiner organischen Bedrigkeit gedachtwerden, also letztlich von seinem leiblichen Ursprung her. In dieser ko-physiologischen Konzeption bezieht sich das interpretatorische Ereignis des

    Wissens au die Konstitution der physiologischen Perspektive, welche dieSinneswahrnehmung am Leitaden der leiblich einverleibten Strukturen(physische Basis und Orientierung) von Begrisbildung und Kognition ent-hlt. kologische oder umgebungsabhngige Erordernisse ormen unsereWahrnehmungen: dies ist die kritische Fundierung des Perspektivismus.Wenn wir die Welt aus einer (sagen wir einachheitshalber: unserer eigenen)Perspektive interpretieren, dann zhlen die atsachen, die r dieses pro-jektive Verstehen relevant sind, nur als atsachen r uns innerhalb dieser

    Perspektive, und sie verdanken ihr Erscheinen als einzigartige atsacheneinzig diesem Fokus. Unsere perspektivische Position berwltigt de actoabweichende Perspektiven, solange sie wirksam ist. Diese exklusive Kra istin der westlichen wissenschalichen und technischen Weltinterpretationevident, sie konkretisiert sich in Teorien und Berechnungen, insoerndiese durch Resultate und Eekte erkannt werden knnen. Fr Nietzscheist diese westliche Hochschtzung kalkulatorischer Efzienz nichts anderesals eine Illusion, also nichts als eine verdeckende Interpretation. Es sind

    aber andere, in gleicher Weise oder doch vergleichbar traghige Anstze,also im Ergebnis unterschiedliche Schemata der Interpretation mglich.Da Wahrheit nach Nietzsche ein Ideal ist, welches alle Wirklichkei-ten umasst und nicht einach das, was eine bevorrechtigte Perspektiver wirklich hlt, kann Wahrheit weder nur aus einer interpretatorischenPerspektive herrhren noch in ihr ausgedrckt werden. Der Mythos desObjektiven ist der Mythos der Annahme, dass die eigene Ausgangsperspek-tive universell oder unbegrenzt ist, und diese exklusive Annahme ist ein

    auszeichnendes Charakteristikum der Illusion der Wahrheit. Fr Nietzschekann Wahrheit kein Konstrukt einer einzigen Perspektive sein, und das

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    10/24

    10 Vorrede

    bedeutet, dass in ihrer nicht univoken Flle die Wahrheit die mehrdeuti-

    gen und die ambivalenten Dimensionen dessen, was wirklich und wederabstrakt noch ideal ist, enthlt. Was wir in westlicher Perspektive (aktischoder potentiell wahres) Wissen nennen, drckt r Nietzsche nichts ande-res aus als unsere eigene perspektivische Lebensposition, ob diese nun alssolche eingestanden wird oder nicht. Daraus aber ergibt sich, dass dieserinterpretatorische Fokus, alls er exklusiven Charakter hat (was, in seinenhchsten Graden eben das westliche Wissensideal sein wollte), sich dannals eine Flschung oder eine Lge erweist.

    Doch ist, entgegen der traditionellen Interpretation, so wie sie auch inder Heideggerschen Lesart erscheint, Nietzsches philosophisches Interessegegenber der Wissenscha, der Kunst, dem Leben, also Nietzsches Willezur Macht, nichtau die Beherrschung der Erde gerichtet. Um wirksamzu sein und was ist Herrschaf anderes als Wirksamkeit als solche? msste ein solches Ziel au den antisthetischen Berechnungsmodellenneuzeitlicher traditioneller Wissenschaf und der zentralen Annahmeberuhen, dass es ausreichende, messbare Wahrheiten oder notwendig vor-

    auszusetzende Axiome gibt.11 Wenn Nietzsche diese Wahrheiten (Axiomeoder Tatsachen) als Illusionen bezeichnet, so will er keinesalls ihrenWirksamkeitsanspruch bestreiten. Seine Behauptung ist einzig, dassallesSeiende Interpretation ist oder Wille zur Macht. Indem Nietzsche indieser Weise Interpretation als Wille zur Macht versteht, will er sagen,dass interpretatorische Konstellationen Ereignisse sind, die die Weltentsprechend einem originren Interesse oder einer Macht-Perspektivestrukturieren. Dieses strukturierende Interesse einer Macht-Perspektive

    gibt nicht einer passiven Sichtweise Ausdruck, sondern einem selektivenProzess; innerhalb ihres spezifschen interpretatorischen Bereichs ist eineMacht-Perspektive unbedingt souvern. Indem sie diese Souvernittdurchsetzt, ist die selektive Fiktion, die die Wirksamkeit einer Macht-Perspektive konstituiert, umgekehrt begrenzt durch ihre interpretato-rische Funktion (und Kraf). So zum Beispiel in negativer Weise, wenn

    11 Vgl. wieder Simon,Philosophie des Zeichens, hier S. 144. Siehe, weiter noch, Babich,Heideggers Wille zur Macht.

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    11/24

    Vorrede

    etwa das selektive Ideal wissenschalicher Przision durch Leugnung

    jeglicher relevanter Mehrdeutigkeit erlangt wird. Ambiguitt wirkt dannals ausschlieende Begrenzung der wissenschalichen Przision. Wie demauch sei, die ausgeschlossenen irrelevanten Abweichungen oder kleinenFehler zwischen Berechnung und Messung (z.B. die Struktur gebendenErkenntnisinteressen von radition und Wissenscha) bleiben als eil derWelt jenseits der wissenschalichen Domne. Wir werden sehen, dass einein dieser Weise skizzierte Beschigung mit diesen kleinen Fehlern undden Begrenzungen der wissenschalichen Souvernitt insgesamt jenen

    Charakterzug ausmacht, den man als NietzschesHyperrealismus ansehenknnte. Eine weitere Diskussion von Heideggers Deutung des Willenszur Macht und der Beherrschung der Erde in Verbindung mit der Frageder echnik und seiner Auslegung der ewigen Wiederkehr wird sich imletzten Kapitel ergeben.

    Kapitel 4. Unter der Optik von Kunst und Leben: Nietzsche und die

    Wissenschafen

    Nietzsches kophysiologie oder Zuall, anz, und die Chemie derWahrnehmungen

    Im vierten Kapitel untersuche ich Nietzsches Konzeption des Objekts vonWissenscha und seine Einschtzung der Kunst und der Wissenschaals Formen der Illusion: dies zeigt sich, indem er sie als bewusste und die

    Wissenscha als sich selbst verborgeneIllusion bestimmt. Die Perspek-tive der berechnenden Ezienz erordert ein au Erhaltung gerichtetesVerhltnis dem Leben gegenber, das wiederum Wechsel, Wachstum,od und Ambiguitt leugnen muss. Die Beherrschung der Natur verlangtnach einem Objekt, und dieses Objekt muss xiert (als real vergegenwr-tigt oder vorgestellt) sein. Nietzsches Konzeption eines ursprnglichenund persistierenden dynamischen Chaos (welches die Wirklichkeit ist)bestimmt die Natur (die Welt) als Willen zur Macht in alle Ewigkeit

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    12/24

    Vorrede

    und nichts auerdem.12 Fr Nietzsche kann diese Welt-Natur die Wirk-

    samkeit der subjektiven oder interpretativen Wahrnehmung und dieMglichkeit der wissenschalichen echniken in ihrer gleichen Efzienzerklren. Das interaktive, wechselseitige Wesen der Interpretation legtes nahe, dass, so wie die Wissenscha die Welt als Forschungsgegen-stand strukturiert, sich ebenso auch das antwortende Feld ausbildet.13Diese Strukturierung unktioniert rckwrts genauso gut wie vorwrtsgerichtet und absorbiert den Wissenschafler durch den verestigendenRcksto, indem er selbst der eigenen statischen Wahrheit olgt. Das

    nihilistische oder lebenserhaltende (aber gegen das Leben gerichtete)Interesse der Wissenscha ist selbst-perpetuierend und wirkt aus sichheraus vorwrtsdrngend. Folglich ist die wissenschafliche Illusion quaIllusion nicht das eigentliche Problem r Nietzsche. Es ist die Insistenzder Wissenscha, die absolute Wahrheit (und sei es nur potentiell) zuhaben, die Schwierigkeiten verursacht. Dies ist der Grund, weshalb esnach Nietzsche der Wissenscha in der westlichen Gesellscha an sthe-tischer Kultur oder Stil mangelt.

    Kapitel 5. Nietzsches Genealogie der Wissenschaf

    Die Genealogie der Moral und der Wert der Wissenschaf

    In Kapitel 5 diskutiere ich Nietzsches Entwur der moralischen Grundle-gung oder Genealogie der Wissenscha als der letzte uerung des asketi-

    schen Ideals der jdisch-christlichen Kultur. Dieses asketische Ideal ist dieArt und Weise, in der ein reaktiver bzw. schwacher Wille zur Macht berdie geltende Ordnungsstruktur hinaus kreativ werden kann, indem er den

    Siehe auch noch Babich, Nietzsches Chaos sive natura.3 Vgl. dazu die Richtung perormance practice, zu Nietzsche (und Tanz), Mascha,

    FlowDance und Nietzsches Groe Vernun des Leibes. Noch dazu, Bracht,Nietzsches Teorie der Lyrik und das Orchesterliedsowie Libert,Nietzsche et laMusique aber und vielleicht vor allem Janz,Friedrich Nietzsche. Siehe als Anang rweitere Recherchen, Babich, Nietzsche and Music.

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    13/24

    Vorrede

    eigenen Standard als universell verbindlich darstellt. Dieses gegenreaktive

    Projekt ist im wesentlichen konservativ und olglich (in einem demokra-tischen Sinne) letztlich sozial wirksam. Ich verwende ermini aus demGriechischen, die die Polarisierung der gewhnlichen (vulgren) und deredlen (elitren) Entgegensetzung von rauer, mechanisch-brutaler Neuerungund kreativem, artistischem Ausdruck benennen, nmlich die klassischegriechische Opposition von und , um den Unterschied,zwischen der heutigen reaktiven, antisthetischen Wissenscha und ihrerechnologie und dem, was man als eine sthetische wissenschaliche und

    vielleicht sogar technologische Mglichkeit in bereinstimmung mit demperspektivischen Wesen der Wahrheit begreien knnte, zu erklren. Aberum der Kunst jenseits solcher Artistik willen, jenseits des Kunsthandwer-kertums, jenseits Nietzsches, muss man au Heideggers Lied von der Erdeund vielleicht noch vor Nietzsche au Hlderlin hren, um zu vernehmen,wie die Dichter das Kommen der Gtter besingen.14 Ich hre dieses Temanicht vollstndig aus, sondern skizziere es nur, um vorzuschlagen, Nietz-sches Frage, ob wir denn die Ohren haben r einen solchen Gesang, au

    diese Weise zu instrumentieren.Selbst wenn die Wissenscha ihre Kontinuitt mit der Religion nichtzugibt, ormiert sie als der asketische Geist in einer anderen, ortgeschrit-tenen und wirksameren Gestalt tatschlich dieselbe Absicht: einen Willenzur Wahrheit, zu verstehen als Wille zur kompensatorischen Erhaltung vonauch noch unbedeutendstem (menschlichem) Leben. Der perennierendeKern von Nietzsches Kritik des leben-erhaltenden Willens oder Impulsesliegt darin, dass das Leben, als solches afrmiert, nicht erhalten werden

    kann. Leben kann nur als gelebtes bejaht werden. Da Leben Verlust nachsich zieht, opponiert der Erhaltungstrieb dem Leben. Wie immer erolg-reich, wie immer efzient die Wissenscha auch sein mag, ihr letztendlichesZiel, die Erhaltung des Lebens, ist nicht einach nur chtig, sondern strenggenommen unerreichbar. Nietzsches Kritik gilt nicht einach dem Scho-penhauerischen oder blo literarischen Gedanken, dass Lebenserhaltung

    4 Siehe weiter, Babich, Von Pindar und Hlderlin zu Nietzsche und Heidegger inEines Gottes Glck, voller Macht und Liebe, S. 08.

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    14/24

    14 Vorrede

    bestenalls ein temporrer Erolg ist, oder dass Gott oder ein anderes Telos

    jegliche Lsung des Rtsels des Lebens verhindert. Vielmehr schliet ebendas blo gelebte Leben den Ausdruck des Lebens in sich, was sagen will,dass dies, das Leben zu leben, das Leben kostet. Zu leben, heit sich ein-schifen au dem kontinuierlichen Fluss von Leben und Tod. Das Lebenzu leben ist am Ende so etwas wie Verschwendung, wie Selbstentuerungalsgelebtes Leben.

    Diese ausdrucksvolle verschwenderische Emphase reprsentiert sichin Nietzsches Wendungamor fati, und ist dies ist wichtig zu bemerken

    nicht dasselbe wieamor vitae. Wie Hlderlin sucht Nietzsche nach derMusik, die die Traurigkeit der tiefsten Freude ausdrckt.15 Das Leben, dieVerhrerin, die Unersttliche soll nicht geliebt werden, nicht weil dasLeben nicht geliebt werden knnte, sondern weil das Leben zu lieben demAusdruck des Lebens keine Verehrung zuteil werden lsst. Der Impuls, dasLeben zu lieben, versucht zu besitzen, bei sich zu bewahren, das Leben imGri zu behalten. Als Existenz augeasst ist das Leben, in einem von Zara-thustras anziehend prgnanten (und abstoenden) Bildern, eine Schlange,

    deren goldgestreifer Unterleib im aublitzenden Moment des Werdenshinweggleitet. Was geliebt werden soll, ist nicht der Traum oder die Meta-pher eines Lebens in Ewigkeit, sondern Leben wie es ist, Leben einach alsSchicksal, eben als Ganzes. Daher ist die ewige Wiederkehr des Lebens dieEwigkeit: in eins das, was gewesen ist, was ist, was sein wird.

    Bis jetzt stand der Wissenscha das sthetische Ideal des sich uern-den Lebens entgegen, denn dieses erordert eine Weggabe oder Verschwen-dung des Lebens. Ein au Erhaltung gerichteter Lebensokus hrt zu einer

    Biurkation von konservierendem und expressivem Leben und unterdrcktseinen Ausdruck soweit nur irgend mglich. Das Wort Unterdrckungzeigt die Bedeutsamkeit einer psychoanalytischen konomik von Lebens-Oberchen und Lebens-Tieen in meiner Lektre Nietzsches an. In derTat kann die Ausdierenzierung des Willens zur Macht in einem (spezischoder, besser, teilweise Lacanschen) psychoanalytischen Vokabular erhellt

    15 Vgl. hier Heideggers hlderlinische Errterung der Trauer oder Melancholie alsFreude in Unterwegs zur Sprache.

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    15/24

    Vorrede

    werden. So maniestiert eine reaktive Kra die Bedrigkeit der Begierde,

    die Artikulation von etwas, das ehlt, whrend eine aktive Kra die Viel-ltigkeit der Begierde maniestiert selbst als Anerkennung dessen, wasunausweichlich ehlt. Dort, wo das berleben den uersten Wert darstellt,wird das verschwenderische, niedergehende Momentum des Lebens (dasWerden) gegenber dem Leben selbst eher als schdlich denn als essentiellinterpretiert werden. Da Schwche der Untersttzung bedar, um erhaltenund gerdert zu werden, stellt das banale mechanische Ideal diese Unter-sttzung zur Vergung als seine Praxis und als sein Instrument. Folglich

    arbeitet die erhaltende Perspektive au Kosten der Wahrheit des Lebens und das Leben ist inhrent ambivalent, denn der od, das angenommeneGegenteil des Lebens, steht nicht in Gegnerscha oder Fremdheit zumLeben, sondern ist eine polarisierende, sich kontinuierende Maniestationdes Lebens selbst.

    Kapitel 6. Eine perspektivische sthetik der Wahrheit

    Eine perspektivistische Wissenschastheorie

    Das sechste Kapitel nimmt die Frage nach einer perspektivistischen sthetikder Wahrheit au; dabei beginnt es mit einer Behandlung der Implikatio-nen des Perspektivismus r die Wissenschastheorie und der Afrmationder Wirklichkeit in ihrem multivarianten Charakter und ihren multiplen

    Wahrheiten, aber auch des ungezogenen dekonstruktiven Ideals der

    Wahrheit als einer Frau. Der wissenschaliche Wert des Willens zur Machtungiert als eektive Erhaltungshypothese, die den Primat der Perspektiveals einer erkenntnistheoretischen Determinante der Wirklichkeit (oderdessen, was als Wirklichkeit sollte gelten knnen) bejaht. Der Wille zurMacht erhellt die begrenzten Mglichkeiten selbstndiger Interpretationen,wenn er so verstanden wird, dass er das gegenseitige interaktive Spiel vonWelt interpretierenden, Welt kreierenden Ereignissen charakterisiert. DerCharakter der Welt erlaubt unendlich viele Interpretationen, ohne diesen

    mit einem Anwendungsbereich oder einer Garantie zu Hile kommen.Zu sagen, dass die Welt Wille zur Macht ist, erhebt au keiner Stue den

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    16/24

    16 Vorrede

    Anspruch au einen subjektiven oder solipsistischen Willen zur Macht,

    denn der Welt ehlt es an Vorbestimmung in Form eines Musters oder einerspezifschen Macht. Folglich maniestiert der existentielle Konikt vonInterpretationen oder interpretatorischen Existenzausdrcken das Chaosr alle Ewigkeit. Da keine Macht jemals r ihre Interpretation, losgelstvom eigenen einzigartigen und dynamischen Ausdruck dieser Interpreta-tion, ein Recht r sich reklamieren kann, bleiben die Weltperspektivenlediglich vorausgesetzte Fiktionen. Anders gesagt, r Nietzsche bleibt dieWahrheit eine Illusion.

    Der Wert der Wahrheit kann nicht ber ihren spezischen Zauberhinausgehen, einen rationalen Zauber, der niemals losgelst von seinemeigenen, originren perspektivischen Anschein konkretisiert oder ver-absolutiert werden kann. Dass die Wahrheit, wie Nietzsche sagt, eineFrau ist, geht au diesen Gedanken eines ungebrochenen Oberchen-Zaubers zurck. Das kalkulatorische Aureten der Wahrheit wird wohl-wollend bejaht als (rei gewhlte, knstlerische) Illusion. Doch wennNietzsche sich zu Gunsten der Illusion ausspricht, so geht es ihm nicht

    darum, den lebenserhaltenden Wert der wissenschalichen Wahrheit zuverteidigen, sondern darum, ihre sthetischen Mglichkeiten im groen(lebens-expressiven) Stil herauszuarbeiten. Der groe Stil ist eine diony-sische Bejahung des Lebens in der pessimistischen Lebenswirklichkeit,also seinem Nicht-andauern, seiner Ambiguitt, seiner Ambivalenz. Dasdurch eine solche dionysische Bejahung geadelte Individuum ist durchGrausamkeit charakterisiert, aber viel wesentlicher durch seine oder ihreLeidenshigkeit die Fhigkeit, das Leiden in sein oder ihr Leben einzu-

    gen und damit ein Recht zum Sein zu heiligen und zu eiern. In diesersthetischen Vision gehen der Schmerz und die Schpung au die gleicheWurzel zurck.

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    17/24

    Vorrede

    Kapitel 7. Eine dionysische Philosophie. Von der Kunst des Lebens

    Zeit und Wiederkehr

    Das siebente Kapitel behandelt die Mglichkeit einer dionysischen Philo-sophie in Begrien des Gedankens der ewigen Wiederkehr des Gleichen.Unter Rckbezug au einen Gedanken Heideggers kann die Fixierung desWerdens im lebensbewahrenden Ethos der heutigen Kultur (der jdisch-christlichen, wissenschalichen Moralitt) der sthetik des Lebens entge-

    gengesetzt werden, die in den vorangegangenen zwei Kapiteln artikuliertwurde, um die Wissenscha (den Willen zur Macht) durch Formen derBeglaubigung des Lebens in der Kunst zu erhellen. Nietzsche unterschei-det zwischen der unzuriedenen, stets wnschenden, zukunsxiertenerworbenen Ideologie der zeitgenssischen, technologisch und moralischgelehrten Kultur einerseits und dem armativen sthetischen Charakterdes sich selbst berwindenden, selbst schperischen, selbst erndenden,selbst-expressiven Lebensstils andererseits. Der Gedanke der ewigen Wie-

    derkehr des Gleichen ernet die Mglichkeit, dem Leben das diesen Stilsichernde Gewicht zu verleihen, als angstreie, tiee Bejahung der Lebens-wirklichkeit, die sich im Stil darstellt: Dieses Gehl r das oder dieseEntschlossenheit zu dem , was mglich ist, in dem und durch das Gewe-sene, doch ohne eine asketische, au eine zeitlich nihilistische Zukungerichtete Honung au Vergeltung, also ohne den Geist des Ressenti-ments. Da sie derart entschlossen ist, hngt eine sthetische, zuknigeOrientierung nicht in der Vergangenheit est, geht sie nicht im Moment

    vllig au und wird nicht durchherrscht von einer eschatologischen Ho-nung. Nach der r diesen Zusammenhang bestimmenden Unterscheidung

    von sthetischer und reaktiver Beglaubigung gebe ich einen berblickber Heideggers Auassung des Willens zur Macht in der Begriichkeitseiner Gedanken zur abendlndischen echnik. Dabei versuche ich zuzeigen, dass die derzeitige Entwertung despoietischen Wesens der echnikin Nietzsches Begrien der perspektivistischen Dominanz der dcadenceausgedrckt werden kann.

    Indem er sich gegen das dekadente Ideal der Gleichheit wendet, suchtNietzsche das dionysische Genie oder die heroische, edle menschliche

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    18/24

    18 Vorrede

    Mglichkeit. Nicht so sehr als kosmologisches Prinzip als vielmehr in Form

    eines kategorischen Imperativs, hat der Gedanke der ewigen Wiederkehr dieIntention, ein selektives Prinzip, ein philosophischer Probierstein zu sein.Als sthetische Haltung ist die ewige Wiederkehr erreichbar r denjeni-gen Menschen oder Philosophen, der als ein Knstler des Lebens und rseinen hchsten Ausdruck lebt. Dies spiegelt den Wert des Lebens wie esist wider, namentlich im Zusammenhang mit der gelebten Vergangenheitund der radition des eigenen sozialen Daseins.

    Doch wir knnen natrlich fragen: kommt dieser rost einem wirkli-

    chen Behagen gleich oder einer genuinen Erlsung? Oder ist er etwa nichtsals uschung? Ich glaube, dass man zugeben muss, dass er berwiegendeine uschung ist, auch wenn Nietzsche vielleicht darauf bestanden htte,dass die Anerkennung der Tuschung als solche den schnsten Trost imLeben gewhrt. Das Projekt eines sthetischen Lebens, des guten Lebens,des Lebens des besten Moments kann weder au die christliche Warnungbzw. den rmischen opos des carpe diem! reduziert werden, noch drcktes die epikureische Mahnung aus, r den Moment zu leben. Eher wird,

    bedenkt man Nietzsches lebenslange Bemhung, die Wissenschaf unterder Optik der Kunst und die Kunst unter der Optik des Lebens zu eras-sen, das sthetische Ethos des Lebens durch Pindar ausgedrckt, in derspezifschen Spannung, die aus dem Konikt zwischen gttlicher Eier-sucht und sterblicher Hybris hervorgeht. Dieses menschliche Streben isteine Selbst-berwindung, eine Selbst-Transormation, die die Dierenzzwischen dem Menschlichen und dem Gttlichen unterhhlt, Werde,der du bist, in Nietzsches Ausdrucksweise des griechischen

    . Und dies nicht, weil man sozusagen ein Gott wre, sondern weil dasStreben, das die titanische Unsterblichkeit genauso charakterisiert wie diemenschliche Sterblichkeit, an das Gttliche heranreicht.

    Einerseits sollte Nietzsches Unternehmen nicht ohne weiteres unsereSympathie gelten, da er nur fr eine Elite schreibt. Andererseits behauptetNietzsche, dass seinen Einsichten allgemeine Anerkennung zuteil werdenmuss. Er schreibt fr Alle und gibt sogar zu bedenken, dass seine hchstenBestrebungen immer noch dem Beispiel des galilischen Fischers olgten,

    selbst als Antichrist, der anti-christliche Ideale reprsentiert. Daher versu-chen wir die Gegenstzlichkeit herauszustellen zwischen dem Ratschlag

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    19/24

    Vorrede 9

    des artistischen Schpers Sei hart! als Dynamik des Werdens, mit

    seiner Bejahung des hchsten Lebensausdrucks in Verbindung mit derAuslschung einerseits und dem gewhnlichen Weg des Menschen ande-rerseits, der aus der Nhe betrachtet wird, so wie er sich r die meistenvollzieht. Nietzsche sagt, es sei notwendig, dass die Menschen, so wie siebisher waren, lernten, sich selbst zu berwinden, um das Lied des ber-menschen zu singen. Und die Moderne hat diese Arbeit beinahe schonabgeschlossen, an dem Punkt, an dem sie sich selbst in die Postmoderneverkehrt. Es ist eine exoterische oder banale Fehlinterpretation von Nietz-

    sches Ideal des bermenschen oder des posthumanen Wesens, welchedas olgende Bild zeichnen lsst: Nietzsches Anspruch, der gewhnlicheMensch msse untergehen, bedeute zwingend, dass eben diese menschli-chen Wesen zugrundegehen sollten, so dass irgend eine antastische Kon-zeption des bermenschen Gestalt annhme, um au dem Grunde ihrerAsche zu blhen. Das ist ein naheliegendes Missverstndnis und, betrachtetman seine strukturelle metonymische Resonanz in der jngeren europ-ischen Geschichte, vielleicht unvermeidlich, aber es leitet doch nachhaltig

    in die Irre. Es ist nicht die Masse oder der genuine Mensch, der zugrun-degehen muss. Den bermenschen Nietzsches sieht man besser als einenpost-humanistischen Ausdruck des Humanen, jenseits all dessen, was bisjetzt allzu-menschlich war. Wir dren daran erinnern, dass Nietzschekeine allgemeinverbindliche Ethik oder universale politische Teorie ent-woren hat. Daher erteilt er keine allgemeinen Vorschrien, wenngleichsolche Lesarten mglich sind und auch tatschlich von politischen undphilosophischen Teoretikern angestellt wurden, so als machte Nietzsche

    tatschlich solche Vorgaben. Im Kern vermeidet Nietzsches perspektivischesUnternehmen derartige universellen Vorschrien. Eher geht NietzschesBehauptung dahin, dass ein jeder zu dem werden muss, was er je schon ist.Der gleiche platonische, christliche Imperativ wird bewahrt, wenn auch inumgedrehter Form.Einer, man selbst, muss am Ende zu sich selbst sterben nicht um das eigene Leben um der Unendlichkeit willen zu verlieren,sondern eher um die Angst abzulegen, das eigene Leben um der Ewigkeit,der moralischen Ewigkeit willen zu verlieren. Bejahung ist ein anderes

    Wort r Freude, r Rhmen.

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    20/24

    20 Vorrede

    Als menschliches, als erinnerndes, als refektiert vorausschauendes

    Dasein auf das hin, was sein wird im Modus des Gewesen-Seins, wird derMensch niemals und kann er niemalsgenug haben von dem, was gewesenist. Dies ist die Wurzel der Melancholie, es ist die Wurzel der Neurose, dasSubstrat des Lebens, das jetzt als Kunst erkennbar wird. Wie die Frsprecherder Psychoanalyse von Freud und Jung bis zu Winnicott und Lacan unslehren, ist der Gegenstand des Unbewussten unhergehbar und unbeirrbargeschichtlich, so wie das Flieen des Flusses, welches Heidegger das Hausder Sprache nennt.

    Gem Nietzsches Verstndnis der Leichtigkeit des tanzenden Gedan-kens wenden wir uns, jenseits der Begriichkeiten der Psychoanalyse, derKunst, der Poesie und der Musik zu. Die erlsende Vergesslichkeit derZukun ordnet nur die erinnerte Vergangenheit um; die Vergangenheitist nicht (so wenig, wie jemals das Unbewusste) verossen, sondern verbor-gen, unterdrckt und wirklich, und das bedeutet, dass die Vergangenheitjederzeit zur potentiell furchterregenden Rckkehr fhig ist. Uns auf dieZukun gerichteten intentionalen, nur akzidentell erinnernden Wesen

    erlaubt die sthetische Bevorzugung der Vergangenheit, die sthetischeWiederholung, eine volle oder ethische Bejahung des (Lebens)Moments,jenseits jeder Hofnung au eine knige Rckkehr des Vergangenen (also,miss-verstanden als eine Zukun, die das wieder gut macht oder einem

    vergilt, was einmal war). Nietzschesamor fati ist eine Liebe zum sterb-lichen, geschichtlichen, schicksalstrchtigen Leben, einem verehrendenund bejahenden Leben, eine Liebe des Lebens, welche ist, weilsie ist. Inanderen Worten: Man muss dahin gelangen, das Selbst, das man hat, zu

    gewinnen.Daher stellt eben die in Pindars dialektischer Ruhmeshymne ofenbarte

    Verehrung die tragische Architektonik des im groen Stil gelebten Lebensdar. Denn Pindars [d.h., werde, der du bist] fordert:Sei derjenige, von dem du dir selbst bewiesen hast, du zu sein.16

    16 Der Satz ist bekanntlich schwer zu bersetzen. Auch mit Paul Geheeb und derOdenwaldschule assoziiert, kommt er hier direkt von Nietzsche. In der zweispra-chigen Reclam-Ausgabe bersetzt ihn Eugen Dnt: Beginne zu erkennen, wer du

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    21/24

    Vorrede

    Pindars Gebot richtet sich gegen die menschliche Verschwiegenheit,

    gleichgltig ob diese sich vor dem Unwillen der Gtter zurckzieht oderob sie diesen Zorn niemals aushalten wrde, dessen letzte Strae der odalles Wnschbaren ist. Pindars Wort, das Nietzsche zu seinem eigenenmacht, istBejahung. Das gleiche Ruhmeslied, die gleiche dunkle Freude,ist das tragische Wort. In dem Ma, welches das Lied einhlt, noch immerausgespannt zwischen Liebe und rauer, ist man augeruen, das philoso-phische Weisheitswort aller Zeiten zu verstehen dass alles Gehen undZurckkehren mit sich selbst zusammenstimmt, gespannt wie die Lyra

    des Heraklit.17

    bist. Andere geben ihn als Komme zur Kenntnis, von welcher Art du bist! wieder.Nietzsches glckliche Version: Werde der du bist, die vier deutsche Worte r viergriechische verwendet (indem er das anscheinend weglsst, wie das verein-achende und irrehrend Sei, wie du bist!), muss oensichtlich mit der wortwrt-lichen und klaren bersetzung von John Edwyn Sandys verglichen werden. Was imGriechischen bemerkenswert und hervorzuheben ist, kann Sandys im Englischen nurin nzehn Worten aussprechen: Be true to thysel, now that thou hast learnt whatmanner o man thou art, Te Odes o Pindar, p. 8. Siehe weiter Babich, Becomethe One You Are.

    So knnen wir HlderlinsLebenslaulesen:Hoch au strebe mein Geist, aber dieLiebe zog / Schn ihn nieder; das Leid beugt ihn gewaltiger; / So durchlau ich desLebens /Bogen und kehre, woher ich kam.

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    22/24

    Inh

    Vorrd

    Kapitel 1

    Nzschs musksch Ssk odr: W mn n Wssnschfshor s Phosoh dr Wssnschf schrb 23

    Kapitel 2

    Wssnschf s Inrron:Ds Lch dr Phoog odr Srch s uns 51

    Kapitel 3

    br d kohysoogsch Grundgung ds Wssns:Nzschs Esmoog 103

    Kapitel 4

    Unr dr Ok von uns und Lbn:Nzsch und d Wssnschfn 169

    Kapitel 5Nzschs Gnog dr Wssnschf:Mor und d Wr dr Modrn 215

    Kapitel 6

    En rskvsch shk dr Whrh 275

    Kapitel 7En donyssch Phosoh. Von dr uns ds Lbns 317

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    23/24

    vi

    Siglen 367

    Literaturverzeichnis 369

    Register 385

    Danksagung 395

  • 8/9/2019 Babich Nietzsches Wissenschaftsphilosophie - Kap. 1

    24/24

    Peter Lang Neu

    Unsere Preise sind unverbindliche Preisempehlungen und verstehen sich zuzglich Versandspesen. Preisnderungen bleiben vorbehalten. An Bibliotheken lieern wir mit % Rabatt.* inkl. MWSt. gltig r Deutschland ** inkl. MWSt. gltig r sterreich

    Peter Lang AG Internationaler Verlag der WissenschafenMoosstrasse Postach CH- Pieterlen / Schweiz

    Tel.: + () Fax: + () e-mail: [email protected]

    Webseite: www.peterlang.com

    Rechnung Eurocard / MasterCard VISA

    Kartennummer CVV/CVC

    Gltig bis Unterschrif

    Peter Lang AGInternationaler Verlag der Wissenschafen

    Moosstrasse Postach CH- PieterlenSchweiz

    Ich bestelle:

    Ex.:

    Name

    Adresse

    /

    Babette Babich: Nietzsches WissenschafsphilosophieISBN ---- br.

    sFr. 7. / * 2.30 / ** 3.80 / 48.0 / 44. / US-$ 7.

    Babette Babich

    Nietzsches Wissenschafsphilosophie

    Die Wissenschaf unter der Optik des Knstlers zu sehn, die Kunst aber unter der des LebensOxord, Bern, Berlin, Bruxelles, Frankurt am Main, New York, Wien, 200. 403 S., arb. Abb.German Lie and Civilization. Vol. Edited by Jost HermandISBN ---- br.

    sFr. 7. / * 2.30 / ** 3.80 / 48.0 / 44. / US-$ 7.

    Gegenstand der Untersuchung ist Nietzsches Beschigung mit den Naturwissenschaen, angeangen bei seinem ersten Buch berdie Tragdie bis hin zu Nietzsches Frage nach den Ursprngen der Logik (aus dem Nicht-Logischen) und unserem Verlangen nachWahrheit (in seiner Entgegensetzung von Unwahrheit und Lge). Weit davon enternt, Irrationalist oder Relativist zu sein, entwi-ckelte Nietzsche eine radikal kritischeWissenschafsphilosophie.

    In diesem Buch wird die Wissenschafsphilosophie Nietzsches aus der Perspektive einer Beragung des Wesens der Wissenschafunter der Optik der Kunst betrachtet. Dies schliet die Frage danach ein, wie Wissenschafstheorie innerhalb der ast ausschlie-lich analytischen Selbstbeschrnkung ihrer traditionellen Rezeption gegenwrtig betrieben wird. Letztlich wird Nietzsches Philo-sophie der Wissenschaf als eine Philosophie von Kunst (im Sinne von Kunstertigkeit und Technik, aber auch von Kultur undKreativitt) und Leben entwickelt.

    Indem es die einschlgigen Primrtexte Nietzsches sowie eine umassende Auswahl der Sekundrliteratur ber Nietzsche wie auchber die zeitgenssische Wissenschafstheorie und -philosophie heranzieht, bietet dieses Buch nicht nur eine der elaboriertestenDarstellungen von Nietzsches Wissenschasphilosophie, die heute vergbar sind, sondern schaf auch ein umassendes und neuesVerstndnis von Nietzsches Denken und unmittelbar damit verbunden von seinem Stil.

    Inhalt: Nietzsches Wissenschafstheorie Wissenschafsphilosophie ko-Physiologie Genealogie der Wissenschafen Wissenschaf und Moral Wissenschaf als die neue Religion Wahrheit Wissenschaf und Kunst.

    Im Jahr 1956 in New York City geboren, entschied sich Babette Babich zunchst r eine Ausbildung in Biologie. Heute ist sie Pro-essorin r Philosophie an der Fordham University in New York. Von ihr liegen Studien ber Nietzsche, Heidegger, Hlderlin,Baudrillard, Adorno, Arendt, Pindar, sowie Empedokles, Plinius, Lukian und anderen vor. Die Autorin orscht in den Bereichender Kunstwissenschaf, Technik und Nachhaltigkeit sowie Umwelt- und Tierethik. Des Weiteren ist die kritische Auseinanderset-zung mit der Machtpolitik seitens der analytischen Philosophie im universitren Bereich ein wichtiger Forschungsschwerpunkt.